Gabriel
01.06.2009, 14:22
Die USA zeigen Interesse an den saudi-arabischen Rehab-Camps für ehemalige Häftlinge in Guantanamo.
Die geplante Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba ab Jänner 2010 führt zu heftigen Kontroversen in den USA. Im Vordergrund steht die Frage, was mit den Insassen geschehen soll.
Nach den zurückhaltenden Reaktionen aus Europa, diese aufzunehmen, mehrt sich auch in den USA die Ablehnung. Immer wieder rückt nun Saudi-Arabien ins Zentrum der Aufmerksamkeit - das Land, aus dem eigentlich ein hoher Anteil der islamistischen Terroristen stammt.
Kunsttherapie statt Waterboarding
Mit seiner sanften Rehabilitierungsstrategie versucht Saudi-Arabien, radikale Islamisten wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Vorausgesetzt, sie schwören dem Terrorismus ab.
Kunsttherapie statt Waterboarding, eine der brutalen Verhörmethoden in Guantanamo, lautet die Devise in den speziellen Camps, wo die Reintegration auch von ehemaligen Guantanamo-Insassen vorbereitet wird.
International vielbeachtet ist etwa ein Rehabilitationszentrum außerhalb der Hauptstadt Riad. Neben der Kunsttherapie setzen die Programmleiter auf Sport. Die Extremisten können schwimmen, Fußball und Volleyball spielen. In Kursen lernen sie, eine moderatere Form des Islam zu praktizieren. Dadurch sollen sie ein stabiles soziales Netzwerk erhalten, das nicht auf terroristischen Organisationen beruht.
Das Innenministerium, das dieses Rehabilitationsprogramm organisiert, greift den ehemaligen Häftlingen noch viel mehr unter die Arme, wenn sie sich vom radikalen Islam und dem Terror abwenden.
Unterstützt werden die ehemaligen Häftlinge mit Geld für die Hochzeit, bei der Suche nach einem Job, mit einem Auto und auch mit einer Wohnung. Dieser Ansatz folgt einer klaren Logik: Haben frühere Extremisten familiäre Verpflichtungen und die finanziellen Mittel dazu, werden sie weniger Probleme verursachen.
Für eine arrangierte Ehe müsse man heute mit umgerechnet 13.000 Euro rechnen, berichtete Robert Lacey in dem Nachrichtenportal The Daily Beast, der das Rehabilitationscamp in Riad besuchte. Bei ehemaligen Terroristen, die sich neu orientieren, ist es auch möglich, dass der Innenminister für die Braut bezahlt.
Auch andere Staaten haben Rehabilitationszentren für Terroristen, darunter Ägypten, Algerien und Indonesien, aber keines ist finanziell so gut ausgestattet wie in Saudi-Arabien.
"Wir könnten sicher ein saudisches Guantanamo bauen", sagte einer der Entwickler der Rehabilitierungsstrategie gegenüber Lacey. "Aber wir glauben, dass diese Härte kontraproduktiv wäre. Es würde sich auf die Familienmitglieder der Häftlinge übertragen."
Die Familien für ihren sanften Ansatz zu gewinnen ist Teil der saudi-arabischen Strategie. Bevor die Medien über den Tod eines Selbstmordattentäters informiert werden, spricht der zuständige Minister mit der Familie. "Wir wissen, wenn wir uns nicht um sie kümmern, gibt es andere, die das tun", betonte der Vertreter der Rehab-Strategie.
Vor allem die rund 100 jemenitischen Gefangenen in Guantanamo stellen die US-Regierung vor große Probleme. Viele von ihnen stufen die US-Behörden als gefährlich ein. In ihre Heimat will man sie ungern abschieben. Vor drei Jahren gelang es 23 El-Kaida-Terroristen, aus einem jemenitischen "Hochsicherheitsgefängnis" auszubrechen.
US-Verteidigungsminister Robert Gates zeigte sich bei seinem Besuch in Saudi-Arabien Anfang Mai beeindruckt von den dortigen Reintegrationszentren.
Rund 3.000 extremistische Islamisten durchliefen bereits unterschiedliche Stadien der Rehabilitation. Die saudi-arabischen Behörden gehen von einer Erfolgsrate von 80 bis 90 Prozent aus. Auch wenn es immer wieder zu Rückfällen komme.
Mit dem Programm solle aber nicht nur die Rückfälligkeit verhindert werden. Ziel sei auch, den Rekrutierungs- und Radikalisierungsprozess innerhalb des jeweiligen sozialen Netzwerks auszuschalten, erklärte der Experte des US-Thinktanks Carnegie, Christopher Boucek.
Alle lassen sich allerdings nicht zu einem neuen Leben bekehren. Abseits der Kameras bleibt eine hartnäckige Gruppe von Dschihadisten, die jegliche Kooperation mit dem Rehabilitationsprogramm verweigern. Diese sind trotz allem in Gefängnissen untergebracht - gebaut nach US-amerikanischen Anforderungen.
Auch die Gefahr eines Rückfalls kann nicht ausgeschlossen werden. Immer wieder tauchen ehemalige Teilnehmer des saudi-arabischen Rehab-Programms wieder als aktive El-Kaida-Mitglieder auf.
So wurde etwa ein Saudi, der nach seiner Festnahme in Pakistan sechs Jahre lang in Guantanamo inhaftiert war und ein Rehab-Camp durchlaufen hatte, wieder Kommandant von El Kaida im Jemen.
Fünf Prozent wieder aktiv
Einem aktuellen Bericht des US-Verteidigungsministeriums zufolge wandten sich fünf Prozent der ehemaligen Guantanamo-Insassen wieder dem Terrorismus zu. Das Pentagon beruft sich dabei auf Analysen der US-Geheimdienstagentur (DIA), Fingerabdrücke, DNA-Spuren und Fotos.
Quelle: http://www.orf.at/090522-38565/index.html
Eigentlich ein interessantes Pilotprojekt, und, falls die Quote der Rückfälligen wirklich nur 5% betragen sollte, gewiss eine interessante Alternative zu dem ewig gleichen "Kopf ab"- Geplärre mancher Reaktionäre.
Edit:
Komisch, dass diese Idee ausgerechnet aus Saudi-Arabien kommt.
Nochmal Edit:
Nein, eigentlich logisch...
Die geplante Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba ab Jänner 2010 führt zu heftigen Kontroversen in den USA. Im Vordergrund steht die Frage, was mit den Insassen geschehen soll.
Nach den zurückhaltenden Reaktionen aus Europa, diese aufzunehmen, mehrt sich auch in den USA die Ablehnung. Immer wieder rückt nun Saudi-Arabien ins Zentrum der Aufmerksamkeit - das Land, aus dem eigentlich ein hoher Anteil der islamistischen Terroristen stammt.
Kunsttherapie statt Waterboarding
Mit seiner sanften Rehabilitierungsstrategie versucht Saudi-Arabien, radikale Islamisten wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Vorausgesetzt, sie schwören dem Terrorismus ab.
Kunsttherapie statt Waterboarding, eine der brutalen Verhörmethoden in Guantanamo, lautet die Devise in den speziellen Camps, wo die Reintegration auch von ehemaligen Guantanamo-Insassen vorbereitet wird.
International vielbeachtet ist etwa ein Rehabilitationszentrum außerhalb der Hauptstadt Riad. Neben der Kunsttherapie setzen die Programmleiter auf Sport. Die Extremisten können schwimmen, Fußball und Volleyball spielen. In Kursen lernen sie, eine moderatere Form des Islam zu praktizieren. Dadurch sollen sie ein stabiles soziales Netzwerk erhalten, das nicht auf terroristischen Organisationen beruht.
Das Innenministerium, das dieses Rehabilitationsprogramm organisiert, greift den ehemaligen Häftlingen noch viel mehr unter die Arme, wenn sie sich vom radikalen Islam und dem Terror abwenden.
Unterstützt werden die ehemaligen Häftlinge mit Geld für die Hochzeit, bei der Suche nach einem Job, mit einem Auto und auch mit einer Wohnung. Dieser Ansatz folgt einer klaren Logik: Haben frühere Extremisten familiäre Verpflichtungen und die finanziellen Mittel dazu, werden sie weniger Probleme verursachen.
Für eine arrangierte Ehe müsse man heute mit umgerechnet 13.000 Euro rechnen, berichtete Robert Lacey in dem Nachrichtenportal The Daily Beast, der das Rehabilitationscamp in Riad besuchte. Bei ehemaligen Terroristen, die sich neu orientieren, ist es auch möglich, dass der Innenminister für die Braut bezahlt.
Auch andere Staaten haben Rehabilitationszentren für Terroristen, darunter Ägypten, Algerien und Indonesien, aber keines ist finanziell so gut ausgestattet wie in Saudi-Arabien.
"Wir könnten sicher ein saudisches Guantanamo bauen", sagte einer der Entwickler der Rehabilitierungsstrategie gegenüber Lacey. "Aber wir glauben, dass diese Härte kontraproduktiv wäre. Es würde sich auf die Familienmitglieder der Häftlinge übertragen."
Die Familien für ihren sanften Ansatz zu gewinnen ist Teil der saudi-arabischen Strategie. Bevor die Medien über den Tod eines Selbstmordattentäters informiert werden, spricht der zuständige Minister mit der Familie. "Wir wissen, wenn wir uns nicht um sie kümmern, gibt es andere, die das tun", betonte der Vertreter der Rehab-Strategie.
Vor allem die rund 100 jemenitischen Gefangenen in Guantanamo stellen die US-Regierung vor große Probleme. Viele von ihnen stufen die US-Behörden als gefährlich ein. In ihre Heimat will man sie ungern abschieben. Vor drei Jahren gelang es 23 El-Kaida-Terroristen, aus einem jemenitischen "Hochsicherheitsgefängnis" auszubrechen.
US-Verteidigungsminister Robert Gates zeigte sich bei seinem Besuch in Saudi-Arabien Anfang Mai beeindruckt von den dortigen Reintegrationszentren.
Rund 3.000 extremistische Islamisten durchliefen bereits unterschiedliche Stadien der Rehabilitation. Die saudi-arabischen Behörden gehen von einer Erfolgsrate von 80 bis 90 Prozent aus. Auch wenn es immer wieder zu Rückfällen komme.
Mit dem Programm solle aber nicht nur die Rückfälligkeit verhindert werden. Ziel sei auch, den Rekrutierungs- und Radikalisierungsprozess innerhalb des jeweiligen sozialen Netzwerks auszuschalten, erklärte der Experte des US-Thinktanks Carnegie, Christopher Boucek.
Alle lassen sich allerdings nicht zu einem neuen Leben bekehren. Abseits der Kameras bleibt eine hartnäckige Gruppe von Dschihadisten, die jegliche Kooperation mit dem Rehabilitationsprogramm verweigern. Diese sind trotz allem in Gefängnissen untergebracht - gebaut nach US-amerikanischen Anforderungen.
Auch die Gefahr eines Rückfalls kann nicht ausgeschlossen werden. Immer wieder tauchen ehemalige Teilnehmer des saudi-arabischen Rehab-Programms wieder als aktive El-Kaida-Mitglieder auf.
So wurde etwa ein Saudi, der nach seiner Festnahme in Pakistan sechs Jahre lang in Guantanamo inhaftiert war und ein Rehab-Camp durchlaufen hatte, wieder Kommandant von El Kaida im Jemen.
Fünf Prozent wieder aktiv
Einem aktuellen Bericht des US-Verteidigungsministeriums zufolge wandten sich fünf Prozent der ehemaligen Guantanamo-Insassen wieder dem Terrorismus zu. Das Pentagon beruft sich dabei auf Analysen der US-Geheimdienstagentur (DIA), Fingerabdrücke, DNA-Spuren und Fotos.
Quelle: http://www.orf.at/090522-38565/index.html
Eigentlich ein interessantes Pilotprojekt, und, falls die Quote der Rückfälligen wirklich nur 5% betragen sollte, gewiss eine interessante Alternative zu dem ewig gleichen "Kopf ab"- Geplärre mancher Reaktionäre.
Edit:
Komisch, dass diese Idee ausgerechnet aus Saudi-Arabien kommt.
Nochmal Edit:
Nein, eigentlich logisch...