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Vollständige Version anzeigen : Konservative Revolution



mabac
27.04.2009, 12:38
Es wird zwar in diesem Forum viel darüber geschwafelt, nur was die KR eigentlich war, darüber herrscht oft Unstimmigkeit.
Ich zitiere einmal Wikipedia:

„Konservative Revolution“ ist in der heute verwendeten Form ein 1950 von Armin Mohler eingeführter und bis heute umstrittener Sammelbegriff für eine Gruppe ideologischer Strömungen und der sie tragenden Akteure, die sich im Kontext der Weimarer Republik entwickelten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Konservative_Revolution#Nationaler_Sozialismus_der _Konservativen_Revolution

Dem möchte ich noch hinzufügen, dass die KR jenseits der NSDAP stand, obwohl einige Akteure auch in dieser Partei mitspielten.

In wieweit können Denker und Strömungen der KR heute als Vorbilder betrachtet werden?

-jmw-
27.04.2009, 19:48
Gutes Stichwort!, seit Jahren will ich Thorsten mal anschnacken deswegen...

Sauerländer
27.04.2009, 21:28
Das Problem besteht zunächstmal in der Tat darin, dass Mohler hier eine erhebliche Bandbreite von Denkern und Denkansätzen unter einen Einheit suggerierenden Begriff gestellt hat, die vielfach doch, vorsichtig ausgedrückt, ganz erhebliche Unterschiede aufwiesen.
Wenn wir davon sprechen, was an der KR Vorbild sein kann, muss also eigentlich direkt die nächste Frage erstmal lauten, über welchen ihrer Teile wir in diesem Zusammenhang sprechen.
Weiterhin stellt sich das Problem, das gerade einige ihrer vorzüglichsten Köpfe heute, man muss es so sagen, kaum noch jemandem überhaupt bekannt sind, ich denke da etwa an Othmar Spann.
Bezüglich anderer Strömungen steht man vor dem Problem, dass die im eigentlichen Sinne gar keine politische Theorie besitzen, sondern nur jeweils situationsbezogene Kampfschriften und Druckerzeugnisse, die von "Externen" erarbeitet wurden - hier denke ich besonders an die bei mir große Sympathien genießende Landvolkbewegung.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ein Generalkonzept der Konservativen Revolution, das Vorbild sein könnte, gibt es nach meinem Dafürhalten nicht.

Gawen
27.04.2009, 22:54
Fangen wir doch mit dem an, was uns fehlt und schauen dann, wer es forderte...


"Jeder arbeitende deutsche Mann hat das Recht auf ein Erwerbseinkommen, das ihm ermöglich in bescheidenem Wohlstand eine Familie mit zwei bis drei Kindern zu ernähren."

Wäre meine erste Maxime.

mabac
28.04.2009, 11:34
Das Problem besteht zunächstmal in der Tat darin, dass Mohler hier eine erhebliche Bandbreite von Denkern und Denkansätzen unter einen Einheit suggerierenden Begriff gestellt hat, die vielfach doch, vorsichtig ausgedrückt, ganz erhebliche Unterschiede aufwiesen.

Mohler erläutert in seinem Buch, wen und was er als KR zusammenfasst, in


A 1.2 Die "Trotzkisten" des Nationalsozialismus

hochexplosive Sekten ... Häresien

und spricht in

A 1.3 Die Ketzerverfolgung nach 1933

an. Schon im Inhaltsverzeichnis wird klar, dass die KR nur in ihrem Abstand zur Massenpartei NSDAP eine Einheit bildete.



Wenn wir davon sprechen, was an der KR Vorbild sein kann, muss also eigentlich direkt die nächste Frage erstmal lauten, über welchen ihrer Teile wir in diesem Zusammenhang sprechen.
Weiterhin stellt sich das Problem, das gerade einige ihrer vorzüglichsten Köpfe heute, man muss es so sagen, kaum noch jemandem überhaupt bekannt sind, ich denke da etwa an Othmar Spann.

Das ist tatsächlich ein Problem, deshalb fragte ich auch:


In wieweit können Denker und Strömungen der KR heute als Vorbilder betrachtet werden?



Bezüglich anderer Strömungen steht man vor dem Problem, dass die im eigentlichen Sinne gar keine politische Theorie besitzen, sondern nur jeweils situationsbezogene Kampfschriften und Druckerzeugnisse, die von "Externen" erarbeitet wurden - hier denke ich besonders an die bei mir große Sympathien genießende Landvolkbewegung.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ein Generalkonzept der Konservativen Revolution, das Vorbild sein könnte, gibt es nach meinem Dafürhalten nicht.

Sicher nicht. Nur ist Mohlers Begriff zur Zusammenfassung glücklicher gewählt als Sontheimers "Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik" oder gar "Präfaschismus".

mabac
28.04.2009, 11:37
Fangen wir doch mit dem an, was uns fehlt und schauen dann, wer es forderte...


"Jeder arbeitende deutsche Mann hat das Recht auf ein Erwerbseinkommen, das ihm ermöglich in bescheidenem Wohlstand eine Familie mit zwei bis drei Kindern zu ernähren."

Wäre meine erste Maxime.

Nun, wenn nicht ausdrücklich "deutscher Mann" stehen würde, könnte das in jeder Kampfschrift von extrem links bis extrem "rechts" stehen. Gerade beim Studium der KR stellt sich oft die Frage; ist es lechts oder rinks?

Sauerländer
28.04.2009, 12:25
Sicher nicht. Nur ist Mohlers Begriff zur Zusammenfassung glücklicher gewählt als Sontheimers "Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik" oder gar "Präfaschismus".
Wobei, das sei zu seiner Ehrenrettung gesagt, Sontheimer ja auch gar nicht die Absicht hat, eine geistesgeschichtliche Gesamhtheit zu erfassen, sondern die geistigen Strömungen der Zeit ja im Wesentlichen im Bezug auf das Scheitern der Republik als staatliche Institution liest - wenn auch mit einem bisweilen unangenehmen normativen Einschlag, aber der ist der bundesdeutschen Politiologie als Kind der Nachkriegszeit ja desöfteren anzumerken.
Auch veranschaulicht er zum Beispiel sehr schön den Gang des staatsrechtlichen Diskurses.

Zum Rest äussere ich mich bei Gelegenheit noch.

mabac
28.04.2009, 13:15
Wobei, das sei zu seiner Ehrenrettung gesagt, Sontheimer ja auch gar nicht die Absicht hat, eine geistesgeschichtliche Gesamhtheit zu erfassen, sondern die geistigen Strömungen der Zeit ja im Wesentlichen im Bezug auf das Scheitern der Republik als staatliche Institution liest - wenn auch mit einem bisweilen unangenehmen normativen Einschlag, aber der ist der bundesdeutschen Politiologie als Kind der Nachkriegszeit ja desöfteren anzumerken.
Auch veranschaulicht er zum Beispiel sehr schön den Gang des staatsrechtlichen Diskurses.


Also nur soviel, da mir oft Wiki- oder Google-Mania vorgeworfen wird, ich habe
Mohlers Die konservative Revolution in Deutschland 1918–1932 und Sontheimers Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik griffbereit herumzuliegen. :D

-SG-
28.04.2009, 13:51
Man pickt sich halt diejenigen Konzepte und Argumentationsmuster heraus, die einem passend und heute angebracht erscheinen.

Dann kann man über den einzelnen Aspekt und sonst nichts diskutieren, und kann Geschwafel à la "wenn Du XY gutheißt, dann unterstützst Du damit auch folgendes seiner Statements über die Judenverfolgung..." zurückweisen.

Sauerländer
28.04.2009, 15:15
Also nur soviel, da mir oft Wiki- oder Google-Mania vorgeworfen wird, ich habe
Mohlers Die konservative Revolution in Deutschland 1918–1932 und Sontheimers Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik griffbereit herumzuliegen. :D
Da kenne ich noch einen.:rolleyes:
Wobei mein KR-Exemplar aus der neueren, an Weissmann weitergereichten Baureihe stammt, und ich mir gerade nicht im Klaren darüber bin, wie stark da die Abweichungen sind.

mabac
28.04.2009, 15:41
Ich glaube, das passt hier besser hin!


Spengler liest Rasse an der Kultur, der Nationalsozialismus Kultur an der Rasse ab.

Spenglers Rassebegriff ist mehr ein ethischer, ich glaube, er schrieb einmal zum NS Rassenbegriff, er wäre reinste Zoologie.

Sauerländer
28.04.2009, 15:51
Ich glaube, das passt hier besser hin!
Spenglers Rassebegriff ist mehr ein ethischer, ich glaube, er schrieb einmal zum NS Rassenbegriff, er wäre reinste Zoologie.
Er verspottete die "Schädelvermesser", die in seinen Augen auch nur variierte Darwinisten (und damit etwas reichlich niedergeistiges) waren.
Für ihn kam es nicht auf die REINE, sondern auf die STARKE Rasse an. Wer, so meinte er, ewig nur von Rasse spricht, hat keine mehr.
Rasse hat ein Volk, das sich im Zustand starker Lebenskraft befindet.
Rasse ist, so gesehen, ein ZUSTAND, keine biologische Eigenschaft, erst recht keine, die den Charakter determiniert, denn das tut bei Spengler eindeutig die Landschaft. Er besteht explizit darauf, dass auch Angehöriger anderer Rassen im Sinne des niederen Rassenbegriffs in kurzer Zeit (eine Generation?) von der Landschaft umgeprägt würden.
Was auch immer man davon halten mag - sonderlich nationalsozialistisch liest sich das nicht.