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Vollständige Version anzeigen : Platos Thesen zur Demokratie -Vorbild oder Irrweg?



Stechlin
17.04.2009, 03:12
Platos Kritik an der Demokratie

„Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg,
aber einen sicheren Weg zum Misserfolg:
Es allen Recht machen zu wollen.“
Plato

Die real existierende Demokratie scheint der Sieger der Geschichte zu sein, gehört sie doch zu den unantastbaren Dogmen der Moderne. Jedoch sind die Widersprüche derselben zu offensichtlich, den Siegerkranz voreilig zu verleihen.

Platos Werk "Der Staat" geht im achten Buch mit der Demokratie hart ins Gericht. Und obgleich jene Gedanken vor über zweitausend Jahren niedergeschrieben wurden, ist ihr Zeugnis von überraschender Aktualität. Platos Thesen geben, wie ich finde, viele Antworten auf die Fragen, die sich aus den Widersprüchen der real existierenden Demokratie ergeben. Die Alternativen Platos mögen streitbar sein, aber ihren Sinn zu widerlegen, hieße, seine Analyse zu verwerfen.

Plato in einem autoritären Staat das Ideal einer Gesellschaftsform, die sich vor allem dadurch auszeichnen sollte, bei "denkbar geringster Veränderlichkeit und einem Höchstmaß an statischer Vollkommenheit dem himmlischen Vorbild am nächsten zu kommen." (B. Russel: Philosophie des Abendlandes, Kapitel 13). Vorbild für nicht wenige Griechen, so auch für Plato, war Sparta, das sich vor allem durch seine Stabilität auszeichnete. Die Spartanische Verfassung erhielt sich jahrhundertelang ohne Veränderungen, was dem platonischen Ideal von Ordnung und Vollkommenheit sehr nahe kam. Wie überhaupt Sparta Platos Vorstellungen von einem gerechten Staat sehr beeinflusst hat.

Für Plato kam nur eine aristokratische Staatsform in Frage, in der ein guter Staatsmann nur werden konnte, der die moralische Disziplin besaß, das Gute zu erkennen, und das konnten für ihn nur die Philosophen sein. Platos berühmte Maxime, in der die Könige Philosophen und die Philosophen Könige werden müssten, schlägt sich in diesem Gedanken nieder.

Dieser Regent könnte nur aufgrund einer sorgfältigen Erziehung herangebildet werden, denn die Muße war für Plato eine unerlässliche Vorbedingung für die Weisheit, einen Staat zu lenken. Jemand, der für seinen Unterhalt arbeiten müsse, kann laut Plato nicht die nötige Weisheit erlangen, da er ja mit Arbeit beschäftigt sei.Platos Staat war deshalb in drei Klassen aufgeteilt, welche die Dreigeteiltheit der menschlichen Seele widerspiegelte:


Vernunft – Elitewächter
Tapferkeit – Soldaten
Begierden – die Vielen

Für Plato war die Weisheit die Kenntnis des Guten, und kein Mensch sündige absichtlich -ein zutiefst humanistisch-christliches Weltbild. Daraus folgerte Plato, dass, wer da weiß, was gut sei, nur rechtes tut. Das Gute sei immer im Interesse des Allgemeinen, und nur das habe im Vordergrund zu stehen.


Die Kritik

In der Demokratie kommt es laut Plato vor allem deshalb zu großen Schwierigkeiten, weil wechselseitig sich widerstreitende Sonderinteressen nur zu Kompromissen führten, die in ihrer Konsequenz eine Verquickung von Individualinteressen und dem allgemeinen Interesse zur Folge habe. Die Ursachen dafür sieht Plato in den Dingen, die in der real existierenden Demokratie heilige und unantastbare Dogmen sind.

Da wäre als erstes die Freiheit zu nennen, und dazu gehört untrennbar die Redefreiheit. Jeder kann tun, was er will -natürlich im Rahmen der Gesetze, die jedoch, demokratisch veranlagt, diese absolute Freiheit garantiert. Eine solche Verfassung bedingt eine große Mannigfaltigkeit, die Plato, eingedenk seiner Vorstellung von Stabilität und Vollkommenheit, natürlich ein Dorn im Auge sein mussten. Zurecht, wie ich meine, denn eine solche Verfassung verleitet zur Beliebigkeit: "Dank der Freiheit, die in ihr (also der Verfassung) herrscht, enthält sie alle Arten von Verfassungen. Und wer eine gerechte Stadt gründen will..., der braucht anscheinend nur in eine Demokratie zu gehen und sich dort, wie in einem Trödlerladen mit Verfassungen, das Modell auszusuchen, das ihm zusagt; hat er dann seine Wahl getroffen, so kann er seine Stadt einrichten." (Plato: Der Staat, VIII. Buch, Kapitel 11).
Plato leitet aus dieser Beliebigkeit die Gefahr einer Tyrannis ab, wenn ein jedes Interesse, welche, wie wir vorhin schon festgestellt haben, nicht notwendig am allgemeinen orientiert sein muss, in ihr seinen Niederschlag findet.

Für Plato bestand die Gerechtigkeit unter anderem darin, dass ein jeder seinen Beruf ausfüllt. Auch hier war für Plato die Freiheit ein Hindernis auf dem Weg zu einem gerechten Staat: "Dass aber so gar kein Zwang besteht..., in dieser Stadt ein Amt zu übernehmen, auch wenn du noch so geschickt dazu bist; dass dich auch niemand zwingt zu gehorchen, wenn du nicht willst; dass du nicht in den Krieg ziehen musst, wenn Krieg geführt wird; dass du nicht Frieden halten brauchst, wenn die anderen ihn halten..., wenn dir ein Gesetzt verbietet, ein Amt zu bekleiden oder Richter zu sein, nichtsdestoweniger ein Amt bekleiden oder Recht sprechen kannst, wenn du Lust dazu hast -ist ein solches Leben für den Augenblick nicht göttlich und wonnevoll?", fragt Plato und polemisiert seine Verfassungskritik dahingehend, dass sie mehr Ungerechtigkeit produziere denn Gerechtigkeit: "Und ist die Milde, mit der man gegen einzelne Verurteilte verfährt, nicht allerliebst? Oder hast du noch nie gesehen, wie unter einer solchen Verfassung Männer, die man zum Tode oder zur Verbannung verurteilt hatte, trotzdem dableiben und mitten in der Stadt umhergehen und wie Helden daherstolzieren, als ob sich kein Mensch um sie kümmere und sie beobachte?"(ebenda).

Plato sieht zu Recht die Gefahr, dass die Schmeichler, die Demagogen und die Selbstgerechten sich aufgrund ihres Einflusses, ihres Geldes oder ihres Redetalentes zur Macht emporschwingen, ohne über jene für Plato notwendigen Charaktereigenschaften zu verfügen, die für einen Weisen als Regenten oder Wächter, wie er sie nannte, Voraussetzung sind. Die Freiheit, seinen Neigungen und nicht seiner Bestimmung und seinem Talent zu folgen, ist für Plato ein weiteres großes Übel, welches Garant dafür ist, dass aus der Demokratie notwendig die Tyrannis sich entwickeln muss -wir erinnern uns der Tyrannei der Dreißig, die hinreichend diesem Gedankenmuster Platos folgten. Mag sein, dass man diesen Umstand nicht auf unsere heutige Zeit übertragen kann, jedoch fußt Platos Kritik auf eine historische Basis, die auch heute in einigen Aspekten ihren Ausdruck findet.

Kommen wir noch einmal auf die Ackermänner und Platos Gesetzeskritik zurück. Er befürchtete damals schon zu Recht -antike als auch aktuelle Beispiele belegen es- eine Verwässerung der Gesetze, bzw. ihre Korrumpierbarkeit, wenn eine bestimmte Schicht von Oligarchen sich mittels ihres Reichtums von ihnen freikaufen kann. Plato schlussfolgert daraus zwingend: "Mit welcher Großartigkeit tritt diese Verfassung alles das mit Füßen und macht sich nichts daraus, von was für einer Betätigung her einer zu den Staatsgeschäften kommt, sondern hält ihn schon in Ehren, wenn er nur behauptet, er sei dem Volke wohlgesinnt." (ebenda). Kurz zusammengefasst lautet die Kritik, dass hier die Gesinnung entscheidend sei und nicht die Qualifikation. Und diese Gesinnung ist die Gesinnung der Schmeichler, die ihrerseits zwar gar keine besitzen, bzw. ihre wahre Gesinnung mit dem Mantel des Edlen zu tarnen wissen.

Für Plato war die Vernunft das alleinige Mittel, Gerechtigkeit herzustellen. Der Vernunft jedoch gegenüber stellte er die Neigung. Als Basis aller Neigungen offenbaren sich uns die Begierden, die laut Plato nicht per se schlecht waren. Deshalb teilte er sie in zwei Bereiche: in Notwendige und nicht Notwendige.

Die Notwendigen waren für Plato jene, die den Menschen zuvorderst Nutzen bringen sollten, wenn wir sie befriedigen. Unsere Natur zwingt uns dazu, selbigen nachzustreben. Die Grenze zwischen notwendigen und nicht notwendigen Begierden ist schwer zu erkennen, und nur der dazu in der Lage, der von Jugend an darum bemüht ist, jene Begierden abzulegen, die, das Gute zu erstreben vorgeben, meist sogar das Gegenteil bewirken. Plato fragt: "Hätten wir nicht recht, wenn wir alle diese für nicht notwendig erklärten?" (ebenda).

Zu den notwendigen Begierden zählt Plato die Gesundheit, Brot und Fleisch, also die Befriedigung mit Nahrung. Wie schmal der Grad zwischen Notwendigem und nicht Notwendigem ist, macht Plato mit folgenden Gedanken deutlich: "Die (Begierde) nach Fleisch ist dagegen nur insofern notwendig, als sie unserem Wohlbefinden diene.(...) Wie aber steht es mit der Begierde, die sich über das hinaus auf feinere Speisen richtet und die man durch strenge Zucht von Jugend an und durch gute Erziehung den meisten abgewöhnen kann; die dem Leib schädlich sind, aber auch der Seele in ihrem Streben nach Besinnung und Besonnenheit schaden -diese würde doch sicher mit Recht als nicht notwendig bezeichnet?" (ebenda). Hier offenbart sich ein weiterer wichtiger Kritikpunkt Platos an der Demokratie. Für Plato beinhaltete das rastlose Streben nach Freiheit die Gefahr der Unersättlichkeit, die letztendlich zu Unfreiheit für diejenigen führt, die weder über die Mittel noch über den Einfluss verfügen, an der allgemeinen Freiheit zu partizipieren. Auch hier steht am Ende einer solchen Entwicklung die Tyrannis.

Aristoteles schlussfolgerte in seiner „Nikomachischen Ethik“: "Denn um der Lust willen tun wir das Schlechte, und wegen des Schmerzes versäumen wir das Gute. Also müssen wir von Jugend dazu angehalten werden, wie Plato sagt, dass wir Freude und Schmerz empfinden, wo wir sollen." Für Aristoteles folgt daraus die Lehre: "...das Schlechte ist dem Unbegrenzten zugeordnet..., und das Gute dem Begrenzten." (Aristoteles: Die Nikomachische Ethik, Zweites Buch). Sparta lässt auch hier grüßen, doch gibt es viele Beispiele, die zeigen, welche Folgen es für unsere postmoderne Demokratie hat, diesen wichtigen Grundsatz außer acht zu lassen, und wohin unbegrenzte Freiheit der Befriedigung von Begierden zwangsläufig führen muss.

Als rechtes Maß kann die Verschwendung nicht dienen, und diese von Plato als auch die von Aristoteles genannten Begierden führen zwangsläufig dazu.

In der Demokratie jedoch, so Plato, führe eine gerechte Lebensweise zu Spott und Hohn, und die Bedeutungen von Tugenden werden in ihr zum Gegenteil verkehrt: "Scham, die sie Einfalt nennen...., die Besonnenheit, die sie als Unmännlich bezeichnen, treten sie mit Füßen und jagen sie davon; das Maßhalten und die geschmackvolle Beschränkung im Aufwand aber stellen sie als Spießigkeit und Knausrigkeit hin und weisen sie über die Grenze, unter dem Beistand von vielen und unnützen Begierden." (Plato: Der Staat, VIII. Buch, Kapitel 13).

Und an folgender Stelle hören wir ganz eindeutig George Orwell an die Tür klopfen, wenn Plato dem Neusprech gleich die irreführende Bedeutung der Sprache skizziert, was zu Demagogie führt, einem Grundübel der Demokratie: "...Übermut und und Willkür, Verschwendung und Schamlosigkeit im Glanz ihrer Fackeln, bekränzt und in großer Prozession... Sie preisen sie und geben ihnen beschönigende Namen, nennen den Übermut gute Erziehung,, die Willkür Freiheit, die Verschwendung Großzügigkeit und die Schamlosigkeit Tapferkeit.". Auch hier offenbart sich, dass die politische Beliebigkeit, ein Wesensmerkmal der Demokratie, das Nicht notwendige und das Notwendige auf eine Stufe stellt: "So lebt er also Tag für Tag..., und zeigt sich willfährig jeder Begierde, die ihm gerade beifällt." (ebenda).

Die Demokratie muss für Plato eine an den menschlichen Fehlern scheiternde Illusion bleiben, wenn die Unersättlichkeit in ihr als "höchstes Gut gilt", weil eben sie die Demokratie zerstört. Und für Plato ist Freiheit gleichbedeutend mit Unersättlichkeit. Und die Tyrannis ist die Folge der Demokratie: "...dass diese Verfassung darin unersättlich und gegen alles andere gleichgültig ist, das wandelt sie um und bringt sie so weit, dass sie der Tyrannis bedarf....Ich denke mir, wenn eine demokratische Stadt nach Freiheit dürstet, aber böse Weinschenken an ihrer Spitze bekommt und sich über den Durst am ungemischten Wein der Freiheit berauscht, dann wird sie ihre Regierenden bestrafen, wenn diese nicht ganz nachgiebig sind und ihr in reichem Maße Freiheit gewähren, indem sie sie als verbrecherisch und oligarchisch beschuldigt." (Plato: Der Staat, VIII. Buch, Kapitel 14).

Doch neben der Maßlosigkeit gesellt sich wie einem Zwilling gleich auch die Zügellosigkeit, wenn Plato feststellt, dass der Vater sich daran gewöhnt "dem Knaben gleich zu werden, und fürchtet sich vor seinen Söhnen. Der Sohn aber stellt sich dem Vater gleich und empfindet weder Achtung noch Furcht vor seinen Eltern; denn er will eben frei sein...Der Lehrer fürchtet unter diesen Verhältnissen seine Schüler und schmeichelt ihnen; die Schüler aber haben keinen Respekt vor ihren Lehrern und ebenso wenig vor ihren Erziehern." (ebenda).

Uns stellt sich die Frage, ob diese Erscheinungen nicht alle auf die real existierende Demokratie zutreffen? Generationenkonflikt und Jugendwahn auf der einen und Bildungsverfall, und damit einhergehend Verlotterung der Sitten und Gewalt, auf der anderen Seite? Der Generationenkonflikt scheint ebenso keineswegs eine Erscheinung der Postmoderne zu sein, wenn Plato prophetisch feststellt: "Die Alten aber lassen sich zu den Jungen herab und treiben lauter Scherze und Späße mit ihnen und gebärden sich wie Jünglinge, um ja nicht den Anschein zu erwecken, als seien sie griesgrämig oder herrisch." (ebenda).

Plato schlussfolgerte daraus, dass diese "demokratischen Erscheinungen" die Seele des Bürgers empfindlich dafür macht, dass sie jeglichen Zwang zur Vernunft für unerträglich hält, was dazu führt, dass sie sich am Ende nicht mehr um die Gesetze kümmert, weder um die geschriebenen noch, was vielleicht noch schlimmer wiegt, um die ungeschriebenen; und das ganze nur, um keinen Herren mehr über sich zu haben. Hier sieht Plato den "schönen und jugendlich kecken Anfang" der Tyrannis: "Übergroße Freiheit schlägt offenbar in nichts anderes um als in übergroße Knechtschaft, sowohl für den Einzelnen als auch für die Stadt...Die Tyrannis [geht] aus keiner anderen Verfassung hervor als aus der Demokratie, aus der höchsten Freiheit also..., die größte und härteste Knechtschaft." (Plato: Der Staat, VIII. Buch, Kapitel 15).


Fazit

Die Schlussfolgerung aus Platos Demokratiekritik bleibt schwierig. Jedoch ist keinesfalls von der Hand zu weisen, dass die von Plato benannten Übel, wie das Abdriften in Zügellosigkeit, Immoralität, Willkür, Anarchie und Gesetzlosigkeit Erscheinungen sind, die der real existierenden Demokratie schwer zu schaffen machen, auch wenn über allem der scheinbare Mantel des Guten und Schönen liegt. Vielleicht nicht so sehr in den Ländern der real existierenden Demokratie offenbaren sich diese von Plato schon beschriebenen Widersprüchlichkeiten, und wenn, dann abseits der Prachtstraßen und Villenviertel. Vielmehr zeigen sich die Folgen der Maßlosigkeit und der Unersättlichkeit in der ohne Sinn und Verstand vorgenommenen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, der Abwertung des Menschen zum buchhalterischen Humankapital, die gnadenlose Verwertung des Menschen als seelenlose und bedürfnislose Arbeitskraft, der religiösen Verherrlichung des imaginären Marktes, und alles nur, um wenigen ein Leben in Überfluss und Schamlosigkeit zu ermöglichen, während der übergroße Rest in bitterer Armut leben muss. Die globalen Folgen der Demokratie, und mit ihr einhergehend der unerschütterliche und dogmatische Glaube an den immerwährenden Fortschritt und grenzenlosen Wohlstand, konnte Plato noch nicht erahnen, weshalb seine Schlussfolgerungen bezüglich des Werdeganges einer Demokratie unvollständig bzw. missdeutend bleiben müssen. Plato deutete das Ende der Demokratie als Tyrannis, also mit einer Herrschaft des Einzelnen. Tatsächlich ist es so, dass unsere heutige Tyrannis sich nicht in einem Einzelnen an der Spitze der Macht manifestiert, sondern in der Diktatur der Ökonomie, die von Mächten gelenkt wird, die unabhängig von Parlamenten und Gesetzen schalten und walten: die Börse und der Markt.


Hätte Plato die Ursachen unserer heutigen Entwicklung nicht anders benannt als jene, die er der antiken Tyrannis zuschrieb?

Mit besten Grüßen,
NITUP.

-jmw-
17.04.2009, 09:58
Einige interessante Punkte.
Ist mir aber zu lang, um eine Replik zu schreiben ( :) ), daher nur soviel:

Platons Demokratieverständnis ist ein antikes;

und sein Staatsmodell hängt an ontologischen und epistemologischen Voraussetzungen, die wir nicht teilen müssen oder anders auffassen können.

EinDachs
17.04.2009, 17:32
Man sollte an der Stelle auch noch einwenden, dass Demokratie im antiken Sinne einzig und allein eine direkte, beinahe basisdemokratische Demokratie meint, keine repräsentative, deren Hauptziel ja letztlich ist, dass Demagogen und Tyrannis eben wenig Einfluss haben. Dafür gibts, ein großer Unterschied zu antiken Demokratieformen, so Einrichtungen wie Gewaltenteilungen, garantierte Rechte für den Einzelnen, u.ä. Er spricht also eigentlich von etwas doch sehr anderem, als heute aktuell ist.

Und was Platons eigenen Entwurf angeht, so muss ich sagen, geht er zu stark davon aus, dass die jeweiligen Seelentypen idealtypischerweise bei allen Menschen eindeutig in irgendeine Richtung überwiegen. Gerade dies, lässt sich ja in der Realität nicht im geringsten Beobachten.
Nicht nur der Wächter und der Philosophenkönig wollen Anerkennung, sondern auch der einfache Bauer.
Und wer weise ist, liegt nun mal eben zu sehr guten Teilen im Auge des Beurteilers und ist eben nicht letztinstanzlich, objektiv zu beurteilen.
Zu guter Letzt muss man noch sagen, dass Platons Entwurf für eine moderne Gesellschaft mit komplexer Arbeitsteilung ohnehin denkbar ungeeignet ist. Die moderne Gesellschaft besteht einfach aus mehr als Herrscher, Wächtern und Bauern.

-jmw-
17.04.2009, 17:53
Ausserdem gibt's ja noch die Nomoi, insofern ist Platon da eh ein bissl zu relativieren.

EinDachs
17.04.2009, 18:02
Ja, die vergisst man immer. Aber stimmt, nicht mal Platon selbst hat die Sache so Ernst und rigid gesehen, wie viele seiner Interpretatoren.

-25Grad
17.04.2009, 18:02
(...) Und wer weise ist, liegt nun mal eben zu sehr guten Teilen im Auge des Beurteilers und ist eben nicht letztinstanzlich, objektiv zu beurteilen.(...)Genau das würde Platon bestreiten. Für ihn liegt nicht im Auge des Betrachters, wer weise ist, sondern wer weise scheint. Platon geht nämlich - so wie ich ihn verstanden habe - davon aus, daß es eine mystische Schau des Guten/des Einen gibt, die einem erlaubt tatsächlich weise zu sein, weil man durch diese Schau den Maßstab erlangt, den die anderen, die diese Schau - von der Plotin sagt : sie sei stärker als Wissen - nicht gemacht haben auch nicht besitzen.
Und das ist ja dann auch genau die Demokratiekritik, die NITUP hier gut erklärt : ohne das Gute haben wir keinen Maßstab und wenn eine Millionen Menschen ohne den rechten Maßstab abstimmen, dann ist weiterhin völlig ungewiß ob diese das Gute ,,treffen". Ohne das Gute ist für Platon alle Mühe vergebens. Darum bekommen auch nicht irgend welche Philosophen die Macht überantwortet, die dann in einem Philosophenrat über das Gute debattieren, sondern diejenigen, die dieser Schau zugeführt werden. Leider ist das Material darüber wie Platon sich die Hinführung zu dieser Schau vorstellte sehr spärlich, da er wohl davon ausging, daß man dies schriftlich niemandem wirklich näher bringen kann.
Mir ist auch klar, daß der Vorwurf dieses Gute/Eine sei eine religiöse Einbildung gerade für die moderne Sichtweise naheliegt und ich kann dir auch nicht versichern, daß es gewiß möglich ist, aber so wie ich Platon begreife ging er ganz fundamental von der Möglichkeit dieser Schau aus.

-jmw-
17.04.2009, 18:16
Julius Evola spricht dabei übrigens von einem "überrationalen" Wissen, dass der "Eingeweihte" besitze (oder besäße? Bin irgendwie übermüdet...)

Wie oben schon gesagt: Eine hochproblematische Voraussetzung!

EinDachs
17.04.2009, 18:24
Genau das würde Platon bestreiten. Für ihn liegt nicht im Auge des Betrachters, wer weise ist, sondern wer weise scheint. Platon geht nämlich - so wie ich ihn verstanden habe - davon aus, daß es eine mystische Schau des Guten/des Einen gibt, die einem erlaubt tatsächlich weise zu sein, weil man durch diese Schau den Maßstab erlangt, den die anderen, die diese Schau - von der Plotin sagt : sie sei stärker als Wissen - nicht gemacht haben auch nicht besitzen.

Das ist mir schon klar, dass Platon dem ziemlich deutlich wiedersprechen würde, aber eben darin würd ich sagen, ist Platon ja mittlerweile nicht mehr haltbar.
Seine gesamte Ideenlehre wurde ja bereits von Aristoteles wieder verworfen und hat eben nach wie vor den Schwachpunkt, dass sie quasi-dogmatisch die Existenz einer idealtypischen Abstarktion vorraussetzt. Dies muss aber doxa (also Meinung) bleiben, ein letztlicher Nachweis ist dafür nicht möglich.


Und das ist ja dann auch genau die Demokratiekritik, die NITUP hier gut erklärt : ohne das Gute haben wir keinen Maßstab und wenn eine Millionen Menschen ohne den rechten Maßstab abstimmen, dann ist weiterhin völlig ungewiß ob diese das Gute ,,treffen". Ohne das Gute ist für Platon alle Mühe vergebens. Darum bekommen auch nicht irgend welche Philosophen die Macht überantwortet, die dann in einem Philosophenrat über das Gute debattieren, sondern diejenigen, die dieser Schau zugeführt werden. Leider ist das Material darüber wie Platon sich die Hinführung zu dieser Schau vorstellte sehr spärlich, da er wohl davon ausging, daß man dies schriftlich niemandem wirklich näher bringen kann.
Mir ist auch klar, daß der Vorwurf dieses Gute/Eine sei eine religiöse Einbildung gerade für die moderne Sichtweise naheliegt und ich kann dir auch nicht versichern, daß es gewiß möglich ist, aber so wie ich Platon begreife ging er ganz fundamental von der Möglichkeit dieser Schau aus.

Wieder: Ja, von Platons Sicht aus, absoltu richtig argumentiert. Ich meine eben nur, dass Platons Sicht da falsch war (oder sagen wir: zu dogmatisch).
Ich halts da viel mehr mit Nietzsche, der zurecht festgestellt hat, dass das Gute und Böse per se nicht exisitieren und eben einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs entspringen. Das trifft sich auch viel eher mit der einfachen Beobachtung, dass in einer modernen Gesellschaft die Regeln, was "gut" ist und was nicht, ja ein wenig Plato zum Trotz eben nicht verschwinden, sondern nur eben verwirrend zahlreich und miteinander in Konkurrenz sind.
Um "Gut" zu sein, sollte man am besten klimaschonend, energiesparend, solidarisch, konsumbelebend, vorurteilslos leben und dabei nur einheimisches Biofairtradeobst von glücklichen Bäumen essen. Ich seh einfach keinen Mangel an Massstäben, kann aber die Verwirrung ob der Vielzahl selbiger schon nachvollziehen.

-25Grad
17.04.2009, 18:24
Julius Evola spricht dabei übrigens von einem "überrationalen" Wissen, dass der "Eingeweihte" besitze (oder besäße? Bin irgendwie übermüdet...)

Wie oben schon gesagt: Eine hochproblematische Voraussetzung!In der Tat, hochproblematisch, aber trotzdem sehr interessant. Leider Gottes haben diejenigen, die sich zu dieser Schau aufmachten ( Meister Eckart, Plotin z.B. ) darauf verzichtet ihre Erkenntnisse allgemein verständlich niederzuschreiben, was den Nachvollzug des Ganzen äussert schwierig gestaltet...und daß man von der Schau nicht erfolgreich sprechen kann, versteht sich ja wohl auch von selbst ( denn wie sollte man eine solche ...mir fehlen jetzt schon die passenden Begriffe...Erfahrung mit dem/das, was Plotin jenseits des Seienden verortet, schon mit der menschlichen Sprache erfolgreich ausdrücken? ) - na, egal. Daß einem die Erkenntnis nicht auf dem Silbertablett serviert wird, ist vielleicht ja eine erste Hürde, die allerdings nicht zu verachten ist.

-jmw-
17.04.2009, 18:31
Was für mich heisst, einerseits, da diese Leute ja falsch liegen können oder lügen, wenn sie behaupten, sie wüssten, wie's sei, ihre Vorschläge nur sehr dosiert anzunehmen;

und, andererseits dies, da sie ja richtig liegen können, dem, der will, die Möglichkeit zu lassen, sich danach zu richten.

Und schon weiss ich wieder warum ich ein Liberaler bin.
Schön... :))

-25Grad
17.04.2009, 18:42
Na, daß sie nicht lügen werden, davon dürfte man schon ausgehen - angesichts des ja doch sehr rigiden Auswahlverfahren und der strengen Erziehung im platonischen Staat; daß sie sich täuschen, diese Möglichkeit besteht natürlich - aber was die Sache für mich eben so interessant macht ist der Umstand, daß diejenigen, die von der Schau des Einen sprechen, (logischerweise) darauf verzichten irgend welche konkreten Äusserungen zu tätigen - wenn es so etwas wie das Eine gibt, dann wird man - wie gesagt - auch kaum davon sprechen können...
@EinDachs : In Ordnung. Ich bin mir über meine Auffassung über die Ideenlehre selbst noch nicht klar; soweit ich das verfolgen konnte, trat sie aber im Laufe der Wirkungsgeschichte des platonischen Denkens mehr und mehr in den Hintengrund. Man wird wohl auch vielleicht damit rechnen müssen, daß die Ideenlehre so wie die Wiedererinnerungslehre oder auch die Lehre von der Präexistenz der Seele zu einem gut Teil einfach in die Methodik des ,,Aufstiegs" paßt.

-jmw-
17.04.2009, 18:44
Oh, nee nee, da hste mich missverstanden: Ich meinte nicht die platonischen Philosophen, sondern ganz allgemein die Herren und Damen, die behaupten, sie hätten DAS WISSEN irgendwie von irgendwoher.

-25Grad
17.04.2009, 18:48
Oh, nee nee, da hste mich missverstanden: Ich meinte nicht die platonischen Philosophen, sondern ganz allgemein die Herren und Damen, die behaupten, sie hätten DAS WISSEN irgendwie von irgendwoher.Ich kenne keine Frau in der Philosophiegeschichte, die behauptet sie hätte das Gute/Eine erfahren; ein weiteres Argument für die Möglichkeit der mystischen Schau und die Glaubhaftigkeit der Zeugnisse. :hihi:
Aber es stimmt schon, natürlich ist es ein klein wenig schwierig über Jahrhunderte hinfort die persönliche Glaubwürdigkeit bestimmter Personen zu beurteilen...
...ja, und auch im hier und jetzt ist es kaum möglich. Aber wie sagte schon Christus : An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen! Es würde also völlig ausreichen denjenigen, die behaupten sie hätten das Eine geschaut, einen Staat anzuvertrauen und dann das Ergebnis zu begutachten.:cool:

-jmw-
17.04.2009, 18:54
Ich kenne keine Frau in der Philosophiegeschichte, die behauptet sie hätte das Gute/Eine erfahren; ein weiteres Argument für die Möglichkeit der mystischen Schau und die Glaubhaftigkeit der Zeugnisse. :hihi:
:D :D


Aber es stimmt schon, natürlich ist es ein klein wenig schwierig über Jahrhunderte hinfort die persönliche Glaubwürdigkeit bestimmter Personen zu beurteilen...
...ja, und auch im hier und jetzt ist es kaum möglich. Aber wie sagte schon Christus : An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen! Es würde also völlig ausreichen denjenigen, die behaupten sie hätten das Eine geschaut, einen Staat anzuvertrauen und dann das Ergebnis zu begutachten.:cool:
Klar, und wenn's dann nicht stimmt, haben wir die Kacke und, schlimmer noch! - ich hänge mittendrin.

Da verzichte ich!
Bin doch kein Laborhamster...

-25Grad
17.04.2009, 18:58
(...) Klar, und wenn's dann nicht stimmt, haben wir die Kacke und, schlimmer noch! - ich hänge mittendrin.

Da verzichte ich!
Bin doch kein Laborhamster...Na gut, man muß ja nicht mit einem achtzig Millionen Volk anfangen. Platon ging wohl auch eher von wesentlichen kleineren Staaten ( er spricht ja von einer Stadt ) aus. Wir wären also mal wieder bei diesem Ministaatenmodell. Und, sagen wir, 50.000 Freiwillige werden sich schon finden. Allerdings ist kaum davon auszugehen, daß man beim ersten Versuch in's Schwarze trifft...ah, ich denke, ich schweife sinnbefreit vom eigentlichen Thema ab.
Ich wäre dazu vielleicht sogar bereit.

-jmw-
17.04.2009, 19:00
Nein, garnicht, find ich im Gegenteil ganz richtig: Sowas in die Richtung meinte ich oben, als ich schrieb, man solle den Leuten Raum geben, privat ihren Wahrheiten nachzugehen.

Dazu gehört selbstverfreilich die Möglichkeit, sich entsprechend kleinräumig zu dezentralisieren.

Auch hier Wettbewerb, bitteschön! :)

royona
17.04.2009, 21:04
Die Vernunft ist ein gutes aber einsames Mittel.
Bildung, Sicherheit, Gedankenkreativität, Akzeptanz der persönlichen Talente und momentane Unterschiedlichkeit sehe ich als wichtigere Zutaten.


Er befürchtete damals schon zu Recht -antike als auch aktuelle Beispiele belegen es- eine Verwässerung der Gesetze, bzw. ihre Korrumpierbarkeit, wenn eine bestimmte Schicht von Oligarchen sich mittels ihres Reichtums von ihnen freikaufen kann.

Und somit fällt Alles sowieso in sich zusammen...

Stechlin
17.04.2009, 21:48
Man sollte an der Stelle auch noch einwenden, dass Demokratie im antiken Sinne einzig und allein eine direkte, beinahe basisdemokratische Demokratie meint, keine repräsentative, deren Hauptziel ja letztlich ist, dass Demagogen und Tyrannis eben wenig Einfluss haben. Dafür gibts, ein großer Unterschied zu antiken Demokratieformen, so Einrichtungen wie Gewaltenteilungen, garantierte Rechte für den Einzelnen, u.ä. Er spricht also eigentlich von etwas doch sehr anderem, als heute aktuell ist.

De jure hast Du Recht: die attische Demokratie war eine basisdemokratische, welche ihrerseits die Gewaltenteilung nicht kannte. Nur ist sie deshalb als Vergleichsbasis ungeeignet? Du sprichst zu Recht davon, dass die repräsentative Demokratie der Demagogie Einhalt gebieten würde -so zumindest ist es gedacht. Aber unsere omnipräsenten Medien sind meines Erachtens nach genau der Humus, auf dem die Demagogie wächst. Athen benötigte diese Medien schon aufgrund der begrenzten Reichweite seiner Demokratie nicht. Aber die Voraussetzungen sind in ihrer Wirkung auf den "Souverän" letztendlich die gleichen. Und dass die moderne Demokratie keine Tyrannen gebar, wurde jüngst durch George Bush widerlegt.

Sicher ist es schwierig, Platos Kritik, losgelöst von seinen eigenen Erfahrungen mit der Demokratie, zu interpretieren. Aber so viel anders war die attische Demokratie nicht gewesen, denn das wichtigste Wesensmerkmal war die demokratische Wahl und alle sich daraus ergebenen Nachteile, die er beschrieb. Einige Wirkungen mögen aufgrund historischer und gesellschaftlicher Umstände verschieden bleiben, aber die Ursachen für all die Widersprüche und die Widersprüche selbst sind identisch, weil sie sich aus dem Wesen der Demokratie ergeben: Nämlich eine freie Wahl, ohne selbige hinterfragen zu können bzw. rechtfertigen zu müssen.


Und was Platons eigenen Entwurf angeht, so muss ich sagen, geht er zu stark davon aus, dass die jeweiligen Seelentypen idealtypischerweise bei allen Menschen eindeutig in irgendeine Richtung überwiegen. Gerade dies, lässt sich ja in der Realität nicht im geringsten Beobachten.

Ob Platos Alternative realistisch ist, mag dahingestellt sein. Sicherlich ist eine wissenschaftliche Weiterentwicklung von Platos Thesen, welche die veränderten gesellschaftlichen, kulturellen und auch religiösen Verhältnisse berücksichtigt, notwendig. Deine Kritik, jeweilige Seelentypen überwiegen nicht, erfasst nicht wirklich den Kern Platos Kritik, denn die bezieht sich doch primär nur auf den Bereich der Politik. Die Politik ist kein Spielfeld menschlicher Eitelkeiten, auf dem jeder das Recht hätte, sein Glück zu versuchen. Auf diesem Platz darf und sollte nur die idealtypische Seele eines Menschen herrschen, und sonst niemand. Es geht um die Mechanismen, die eine Ordnung generieren müssen, die allen ein würdevolles und sinnvolles Leben garantieren. Man kann ein Band zum Alten Fritz und zu Kant knüpfen, um es zu verdeutlichen: Regieren ist eine Pflicht, derer man nur um ihrer Selbst willen nachzukommen hat. Keine Neigungen und schon gar keine Ideologien dürfen hier den Anlaß geben. Die Pflicht ist klar definiert, und nur der, der moralisch und intellektuell die Voraussetzung erfüllt, selbige zu erfüllen, sprich der "König" zu sein, kommt dafür in Frage. Der Sinn dieser definierten Pflicht ist, jedem die Anerkennung zu verschaffen, die er für sein Wirken, für seine Arbeit moralisch verdient hat und darüber hinaus, jedem nach seiner Facon selig werden zu lassen. Der Kreis schließt sich. Plato und Kant ergänzen sich hier "idealtypisch". ;)


Und wer weise ist, liegt nun mal eben zu sehr guten Teilen im Auge des Beurteilers und ist eben nicht letztinstanzlich, objektiv zu beurteilen.
Zu guter Letzt muss man noch sagen, dass Platons Entwurf für eine moderne Gesellschaft mit komplexer Arbeitsteilung ohnehin denkbar ungeeignet ist. Die moderne Gesellschaft besteht einfach aus mehr als Herrscher, Wächtern und Bauern.

Weise ist, wer das Schöne erkennt, denn nur im Schönen liegt die Wahrheit. So würden Plato und Schiller unisono antworten. Ich gebe zu, dass diese These sehr prosaisch daherkommt und wenig praktisch anzumuten scheint. Aber ich glaube, einen tieferen Sinn und einen Weg zum Verständnis für das, was wir Weisheit nennen, dahinter zu vermuten. Schauen wir uns die moralische Verderbtheit des überwiegenden Teils derer, die "herrschen", an, dann wird doch jedem offenbar, dass Charakterstärke, Selbstlosigkeit und bedingungslose Hingabe der Sache wegen Eigenschaften verkörpern, welche in der Politik nur noch Ausnahmeerscheinungen sind. Die Notwendigkeit einer strengen Selektion geeigneter Kandidaten, die als "Herrscher" in Frage kämen, wächst proportional zu jedem Skandal und jeder Lüge, derer man unsere demokratischen Vertreter überführt. In Sparta hat es ja funktioniert. Keine Gesellschaft, keine Verfassung war davor und danach so effektiv und stabil wie die Spartanische. Diese Hürde muss erst einmal genommen werden.

Die Sphäre des Politischen ist kein Tummelplatz für den "Aristokraten in Lumpen". Hier bedarf es weiser Wächter und weiser Herrscher. Und es ist ja nicht so, dass es in Sparta keine Wahlen gab, und da Plato im Falle Spartas immer von einem Vorbild sprach, darf dieser "demokratische" Aspekt ruhig in Anspruch genommen werden. In Sparta wurden die Wächter vom Volke gewählt und/oder bestätigt, und die wiederum bestimmten den Herrscher. Nur dass diese Wächter eben vollkommen mittellos und auf die Unterstützung ihrer "Wähler" angewiesen waren. Genau dieses Abhängigkeitsverhältnis garantierte, dass kein Wächter es zulassen würde, dass der König die Verfassung bricht.

Ich weiß nicht, ob solch ein Modell heute funktionieren würde. Aber einer Diskussion ist es wert. Und sicher ist auch, dass die Demokratie eine Farce ist, und nie funktionieren kann(!). Deshalb sind Alternativen gefragt. Plato und Sparta wären eine.

Stechlin
17.04.2009, 22:07
Genau das würde Platon bestreiten. Für ihn liegt nicht im Auge des Betrachters, wer weise ist, sondern wer weise scheint. Platon geht nämlich - so wie ich ihn verstanden habe - davon aus, daß es eine mystische Schau des Guten/des Einen gibt, die einem erlaubt tatsächlich weise zu sein, weil man durch diese Schau den Maßstab erlangt, den die anderen, die diese Schau - von der Plotin sagt : sie sei stärker als Wissen - nicht gemacht haben auch nicht besitzen.
Und das ist ja dann auch genau die Demokratiekritik, die NITUP hier gut erklärt : ohne das Gute haben wir keinen Maßstab und wenn eine Millionen Menschen ohne den rechten Maßstab abstimmen, dann ist weiterhin völlig ungewiß ob diese das Gute ,,treffen". Ohne das Gute ist für Platon alle Mühe vergebens. Darum bekommen auch nicht irgend welche Philosophen die Macht überantwortet, die dann in einem Philosophenrat über das Gute debattieren, sondern diejenigen, die dieser Schau zugeführt werden. Leider ist das Material darüber wie Platon sich die Hinführung zu dieser Schau vorstellte sehr spärlich, da er wohl davon ausging, daß man dies schriftlich niemandem wirklich näher bringen kann.
Mir ist auch klar, daß der Vorwurf dieses Gute/Eine sei eine religiöse Einbildung gerade für die moderne Sichtweise naheliegt und ich kann dir auch nicht versichern, daß es gewiß möglich ist, aber so wie ich Platon begreife ging er ganz fundamental von der Möglichkeit dieser Schau aus.

Der Maßstab ist im Grunde genommen ziemlich einfach. Da hülfe allein schon die Bibel mit ihrer Moral. Was nötig wäre, das ist eine Verfassung, die eben jene Moral, jenen Kern des Guten garantiert, der sich nach dem Bedürfnis des Menschen nach einem seiner Natur ensprechenden würdigen Leben richtet. Dieses Leben bedeutet, dass ein jeder sein Potential voll ausschöpfen kann und dessen höchstes Streben nur der Versuch ist, sich und andere stets zu verbessern. Das ist zugegeben sehr idealistisch formuliert und bedarf einer ausführlichen Interpretation und Erörterung.

Schiller hat einen Weg gewiesen, wie man das Gute, das Schöne, das Wahre erkennen kann. Für ihn war es die Kunst, die zur moralischen Erziehungsanstalt des Menschen werden sollte. Ein Aspekt, welcher der antiken Idee der Sieben freien Künste sehr nahe kommt. Letztendlich kommt alles auf die Bildung an, und wie man ihrer begegnet.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein schönes, altes deutsches Sprichwort ein, welches der zu suchenden Wahrheit sehr nahe kommt: Wo Gesang ist, da lass dich nieder. Nur böse Menschen kennen keine Lieder. Ohne Kultur ist jeder ein Barbar. Und unsere Zeit ist leider sehr kulturlos geworden. Vielleicht ist dieser Umstand ist als erstes zu beseitigen, bevor man die Suche nach Wahrheit wieder aufnimmt.

Stechlin
17.04.2009, 22:32
Das ist mir schon klar, dass Platon dem ziemlich deutlich wiedersprechen würde, aber eben darin würd ich sagen, ist Platon ja mittlerweile nicht mehr haltbar.
Seine gesamte Ideenlehre wurde ja bereits von Aristoteles wieder verworfen und hat eben nach wie vor den Schwachpunkt, dass sie quasi-dogmatisch die Existenz einer idealtypischen Abstarktion vorraussetzt. Dies muss aber doxa (also Meinung) bleiben, ein letztlicher Nachweis ist dafür nicht möglich.

Ich glaube, hier werden ein paar Dinge durcheinander gebracht: Aristoteles hat niemals die Lehre Platos verworfen. Er bezog sich in seiner Nikomachischen Ethik mehrmals auf Plato.

Irgendein Philosoph, ich weiß leider nicht wer, soll mal gesagt haben, dass alle philosophischen Erkenntnisse nur Fußnoten zu Plato sind. Wenn man es als Metapher wertet, dann stimmt´s auch. ;)

Platos Ideenlehre mag ein Kernstück seiner Philosophie sein, aber in seinen Werken läßt er eine Erläuterung missen. Diese Ideenlehre handelt davon, dass alle Objekte, die nur vermittels der Vernunft zugänglich sind, jenen materiellen Gegenständen, welche sich uns durch die Sinne offenbaren, vorstehen. Plato war der Begründer des Reichs der Bedeutung, auch "Drittes Reich" genannt. Das erste Reich war die stoffliche Außenwelt, das Reich des Vergänglichen; die zweite Welt ist die der menschlichen Seele, das Mentale; und die dritte Welt eben jene der Ideen, oder auch der Bedeutung. Der Punkt bei Plato war, dass jenes dritte Reich unveränderlich sei. Alles, was unsere stoffliche, sprich sinnliche Welt ausmacht, findet dort ihre unveränderliche Bestimmung.

Der Zugang zu diesem Reich der Ideen führt über die Erkenntnis, und Voraussetzung für diese Erkenntnis ist die Vernunft. Jeder verfügt über selbige, denn einen Tisch oder einen Stuhl könnte auch der wildeste Tyrann identifizieren. Aber das Gerechte zu suchen, bedarf größerer Vernunft. Plato vermutete, dass durch die vielen Erscheinungsformen dessen, was man für Gerecht emfindet, keiner Bedeutung, was Gerecht wirklich ist, entspricht. Für Plato war die Erkenntnis des Guten, Wahren, Schönen, sprich des Gerechten, a priori. Er glaubte an eine klare Definition des Gerechten. Ich halte diese Ansicht für sehr wahrscheinlich.

Stechlin
17.04.2009, 22:36
Die Vernunft ist ein gutes aber einsames Mittel.
Bildung, Sicherheit, Gedankenkreativität, Akzeptanz der persönlichen Talente und momentane Unterschiedlichkeit sehe ich als wichtigere Zutaten.

-->


Und somit fällt Alles sowieso in sich zusammen...

...weil eben die Vernunft vereinsamt.

-25Grad
17.04.2009, 22:38
(...) Ich halte diese Ansicht für sehr wahrscheinlich.Ich auch. Ich stimme dir auch sonst zu, aber ich meine, Aristoteles hätte in der erwähnten Nikomachischen Ethik sehr wohl zumindest die Idee des Guten - ich glaube, das war im ersten Teil - verworfen. Ich werde morgen vielleicht mal nachschauen.

Stechlin
17.04.2009, 22:48
Ich auch. Ich stimme dir auch sonst zu, aber ich meine, Aristoteles hätte in der erwähnten Nikomachischen Ethik sehr wohl zumindest die Idee des Guten - ich glaube, das war im ersten Teil - verworfen. Ich werde morgen vielleicht mal nachschauen.

Das mag sein. Aber einDachs vermutete, dass Aristoteles Platos gesamtes Werk, so las es sich zumindest, verwarf. Platos Lehre und Platos Ideenlehre sind zwei Paar Schuhe. Darauf wollte ich nur hinweisen.

Aber es ist erfrischend, dass Du Platos Gedanken teilst. Der Mann ist so aktuell, dass er immer noch ein großer Lehrer ist.

Efna
17.04.2009, 23:24
Naja Platon ist eine Sache. Sicherlich trifft seine Kritik in gewissen Punkten zu aber man sollte aber auch bedenken das die Demokratie die Platon kritisierte eine andere als unsere heutige war. Und seine eigenen meist extrem utopischen Staatsmodelle waren wohl keine Alternative.
Davon abgesehen kann ich nicht die Meinung teilen das Sparta der stabilste Stadtstaat im alten Griechenland war, das war wohl eher Athen.

-25Grad
17.04.2009, 23:29
(...) Davon abgesehen kann ich nicht die Meinung teilen das Sparta der stabilste Stadtstaat im alten Griechenland war, das war wohl eher Athen.Sicher? Ich habe bei Plutarch gelesen, daß Sparta fünfhundert Jahre ohne Veränderung bestand. Das ist eine durchaus beeindruckende Leistung.

Efna
18.04.2009, 00:10
Sicher? Ich habe bei Plutarch gelesen, daß Sparta fünfhundert Jahre ohne Veränderung bestand. Das ist eine durchaus beeindruckende Leistung.

500 Jahre ist Definitiv extrem hoch gegriffen. Das System Spartas hatte einen schwerwiegenden Schwachpunkt die Heloten. Das Spartanische System hatte sozusagen zwei Klassen einmal eben die Spartianer in der Stadt die ihr ganzes Leben im Militär verbrachten(waren sie erfolgreich später in der Politik) und die Heloten die letztendlich die Unterdrückten waren und eben als Halbsklaven die "arbeiter" waren die für das wirtschaftlichen Wohl Spartas sorgten. Sie waren Unterdrückt aber auch eine eigene Ethnische Volksgruppe(messenier) die irgendwann mal unterworfen wurden. Seit je her strebten sie nach unabhängigkeit von Sparta aber die meistenm Aufstände wurden unterdrückt und das war kein Proplem solange Sparta stark war doch nur eine grosse Krise konnte dazu führen das sie es schafften und das sollte auch passieren. Und die sollte kommen, nach dem Peloponnesischen Krieg als Sparta Athen als führende Macht ablöste hat Sparta für ein paar Jahrzehnte die Führungsrolle übernahm. Die Endet im Krieg mit der Stadt Theben unter Epaminondas der die Spartianer in der Schlacht bei Leuktra besiegte und mehrmals in den Peloponnes einfielen. Naja die Messenier(Heloten) wollten unabhängig sein und Theben erfüllte(nicht uneigenützig) ihnen diesen Wunsch und legte Sparta wirtschaftlichen aufs Trockene. Was Sparta letztendlich seine Führungsposition kostete sondern auch seine Bedeutung als grossen Stadtstaat im Antiken Griechenland. Das Spartanisch System bvestand noch weiter aber auf wirklich kleiner Sparflamme. Auch war das spartanische System eben nicht darauf ausgelegt grössere Gebiete zu regieren. Es war ein System das für ein Stadtstaat ausgelegt war. Nach der Niederlage Athens gegen Sparta, hatte Athen de facto ständig am laufenden Band Kriegsauflagen verletzt(wiederaufbau der grossen Mauer, Grundung eines neuen Bundes unter Führung athens, Expansion im Ägäisraum etc.) und einmal sogar eine kleine Spartanische Armee in den Hinterhalt gelockt und vernichtet(was ein Kriegsgrund wäre). Sparta muste das hin nehmen da sie nicht in der Lage waren etwas dagegen zu unternehmen. Und auch das zeigte das Athen selbst nach der Niederlage gegen Sparta wesentlich Stabiler und Krisenresistenter waren und zwar nicht mehr Führungsmacht wurden aber eben eine Grossmacht.

Stechlin
18.04.2009, 00:51
Naja Platon ist eine Sache. Sicherlich trifft seine Kritik in gewissen Punkten zu aber man sollte aber auch bedenken das die Demokratie die Platon kritisierte eine andere als unsere heutige war.

Aber ich habe doch darauf hingewiesen und erläutert, warum eben die attische und die moderne Demokratie miteinander vergleichbar sind! Es geht um das Wesensmerkmal einer Demokratie, und das war damals wie heute gleich. Deshalb sind Platos Analysen brauchbar, um der Demokratie, der modernen erst Recht, die Maske vom Gesicht zu reißen und sie als das qualifizieren, was sie ist: als eine Mär!


Und seine eigenen meist extrem utopischen Staatsmodelle waren wohl keine Alternative.

Und wenn man sie wissenschaftlich weiterentwickelt? Marxs Vorstellung von einer kommunistischen Gesellschaft ist ebenfalls keine Alternative, weil dieser Gedanke noch utopischer ist.


Davon abgesehen kann ich nicht die Meinung teilen das Sparta der stabilste Stadtstaat im alten Griechenland war, das war wohl eher Athen.

Gemessen an der Dauer der Verfassung war Sparta stabil. Natürlich kann das System Sparta kein Vorbild sein, aber die Aspekte der Regierungsform haben ihre Effiziens allen Widrigkeiten zum Trotz unter Beweis gestellt. Warum sollte man dieses Modell nicht aufgreifen? Es will ja niemand die Sklaverei einführen.

Stechlin
18.04.2009, 00:53
500 Jahre ist Definitiv extrem hoch gegriffen. Das System Spartas hatte einen schwerwiegenden Schwachpunkt die Heloten. Das Spartanische System hatte sozusagen zwei Klassen einmal eben die Spartianer in der Stadt die ihr ganzes Leben im Militär verbrachten(waren sie erfolgreich später in der Politik) und die Heloten die letztendlich die Unterdrückten waren und eben als Halbsklaven die "arbeiter" waren die für das wirtschaftlichen Wohl Spartas sorgten. Sie waren Unterdrückt aber auch eine eigene Ethnische Volksgruppe(messenier) die irgendwann mal unterworfen wurden. Seit je her strebten sie nach unabhängigkeit von Sparta aber die meistenm Aufstände wurden unterdrückt und das war kein Proplem solange Sparta stark war doch nur eine grosse Krise konnte dazu führen das sie es schafften und das sollte auch passieren. Und die sollte kommen, nach dem Peloponnesischen Krieg als Sparta Athen als führende Macht ablöste hat Sparta für ein paar Jahrzehnte die Führungsrolle übernahm. Die Endet im Krieg mit der Stadt Theben unter Epaminondas der die Spartianer in der Schlacht bei Leuktra besiegte und mehrmals in den Peloponnes einfielen. Naja die Messenier(Heloten) wollten unabhängig sein und Theben erfüllte(nicht uneigenützig) ihnen diesen Wunsch und legte Sparta wirtschaftlichen aufs Trockene. Was Sparta letztendlich seine Führungsposition kostete sondern auch seine Bedeutung als grossen Stadtstaat im Antiken Griechenland. Das Spartanisch System bvestand noch weiter aber auf wirklich kleiner Sparflamme. Auch war das spartanische System eben nicht darauf ausgelegt grössere Gebiete zu regieren. Es war ein System das für ein Stadtstaat ausgelegt war. Nach der Niederlage Athens gegen Sparta, hatte Athen de facto ständig am laufenden Band Kriegsauflagen verletzt(wiederaufbau der grossen Mauer, Grundung eines neuen Bundes unter Führung athens, Expansion im Ägäisraum etc.) und einmal sogar eine kleine Spartanische Armee in den Hinterhalt gelockt und vernichtet(was ein Kriegsgrund wäre). Sparta muste das hin nehmen da sie nicht in der Lage waren etwas dagegen zu unternehmen. Und auch das zeigte das Athen selbst nach der Niederlage gegen Sparta wesentlich Stabiler und Krisenresistenter waren und zwar nicht mehr Führungsmacht wurden aber eben eine Grossmacht.

Das beweist gar nichts.

Efna
18.04.2009, 01:14
Aber ich habe doch darauf hingewiesen und erläutert, warum eben die attische und die moderne Demokratie miteinander vergleichbar sind! Es geht um das Wesensmerkmal einer Demokratie, und das war damals wie heute gleich. Deshalb sind Platos Analysen brauchbar, um der Demokratie, der modernen erst Recht, die Maske vom Gesicht zu reißen und sie als das qualifizieren, was sie ist: als eine Mär!



Und wenn man sie wissenschaftlich weiterentwickelt? Marxs Vorstellung von einer kommunistischen Gesellschaft ist ebenfalls keine Alternative, weil dieser Gedanke noch utopischer ist.



Gemessen an der Dauer der Verfassung war Sparta stabil. Natürlich kann das System Sparta kein Vorbild sein, aber die Aspekte der Regierungsform haben ihre Effiziens allen Widrigkeiten zum Trotz unter Beweis gestellt. Warum sollte man dieses Modell nicht aufgreifen? Es will ja niemand die Sklaverei einführen.


1. Ich sage nicht das die Demokratie keine Schwächen hat(Es gab nie eine Staatsform die das nicht hat). Im Gegenteil sie hat einige Schwächen aber in der jetzigen Zeit scheint sie wohl mehr Vorteile zu haben als die anderen. Ich meine kritisieren kann man viel. schwieriger wird es dann schon Alternativen zu bringen dike auch brauchbar sind und das konnte Platon nicht.

2. Ich halte Platons Modelle für noch Utopischer als Marx. Da Marx zumindestens noch eine Machtbasis für seine Gesellschaft hatte. Beide verbindet das ihre Vorstellung vom Perfekten Staat das sie glaubten das Paradies auf Erden zu schaffen was von vornerein Blödsinn ist. Bei Platon kommt noch hinzu das er glaubte das seine Staatsform sich kaum bis nie verändert und das das gut ist. Eine Staatsform die sich nicht ändern(Es müssen nicht unbedingt Grundlegende Dinge sein) stagniert. Trotz alledem halte ich beide für gute Geisteswissenschaftler aber sie waren beide Utopisten und reine Theoretiker.

3. Ich habe das oben schon beschrieben. Desweiteren muss man auch sagen das das System Sparta wesentlich mehr auf Ausbeutung beruhte als das System Athen.

Efna
18.04.2009, 01:21
Das beweist gar nichts.

Die Spartiaten waren meist reine Militärs, die Wirtschaft Spartas basierte auf die Ausbeutung der Heloten. Waren diese Heloten weg sah es düster aus. Für jeden anderen griechischen Stadtstaat wäre das zu verkraften gewesen selbst wenn sich ein abhängiges Volk unabhängig macht. Es sei den auf diesen Volk basiert die Wirtschaft des Stadtstaates was bei Sparta der Fall war. Alles war es das verschulden des Spartanischen Systems.

The_Darwinist
18.04.2009, 03:07
Ich muss ja gar nicht Platon haben!
Nur die athenische Verfassung würde mir schon reichen, nach der man absolute Vollidioten auf ewig verbannen kann!
Was meint ihr, wie viele Politiker wären dann im Reichstag noch über 1 oder 2 Leute!

Efna
18.04.2009, 10:21
Ich muss ja gar nicht Platon haben!
Nur die athenische Verfassung würde mir schon reichen, nach der man absolute Vollidioten auf ewig verbannen kann!
Was meint ihr, wie viele Politiker wären dann im Reichstag noch über 1 oder 2 Leute!


Naja das Scherbengericht war schon gut. Richtet sich aber weniger gegen Inkompetende oder Korrupte Politiker als mehr gegen Leute die auf Demokratischen Weg eine Diktatur/Tyrannis errichtete oder die Verfassung zerstören will. eine Moderne Form davon hätte vielleicht 12 Jahre NS Herrschaft verhindern können.

EinDachs
18.04.2009, 20:25
De jure hast Du Recht: die attische Demokratie war eine basisdemokratische, welche ihrerseits die Gewaltenteilung nicht kannte. Nur ist sie deshalb als Vergleichsbasis ungeeignet? Du sprichst zu Recht davon, dass die repräsentative Demokratie der Demagogie Einhalt gebieten würde -so zumindest ist es gedacht. Aber unsere omnipräsenten Medien sind meines Erachtens nach genau der Humus, auf dem die Demagogie wächst. Athen benötigte diese Medien schon aufgrund der begrenzten Reichweite seiner Demokratie nicht. Aber die Voraussetzungen sind in ihrer Wirkung auf den "Souverän" letztendlich die gleichen.

Nein, eben nicht.
Der Unterschied zwischen attischer und unserer Demokratie ist, dass der Einzelne heute prinzipiell gegen die Gruppe sein Recht durchsetzen kann, wenn er es hat. Sokrates zum Tod verurteilen weil man demokratisch darüber abgestimmt hat, dass man das tun will, geht heute nicht mehr.
Das ist der sehr essentielle Unterschied zwischen einer modernen Demokratie und einer Tyrannei der Mehrheit: Das eigentliche Primat des Rechtes. Es leitet sich das Recht von der Mehrheit ab, nicht die Macht.


Und dass die moderne Demokratie keine Tyrannen gebar, wurde jüngst durch George Bush widerlegt.
?
Was genau qualifiziert Bush zum Tyrannen?


Sicher ist es schwierig, Platos Kritik, losgelöst von seinen eigenen Erfahrungen mit der Demokratie, zu interpretieren. Aber so viel anders war die attische Demokratie nicht gewesen, denn das wichtigste Wesensmerkmal war die demokratische Wahl und alle sich daraus ergebenen Nachteile, die er beschrieb. Einige Wirkungen mögen aufgrund historischer und gesellschaftlicher Umstände verschieden bleiben, aber die Ursachen für all die Widersprüche und die Widersprüche selbst sind identisch, weil sie sich aus dem Wesen der Demokratie ergeben: Nämlich eine freie Wahl, ohne selbige hinterfragen zu können bzw. rechtfertigen zu müssen.

Gerade dem würde ich eben am deutlichsten widersprechen: Demokratie (im heutigen Sinne) ist mehr als einfach nur ab und an wählen gehen. Garantierte Rechte des Einzelnen sind eben mindestens genauso wichtig.
Und Platon setzt eben sehr klar ein nicht näher definiertes aber ausschlaggebendes "Allgemeininteresse" vorraus, welchem eine Wahl angeblich schaden würde. Aber genau dies ist letztlich nichts anderes als eine Art Dogmatismus, der in der Praxis dann stets dazu geführt hat, dem aktuellen Machthaber vollste Legitimität seiner Handlungen zuzuschreiben.
Vor allem in der Formulierung erinnerts stark an den "Volonte general", mit dem die frz. Jakobiner während der Revolution die Guillotinnen an der Arbeit hielten ( um mal nicht die Nazis heranzuziehen).


Ob Platos Alternative realistisch ist, mag dahingestellt sein. Sicherlich ist eine wissenschaftliche Weiterentwicklung von Platos Thesen, welche die veränderten gesellschaftlichen, kulturellen und auch religiösen Verhältnisse berücksichtigt, notwendig.

Dazu ist er eigentlich schon etwas zu veraltet.


Deine Kritik, jeweilige Seelentypen überwiegen nicht, erfasst nicht wirklich den Kern Platos Kritik, denn die bezieht sich doch primär nur auf den Bereich der Politik. Die Politik ist kein Spielfeld menschlicher Eitelkeiten, auf dem jeder das Recht hätte, sein Glück zu versuchen. Auf diesem Platz darf und sollte nur die idealtypische Seele eines Menschen herrschen, und sonst niemand. Es geht um die Mechanismen, die eine Ordnung generieren müssen, die allen ein würdevolles und sinnvolles Leben garantieren.

Eben nicht.
Und Platons wirkliches Problem war eben, dass er letztlich unterstellt, die Menschen zerfallen in drei Gruppen: Jene mit Thymos, die hervorragende Wächter sind und von Ehre und dem Streben nach Annerkennung angetrieben werden und jene, die glücklich sind wenn sie die Felder bestellen dürfen und die dann alle den einen Philosophenrat anerkennen und froh sind, von ihm regiert zu werden.
Nur genau so funktioniert die Welt eben nicht. Jeder Bauer geht davon aus, dass er Philosophenkönig sein sollte und das Streben nach Anerkennung treibt in Wirklichkeit jeden an. Es gibt nicht, wie von Platon suggeriert, einen festen geordneten Platz für den Menschen. Der Mensch ist per se relativ frei und kann so quasi als tabula rasa so ziemlich alles werden, was man am allerschönsten immer dann erkennt, wenn rasche Umbrüche alteingefahrene Gesellschaftsstrukturen auflösen: Dann wird plötzlich der kleine Maler ein großer Politiker oder der kleine Elektiker polnischer Präsident. Die Ordnung, nach der alles seinen Platz hat, entsteht durch Chaos, nicht durch vorgefertigte Pläne des Schicksals, Gottes oder Platons "Ideen".



Weise ist, wer das Schöne erkennt, denn nur im Schönen liegt die Wahrheit.So würden Plato und Schiller unisono antworten.

Und ich würd beide fragen, warum die Wahrheit dann oft so hässlich daherkommt?
So eine Motto taugt eben um einen Gedichtband zu schreiben, ist allerdings keine Legitimität auf der man Herrschaft aufbauen könnte.


Ich gebe zu, dass diese These sehr prosaisch daherkommt und wenig praktisch anzumuten scheint. Aber ich glaube, einen tieferen Sinn und einen Weg zum Verständnis für das, was wir Weisheit nennen, dahinter zu vermuten. Schauen wir uns die moralische Verderbtheit des überwiegenden Teils derer, die "herrschen", an, dann wird doch jedem offenbar, dass Charakterstärke, Selbstlosigkeit und bedingungslose Hingabe der Sache wegen Eigenschaften verkörpern, welche in der Politik nur noch Ausnahmeerscheinungen sind. Die Notwendigkeit einer strengen Selektion geeigneter Kandidaten, die als "Herrscher" in Frage kämen, wächst proportional zu jedem Skandal und jeder Lüge, derer man unsere demokratischen Vertreter überführt

Es ist aber eben eine Illusion, wenn auch eine alte und beliebte, man könne durch strengere Selektion Charkaterstärke, Selbstlosigkeit und dergleichen erreichen. Der Grund liegt hptsl in der ebenfalls schon sehr alten Weisheit, dass Macht korrumpiert. Jeden, ausnahmslos und meistens ohne das diejenige Person es selbst bemerkt. Das einzige, wie man dem Gegensteuern kann, ist nicht Elitenselektion, sondern Elitenwechsel und die funktioniert eben in Demokratien am besten. Man hat eine Opposition, deren Aufgabe es ist, die aktuelle Elite sehr genau zu beobachten und glaubhaft zu machen, dass sie über die besseren Leute verfügt. Was regelmäßig entweder zu der Ablösung der Regierungspartei oder einer Umschichtung ihrer Regierungsmannschaft führt.


In Sparta hat es ja funktioniert. Keine Gesellschaft, keine Verfassung war davor und danach so effektiv und stabil wie die Spartanische. Diese Hürde muss erst einmal genommen werden.

Das spricht jetzt nicht gerade für deine Kenntnisse von Sparta.
Der Staat hat mal funktioniert, mal nicht so und zerbrach schließlich nach seinem Sieg über Athen relativ rasch an inneren Problemen, in erster Linie wirtschaftlicher und sozialer Natur (Spartas ewige Archillesferse). Und letztlich ist es interessant, wie häufig oligarchische Systeme die, meist unbewußt, am ehersten Platons Idealen entsprechen, an sozialen und wirtschaftlichen Problemen zerbrechen.


Die Sphäre des Politischen ist kein Tummelplatz für den "Aristokraten in Lumpen". Hier bedarf es weiser Wächter und weiser Herrscher. Und es ist ja nicht so, dass es in Sparta keine Wahlen gab, und da Plato im Falle Spartas immer von einem Vorbild sprach, darf dieser "demokratische" Aspekt ruhig in Anspruch genommen werden. In Sparta wurden die Wächter vom Volke gewählt und/oder bestätigt, und die wiederum bestimmten den Herrscher. Nur dass diese Wächter eben vollkommen mittellos und auf die Unterstützung ihrer "Wähler" angewiesen waren. Genau dieses Abhängigkeitsverhältnis garantierte, dass kein Wächter es zulassen würde, dass der König die Verfassung bricht.

?
Meinst du mit den Wächtern die 5 Ephoren (der Ältestenrat, der ebenfalls Kontrollbefugnisse hatte, war nämlich alles andere als mittellos)? Naja, die haben den Herrscher nicht wirklich bestimmt (der war erblich)
Du übersiehst bei Sparta aber wohl das wichtigste Element, dass eine Tyrannis verhindern sollte, nämlich das Doppelkönigtum.
Der wichtigste Unterschied aber ist, dass nicht Weisheit hier irgendeine Rolle gespielt hat, sondern simples Ansehen und die Gunst der Götter (jeder König war Feldherr/Papst).


Ich weiß nicht, ob solch ein Modell heute funktionieren würde. Aber einer Diskussion ist es wert. Und sicher ist auch, dass die Demokratie eine Farce ist, und nie funktionieren kann(!). Deshalb sind Alternativen gefragt. Plato und Sparta wären eine.

Nein, das Spartanische Modell funktioniert heutzutage sicherlich nicht.
Gerade, das die Legitimität des ganzen Herrschaftsapparates primär auf Orakelsprüchen, Religion und Tradition basiert hat, würde es mehr als schwer machen, dieses System in die Gegenwart zu übersetzen.
Der primäre Unterschied von damals zu heute ist die Quelle der Legitimation: Selbige kann heute nur noch aus einer dezidierten Zustimmung des Volkes entstehen, alle konkurrierenden (Gottesgnadentum, kruder Darwinismus, "wissenschaftlicher Sozialismus") Herrschaftslegitimationen werden heute nicht mehr anerkannt. Und ebenso bei Sparta wie auch bei Athen, wurde die Rechtmäßigkeit des Systems nie aus einem Volkswillen irgendeiner Art, sondern meist auf den Willen der Götter geschöpft (die dankbarerweise stets über Delphi erreichbar waren). Allein deshalb ginge es heute nicht mehr, diese Systeme heute wieder zu übernehmen.

Zumal dies politische Systeme die von ein paar tausend Mann waren, die Entscheidungen über die Ernte oder Überfälle auf die Nachbarstädte planen mussten. Der Komplexität eines modernen Nationalstaates, der über komplexe Rechtsfragen von Millionen Bürger entscheiden muss, werden diese antiken Konzepte ohnehin nicht gerecht.