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Vollständige Version anzeigen : Polen und die Wirtschaftskrise...



Candymaker
02.04.2009, 23:50
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/942350/

Eines haben Lettland und Ungarn tatsächlich mit den Vereinigten Staaten gemein: Ein Wachstumsmodell, das auf Pump basierte, auf dem Geld anderer Länder. Und das ist auch der Grund dafür, warum ausgerechnet Polen heute relativ gut da steht.

Regionaltreffen deutscher Unternehmer in der westpolnischen Messestadt Posen. Christoph Garschynski, ein Rechtsanwalt, der deutsche Unternehmen in Polen berät, will nicht klagen:

"Das Interesse ist nach wie vor vorhanden. Nur: Es ist ein bisschen verhalten zur Zeit. Längerfristige Ziele legt man erst einmal auf Eis. Ich könnte aber nicht behaupten, dass man sich jetzt zurückziehen will."

Warum auch? In vielen Bereichen läuft die Wirtschaft weiter rund. Tobias Jerschke, Polen-Manager des Spediteurs Kühne + Nagel, sagt, er spüre noch keine Einbußen. In Polen beliefert die Firma hauptsächlich Einzelhändler mit leicht verderblicher Ware. Jerschke:

"Natürlich ist der Außenhandel zwischen Polen und den baltischen Staaten zusammengebrochen, aber das macht nur einen geringen Anteil am Außenhandel Polens aus."

Ringsum drohen Staaten zu kollabieren, und Polen hält Stellung: Das erstaunt. Zwar zeigte der Binnenkonsum im Februar erstmals Schwächen, auch ist die traditionell hohe Arbeitslosigkeit wieder über 10 Prozent gestiegen. Deutschland und Russland sind die wichtigsten Handelspartner des Landes; die Autoindustrie ist bedeutsam: Auch Polen wird zwangsläufig irgendwann in die Rezession geraten, sollte die Weltwirtschaftskrise andauern. Aber verglichen mit den Einbrüchen in Ungarn, dem Baltikum oder der Ukraine steht Polen derzeit blendend da. Zwar wächst das Land nicht mehr wie zuletzt um sechs Prozent, aber bis zu zwei Prozent trauen ihm Experten dieses Jahr noch zu. Ursachen kennt Thomas Laursen, Regionaldirektor der Weltbank in Warschau.

"Niemand ist immun gegen das, was in der Welt und in der Region passiert. Aber Polen ist in einer etwas anderen Position. Die wirtschaftlichen Rahmendaten sind stark, und das Finanzsystem ist vergleichsweise gesund. Was man hier sieht und auch in Tschechien ist, dass die Wirtschaft insgesamt viel besser geführt wird."

Zum Beispiel haben die Banken weit weniger aggressiv Fremdwährungskredite vermarktet als etwa in Ungarn. Die Staatsverschuldung ist moderat, und überhaupt haben die Polen viel mehr auf eigene Ressourcen gesetzt als auf Kredite vom Ausland. Die Kredite wuchsen schnell, aber fast ebenso schnell auch die Spareinlagen der Polen, lobt die Weltbank. Dazu passt, dass die Führung des Landes Konjunkturprogramme für Unfug hält. Premier Donald Tusk:

"Ich rate dringend zu Gelassenheit. Es vergeht ja kein Tag, wo nicht irgendein Land ein Rettungspaket für die Wirtschaft schnürt. Aber wenn die Staaten 100, 200, 500 Milliarden in die Wirtschaft pumpen, dann fehlt das Geld doch am Markt. Zudem ist die Frage ungelöst, woher es eigentlich kommt. Die Führer der Welt geben das Geld mit vollen Händen aus - um dann aber im Kreis der Kabinettskollegen zuzugeben: 'Eigentlich haben wir dieses Geld gar nicht'."

In Warschau heißt es zur Abwertung des Zloty: Die Märkte würden eben nicht differenzieren und Polens Stärken ausblenden. Die zeigen sich in der Krise, denn das große Land mit seinen 38 Millionen Einwohnern wuchs lange Zeit langsamer als die kleinen, extrem offenen Ökonomien etwa im Baltikum. Jetzt aber erweist sich Polens Weg als Krisenschutz, und er wird sich auch durchsetzen, prophezeit der Wiener Ökonom Gligorow:

Die Krise trennt Spreu und Weizen: Einige Länder Osteuropas werden noch lange ihre Schulden abzahlen müssen, andere stehen besser da. Nicht alles ist auf Sand gebaut: die Wolkenkratzer von Warschau... bleiben.

Black Jack
03.04.2009, 07:07
Guter Beitrag! Was dem Westen noch stinkt, ist, dass Polen nicht ganz unter dem EU-Stiefel sitzt. Stichwort: der Euro. Es gab in Polen in der Oposition lange Zeit einen starken Widerstand gegen die Einführung von Euro. Aus gutem Grund: Jeder weiss, dass eigene nationale Währung und Währungspolitik die Grundlagen staatlicher Souveränität darstellen. Das kann es in der EU natürlich nicht geben. Neuerlich hat man durch Spekulationen westlicher Banken den Polen gezeigt, was man mit dem Zloty machen kann, wenn man es will. Innerhalb einer Woche hat man den Zloty förmlich zerschossen (alles natürlich unter dem Deckmantel der Krise). Die Politiker in Warschau haben sich vor Schreck in die Hose gemacht. Als Heilmitel gegen diese Zustände wurde ihnen, wie anderes, der Euro presentiert. Und promt hält Kaczynski und Co. die schnelle Euro-Einführung für nicht mehr ausgeschlossen. Mission accomplished, sage ich nur dazu. Leider sind die Kaczynskis viel zu beschränkt, um die Manipulation dahinter durchzuschauen.

politisch Verfolgter
03.04.2009, 09:27
Nix läuft "rund". Dazu einfach die jeweiligen Eink./Verm.-Verteilungen offenlegen.
So lange die Anbieter nicht die Wirtschaft und das Kapital sind, haben wir modernen Feudalismus.
Erst goldene Anbieternetze können Rechtsraumsbarrieren zwecks Villa&Porsche durchs Anbieten kaufkräftiger Nachfrager abschmelzen.
Souveränität gibts erst, wenn Villa&Porsche StandardNutzungszweck betrieblicher high tech Netzwerke ist.
Sonst ist man der Depp: teilleistungsreduziert umverteilungs-marginalisierter Kostenfaktor, gegeneinander gehetztes Kanonenfutter, per Zwangsarbeit, Lehnswesen und Berufsverbot enteignet bzw. von Profitzugang abgeschottet.
Die Arbeitsgesetzgebungen und ihr grundrechtswidriges "Arbeitnehmer"-Konstrukt müssen weg.
Wer will, kann sich aus freien Stücken mit z.B. anonymen Inhabern vertraglich arrangieren.

dr-esperanto
04.04.2009, 01:19
Der Zloty ist aber auch nur so stark wie die polnische Wirtschaft - und die ist eben nicht so besonders stark. Von daher tun ärmere Länder gut daran, sich an starke Währungen zu hängen, um von der Wirtschaftskraft größerer Länder zu profitieren.
So wie jetzt die Iren und die Isländer, die auf einmal voll zur EU stehen, weil ihre nationalen Währungen arg ins Taumeln geraten.

Gärtner
04.04.2009, 01:45
http://img525.imageshack.us/img525/6105/47218832uz7.jpgolens Wirtschaft ist vor allem aufgrund der vergleichsweise viel größeren Bevölkerungszahl in der Lage, so etwas wie eine Binnenkonjunktur zu entwickeln, die die Krise zumindest etwas abfedern kann. Dieser Weg steht den baltischen Zwergstaaten u.a. natürlich nicht offen.

politisch Verfolgter
04.04.2009, 07:52
Freie Märkte bedingen goldene Anbieternetze bezahlender Betriebsnutzer samt Managementvorgabe von Userdividende.
Damit lassen sich Rechtsraumsbarrieren einschmelzen, womit wir zu einem ökonomisch und ökologisch intakten high tech Rosengarten kommen, worin Villa&Porsche Standardzweck der Betriebsnutzung durch damit möglichst kaufkräftige Anbieter sind.
Dazu fehlen immer noch die Wissenschaften, während dem Sozialstaaten und Arbeitsgesetzgebung diametral entgegen stehen. Dieses Grundübel ist also abzustellen, allenthalben muß wiss. flankierte aktive Wertschöpfungspolitik für die vollwertige Marktteilnahme der betriebslosen Anbieter her.
Bis dahin gibts keine Leistungsgesellschaften, sondern modernen Feudalismus, womit die Marktwirtschaft stranguliert wird.
Erst als Anbieter ist man die Wirtschaft und das Kapital.
Genau das ist politisch zu wollen, wiss., gesetzl. und institutionell, also rechtsräumlich zu flankieren.

Candymaker
04.04.2009, 12:46
Der Zloty ist aber auch nur so stark wie die polnische Wirtschaft


Du redest Unsinn. Die gegenwärtige Złoty-Abwertung ist ein spekulatives Phänomen. Schuld am Einbruch hat die internationale Devisen-Spekulation. (Über 50% der Währungsmenge werden außerhalb Polens, va. in London gehandelt). Die Spekulanten haben sich auf den Złoty gestürzt, weil dort die größten Gewinne realisierbar sind, der Złoty der mengenmäßig größte osteurop. Währungsmarkt ist und an diesem garantiert immer genug Akteure für Transaktionen vorhanden sind, was das Risiko für sie schmälert. Das Kapital wirft ganz Osteuropa als Emerging Market in den gleichen Eimer, es alleine entscheidet. So können auch recht solide Länder in den Ruin getrieben werden, wenn das Kapital das so beschließt.
Ich erinnere an den Absturz der russischen Börse Ende letzten Jahres, wo binnen kurzer Zeit infolge des Georgien-Krieges und der Finanzkrise die Moskauer Börse um fast 80% abstürzte.

Obwohl Ungarn nur knapp einem Staatsbakrott entgangen ist, ist der Złoty fast genauso stark gefallen wie der Forint, was nun mal nicht die realen Verhältnisse wiederspiegelt, aber Ungarn ist halt nur ein sehr kleiner Währungsmarkt, sonst hätten die Spekulanten den Forint in der Luft zerissen und noch viel weiter abstürzen lassen. Kleine Länder, mit geringeren Währungsmärkten sind von diesem Phänomen weniger betroffen, weil für Spekulative Geschäfte nicht so lukrativ und mit höherem Risiko. Aber von 3,3 auf 4,5 ist kein Weltuntergang, 2005 stand der Kurs bei 4,65 und keinen hats groß gejuckt. Eine Schwächere Währung hat auch ihre positiven Seiten, zb. für die Exportbranche, weshalb China seine Währung schon seit vielen Jahren konstant unterbewertet hält.