PDA

Vollständige Version anzeigen : Die Nützlichkeitsethik: linkes Gewäsch oder der rechte Weg?



Friedrich.
29.03.2009, 17:34
Eine der wichtigsten Grundregeln des Utilitarismus, insb. nach Mill, lautet:

"Diejenige Handlung bzw. Handlungsregel ist moralisch richtig, deren Folgen für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind."

Denkt man das konsequent durch, ist die vielfache Schelte des Utilitarismus, wie sie etwa von Spenlger ausgiebig geübt wurde, meiner Meinung nach nicht angebracht.

Linke Gutmenschen meinten zum Beispiel, sie würden das Glück gewisser bildungsferner Menschen aus Hinteranatolien, Arabien oder sonstigen Ecken der Welt fördern, wenn sie es unterstützen, dass sich diese Leute bei uns in Deutschland ansiedeln. Zugegeben, mit Billiglohnarbeit oder Sozialhilfe in Deutschland ist man garantiert glücklicher als beim Hungern in einem palästinensischen Flüchtlingslager. Somit waren die Absichten der Linken eindeutig utilitaristisch.

Aber: Auch nur deshalb, weil sie die Problematik einerseits zu oberflächlich und andererseits zu kurzsichtig betrachtet haben.
(Ersteres hat mit dem Utilitarismus wenig zu tun: Es sollte eigentlich keine große Geistesleistung sein, zu erkennen, dass der übergroße Teil der Migration nur deshalb stattfindet, weil Menschen vor der Armut in ihren Heimatländern flüchten. Es wäre somit viel edler, netter und gütiger, etwas gegen diese Armut zu tun, damit sie gar keinen Grund haben zu flüchten, anstatt bloß ihre Flucht schönzureden. Kein Mensch möchte dazu getrieben werden, irgendwohin zu flüchten. Desweiteren würde es auch keine besondere Denkleistung erfordern, zu erkennen, dass nicht die ganze verarmte Welt in die Industrienationen flüchten kann...von kulturellen Konflikten will ich an der Stelle erst gar nicht anfangen, die zu erkennen, würde schließlich noch ein wenig Hirnleistung erfordern....)

Zu kurzsichtig gedacht ist dieser Gedankengang, weil er unterschlägt, dass die Ballung verschiedener bildungsferner Schichten aus allen möglichen Kulturräumen unzählige Konflikte verursacht, die das Wohlergehen der Betroffenen wieder deutlich mindern. Die Gewalt- und Drogenkriminalität ist dabei nur die Spitze des Eisberges. Wenn Deutsche oder Migranten in den neugebildeten Ghettos deutscher Großstädte kulturbereichernd abgestochen werden, ist das nicht im Sinne des Utilitarismus.

Der Utilitarismus ist somit eine hervorragende Weltsicht, die sehr gut mit konservativen und wertebewussten Ansichten harmoniert, solange man den Bewertungszeitraum nicht bloß für die nächsten 5 Minuten oder 1 bis 2 Legislaturperioden, sondern für eine unbestimmte Zahl folgender Generationen, das Leben unserer Kinder und Kindeskinder, ansetzt.

marc
29.03.2009, 20:24
Es wäre somit viel edler, netter und gütiger, etwas gegen diese Armut zu tun, damit sie gar keinen Grund haben zu flüchten, anstatt bloß ihre Flucht schönzureden. (...) Wenn Deutsche oder Migranten in den neugebildeten Ghettos deutscher Großstädte kulturbereichernd abgestochen werden, ist das nicht im Sinne des Utilitarismus.

Du kannst natürlich bestimmte Formen einer "rechten" Politik mit utilitaristischem Gedankengut kombinieren, wenn du der Ansicht bist, dass durch diese Politik die größte Menge an positiven Werten hervorgebracht wird.

Aber schon bei der Abwägung dieser Werte wird es problematisch: das Leben von Afrikanern im Gegensatz zur nationalen Identität von Deutschen?
Deutsche, die verprügelt werden - im Gegensatz zu arabischen Schiiten, die von arabischen Sunniten ermordet werden?
50.000 Euro für eine Werbekampagne des Gesundheitsministeriums, durch die daran erinnert wird, dass Impotenz leicht heilbar ist? Oder 50.000 Euro für Brunnen in Afrika? Die Impotenz deutscher Männer oder das Leben von afrikanischen?

Also das sind jetzt nur die erstbesten Beispiele, die mir einfallen, aber: utilitaristisch zu Ende gedacht haben viele Werte, die für "Rechte" oder "den Westen" relevant sind, kein so großes Gewicht.
Du könntest natürlich sagen: Ich bin Utilitarist in einem abgegrenzten nationalen Raum. Ich will eine möglichst große Menge positiver Werte nur für Deutsche.
So könnte man natürlich argumentieren, aber dann bist du vom Utilitarismus schon n' Stück entfernt. Und wenn dann noch dazukommt, dass (wie in deinen Beispielen) internationale Hilfe heute notwendig ist, um nationales Glück zu erhalten? Hm! Wird dann immer schwieriger. :dunno:



Eine der wichtigsten Grundregeln des Utilitarismus, insb. nach Mill, lautet:

"Diejenige Handlung bzw. Handlungsregel ist moralisch richtig, deren Folgen für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind."

Was natürlich auf merkwürdige Formen des Kollektivismus hinauslaufen kann. Es gibt da ein kleines Gedankenspielchen, das für die Diskussion um Abtreibung, für die es eigentlich gedacht war, nicht ganz treffend ist, weil es z.B. den Unterschied zwischen "töten" und "sterben lassen" ignoriert, aber hier passt es vielleicht ganz gut:


Stellen Sie sich folgendes vor: Eines morgens wachen Sie im Bett auf und liegen Rücken an Rücken mit einem bewußtlosen Geiger. Einem berühmten bewußtlosen Geiger. Er leidet an einem fatalen Nierenversagen und die Gesellschaft der Musikliebhaber hat alle zugänglichen medizinischen Unterlagen durchsucht, um herauszufinden, daß nur Sie allein den richtigen Bluttyp haben, um zu helfen. Die Musikliebhaber haben Sie deshalb gekidnappt und letzte Nacht den Blutkreislauf des Geigers mit dem Ihren verbunden, so daß nun Ihre Nieren dazu in der Lage sind, sein und Ihr Blut zugleich zu entgiften. Der Leiter des Krankenhauses kommt nun zu Ihnen und sagt: “Schauen Sie, es tut uns wirklich leid, daß die Gesellschaft der Musikliebhaber Sie in dieser Weise behandelt hat. Wir hätten derartiges niemals zugelassen, wenn wir davon gewußt hätten. Dennoch haben sie es nun einmal getan und der Geiger ist an Sie angeschlossen. Ihn von Ihnen zu trennen würde darauf hinauslaufen, ihn umzubringen. Aber Sie sollten die Sache nicht so eng sehen, denn es geht ja nur um 9 Monate. Wenn die vorüber sind, dann wird er von seinem Krankheitsanfall erholt sein und ohne Gefahr von Ihnen getrennt werden können.”

Sollten Sie aus moralischen Gründen sich mit dieser Situation abfinden? Ohne Zweifel wäre es sehr nett, wenn Sie es tun würden, ein großer Akt des Wohlwollens. Aber müßten Sie sich damit abfinden? Wie wäre es, wenn es sich nicht nur um 9 Monate, sondern um 9 Jahre handelte? Oder sogar länger?

Wie wäre es, wenn der Krankenhausdirektor sagen würde, “ich gebe zu, dies ist ein hartes Schicksal, aber Du mußt nun für den Rest Deines Lebens mit dem angeschlossenen Geiger im Bett verbringen. Denn, denk daran: Alle menschlichen Personen haben ein Recht auf Leben und Geiger sind Personen. Natürlich muß man zugestehen, daß Du ein Recht darauf hast, über Deinen eigenen Körper zu entscheiden, aber das Recht einer Person zu überleben ist bedeutender als Dein Recht, zu entscheiden, was in und mit Deinem Körper geschieht. Deshalb kannst Du niemals mehr von dem Geiger getrennt werden.”

Ich nehme an, Sie würden derartige Argumentationen als empörend empfinden. Dies legt es nahe, daß mit dem vorangehenden Argument irgend etwas fundamental nicht in Ordnung sein muß.
http://kapitalismus.wordpress.com/2003/11/13/judith-jarvis-thomson-der-bewustlose-geiger-in-e/
http://en.wikipedia.org/wiki/A_Defense_of_Abortion#Criticism



Der Utilitarismus ist somit eine hervorragende Weltsicht, die sehr gut mit konservativen und wertebewussten Ansichten harmoniert, solange man den Bewertungszeitraum nicht bloß für die nächsten 5 Minuten oder 1 bis 2 Legislaturperioden, sondern für eine unbestimmte Zahl folgender Generationen, das Leben unserer Kinder und Kindeskinder, ansetzt.

Das ist eigentlich ein klassischer Punkt, der gerne benutzt wird, um den Utilitarismus kritisieren, bzw. um ihn zu erweitern. Wird dann aber auch schwierig. Naja. :dunno:

-jmw-
29.03.2009, 21:58
Utilitarismus ist hochinteressant:

Einerseits viele Probleme, die er mit sich rumschleppt (Schonmal bei ALDI 'n pleasure-Messer im Angebot gesehen?);

andererseits sagt einem der common sense, dass es so falsch nicht ist, aufzuwiegen.

Aldebaran
29.03.2009, 22:58
Utilitarismus ist hochinteressant:

Einerseits viele Probleme, die er mit sich rumschleppt (Schonmal bei ALDI 'n pleasure-Messer im Angebot gesehen?);

andererseits sagt einem der common sense, dass es so falsch nicht ist, aufzuwiegen.


Wobei Unwissenheit sehr hilfreich dabei ist, sich moralisch hochwertig zu fühlen.

Ein Beispiel: Jeder verurteilt Waffenexporte nach Afrika. Andererseits ist die Unfalltodesrate dort so hoch, dass jeder dorthin exportierte (Gebraucht-)Wagen mit großer Wahrscheinlichkeit einen Menschen töten wird.

Man denkt einfach nicht dran, verurteilt die Waffenexporteure und schert sich nicht drum, wo der Gebrauchte landet und was damit angerichtet wird.

Was man darin sieht: Der Utilitarismus ist das moralische Gegenstück zu den auf vollständiger Information und perfektem Markt basierenden Wirtschaftsmodellen. Theoretisch hübsch, aber unrealistisch.

-jmw-
30.03.2009, 11:29
JS Mill hat in On Liberty vorgesehen, dass die Bemessung von Nutzen und Schaden geleistet wird von lebenserfahrenen und gebildeten Bürgern, die fähig sind, (mindestens) grob die Folgen eines Tuns einzuschätzen.

eintiroler
30.03.2009, 19:12
Was natürlich auf merkwürdige Formen des Kollektivismus hinauslaufen kann.


War klar, dass du als Liberaler die Sache so siehst ;)
Aber du hast Recht: Der Kollektivismus ist das System das Gemeinnutz vor Eigennutz und die Gemeinschaft über den Einzelnen stellt. Im Gegensatz zum Ego(liberal)ismus, der jegliches Gemeinschaftsgefüge und Kameradschaftsgefühl zu gunsten einer exzentrischen Lebenshaltung opfert, dem Kapital ewige Treue schwört und Völker zerstört, Menschen knechtet und Familien teilt.

eintiroler
30.03.2009, 19:19
Aber schon bei der Abwägung dieser Werte wird es problematisch: das Leben von Afrikanern im Gegensatz zur nationalen Identität von Deutschen?
Deutsche, die verprügelt werden - im Gegensatz zu arabischen Schiiten, die von arabischen Sunniten ermordet werden?
50.000 Euro für eine Werbekampagne des Gesundheitsministeriums, durch die daran erinnert wird, dass Impotenz leicht heilbar ist? Oder 50.000 Euro für Brunnen in Afrika? Die Impotenz deutscher Männer oder das Leben von afrikanischen?


Typische Vorurteile: "Dem Rechten sind alle anderen Völker egal. Er interessierst sich nur für sein Volk"
Im Gegenteil, der Rechte weiß, dass er durch differentialistischen Antirassismus, Ethnopluralismus und dem Kampf um Vielfalt der Welt und den Völkern hilft. In dem er sie alleine entscheiden lässt, zeigt er sich als Krieger der völkischen Freiheit. Und ja, natürlich ist das Leben eines Afrikaners mehr wert als die Potenz eines deutschen Mannes, aber wir Europäer sind nicht die Heilsarmee und müssen uns in Zeiten des näherrückenden Aussterbens für die Produktionsfähigkeit der deutschen Männer einsetzen. Aber trotzdem sollte Hilfe für andere, ärmere Völker gewährleistet werden. Ich schlage dafür die Hälfte des Geldes welches wir in Asylanten und Migranten pumpen vor.

marc
30.03.2009, 20:03
War klar, dass du als Liberaler die Sache so siehst ;)
Aber du hast Recht: Der Kollektivismus ist das System das Gemeinnutz vor Eigennutz und die Gemeinschaft über den Einzelnen stellt. Im Gegensatz zum Ego(liberal)ismus, der jegliches Gemeinschaftsgefüge und Kameradschaftsgefühl zu gunsten einer exzentrischen Lebenshaltung opfert, dem Kapital ewige Treue schwört und Völker zerstört, Menschen knechtet und Familien teilt.

Ich sage ja gar nicht, dass Kollektivismus per se schlecht sei.
Sondern nur, dass es auch "merkwürdige Formen des Kollektivismus" gebe, also fragwürdige und solche, die ich ablehne.
Im Kommunismus hast du ja auch kollektivistische Ideen, die Aufopferung für das internationale Klassenwohl und so. Da ist dann nix mehr mit Kollektiv Italien gegen Kollektiv Tirol, sondern Kollektiv internationale Arbeiterklasse gegen Kollektiv internationale Kapitalisten.


Typische Vorurteile: "Dem Rechten sind alle anderen Völker egal. Er interessierst sich nur für sein Volk"
Im Gegenteil, der Rechte weiß, dass er durch differentialistischen Antirassismus, Ethnopluralismus und dem Kampf um Vielfalt der Welt und den Völkern hilft. In dem er sie alleine entscheiden lässt, zeigt er sich als Krieger der völkischen Freiheit. Und ja, natürlich ist das Leben eines Afrikaners mehr wert als die Potenz eines deutschen Mannes, aber wir Europäer sind nicht die Heilsarmee und müssen uns in Zeiten des näherrückenden Aussterbens für die Produktionsfähigkeit der deutschen Männer einsetzen. Aber trotzdem sollte Hilfe für andere, ärmere Völker gewährleistet werden. Ich schlage dafür die Hälfte des Geldes welches wir in Asylanten und Migranten pumpen vor.

Ja, okay - aber es ging ja um die Frage, ob Utilitarismus "linkes Gewäsch oder der rechte Weg" sei, und ... naja: wenn du das wirklich konsequent zu Ende führst, dann müsste man eine Argumentation wie deine eigentlich verwerfen. Aus "utilitaristischer" Sicht, versteht sich.

eintiroler
30.03.2009, 20:11
Ich sage ja gar nicht, dass Kollektivismus per se schlecht sei.
Sondern nur, dass es auch "merkwürdige Formen des Kollektivismus" gebe, also fragwürdige und solche, die ich ablehne.
Im Kommunismus hast du ja auch kollektivistische Ideen, die Aufopferung für das internationale Klassenwohl und so. Da ist dann nix mehr mit Kollektiv Italien gegen Kollektiv Tirol, sondern Kollektiv internationale Arbeiterklasse gegen Kollektiv internationale Kapitalisten.

Oder auch nationale Arbeiterklasse gegen nationalen Kapitalismus... Schon klar.
Aber am Kampf gegen den Kapitalismus kann ich auch nichts falsches und schädliches erkennen. Da einzig gefährliche am Kommunismus ist die Unumsetzbarkeit und die darauf basierende Wut darüber. Und der Wille etwas unmögliches mit Mord, Krieg und Folter umzusetzen.



Ja, okay - aber es ging ja um die Frage, ob Utilitarismus "linkes Gewäsch oder der rechte Weg" sei, und ... naja: wenn du das wirklich konsequent zu Ende führst, dann müsste man eine Argumentation wie deine eigentlich verwerfen. Aus "utilitaristischer" Sicht, versteht sich.

Ich bin ja auch kein Ulitarist. Mir ging es um eine generelle Aussage.
Der Ulitarismus ist mir zu sehr auf das Glück und nicht auf eine Ziel ausgerichtet.

-jmw-
30.03.2009, 20:25
Der Kollektivismus ist das System das Gemeinnutz vor Eigennutz und die Gemeinschaft über den Einzelnen stellt.
Wobei, das ales Ergänzung, Kollektivisten selber meiner Erfahrung nach in aller Regel lediglich ihren als "Gemeinnutz" verkauften Eigennutz über den anderer stellen.

marc
30.03.2009, 20:34
Aber am Kampf gegen den Kapitalismus kann ich auch nichts falsches und schädliches erkennen. Da einzig gefährliche am Kommunismus ist die Unumsetzbarkeit und die darauf basierende Wut darüber. Und der Wille etwas unmögliches mit Mord, Krieg und Folter umzusetzen.

Mein Problem mit den kommunistischen Versuchen, den Kapitalismus, der jetzt übriggeblieben ist, zu überwinden, besteht z.B. darin, dass sie die potentiellen Möglichkeiten, die bestehen würden, wenn man eine Bildungspolitik und Gesellschaftspolitik machen könnte, die nicht so unter der Knute der ökonomischen Verwertbarkeit steht, nicht nutzen würden, um "bürgerliche Kultur", Religion usw. zu fördern, sondern um noch mehr Genderfeminismus, Abtreibungspropaganda, Kampf gegen Rechts, politische Korrektheit usf. zu fördern.

eintiroler
30.03.2009, 20:36
Mein Problem mit den kommunistischen Versuchen, den Kapitalismus, der jetzt übriggeblieben ist, zu überwinden, besteht z.B. darin, dass sie die potentiellen Möglichkeiten, die bestehen würden, wenn man eine Bildungspolitik und Gesellschaftspolitik machen könnte, die nicht so unter der Knute der ökonomischen Verwertbarkeit steht, nicht nutzen würden, um "bürgerliche Kultur", Religion usw. zu fördern, sondern um noch mehr Genderfeminismus, Abtreibungspropaganda, Kampf gegen Rechts, politische Korrektheit usf. zu fördern.

Damit hast du sicher recht.

Gawen
30.03.2009, 21:44
"Diejenige Handlung bzw. Handlungsregel ist moralisch richtig, deren Folgen für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind."

Das degeneriert in dem Moment zur Diktatur, wenn einer einem Anderen eine scheinobjektivierte "Wohltat" angedeihen lassen will, die der andere aber subjektiv ablehnt...

Lässt Du aber allen gleiche Willensfreiheit, dann scheitert der Utilitarismus an der begrenzten Verfügbarkeit der Güter, die alle haben wollen.

-SG-
01.04.2009, 11:50
Der Utilitarismus ist somit eine hervorragende Weltsicht, die sehr gut mit konservativen und wertebewussten Ansichten harmoniert, solange man den Bewertungszeitraum nicht bloß für die nächsten 5 Minuten oder 1 bis 2 Legislaturperioden, sondern für eine unbestimmte Zahl folgender Generationen, das Leben unserer Kinder und Kindeskinder, ansetzt.

Sehe ich anders.

Wenn das "Glück der größten Masse" erreicht werden will, dann muss man erst einmal klären, was "Glück" ist und was nicht. Das muss die Masse ja dann eigentlich selbst entscheiden dürfen, wenn man sie schon als Maßstab nimmt.

Das heißt dann aber in der Konsequenz, dass man keinen anderen Wertmaßstab mehr zur Beurteilung einer Sache als "gut" oder "schlecht" hat, als das reine Ablesen daran, ob es eine Mehrheit macht oder nicht.
Also ist zu schnelles Fahren, Steuerhinterziehung oder Umweltverschmutzung "gut", wenn es eine Mehrheit macht.

marc
01.04.2009, 16:18
Also ist zu schnelles Fahren, Steuerhinterziehung oder Umweltverschmutzung "gut", wenn es eine Mehrheit macht.

Das wäre dann eher "Werterelativismus" aber nicht U. - denn die würden natürlich betonen, dass das Leiden eine relevantere Größe ist als der "Fun". Insofern landen dann viele auch logischerweise beim Vegetarismus, weil das Leid, die Angst und die Schlachtung von Tieren gewichtiger sei als die zehnminütige Gaumenfreude beim Lebbäwoschdbrot.

-SG-
01.04.2009, 19:01
Das wäre dann eher "Werterelativismus" aber nicht U. - denn die würden natürlich betonen, dass das Leiden eine relevantere Größe ist als der "Fun". Insofern landen dann viele auch logischerweise beim Vegetarismus, weil das Leid, die Angst und die Schlachtung von Tieren gewichtiger sei als die zehnminütige Gaumenfreude beim Lebbäwoschdbrot.

U. ist immer entweder werterelativistisch in dem Sinne dass das als "gut" und "richtig" gilt, was die Mehrheit will, oder aber, was viele aus der Richtung auch machen, man setzt einfach fest, dass "Interesse" gleich materieller Nutzen heißen muss. D.h. man untersucht dann ganz unabhängig von den Präferenzen der Einzelnen, ob z.B. Regierungsmaßnahme XY unterm Strich für die Mehrheit in der Konsequenz mehr Wohlstand bringt oder nicht.
(Deontologismus dagegen sagt, dass unabhängig von den Konsequenzen sich an einer Maxime orientiert werden muss, Kant ist der bekannteste Vertreter.)

Also wenn z.B. eine Mehrheit kinderlos bleiben will, dann ist es nicht im Sinne des Utilitarismus, Steuergelder als Kinderprämien umzuverteilen, denn die Mehrheit profitiert ja davon nicht sondern muss draufzahlen (und würden z.B. auch das Argument mit den wegbleibenden Beitragszahlern usw nicht akzeptieren und sagen man müsse dann halt genug einwandern lassen).