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Vollständige Version anzeigen : "Deutschland, einig Vaterland" oder "Mauer wieder her"? 20 Jahre deutsche Einheit



Beverly
13.03.2009, 12:31
2009 sind es zwanzig Jahre her, dass das SED-Regime in der DDR gestürzt wurde, im November die Mauer fiel und die am 3. Oktober 1990 vollzogene Wiedervereinigung Deutschlands eingeleitet wurde.

Ist das ein Grund zum Feiern oder zum Kotzen?
Mögliche Antworten

1. Die Wiedervereinigung war voll und ganz richtig
2. Die Wiedervereinigung hat teils Vorteile, teils Nachteile gebracht
3. Die Wiedervereinigung war an sich richtig, aber sie ist gescheitert
4. Die Wiedervereinigung war von Anfang an falsch

JetLeechan
13.03.2009, 13:07
Grundsätzlich richtig, gescheitert würde ich nun nicht sagen, allerdings wurden erhebliche Fehler bei der Eingliederung in die BRD-Wirtschaft gemacht, und letztendes sind es diese die überhaupt einen Unterschied spürbar machen.

Beverly
13.03.2009, 13:08
Ich habe mich für:

3. Die Wiedervereinigung war an sich richtig, aber sie ist gescheitert

entschieden.

Die Wiedervereinigung war richtig, weil die deutsche Teilung an sich und auch die Art wie sie gehandhabt wirde - innerdeutsche Grenze mit Schießbefehl - in jeder Hinsicht falsch und verwerflich war. BRD und DDR waren kaum mehr als das Konstrukt imperialistischer Mächte, die das Deutsche Reich als Rivalen ausgeschaltet haben, aber selbst im Imperialismus festgehalten haben.

Seit ich 1983 die innerdeutsche Grenze live erlebte und in West-Berlin eingemauert war, war bei mir da nur ein Gedanke: der Dreck muss weg! Egal wie. Eine reformierte DDR, die zur BRD ein Verhältnis wie Österreich hat, hätte mir vielleicht ausgereicht. Ein Freund aus der DDR meinte, es hätte nach 1989 eine Konföderation statt der Annexion durch die BRD geben sollen.
Eine bedenkenswerte Idee - wären noch Österreich und die Schweiz dazu gestoßen, wäre Deutschland komplett wiedervereinigt gewesen und alle Menschen mit deutscher Kultur würde in einem Gemeinwesen leben. Wobei Konföderation entschieden besser klingt als "Staat" oder gar "Reich".

So, wie sich Deutschland die vergangenen 20 Jahre entwickelt hat, muss die Wiedervereinigung allerdings als gescheitert und schlicht Betrug an Land und Leuten betrachtet werden. Wobei sich Land und Leute fleißig gegenseitig betrogen habem :=

Aber das Scheitern der Wiedervereinigung war IMHO die ersten 10 bis 15 Jahre nicht absehbar und es wurde durch Entwicklungen offenbar, deren Ursachen weder bei West- noch bei Ostdeutschen liegen.
Es gab zwar von Anfang an Warnungen vor einem Scheitern und viel Gemecker. Aber meckern nicht Deutsche immer und über alles? Die ersten 15 Jahre stand ich trotz Kritik hier und da dem Gesamtprojekt positiv gegenüber: Berlin war größer und damit vielfältiger geworden. Die entsetzliche Wohnungsnot im eingemauerten West-Berlin wurde allmählich überwuden. Die Wohnungen sind zwar heute teurer als in den 1980ern, aber reichlicher und viel besser.
Realer und begrifflicher Müll der DDR wurde beseitigt - keine Stasi mehr, keine extremen Umweltzerstörung mehr, Schluss mit der gnadenlosen Tristesse, die ich schon von Außen entsetzlich fand.

Frau Merkel gebührt das traurige Verdienst, die Person zu sein, die für mich nicht Erfolg sondern Scheitern der Wiedervereinigung symbolisiert. Wobei sie nicht die einzige und vielleicht nicht einmal die wichtigste Verantwortliche ist. Hinter der CDU-Frau aus dem Osten stehen viele Männer aus dem Westen. Zudem führt sie nur das fort, was Rot-Grün unter Schröder und Fischer begonnen haben. Wodurch die innere Einheit nicht vollendet wurde, sondern alte Gräben neu und tiefer aufreißen.

20 Jahre nach der Wiedervereinigung sieht es so aus:

- im Westen schimpfen viele darüber, weil sie sich als Zahlmeister des Aufbau Ost sehen und sehen, dass es in den letzten 20 Jahren bergab gegangen ist
- im Osten behaupten viele, der Westen sein selbst schuld, weil er sie "annektiert" hat

Nicht Ideale oder Werte, sondern materielle Interessen ggfs. gepaar mit totalitären Denkweisen entscheiden darüber, wie jemand zur Wiedervereinigung steht:
- die Mainstream-Patrioten sind dafür, weil sie jetzt das Volk schwarz-rot-goldene Fähnchen schwenken und mit Billig-Identität einlüllen können
- Wessi-Yuppies sind gleichgültig oder dagegen, weil sie kein Herz, sondern einen Taschenrechner in der Brust haben und die Ossis und ihr Land für sie nur ein Kostenfaktor ist
- Egoisten Made in DDR sind für die Wiedervereinigung, weil sie jetzt mehr Konsum- und Reisemöglichkeiten haben als früher
- Nazis in beiden Teilen Deutschlands sehen in der Vereinigung von BRD und DDR nur den Auftakt zum nächsten Deutschen/Dritten Reich
- Einfache Menschen in beiden Teilen mögen an sich dafür sein, fühlen sich von der Umsetzung aber verarscht und benachteiligt. Schließlich hieß es schon zu Beginn: "Es wird Gewinner und Verlierer geben."

Auch angesichts der Tatsache, dass die Deutschen trotz Teilung nach einem verlorenen Krieg kulturell und sprachlich nie so entrechtet wurden wie etwa Kurden und Tibeter - BRD und DDR fungierten als Träger deutscher Kultur - verliert das Projekt Wiedervereinigung immer mehr an Sinn. Für seine Befürworter ist es nur Mittel zu Zwecken, die mit Deutschland oder einer halbwegs normalen kulturellen Identität nichts zu tun haben. Die Reise nach Mallorca oder endlich auch in Dresden Nazi-Parolen offen grölen können - einig Vaterland ist was Anderes!

Merkels Neues Deutschland outet sich bei seinem Jubiläum als der x-te Beweis dafür, dass mit den Deutschen kein Staat zu machen ist. Sie sollten es endlich lassen und es mag sogar sein, dass ihr Untergang im blubberndem EU-Brei die verdiente Strafe für Kleingeistigkeit, Grausamkeit und Egoismus ist.

bernhard44
13.03.2009, 13:17
es gab keine Wiedervereinigung.
Es gab einen Beitritt der ehemaligen "DDR" in den Geltungsbereich des GG der BRD! Das war weder geplant, noch gewollt, sondern einfach ein Zufall, der sich aus der komplexen Situation in der "DDR" ergab!
Zur damaligen Zeit war es wohl so die einzige Möglichkeit und Kohl hat die Gelegenheit genutzt bzw. sie ist ihm in den Schoss gefallen. Im nachhinein hätte man vieles besser machen können, man war aber nicht willens oder in der Lage dazu!
Man hat eine sich bietende Gelegenheit genutzt aber eine historische Chance vertan!

politisch Verfolgter
13.03.2009, 13:21
D ist Prollshit zwecks Affenschieberei, die Irrenanstalt als Idiotenzwinger.
Dazu sind die Den nach wie vor der Den erbittertster Feind.
Stattdessen könnten wir längst mit Villen&Porsches und weit mehr wie die Götter leben, uns an unserer Leistungsfähigkeit erfreuen, dazu goldene Netze nutzen.
Profit gibts nur durch Nachfragerkaufkraft.
Nachfrager sind in ihrer Erwerbsphase Anbieter.
Das versaute Regime will es nicht zulassen.
Diese Drecksbande schottet ihre Landsleute von marktwirtschaftl. Profitmaximierung ab, von Vernetzungs- und Rationalisierungseffizienz.
Der Saudreck kommt einem mit "die Arbeitnehmer"-Scheiße.
Diese Schweine gehören dafür hinter Gitter.

Beverly
13.03.2009, 15:40
es gab keine Wiedervereinigung.

so kann man es auch sehen

Sauerländer
13.03.2009, 19:27
es gab keine Wiedervereinigung.
Sehe ich auch so. In mehrfacher Hinsicht.
Zum einen kann nach einer territorialen Zusammenlegung von BRD und DDR von einer Einheits des deutschen Raumes keine Rede sein -sofern wir komplette Staatswesen betrachten, ist damit zumindest Österreich aussen vor- , zum anderen ist die Ineinanderführung, wie hier schon angedeutet wurde, als reine Annexion des einen Teils durch den anderen abgelaufen. Nicht als Begegnung auf Augenhöhe und gemeinsamer Schwur neuer, beidseitig verändernder Einheit, sondern als Herabdrückung des einen Teils auf Kolonialstatus durch den anderen - mit entsprechendem Verhalten gegenüber der Kolonialbevölkerug seites der Kolonialherren.
Unwürdig ist gar kein Ausdruck. Wenn ich mir vergegenwärtige, was da abgelaufen ist, könnte ich jedesmal kotzen und mich schämen, dass ich Westdeutscher bin (man mag dies als vollzogene mentale Selbstausbürgerung werten).

Eine langsamere Herangehensweise, auf Jahrzehnte ausgelegt, mit der Schaffung konföderativer Organe beginnend und die gegenseitige Bindung langsam verstärkend, wäre vermutlich wesentlich heilsamer gewesen.

Davon abgesehen lässt sich natürlich nicht leugnen, dass die DDR massive Probleme hatte, und zwar in nicht unwesentlichen Teilen selbstverschuldete.
Nur geraten dabei gerne die der BRD in den Bereich des Nichtbeachteten, zumal auch noch die Funktion der DDR wie des Ostblocks überhaupt, für den Westen einen Zwang darzustellen, die eigenen Bevölkerung einigermaßen wohlständig zu halten, nicht vergessen werden sollte.

Deutschland, einig Vaterland - gegenwärtig mental sowieso nicht, auch territorial nicht. Und "unsere" Eliten arbeiten auch nicht gerade daran, die Gräben zu überbrücken, im Gegenteil, gerne wird der Ost/West-Konflikt beschworen, damit nur ja das als reaktionäre Größe abzuschaffende Volk nicht auf die Idee kommt, gemeinschaftlich die Berliner Hackfressen zu dem Hühnerfutter zu verarbeiten, das zu sein sie sich redlich verdient haben.


Ich bin, wie erwähnt, Westdeutscher. Ich war, von Berlin als Metropole vielleicht mal abgesehen, immer gerne im Osten, habe die Menschen da schätzen gelernt.
Und verstehe deren -vorsichtig formuliert- Reserviertheit mit jedem Jahr besser.


Sofern man "Deutschland" mit BRD gleichsetzt - wer will es einem da verdenken, dass es einem gelegentlich rausrutscht: "Scheiss Deutschland!" ?

Michel
13.03.2009, 21:11
Ohne Kommentar

http://www.dhm.de/gos-cgi-bin/jpeglogoneu?pli02/pli02335


Das ganze Deutschland soll es sein - Zum ungeteilten Vaterland durch die CDU.

http://www.slogans.de/slogans.php?BSelect[]=688

Beverly
14.03.2009, 13:24
(...)Deutschland, einig Vaterland - gegenwärtig mental sowieso nicht, auch territorial nicht. Und "unsere" Eliten arbeiten auch nicht gerade daran, die Gräben zu überbrücken, im Gegenteil, gerne wird der Ost/West-Konflikt beschworen, damit nur ja das als reaktionäre Größe abzuschaffende Volk nicht auf die Idee kommt, gemeinschaftlich die Berliner Hackfressen zu dem Hühnerfutter zu verarbeiten, das zu sein sie sich redlich verdient haben.(...)

die armen Hühner, die das fressen sollen :(

Zu deinem übrigen Post:

Die Annexion und Kolonisierung des Ostens durch den Westen ist nicht nur auf der deutschen, sondern auch auf der europäischen und weltweiten Ebene die Ursache fast aller Übel der letzten zwanzig Jahre. Als ich anfing, über Politik und eine auf mittlere und lange Sicht lebenswerte Zukunft nachzudenken, kam das mit gutem Grund in meinen Zukunfsszenarien nicht vor. Mich haben viele Dinge am Ostblock aufgeregt - Mauer, kleinliche Verfolgung jeder abweichenden Meinung -, aber im Westblock sah es auch nicht besser aus. Man braucht nur Lateinamerika dazu zu zählen, dann war das seinerzeit eher noch schlimmer als im Osten.
Als realistisch sah ich da ein Aufeinander-Zugehen auf allen Ebenen an. Die Machtblöcke und die Staaten in ihnen bleiben bestehen, aber es gibt substanziellen Wandel durch Annäherung auf beiden Seiten! Keine totalitäre Castro-Diktatur in Kuba, aber auch keinen Pinochet. Weder Enteignungswahn und Gleichmacherei im Sinne von "gleich Arm" im Ostblock noch Ellenbogengesellschaft und "einige Reich viele arm" im Westen.

Es kam anders und schlechter. Für den Osten, aber in einer Art "Rache der Geschichte" oder auch "Rache von Marx und Lenin" zieht der Osten gerade durch seinen Zusammenbruch den Westen hinterher. Wobei ich den Menschen zwischen Magdeburg und Wladiwostok aber eine Mitschuld gebe. Die sind nicht alle gut und die Westler alle böse. Denn was mich in den Ostlern regelmäßig auf die Palme bringt, ist die kaltschnäuzige Art, wie sie die schlimmsten "westlichen" Denkmuster übernommen und verinnerlicht haben.

Konsumismus! Das projizierten und projezieren sie immer auf uns Westler. Alldiweil in meiner Kindheit und Jugend im Westen abgesehen von einem großen Neubau-Haus mit Zentralheizung und fließend Warmwasser Konsum über das Lebensnotwendige hinaus nicht statt fand und Luxus durch Abwesenheit glänzte. Die Erklärung dafür sehe ich in den Werbespots des Westfernsehens. Die haben sie auch in der DDR gesehen und deren Wirkung soll die Planer da mehr geärgert haben als sonstige Inhalte. Weil sie Konsumerwartungen weckten, die weder in der DDR noch in der BRD zu erfüllen waren. Nur konnten wir in der BRD Werbespots mit der Wirklichkeit vergleichen, was den DDR-Bürgern nicht möglich war.

Totalitäre Denkstrukturen! Die aus einer möglicherweise im Kern schon fragwürdigen Hegelschen-Marxschen "Dialektik" stammenden und vom Stalinismus noch verschärften Denkweisen werden zum Nährboden für jede Art von Totalitarismus. Einst wurde so auf eine deterministische Art ein menschenverachtender Staatssozialismus gerechtfertigt, heute erklären die Wendehälse auf die gleiche Art den Kapitalismus zum Erfolgsmodell. Sorry für die Eigenwerbung, aber ich erkläre den Kapitalismus lieber mit Luftballons. Weil man Ideologien nicht so ernst nehmen soll und er ja vielleicht mal platzt.

Beverly
14.03.2009, 13:29
http://www.slogans.de/slogans.php?BSelect[]=688

Da fehlt der Slogan: "Lügen, ohne rot zu werden - CDU!"