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Vollständige Version anzeigen : "Die Hoffmanns kommen" NICHT! Warum sind Rechte und Linke so erbärmliche Blindgänger!



Beverly
23.02.2009, 11:53
Vor fast dreißig Jahren haben wir im Gemeinschaftskunde-Leistungskurs an der Oberstufe folgendes Szenario durchgespielt:

In Deutschland geht es weiter bergab und die radikalen Parteien gewinnen Zulauf. Schließlich gab es schon 1982 zwei Millionen Arbeitslose und wenig später wurde in einem Fernsehfilm Deutschlands Zukunft mit 5 Millionen Arbeitslosen und Städten mit 16 Prozent Arbeitslosenquote durchgespielt.

Bei dem Szenario, was wir an der Obestufe durchspielten, haben wir das nachgestellt, was es schon in der Endphase der Weimarer Republik gegeben hat: Die Politik der bürgerlichen Parteien und der SPD treibt die Wähler scharenweise in die Arme der Extremisten.
NSDAP und KPD hatten zeitweise im Reichstag eine Mehrheit. Sie versagten aber dabei, sie gemeinsam zu nutzen, um Deutschland aus der zum Scheitern verurteilten bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft heraus zu führen. Zuerst paktierten die Nazis mit dem Bürgerlichen, versagten und ermordeten nebenbei noch 20 Millionen Menschen. Dann paktierten die Kommunisten mit Stalinrussland und ihr Projekt DDR scheiterte auch.

Schon Anfang der 1980er Jahre war absehbar, dass sich das alles wiederholen würde. So platzierten wie bei dem Planspiel diverse linksradikale Parteien zahlenstark im Bundestag. Zur Seite stellten wir den Linksextremen als rechtes Pendant die "Hoffmanns" - namensgebend war die Wehrsportgruppe Hoffmann, die damals ihr Unwesen trieb.

Wir haben heute das Elend und jene Zustände, die eigentlich danach schreien, dass so etwas Wirklichkeit wird. Wobei man den Rechtsextremen und Linksradikalen als liberales Korrektiv im besten Sinne noch die APPD zur Seite stellen sollte.

Aber dieses Szenario tritt nicht ein. Nicht die Hoffmanns sind angesagt, auch nicht die Wagenknechts, sondern Schwarz-Gelb :kotz: Das Nichteintreten einer erneuten radikalen und antibürgerlichen Mehrheit im Parlament führe ich darauf zurück, dass weder die Rechten noch die Linken aus der Geschichte gelernt haben!

Bei den Rechtsextremen ist das selbsterklärend. Man braucht nur mit denen über das Dritte Reich, Juden, Schwule und "Ausländer" zu diskutieren. Die würden uns erneut in einen Reichshorror stürzen und die einzigen Lehren beständen daraus, dass sie gegenüber den Mächtigen mehr Kreide fressen, damit der Alptraum beim zweiten Versuch länger als 12 Jahre dauert.

Aber ist da noch einer, der ernsthaft behauptet, die Linke, die Arbeiterbewegung und die Sozialdemokratie hätten aus Fehlern gelernt? Für die Fehler der Vergangenheit - vor '45 - konnte sie die Nazis verantwortlich machen und selbst die Hände in Unschuld waschen. Immer schön über den bösen Adolf heulen, damit keiner fragt, warum die "Befreiung" durch die Rote Armee für viele Befreite zum schlimmsten Alptraum ihres Lebens wurde oder warum nach 1945 anstelle Nazi-Richtern sowjetische Militärtribunale die Menschen drangsalierten.

Was die "demokratische Linke" gelernt hat, sieht man an Hartz IV und den korrupten Hackfressen ihrer Protagonisten. Ein Freund von mir hatte nach dem Krieg gehofft, die SPD hätte unter Schumacher aus ihren Fehlern zur Weimarer Zeit gelernt. Später mussste er feststellen, dass dem nicht so war.

Wen wundert es da, dass die Neonazis nur 2 Prozent bekommen und auch der Linken die Menschen davon laufen oder sie - wie ich - nur noch wiederwillig die Linkspartei wählen. Um Schwarz-Gelb zu verhindern.

PAZIFIX
23.02.2009, 12:04
Vor fast dreißig Jahren ....

Berverly hat es mal wieder genau auf den Punkt gebracht! Sehr guter Beitrag.
Ich fürchte das uns Schwarz/gelb droht, aber sowas wie´ne Ampel ist auch nicht besser.
Nach den Wahlen, wer auch immer gewonnen haben mag, werden sie blankziehen, d.h. es werden alle Wahlversprechen auf Eis gelegt, d. h. nicht eingelöst, mit der Begründung, das die Krise nun so extrem hereingebrochen wäre, das es gesonderter Maßnahmen bedürfe, usw. usf.
Daher: nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber!;)

Bärwolf
23.02.2009, 12:10
Berverly hat es mal wieder genau auf den Punkt gebracht! Sehr guter Beitrag.
Ich fürchte das uns Schwarz/gelb droht, aber sowas wie´ne Ampel ist auch nicht besser.
Nach den Wahlen, wer auch immer gewonnen haben mag, werden sie blankziehen, d.h. es werden alle Wahlversprechen auf Eis gelegt, d. h. nicht eingelöst, mit der Begründung, das die Krise nun so extrem hereingebrochen wäre, das es gesonderter Maßnahmen bedürfe, usw. usf.
Daher: nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber!;)

So wird es wohl kommen. Man sollte wirklich nicht mehr wählen gehen.

Sauerländer
23.02.2009, 12:15
So wird es wohl kommen. Man sollte wirklich nicht mehr wählen gehen.
Allerdings ohne jede Hoffnung, dass das irgendwann mal als ein "Signal" verstanden wird.

Bärwolf
23.02.2009, 12:17
Allerdings ohne jede Hoffnung, dass das irgendwann mal als ein "Signal" verstanden wird.

Davon müssen wir wohl ausgehen:(

Sauerländer
23.02.2009, 12:25
Davon müssen wir wohl ausgehen:(
Dennoch hat Nichtwählen einen Sinn - als eine Art Sauberhaltung des eigenen Geistes. Ohnmächtig sind Wähler und Nichtwähler gleichermaßen.
Aber der Nichtwähler ist sich dessen bewusst und verweigert das Mitspiel am schönen Schein.

Ausonius
23.02.2009, 12:28
Dann paktierten die Kommunisten mit Stalinrussland und ihr Projekt DDR scheiterte auch.

In diesem Zusammenhang von "paktieren" zu reden, klingt wie eine Beschönigung. Die DDR entstand quasi in Moskau.

ochmensch
23.02.2009, 12:35
So wohl, wie die extreme Linke sich am Rockzipfelchen der Etablierten fühlt... eher schafft die NPD die absolute Mehrheit im BT, als dass sich in diesem Land die Ränder gegen das System verbünden.

PAZIFIX
23.02.2009, 12:40
Dennoch hat Nichtwählen einen Sinn - als eine Art Sauberhaltung des eigenen Geistes. Ohnmächtig sind Wähler und Nichtwähler gleichermaßen.
Aber der Nichtwähler ist sich dessen bewusst und verweigert das Mitspiel am schönen Schein.

Stimmt! Was man auch machen kann: ungültig wählen! Das macht sich in der Statistik besser, der Unmut wird durch eine aktive Handlung ausgedrückt.;)

Biskra
23.02.2009, 12:49
Dennoch hat Nichtwählen einen Sinn - als eine Art Sauberhaltung des eigenen Geistes. Ohnmächtig sind Wähler und Nichtwähler gleichermaßen.
Aber der Nichtwähler ist sich dessen bewusst und verweigert das Mitspiel am schönen Schein.

Als Nichtwähler bezeugt man vor allem Desinteresse und stellt damit klar, daß man nichts ändern will.

Biskra
23.02.2009, 12:52
Stimmt! Was man auch machen kann: ungültig wählen! Das macht sich in der Statistik besser, der Unmut wird durch eine aktive Handlung ausgedrückt.;)

Wobei man sich so natürlich auch in eine Menge einordnet, die zum Teil einfach zu blöde ist, einen Stimmzettel richtig auszufüllen.
Ich mache jedenfalls bei der Wahl dann lieber von meinem Recht Gebrauch, Spaßparteien zu wählen (wobei ich weder die Linke, noch die NPD dazu zähle).

Sauerländer
23.02.2009, 12:55
Als Nichtwähler bezeugt man vor allem Desinteresse und stellt damit klar, daß man nichts ändern will.
So deutet die Obrigkeit das gerne aus. Genauso, wie sie jede Stimmabgabe für radikale Parteien als Ausdruck von Böswilligkeit, Dummheit oder zeitweiser Verwirrung deutet bzw darstellt.
Die Obrigkeit deutet immer so, wie es für sie am Günstigsten ist und vermittelt diese Deutung über die Meinungsbildungskanäle an die Masse.
Von daher zeugt es von Dummheit, zu glauben, per Stimmabgabe oder auch deren Verweigerung öffentlich irgendetwas demonstrieren zu können.
Die Wahlverweigerung als positiver Akt zielt nur auf den Wahlverweigerer selbst - eben als Akt geistiger Sauberhaltung, als Klarheitsgewinn, als nur in der Distanz mögliche Entnebelung.

Ausonius
23.02.2009, 13:15
So deutet die Obrigkeit das gerne aus. Genauso, wie sie jede Stimmabgabe für radikale Parteien als Ausdruck von Böswilligkeit, Dummheit oder zeitweiser Verwirrung deutet bzw darstellt.
Die Obrigkeit deutet immer so, wie es für sie am Günstigsten ist und vermittelt diese Deutung über die Meinungsbildungskanäle an die Masse.
Von daher zeugt es von Dummheit, zu glauben, per Stimmabgabe oder auch deren Verweigerung öffentlich irgendetwas demonstrieren zu können.
Die Wahlverweigerung als positiver Akt zielt nur auf den Wahlverweigerer selbst - eben als Akt geistiger Sauberhaltung, als Klarheitsgewinn, als nur in der Distanz mögliche Entnebelung.

Jedes System - ob Demokratie. ob Diktatur - muss sich durch einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung legitimieren. Würden plötzlich nur noch 20 % der Wähler zur Bundestagswahl gehen, würde das für den Staat ein massives Problem darstellen.

Biskra
23.02.2009, 13:15
So deutet die Obrigkeit das gerne aus.

So ist es auch, da gibts nicht viel zu deuteln.

Sauerländer
23.02.2009, 13:25
Jedes System - ob Demokratie. ob Diktatur - muss sich durch einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung legitimieren. Würden plötzlich nur noch 20 % der Wähler zur Bundestagswahl gehen, würde das für den Staat ein massives Problem darstellen.
Die USA haben regelmäßig eine viel geringere Wahlbeteiligung als die BRD. Ich kann nicht erkennen, inwiefern das deren System ins Wanken bringt.

Sauerländer
23.02.2009, 13:28
So ist es auch, da gibts nicht viel zu deuteln.
Meine persönliche Erfahrung ist eine andere. In der finde ich viele bekennende und gleichzeitig politisch stark interessierte Nichtwähler, sowie massenweise reichlich uninteressierte Wähler, die sich von Unsinn a la "Der sieht sympathisch aus" leiten lassen.

Biskra
23.02.2009, 13:42
Meine persönliche Erfahrung ist eine andere. In der finde ich viele bekennende und gleichzeitig politisch stark interessierte Nichtwähler, sowie massenweise reichlich uninteressierte Wähler, die sich von Unsinn a la "Der sieht sympathisch aus" leiten lassen.

Mit Desinteresse meinte ich nicht das Desinteresse an allem Politischen, sondern das Desinteresse sich zu engagieren, damit sich etwas ändert.

Sauerländer
23.02.2009, 13:45
Mit Desinteresse meinte ich nicht das Desinteresse an allem Politischen, sondern das Desinteresse sich zu engagieren, damit sich etwas ändert.
Das sehe ich anders.
Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten - so belehrte uns Tucholsky.
Der bewusste Wahlverweigerer in diesem Sinne boykottiert ein Spielchen, das in ja gerade davon ABHALTEN soll, sich zu engagieren, indem es ihm suggeriert, bereits Einfluss genommen zu haben.
Der Akt der Stimmabgabe impliziert eine Anerkennung des Verfahrens.

Deutschmann
23.02.2009, 13:48
Auf was für einer bekloppten Schule warst du denn?

Sauerländer
23.02.2009, 13:59
Auf was für einer bekloppten Schule warst du denn?
Meinst Du mich?
Auf einem recht passablen Gymnasium - warum?

Preuße
23.02.2009, 14:04
Meinst Du mich?
Auf einem recht passablen Gymnasium - warum?

Er meint daas Beverly.

Sauerländer
23.02.2009, 14:06
Er meint daas Beverly.
Das wurde nicht ganz klar.
Wie auch immer.

Beverly
23.02.2009, 14:19
So wird es wohl kommen. Man sollte wirklich nicht mehr wählen gehen.

Was spricht dagegen, die Wahlen ganz zu verhindern?

Die Plakate runter reißen, besprühen oder überkleben, die Infostände zerdeppern und sich von der geklauten Kasse einen schönen Abend machen. Am Wahltag in den Wahllokalen randalieren.

Selbst wenn das System dann Polizei auffährt, um "Parteieigentum" zu schützen und auch an jedem Infostand die Bullen rumstehen und die Wahlen mit großem Polizeiaufgebot durchgezogen werden, wäre das Signal eindeutig.

Beverly
23.02.2009, 14:22
Stimmt! Was man auch machen kann: ungültig wählen! Das macht sich in der Statistik besser, der Unmut wird durch eine aktive Handlung ausgedrückt.;)

Eine Bekannte macht das so: sie beantragt immer Briefwahl, um dem System Mühe zu machen. Den Wahlzettel streicht sie quer durch!

Biskra
23.02.2009, 14:22
Das sehe ich anders.
Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten - so belehrte uns Tucholsky.

Wo belehrte uns denn Tucholsky derart? Auf einen Beleg wäre ich gespannt.


Der bewusste Wahlverweigerer in diesem Sinne boykottiert ein Spielchen, das in ja gerade davon ABHALTEN soll, sich zu engagieren, indem es ihm suggeriert, bereits Einfluss genommen zu haben.
Der Akt der Stimmabgabe impliziert eine Anerkennung des Verfahrens.

Der "bewusste Wahlverweigerer" in deinem Sinne versteht dann einfach nicht, daß Boykott sich nicht dadurch definiert, daß man ein Produkt bezahlt und dann nicht abholt.

Beverly
23.02.2009, 14:26
Als Nichtwähler bezeugt man vor allem Desinteresse und stellt damit klar, daß man nichts ändern will.

Bei einer Scharade wie in Hessen, wo so lange gewählt werden musste, bis Koch wieder eine Mehrheit hatte und weiter im Amt bleiben konnte, haben vor allem die Nichtwähler Interesse bekundet. Sie haben auch begriffen, was da läuft - was ich von Leuten, die so etwas wie die FDP wählen nicht sagen kann. Koch ist als Arschloch wenigstens ehrlich, die FDP ist nicht mal das.

Deutschmann
23.02.2009, 14:26
Meinst Du mich?
Auf einem recht passablen Gymnasium - warum?

lol ... nein. Ich meinte Beverly mit ihrem/ihrer Horrorszenariospielen in der Schule. :))

Sauerländer
23.02.2009, 14:31
Wo belehrte uns denn Tucholsky derart? Auf einen Beleg wäre ich gespannt.
Hmmm...Das Weltnetz wiederum belehrt mich gerade dahingehend, dieses Zitat werde ihm oft zugeschrieben, sei aber nicht belegt.
Sei´s drum. Wer immer sich den Satz hat einfallen lassen, hat der Welt damit eine durchaus nicht unwesentliche Erkenntnis beschert.

Der "bewusste Wahlverweigerer" in deinem Sinne versteht dann einfach nicht, daß Boykott sich nicht dadurch definiert, daß man ein Produkt bezahlt und dann nicht abholt.
Strenggenommen müsste man bereits die Bezahlung unterlassen, das ist richtig.

PAZIFIX
23.02.2009, 14:33
Als Nichtwähler bezeugt man vor allem Desinteresse und stellt damit klar, daß man nichts ändern will.

Vollkommener Blödpfiff!

PAZIFIX
23.02.2009, 14:35
Eine Bekannte macht das so: sie beantragt immer Briefwahl, um dem System Mühe zu machen. Den Wahlzettel streicht sie quer durch!

So mache ich das auch ;)

Sauerländer
23.02.2009, 14:38
lol ... nein. Ich meinte Beverly mit ihrem/ihrer Horrorszenariospielen in der Schule. :))
Passt schon.
Ich finde es übrigens gar nicht verkehrt, wenn man sich in der Schule auf diese Art und Weise mit solchen Problemen auseinandersetzt.
Wir zum Beispiel haben im Geschichte-LK beim Thema Weimarer Republik mal den Kurs auf alle wichtigen Parteien aufgeteilt - und dann mussten die Leute aktiv und in der Auseinandersetzung miteinander ihre Programme vertreten. Ja, alle...;):D
Das war eine SEHR interessante und auch lehrreiche Doppelstunde.

Biskra
23.02.2009, 14:43
Bei einer Scharade wie in Hessen, wo so lange gewählt werden musste, bis Koch wieder eine Mehrheit hatte und weiter im Amt bleiben konnte, haben vor allem die Nichtwähler Interesse bekundet.

Nichtwähler gab es ungefähr so viele wie CDU-Wähler und FDP, Grüne sowie drei Kleinstparteien bekamen absolut mehr Stimmen als im letzten Jahr. Klarer Verlierer in jeder Hinsicht war die SPD.

Beverly
23.02.2009, 14:50
Wir zum Beispiel haben im Geschichte-LK beim Thema Weimarer Republik mal den Kurs auf alle wichtigen Parteien aufgeteilt - und dann mussten die Leute aktiv und in der Auseinandersetzung miteinander ihre Programme vertreten. Ja, alle...;):D
Das war eine SEHR interessante und auch lehrreiche Doppelstunde.

wie war denn da die Stimmenverteilung?

Biskra
23.02.2009, 14:56
Hmmm...Das Weltnetz wiederum belehrt mich gerade dahingehend, dieses Zitat werde ihm oft zugeschrieben, sei aber nicht belegt.
Sei´s drum. Wer immer sich den Satz hat einfallen lassen, hat der Welt damit eine durchaus nicht unwesentliche Erkenntnis beschert.

...und eben vergessen, was 1933 in Deutschland passierte.


Strenggenommen müsste man bereits die Bezahlung unterlassen, das ist richtig.

Nicht nur strenggenommen ist dies die Voraussetzung für einen Boykott.
Dein "bewusster Nichtwähler" verhält sich dagegen so wie ein Boxer, der in den Ring steigt aber nicht die Fäuste hebt und sich nach dem K.O. dann vor die Kameras stellt und sein Vers(/z)agen als Protest gegen das Prozedere des Wettkampfs darstellt.

Deutschmann
23.02.2009, 14:56
Passt schon.
Ich finde es übrigens gar nicht verkehrt, wenn man sich in der Schule auf diese Art und Weise mit solchen Problemen auseinandersetzt.
Wir zum Beispiel haben im Geschichte-LK beim Thema Weimarer Republik mal den Kurs auf alle wichtigen Parteien aufgeteilt - und dann mussten die Leute aktiv und in der Auseinandersetzung miteinander ihre Programme vertreten. Ja, alle...;):D
Das war eine SEHR interessante und auch lehrreiche Doppelstunde.

Und wir haben nur Deutsch, Mathe oder Physik pauken müssen bis zum Abwinken. X(

Beverly
23.02.2009, 15:09
...und eben vergessen, was 1933 in Deutschland passierte.

Ich weiß sehr wohl, was 1933 passierte: die Nazis kamen mit Hilfe des Bürgertums an die Macht und dem braun-gelben Terror fielen 20 Millionen Menschen zum Opfer. Die meisten Opfer des Faschismus wurden direkt oder indirekt aus polit-ökonomischen Gründen ermordert. Weil man ihnen ihre Positionen in Politik und Wirtschaft neidete (wie etwa den Juden). Weil man alle Gegner des Systems loswerden wollte. Slawen wurden abgeschlachtet, weil die Nazis ihr Land mit Deutschen kolonisieren wollten. Das deutsche Kapital wollte unter der Schirmherrschaft der Nazis Europa ausplündern. Hitler lobte die Briten als arischtes Volk und suchte den Ausgleich mit dem bürgerlich-kapitalistischen England, den Churchill ihm aber verweigerte. Zugleich überfiel er seinen Verbündeten Sowjetrussland, ohne dessen Rückendeckung er nicht halb Europa hätte erobern können und diffamierte die Russen als "Untermenschen".

Das Gesamtkunstwerk nennt man Faschismus und es gilt nicht zu Unrecht als die extremste und brutalste Form bürgerlich-kapitalistischer Herrschaft.

Beverly
23.02.2009, 15:11
Und wir haben nur Deutsch, Mathe oder Physik pauken müssen bis zum Abwinken. X(

Hättest du auch gern bei "Weimar" mitgespielt?

Aber du kannst Versäumtes nachholen. Wir scheinen mit Macht auf Weimar II zuzusteuern, auch wenn die Ränder arg schwächeln. Nur ist die Realversion nicht so erbaulich wie die Simulation im Klassenzimmer.

Biskra
23.02.2009, 15:17
Ich weiß sehr wohl, was 1933 passierte: die Nazis kamen mit Hilfe des Bürgertums an die Macht und dem braun-gelben Terror fielen 20 Millionen Menschen zum Opfer.

Die Gelben, das waren die in Asien, Beverly. Aber wie du siehst, hast du meinen Punkt bestätigt. Wahlen können sehr wohl etwas ändern.

Sauerländer
23.02.2009, 15:40
wie war denn da die Stimmenverteilung?
Wir haben da nicht die Wahlen selber simuliert, wir haben einfach den realen historischen Hintergrund...ich bin mir jetzt nicht mehr wirklich sicher...von 32 meine ich...vorausgesetzt, uns dann in die Propagandaschlacht gestürzt, und hinterher analysiert, wer als "Sieger" angesehen werden konnte bzw wem es am besten gelungen war, die Konkurrenz abzufertigen, und warum.

Das machte richtig Laune. Erwartungsgemäß gab es schließlich eine Partei, die freiwillig niemand vertreten wollte - was lag also für den grundsätzlichen Chaoten Sauerländer näher, als verbal das Braunhemd anzulegen und seine unfreiwilligen, zugelosten drei Kameradinnnen und Kameraden in die Schlacht zu führen?:D
Nun muss man dazu sagen, dass sich auch ein Großteil der Konkurrenz nicht allzu sehr darauf vorbereitet hat, aber dennoch...
Nach einer Stunde war die SPD vollständig zerlegt, die DNVP sprachlos, das Zentrum massiv verunsichert und die KPD deutlich in der Defensive. Den Ruf des Demagogen jedenfalls hatte ich mir redlich verdient.:D
Schön auch die Szene mitten drin, als gerade die versammelte Mannschaft festzustellen begann, wie sie abgefertigt wurde: Die (altlinke) Kursleiterin, die ansonsten das Geschehen laufen ließ, unterbrach kurz und meinte mit diesem dezenten Lächeln: "Merkt Ihr was?" :cool2:

Felidae
23.02.2009, 15:46
Wieder mal beverlyesker Mumpitz. Alle haben nach National- und Internationalsozialismus gemerkt, dass sozialistische Experimente nicht zielführend sind, von einigen unverbesserlichen Südamerikaner mal abgesehen. Die Zukunft gehört der bürgerlichen Gesellschaft.

Sauerländer
23.02.2009, 15:50
...und eben vergessen, was 1933 in Deutschland passierte.
Dass der vom Parlament unabhängige Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Kanzler ernannte?

Nicht nur strenggenommen ist dies die Voraussetzung für einen Boykott.
Dein "bewusster Nichtwähler" verhält sich dagegen so wie ein Boxer, der in den Ring steigt aber nicht die Fäuste hebt und sich nach dem K.O. dann vor die Kameras stellt und sein Vers(/z)agen als Protest gegen das Prozedere des Wettkampfs darstellt.
Dir ist aber schon klar, was aus dieser Sichtweise letztlich folgt?

ortensia blu
23.02.2009, 16:03
Die Gelben, das waren die in Asien, Beverly. Aber wie du siehst, hast du meinen Punkt bestätigt. Wahlen können sehr wohl etwas ändern.

Sie können ein wenig das Machtgefüge verschieben - die Verteilung beeinflussen, aber ändern können Wahlen nichts.

Welche Partei wählst du, wenn du gegen den EU-Vertrag bist oder die Aufnahme der Türkei in die EU?

Wenn sich alle Parteien einig sind, obwohl sie wissen daß es im Volk eine Mehrheit dagegen gibt, spielt es keinen Rolle, welche du wählst, denn du hast keine Wahl.

Wählst du eine Splitterpartei, die nicht die 5%-Hürde schafft, ist deine Stimme verloren.


Aldous Huxley in "Schöne neue Welt":

"Die wunderlichen, altmodischen Gebräuche - Wahlen, Parlamente, Verfassungsgerichtshöfe und alles übrige - werden bleiben, aber die zugrunde liegende Substanz wird eine neue Art von gewaltlosem Totalitarismus sein".


"...Die politische Klasse hat sich selbstständig gemacht. Da die Verteilung von Macht und Geld zwar vom Wahlergebnis, aber nicht von der Wahlbeteiligung abhängt, kommen die Parteien auch dann gut über die Runden, wenn der Zuspruch gering ausfällt. Die Werte können so weit fallen wie sie wollen, am Ende sogar gegen Null konvergieren - so lange der Umfang der Beute insgesamt gleich bleibt, es also genügend Ämter zu besetzen, Pfründen zu verteilen und Mandate auszulosen gibt, kann den Parteien die Entwicklung gleich sein. Sie überleben so oder so, weil sie mit Geld und Gut vom Staat versorgt werden, nicht vom Wähler. " Konrad Adam

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/869954/

Nationalix
23.02.2009, 16:16
In diesem Zusammenhang von "paktieren" zu reden, klingt wie eine Beschönigung. Die DDR entstand quasi in Moskau.

BRD und DDR entstanden auf der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945, ausgekaspert von den Kriegsverbrechern Truman, Churchill und Stalin.

Biskra
23.02.2009, 16:22
Dass der vom Parlament unabhängige Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Kanzler ernannte?

http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_1933


Dir ist aber schon klar, was aus dieser Sichtweise letztlich folgt?

Erläutere mal.

Sauerländer
23.02.2009, 16:30
http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagswahl_1933
Hitler war bereits Kanzler. Die Wahl brachte nicht das Ergebnis, das er haben wollte - und das hielt in nicht auf, und kostete ihn erst recht nicht seinen Posten.

Erläutere mal.
Daraus folgt, dass der Boxer die Fäuste heben und zuschlagen sollte.
Auf das politische Äquivalent übertragen bedeutet das die Anwendung diverser definitiv illegaler Methoden politischer Betätigung, die unter bestimmten Umständen auch direkte Gewaltanwendung einschließen können.

Nationalix
23.02.2009, 16:41
Jedes System - ob Demokratie. ob Diktatur - muss sich durch einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung legitimieren. Würden plötzlich nur noch 20 % der Wähler zur Bundestagswahl gehen, würde das für den Staat ein massives Problem darstellen.

Das Problem besteht nur für das Fernsehinterview nach der Wahl, in dem sich die Spitzenkandidaten zum Wahlausgang äußern. Dann kommt das übliche Geschwafel vom "endgültigen Wahlergebnis, das man abwarten müsse...", dann vom "Wahlausgang analysieren" und "über Inhalte reden" und das ganze abgedroschene Blabla.

Selbst wenn die Wahlbeteiligung nur noch 10% beträgt, scheren sich die Parteien einen Scheißdreck darum. Denen geht es doch nur darum, an der Macht zu bleiben, damit sie sich die Taschen vollstopfen können.

Deshalb ist ein Wahlboykott auch genau das Falsche. Man kann den etablierten Parteien nur dann Prozentpunkte abnehmen, wenn man eine andere Partei wählt. Und sei es die Autofahrerpartei oder die Tierschützerpartei.

Biskra
23.02.2009, 16:43
Sie können ein wenig das Machtgefüge verschieben - die Verteilung beeinflussen, aber ändern können Wahlen nichts.

Es gibt einige Beispiele, die das widerlegen. Der Anschluss der DDR war z.B. das Ergebnis freier Wahlen. Die Verschiebung des Machtgefüges (wo?) oder die "Verteilung" (von was?) sind übrigens auch Änderungen.


Welche Partei wählst du, wenn du gegen den EU-Vertrag bist oder die Aufnahme der Türkei in die EU?
Wenn sich alle Parteien einig sind, obwohl sie wissen daß es im Volk eine Mehrheit dagegen gibt, spielt es keinen Rolle, welche du wählst, denn du hast keine Wahl.

Doch, die hast du. Du wählst eine Partei, die sich für bindende Volksabstimmungen in solchen Fällen einsetzt oder eben eine Partei, die laut Satzung / Wahlprogramm gegen EU-Vertrag oder Aufnahme der Türkei ist. Da dürfte es im letzteren Fall am rechten Rand einige geben, im ersteren eher bei liberaleren Gruppierungen. Die CDU/CSU ist bekanntlich übrigens gegen einen EU-Beitritt der Türkei.



Wählst du eine Splitterpartei, die nicht die 5%-Hürde schafft, ist deine Stimme verloren.

Besser als nicht wählen ist das allemal.

schastar
23.02.2009, 16:48
....
Aber dieses Szenario tritt nicht ein. Nicht die Hoffmanns sind angesagt, auch nicht die Wagenknechts, sondern Schwarz-Gelb :kotz: Das Nichteintreten einer erneuten radikalen und antibürgerlichen Mehrheit im Parlament führe ich darauf zurück, dass weder die Rechten noch die Linken aus der Geschichte gelernt haben!
....

Es sind weder die Linken noch die Rechten Partein die aus 60 Jahre Nachkriegspolitik nix gelernt haben, sondern die Wähler. Und da hat es ohne Zweifel die Mehrheit nicht begriffen was los ist und wohin uns die Etablierten gebracht haben.

Sathington Willoughby
23.02.2009, 16:50
Dennoch hat Nichtwählen einen Sinn - als eine Art Sauberhaltung des eigenen Geistes. Ohnmächtig sind Wähler und Nichtwähler gleichermaßen.
Aber der Nichtwähler ist sich dessen bewusst und verweigert das Mitspiel am schönen Schein.
Nein.
Ein Nichtwähler ist ein neutraler SPielstein. Wenn er irgendeine Kleinstpartei wählen würde, DANN würde er das Mitspiel verweigern.
Denn wenn er nicht wählt, ändert sich prozentual gesehen nichts. Wählt aber jeder NIchtwähler eine Kleinstpartei, dann haben wir folgndes Ergebnis:
CDU: 22%
SPD: 16%
Linke: 4%
Grüne 4%
FDP: 4%
APPD: 3%
ÖDP: 3%
usw.

Beverly,
die NPD und die Presseblockade machen einem Rechten hier politische Arbeit sehr schwer. IN Ö und der CH haben bürgerliche Parteien über 30%, hier genügt ein Hinweis auf die NPD bzw. eine gezielte Negativkampagne (wie gg. PRO Köln), um jeden fruchtbaren ANsatz zunichte zu machen.
Wir machen dennoch weiter...;)

Biskra
23.02.2009, 16:51
Hitler war bereits Kanzler. Die Wahl brachte nicht das Ergebnis, das er haben wollte - und das hielt in nicht auf, und kostete ihn erst recht nicht seinen Posten.

Die Wahl brachte der NSDAP erhebliche Stimmgewinne, wenn auch nicht die absolute Mehrheit. Die Wahl ermöglichte es, die KPD auszuschalten und sukzessive die Verfassung qua 2/3-Mehrheit im Parlament außer Kraft zu setzen.


Daraus folgt, dass der Boxer die Fäuste heben und zuschlagen sollte.
Auf das politische Äquivalent übertragen bedeutet das die Anwendung diverser definitiv illegaler Methoden politischer Betätigung, die unter bestimmten Umständen auch direkte Gewaltanwendung einschließen können.

Daraus folgt, daß der Boxer die Fäuste heben und zuschlagen sollte, richtig. Das ist aber beim Boxen durchaus regelkonform.

Sauerländer
23.02.2009, 16:59
Die Wahl brachte der NSDAP erhebliche Stimmgewinne, wenn auch nicht die absolute Mehrheit. Die Wahl ermöglichte es, die KPD auszuschalten und sukzessive die Verfassung qua 2/3-Mehrheit im Parlament außer Kraft zu setzen.
Formal. Faktisch gesehen war Hitler an der Macht und sowohl in der Lage als auch gewillt, diese absolut zu machen. Wäre im das auf formal korrektem Wege nicht gelungen, nunja...Die SA wäre dankbar gewesen für die Gelegenheit, sich nützlich zu machen.

Daraus folgt, daß der Boxer die Fäuste heben und zuschlagen sollte, richtig. Das ist aber beim Boxen durchaus regelkonform.
Selbstverständlich. Weil Boxen ein Sport ist, damit dem Gedanken nach fair, und prinzipiell auf Augenhöhe läuft.
Wenn ich hingegen Wladimir Klitschko auf einen Dreijährigen loslasse und ihm gleichzeitig auch noch das Amt des Ringrichters übertrage, läuft die Sache anders.

Sauerländer
23.02.2009, 17:01
Nein.
Ein Nichtwähler ist ein neutraler SPielstein. Wenn er irgendeine Kleinstpartei wählen würde, DANN würde er das Mitspiel verweigern.
Denn wenn er nicht wählt, ändert sich prozentual gesehen nichts. Wählt aber jeder NIchtwähler eine Kleinstpartei, dann haben wir folgndes Ergebnis:
CDU: 22%
SPD: 16%
Linke: 4%
Grüne 4%
FDP: 4%
APPD: 3%
ÖDP: 3%
Und da von diesen Kleinparteien kaum eine drei Direktmandate erringen dürfte, nützt das einen Keks.

Biskra
23.02.2009, 17:16
Formal. Faktisch gesehen war Hitler an der Macht und sowohl in der Lage als auch gewillt, diese absolut zu machen. Wäre im das auf formal korrektem Wege nicht gelungen, nunja...Die SA wäre dankbar gewesen für die Gelegenheit, sich nützlich zu machen.

Ohne die "Formalität" wäre das nichts geworden, hat 1923 auch nicht funktioniert.


Selbstverständlich. Weil Boxen ein Sport ist, damit dem Gedanken nach fair, und prinzipiell auf Augenhöhe läuft.
Wenn ich hingegen Wladimir Klitschko auf einen Dreijährigen loslasse und ihm gleichzeitig auch noch das Amt des Ringrichters übertrage, läuft die Sache anders.

Wie willst du das jetzt auf das System Wahlen übertragen?

PAZIFIX
23.02.2009, 17:25
Wobei man sich so natürlich auch in eine Menge einordnet, die zum Teil einfach zu blöde ist, einen Stimmzettel richtig auszufüllen.
Ich mache jedenfalls bei der Wahl dann lieber von meinem Recht Gebrauch, Spaßparteien zu wählen (wobei ich weder die Linke, noch die NPD dazu zähle).

Klar man kann auch APPD, Die Partei, Die Piraten, etc. wählen.

Biskra: "Wobei man sich so natürlich auch in eine Menge einordnet, die zum Teil einfach zu blöde ist, einen Stimmzettel richtig auszufüllen."

Ich glaube das der Anteil unter den vollkommen Verblödeten die CDU/CSU-SPD-FDP-Grüne-NPD-DVU-Reps-DieLinke- wählen noch viel viel größer ist.;)

Sauerländer
23.02.2009, 17:27
Ohne die "Formalität" wäre das nichts geworden, hat 1923 auch nicht funktioniert.
1923 hatte Hitler nicht die Staatsgewalt in den Händen und auch keine reichsweite, bewaffnete Massenbewegung zur Hand, die auf seinen Wink hin sprang. 1923 konnte Hitlers Unternehmung einfach so zusammengeschossen werden. 1933 ist schwer vorstellbar, wie das hätte gehen sollen. Der Letzte, der Hitler hätte aufhalten können, war Kurt von Schleicher. Dessen Überlegungen gingen in die richtige Richtung, und der war auch bereit, wesentlich gestüzt auf das Militär auch gegen einen noch so starken Hitler zu regieren. Aber Hindenburg verlor viel zu schnell die Geduld mit ihm und versagte ihm die weitere Unterstützung. Und damit wurde es dunkel.
Woraus ich Hindenburg keinen allzu großen Vorwurf machen will - der hing, soweit ich sehe, irgendwo zwischen altersbedingter Verwirrtheit und politischer Ratlosigkeit, wie es weitergehen könne.

Wie willst du das jetzt auf das System Wahlen übertragen?
Es gibt etablierte Kräfte, hinter denen eine gewaltige ökonomische Macht steht, und die auch -für das Thema Wahlen entscheidend- die Meinungsbildungskanäle in den Händen halten.
Und es gibt die Kräfte, bei denen das nicht der Fall ist, die also gar nicht in der Lage sind, mit den Methoden der Gegenseite Schritt zu halten.

Beverly
23.02.2009, 17:40
Wir haben da nicht die Wahlen selber simuliert, wir haben einfach den realen historischen Hintergrund...ich bin mir jetzt nicht mehr wirklich sicher...von 32 meine ich...vorausgesetzt, uns dann in die Propagandaschlacht gestürzt, und hinterher analysiert, wer als "Sieger" angesehen werden konnte bzw wem es am besten gelungen war, die Konkurrenz abzufertigen, und warum.

Das machte richtig Laune. Erwartungsgemäß gab es schließlich eine Partei, die freiwillig niemand vertreten wollte - was lag also für den grundsätzlichen Chaoten Sauerländer näher, als verbal das Braunhemd anzulegen und seine unfreiwilligen, zugelosten drei Kameradinnnen und Kameraden in die Schlacht zu führen?:D
Nun muss man dazu sagen, dass sich auch ein Großteil der Konkurrenz nicht allzu sehr darauf vorbereitet hat, aber dennoch...
Nach einer Stunde war die SPD vollständig zerlegt, die DNVP sprachlos, das Zentrum massiv verunsichert und die KPD deutlich in der Defensive. Den Ruf des Demagogen jedenfalls hatte ich mir redlich verdient.:D
Schön auch die Szene mitten drin, als gerade die versammelte Mannschaft festzustellen begann, wie sie abgefertigt wurde: Die (altlinke) Kursleiterin, die ansonsten das Geschehen laufen ließ, unterbrach kurz und meinte mit diesem dezenten Lächeln: "Merkt Ihr was?" :cool2:

Das muss ungefähr 20 Jahre nach unserem Planspiel mit den "Hoffmanns" geschehen sein. Wenn wir das geahnt hätten ... :rolleyes:

Beverly
23.02.2009, 17:43
Die Zukunft gehört der bürgerlichen Gesellschaft.

"Zukunft" und "bürgerliche Gesellschaft" schließen sich gegenseitig aus. Die bürgerliche Gesellschaft kennt nur das ewige JETZT.

Biskra
23.02.2009, 17:43
1923 hatte Hitler nicht die Staatsgewalt in den Händen und auch keine reichsweite, bewaffnete Massenbewegung zur Hand, die auf seinen Wink hin sprang. 1923 konnte Hitlers Unternehmung einfach so zusammengeschossen werden. 1933 ist schwer vorstellbar, wie das hätte gehen sollen.

Die Staatsgewalt hatte er ja dank der Tatsache in den Händen, daß seine Partei zur stärksten Fraktion gewählt wurde.



Es gibt etablierte Kräfte, hinter denen eine gewaltige ökonomische Macht steht, und die auch -für das Thema Wahlen entscheidend- die Meinungsbildungskanäle in den Händen halten.
Und es gibt die Kräfte, bei denen das nicht der Fall ist, die also gar nicht in der Lage sind, mit den Methoden der Gegenseite Schritt zu halten.

Jeder fängt mal klein an. Die Grünen gibt es auch erst seit den 80ern, ein Boxer beginnt seine Karriere auch nicht mit einem K.O.-Sieg gegen den amtierenden Weltmeister.

Sauerländer
23.02.2009, 17:48
Die Staatsgewalt hatte er ja dank der Tatsache in den Händen, daß seine Partei zur stärksten Fraktion gewählt wurde.
Das trifft nicht zu. Man hatte vorher mit Präsidialkabinetten regiert - man hätte es auch weiterhin tun können. Zum Kanzler gemacht wurde Hitler nicht vom Volk, sondern, so leid mir das für den Helden von Tannenberg tut, von Hindenburg.

Jeder fängt mal klein an. Die Grünen gibt es auch erst seit den 80ern, ein Boxer beginnt seine Karriere auch nicht mit einem K.O.-Sieg gegen den amtierenden Weltmeister.
Vor allem dann nicht, wenn er ein Schwarzer in einem Apartheidsstaat ist.

Beverly
23.02.2009, 18:16
Daraus folgt, dass der Boxer die Fäuste heben und zuschlagen sollte.
Auf das politische Äquivalent übertragen bedeutet das die Anwendung diverser definitiv illegaler Methoden politischer Betätigung, die unter bestimmten Umständen auch direkte Gewaltanwendung einschließen können.

Die rabiateren Formen der Gewalt bringen nichts, weil sie dem Staat die Legitimation geben, noch härter zurück zu schlagen. Ich gebe nur folgende selbstverständlich frei erfundene Geschichten zum Besten:

"Dienst an der Gemeinschaft"

Bei den Wahlen 1980 waren die damals noch ehrlichen und aufrechten Grünen über ihre mageren 1,5 Prozent so frustriert, dass sie Plakate abhinen. Da sie dem Gemeinwesen einen Dienst erweisen wollten, hingen sie nicht nur ihre eigenen Plakate ab, sondern auch die der anderen Parteien. Damit deren Aktivisten die Mühe nicht mehr hatten :) Eine Fortsetzung dieser Geschichte wäre, dass im Zeichen des Dienstes an der Gemeinschaft beherzte Aktivisten die Plakate der Parteien schon vor den Wahlen wieder abhängen.

"Gegen den Polizeistaat"

Unter diesem Motto meldete ein Linker bei der Polizei eine Demonstration an. Er war dann allein mit dem Schild "Gegen den Polizeistaat" inmitten von 200 Polizisten. Andere Linksradikale ersparten der Polizei ganz ihren Anblick. Sie meldeten Demonstrationen an und beschlossen, Samstag morgens doch lieber auszuschlafen. Die zahlreich abbefohlenen Polizisten waren dann ganz unter sich.

"Die Sache mit den Luftballons"

Man geht zum Infostand einer Partei und bittet sie je nach Lungenvolumen um einen oder mehrere Luftballons. Die bläst man dann einen nach den anderen vor ihren Augen auf, bis sie platzen. Vielleicht sollte man zu mehreren gehen - so lange, bis die Luftballons am stand alle sind.

"Der Motzstraßenverkäufer"

Dieter mit Hund und ohne Obdach ist in Berliner S-Bahnen ein vertrauter Anblick. Warum aber nur da? Warum klappern er und seinesgleichen nicht die Infostände der Parteien ab? Wenn die schon alle eine Motz gekauft haben, um ihn loszuwerden, kommt er wieder - mit einer anderen Zeitschrift :)

"BVG hautnah"

Jene Früchte der Spaßgesellschaft, welche am Wochenende die BVG zu einem Horrortrip machen, versammeln sich zur Abwechslung mal nicht im Waggon, sondern vor den Infoständen der Parteien. Damit auch deren Kader so richtig Spaß mit pissenden und pöbelnden Gören haben.

"Per Einschreiben"

Damit die Schergen der Bürokratie Mühe haben, schickt man ihnen alles per Einschreiben. Jedesmal muss dann einer kritzeln, dass er den Brief bekommen hat. Auch den demokratisch gewählten Parteien kann man seine Verehrung erweisen, in dem man ihnen Einschreiben schickt.

"Wir dementieren die Fälschung unserer Homepage"

Damit wurde um 2000 die FPÖ vorgeführt. Ich weiß weder, ob das Dementi auf der echten oder der Fake-Seite war noch bin ich mir über den juristischen Status im Klaren. Schließlich ist Satire erlaubt. Und es gibt eine Menge Parteien, wo man schon heute nicht weiß, ob das Satire oder ernst gemeint ist.

"Die Wahlzeitung"

Interessierte Kräfte veröffentlichen eine eigene Wahlzeitung. Da wird dann etwa darüber diskutiert, ob die FDP der APPD Leihstimmen geben soll oder ob diverse Sozi-Kader nach der Wahl zur NPD überlaufen. Der finale Aufmacher ist:

"Die Bundestagswahlen werden abgesagt"

Beverly
23.02.2009, 18:29
Klar man kann auch APPD, Die Partei, Die Piraten, etc. wählen.

Man kann sich auch im Boxring als Fliegengewicht von zwei verfetteten und debilden Schwergewichtlern zusammenschlagen lassen und noch eine Rüge vom Schiedsrichter kassieren, weil man die Arme gehoben hat.

Sauerländer
23.02.2009, 18:37
Die rabiateren Formen der Gewalt bringen nichts, weil sie dem Staat die Legitimation geben, noch härter zurück zu schlagen.
Genau das ist das Problem, dessen sich auch die RAF nicht bewusst war bzw das sie aufgrund einer völlig falschen Beurteilung der politischen Lage abgetan hat.
So lange das Regime im Grunde stabil ist, wird es die gewalttätige Auseinandersetzung in jedem Fall gewinnen und zudem als ideologische Befestigung seiner selbst verwerten. Man kann nicht mit Gewalt eine revolutionäre Situation herbeiführen, die die Umstände (noch) nicht hergeben.
Und solange das so ist, sind Gewaltakte bestenfalls nur dazu gut, sein Mütchen zu kühlen, eher noch jedoch schlicht illegitim, weil der unter Umständen erwirkte oder gar intendierte Schaden an Leib und Leben anderer Menschen in keinem Verhältnis zum realistisch erwägbaren politischen Ziel steht.
Wir stehen also vor der Situation, dass Wahlen uns nicht weiterbringen, Gewaltakte jedoch keine sinnvoll erwägbare Alternative sind.

"Gegen den Polizeistaat"

Unter diesem Motto meldete ein Linker bei der Polizei eine Demonstration an. Er war dann allein mit dem Schild "Gegen den Polizeistaat" inmitten von 200 Polizisten.

Ich muss zugeben, das Bild hat seinen ganz eigenen Reiz.:D

Die anderen Dinge betreffend: Das sind natürlich symbolisch ganz nette Aktionen - aber im Grunde ist das dann auch nur eine andere Form von Kabarett. Man macht sich mal Luft oder lacht auch mal über all das, was einen ärgert, schafft es vielleicht sogar, ein oder zwei Leute für einen Moment ernstlich zu irritieren - und dann geht alles weiter seinen Gang. Wie brachte es Helmut Kohl mit seinem geballten rhetorischen Talent so schön auf den Punkt:
"Die Hunde bellen, und die Karawane zieht weiter."

Beverly
23.02.2009, 18:48
Das ist mir soeben mit einem Newsletter der Linkspartei ins Postfach geflattert:


Die Bundesregierung hat gegen das Land Berlin Klage wegen angeblich überhöhter Zahlungen von Wohnkosten an Hartz-IV-Beziehende eingereicht. Damit soll das Land rückwirkend für eine Regelung bestraft werden, die sozialpolitisch sinnvoll war.

Zum Hintergrund:

Berlin hatte im Jahr 2005 in seiner Wohnungsregelung für Arbeitslosengeld-II-Beziehende (AV Wohnen) festgelegt, dass die Angemessenheit der Wohnkosten erst ein Jahr nach Beginn des Leistungsbezugs zu überprüfen ist. Die Regelungen wurden zwei Jahre später vom Landesrechnungshof Berlin kritisiert. Sowohl der Bundesrechnungshof als auch der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages übernahmen die Kritik und unterstellten, dass das Land Berlin durch die Ausweitung der Frist 30 Millionen Euro zu viel für die Kosten der Unterkunft gezahlt habe. Diese Summe resultiert aus einer Überprüfung des Berliner Rechnungshofes im Job Center Friedrichshain-Kreuzberg. Die Ergebnisse wurden auf die ganze Stadt übertragen und hochgerechnet. Eine solche Berechnung halten wir für unseriös und nicht belastbar.

Mit den Stimmen aller Parteien außer der der Linken wurde im vergangenen Sommer im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages beschlossen, auf Berlin hinzuwirken, dass die 1-Jahresfrist verkürzt wird.

Aus sozialpolitischer Sicht ist die Jahresregelung absolut sinnvoll. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner hat sie auf Beschluss des gesamten Senats eingeführt, um den Arbeitslosengeld II-Beziehenden die Möglichkeit zu geben, ihre Anstrengungen darauf zu konzentrieren, wieder eine existenzsichernde Beschäftigung zu finden. Untersuchungen belegen, dass im ersten Jahr des Hartz IV-Bezugs die Chance einen Job zu finden viel höher sind als danach.

Auch aus stadtentwicklungs- und gesellschaftspolitischer Sicht wäre eine Jahresfristregelung wünschenswert, um Ausgrenzungen zu verhindern und die Bevölkerungsvielfalt in den Wohnquartieren zu erhalten.

Die aktuelle Situation

Leider musste Berlin die Jahresregelung, da sie rechtlich umstritten war, in der AV Wohnen ändern und eine Halbjahresfrist einführen. Trotzdem hat die Bundesregierung nun Klage eingereicht. Bis heute ist aber nicht bewiesen, dass die Jahresfrist zu finanziellen Mehrausgaben geführt hat.(...)

Das Erbärmliche ist daran, wie total kleingeistig und intrigant diese Politik vorgeht. Es sind Kriminelle und Volksfeinde, die sich da zur Wahl stellen.

Aldebaran
23.02.2009, 19:02
Und da von diesen Kleinparteien kaum eine drei Direktmandate erringen dürfte, nützt das einen Keks.


Für die Parteienfinazierung liegt die Untergrenze aber nicht bei 5, sondern bei 0,5%. In diesem Sinne macht es schon einen Unterschied, ob die nicht repräsentierten Stimmen die von Nichtwählern oder die von Wählern der Kleinparteien sind.

Sauerländer
23.02.2009, 19:08
Für die Parteienfinazierung liegt die Untergrenze aber nicht bei 5, sondern bei 0,5%. In diesem Sinne macht es schon einen Unterschied, ob die nicht repräsentierten Stimmen die von Nichtwählern oder die von Wählern der Kleinparteien sind.
Man kann auf diese Weise kleineren Parteien Geldmittel zukommen lassen - nicht aber den Etablierten welches entziehen.

Beverly
23.02.2009, 19:09
(...)Das sind natürlich symbolisch ganz nette Aktionen - aber im Grunde ist das dann auch nur eine andere Form von Kabarett. Man macht sich mal Luft oder lacht auch mal über all das, was einen ärgert, schafft es vielleicht sogar, ein oder zwei Leute für einen Moment ernstlich zu irritieren - und dann geht alles weiter seinen Gang. Wie brachte es Helmut Kohl mit seinem geballten rhetorischen Talent so schön auf den Punkt:
"Die Hunde bellen, und die Karawane zieht weiter." Es sei denn, man bringt sie dazu, im Kreis zu laufen und sie merken es nicht einmal.

Wobei du Recht hast. Diese Aktionen geben einem bestenfalls das Gefühl, nicht allein zu sein und andere Menschen erreichen zu können. Wobei aber Satire und Kabarett nichts anderes bedeuten, als das System mit seinen eigenen Waffen zu bekämpfen.

Denn all die Hirnlos-Diskurse und Sinnlos-Vorhaben, der Unfug einer Spaßgesellschaft, an der nur die Volldeppen Spaß haben und auch die kleinlichen Intrigen und Schikanen sind schon längst Realsatire. Deshalb muss man den Kampf da führen, wo er stattfindet. Menschen noch mit Argumenten von Alternativen zu überzeugen, habe ich weitgehend aufgegeben. Weil die geistigen Schergen des Systems jede Alternative in Grund und Boden zerreden. Das habe ich bei Diskussionen mit dem Mainstream mehr als einmal erlebt. Aber wenn bei der Regierungserklärung unseres nächsten Bundeskanzlers Philipp Mißfelder nur noch der aufgeblasene Luftballon quietscht, ist Ruhe. Oder das Publikum kichert.

Ich habe dann das Gefühl, das System da zu treffen, wo es überhaupt noch angreifbar ist. Weil es weder mit Argumenten (habe ich lange versucht) noch Gewalt (war nie mein Fall) zu fassen ist und beides abblockt.
Lion Feuchtwanger hat in "Der falsche Nero" geschrieben, dass dem Usurpator Terenz, der sich als Nero ausgab, ein banales Lied (das "Töpferlied") zum Verhängnis wurde. Weil es den geliebten und gefürchteten Demagogen der Lächerlichkeit preisgab. Warum sollen unsere Meister der Lächerlichkeit nicht an ihrer eigenen Medizin ersticken?

Die nächste Stufe muss aber schon konkreter sein. Andere Diskurse als sie der Mainstream führt, andere Massenmedien. Ein Parlament mit Parteien, die für wirkliche Konzepte und Ideen stehen, so abstrus oder konträr die auch sein mögen.
Andere Formen der Produktion und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen, insbesondere mehr und bessere Bildung! Eigentlich nur eine Gesellschaft, wo Vergesellschaftung nicht länger zum unabänderlichen Schicksal erklärt wird, sondern aus dem Willen und den Interessen der Menschen resultiert.

Beverly
23.02.2009, 19:11
Für die Parteienfinazierung liegt die Untergrenze aber nicht bei 5, sondern bei 0,5%. In diesem Sinne macht es schon einen Unterschied, ob die nicht repräsentierten Stimmen die von Nichtwählern oder die von Wählern der Kleinparteien sind.

Klienparteien können dann damit werben, dass sie von der Wahlkampfkostenerstattung eine rauschende Party für ihre Wähler finanzieren :)

Aldebaran
23.02.2009, 19:15
Genau das ist das Problem, dessen sich auch die RAF nicht bewusst war bzw das sie aufgrund einer völlig falschen Beurteilung der politischen Lage abgetan hat.
So lange das Regime im Grunde stabil ist, wird es die gewalttätige Auseinandersetzung in jedem Fall gewinnen und zudem als ideologische Befestigung seiner selbst verwerten. Man kann nicht mit Gewalt eine revolutionäre Situation herbeiführen, die die Umstände (noch) nicht hergeben.

Und sie werden es auch nicht tun. Es gibt zwar viel Gemecker, aber keine wirkliche tiefgreifende Unzufriedenheit mit dem System. Zudem gehen die vorhandenen Missstimmungen in völlig unterschiedliche Richtungen: der eine beklagt zu hohe Steuern, der andere will mehr Sozialleistungen (für sich) und fast immer geht es nur ums Geld. Eine Alternative ist schon gar nicht in Sicht.

Vor allem aber ist die Altersstruktur der Bevölkerung nicht dazu angetan, eine revolutionäre Stimmung zu befördern. Wer die 50 überschritten hat, will wohl kaum seine Pensions- und Rentenansprüche riskieren. Unter den Jüngeren wird viel Gefahrenpotential durch Alkohol und andere Drogen neutralisiert und die Bürgerkinder, die während ihres Studiums ein bisschen Nonkonformismus simulieren, werden weder ihre Erbschaften noch die Aussicht auf Eintritt in den Staatsdientst oder in Vaters Kanzlei aufgeben.

Wirklich systemgefährdendes Potential ist wohl nur in der muslimischen Minderheit zu finden, zielt dort aber wohl kaum auf eine in unserem Sinne "gerechtere" Gesellschaft.

Sauerländer
23.02.2009, 19:15
Klienparteien können dann damit werben, dass sie von der Wahlkampfkostenerstattung eine rauschende Party für ihre Wähler finanzieren :)
Wie praktisch, dass es bereits eine Kleinpartei gibt, die das tut.:)

Sauerländer
23.02.2009, 19:18
Und sie werden es auch nicht tun. Es gibt zwar viel Gemecker, aber keine wirkliche tiefgreifende Unzufriedenheit mit dem System. Zudem gehen die vorhandenen Missstimmungen in völlig unterschiedliche Richtungen: der eine beklagt zu hohe Steuern, der andere will mehr Sozialleistungen (für sich) und fast immer geht es nur ums Geld. Eine Alternative ist schon gar nicht in Sicht.

Vor allem aber ist die Altersstruktur der Bevölkerung nicht dazu angetan, eine revolutionäre Stimmung zu befördern. Wer die 50 überschritten hat, will wohl kaum seine Pensions- und Rentenansprüche riskieren. Unter den Jüngeren wird viel Gefahrenpotential durch Alkohol und andere Drogen neutralisiert und die Bürgerkinder, die während ihres Studiums ein bisschen Nonkonformismus simulieren, werden weder ihre Erbschaften noch die Aussicht auf Eintritt in den Staatsdientst oder in Vaters Kanzlei aufgeben.

Wirklich systemgefährdendes Potential ist wohl nur in der muslimischen Minderheit zu finden, zielt dort aber wohl kaum auf eine in unserem Sinne "gerechtere" Gesellschaft.
Darin besteht der konstruktive Zweck, den man deren Präsenz abgewinnen könnte: Eine Art Weckruffunktion.

Andreas63
23.02.2009, 22:29
Und da von diesen Kleinparteien kaum eine drei Direktmandate erringen dürfte, nützt das einen Keks.
Im allgemeinen schätze ich Deine Beiträge sehr, aber hier irrst Du meiner Meinung nach. Wie Zaphod Beeblebrox sehr schön dargestellt hat, gehen die Stimmen für die 'Sonstigen' den etablierten Parteien verloren. Und es wäre doch sehr schön, wenn CDU+SPD+FDP+Grüne+Linke nicht über 50 Prozent kommen würden. Mit wem sollen sie dann noch koalieren?
Nicht, daß ich für Weimarer Verhältnisse bin, aber die dummen Gesichter würde ich gern mal sehen. Die Nichtwähler hingegen interessieren niemanden.

Beverly
23.02.2009, 22:34
Und sie werden es auch nicht tun. Es gibt zwar viel Gemecker, aber keine wirkliche tiefgreifende Unzufriedenheit mit dem System. Zudem gehen die vorhandenen Missstimmungen in völlig unterschiedliche Richtungen: der eine beklagt zu hohe Steuern, der andere will mehr Sozialleistungen (für sich) und fast immer geht es nur ums Geld. Eine Alternative ist schon gar nicht in Sicht.

Vor allem aber ist die Altersstruktur der Bevölkerung nicht dazu angetan, eine revolutionäre Stimmung zu befördern. Wer die 50 überschritten hat, will wohl kaum seine Pensions- und Rentenansprüche riskieren. Unter den Jüngeren wird viel Gefahrenpotential durch Alkohol und andere Drogen neutralisiert und die Bürgerkinder, die während ihres Studiums ein bisschen Nonkonformismus simulieren, werden weder ihre Erbschaften noch die Aussicht auf Eintritt in den Staatsdientst oder in Vaters Kanzlei aufgeben.

Wirklich systemgefährdendes Potential ist wohl nur in der muslimischen Minderheit zu finden, zielt dort aber wohl kaum auf eine in unserem Sinne "gerechtere" Gesellschaft.

Wenn ich noch an dieses System glauben würde, würden mich Posts wie diese in tiefe Depressionen stürzen. Aber die Phase habe ich hinter mir und die meiste "Überzeugungsarbeit" haben unfreiwillig die Protagonisten des Mainstreams geleistet. Alldiweil ich manchmal denke, die "Ränder" und vor allem der rechte Rand vergraulen die Leute so, dass sie es lieber mit der "Mitte" versuchen. Bis da den die Posts des Grauens kommen. "In der Jugend wird viel Gefahrenpotenzial durch Alkohol und Drogen neutralisiert" - zynischer geht es kaum noch :kotz: Und dem Schluss des Machwerks entnehme ich, dass der Mainstream vorhat, uns die nächsten 100 Jahre mit den Moslems, die er selbst ins Land geholt hat, zu drohen.

Tut mir Leid, aber ich wollte in meinem Leben eigentlich nichts weiter als in einer normalen und modernen Industriegesellschaft zu leben. Schon kritisch gegenüber allzuviel Technikgläubigkeit und Gigantomanie, aber halt modern. Wo es Fabriken gibt und Bauernhöfe. Wo junge Menschen für die Umwelt oder den Weltraum begeistert werden. Wo alle Menschen eine Arbeit und eine Aufgabe haben, die sie ausfüllt. Wo es verschiedene Kulturen gibt, aber weder Verbrecher, die ihrer Jugend mit Alkohol und Drogen das Rebellieren austreiben, noch andere Verbrecher, die immer wieder die Frauen in ihrer Familie ermorden.

Ich glaube mittlerweile, dass mich diese Bestrebungen zu einer weitaus erbitterten Gegnerin des status quo machen als all die Polit-Fundamentalisten, die das Maul aufreißen und die keiner mehr hören mag. Weil sie im 20. Jahrundert kläglich versagt und nichts aus ihren Fehlern gelernt haben. Weil in ihnen die Menschen immer nur die Ideologien da sind und nicht die Ideologien für die Menschen. Weil sie machtgeil sind und sich korrumpieren und instrumentalisieren lassen. Weil sie beim miesen Spiel, das jetzt läuft, begeistert mitmachen. Die gehen zwar auf ihre Mitmenschen los, aber schmeißen nach dem System selbst nur mit Wattebäuschen. Das System faselt zwar vom Kampf gegen Rechts oder Kampf gegen Islam, wirft aber allenfalls nur Wattebäusche zurück.

Beverly
23.02.2009, 22:36
Darin besteht der konstruktive Zweck, den man deren Präsenz abgewinnen könnte: Eine Art Weckruffunktion.

Wofür? Das Patriarchat und Machotum Scheiße sind?

Ragnarök
24.02.2009, 04:50
So wird es wohl kommen. Man sollte wirklich nicht mehr wählen gehen.

SUPER VORSCHLAG!!!
NUR für jede Nichtwählerstimme bekommt der Wahlsieger einen gewissen
Geldbetrag!!!!!!!!!!!!!!! Das heisst das jeder der nicht wählen geht den Wahlsieger etwas gutes in Form von Geld tut.......:(

Irmingsul
24.02.2009, 08:47
Vor fast dreißig Jahren haben wir im Gemeinschaftskunde-Leistungskurs an der Oberstufe folgendes Szenario durchgespielt:

In Deutschland geht es weiter bergab und die radikalen Parteien gewinnen Zulauf. Schließlich gab es schon 1982 zwei Millionen Arbeitslose und wenig später wurde in einem Fernsehfilm Deutschlands Zukunft mit 5 Millionen Arbeitslosen und Städten mit 16 Prozent Arbeitslosenquote durchgespielt.

Bei dem Szenario, was wir an der Obestufe durchspielten, haben wir das nachgestellt, was es schon in der Endphase der Weimarer Republik gegeben hat: Die Politik der bürgerlichen Parteien und der SPD treibt die Wähler scharenweise in die Arme der Extremisten.
NSDAP und KPD hatten zeitweise im Reichstag eine Mehrheit. Sie versagten aber dabei, sie gemeinsam zu nutzen, um Deutschland aus der zum Scheitern verurteilten bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft heraus zu führen. Zuerst paktierten die Nazis mit dem Bürgerlichen, versagten und ermordeten nebenbei noch 20 Millionen Menschen. Dann paktierten die Kommunisten mit Stalinrussland und ihr Projekt DDR scheiterte auch.

Schon Anfang der 1980er Jahre war absehbar, dass sich das alles wiederholen würde. So platzierten wie bei dem Planspiel diverse linksradikale Parteien zahlenstark im Bundestag. Zur Seite stellten wir den Linksextremen als rechtes Pendant die "Hoffmanns" - namensgebend war die Wehrsportgruppe Hoffmann, die damals ihr Unwesen trieb.

Wir haben heute das Elend und jene Zustände, die eigentlich danach schreien, dass so etwas Wirklichkeit wird. Wobei man den Rechtsextremen und Linksradikalen als liberales Korrektiv im besten Sinne noch die APPD zur Seite stellen sollte.

Aber dieses Szenario tritt nicht ein. Nicht die Hoffmanns sind angesagt, auch nicht die Wagenknechts, sondern Schwarz-Gelb :kotz: Das Nichteintreten einer erneuten radikalen und antibürgerlichen Mehrheit im Parlament führe ich darauf zurück, dass weder die Rechten noch die Linken aus der Geschichte gelernt haben!

Bei den Rechtsextremen ist das selbsterklärend. Man braucht nur mit denen über das Dritte Reich, Juden, Schwule und "Ausländer" zu diskutieren. Die würden uns erneut in einen Reichshorror stürzen und die einzigen Lehren beständen daraus, dass sie gegenüber den Mächtigen mehr Kreide fressen, damit der Alptraum beim zweiten Versuch länger als 12 Jahre dauert.

Aber ist da noch einer, der ernsthaft behauptet, die Linke, die Arbeiterbewegung und die Sozialdemokratie hätten aus Fehlern gelernt? Für die Fehler der Vergangenheit - vor '45 - konnte sie die Nazis verantwortlich machen und selbst die Hände in Unschuld waschen. Immer schön über den bösen Adolf heulen, damit keiner fragt, warum die "Befreiung" durch die Rote Armee für viele Befreite zum schlimmsten Alptraum ihres Lebens wurde oder warum nach 1945 anstelle Nazi-Richtern sowjetische Militärtribunale die Menschen drangsalierten.

Was die "demokratische Linke" gelernt hat, sieht man an Hartz IV und den korrupten Hackfressen ihrer Protagonisten. Ein Freund von mir hatte nach dem Krieg gehofft, die SPD hätte unter Schumacher aus ihren Fehlern zur Weimarer Zeit gelernt. Später mussste er feststellen, dass dem nicht so war.

Wen wundert es da, dass die Neonazis nur 2 Prozent bekommen und auch der Linken die Menschen davon laufen oder sie - wie ich - nur noch wiederwillig die Linkspartei wählen. Um Schwarz-Gelb zu verhindern.
Ach was, Du kannst keine Vergleicht zu damals ziehen. Wenn Deine Putzfrau noch für drei Wochen in den Urlaub fliegen kann, ist noch alles gut.

PAZIFIX
24.02.2009, 12:23
Man kann sich auch im Boxring als Fliegengewicht von zwei verfetteten und debilden Schwergewichtlern zusammenschlagen lassen und noch eine Rüge vom Schiedsrichter kassieren, weil man die Arme gehoben hat.

Sorry, habe ich jetzt nicht so ganz verstanden. :(

Beverly
24.02.2009, 12:38
Sorry, habe ich jetzt nicht so ganz verstanden. :(

Im Klartext

1. Das Ergebnis der Wahlen steht im Großen und Ganzen schon vorher fest.
2. Welche Politik nach den Wahlen vollzogen wird, steht auch schon vorher fest. Unsicher ist nur, von wem.
3. Treten 1. und 2. nicht so ein, wie es gewünscht ist, wird nochmal gewählt. Siehe Hessen.
4. Aus 1., 2. und 3. folgt in Beantwortung deiner Frage, dass alle, die durch Wahlen eine andere Politik erreichen wollen, hoffnungslos unterlegen sind.

Und es kommt noch schlimmer:

5. Widerlegen die Wähler die Aussage von 4. und gibt es durch Wahlen doch eine andere Politik, machen die Herrschenden das auf "außerparlamentarischem" Wege zunichte. Durch einen Putsch wie in Chile 1973.

PAZIFIX
24.02.2009, 16:07
Im Klartext

1. Das Ergebnis der Wahlen steht im Großen und Ganzen schon vorher fest.
2. Welche Politik nach den Wahlen vollzogen wird, steht auch schon vorher fest. Unsicher ist nur, von wem.
3. Treten 1. und 2. nicht so ein, wie es gewünscht ist, wird nochmal gewählt. Siehe Hessen.
4. Aus 1., 2. und 3. folgt in Beantwortung deiner Frage, dass alle, die durch Wahlen eine andere Politik erreichen wollen, hoffnungslos unterlegen sind.

Und es kommt noch schlimmer:

5. Widerlegen die Wähler die Aussage von 4. und gibt es durch Wahlen doch eine andere Politik, machen die Herrschenden das auf "außerparlamentarischem" Wege zunichte. Durch einen Putsch wie in Chile 1973.

Das habe ich jetzt verstanden, alles klar.;):D

Sathington Willoughby
24.02.2009, 22:09
Und da von diesen Kleinparteien kaum eine drei Direktmandate erringen dürfte, nützt das einen Keks.

Aber dann ist es offensichtlich, wie wenig die Altparteien gewollt sind. Eskann dann niemand sagen, das er von der Mehrheit legitimiert ist. Zudem macht sich der Unterschied bei der Parteienfinanzierung bemerkbar.

EinDachs
24.02.2009, 22:30
Im allgemeinen schätze ich Deine Beiträge sehr, aber hier irrst Du meiner Meinung nach. Wie Zaphod Beeblebrox sehr schön dargestellt hat, gehen die Stimmen für die 'Sonstigen' den etablierten Parteien verloren. Und es wäre doch sehr schön, wenn CDU+SPD+FDP+Grüne+Linke nicht über 50 Prozent kommen würden. Mit wem sollen sie dann noch koalieren?
Nicht, daß ich für Weimarer Verhältnisse bin, aber die dummen Gesichter würde ich gern mal sehen. Die Nichtwähler hingegen interessieren niemanden.

Die 50% die man zum regieren benötigt, errechnen sich anhand der vergebenen Mandate und werden durch "Sonstige" und Nichtwähler nicht beeinflusst.

Bärwolf
25.02.2009, 10:21
Stimmt! Was man auch machen kann: ungültig wählen! Das macht sich in der Statistik besser, der Unmut wird durch eine aktive Handlung ausgedrückt.;)

Eben!

Bärwolf
25.02.2009, 10:26
Wenn ich noch an dieses System glauben würde, würden mich Posts wie diese in tiefe Depressionen stürzen. Aber die Phase habe ich hinter mir und die meiste "Überzeugungsarbeit" haben unfreiwillig die Protagonisten des Mainstreams geleistet. Alldiweil ich manchmal denke, die "Ränder" und vor allem der rechte Rand vergraulen die Leute so, dass sie es lieber mit der "Mitte" versuchen. Bis da den die Posts des Grauens kommen. "In der Jugend wird viel Gefahrenpotenzial durch Alkohol und Drogen neutralisiert" - zynischer geht es kaum noch :kotz: Und dem Schluss des Machwerks entnehme ich, dass der Mainstream vorhat, uns die nächsten 100 Jahre mit den Moslems, die er selbst ins Land geholt hat, zu drohen.

Tut mir Leid, aber ich wollte in meinem Leben eigentlich nichts weiter als in einer normalen und modernen Industriegesellschaft zu leben. Schon kritisch gegenüber allzuviel Technikgläubigkeit und Gigantomanie, aber halt modern. Wo es Fabriken gibt und Bauernhöfe. Wo junge Menschen für die Umwelt oder den Weltraum begeistert werden. Wo alle Menschen eine Arbeit und eine Aufgabe haben, die sie ausfüllt. Wo es verschiedene Kulturen gibt, aber weder Verbrecher, die ihrer Jugend mit Alkohol und Drogen das Rebellieren austreiben, noch andere Verbrecher, die immer wieder die Frauen in ihrer Familie ermorden.

Ich glaube mittlerweile, dass mich diese Bestrebungen zu einer weitaus erbitterten Gegnerin des status quo machen als all die Polit-Fundamentalisten, die das Maul aufreißen und die keiner mehr hören mag. Weil sie im 20. Jahrundert kläglich versagt und nichts aus ihren Fehlern gelernt haben. Weil in ihnen die Menschen immer nur die Ideologien da sind und nicht die Ideologien für die Menschen. Weil sie machtgeil sind und sich korrumpieren und instrumentalisieren lassen. Weil sie beim miesen Spiel, das jetzt läuft, begeistert mitmachen. Die gehen zwar auf ihre Mitmenschen los, aber schmeißen nach dem System selbst nur mit Wattebäuschen. Das System faselt zwar vom Kampf gegen Rechts oder Kampf gegen Islam, wirft aber allenfalls nur Wattebäusche zurück.

Als Analyse des Ist-Zustandes ist die von Aldebaran aber gar nicht so falsch, oder?