PDA

Vollständige Version anzeigen : "Habe keinen Erfolg!" sind Parteien und andere politische Organisationen "gekauft"?



Beverly
30.01.2009, 17:11
Leztens war ich bei einem Treffen einer Initiative von Erwerbslosen. An sich nicht der Rede wert, nur schafften es die Organisatoren nicht einmal, für einen geheizten Raum zu sorgen. Auf Beschwerden einer Teilnehmerin kamen nur dumme Ausreden. Wieso kann der Wirt nicht um 12 Uhr Mittags die Heizung aufdrehen, damit es bei -5 Grad Außentemperatur um 19 Uhr im Lokal anständig warm ist.
Kälte und Frieren in dicken Jacken drückte dann wohl nicht nur bei mir auf die Stimmung und hemmte die Aufmerksamkeit. Ist so etwas Dummheit, Fehler oder Vorsatz?
Ich denke, wenn es einmal vorkommt oder eine Misshelligkeit in einem generell erfolgreichen Projekt ist, braucht man da außer schlechter Organisation nichts dahinter zu vermuten.

Aber ich kenne speziell bei den Erwerbslosen und allgemein bei politischen Parteien, Organisationen und Verbänden nur wenige wirklich erfolgreiche Projekte. Es läuft alles nach "Dienst nach Vorschrift" und oft habe ich das Gefühl, die Kader agieren so, als ob ihr Projekt keinen Erfolg haben soll. Sie selbst werden das dann mit der allgemeinen Lethargie und Trägheit begründen. Die Leute gehen nicht mehr zu Demos, sie wählen nicht mehr und die Leser lesen nicht mehr.

Wirklich?

Beim CSD strömen immer die Massen. Selbst jemand, der mit Zielen, Aussehen und Ausrichtung der Homo-Demos nicht einverstanden ist und andere Projekte verfolgt, sollte sich doch fragen, warum zu den Schwulen, Bis, Transen und Lesben so viele kommen und zu anderen Demonstrationen so wenig.

Dem Barack Obama, dem ich persönlich äußerste Skepsis entgegen bringe, haben in Berlin 200 000 gefeiert und in den USA Millionen. Ich habe einen - trotz besagter Skepsis gegen Obama und noch mehr gegen die USA - bewegenden Bericht über eine Reisegruppe gesehen, die mit dem Bus zu seiner Vereidigung gefahren ist. Die war ein Volkfest. Wenn Herr Koch oder Frau Merkel vereidigt werden, macht das Volk allenfalls *rülps*.

Die Heftchenserie "Perry Rhodan" brachte es auf über eine Milliarde verkaufter Exemplare.

Die Leute gehen also demonstrieren, sie gehen wählen und sie lesen auch. Die Erfolge der CSDs, von Barack Obama und Perry Rhodan deuten sogar darauf hin, dass die Menschen in ihren Ansprüchen sehr bescheiden und politisch und kulturell schon mit wenig zufrieden sind.

Nur muss man oft den Eindruck haben, dass poltische Projekte und Interessenverbände gar nicht erfolgreich sein sollen. Oft habe ich das Gefühle, dass die Apparate längst zu Selbstläufern geworden sind und die Funktionäre zu Selbstversorgern. Es geht an den Menschen vorbei, deren Interessen man vorgeblich vertritt. Die Kader sind nicht bestrebt, Politik oder gar das System zu verändern, sondern sich selbst und ihre Organisation in das bestehende System einzupassen. Da ist "Bescheidenheit" förderlich, Anspruch und Ambitionen lösen nur Stirnrunzeln aus. Siehe Frau Ypsilanti - IMHO hat sie sich schlichtweg nicht an den "Spielplan" für Hessen gehalten, der weiter den Herrn Koch vorsieht und wurde deshalb von Leuten aus der eigenen Partei "im Auftrag" gestürzt. Dass so viele bei den letzten Wahlen in Hessen nicht mehr gewählt haben, zeigt, dass die Menschen die Verarschung zumindest ahnen. Wozu die SPD wählen, wenn die doch nur Steigbügelhalter für Koch oder Oppositionspartei sein darf?

In diesem Forum wurde oft über die fehlende Bindekraft politischer Bewegungen und Initiativen geschrieben. Komisch, hat nicht jeder seine Familie und seinen Freundeskreis, sein Milieu, wo er sich gerne bindet? Weil er oder sie sich da aufgehoben und verständen fühlt, weil die Menschen noch ab und zu solidarisch miteinander umgehen.
Liegt die fehlende Bindekraft politischer Organisationen vielleicht daran, dass sie all dieses den Menschen nicht mehr geben? Dass ihre Kader im Auftrag des Systems die Menschen nach Strich und Faden verarschen?
An der Basis sind da immer Figuren, die durch die Menschen durchblicken, wenn die mit ihnen reden wollen. An der Spitze ist das gnadenlose Mittelmaß - alldiweil die Amis es mit jetzt mit Kaffeebraun versuchen, tobt 2009 in der BRD der Contest um das graueste Grau und den größten Gartenzwerg.

Frank Walter Steinmeier

die Massen jubeln!

Angela Merkel!!!!

der Saal tobt und die Hetenkerle kriegen eine Dauereketion!

Sind die noch echt oder sind sie gekauft?
Ist das nicht alles eine Verarschung?

henriof9
30.01.2009, 17:21
Grundsätzlich halte ich persönlich jeden Menschen, in gewisser Weise, für korrupt und auch käuflich.
Das Problem dabei ist nur, daß zu den meisten Menschen keiner kommt, der ihnen was bietet oder etwas von ihnen haben will.
Wobei, wenn man die Wahlen immer so beobachtet, sind es die Bürger die was haben wollen und die Politik verspricht es ihnen, für die klitzekleine Gegenleistung in Form eines Kreuzchens.
Eigentlich viel zu billig !

Beverly
30.01.2009, 18:10
Grundsätzlich halte ich persönlich jeden Menschen, in gewisser Weise, für korrupt und auch käuflich.

"Korruption für alle" wäre keine Korruption in dem Sinne, wie wir sie haben.


Das Problem dabei ist nur, daß zu den meisten Menschen keiner kommt, der ihnen was bietet oder etwas von ihnen haben will.

Zum Wesen unserer Korruption gehört der Ausschluss der meisten von dem System.
So werben Unternehmen nicht etwa um leistungswillige und qualifizierte Miarbeiter, sondern sehen zu, dass sie möglichst wenig Angestellte brauchen.
Die Kader politischer Bewegungen gehen auch nicht von Tür zu Tür und werben um die Menschen (gäbe es da nicht genug Frustrierte?) für eine schöne große Bewegung, sondern sie schotten sich ab.

Menschen sind in dem System nicht das wertvollste Gut, das man gewinnen muss und das es pflegen gilt, sondern lästige "Masse". Und das lassen uns all die vom System durchseuchten Einrichtungen nun mal spüren.

Beverly
30.01.2009, 18:25
Eigentlich sind alle Organisationen und Institutionen korrupt.

Das bedeutet nicht, dass auch jeder in ihnen korrupt ist. Oft mag es nur eine Minderheit sein. Aber diese Minderheit macht sich immer bemerkbar und ihre Protagonisten werden es nicht müde, das Maul aufzureißen.

Wobei es zwei Spielarten gibt:

- derjenige, der offen die Ideologie der Herrschenden vertritt
- den Agent Provocateur, der extremistische Parolen kloppt, das aber auf so eine dumme Art tut, dass man sich fragt, ob der echt ist

Beiden Spielarten gemeinsam ist eine miese und verletzende Art des Argumentierens - wobei sie selbst rumheulen, wenn sie ihre eigene Medizin schlucken müssen - und das Fehlen jeder Bereitschaft, Positionen Anderer irgendwie ernst zu nehmen oder ihren Diskurs weiter zu entwickeln.

Beide Spielarten wirken zersetzend. Der Mainstream-Apologet vergrault Menschen, die irgendwo und sei es nur ein einer SF-Traumwelt den Sch... hier hinter sich lassen wollen. Selbst wenn es auf harmlose und unverdächtige Weise ist.
Der vorgebliche Extremist vergrault Menschen, die vorsichtig nach was Anderes suchen, aber keinen pseudo-radikalen Dummfug möchten. Wie viele der 898 899 Holocaust-Leugnungen in der rechtsextremen Szene sind natürliche Dummeheit und welche wurden vom VS gesponsort? Geht es bei den Stalin-Apologien der MLPD immer mit rechten Dingen zu? Schließlich wird dem Bürgerpack "Der junge Stalin" in einem Buch als eigentlicher Macher der Oktoberrevolution vorgeführt.
Wann kommt "Der junge Hitler"?

Über die Motive des falschen Extremisten brauchen wir nicht weiter zu reflektieren. Vom VS gekauft, man muss ihn nur enttarnen, fertig!

Was mir mehr Kopfzerbrechen bereitet sind die Motive derjenigen, die oft mit Zähnen und Klauen den herrschenden Diskurs vertreten.
Dieser Diskurs ist so dröge und langweilig, Schlafmittel für Imagination dun Fantasie, dass man ihn eigentlich nur aus einem Grund vertreten kann: weil man davon - materielle - Vorteile hat. Man macht sich lieb Kind nicht im eigenen Projekt, sondern bei den Leuten mit Einfluss.

marc
30.01.2009, 18:40
"Gekauft" ist, glaube ich, kein ganz richtiger Begriff, weil er ein aktives Tauschverhältnis suggeriert.
Richtiger wäre wohl: abhängig und unterworfen unter eine ökonomische Totalität, die noch die feinsten Verästelungen des gesellschaftlichen Lebens beeinflußt.

(Wobei das nicht bedeuten soll, dass ich so eine monokausale Sichtweise auf die Welt teile, nach der sich alle Folgen aus einer einzigen Ursache erklären liessen.
Auch bezogen auf Deutschland kommen sicher noch viele andere, nicht-ökonomische Faktoren hinzu.)

*Grübel*

Settembrini
30.01.2009, 18:51
Darf ich mal interessiert nachfragen, warum die Themenstarterin offensichtlich Kuenstler und Intellektuelle als einzige der genannten Personengruppen nicht fuer korrumpierbar haelt? Ist da vielleicht nicht doch eher der Wunsch Vater des Gedankens?

henriof9
30.01.2009, 18:55
"Korruption für alle" wäre keine Korruption in dem Sinne, wie wir sie haben.

Zum Wesen unserer Korruption gehört der Ausschluss der meisten von dem System.

So werben Unternehmen nicht etwa um leistungswillige und qualifizierte Miarbeiter, sondern sehen zu, dass sie möglichst wenig Angestellte brauchen.
Die Kader politischer Bewegungen gehen auch nicht von Tür zu Tür und werben um die Menschen (gäbe es da nicht genug Frustrierte?) für eine schöne große Bewegung, sondern sie schotten sich ab.

Menschen sind in dem System nicht das wertvollste Gut, das man gewinnen muss und das es pflegen gilt, sondern lästige "Masse". Und das lassen uns all die vom System durchseuchten Einrichtungen nun mal spüren.

Ich glaube schon, daß es eine Korruption für alle gibt, sie findet nur auf jeweils anderer Ebene und in unterschiedlicher Größenordnung statt.

Die in Deinem genannten Eingangs- Thread aufgezeigten Beobachtungen spiegeln doch Ereignisse wieder, die im Grunde den Menschen in seinem Wesen darstellen.
Und der Mensch ist egoistisch, gleichgültig, korrupt und immer auf den eigenen Vorteil bedacht.
Lediglich die Position des Einzelnen in der Gesellschaft und damit der Einfluß auf die Gesellschaft macht den Unterschied im Handeln oder Nichthandeln.
Und da es in der Natur des Menschen liegt wenn möglich der Rudelführer zu sein kommt es, je nach Ebene, zu den unterschiedlichsten Arten des Kampfes ( Argumentation, Extremist oder Keulenschlag ) welcher am Ende aber auch immer Verlierer zurückläßt.
Und wer möchte schon zu den Verlierern gehören ?

Man sollte bei vielen Dingen im Leben garnicht erst versuchen sie zu verstehen, geschweige denn einen tieferen Sinn darin sehen und man kann es sich auch ersparen wenn man sich klarmacht und weis was der Mensch ist, wie er funktioniert und was Triebfedern sind.
Es bleibt einem eine Menge Frust, Wut, Ärger und Enttäuschung erspart.

Freiherr
31.01.2009, 13:47
Darf ich mal interessiert nachfragen, warum die Themenstarterin offensichtlich Kuenstler und Intellektuelle als einzige der genannten Personengruppen nicht fuer korrumpierbar haelt? Ist da vielleicht nicht doch eher der Wunsch Vater des Gedankens?

Durchaus berechtigt. Wahrscheinlich, weil sie sich selbst als solche ansieht.

Beverly
31.01.2009, 16:26
Darf ich mal interessiert nachfragen, warum die Themenstarterin offensichtlich Kuenstler und Intellektuelle als einzige der genannten Personengruppen nicht fuer korrumpierbar haelt? Ist da vielleicht nicht doch eher der Wunsch Vater des Gedankens?

Ich war einfach zu faul, den Knopf auch noch anzuklicken. Und zu unsicher, obwohl - oder weil - ich als Schriftstellerin und Politologin zu besagter Gruppe gehöre.

Zu sagen, die die da Erfolg haben, verdanken ihn letztendlich nur Korruption und Protektion, könnte mir als Neid ausgelegt werden. So muss ich in der Science Fiction - da kenne ich es am besten - sagen, dass sich totaler Mist eigentlich nicht durchsetzt. Selbst die Autoren von Schundserien haben ab und zu ein paar lichte Momente oder schreiben wenigstens unterhaltsam. Die im Fandom anerkannten Autoren halte ich in der Regel für gut und anspruchsvoll, auch wenn ich nicht alles von allen gelesen habe oder alles gut finde. Philipp K. Dick möchte ich als einen der ganz Großen der Literatur überhaupt nennen und "Hellströms Brut" trotz der reißerischen und Horror-Elemente als Studie über Totalitärismus an die Seite von "Wir", "1984", "Schöne neue Welt" und "Kallocian" gestellt wissen.

Andererseits ... was sich einige SF-Foristen in einer Diskussion über die Frage "Welche Zukunft wollen wir?" geleistet haben, verstehe ich noch immer nicht. Und beim kulturellen Mainstream wird es eher noch grauslicher und durchwachsener. Da kann ich mir schon deshalb schlecht ein Urteil bilden, weil ich mir das BlaBla nicht antue.
Ich bezweifle auch, dass "Künstler und Intellektuelle" als geistige Schergen für bestimmte Diskurse soooo wirksam sind. Einfachen Menschen sind ihre Diskurse zu abgehoben und andere Intellektuelle riechen den Braten und merken die Verarschung.

Beverly
31.01.2009, 16:29
Durchaus berechtigt. Wahrscheinlich, weil sie sich selbst als solche ansieht.

Ähem ... die Devise "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus" gilt nur innerhalb eines Klüngels oder einer Seilschaft. Bei der Gesamtheit der "Künstler und Intellektuellen" gilt eher das Gegenteil :rolleyes: