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Vollständige Version anzeigen : Politiker über die Macht der Wirtschaft



Lichtblau
28.01.2009, 14:14
Franklin D. Roosevelt, kurz nach seinem Amtsantritt:

„Mein Amtsantritt stand unter dem Zeichen des fast völligen Zusammenbruchs des amerikanischen Wirtschaftssystems […] Drei ineinandergreifende Schritte waren notwendig: Erstens mußten mittels durchgreifender Maßnahmen die besonderen Vorrechte in der Beherrschung des alten wirtschaftlichen und sozialen Systems beseitigt werden, die einer zahlenmäßig kleinen, dafür aber um so einflussreicheren Gruppe die Macht gaben, das Geschäftsleben, die Banken, ja sogar den Staat selbst zu beherrschen. […] Drittens mußte ein Zurückschwingen des Pendels angestrebt werden, daß seit drei Generationen auf eine beständig steigende Anhäufung von Reichtum in den Händen einer immer kleiner werdenden Zahl zugetrieben hatte – ein Zurückschwingen in Richtung einer breiteren Verteilung von Geld und Besitz der Nation.“

Quelle: Franklin D. Roosevelt, Unser Weg, Berlin 1934, S. 11; zitiert nach: Gerhard Hass, Von München bis Pearl Harbor, Berlin 1965, S. 28



Der Publizist und Kaliindustrielle Arnold Rechberg am 10. Oktober 1938 an Adolf Hitler:

„Der Einfluß der Londoner City auf die englische Politik ist bestimmend. […] Der politische Einfluß der City ist darin begründet, daß sie die große Geldgeberin der englischen Parlamentsparteien, also sowohl der konservativen wie der liberalen wie der Arbeiterpartei ist. Kein englischer Minister könnte sich grundsätzlich den Absichten der City entgegenstellen, ganz abgesehen davon, daß fast alle englischen Staatsmänner unmittelbar auf die eine oder andere Art mit der City zusammenarbeiten.“

Quelle: : Gerhart Hass, Arnold Rechbergs Vorschläge von 1938 für einen Expansionskrieg großen Maßstabes in: Jahrbuch für Geschichte, Berlin 1976, S. 420



Adolf Hitler gegenüber dem Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung der NSDAP, Otto Wagener, vor der Machtübernahme:

„Sie unterschätzen aber die politische Macht dieser Männer, Wagener, und der Wirtschaft überhaupt. Ich habe das Gefühl, dass wir zunächst nicht gegen sie die Wilhelmstraße [Sitz der deutschen Regierung – Anm. vom Verfasser] erobern werden.“

Quelle: Henry Ashby Turner, Hitler aus nächster Nähe, Aufzeichnungen eines Vertrauten 1929–1932, Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1978, S. 443



Gerhard Schröder, als Ministerpräsident von Niedersachsen:

„Der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen hat natürlich mehr Macht als ich. Das zu kapieren ist nötig, um sich selbst richtig einzuordnen.“

Quelle: Jürgen Grässlin, Ferdinand Piech: Techniker der Macht, Droemer 2000, S. 9

giggi
28.01.2009, 14:46
Na, ich glaube nicht dass ein Klein oder Mittelunternehmer die Regierung unter Druck zu setzen vermag. Ein Bilderberger hingegen schon.

FranzKonz
28.01.2009, 14:49
Na, ich glaube nicht dass ein Klein oder Mittelunternehmer die Regierung unter Druck zu setzen vermag.

Einer nicht. Und es ist sauschwer, sie dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen.

lupus_maximus
28.01.2009, 15:20
Einer nicht. Und es ist sauschwer, sie dazu zu bringen, an einem Strang zu ziehen.
Dies habe ich auch erlebt.

marc
28.01.2009, 15:32
...

Abgesehen davon, dass ich es eher problematisch finde, den Begriff der Macht als Singular zu verwenden, und ihn gar noch bestimmten Personengruppen zuzuschreiben, neige ich eher zu einem ja.

Der Singular macht mir, wie gesagt, Probleme.
Auch deshalb, weil ja fraglich ist, ob z.B. der Zuzug von unqualifizierten Ausländern für die Macht "der Kapitalisten" spricht.
Gut: könnte man vielleicht als Druckmittel interpretieren nach dem Motto: "Arbeite mehr für weniger Geld, ansonsten hol' ich den Mehmet."
Aber viele dieser Jobs werden ja eher ausgelagert, den Dienstleistungssektor müsste man sich etwas differenziert betrachten ... nur: von liberaler Seite wird ja eher gefordert, die Möglichkeit des Zuzugs nach dem ökonomischen Potential des jeweiligen Migranten auszurichten.
Inwiefern das zu begrüßen ist - darüber kann man dann streiten, aber die "Kein Mensch ist Illegal!"-Fraktion scheint doch auch eine gewisse "Macht" zu besitzen, die in sichtbarer Spannung zur Macht kapitalistischer Strukturen steht.
(Ich würde ohnehin lieber von Strukturen als Personen reden.)

Andererseits halte ich aber auch nichts davon, die Idee von einem Knotenpunkt der Macht, auf den dann letztlich alles zuläuft, als per se verschwörerisch zu diskreditieren. Ich glaube dann schon, dass der Kapitalismus, von dem es oft heißt, dass er nicht gesiegt hätte, sondern übrig geblieben sei, zu einer Form von Ersatzreligion geworden ist, wegen der ich letztens auch schrieb:



Die Maxime Marx', dass die Kritik der Religion die Vorraussetzung aller Kritik sei, ist längst überholt, weil die sog. "Reformen" nicht mehr durchgeboxt werden können mit dem Hinweis darauf, für die Entbehrungen im Himmelsreich entlohnt zu werden, sondern weil der Kapitalismus zu einer Ersatzreligion geworden ist, die die Begründung für Hartz IV und co. gleich mitliefert: Gut ist, was gut ist für den "Standort."

Klügere Linke wie Adorno, Horkheimer und Co. hatten das ja schon erkannt...

Aber diese Atheisten wollen dann mit der Religion die letzten Rückzugsräume unserer Gesellschaft zerstören, wo Menschen nicht nach dem Wert ihres ökonomischen oder sexuellen Potentials bewertet werden.


Und ... dieser Kapitalismus hat nun nicht nur unser Verständnis von z.B. "gut" und "schlecht" transformiert, er hat nicht nur dafür gesorgt, dass seine Spielregeln von Konkurrenz, Tauschprinzip, Warenförmigkeit allen Seins - Wertlosigkeit dessen, was keinen ökonomischen Wert besitzt (Latein, Sophokles, Beethoven), auf alle anderen Bereiche des Lebens übertragen werden, sondern auch die Emanzipationsbewegungen z.B. korrumpiert: Feminismus, Schwulenbewegung: der wirklich emanzipatorische Charakter wurde zum Großteil geopfert, um Schwulen und Frauen die Möglichkeit zu geben, auch selber mal ein Ackermann und ein Bush, G.W. zu werden.

Emanzipation heute, das heißt immer seltener noch Kampf gegen Repression, sondern Kampf für die Möglichkeit, auch Minderheiten die Möglichkeit zu geben, Repression, Unterdrückung usw. auszuüben.

Auch die Umwelt, die Natur z.B. trägt nun keinen Wert mehr in sich, sondern nur noch insofern, als berechnet wird, dass die Schäden an ihr sehr teuer werden könnten - und um ein Stück Wald zu schützen, musst du es dann erstmal kaufen, bis es wieder jemand käuft, der es dann abroden lässt.

So gesehen würde ich schon dazu neigen, entscheidende Formen der Macht im Kapitalismus / den Kapitalisten zu verorten. Man kann dann weiter diskutieren, inwiefern man von Strukturen oder inwiefern man von Personen reden sollte.
Letztlich beeinflußt das eine ja das andere, aber ich wittere dann immer die Gefahr, dass man nur noch vom bösen, arroganten Ackermann redet und nicht mehr dahinter schaut. Man kann auch nett sein und gierig.

Ich glaube, Robert Spaemann oder Ratzinger selber hat mal sinngemäß gesagt, dass sein vorläufiger Traum darin bestünde, die Kirchen als letztes Asyl zu begreifen, in denen Menschen nicht nach dem Wert ihres ökonomischen oder sexuellen Potentials gemessen werden, sondern einfach Mensch seien können.

Das ist auch mein Traum.
(Und ja: ich weiß selbst, wie weit ein Notker Wolf (http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/arbeit/:Soziale-Gerechtigkeit-Im-K%E4fig-Bequemlichkeit/564375.html) z.B. entfernt davon ist - und ich weiß auch, wie groß die Gefahr ist, vom "Asylgeber" zum "Opiumhändler" zu mutieren. )

Lichtblau
28.01.2009, 16:13
(Ich würde ohnehin lieber von Strukturen als Personen reden.)

Andererseits halte ich aber auch nichts davon, die Idee von einem Knotenpunkt der Macht, auf den dann letztlich alles zuläuft, als per se verschwörerisch zu diskreditieren.

Beides gute Gedanken, über die ich auch oft nachdenke.

Lichtblau
28.01.2009, 19:50
Dies habe ich auch erlebt.

Du warst zu klein um politische Macht zu haben...

sunbeam
29.01.2009, 10:01
Na, ich glaube nicht dass ein Klein oder Mittelunternehmer die Regierung unter Druck zu setzen vermag. Ein Bilderberger hingegen schon.

Ja, die guten alten Bilderberger! Stimmt schon! Schlimmer aber sind die bilderbergischen Freimaurer, welche illuminiert Rosenkreuzer im Arsch tragen! Vor diesen möge man sich hüten!

Lichtblau
30.01.2009, 15:09
Ziemlich traurig, wie wenig Beachtung das Thema hier findet.
Dagegen hat ein Thema wenn ein Türke einen Deutschen zusammenschlägt, 20 mal mehr Hits und Antworten.
Wirft ein bezeichnendes Licht auf die Rechten...

Paul Felz
30.01.2009, 15:13
Du warst zu klein um politische Macht zu haben...

Nein. Zuwenige. Viele Kleine, die an einem Strang ziehen, sind auch groß. Genau das passiert aber nicht.

Das ist es, was Lupus - zu Recht - anprangert.

Paul Felz
30.01.2009, 15:14
Ziemlich traurig, wie wenig Beachtung das Thema hier findet.
Dagegen hat ein Thema wenn ein Türke einen Deutschen zusammenschlägt, 20 mal mehr Hits und Antworten.
Wirft ein bezeichnendes Licht auf die Rechten...

Das Thema ist auch wesentlich komplexer als eine simple Schlägerei. Selbst wenn wir uns auf Lobbyisten beschränken, wird die Verflechtung schier unübersehbar.