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Vollständige Version anzeigen : Ein Beispiel für den Zerfall



-25Grad
24.01.2009, 16:07
Ich weiß nicht, ob das bei Solowjew war ( ich glaube schon ), jedenfalls las ich, meinem schlechten Gedächtnis vertrauend, vor einiger Zeit eine Vorstellung der Apokalypse, in welcher ein sich den Anschein des Humanismus gebender Herrscher, der der Antichrist ist, eine universale Religion stiftet, die alle Unterscheide der jeweilige Einzelreligionen ,,zum Wohle der Menschheit" verwischt.

Ich bin derzeit dabei, mein Fernabitur zu absolvieren und habe unter anderem das überkonfessionell ausgerichtete Fach ,,Religion" gewählt. Das Heft, welches ich im Moment bearbeite, beschäftigt sich mit dem Islam. Dazu gibt es folgende Aufgabe zu bearbeiten :

Unternehmen Sie bitte ein kleines ,,Gedankenexperiment"! Stellen Sie sich vor, jüdische und christliche Theologen würden im Sinne der Kritik des Islam an Judentum und Christentum jüdischerseits auf den Glauben an die besondere Erwählung des jüdischen Volkes verzichten und christlicherseits auf die Konzeption des Kreuztodes Jesu und seines stellvertretenden Sühneleidens fallen lassen und sich auf die ,,strikte Menschlichkeit" Jesu beschränken. Würde damit noch jüdische und christliche ,,Identität" ( von mir hervorgehoben ) gewahrt oder stünden beide in der Gefahr verloren zu gehen? Entwickeln Sie bitte eine eigene, begründete Position.Die Musterantwort :
Zu überlegen wäre, daß die Preisgabe der Vorstellung von der besonderen Erwählung des jüdischen Volkes durch Gott wie auch die Preisgabe der Trinitätslehre oder der Vorstellung vom ,,stellvertretenden Sühneleiden" Jesu Christi eine Verständigung mit dem Islam sehr erleichtern würde. Bei den sowieso schon bestehenden grundlegenden Gemeinsamkeiten ( ,,ethischer Monotheismus" ) wäre eine Situation gegeben, die Juden und Christen im Prinzip zu Muslimen machte. Andererseits machen die vom Islam kritisierten Glaubensauffassungen sehr wohl jüdische und christliche ,,Identität" aus. Wäre es da nicht besser, diese Identitäten zu respektieren und trotzdem die Gemeinsamkeiten, die existieren, zu betonen?ZUSATZ : In einer Hausaufgabe für dieses Fach wurde ich auch ernsthaft mit der Frage konfrontiert, ob der Buddhismus eine Religion für unsere Zeit sein könne...

-SG-
25.01.2009, 18:50
Religion für unsere Zeit, das ist gut ja. Man könnte sich auch überlegen, Religionen nach ihrer Nützlichkeit für bestimmte Anlässe zu kategorisieren und dann dementsprechend für diese Anlässe annehmen und wieder ablegen. Zweit- und Drittfrauen z.B. fänd ich lässig, dafür also z.B. Moslem werden, pünktlich zum Oktoberfest dann aber schleunigst wieder Christ.

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Dass man einzelne Aspekte seiner Religion ausklammern sollte, um anderen ins Konzept zu passen, ist aber auch ein starkes Stück. Wir könnten auch interethnische Heirat zur Pflicht machen, damit es irgendwann keine Konflikte und Rassismus mehr gibt.

Beverly
29.01.2009, 11:40
Ich weiß nicht, ob das bei Solowjew war ( ich glaube schon ), jedenfalls las ich, meinem schlechten Gedächtnis vertrauend, vor einiger Zeit eine Vorstellung der Apokalypse, in welcher ein sich den Anschein des Humanismus gebender Herrscher, der der Antichrist ist, eine universale Religion stiftet, die alle Unterscheide der jeweilige Einzelreligionen ,,zum Wohle der Menschheit" verwischt.

Ich habe mich gerade mit einem Freund unterhalten und der war nach den schlechten Erfahrungen des Staatssozialismus strikt gegen die großen Entwürfe, wo oben im Himmel der Ideale und bei den Polit-Kadern und Weltanschaunngspredigern alles gelöst wird - und unten bei den einfachen Menschen nichts ankommt!
So gesehen könnte die von dir skizzierte Weltreligion für alle Menschen in der Tat zu einer Enttäuschung werden. Ein großes Konklave der Priester und Philosophen, die schön gewandet im schicken Konferenzzentrum tagen, während draußen das Elend weiter geht. Frank Herbert hat so etwas mal in einem "Almanach" zum DUNE-Zyklus skizziert. Wo dann die "Orange,Katholische Bibel" herausgegeben wurde, was mir wie eine Satire auf Kommunismus und Katholizismus zugleich vorkommt.

Aber hat die fiktive Weltreligion und hat ihr fiktives Scheitern nicht die jetzigen, realen Religionen und Ideologien als Vorläufer resp. abschreckende Beispiele. Die gleichen Argumente könnte man gegen den Katholizismus auffahren, den Islam oder die anderen jetzigen "Weltreligionen". Weil da auch nur immer im jeweiligen Himmel der Ideale und für die Herrschenden und die Kader die Probleme gelöst werden, während einfache Menschen sich ducken und darben sollen.
Die alle zusammenzulegen wäre eigentlich nur eine Rationalisierung des Unsinns. Dann gibt es halt die Ornage-Katholische Bibel mit Jeses und St. Marx und den Buddha mit dem Jesuskind im Arm. Als Sitz und neue heilige Stadt schlage ich Schilda vor :)