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Vollständige Version anzeigen : Scherff (SPD-MP Bremen) klagt Bundeskanzler wegen Wortbruchs an



mentecaptus
29.01.2005, 15:58
Quelle: Handelsblatt.com (http://www.handelsblatt.com/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/artpage/0/cn/GoArt!200013,200050,852846/SH/0/depot/0/)


Scherf zeigte sich von dem Ergebnis seiner Verhandlung mit Schröder enttäuscht. Der „Kanzlerbrief“ sei Wort für Wort ausgehandelt und ausformuliert worden, sagte er. Damit sollten die Mindereinnahmen Bremens durch die Steuerreform 2000 ausgeglichen werden. Als Gegenleistung hatte Bremen damals der Reform im Bundesrat zugestimmt. Aufgrund dieser Zusage seien die Gelder im Rahmen der Finanzplanung einrechnet worden. Rund 500 Millionen Euro stehen dafür im Haushalt 2005.
Und wieder einmal hat der Kanzler jemanden über den Tisch gezogen. So langsam sollte allen bewusst sein, dass Schröder jedem alles verspricht, um akut benötigte Abstimmungsergebnisse zu erzielen, nur um dann seinerseits die Zusagen nicht einzuhalten.

Die zugesagten Staatshilfen für Holzmann sind nie erfolgt, die Zusagen an die Union für die Zustimmung zur Gesundheitsreform 2002 wurden nicht eingehalten, die Zusagen für die Zustimmung der Union für Hartz IV wurden nicht erfüllt, und den Wähler hat Schröder 2002 noch am Vorabend der Bundestagswahl ins Gesicht gelogen.

Lüge - Meineid - Schröder. Das bekannte Muster - nur dass nun seine eigenen SPD-Führungsleute Front gegen ihn beziehen und sich von ihm nicht "verarschen" lassen wollen.

Olaf
29.01.2005, 22:51
Scherff (SPD-MP Bremen)
Ähm.. Bremen hat immer noch einen Bürgermeister, kein Ministerpräsident.

mauerfall
29.01.2005, 23:11
nun ja, ist schröder wirklich anders, als politiker anderer parteien?

wer die wahrheit sagt, wird nicht gewählt/hat einen schweren stand (siehe lafontaine's versuch kanzler zu werden oder die aktuellen reformen)
wer vage bzw. sehr bewegliche standpunkte hat, wie althaus (neuverschuldung, abwasser, bildungsssystem) hat gute karten wiedergewählt zu werden.
wer lügt, wie kohl oder schröder hat die besten karten.

politischer diskurs wird in der öffentlichkeit leider oft als schwäche ausgelegt. dabei sollten die leute lieber froh sein, dass es wenigstens ein bisschen binnenpluralismus gibt...

mentecaptus
30.01.2005, 01:45
nun ja, ist schröder wirklich anders, als politiker anderer parteien?
Nicht nur anders als Politiker anderer Parteien, sondern ein (neuer) Extremfall. Es geht um nichts anderes, als dass der Bundeskanzler einem Ministerpräsidenten (ja ja, der Titel ist "Bürgermeister") die Zustimmung bei einer Bundesratsentscheidung abkauft und diese Zusagen dann gegenüber dem Bundesland nicht einhält. Der Ministerpräsident dieses Bundeslandes ist als Sachwalter seiner Bürger ja geradezu verpflichtet, diese Zusagen einzufordern - und wen wenn der Kanzler/die Bundesregierung vertragsbrüchig wird und dabei bleibt, dann muss er auf dem Verwaltungswege klagen.

Und hierbei geht es ja nicht um eine differiende Auslegung, sondern es ist ein fortgesetzt angewandtes Muster von Schröder...

Kaiser
30.01.2005, 17:33
Sehr erfreulich. Die Bürger sollen so ruhig sehen aus welchem Holz die Etablierten geschnitzt sind.

mauerfall
30.01.2005, 18:34
Sehr erfreulich. Die Bürger sollen so ruhig sehen aus welchem Holz die Etablierten geschnitzt sind. habe ich ein dejavu oder schreibst du in allen topics dasselbe? wirkt ein wenig monoton und ideenlos das ganze.

@mente:
also das ist nun wahrlich kein muster, das schröder erfunden hat. von DKP bis NPD lügen doch alle das blaue vom himmel und biegen sich die dinge in ihrem sinne (mehr oder weniger stark) zurecht. parteien streben nach macht und wer ehrlich ist, bekommt keine macht. wobei die radikalen der linken und rechten mit ihrem eindimensionalen weltbild eh die utopischsten forderungen aufstellen können und sich nur an den rändern der gesellschaft fischen.

muss der OB halt klagen...

ekueku
31.01.2005, 01:04
...
@mente:
also das ist nun wahrlich kein muster, das schröder erfunden hat. von DKP bis NPD lügen doch alle das blaue vom himmel und biegen sich die dinge in ihrem sinne (mehr oder weniger stark) zurecht. parteien streben nach macht und wer ehrlich ist, bekommt keine macht...

Richtig so, mauer, das ist korrekt!

Wird auch korrekt sein, wenn bei Gelegenheit der rotgrünschwarzgelbe Lügenverein einen mächtigen Wackerstein in die Fresse geklatscht oder aus dem blauen Himmel eine schlanke Eisenstange um die Schädelform maßgebogen bekommt. Nach altbewährtem Muster, das nicht die NPD erfunden hat.

Gruß,
ekueku

mauerfall
31.01.2005, 01:26
das problem ist doch: entweder ich will beliebt sein (wie kohl) oder ich will etwas bewegen und sachzwänge anpacken.
wenn man die leute fragt: seid ihr für reformen, sagen doch fast alle ja. wenn man dann in die tiefe geht und nach der bereitschaft bei konkreten sachverhalten fragt, lautet die antwort fast immer nein.

reformieren ja, aber nicht bei mir...wer reformiert ist unbeliebt und die union macht sicherlich insgeheim jeden tag drei kreuze, dass die sozialdemokraten den sozialstaat schrittweise abbauen und nicht sie.

mentecaptus
31.01.2005, 02:25
das problem ist doch: entweder ich will beliebt sein (wie kohl) oder ich will etwas bewegen und sachzwänge anpacken.
wenn man die leute fragt: seid ihr für reformen, sagen doch fast alle ja. wenn man dann in die tiefe geht und nach der bereitschaft bei konkreten sachverhalten fragt, lautet die antwort fast immer nein.

reformieren ja, aber nicht bei mir...wer reformiert ist unbeliebt und die union macht sicherlich insgeheim jeden tag drei kreuze, dass die sozialdemokraten den sozialstaat schrittweise abbauen und nicht sie.
Genau darum ging/geht es aber nicht: Schröder hat Scherff dessen Zustimmung im Bundesrat abgekauft - mit einer konkreten Gegenleistung. Scherff hat sich an die Vereinbarung gehalten und nun verlangt er die Einlösung von Schröder. Und der "zahlt" nicht, gemeinhin als Betrug bezeichnet (und so auch im StGB normiert). Scherff handelt richtig, wenn er Schröder bzw. die Bundesregierung aus Zahlung verklagt, denn es geht nicht um seine 500 Mio EUR, sondern um einen Schaden, der dem Land Bremen entsteht - und als Bürgermeister/Ministerpräsident ist er der Sachwalter der Interessen seiner Bürger.

Allerdings hat sich Schröder nicht zum ersten Mal als Betrüger herausgestellt, denn schon seine Zusagen beim Holzmann oder die Zusagen der Bundesregierung im Vermittlungsausschuss zu Gesundheitsreform und Hartz IV wurden nicht eingehalten - nur diesmal zieht er eben einen Parteigenossen über den Tisch. Und das ist mal was Neues.

Mit der Notwendigkeit von Reformen oder den Problemen des Sozialstaates hat das überhaupt nichts zu tun, sondern ausschließlich mit dem mangelhaften Charakter dieses Lügenkanzlers. Aber wer die eigene Bevölkerung nach Strich und Faden belügt, der macht natürlich vor den eigenen Parteigenossen nicht halt...

mauerfall
31.01.2005, 03:19
mir ist völlig klar, wovon du redest.
der von dir zitierte post bezog sich auf den beitrag von ekueku ;)

holzmann zu sanieren wäre völliger unsinn gewesen. alleine die aussagen damals waren schon unnötig....
im bezug auf gesundheitsreform weiß ich gerade nicht, was du meinst. ich kann mich nur an das verhalten der union erinnern, die nicht zu dem stehen wollte, was sie im vermittlungsausschuss mitentschieden hat.
hartz IV halte ich eh für totalen unsinn. das ganze wirkt wie ein torso, an dem immer mal wieder gearbeitet wird.

natürlich ist es problematisch, dass er einige seiner zusagen nicht einhält, aber es geht hier um politik, ergo um macht. da versucht jeder seine ideen durchzudrücken, von daher ist es auch (wie bereits geschrieben) richtig, dass scherff klage einreicht. wie lange er mit der strategie durchkommt, bleibt abzuwarten. die politischen rivalen sind genauso wenig zimperlich und können ihn auflaufen lassen.
schily und schröder haben es in perfektion begriffen, worum es geht. um macht. macht erhält man sich allerdings auch durch kluge bündnisse/verträge. die beiden könnten genauso gut csu mitglieder sein.

was allerdings auffällt,wenn man googlet, ist, dass es zusagen gab den ausbau der A281 und ein oder zwei weitere projekte zu finanzieren, jedoch die summe von 500 millionen offenbar auf annahmen der bremer regierung beruht und berlin keine konkreten summen genannt hat.

bin mal gespannt, wie das ganze ausgeht.

persönliche randnotiz: ich kann schröder und schily nichts abgewinnen.

ekueku
31.01.2005, 04:53
Scherff ist als Sachwalter der Interessen seiner Bürger zur Klage verpflichtet!

Ich bin gespannt und hoffe, daß Scherff und Schröder sich gegenseitig zerfleischen werden, wobei ich darauf hoffe, daß Scherff geringfügig weniger Blutverlust als Schröder erleidet...


Gruß,
ekueku