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Vollständige Version anzeigen : Broder: "Das große I der Idiotie"



marc
05.01.2009, 14:04
Mal am Rande ein kleiner Broder wieder.
Ganz nettes Textchen. ;)


Das große I der Idiotie

Die englische Schriftstellerin Fay Weldon hat vor kurzem in einem Gespräch mit der schottischen Zeitung „The Scotsman“ über den Rollenwechsel geklagt, der zwischen Frauen und Männern stattgefunden habe. Frauen seien maskulin und Männer feminin geworden, zum Nachteil beider Seiten. Derselbe „gender switch“ spiele sich auch „in ganz Europa“ ab. „Nationen sind feminisiert worden und sorgen sich darum, was die Nachbarn denken könnten, Regierungen reden über Teilnahme, Fürsorge und Kompromisse, während sie früher über Macht, Disziplin, Organisation und Kompetenzen gesprochen haben.“ Sie verhielten sich wie geschlagene Frauen, die die Schuld für das Verhalten ihrer Männer immer bei sich suchen und, statt sich zu wehren, versprechen, den Mann nie wieder zu provozieren. „Das ist gefährlich – Unterwerfung macht alles noch schlimmer.“ Wenn der Islam angreift, „entschuldigen wir uns, weil wir ihm nicht genug Respekt gezollt haben“.

Fay Weldon gilt als Feministin, zumindest hat sie mit der Frauenbewegung sympathisiert. Sie sagt, sie tut es noch immer, was sie nicht daran hindert, die fatalen Folgen der „Feminisierung“ zu bedenken. Dass sie Recht hat, wird jeder bestätigen, der mit offenen Augen mittags durch eine deutsche Stadt geht. Kaum ein Mann, der nicht gepierct wäre, keine Drogerie oder Parfümerie, die nicht spezielle Produkte für den Mann anbieten würde. Die Cafes sind voll mit parlierenden Männern, die offenbar weder einer geregelten Arbeit nachgehen noch eine Familie ernähren müssen. Aber das sind nur Äußerlichkeiten. Inzwischen leiden auch Männer unter Wechseljahren und wenn sie ganz unter sich sind, reden sie nicht über Fußball und Formel 1, sondern darüber, wie benachteiligt sie sich fühlen, weil ihnen die Erfahrung der Schwangerschaft versagt bleibt. Selbst Angehörige des so genannten Präkariats, das früher ein Hort der unreflektierten Männlichkeit war, klagen in Programmen wie „Big Brother“ darüber, dass sie als Männer zur Welt gekommen sind. Schwer zu sagen, wann das alles angefangen hat. Mit den Studenten, die in Latzhosen und mit Strickzeug in die BWL-Vorlesungen gekommen sind? Mit den kleinen Stickern, auf denen die Männer aufgefordert wurden, sich zum Pinkeln hinzusetzen? Mit dem Satz „Wir sind schwanger“, mit dem Paare bekannt geben, dass die natürliche Insemination geklappt hat?

Dass die Feminisierung des Alltags in Deutschland sich dermaßen flächendeckend durchsetzen konnte, hat mit der Struktur der deutschen Sprache zu tun. Vor etwa 20 Jahren hat die Berliner „taz“ das große „I“ erfunden, seitdem gibt es die LeserInnen. Es dauerte nicht lange, und es traten bei Wahlen auf der einen Seite PolitikerInnen und auf der anderen WählerInnen auf. Inzwischen werden SoldatInnen zu Kampfeinsätzen in die Welt geschickt und bei den Feierlichkeiten zur Erinnerung an den Holocaust ist routinemäßig von Juden und Jüdinnen die Rede, damit niemand auf die Idee kommt, es seien nur männliche Juden in den Tod geschickt worden. Die sprachlichen Verrenkungen finden dort eine Grenze, wo es um ein sozial verwerfliches Verhalten geht. Spekulanten und Verbrecher bleiben exklusiv männlich, ebenso Antisemiten und Kinderschänder. Aber das muss nicht ewig so bleiben. Zunehmend nehmen auch AlkoholikerInnen und KampftrinkerInnen an Saufgelagen teil.

Eine Gesellschaft, in der mit großer Leidenschaft über die Kilometerpauschale diskutiert wird, kann sich solche Eskapismen leisten – so lange, wie sie nicht mit existenziellen Problemen konfrontiert wird. Dann aber stehen die Sitzpinkler aller Disziplinen auf und erklären das Ende der Gemütlichkeit. Die klammheimlichen und auch offenen Sympathien für die Politik Russlands und des Iran gegenüber dem dekadenten Westen, lassen sich auch damit erklären, dass diese Länder von Politikern regiert werden, die nicht im Verdacht stehen, jemals ihre Kinder gewickelt oder mit ihren Frauen Schwangerschaftskurse besucht zu haben. So verschieden Ahmadinejad und Putin auch sind, an ihrer aggressiven Männlichkeit sollte besser nicht gezweifelt werden. Derweil wenden sich sowohl Kanzlerin Merkel wie auch ihr Finanzminister Steinbrück an die „Sparerinnen und Sparer“ im Lande und garantieren den Schutz ihrer Spareinlagen. Die Krise rast auf den Abgrund zu, nur die politisch korrekte Idiotie bewegt sich nicht von der Stelle.
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/kolumnen/das_grosse_i_der_idiotie/

Akra
05.01.2009, 14:26
Mal am Rande ein kleiner Broder wieder.
Ganz nettes Textchen. ;)


http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/kolumnen/das_grosse_i_der_idiotie/

Sehr schön geschrieben und es steckt auch viel Wahres drin.

Wobei die Probleme noch viel weiter gehen. Richter geben z.B. öffentlich zu, dass Frauen ein Rabatt bei Strafen bekommen, einfach nur weil sie Frauen sind.



"Theoretisch müssen Männer und Frauen bei gleichen Taten auch gleich bestraft werden. Rechtssoziologen wollen herausgefunden haben, dass Frauen etwas milder bestraft werden. Ich bin in Strafverfahren gegen Frauen immer wieder in Schwierigkeiten geraten und habe mich deshalb jeweils gefragt, welche Strafe würde ich gegen einen Mann bei derselben Anklage verhängen und auf diese Strafe alsdann abzüglich eines 'Frauenrabatts' erkannt. Ähnlich scheinen es auch meine Kollegen zu handhaben, wie die eben wiedergegebene rechtssoziologische Untersuchung ergibt. Ein Frauenrabatt ist gerechtfertigt, weil es Frauen im Leben schwerer haben und Strafen deshalb bei ihnen härter wirken."

Amtsgericht a.D. Professor Ulrich Vultejus, Berlin


Irgendwas läuft gewaltig schief in unserer Gesellschaft.

lupus_maximus
05.01.2009, 14:33
Sehr schön geschrieben und es steckt auch viel Wahres drin.

Wobei die Probleme noch viel weiter gehen. Richter geben z.B. öffentlich zu, dass Frauen ein Rabatt bei Strafen bekommen, einfach nur weil sie Frauen sind.



Irgendwas läuft gewaltig schief in unserer Gesellschaft.
Logisch, die Intelligenz hier wird ja gegen allgemeine Dummheit ausgetauscht.

marc
05.01.2009, 14:34
Das klingt mir wieder zu stark danach, sich über den Feminismus und insbesondere die feministische Sprache nur lustig zu machen.

Ach: Lachen tötet, hat Nietzsche gesagt und sicher nicht ganz unrecht damit.

Abgesehen davon finde ich nicht, dass diese Passage nur nach humoristischer Rhetorik klingt:


Eine Gesellschaft, in der mit großer Leidenschaft über die Kilometerpauschale diskutiert wird, kann sich solche Eskapismen leisten – so lange, wie sie nicht mit existenziellen Problemen konfrontiert wird. (...)
Die Krise rast auf den Abgrund zu, nur die politisch korrekte Idiotie bewegt sich nicht von der Stelle.


Es ist aber nicht nur lustig sondern eine gemeingefährliche Bewusstseints-Konditionierung und Umerziehung, denn Sprache ist nunmal das Herz jeder Kultur, und wenn die so vergewaltigt wird, dann leidet darunter ein Volk ernsthaft.

Zustimmung. "Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt."
Und die Sprachpolitik dient ja in diesem Falle nur als Mittel zum Zweck.



Übrigens ist ja bei Broder Manches merkwürdig, offenbar hält er mit Manchem hinterm Berg.

Dem muss ich ebenfalls zustimmen.
Er ist auch nicht immer leicht einzuschätzen, gerade wegen seinem Stil und dem Hang, eine Analyse der Pointe zu opfern - natürlich auch, weil es gerade seit 9 / 11 vorkommt, dass eigentlich Liberale sich den NeoCons annähern und nicht nur diese Abgrenzung oft schwieriger wird, sondern vorallem auch die Frage, welche Inhalte denn mit eher "rechten" Mitteln verteidigt werden sollen, und was man bereit ist zu opfern.
Ich denke da an Broders Aussagen über den Rechtsstaat, die Geheimdienste - die Aussage, diese sozusagen rechtsstaatlich zähmen zu wollen, kämen der Bemühung gleich, die Feuerwehr zu verpflichten, bei einem Großbrand an roten Ampeln zu halten usw.

Paul Felz
05.01.2009, 14:44
Logisch, die Intelligenz hier wird ja gegen allgemeine Dummheit ausgetauscht.

Man könnte darüber streiten, daß die Verblödung künstlich vorangetrieben wird. Vieles spricht dafür.

Interessanterweise wurde vor einigen Jahren der IQ = 100 neu definiert. Deutlich niederiger. Wer also früher IQ = 80 hatte, hatte danach automatisch IQ = 100. So fällt es nicht auf.

eintiroler
05.01.2009, 15:34
Bin nach wie vor Broder-Fan. Hab mir schon das Buch "Hurra wir kapitulieren" bestellt. :)

McDuff
05.01.2009, 16:53
Die Kastrationsoffensive "Gender Mainstreaming" richtet schon einen gewissen Schaden bei denen an, die diesen Mist ernst nehmen und nicht ignorieren. Interessant ist aber eigentlich, daß gerade die Weiber, die am feministischsten daherkommen, am ehesten die Beine für einen MuKu-Affen breitmachen.

Biskra
05.01.2009, 18:49
Man könnte darüber streiten, daß die Verblödung künstlich vorangetrieben wird. Vieles spricht dafür.

Interessanterweise wurde vor einigen Jahren der IQ = 100 neu definiert. Deutlich niederiger. Wer also früher IQ = 80 hatte, hatte danach automatisch IQ = 100. So fällt es nicht auf.

Hast du dafür Belege? Der persönliche IQ spiegelt übrigens immer die Abweichung von der Normalverteilung wieder und die ist per definitionem 100. :rolleyes:

-25Grad
06.01.2009, 11:31
Na, ein ,,typischer Broder" halt. Er schreibt ganz nette Texte, aber irgendwie kommt er darüber nie hinaus. Vielleicht sieht er sich dafür nicht zuständig, aber anstatt sich permanent über alle möglichen Probleme lustig zu machen, könnte er sich zur Abwechslung auch einmal Gedanken über eine mögliche Behandlung der Probleme hingeben. Damit macht man sich natürlich angreifbar. Insofern finde ich seine Kritik generell etwas billig. In der Rolle des Zynikers ist man nicht wirklich angreifbar, sondern hat immer irgendwie Recht.
Zum eigentlichen Thema : Besonders der Blick auf die westlichen und nicht-westlichen Politiker verdeutlicht nach meinem Dafürhalten die Richtigkeit der von Broder gemachten Feststellung; natürlich wirkt ein Putin, sich mit nacktem Oberkörper als Bärenjäger präsentierend, mitunter etwas lächerlich, aber vergleicht man ihn mit einem Steinmeier, einem Sarkozy oder gar einem Schäfer-Gümpel, stellt er zumindest etwas dar, das man meinetwegen diffus als männlich wahrnimmt.
Diese Männlichkeit, diese Härte, diese Fähigkeit : nicht unbedingt a-moralisch zu handeln, aber sich im Handeln nicht von irgend welchen Emotionen, sondern von nüchternen Überlegungen, die dann schlußendlich auch das Gute im Sinn haben sollten, leiten zu lassen, fehlt dieser Gesellschaft. Es ist in der Tat mittelschwer peinlich wie viele Geschlechtsgenossen alle Würde links liegen lassend, zu undefinierbaren, schwuchteligen Zwischenwesen mutieren. Daß es überhaupt dazu kommt ( die Erscheinungen als solche muß man hier nicht erneut aufzählen ) zeigt, daß Maß und Mitte bereits verloren sind, ansonsten würde der gesunde Menschenverstand dem Einhalt gebieten. Aber ich möchte jetzt versuchen, dem auch etwas entgegen zu halten.
Dem entgegen zu halten, ist ein ,,modernes Ritter- oder auch Heroentum". Das klingt ulkig, und vielleicht ist es das auch, aber vielleicht bedeutet uns auch die Tatsache, daß so etwas ulkig klingt wie schlecht es um uns steht.
Zur Männlichkeit gehört fraglos ein gewisses Maß an körperlicher Präsenz. Ein ( gesunder ) Mann als Mann muß für seine Körperlichkeit Sorge tragen, dies hebt ihn vor der Frau hervor, das ist ein Merkmal der Männlichkeit, das freilich innerhalb der Wohlstandsdekadenz nicht sonderlich bedeutsam scheint, das aber dann ungemein relevant wird, wenn dieser temporär befristete Wohlstand endigt. Außerdem flößt das Wissen um seine eigene körperliche Statthaftigkeit dem Mann auch fraglos Selbstbewußtsein ein.
Der Mann muß auch tapfer sein. Tapferkeit wird heutzutage selten gepriesen, weil sie - wiederum im Wohlstand versinkend - schlichtweg nutzlos geworden zu sein scheint; wann brauchen wir sie schon? So gut wie nie. Trotzdem ist es wichtig, diese Tapferkeit einzuüben, da es im Laufe eines Menschenlebens genügend Situationen gibt, in denen es auf genau diese Tapferkeit ankommt - und in diesen Situationen trennt sich die Spreu vom Weizen, denn in einer Periode der Weichlichkeit, des Friedens kann jeder irgendwie unbestimmt dem Guten dienen; im entscheidenden Moment jedoch nicht. Diese Momente urteilen aber über unsere eigene Wertigkeit.
Tapferkeit ist stets ein Bruder der Nüchternheit. Nur wer nüchtern abwägen kann, und sich in bedeutsamen Momenten nicht von weibischer Hysterie leiten läßt, kann auch tapfer sein.
( Die Anlagen zu diesen Tugenden besitzt die Frau auch, aber wie Platon richtig sagt : generell in einem nicht so ausgeprägten Maße, weshalb es auch am Mann liegt, dies zu verwirklichen; jede Frau, auch die die sich gegen eine solche Männlichkeit zur Wehr setzt, wird in den Situationen, in denen es darauf ankommt, glücklich sein, wenn sie männliche Männer und keine von ihr selbst gezüchtete Schwuchteln an ihrer Seite hat ).
Diese ganze Männlichkeit, und hier kommt das Problem, muß aber einer Sache dienen - es muß einen letztendlichen Sinn geben, denn ansonsten hängt dies alles im luftleeren Raum. So wie die Körperlichkeit kein Selbstzweck ist, ist auch die Macht, die die Männlichkeit dem Manne bringt, kein Selbstzweck, sondern lediglich Resultat seiner Bestimmung.
Zusatz : Das ist freilich alles noch sehr unbestimmt.