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Vollständige Version anzeigen : Der Antichrist



Florian
23.12.2008, 14:00
"Der Antichrist" von Friedrich Nietzsche ist eines meiner Lieblingsbücher. Kennt Ihr es? Wie findet Ihr es?


Hier einige Auszüge:




Nicht was die Menschheit ablösen soll in der Reihenfolge der Wesen, ist das Problem, das ich hiermit stelle [...]: sondern welchen Typus Mensch man züchten soll, wollen soll, als den höherwertigeren, lebenswürdigeren, zukunftsgewisseren.





Die Geschichte Israels ist unschätzbar als typische Geschichte aller Entnatürlichung der Natur-Werte: ich deute fünf Tatsachen derselben an. Ursprünglich, vor allem in der Zeit des Königtums, stand auch Israel zu allen Dingen in der richtigen, das heißt der natürlichen Beziehung. Sein Javeh war der Ausdruck des Macht-Bewußtseins, der Freude an sich, der Hoffnung auf sich: in ihm erwartete man Sieg und Heil, mit ihm vertraute man der Natur, daß sie gibt, was das Volk nötig hat - vor allem Regen. Javeh ist der Gott Israels und folglich Gott der Gerechtigkeit: die Logik jedes Volkes, das in Macht ist und ein gutes Gewissen davon hat. Im Fest-Kultus drücken sich diese beiden Seiten der Selbstbejahung eines Volkes aus: es ist dankbar für die großen Schicksale, durch die es obenauf kam, es ist dankbar im Verhältnis zum Jahreskreislauf und allem Glück in Viehzucht und Ackerbau.






Und von nun an tauchte ein absurdes Problem auf: "wie konnte Gott das zulassen!" Darauf fand die gestörte Vernunft der kleinen Gemeinschaft eine geradezu schrecklich absurde Antwort: Gott gab seinen Sohn zur Vergebung der Sünden, als Opfer. Wie war es mit einem Male zu Ende mit dem Evangelium! Das Schuldopfer, und zwar in seiner widerlichsten, barbarischsten Form, das Opfer des Unschuldigen für die Sünden der Schuldigen! Welches schauderhafte Heidentum! - Jesus hatte ja den Begriff "Schuld" selbst abgeschafft, - er hat jede Kluft zwischen Gott und Mensch geleugnet, er lebte diese Einheit von Gott und Mensch als seine "frohe Botschaft" ... Und nicht als Vorrecht!




Hier das ganze Buch. (Nur ca. 70 Seiten.)


Der Antichrist von Friedrich Nietzsche (http://home.rhein-zeitung.de/~ahipler/kritik/antichri.htm)



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marc
23.12.2008, 16:24
Zumindest ist der Antichrist von Nietzsche eine passablere Figur als die von Solovjev (http://kleinbuerger.blogspot.com/2007/03/antiquarisches.html). :D
(Wenn auch derjenige Solovjevs vielleicht eine aktuellere Figur ist. *Denk*)

Allerdings glaube ich, dass manche Punkte, die Nietzsche am Christentum kritisiert, gerade für das Christentum sprechen und nicht dagegen - und dass vieles, wofür er den Islam so respektiert, gerade gegen den Islam spricht und nicht für ihn.

"Wenn der Islam das Christenthum verachtet, so hat er tausend Mal Recht dazu. (...) [Das Christenthum] hat uns später wieder um die Ernte der I s l a m - Cultur gebracht. (...) Die Kreuzritter bekämpften später Etwas, vor dem sich in den Staub zu legen ihnen besser angestanden hätte. »Krieg mit Rom auf´s Messer ! Friede, Freundschaft mit dem Islam« : so empfand, so t h a t jener grosse Freigeist, das Genie unter den deutschen Kaisern, Friedrich der Zweite. Wie ? muss ein Deutscher erst Genie, erst Freigeist sein, um a n s t ä n d i g zu empfinden?"

Naja.

Florian
23.12.2008, 16:34
"Wenn der Islam das Christenthum verachtet, so hat er tausend Mal Recht dazu. (...) [Das Christenthum] hat uns später wieder um die Ernte der I s l a m - Cultur gebracht. (...) Die Kreuzritter bekämpften später Etwas, vor dem sich in den Staub zu legen ihnen besser angestanden hätte. »Krieg mit Rom auf´s Messer ! Friede, Freundschaft mit dem Islam« : so empfand, so t h a t jener grosse Freigeist, das Genie unter den deutschen Kaisern, Friedrich der Zweite. Wie ? muss ein Deutscher erst Genie, erst Freigeist sein, um a n s t ä n d i g zu empfinden?"

In dem Punkt stimme ich Nietzsche halb zu, insofern der Islam eine konkretere und männlichere Form der Religionsausübung ist. Mich stört an den Moslems vor allem, dass sie keine nordischen Menschen sind, es hat also rein rassistische Gründe (was Nietzsche wahrscheinlich nicht so gut finden würde). Wenn jedenfalls alle Norweger Moslems wären und dafür weniger pseudoliberal eingestellt, wäre mir das lieber als die jetzige Situation.


Allerdings ist diese Passage aus diesem Buch auch die, die ich am wenigsten mag.


Nützlich ist das Buch jedenfalls, um eine gesund kritische Einstellung gegenüber dem Judentum zu entwickeln ohne Antisemit zu werden.

Ahab
23.12.2008, 22:45
In dem Punkt stimme ich Nietzsche halb zu, insofern der Islam eine konkretere und männlichere Form der Religionsausübung ist. Mich stört an den Moslems vor allem, dass sie keine nordischen Menschen sind, es hat also rein rassistische Gründe (was Nietzsche wahrscheinlich nicht so gut finden würde). Wenn jedenfalls alle Norweger Moslems wären und dafür weniger pseudoliberal eingestellt, wäre mir das lieber als die jetzige Situation.


Allerdings ist diese Passage aus diesem Buch auch die, die ich am wenigsten mag.


Nützlich ist das Buch jedenfalls, um eine gesund kritische Einstellung gegenüber dem Judentum zu entwickeln ohne Antisemit zu werden.

Is' ja 'ne komische Wertung, die du da vornimmst.

Du meinst eine Einstellung über das Buch zu entwickeln, wertest aber Passagen ab, die deiner Überzeugung nicht gerecht werden?


Du entwickelst garkeine Einstellung darüber, sondern suchst bloß Selbstbestätigung in der großen deutschen Literatur. Tu doch nicht so...

marc
24.12.2008, 04:06
Du meinst eine Einstellung über das Buch zu entwickeln, wertest aber Passagen ab, die deiner Überzeugung nicht gerecht werden?

Was ist denn daran so "komisch"?

Immer nur Teile einer Philosophie zu begrüßen, andere aber abzulehnen, gehört doch zu ihrer Entwicklungsgeschichte dazu, oder? ?(

Florian
27.12.2008, 13:21
Is' ja 'ne komische Wertung, die du da vornimmst.

Du meinst eine Einstellung über das Buch zu entwickeln, wertest aber Passagen ab, die deiner Überzeugung nicht gerecht werden?

Du entwickelst garkeine Einstellung darüber, sondern suchst bloß Selbstbestätigung in der großen deutschen Literatur. Tu doch nicht so...

Was meinst Du mit "Einstellung darüber entwickeln"?

Und warum soll ich das Buch nicht kritisch lesen? Ich finde, Nietzsche übertreibt an dieser Stelle. Aber ich mache mich doch nicht zum Sklaven der Gedanken eines anderen Menschen. Und sicherlich gefällt mir das Buch auch, weil es mich in meinen Ansichten in gewisser Weise bestärkt.