Misteredd
06.12.2008, 16:17
Konservative Autoren und Statistiker sind sich einig: Die Europäer, und darunter wieder mal ganz besonders schlimm die Deutschen, sind fortpflanzungsfaul und werden deswegen in naher Zukunft aussterben, oder zumindest so stark abnehmen, dass es fast auf das gleiche herauskommt. Fragt man erstere zu den Ursachen, bekommt man (wenig überraschend) altbewährte Erklärungen zu hören: Hedonismus, mangelnde Religiosität, allgemeiner Werteverfall und nicht zuletzt der Feminismus wären die Ursache dafür, dass niemand mehr die Mühe auf sich nehmen will, Kinder zu zeugen oder gar aufzuziehen. Nur eine Rückbesinnung auf die gute alte Zeit, also Küche (für die Dame), Karriere (für den Herrn) und Kirche (für alle) könne die Lösung sein, ansonsten drohe, wie immer, wenn auf den ersten Blick nicht sonderlich populäre Vorstellungen verkauft werden sollen, spätestens mittelfristig der totale Untergang.
Aus der Sicht gerät dabei aber neben der Frage, ob man den amtlichen Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, die auf der Extrapolation von schon an sich eher wenig belastbarem Zahlenmaterial über einen langen Zeitraum basieren, überhaupt trauen kann, auch die Analyse von eventuell näher liegenden Ursachen für den vermeintlichen Trend.
Das fängt damit an, dass, zumindest für verantwortungsbewusste Menschen, vor der Frage, ob man sich Kinder leisten will, geklärt werden muss, ob man sie sich überhaupt leisten kann. Und die ist lediglich für besonders begüterte und (dank Sozialsystem) mittellose Familien schnell beantwortet; alle anderen müssen scharf rechnen in einer Zeit, in der etwa die Hälfte der erarbeiteten Einkünfte im bodenlosen Schlund des Steuer- und Abgabenunwesens verschwindet, noch bevor man sie überhaupt zu Gesicht bekommen hat. Mehrwert-, Öko- und sonstige Steuern tun ihr Übriges, um den geplanten Nachwuchs schon lange vor der Zeugung zu vereiteln - spätestens das dritte Kind würde Löcher ins Haushaltsbudget reißen, die für Normalverdiener kaum noch zu stopfen wären. Es sind aber genau die fehlenden dritten Kinder, mehr noch als die kinderlosen Singles, die nach Aussage der Statistiker für den drohenden Bevölkerungsrückgang verantwortlich sind.
Auch eine weitere Folge der seit 1992 real zurückgehenden Kaufkraft des Durchschnittsbürgers dürfte eine Rolle spielen: Wer ohne Möglichkeit zur Gegenwehr hinnehmen muss, wie über Jahrzehnte hinaus das eigene Gehalt höchstens sehr moderate Steigerungen erfährt oder gar stagniert, während gleichzeitig die Preise von einem Höhenflug zum nächsten eilen, flankiert von Steuererhöhungen im Halbjahrestakt, dem fällt es schwer, eine positive Sicht auf die Zukunft zu entwickeln. Ebenfalls nicht gerade optimismusfördernd wirkt sicherlich das mediale Dauerbombardement mit ökologistischen Katastrophenmeldungen, selbst wenn die eigentlich nur zur Förderung der Akzeptanz neuer Steuer- und Bevormundungsmaßnahmen gedacht waren.
Wer aber davon ausgeht, dass es ihm selbst in Zukunft nicht besser und der nächsten Generation noch viel schlechter gehen wird, der wird sich gut überlegen, ob er Kinder in die Welt setzt. Und das sowohl aus eigennützigen Motiven (die Kinder beanspruchen einen Teil des verbleibenden Resteinkommens) wie auch aus Sorge um die Perspektiven des Nachwuchses, der einen verantwortungsvollen Menschen ja auch nicht unbedingt völlig unberührt lässt.
Abgesehen von der profanen Ökonomie ist aber noch ein weiterer Punkt in der konservativen Argumentationskette bemerkenswert: Ohne es ausdrücklich zu sagen, wird das Kinderkriegen mit dem völligen Verzicht auf die Befriedigung anderer Bedürfnisse gleichgesetzt, also ein Konflikt heraufbeschworen, der nur durch Verzicht auf Kinder (die "hedonistische" Position) oder durch Selbstaufopferung (Verzicht auf alles andere, die "konservative" Position) auflösbar sein soll.
Aber ist das wirklich so? Und wenn ja, muss es wirklich so sein? Klar ist, dass die Zeugung und noch viel mehr die Aufzucht von Kindern nicht ohne Einsatz von Zeit und Geld zu haben ist. Aber das gilt für andere Hobbys auch, und da kaum jemand Zeit und Geld im Überfluss zur Verfügung hat, ist es vernünftig, vor dem Eingehen einer nicht ganz unbedeutenden Verpflichtung Soll und Haben abzuwägen. Doch muss diese Abwägung zwangsläufig zur Entscheidung gegen den Nachwuchs führen, so dass der argumentative Rückgriff auf moralische Verpflichtungen oder gar übernatürlich gesetzte Existenzzwecke notwendig erscheint? Zumindest alle mir persönlich bekannten Eltern und Großeltern versichern glaubhaft, nach Abzug aller schlaflosen Nächte und sonstigen Unannehmlichkeiten sähe die hedonistische Bilanz der eigenen Reproduktionstätigkeit gar nicht mal so übel aus, und das durchaus unabhängig von vorhandenen oder fehlenden religiösen Überzeugungen.
Gräbt man ein wenig tiefer, kommen nicht selten staatsgemachte Einschränkungen der elterlichen Selbstverwirklichung zum Vorschein: Da wäre zum einen das faktische staatlich-kirchliche Betreuungsmonopol bei kleinen Kindern, das wie bei Monopolisten üblich, weder bei Öffnungs- noch Ferienzeiten Rücksicht auf die Wünsche und Vorstellungen der eigenen Kundschaft nimmt. Noch schlimmer wird es, wenn der Nachwuchs erst aus dem Kindergartenalter heraus ist: Der – notfalls mit Gefängnisstrafen durchgesetzte – Schulzwang verhindert sowohl einen angemessenen Nachtschlaf (spätestens morgens um sieben müssen die Kids aufstehen, um zu widernatürlich früher Stunde den vom Kultusministerium vorgegebenen Ökoparolen lauschen zu dürfen) als auch den spontanen Trip in der kostengünstigen Nebensaison, denn es wäre ja nicht zu verantworten, würde der Sprössling auch nur eines einzigen Tages der hochwertvollen Zwangsbeschulung entzogen – was interessanterweise kaum eine Rolle spielt, wenn wieder mal eine pädagogische Fachkraft für mehrere Wochen an unspezifischen Symptomen erkrankt, die zufälligerweise genau in die Phase des lehrkörperlichen Eigenheimbaus fallen.
Ebenfalls dem Verantwortungsbereich des Staates fallen Unannehmlichkeiten wie Elterntaxifahrten zu praktisch jeder Tages- und Nachtzeit, weil der Gesetzgeber irgendwie nicht mitbekommen hat, dass auch 14-jährige, die kein Mofa fahren dürfen, trotzdem gewisse Mobilitätsbedürfnisse haben; gar nicht zu reden von den überteuerten Gebühren für einen Führerschein, wenn der Nachwuchs denn endlich alt genug für einen solchen ist – nicht selten schlägt der mit weit höheren Kosten zu Buche als der zugehörige fahrbare Untersatz. Und wehe dem Jüngling, der meint, durch eigene Arbeitskraft wenigstens einen Teil der zur Befriedigung zwingend erforderlicher Konsumbedürfnisse erforderlichen Mittel selbst heranzuschaffen – neben unsinnigen Arbeitsverboten droht hier auch noch der Verlust des eh schon viel zu knapp bemessenen Steuerfreibetrags, wenn der Verdienst zu hoch ausfallen sollte. Immerhin lernt man so den Aufbau einer kritischen Distanz zum Staats- und Steuerwesen, was ja auch ein wertvolles pädagogisches Ziel ist.
Was folgt nun aus Sicht des bekennenden Libertären zum Thema Demografie? Auch wenn sich ein streng mathematischer Beweis der Formel „weniger Staat gleich mehr Kinder“ wohl nicht führen lässt: Es dürfte kaum schaden, es einfach mal zu probieren.
Aus der Sicht gerät dabei aber neben der Frage, ob man den amtlichen Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, die auf der Extrapolation von schon an sich eher wenig belastbarem Zahlenmaterial über einen langen Zeitraum basieren, überhaupt trauen kann, auch die Analyse von eventuell näher liegenden Ursachen für den vermeintlichen Trend.
Das fängt damit an, dass, zumindest für verantwortungsbewusste Menschen, vor der Frage, ob man sich Kinder leisten will, geklärt werden muss, ob man sie sich überhaupt leisten kann. Und die ist lediglich für besonders begüterte und (dank Sozialsystem) mittellose Familien schnell beantwortet; alle anderen müssen scharf rechnen in einer Zeit, in der etwa die Hälfte der erarbeiteten Einkünfte im bodenlosen Schlund des Steuer- und Abgabenunwesens verschwindet, noch bevor man sie überhaupt zu Gesicht bekommen hat. Mehrwert-, Öko- und sonstige Steuern tun ihr Übriges, um den geplanten Nachwuchs schon lange vor der Zeugung zu vereiteln - spätestens das dritte Kind würde Löcher ins Haushaltsbudget reißen, die für Normalverdiener kaum noch zu stopfen wären. Es sind aber genau die fehlenden dritten Kinder, mehr noch als die kinderlosen Singles, die nach Aussage der Statistiker für den drohenden Bevölkerungsrückgang verantwortlich sind.
Auch eine weitere Folge der seit 1992 real zurückgehenden Kaufkraft des Durchschnittsbürgers dürfte eine Rolle spielen: Wer ohne Möglichkeit zur Gegenwehr hinnehmen muss, wie über Jahrzehnte hinaus das eigene Gehalt höchstens sehr moderate Steigerungen erfährt oder gar stagniert, während gleichzeitig die Preise von einem Höhenflug zum nächsten eilen, flankiert von Steuererhöhungen im Halbjahrestakt, dem fällt es schwer, eine positive Sicht auf die Zukunft zu entwickeln. Ebenfalls nicht gerade optimismusfördernd wirkt sicherlich das mediale Dauerbombardement mit ökologistischen Katastrophenmeldungen, selbst wenn die eigentlich nur zur Förderung der Akzeptanz neuer Steuer- und Bevormundungsmaßnahmen gedacht waren.
Wer aber davon ausgeht, dass es ihm selbst in Zukunft nicht besser und der nächsten Generation noch viel schlechter gehen wird, der wird sich gut überlegen, ob er Kinder in die Welt setzt. Und das sowohl aus eigennützigen Motiven (die Kinder beanspruchen einen Teil des verbleibenden Resteinkommens) wie auch aus Sorge um die Perspektiven des Nachwuchses, der einen verantwortungsvollen Menschen ja auch nicht unbedingt völlig unberührt lässt.
Abgesehen von der profanen Ökonomie ist aber noch ein weiterer Punkt in der konservativen Argumentationskette bemerkenswert: Ohne es ausdrücklich zu sagen, wird das Kinderkriegen mit dem völligen Verzicht auf die Befriedigung anderer Bedürfnisse gleichgesetzt, also ein Konflikt heraufbeschworen, der nur durch Verzicht auf Kinder (die "hedonistische" Position) oder durch Selbstaufopferung (Verzicht auf alles andere, die "konservative" Position) auflösbar sein soll.
Aber ist das wirklich so? Und wenn ja, muss es wirklich so sein? Klar ist, dass die Zeugung und noch viel mehr die Aufzucht von Kindern nicht ohne Einsatz von Zeit und Geld zu haben ist. Aber das gilt für andere Hobbys auch, und da kaum jemand Zeit und Geld im Überfluss zur Verfügung hat, ist es vernünftig, vor dem Eingehen einer nicht ganz unbedeutenden Verpflichtung Soll und Haben abzuwägen. Doch muss diese Abwägung zwangsläufig zur Entscheidung gegen den Nachwuchs führen, so dass der argumentative Rückgriff auf moralische Verpflichtungen oder gar übernatürlich gesetzte Existenzzwecke notwendig erscheint? Zumindest alle mir persönlich bekannten Eltern und Großeltern versichern glaubhaft, nach Abzug aller schlaflosen Nächte und sonstigen Unannehmlichkeiten sähe die hedonistische Bilanz der eigenen Reproduktionstätigkeit gar nicht mal so übel aus, und das durchaus unabhängig von vorhandenen oder fehlenden religiösen Überzeugungen.
Gräbt man ein wenig tiefer, kommen nicht selten staatsgemachte Einschränkungen der elterlichen Selbstverwirklichung zum Vorschein: Da wäre zum einen das faktische staatlich-kirchliche Betreuungsmonopol bei kleinen Kindern, das wie bei Monopolisten üblich, weder bei Öffnungs- noch Ferienzeiten Rücksicht auf die Wünsche und Vorstellungen der eigenen Kundschaft nimmt. Noch schlimmer wird es, wenn der Nachwuchs erst aus dem Kindergartenalter heraus ist: Der – notfalls mit Gefängnisstrafen durchgesetzte – Schulzwang verhindert sowohl einen angemessenen Nachtschlaf (spätestens morgens um sieben müssen die Kids aufstehen, um zu widernatürlich früher Stunde den vom Kultusministerium vorgegebenen Ökoparolen lauschen zu dürfen) als auch den spontanen Trip in der kostengünstigen Nebensaison, denn es wäre ja nicht zu verantworten, würde der Sprössling auch nur eines einzigen Tages der hochwertvollen Zwangsbeschulung entzogen – was interessanterweise kaum eine Rolle spielt, wenn wieder mal eine pädagogische Fachkraft für mehrere Wochen an unspezifischen Symptomen erkrankt, die zufälligerweise genau in die Phase des lehrkörperlichen Eigenheimbaus fallen.
Ebenfalls dem Verantwortungsbereich des Staates fallen Unannehmlichkeiten wie Elterntaxifahrten zu praktisch jeder Tages- und Nachtzeit, weil der Gesetzgeber irgendwie nicht mitbekommen hat, dass auch 14-jährige, die kein Mofa fahren dürfen, trotzdem gewisse Mobilitätsbedürfnisse haben; gar nicht zu reden von den überteuerten Gebühren für einen Führerschein, wenn der Nachwuchs denn endlich alt genug für einen solchen ist – nicht selten schlägt der mit weit höheren Kosten zu Buche als der zugehörige fahrbare Untersatz. Und wehe dem Jüngling, der meint, durch eigene Arbeitskraft wenigstens einen Teil der zur Befriedigung zwingend erforderlicher Konsumbedürfnisse erforderlichen Mittel selbst heranzuschaffen – neben unsinnigen Arbeitsverboten droht hier auch noch der Verlust des eh schon viel zu knapp bemessenen Steuerfreibetrags, wenn der Verdienst zu hoch ausfallen sollte. Immerhin lernt man so den Aufbau einer kritischen Distanz zum Staats- und Steuerwesen, was ja auch ein wertvolles pädagogisches Ziel ist.
Was folgt nun aus Sicht des bekennenden Libertären zum Thema Demografie? Auch wenn sich ein streng mathematischer Beweis der Formel „weniger Staat gleich mehr Kinder“ wohl nicht führen lässt: Es dürfte kaum schaden, es einfach mal zu probieren.