PDA

Vollständige Version anzeigen : das Auto- eine Waffe im untechnischen Sinne ?



henriof9
01.12.2008, 08:05
Dass des Menschen bester Freund, sein Kraftfahrzeug, vor dem Gesetz nicht als schnöde Waffe gelten darf, mag jedem recht denkenden und fahrenden Bürger ohne weiteres ersichtlich sein. Dennoch bedurfte es nun einer Klarstellung von höchster Stelle, um auch dem letzten Autofeind klarzumachen, dass „die bloße Möglichkeit, einen Gegenstand auch in zweckentfremdender Benutzung zur Bekämpfung von Zielen zu verwenden, zur Begründung der ,Waffeneigenschaft‘ nicht ausreicht.


Der Angeklagte wollte sich lediglich der Fahrzeugkontrolle entziehen, obwohl sich der Polizeibeamte mit seinem Oberkörper in das Fahrzeug gebeugt hatte.

zu lesen hier : http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~EFAE1D2D40873422992EE9725FB201F6A~ATpl~Ecommon ~Scontent.html


Das zuständige Gericht wertete dieses Verhalten dann als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte - so weit, so klar. Aber es verschärfte die Strafe, weil der Widerspenstige sich seines Kraftfahrzeugs als einer Waffe „im untechnischen Sinne“ bedient habe. Das war dann ein besonders schwerer Fall, der mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden kann; im Normalfall stehen auf den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte höchstens zwei Jahre Haft.


Wenn es also um Polizeibeamte geht, kann augenscheinlich die Strafe nicht hoch genug sein, nein, da werden auch noch besonders strafverschärfende Gründe gefunden.

Und was ist mit dem normalen Bürger ?

Wäre ja auch mal an der Zeit, daß Karlsruhe diesbezüglich Klarstellungen betreibt.

Aber wie heißt es doch so schön :

Alle Menschen sind gleich- nur, manche sind gleicher als gleich.

Felidae
01.12.2008, 08:50
In jedem Land gelten schärfere Strafen, wenn eine Tat sich gegen einen Polizisten in Ausübung seiner Pflicht richtet.

schastar
01.12.2008, 08:59
In jedem Land gelten schärfere Strafen, wenn eine Tat sich gegen einen Polizisten in Ausübung seiner Pflicht richtet.

Warum eigentlich?

Felidae
01.12.2008, 09:01
Warum eigentlich?

Weil der Polizist in Ausübung seiner Pflicht den Staat repräsentiert. Eine höhere Strafe für Polizistenmord ist also ein Akt, in dem der Staat seine rechtmäßige Staatsgewalt schützt.

schastar
01.12.2008, 09:04
Weil der Polizist in Ausübung seiner Pflicht den Staat repräsentiert. Eine höhere Strafe für Polizistenmord ist also ein Akt, in dem der Staat seine rechtmäßige Staatsgewalt schützt.

Wer ist dieser "Staat"?

Felidae
01.12.2008, 09:07
Wer ist dieser "Staat"?

Die Bundesrepublik Deutschland und ihre 16 Länder.

schastar
01.12.2008, 09:15
Die Bundesrepublik Deutschland und ihre 16 Länder.

du meinst Grund und Boden fordern eine härter Strafe wenn ein Polizist verletzt wird?

Felidae
01.12.2008, 09:19
du meinst Grund und Boden fordern eine härter Strafe wenn ein Polizist verletzt wird?

Nicht Grund und Boden. Die Staatsgewalt. Ich sags mal so: Wenn ein Normalo umgebracht wird, ist das ein abscheuliches Verbrechen, aber es ist kein direkter Angriff auf die Autorität des Staates. Wird ein Polizist in Ausübung seiner Pflicht ermordet, ist das ein abscheuliches Verbrechen und ein direkter Angriff auf die Autorität des Staates.

schastar
01.12.2008, 09:23
Nicht Grund und Boden. Die Staatsgewalt. Ich sags mal so: Wenn ein Normalo umgebracht wird, ist das ein abscheuliches Verbrechen, aber es ist kein direkter Angriff auf die Autorität des Staates. Wird ein Polizist in Ausübung seiner Pflicht ermordet, ist das ein abscheuliches Verbrechen und ein direkter Angriff auf die Autorität des Staates.

Was immer noch nicht die Frage klärt: Wer ist dieser "Staat"?

Felidae
01.12.2008, 09:23
Was immer noch nicht die Frage klärt: Wer ist dieser "Staat"?

Das Volk, ja. Ich weiß, dass du das hören willst.

Mariko
01.12.2008, 12:40
In jedem Land gelten schärfere Strafen, wenn eine Tat sich gegen einen Polizisten in Ausübung seiner Pflicht richtet.



Naja, das kann man so nicht sagen, es gibt zwar Sonderdelikte, die sich speziell auf Beamte beziehen (aber nicht soviele, wie man denken könnte, es existiert z.Bsp. keine "Beamtenbeleidigung"), aber grundsätzlich gelten natürlich dieselben Strafrahmen wie für jeden Bürger, und allein die Tatsache, dass ein Opfer Polizist ist, rechtfertigt keine höhere Bestrafung. Genauso darf die Aussage eines Polizisten in einem Verfahren nicht aus Prinzip höher bewertet werden (also für glaubwürdiger befunden werden) als die eines anderen Bürgers.

Haspelbein
01.12.2008, 14:00
In vielen US Bundesstaaten wird das Auto automatisch als Waffe begriffen. Bei einem toedlichen Unfall wird zuerst unter Mordverdacht ermittelt, bis sich herausstellt, dass keine Toetungsabsicht vorliegt.

Ich persoenlich halte dies Einordnung fuer weitgehend korrekt: Der Strassenverkehr ist einer der wenigen Orte, an dem der moderne Mensch seine Aggressivitaet auslebt.

Stadtknecht
01.12.2008, 17:01
In Frankreich stand auf Polizistenmord bis vor ca. 35 Jahren die Todesstrafe.

Stadtknecht
01.12.2008, 17:05
Naja, das kann man so nicht sagen, es gibt zwar Sonderdelikte, die sich speziell auf Beamte beziehen (aber nicht soviele, wie man denken könnte, es existiert z.Bsp. keine "Beamtenbeleidigung"), aber grundsätzlich gelten natürlich dieselben Strafrahmen wie für jeden Bürger, und allein die Tatsache, dass ein Opfer Polizist ist, rechtfertigt keine höhere Bestrafung. Genauso darf die Aussage eines Polizisten in einem Verfahren nicht aus Prinzip höher bewertet werden (also für glaubwürdiger befunden werden) als die eines anderen Bürgers.

Straftaten gegen Amtsträger, das können neben Polizisten auch Soldaten der Bundeswehr und und Verwaltungsbeamte oder Angestellte sein, werden teilweise strenger bestraft.

Allerdings gibt es auch die Amtsdelikte, etwa Körperverletzung im Amt, bei denen der Amtsträger strenger bestraft wird, als der normale Bürger.

Felidae
01.12.2008, 17:07
In Frankreich stand auf Polizistenmord bis vor ca. 35 Jahren die Todesstrafe.

Die Todesstrafe wurde erst 1981 abgeschafft. Seit 1977 wurde sie aber in Frankreich nicht mehr vollstreckt.

Stadtknecht
01.12.2008, 17:15
Die Todesstrafe wurde erst 1981 abgeschafft. Seit 1977 wurde sie aber in Frankreich nicht mehr vollstreckt.

Ja, dann hatte ich ja recht gut geschätzt.

Stadtknecht
01.12.2008, 17:17
Aus meiner juristischen Dackelperspektive würde ich ein Auto durchaus als gefährliches Werkzeug sehen, wenn es entsprechend zweckentfremdet eingesetzt wird.

Analog zu einem Hammer oder einem Eisenrohr.

Felidae
01.12.2008, 17:23
Aus meiner juristischen Dackelperspektive würde ich ein Auto durchaus als gefährliches Werkzeug sehen, wenn es entsprechend zweckentfremdet eingesetzt wird.

Analog zu einem Hammer oder einem Eisenrohr.

Ich kenne einen Fall, bei dem jemand zusammengetreten wurde. Da hat man den Schuh als gefährliche Waffe eingestuft und so kam es als gefährliche Körperverletzung vor Gericht. Ich war in dem Fall übrigens als Zeuge geladen ;).

Stadtknecht
01.12.2008, 17:53
Ich kenne einen Fall, bei dem jemand zusammengetreten wurde. Da hat man den Schuh als gefährliche Waffe eingestuft und so kam es als gefährliche Körperverletzung vor Gericht. Ich war in dem Fall übrigens als Zeuge geladen ;).

Ein schwerer Schuh am Fuß ist ein gefährliches Werkzeug, darin sind sind Juristen einig.

Mariko
01.12.2008, 17:57
Ein schwerer Schuh am Fuß ist ein gefährliches Werkzeug, darin sind sind Juristen einig.



Korrekt. Wobei im Einzelfall dann gern gestritten wird, wie genau der Schuh beschaffen sein muss, um darunter zu fallen.

McDuff
02.12.2008, 06:04
Der Angeklagte wollte sich lediglich der Fahrzeugkontrolle entziehen, obwohl sich der Polizeibeamte mit seinem Oberkörper in das Fahrzeug gebeugt hatte.

zu lesen hier : http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~EFAE1D2D40873422992EE9725FB201F6A~ATpl~Ecommon ~Scontent.html



Wenn es also um Polizeibeamte geht, kann augenscheinlich die Strafe nicht hoch genug sein, nein, da werden auch noch besonders strafverschärfende Gründe gefunden.

Und was ist mit dem normalen Bürger ?

Wäre ja auch mal an der Zeit, daß Karlsruhe diesbezüglich Klarstellungen betreibt.

Aber wie heißt es doch so schön :

Alle Menschen sind gleich- nur, manche sind gleicher als gleich.


Das gilt nur wenn der Fahrer Deutscher war. Sollte er Besatzer gewesen sein, dann hätte es einen Freispruch gegeben. Denn Polizisten sind ebenso wie andere Deutsche Freiwild.

Stadtknecht
02.12.2008, 08:19
Korrekt. Wobei im Einzelfall dann gern gestritten wird, wie genau der Schuh beschaffen sein muss, um darunter zu fallen.

Ja, das ist richtig.
Definitiv als gefährliches Werkzeug gelten Springerstiefel oder Schuhe mit Stahlkappen.

franjo
02.12.2008, 08:50
Straftaten gegen Amtsträger, das können neben Polizisten auch Soldaten der Bundeswehr und und Verwaltungsbeamte oder Angestellte sein, werden teilweise strenger bestraft.

Allerdings gibt es auch die Amtsdelikte, etwa Körperverletzung im Amt, bei denen der Amtsträger strenger bestraft wird, als der normale Bürger.

Meiner Information nach war es zumindest bis 2007 so, daß Landes und Bundesbeamte, die einen Straftatbestand erfüllten von ihrem Arbeitgeber ein weiteres Mal bestraft wurden. Das begann mit Beförderungssperre und konnte bis zu einer Erhöhung verhängter Geldstrafen reichen. Ist das nicht mehr so?


Die Todesstrafe wurde erst 1981 abgeschafft. Seit 1977 wurde sie aber in Frankreich nicht mehr vollstreckt.

In Hessen gibt es die Todesstrafe noch immer. Anwendung findet sie glücklicherweise keine.


Korrekt. Wobei im Einzelfall dann gern gestritten wird, wie genau der Schuh beschaffen sein muss, um darunter zu fallen.

Treten mit beschuhtem Fuße heißt das, und ist ein Delikt, den man gefährliche Körperverletzung nennt, welche Schuhe man dabei trägt ist schon eher marginal.

franjo

Stadtknecht
02.12.2008, 09:04
Meiner Information nach war es zumindest bis 2007 so, daß Landes und Bundesbeamte, die einen Straftatbestand erfüllten von ihrem Arbeitgeber ein weiteres Mal bestraft wurden. Das begann mit Beförderungssperre und konnte bis zu einer Erhöhung verhängter Geldstrafen reichen. Ist das nicht mehr so?



franjo

Wer als Beamter eine Straftat, egal ob Amtsdelikt oder nicht, begeht, wird sich einem Strafverfahren stellen müssen.

Hinzu kommt ein disziplinarrechtliches Verfahren, das von der Behörde geführt wird.
Beamte haben nämlich auch außerhalb des Dienstes eine Wohlverhaltenspflicht.

Stadtknecht
02.12.2008, 09:06
Treten mit beschuhtem Fuße heißt das, und ist ein Delikt, den man gefährliche Körperverletzung nennt, welche Schuhe man dabei trägt ist schon eher marginal.

franjo

Es kommt auf die Art des Schuhes, aber auch auf die Art der Tritte an.

Tritte zum Kopf mit Anlauf würde ich auch dann als gef. KV interpretieren, wenn der Täter barfuß ist.

Bei Tritten zum Kopf mit Stiefeln oder Stahlkappenschuhen könnte m.E. sogar ein Tötungsdelikt in Frage kommen.