Vollständige Version anzeigen : "Vertrauen oder Vorschlaghammer" - (wie) hat die Finanzkrise euer Leben verändert?
Heute habe ich mich mit einer Freundin darüber unterhalten, dass rein statistisch jeder Mensch auf der Welt den Protagonisten der Finanzkrise 2000 Dollar in den Rachen geschmissen hat. Denn für die Gestalten waren plötzlich summa summarum weit über 1000 Milliarden Dollar da. Geld, von dem uns gesagt wird, dass es nicht da ist. Für uns nicht da X( !
Über das Gebaren der Verantwortlichen kann man auch nur den Kopf schütteln:
- Gehälter in Millionenhöhe
- Abfindungen und Pensionen nach der Pleite
- kaum hat der doofe Staat den bankrotten Laden gerettet, fahren die Manager in den Urlaub
- BlaBla in den Talkshows
- Vorgänge, welche die kühnsten Träume der Satire noch übertreffen
Da stellt sich die Frage, wie die Finanzkrise unser Leben, Denken und Fühlen verändert hat.
1. Gar nicht.
Mich betrifft das ungefähr so sehr wie die Hochzeit von Dagobert Duck mit Daisy. Also Vorgänge, die in einer anderen Welt spielen.
2. Die Finanzkrise hat mein Vertrauen in die bestehende Ordnung gestärkt.
In einer Talkshow kam das Argument, dass die Finanzkrise eine Bewährungsprobe für die Große Koalition ist. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück (oder wie der heißt) könnten beim Krisenmanagement so punkten, wie Gerd Schröder beim Hochwasser im Sommer 2002 und dem sich da abzeichnenden Irak Krieg.
3. Die Finanzkrise hat mein Vertrauen in die bestehende Ordnung erschüttert.
Haben sich da nicht als respektabel angesehene Wirtschaftsführer und Politiker in einer Art verhalten, die man nicht mal im Kindergarten duldet? Die Wirtschaftsbosse nur noch gierig und dumm und die Politiker feige und rückgratlos? Gerade jemand, der sich im Glauben an klare Strukturen und Leistungsbereitschaft bis dato noch auf der richtigen Seite wähnte, mag da aus allen Wolken fallen.
4. Die Finanzkrise hat mich in meiner Verachtung für die bestehende Ordnung bestärkt.
Manche waren als Altlinke oder anti-moderne Rechte schon immer gegen die bestehende liberalkapitalistische Ordnung, andere sind im Laufe von Jahren und Jahrzehnten immer mehr desillusioniert. Wieder andere mögen vor kurzem schon ein "Schlüsselerlebnis" gehabt haben und der jetzige Knall bestärkt sie in der Einsicht, dass das System nichts taugt.
Mark Mallokent
10.10.2008, 16:02
Machen wir uns doch nichts vor. Von den X-Milliarden, um die es da geht, hätten wir, d. h. die meisten hier im Forum, doch nichts gesehen. Das sind doch weitgehend fiktive Verluste, die sich auf einen relativ kleinen Kreis von Bankern und Spekulanten beschränken.
Das dicke Ende steht freilich noch bevor, insofern nun eine Rezession bevorsteht. Aber diese wäre ohne die Blase nur einige Jahre früher gekommen. :]
ich hatte noch nie vertrauen in den kapitalismus und es ist mir auch egal, wenn alles zu grunde geht. ich halte die gesamte menschheit für eine schreckliche gesellschaft udn eigentlich geschieht es vielen menschen recht, dass ihnen das geld doppelt und dreifach jetzt dort wieder weggenommen wird, wo sie es anderen menschen abgezockt haben.
Es hat mir nur gezeigt, dass das System letztendlich nicht unfehlbar ist und dass es raffgierige Zocker an der Börse gibt, die man gefälligst zu züchtigen hat. Krisen kommen und gehen. Ich würde aber nicht sagen, dass der Kapitalismus jetzt versagt und ausgedient hat. Allerdings zeigt es deutlich, wie weltweite Vernetzung von Kapital sich global auswirken kann. Das bestärkt nur meine These die Globalisierung drastisch zu stoppen und wieder zu mehr Autarkie zu gelangen.
ich hatte noch nie vertrauen in den kapitalismus und es ist mir auch egal, wenn alles zu grunde geht. ich halte die gesamte menschheit für eine schreckliche gesellschaft udn eigentlich geschieht es vielen menschen recht, dass ihnen das geld doppelt und dreifach jetzt dort wieder weggenommen wird, wo sie es anderen menschen abgezockt haben.
Für mich hat die Krise in gewisser Weise "das Faß zum Überlaufen" gebracht. All jene "Autoritäten", die sich anmaßten, mehr schlecht als recht über mein Leben und das Leben anderer Menschen zu bestimmen, haben sich da einmal mehr als Versager und Menschenschinder der übelsten Sorte erwiesen. Es ist nicht etwa eine zu rigide Ordnung - so etwas habe ich in Ländern wie der DDR oder Syrien gesehen - sondern die pure Willkürherrschaft.
Und dieses Schema, kraft seiner Autorität nur Scheiße zu bauen und dann frech grinsend anzukommen und so zu tun, als ob nichts geschehen ist, aber bei jedem Fliegenschiss einfacher Menschen den gestrengen Herrn zu spielen ist mir nicht neu. Im Gegenteil :rolleyes: Aber bei der Finanzkrise war und ist das doch einmal zu viel. Dann sehe ich diese subhumanen Wieselgesichter und arroganten Hackfressen und wünsche mir folgende Dinge:
1. die leibhaftig an Händen und Füßen gefesselt vor mir
2. einen Vorschlaghammer
3. Ausdauer in den Armen
4. dass die folgenden Ereignisse zur Prime Time im Fernsehen übertragen werden
Krisen kommen und gehen.
Es ist keine zufällige oder konjunkturelle Krise, es ist im mehrfacher Hinsicht der Kulminationspunkt verfehlter Entwicklungen. Ökonomisch, geistig und seelisch laufen da verfehlte Entwicklungsstränge zusammen.
Ohne den Mix aus Geldgier, Kleingeistigkeit der Eliten und Duckmäuserei der Beherrschten wäre der einschlägige Ballon erst gar nicht aufgepumpt worden. Selbst wenn die Herrschenden diese Krise aussitzen können, sind dadurch ihre Ursachen nicht beseitigt. Im Gegenteil: dann fühlen sie sich erst recht sicher, pumpen den nächsten Ballon auf und "peng". Im Baumarkt mögen dann Vorschlaghämmer tatsächlich knapp werden, was nicht daran liegt, dass dann so viele plötzlich bauen wollen :rolleyes:
Gar nicht. Ich bin immer noch keine Transe.
JensVandeBeek
10.10.2008, 17:46
Bisher nicht wesentliches. Die Kunden zahlen und die Kasse stimmt noch.
Haspelbein
10.10.2008, 17:52
Ebenfalls recht wenig. Bin derzeit auf dem Papier $50K weniger wert, aber sowas erschuettert einen nicht.
Leo Navis
10.10.2008, 17:55
Ich versteh euch Linke nicht. Ihr wollt doch immer staatliche Eingriffe, Subventionen und Geldverschwendung. Würde konsequent liberale Politik gemacht gäbe es diese Zahlungen nicht.
Der kritische Denker
10.10.2008, 18:07
Der Kapitalismus ist zu Ende. Lasst uns eine neue Art der Marktwirtschaft schaffen.
Der Kapitalismus ist zu Ende. Lasst uns eine neue Art der Marktwirtschaft schaffen.
Quatsch. Das geht jetzt erst richtig los. Wer sich vor dem Kapitalismus fürchtet sollte beten daß es keinen WIRKLICHEN Kollaps gibt.
roxelena
10.10.2008, 18:54
Was kommt nach dem Ende des Kapitalismus?
In ein paar Monaten geht es sicher wieder bergauf.
Und dann gibt es gegenseitige Lobe und Auszeichnungen von Bankern und Politikern die durch ihr Fachwissen die Krise behoben haben.
Was kommt nach dem Ende des Kapitalismus?
WO gesucht w u r d e : „ Was ist angeboren ? Was ist ANERZOGEN ? Wie funktionieren wir ? Was bestimmt die Größe der Welt , von jeden einzelnen ? An welchem Punkt beweist einer das er Gesellschaftlich denkender MENSCH ist und nicht nur eine gut abgerichtete Ratte , welche genau in seinem Ei / UNSICHTBAREN GRENZEN zurecht kommt , so garnicht an DEMOKRATIE teilnimmt sondern hingeworfene Stöckchen aufnimmt ? KANN jetzt sagen : Den Kommunismus wird es NIE geben aber ein Würde achtender „ MORALKAPITALISMUS „ ist möglich und wenn DU es willst wirst DU ihn noch miterleben . . . . kann ein denkender Mensch dadurch, dass er sein Gewissen gesellschaftlichen, ideologischen und psychologischen Zwängen befreit die WELT verändern „ WARUM und WIE ? “ : „
Sauerländer
10.10.2008, 22:21
Was kommt nach dem Ende des Kapitalismus?
Wenn ich mal eine Vermutung äussern darf:
Eine gehörige Portion Überschussvernichtung an Mensch wie an produzierter Ware - und dann ein neuer Anlauf.
Feuerfalter
10.10.2008, 22:44
An sich hat sich bei mir nix verändert. Obskur fand ich nur, dass die Briten Teilverstaatlichungen durchgeführt haben. Die Wiege des Kaptalismus und des Liberalismus verstaatlicht. Sowas, gabs dort zuletzt bei der Bahn aus genau den selben Ursachen.
Wenn ich mal eine Vermutung äussern darf:
Eine gehörige Portion Überschussvernichtung an Mensch wie an produzierter Ware - und dann ein neuer Anlauf.
Das ist nicht das, was nach dem Ende des Kapitalismus kommt, sondern nur ein neuer Zyklus im Kapitalismus.
Sauerländer
11.10.2008, 12:35
Das ist nicht das, was nach dem Ende des Kapitalismus kommt, sondern nur ein neuer Zyklus im Kapitalismus.
Stimmt. Ist bei Akutwerden von dessen Krisenpotential in nächster Zeit allerdings aus meiner Sicht wahrscheinlicher als sein Ende - es sei denn im Zuge planetarischer Umgestaltung, die die Überschussvernichtung am Menschen auf ein solches quantitatives Niveau bringt, dass nicht nur der Kapitalismus, sondern noch diverse ganz andere Dinge ein Ende finden.
Cleopatra
11.10.2008, 14:39
Das bestärkt nur meine These die Globalisierung drastisch zu stoppen und wieder zu mehr Autarkie zu gelangen.
Sehe ich genauso, wenn der Scheißglobalisierung ein Ende gesetzt würde, hätte die Finazkrise sogar ihr Gutes. Von Luschen, wie Sarkozy oder vom ferngesteuerten Hosenanzug Merkel erwarte ich allerdings weder zündende Ideen noch sonst irgendwelche Rettungsaktionen. Eben habe ich diese 2 Figuren auf einer Pressekonferenz gesehen, die hüpfen als Marionetten an irgendwelchen Bändern aus dem Hintergrund, und schlechte Schauspieler sind sie beide.:=
Machen wir uns doch nichts vor. Von den X-Milliarden, um die es da geht, hätten wir, d. h. die meisten hier im Forum, doch nichts gesehen. Das sind doch weitgehend fiktive Verluste, die sich auf einen relativ kleinen Kreis von Bankern und Spekulanten beschränken.
Diese Aussage steht im Widerspruch zu dem hier:
Das dicke Ende steht freilich noch bevor, insofern nun eine Rezession bevorsteht. Aber diese wäre ohne die Blase nur einige Jahre früher gekommen. :]
Schon deinen eigenen Worten zufolge betrifft es die gesamte Wirtschaft - also uns alle und nicht nur einen "kleinen Kreis".
Gäbe es weder diese abartige Konzentration von Geld in den Händen weniger noch unter den wenigen Kapitalbesitzern dieser Wahn der unproduktiven Spekulation mit "schmutzigem Geld", sähen wir die X-Milliarden auch nicht weder insgesamt - 1000, 2000 oder mehr Milliarden - noch anteilig - einige tausend Dollar pro Kopf - vor uns auf einem Haufen.
Selbst bei einer gerchteren Verteilung des Kapitals auf die Köpfe wären wir bei seiner Verwendung Zwängen unterlegen:
1. Schulden bezahlen und überzogene Konten glatt machen (etwas, worauf ich angesichts des arrogangen Gebarens der Spekulanten derzeit ziemlich sch...)
2. Notgroschen auf der Bank. Wobei die Bank dann diesen Notgroschen als Kredit verleiht, damit er für produktive Bereiche als Kapital zur Verfügung steht.
Das wäre die Pflicht, und die Kür wäre
3. Man erwirbt selbst Anteile an Projekten, die einem wichtig sind und an deren Zukunft man glaubt. Mein Lebenstraum als kleinbürgerliche Anarchistin wären Anteile an Raumfahrtunternehmen und anderen High-Tech-Projekte.
4. Konsum
Der Unterschied zu so einem System und dem ...., den wir jetzt haben, ist aber, dass derzeit eine winzige Mindernheit von Oligarchen und ihnen höriger Politiker ganz allein über das Geld verfügt und dass in einem System, wie es sein sollte, jede/r durch Verfügung über sein Geld sein Leben und die Wirtschaft gestalten sollte.
So ist es an sich auch nicht schlecht, wenn Unternehmen Anteilsscheine ausgeben, um sich so Kapital zu besorgen. Nur haben die Börsen daraus ein sich verselbstständigendes Monopoly gemacht.
Sehe ich genauso, wenn der Scheißglobalisierung ein Ende gesetzt würde, hätte die Finazkrise sogar ihr Gutes. Von Luschen, wie Sarkozy oder vom ferngesteuerten Hosenanzug Merkel erwarte ich allerdings weder zündende Ideen noch sonst irgendwelche Rettungsaktionen. Eben habe ich diese 2 Figuren auf einer Pressekonferenz gesehen, die hüpfen als Marionetten an irgendwelchen Bändern aus dem Hintergrund, und schlechte Schauspieler sind sie beide.:=
Ich denken, mit Dingen wie dem Übergang vom "Welthandel", wo vor Ort produziert und international gehandelt wurden, zur "internationalen Arbeitsteilung", wo die Produktion als Ganzes interantionalisiert wurden, fing das Elend an. Das Kapital konnte sich da aus allen Bindungen lösen, Fabriken rund um den Globus dicht machen und woanders wieder eröffnen. Alte Wirtschaftsräume gingen so kaputt, ohne dass neue geschaffen wurden. Und die Staaten buhlten um die Gunst der "Investoren", auf die sie keinen Einfluss haben.
Wobei es IMHO den Afrikanern seit 500 Jahren klar ist, dass Globalisierung Scheiße ist - die durften dabei nämlich die Rolle von Sklavenarbeitern und Rohstofflieferanten spielen und mit der Integration Afrikas in die "internationale Arbeitsteilung" ging es auf dem Schwarzen Kontinent eher abwärts als aufwärts :rolleyes: Uns Europäern dämmert das erst jetzt :rolleyes:
Stimmt. Ist bei Akutwerden von dessen Krisenpotential in nächster Zeit allerdings aus meiner Sicht wahrscheinlicher als sein Ende - es sei denn im Zuge planetarischer Umgestaltung, die die Überschussvernichtung am Menschen auf ein solches quantitatives Niveau bringt, dass nicht nur der Kapitalismus, sondern noch diverse ganz andere Dinge ein Ende finden.
Die Frage ist, ob wir nur die Wahl zwischen noch einem Zyklus im Kapitalismus, einer neuen "langen Welle" mit 60 Millionen Toten beim nächsten Weltkrieg oder der totalen Vernichtung der Menschheit, vielleicht des Planeten haben :rolleyes:
Die Vorstellung, im 21. Jahrhundert noch einmal eine Entwicklung wie im 20. Jahrhundert durchzumachen, ist einfach nur grauenhaft. Das kann aber durchaus kommen, wir haben ja nach 1945 Folgendes erlebt:
1. Zunächst klare und verbindliche Strukturen, die aber sowohl im Westen als auch im Ostblock zu autoritär waren. Man hatte sein Auskommen, wurde aber nur gegängelt oder - bei falscher Hautfarbe, Ideologie, sexueller Orientierung ... - diskriminiert und verfolgt.
2. Das Aufbegehren gegen Bevormundung und Diskriminierung: die Bürgerrechtsbewegungen der 1960er in den USA, die 68er ff., die Dissidenten im Ostblock.
3. Zunächst die Überwindung von Gängelung und Bevormundung - etwa rechtliche Gleichstellung von Schwarzen und Homosexuellen - bei noch bestehenden klaren Strukturen. So die Zeit der 1970er in der westlichen Welt.
4. Ab den 1980ern das Aufkommen von Ideologien, die sich in der Wirtschaft und Gesellschaft die Zerschlagungen aller Strukturen zum Ziel gesetzt haben. Der entfesselte Kapitalismus der Neoliberalen begleitet von einem Gesellschaftsbild, wo wir alle zu um unser Überleben kämpfenden Monaden werden.
5. Als Gegenreaktion darauf oder durch den Amoklauf der Postmoderne gegen alle klaren Strukturen gezielt begünstigt eine Renaissance von autoritärer und repressiver Ideologien: der religiöse Fundamentalismus und säkulare Rechtsextremismus.
Das ist der jetzige Zustand: es gibt entweder keine oder - mit Verlaub - entsetzliche Ordnungssysteme, deren Epigonen dem Müll von vorgestern von der Kippe holen und aufwärmen. Wer - wie ich - ein den bitteren historischen Erfahrungen entsprechendes und auf der Höhe der Zeit befindliches Ordnungssystem haben will, wird von den so genannten "Liberalen" unserer Tage noch erbitterter bekämpft und diffamiert als von den meisten "Rechten".
Es scheint das vornehmste Ziel vieler Bürgerlich-Liberaler von heute zu sein, alle linken und säkularen Ordnungskonzepte zu bekämpfen und den Weg für fundamentalistische, autoritäre Bewegungen frei zu machen.
Die Liberalen als Wegbereiter der Rechten - das schrieb hier vor Jahren schon mal Leyla und so ist es.
Wie geht das weiter?
6. Eine neue Diktatur. Hast du nicht von einem "deutschen Pinochet" geschrieben? So was in der Art vielleicht, wobei ein großflächiger Kampf gegen den Islam der nächste Weltkrieg und die nächste Überschussvernichtung wäre.
7. Nach dem großen Knall gäbe es bestimmt wieder "Demokratie" und dergleichen, aber in einer Form, wo es sich dafür nicht zu kämpfen lohnt. Was hat den Menschen in Lateinamerika und im Ostblock der Zusammenbruch ihrer Diktaturen denn gebracht?
Da kann man sich ebensogut anstelle Schrecken ohne Ende ein Ende mit Schrecken wünschen.
Leo Navis
12.10.2008, 12:28
Es scheint das vornehmste Ziel vieler Bürgerlich-Liberaler von heute zu sein, alle linken und säkularen Ordnungskonzepte zu bekämpfen und den Weg für fundamentalistische, autoritäre Bewegungen frei zu machen.
Die Liberalen als Wegbereiter der Rechten - das schrieb hier vor Jahren schon mal Leyla und so ist es.
Und jetzt beziehen wir die Realität mal mit ein.
Die linken Bewegungen in den westlichen Staaten sind sehr viel stärker und präsenter als die rechten. Die meisten Jugendlichen sind eher links als liberal oder rechts, so sie denn überhaupt politisch sind. In vielen Staaten werden rechte Bewegungen bekämpft. Immer häufiger werden auch von Konservativen und sogenannten "Liberalen" (die es nicht sind, wie man als Liberaler weiß) linke Wirtschaftswege ("soziale") gefordert und durchgesetzt.
Deine Dystopie ist völliger Blödsinn.
Cleopatra
12.10.2008, 13:59
Und jetzt beziehen wir die Realität mal mit ein.
Die linken Bewegungen in den westlichen Staaten sind sehr viel stärker und präsenter als die rechten. Die meisten Jugendlichen sind eher links als liberal oder rechts, so sie denn überhaupt politisch sind. In vielen Staaten werden rechte Bewegungen bekämpft. Immer häufiger werden auch von Konservativen und sogenannten "Liberalen" (die es nicht sind, wie man als Liberaler weiß) linke Wirtschaftswege ("soziale") gefordert und durchgesetzt.
Deine Dystopie ist völliger Blödsinn.
Man kann eigentlich wirklich nicht mehr die Lager in Links und Rechts einteilen. :rolleyes: Sowohl Kommunisten als auch Nationalsozialisten wollen den Kollektivmenschen, Regeln, Verbote, staatliche Drangsalierung, Einparteiensysteme, Gleichschaltung der Medien, staatliche Kindererziehung, Straflager für Andersdenkende, Verstaatlichung von Privateigentum.
Den Globalisierern helfen eigentlich die Globalisierungsgegener, nämlich die Demonstranten gegen den G 8 Gipfel, die Linken, schrizophren, oder?( . Die entfesselte Wirtschaftsriege möchte eine Globalisierung der Märkte und ein Ausschlachten der Nationalstaaten, die Linke hilft ideologisch mit, weil sie eine eine Vermischung der Völker anstrebt und alles Nationale hasst. Darum konnte das jetzige Chaos entstehen. :=
Leo Navis
12.10.2008, 15:22
Genau.
Die angeblich Liberalen schaufeln sich mit dem, was sich heute "links" nennt, das eigene Grab.
Heute habe ich mich mit einer Freundin darüber unterhalten, dass rein statistisch jeder Mensch auf der Welt den Protagonisten der Finanzkrise 2000 Dollar in den Rachen geschmissen hat. Denn für die Gestalten waren plötzlich summa summarum weit über 1000 Milliarden Dollar da. Geld, von dem uns gesagt wird, dass es nicht da ist. Für uns nicht da X( !
Über das Gebaren der Verantwortlichen kann man auch nur den Kopf schütteln:
- Gehälter in Millionenhöhe
- Abfindungen und Pensionen nach der Pleite
- kaum hat der doofe Staat den bankrotten Laden gerettet, fahren die Manager in den Urlaub
- BlaBla in den Talkshows
- Vorgänge, welche die kühnsten Träume der Satire noch übertreffen
Da stellt sich die Frage, wie die Finanzkrise unser Leben, Denken und Fühlen verändert hat.
1. Gar nicht.
Mich betrifft das ungefähr so sehr wie die Hochzeit von Dagobert Duck mit Daisy. Also Vorgänge, die in einer anderen Welt spielen.
2. Die Finanzkrise hat mein Vertrauen in die bestehende Ordnung gestärkt.
In einer Talkshow kam das Argument, dass die Finanzkrise eine Bewährungsprobe für die Große Koalition ist. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück (oder wie der heißt) könnten beim Krisenmanagement so punkten, wie Gerd Schröder beim Hochwasser im Sommer 2002 und dem sich da abzeichnenden Irak Krieg.
3. Die Finanzkrise hat mein Vertrauen in die bestehende Ordnung erschüttert.
Haben sich da nicht als respektabel angesehene Wirtschaftsführer und Politiker in einer Art verhalten, die man nicht mal im Kindergarten duldet? Die Wirtschaftsbosse nur noch gierig und dumm und die Politiker feige und rückgratlos? Gerade jemand, der sich im Glauben an klare Strukturen und Leistungsbereitschaft bis dato noch auf der richtigen Seite wähnte, mag da aus allen Wolken fallen.
4. Die Finanzkrise hat mich in meiner Verachtung für die bestehende Ordnung bestärkt.
Manche waren als Altlinke oder anti-moderne Rechte schon immer gegen die bestehende liberalkapitalistische Ordnung, andere sind im Laufe von Jahren und Jahrzehnten immer mehr desillusioniert. Wieder andere mögen vor kurzem schon ein "Schlüsselerlebnis" gehabt haben und der jetzige Knall bestärkt sie in der Einsicht, dass das System nichts taugt.
Ich habe mit 4. abgestimmt.
Hier mein Rettungsplan. Den habe ich "geklaut", bzw. leicht gestrafft:D , finde ihn aber absolut richtig:
Notprogramm zur Rettung der Wirtschaft in Deutschland!
1. Das globale Finanzsystem befindet sich in der letzten Phase seiner unwiderruflichen Desintegration.
2. Die von inkompetenten Politikern vorgetragene Behauptung, niemand habe diese Systemkrise vorhersehen können, ist gelogen.
3. Einige Wirtschaftswissenschaftler haben den Bankrott des Systems und Wege zur Lösung bereits vor dem Ausbruch der Hypothekenkrise dargestellt.
4. Verluste von privaten Investoren und Banken dürfen nicht auf den Steuerzahler abgewälzt werden.
5. Der Staat muß insolvente Finanzinstitutionen übernehmen und in einem ordentlichen Bankrottverfahren wertlose Papiere abschreiben.
6. Es muß sichergestellt werden, daß ausreichende Kreditlinien für alle wesentlichen Funktionen von Produktion, Handel, und Versorgung der Haushalte zur Verfügung gestellt werden. Dabei müssen die Kompetenz und Kapazität der öffentlichen Banken durch den Ausbau der Organisationsgesetze des Bankwesens erhöht werden.
7. Der Einlagenschutz muß wieder auf den Stand vor dem 18.7.1995 gebracht werden, bevor die EU die Gewährträgerhaftung aufgehoben hat.
8. Die Versorgung von armen und einkommensschwachen Personen mit erschwinglichen Nahrungsmitteln und Energie muß durch Preiskontrollen garantiert werden.
9. Die Regierung muß sicherstellen, daß die Bevölkerung vor Zwangsversteigerungen geschützt und in ihren Wohnungen und Häusern bleiben kann.
10. Die Bundesregierung soll an einer geplanten Konferenz für ein Neues Bretton-Woods-System konstruktiv mitarbeiten, und zwar auf Grundlage der Resolution, die Senator Peterlini in den italienischen Senat eingebracht hat, in der ein neues Finanzsystem auf der Basis der Vorschläge von Lyndon LaRouche gefordert wird.
Hier das Original:
http://www.bueso.de/node/6363
Antrag im italienischen Senat für die Reorganisation des internationalen Währungs- und Finanzsystems
(http://bueso.de/news/text-des-italienischen-antrags-fur-reorganisation-des-internationalen-wahrungs-und-finanzsystem)
Spätestens jetzt sollte es auch der letzte realisiert haben, daß eine kleine, vaterlandslose Kaste uns rücksichtslos ausplündert und wir jetzt auch noch für den Schaden, den diese Aasgeier angerichtet haben aufkommen müssen, während diese sich auch noch an der Krise bereichern.
Und jetzt beziehen wir die Realität mal mit ein.
Die linken Bewegungen in den westlichen Staaten sind sehr viel stärker und präsenter als die rechten. Die meisten Jugendlichen sind eher links als liberal oder rechts, so sie denn überhaupt politisch sind. In vielen Staaten werden rechte Bewegungen bekämpft. Immer häufiger werden auch von Konservativen und sogenannten "Liberalen" (die es nicht sind, wie man als Liberaler weiß) linke Wirtschaftswege ("soziale") gefordert und durchgesetzt.
Deine Dystopie ist völliger Blödsinn.
Wenn meine Dystopie völliger Blödsinn ist, finde ich das sogar gut. Schon weil ich auf das Eintreten des von mir skizzierten Szenarios absolut keinen Wert lege germane
Dann fragen wir aber mal, woher der Linksdrall denn kommt.
IMHO kommt er weder aus dem Gebaren mancher linker Kader, das zu oft heuchlerisch, rechthaberisch, autoritär und korrupt ist, noch aus der Welt oder der Geschichte. Die Welt und die Menschen sind nur zu oft Scheiße und ich halte die Geschichte zu großen Teilen für eine Verarschung. Welt und Geschichte stehen daher im Gegensatz zu jenen Optimismus, der so gern den Linken nachgesagt wird.
Wobei Linke aber zumindest teilweise lernfähig sind, was man von ihren ideologischen Konkurrenten nicht immer sagen kann :rolleyes: Linke stellen als grundsätzliche Optimisten an die Welt, den Menschen und die Geschichte hohe Ansprüche. Mit diesen hohen Ansprüchen haben sie einen Maßstab geschaffen, an dem sie sich selbst messen lassen müssen. Alle o. g. Heuchelei wird da früher oder später eben duch diesen Maßstab zuschanden. Wenn die Massen merken, dass die unfähigen Genossen an der Spitze von Staat und "Partei" sie nicht in der versprochene Utopia führen, verweigern sie ihnen früher oder später die Gefolgschaft. Genossen, die im Grunde nur als Opportunisten Karriere machen wollen, lassen ihre linken Überzeugungen als hinderlichen Ballast früher oder später fallen - siehe die Karriere mancher Ex-Jusos :rolleyes:
Genossen, die weder starrsinnig an Fehlern festhalten noch ihre Überzeugungen aufgeben wollen, sind dann gezwungen, sich und ihre Ideologie geistig weiter zu entwickeln.
Und selbst, wenn es sehr fraglich ist, ob eine Gesellschaft oder gar die ganze Welt zu 100 Prozent nach linken Ideen geformt werden kann (außer man zählt alle Formen des Anarchismus zur Linken, was ich für unredlich halte), so wird eine Welt und eine Gesellschaft ohne Linke schnell zum Horrortrip. Weil die Genossen nun mal auf allen Ebenen Erkenntnisse formuliert und Einsichten gehabt haben, die über das frugaler Einerlei linken Seins und linker Tagespolitik hinaus reichen. So hat Marx Jahrzehnte dazu gebraucht, um zu formulieren, wie Überakkumulation von Kapital zu Verelendung der Armen und Akkumulationskrisen des Kapitals führt. Ich brauche dazu nur zwanzig Minuten und zwei Luftballons - und Lehmanns & Co. folgten sozusagen lehrbuchmäßig den Gesetzmäßigkeiten des Herrn Marx. Das kommt davon, wenn man meint, als "Sieger der Geschichte" die Marx-Engels-Werke in den Müll zu schmeißen. Das habe ich 2000 auch gemacht, als ich bei vorletzten Blase (IT-Hype) dabei war - die Wirklichkeit hat mich wieder eingeholt.
Abgesehen von einer erschreckenden oder absurden Folgerichtigkeit bei der Analyse des Kapitalismus steht die Linke für die Gleichheit aller Menschen und dafür, als sich ihrer selbst bewusste Menschen die Geschichte zu einem guten Ende zu führen.
Das völlige, 100%ige Linkssein mag angesichts zu viel Optimismus und auch Determinismus zum Positiven zum Scheitern und zu Frustrationen verurteilt sein. Doch was bringt seine totale Negation hervor?
1. Den Glauben an den Markt, der alles von selbst richtet und dessen Wirken sich alle unterzuordnen haben und den keiner hinterfragen darf.
2. Menschenverachtung etwa in der Form "Gott hat die Welt nur für mich und meinesgleichen gemacht" (konservativ) oder "Wir sind die Sieger der Geschichte und zur Hölle mit den Verlierern" (liberal).
3. Leben und Geschichte als ewiger Kreislauf, Zyklus, Auf und Ab ohne Richtung. Weil alles immer gleich ist, war und sein wird, braucht man sich da um nichts zu kümmern, nach nichts streben, sich im Grunde nicht anstrengen.
Wer will in einer Welt leben, die so strukturiert ist? Wer will Mitmenschen, Freunde, Verwandte, Eltern oder gar Kinder, die so denken? Zynismus mag eine feine Sache sein, wenn es Fremde trifft, doch wenn man sich die einschlägigen menschenverachtenden Sprüche am Familientisch, im Freundeskreis anhören will, kriegt man irgendwann das :kotz: Was sind das für Familien, wo das Gör nach erfolgreicher Indoktrination durch neoliberale Medien den arbeitslosen Vatern anschnauzt: "Such die gefälligst einen Job"?
Obwohl ich den Spruch "wer mir 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch Kommunist ist, hat keinen Verstand" wegen seiner Apologie für Opportunismus und weil er Lernprozesse ausblendet, für falsch halte, hat er vielleicht einen wahren Kern. Selbst und gerade als zynischer "alter Sack" oder "Säckin" mag man sich bei der jungen Generation nicht das Spiegelbild des eigenen Zynismus, der oft mit Versagen und Scheitern verbunden ist, wünschen, sonder das Gute, Wahre und Schöne. Und das ist nun mal in Teilen links :)
Man kann eigentlich wirklich nicht mehr die Lager in Links und Rechts einteilen. :rolleyes: Sowohl Kommunisten als auch Nationalsozialisten wollen den Kollektivmenschen, Regeln, Verbote, staatliche Drangsalierung, Einparteiensysteme, Gleichschaltung der Medien, staatliche Kindererziehung, Straflager für Andersdenkende, Verstaatlichung von Privateigentum.
Teile der Linken mögen das noch immer anstreben und so zwischen 1945 und 1990 waren solche Herrschaftssysteme außer in Osteuropa auch in anderen Teilen der Welt verbreitet. Da schimpfte sich in der Dritten Welt vieles "sozialistisch", dessen Protagonisten im Sozialismus kaum mehr als einen besonders effizienten Unterdrückungsapparat sahen.
Aber mit Machno angefangen gab es schon immer Linke, die gegen den autoritären Sozialismus waren. Und die Geschichte hat auch ihnen Recht gegeben.
Den Globalisierern helfen eigentlich die Globalisierungsgegener, nämlich die Demonstranten gegen den G 8 Gipfel, die Linken, schrizophren, oder?( . Die entfesselte Wirtschaftsriege möchte eine Globalisierung der Märkte und ein Ausschlachten der Nationalstaaten, die Linke hilft ideologisch mit, weil sie eine eine Vermischung der Völker anstrebt und alles Nationale hasst. Darum konnte das jetzige Chaos entstehen. :=
Wenn die Menschheit sich immer mehr vermischt, Bevölkerungen ethnisch immer heterorgener werden, es Völkerwanderungen und nervige Berufsmigranten zuhauf gibt, mögen daran auch die Linke oder "Linksliberale" schuld sein. Etwa mit der Forderung nach "offenen Grenzen" von Seiten der PDS zu einer Zeit, als deren ostdeutsche Wähler darüber nicht unbedingt begeistert waren. Man denke auch an den miesen Umgang mit ethnischen Minderheiten in Sowjetrussland oder Rotchina. Da wurde in der Tat am die Sprache der jeweils Herrschenden sprechenden Einheitsmenschen gebastelt :rolleyes:
Doch zu Großen Teilen sind diese Prozesse von Kräften verursacht, die alles Mögliche sind - nur nicht links. Man kann da den Linken höchsten vorwerfen, den gleichen Mist wie andere auch zu machen :rolleyes:
Aber was ist, wenn die Zeit des Territorialstaates wirklich abgelaufen ist? Was ist, wenn der territorialstaatliche Nationalismus gescheitert ist, weil die Nationalisten den Staat zu sehr zur Machtentfaltung und zu wenig zur Pflege und Weiterentwicklung der eigenen Kultur nutzten? Warum soll man ausgerechnet als internationalistischer Linke an überholten Konzepten festhalten, deren glühende Verfechter ihre Völker nur zu oft am tiefsten in den Dreck gefahren haben. Zwischen Krieg, Rassismus und Imperialismus, Siegesparaden oder vor den Siegern im Staub kriechen blieb dann für das Volk und seine Kultur, die eigentlich vornehmestes Ziel des Nationalstaates hätte sein sollen, oft nur wenig Zeit. "Volk" waren da nur zu oft diejenigen, die für die Machtfantasien ihrer Eliten leiden und bluten durften. Egal ob "ihr" Staat - der nicht ihrer war - da gewann oder verlor. Uns Deutschen haben unsere Niederlagen immerhin die Augen für diese Verarschung geöffnet, alldiweil Amis, Briten und Russen wohl nicht wahr haben wollen, dass "ihre" Nation in kultureller Hinsicht ebenso am Boden ist wie die Deutschen.
Oft habe ich mir überlegt, dass eine Weltordnung, Weltstaat, Weltregierung oder was auch immer, die Massenmigration nach Möglichkeit unterbindet und ihren Gebietskörperschaften die Pflege der jeweiligen Kultur verordnet, für die Völker der Welt mehr bringen würde, als die jetzigen Territorialstaaten. Wenn in Berlin und Wien, Bern und München außer Brauchtumspflege, dem Andenken von Geistesgrößen, Lehrplänen und Kulturförderung nicht viel zu tun ist, macht es das Volk von Goethe und Schillder vielleicht noch eine Weile. Mit dem jetzigen territorialstaatlichen Machtwahn, dem prestigegeilen Verheizen von Bundeswehrsoldaten, um bei windigen Verbündeten gut da zu stehen, wird es so kommen wie es ein linker Freund von mir gesagt hat: "In 50 Jahren wird es das Volk von Goethe und Schiller nicht mehr geben." Dann braucht man aber auch keine neue territorialstaatliche Verarschung mehr. Dann sind wir halt alle Terraner geworden - ob wir wollten oder nicht :rolleyes:
Leo Navis
13.10.2008, 11:10
Wenn meine Dystopie völliger Blödsinn ist, finde ich das sogar gut. Schon weil ich auf das Eintreten des von mir skizzierten Szenarios absolut keinen Wert lege germane
Dann fragen wir aber mal, woher der Linksdrall denn kommt.
IMHO kommt er weder aus dem Gebaren mancher linker Kader, das zu oft heuchlerisch, rechthaberisch, autoritär und korrupt ist, noch aus der Welt oder der Geschichte. Die Welt und die Menschen sind nur zu oft Scheiße und ich halte die Geschichte zu großen Teilen für eine Verarschung. Welt und Geschichte stehen daher im Gegensatz zu jenen Optimismus, der so gern den Linken nachgesagt wird.
Wobei Linke aber zumindest teilweise lernfähig sind, was man von ihren ideologischen Konkurrenten nicht immer sagen kann :rolleyes: Linke stellen als grundsätzliche Optimisten an die Welt, den Menschen und die Geschichte hohe Ansprüche. Mit diesen hohen Ansprüchen haben sie einen Maßstab geschaffen, an dem sie sich selbst messen lassen müssen. Alle o. g. Heuchelei wird da früher oder später eben duch diesen Maßstab zuschanden. Wenn die Massen merken, dass die unfähigen Genossen an der Spitze von Staat und "Partei" sie nicht in der versprochene Utopia führen, verweigern sie ihnen früher oder später die Gefolgschaft. Genossen, die im Grunde nur als Opportunisten Karriere machen wollen, lassen ihre linken Überzeugungen als hinderlichen Ballast früher oder später fallen - siehe die Karriere mancher Ex-Jusos :rolleyes:
Genossen, die weder starrsinnig an Fehlern festhalten noch ihre Überzeugungen aufgeben wollen, sind dann gezwungen, sich und ihre Ideologie geistig weiter zu entwickeln.
Und selbst, wenn es sehr fraglich ist, ob eine Gesellschaft oder gar die ganze Welt zu 100 Prozent nach linken Ideen geformt werden kann (außer man zählt alle Formen des Anarchismus zur Linken, was ich für unredlich halte), so wird eine Welt und eine Gesellschaft ohne Linke schnell zum Horrortrip. Weil die Genossen nun mal auf allen Ebenen Erkenntnisse formuliert und Einsichten gehabt haben, die über das frugaler Einerlei linken Seins und linker Tagespolitik hinaus reichen. So hat Marx Jahrzehnte dazu gebraucht, um zu formulieren, wie Überakkumulation von Kapital zu Verelendung der Armen und Akkumulationskrisen des Kapitals führt. Ich brauche dazu nur zwanzig Minuten und zwei Luftballons - und Lehmanns & Co. folgten sozusagen lehrbuchmäßig den Gesetzmäßigkeiten des Herrn Marx. Das kommt davon, wenn man meint, als "Sieger der Geschichte" die Marx-Engels-Werke in den Müll zu schmeißen. Das habe ich 2000 auch gemacht, als ich bei vorletzten Blase (IT-Hype) dabei war - die Wirklichkeit hat mich wieder eingeholt.
Abgesehen von einer erschreckenden oder absurden Folgerichtigkeit bei der Analyse des Kapitalismus steht die Linke für die Gleichheit aller Menschen und dafür, als sich ihrer selbst bewusste Menschen die Geschichte zu einem guten Ende zu führen.
Das völlige, 100%ige Linkssein mag angesichts zu viel Optimismus und auch Determinismus zum Positiven zum Scheitern und zu Frustrationen verurteilt sein. Doch was bringt seine totale Negation hervor?
1. Den Glauben an den Markt, der alles von selbst richtet und dessen Wirken sich alle unterzuordnen haben und den keiner hinterfragen darf.
2. Menschenverachtung etwa in der Form "Gott hat die Welt nur für mich und meinesgleichen gemacht" (konservativ) oder "Wir sind die Sieger der Geschichte und zur Hölle mit den Verlierern" (liberal).
3. Leben und Geschichte als ewiger Kreislauf, Zyklus, Auf und Ab ohne Richtung. Weil alles immer gleich ist, war und sein wird, braucht man sich da um nichts zu kümmern, nach nichts streben, sich im Grunde nicht anstrengen.
Wer will in einer Welt leben, die so strukturiert ist? Wer will Mitmenschen, Freunde, Verwandte, Eltern oder gar Kinder, die so denken? Zynismus mag eine feine Sache sein, wenn es Fremde trifft, doch wenn man sich die einschlägigen menschenverachtenden Sprüche am Familientisch, im Freundeskreis anhören will, kriegt man irgendwann das :kotz: Was sind das für Familien, wo das Gör nach erfolgreicher Indoktrination durch neoliberale Medien den arbeitslosen Vatern anschnauzt: "Such die gefälligst einen Job"?
Obwohl ich den Spruch "wer mir 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch Kommunist ist, hat keinen Verstand" wegen seiner Apologie für Opportunismus und weil er Lernprozesse ausblendet, für falsch halte, hat er vielleicht einen wahren Kern. Selbst und gerade als zynischer "alter Sack" oder "Säckin" mag man sich bei der jungen Generation nicht das Spiegelbild des eigenen Zynismus, der oft mit Versagen und Scheitern verbunden ist, wünschen, sonder das Gute, Wahre und Schöne. Und das ist nun mal in Teilen links :)
Linke als "Optimisten" zu bezeichnen ist schon eine Frechheit. Linke sind keine Optimisten, Linke sind Utopisten. Und nein, sie lassen sich nicht daran messen, was sie in der Geschichte denn alles verbockt haben, sie wollen gefälligst nur an dem gemessen werden, was sie gerade machen. Ein Optimist will das beste, ein Utopist will mehr. Das Problem der Linken ist, dass in ihre schöne kleine Welt für Liberale und Konservative einfach gar kein Platz ist, diese altbackenen Pseudorealisten sollen möglichst schnell verschwinden, und weil sie immer wieder kritisieren, wurden sie in den meisten staatlichen Systemen auch schnell um die Ecke gebracht. In liberalen Systemen dagegen dürfen die Linken sich immer noch auskotzen, sie werden eben nicht verschwunden, und das ist es, was die Linken gesellschaftlich absolut untragbar macht; sie gehen von einer Welt aus, wo es sowas wie Ideologien gar nicht mehr gibt und alle fröhliche Kommunisten sind. Was mich bei dieser komischen These immer wieder gestört hat: Was passiert eigentlich im kommunistischen Paradies mit denen, die keine Kommunisten sein wollen? "Staatsfeindliches Subjekt"? Naja!
Wenn es keine Linke gäbe müsste es doch keinen totalen Glauben an den Markt geben. Jeder darf ihn hinterfragen, im Gegensatz zur Planwirtschaft, die keiner hinterfragen durfte. Linke sehen für sich in eine bessere Zukunft und für ihre ideologischen Gegner den Knast. Wer zu reich ist, kommt weg. Die Linke steht für die Gleichheit aller Linken, und noch nicht mal das wird eingehalten. Bei fast allen Linken, mit denen ich bisher diskutierte, wurde von der Gegenseite irgendwann einfach die Diskussion abgebrochen, weil ich "zu rechts" oder "zu liberal" oder einfach "zu unlinks" war. Linke Toleranz habe ich schon häufig erlebt: Gegenüber Ausländern und Linken. Der Rest wird doch inne Tonne gekloppt, darf sehen, wo er bleibt.
Gerade junge Linke, die vorgeben das "Gute und Schöne" zu wollen, gehen dafür über Leichen und beschwören so viel mehr das Hässliche und Böse. Und sie wollen es gar nicht besser wissen, sie wollen nichts lernen, bis sie irgendwann merken, dass die Welt um sie herum nicht wie bei den ganzen linken Theoretikern läuft, dass die meisten Menschen, die da in Armut leben und für die man sich doch so toll eingesetzt hatte, genauso große Arschlöcher sind wie die Manager, die man doch so hasste und dass die Ausländer, für die man doch so kämpfte, einen doch nur als "Scheiß Kartoffel" ansehen. Das ist das traurige Dasein eines Linken, und wer mit 40 immer noch glaubt, so ein System könnte funktionieren, der muss wirklich dämlich sein.
Ich habe mit 4. abgestimmt.
Das haben bisher alle gemacht, die nicht mit 1. abgestimmt haben.
Was mir zeigt, dass es nicht um die aktuelle Finanzkrise allein geht, sondern um das System insgesamt, das sie möglich gemacht hat. Da habe ich mich gestern mit Freunden drüber unterhalten und da kam die Frage auf:
Was wäre denn, wenn es keine Finenzkrise gegeben hätte, aber das System ansonsten alles genauso gemacht hätte? Also Geld aus der realen Wirtschaft ziehen und es den einfachen Menschen wegnehmen und unproduktiv zirkulieren lassen :rolleyes:
Dann hätte das eigentliche Übel nur weiter im Stillen wuchern können und alle hätten angesichts schöner Statistiken geglaubt, es gehe aufwärts, auch wenn ein Blick auf die Straße einen da manchmal eines Besseren belehrt :rolleyes:
So kann man wenigstens fragen, wie das denn ist mit der Staatskritik der Neoliberalen und der immerzu geforderten Eigenverantwortung, wenn bei Lehmanns und co. der Staat plötzlich mit dreistellien Milliardensummen einspringt?
Man kann auch fragen, was das soll, wenn einfache Menschen selbst bei bescheidenen Anschaffungen ein schlechtes Gewissen kriegen, ihnen "raus aus den Schulden", "Sparen, sparen, sparen" und jeden Cent viermal umdrehen gepredeigt wird, aber im Finanzwesen die Milliarden so verbraten werden als ob das nur Spielgeld sei. Die Herren Manager sollen sich durch ihr arrogantes Gebaren ruhig noch weiter in die Nesseln setzen, dann ist wenigstens mal Ruhe mit den Hetzdiskursen gegen einfache Menschen. Uns Berlinern kann der Herr Sarrazin ja dann raten, auf den Kanaren Urlaub zu machen, um Heizkosten zu sparen :]
Leo Navis
13.10.2008, 11:29
So kann man wenigstens fragen, wie das denn ist mit der Staatskritik der Neoliberalen und der immerzu geforderten Eigenverantwortung, wenn bei Lehmanns und co. der Staat plötzlich mit dreistellien Milliardensummen einspringt?
Exakt das ist die Frage. Die Antwort lautet: Das sind keine Liberalen, die da an der Spitze sitzen. Auch keine Neoliberalen. das sind Wucherer.
(...)sie wollen nichts lernen, bis sie irgendwann merken, dass die Welt um sie herum nicht wie bei den ganzen linken Theoretikern läuft(...)
Bei der Finanzkrise läuft die Welt auf geradezu absurde Weise nach den linken Theoretikern. Nicht einmal ich hätte das gedacht - ich hielt meine Nummer mit den Luftballons immer für Satire und habe den Ehrgeiz des Systems unterschätzt, jede Satire noch zu toppen :rolleyes:
Exakt das ist die Frage. Die Antwort lautet: Das sind keine Liberalen, die da an der Spitze sitzen. Auch keine Neoliberalen. das sind Wucherer.
Mit dem selben "Recht" könnte ich behaupten, wenn ein linkes System gescheitert ist, dass an der Spitze keine Linken sitzen.
Leo Navis
13.10.2008, 11:59
Bei der Finanzkrise läuft die Welt auf geradezu absurde Weise nach den linken Theoretikern. Nicht einmal ich hätte das gedacht - ich hielt meine Nummer mit den Luftballons immer für Satire und habe den Ehrgeiz des Systems unterschätzt, jede Satire noch zu toppen :rolleyes:
Die Welt läuft nach liberalen Theoretikern. Es ist logisch, dass die Kurse nicht durchgehend nach oben schnellen, wer viel verdient, wird auch viel verlieren, das Wechselspiel von Gewinn und Verlust, von Krise und Wachstum kannst Du in jeder liberaler Wirtschaftstheorie finden. Was jetzt liberal wäre, wäre, die Banken mit ihrer Krise alleine zu lassen, man kann schließlich ein Wirtschaftssystem nicht "zur Hälfte" durchsetzen, dass das nicht klappt, ist klar. Was gerade passiert, ist, dass ein Haufen Wucherer im Namen des Liberalismus und auf Kosten des kleinen Mannes sich die Taschen vollstopfen.
Die Welt läuft nach liberalen Theoretikern. Es ist logisch, dass die Kurse nicht durchgehend nach oben schnellen, wer viel verdient, wird auch viel verlieren, das Wechselspiel von Gewinn und Verlust, von Krise und Wachstum kannst Du in jeder liberaler Wirtschaftstheorie finden. Was jetzt liberal wäre, wäre, die Banken mit ihrer Krise alleine zu lassen, man kann schließlich ein Wirtschaftssystem nicht "zur Hälfte" durchsetzen, dass das nicht klappt, ist klar. Was gerade passiert, ist, dass ein Haufen Wucherer im Namen des Liberalismus und auf Kosten des kleinen Mannes sich die Taschen vollstopfen.
Wie schon in deinem letzten Post ignorierst du in der Theorie selbst angelegte Fehler und erklärst systemimmanentes Versagen mit "den Umständen" resp. bösen Menschen - den "Wucherern". Das ist ungefähr so wie wenn ein Linker den Horror der SU in der 1930ern ff. ausschließlich mit der Person Stalin erklären würde und die im System angelegten Fehler, ohne die Stalin nicht die Macht auch sich hätte konzentrieren können, völlig ausblendet.
Deine "Wucherer" hätten nicht so groß und allgegenwärtig werden können, wenn sie nicht Teil - Nutznießer und Träger - des jetzigen "liberalen" Systems wären. Sie sind letztendlich eine logische Konsequenz daraus, dass der - wirtschaftliche - Liberalismus in den letzten Jahrzenten sowohl Konservative als auch Linke an den Rand gedrängt hat. Bei der Union hatten gefälligst alle "wirtschaftsliberal" zu sein und selbst bei uns Linken tut man sich mit der Abgrenzung vom Liberalismus manchmal schwer. Analog zu "wirtschaftsliberalen" Konservativen hätten die Liberalen am liebsten nur noch "linksliberale" Linke. Auf dass alle dem Treiben "am Markt" zusehen und Kapitalismus auch dann als Schicksal hinnehmen, wenn sie davon nur noch Nachteile haben. Von CSU bis Linkspartei sollen da alle im Wirtschaftlichen und Sozialen nur noch Befehlsempfänger neoliberaler Think-Tanks, der ISNM, der Bertelsmann-Stiftung und wie sie alle heißen, sein. Von CSU bis Linkspartei sind schon alle auf die Fresse gefallen, weil sie diese menschenfeindliche Politik umgesetzt haben.
Wo das Geld geblieben, dass die alle den einfachen Menschen und der realen Wirtschaft weggenommen haben, sieht man ja jetzt.
Und es ist auch kein Zufall, dass die Staaten der EU, die immer weniger Mittel für die Belange einfacher Menschen hatten, jetzt 1000 Milliarden Euro für den Finanzsektor aufbringen können - Das Vertrauen kehrt zurück (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,583884,00.html). Wenn sie so weiter machen, wird der Vorschlaghammer vielleicht folgen :rolleyes:
Wenn du das System nicht "Liberalismus" nennen willst, nenne es Stamokap (http://de.wikipedia.org/wiki/StaMoKap) - das kommt aufs Gleiche raus :rolleyes:
Wenn du das System nicht "Liberalismus" nennen willst, nenne es Stamokap (http://de.wikipedia.org/wiki/StaMoKap) - das kommt aufs Gleiche raus :rolleyes:
Ich denke das ist ganz und gar nicht das Selbe. Jeder Liberale lehnt den Stamokap ab. (Was weder für sie noch gegen sie spricht, nur haben sie eben einen anderen wirtschafttheoretischen Ansatz. Hingegen gab/gibt es Linke und Sozialdemokraten die bei richtiger Lenkung nichts gegen Stamokap haben.)
Aber Stamokap ist allerdings das was sich z. Z. zunehmend wieder entwickelt, eben aus der derzeitigen Krise heraus. Ob man das gut findet oder nicht ist aus meiner pragmatischen Sicht erstmal gar nicht relevant. Fakt ist, das es erstmal so ist.
Die Frage nun, was man jetzt daraus macht, bzw. wie (und von wem) er "beherrscht" wird. Also durchaus jetzt aus der alten sozialdemokratischen Sichtweise heraus gedacht, wie sie Rudolf Hilferding in "Das Finanzkapital" beschrieben hat.
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HilferdingRudolf/index.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Hilferding
Der Mann hat m. e. diesbezüglich sowieso die Grundlage für diese Sichtweise gelegt (und nicht Lenin, der Hilferding gelesen und merkwürdig "weiterentwickelte", also was ganz anderes draus gemacht hat, aber das nur nebenbei).
Ich fürchte, wir haben nicht das Personal, das die Krise als Chance nimmt nun eine Politik zu machen, die Interessen des Volkes in den Fordergurnd zu stellen, da werden doch eher wieder strauchelnde "Eliten" bedient werden, die man nicht ins Bodenlose stürzen läßt, weil man mit ihnen letztlich verbandelt ist.
Ein bischen Markulatur und markige Sprüche für´s Volk über die Medien und schon beruhigen sich viele wieder ganz schnell. Nach dem Motto Merkel und Steinbrück werden es schon richten. Wir werden ja sehen.
Ich habe mir gestern "Die kleine Geschichte der SPD" von Susanne Miller und Heinrich Potthoff aus den Tiefen meines Bücherregals hervorgekramt und lange drin gelesen. Es ist schon eine klassische Tragödie, wie diese Partei von den letzten Generationen (für mich beginnend bereits mit Brandt, aber damals noch nicht so sichtbar) gegen die Wand gefahren wurde. Vom schlimmsten Verrat in ihrer Geschichte, durch die Generation Schröder begangen, und der Bekämpfung ihrer eigenen Klientel von oben durch die Hartz IV-Gesetzgebung und anderes.
Das hatte gar nichts mehr mit links und rechts zu tun, es war schlichtweg die Kriegserklärung einer abgehobenen arroganten Parteiführung gegen die Mitglieder der eigenen Partei und letztlich das ganze Volk.
Patriotische Sozialdemokraten wie Ebert, Scheidemann, Hilferding, Noske bis hin zu Kurt Schumacher, -und wohl auch Herbert Wehner!- würden sich heute im Grabe umdrehen, wenn sie sehen könnten, was aus dieser Partei geworden ist.
Das waren ja mal alles überwiegend linke Sprücheklopfer diese Schröderleute (in 68er Jusozeiten).
Es war der historische Fehler von Brandt, diesen Leuten die Türen geöffnet zu haben, sie erkannten anscheinend nicht, was da für eine charakterlose Brut heranwächst. Hatte die sozialdemokratische Generation vor Brandt noch ein Gespür dafür, wann man die Hand reicht und wann man die Faust ausfährt, so ging das in den Sechzigern vollkommen verloren.
Leo Navis
14.10.2008, 11:47
Wie schon in deinem letzten Post ignorierst du in der Theorie selbst angelegte Fehler und erklärst systemimmanentes Versagen mit "den Umständen" resp. bösen Menschen - den "Wucherern". Das ist ungefähr so wie wenn ein Linker den Horror der SU in der 1930ern ff. ausschließlich mit der Person Stalin erklären würde und die im System angelegten Fehler, ohne die Stalin nicht die Macht auch sich hätte konzentrieren können, völlig ausblendet.
Deine "Wucherer" hätten nicht so groß und allgegenwärtig werden können, wenn sie nicht Teil - Nutznießer und Träger - des jetzigen "liberalen" Systems wären.Sie sind letztendlich eine logische Konsequenz daraus, dass der - wirtschaftliche - Liberalismus in den letzten Jahrzenten sowohl Konservative als auch Linke an den Rand gedrängt hat. Bei der Union hatten gefälligst alle "wirtschaftsliberal" zu sein und selbst bei uns Linken tut man sich mit der Abgrenzung vom Liberalismus manchmal schwer.
So ein Unsinn! Die noch etwas klarer denkenden Liberalen in der CDU werden doch regelmäßig abgesäbelt - guck Dir nur Merz an! Du willst doch nicht allen Ernstes beispielsweise Angela Merkel als "Wirtschaftsliberale" bezeichnen, von der Führung der SPD mal völlig abgesehen! Was Du siehst, ist Dein bösartiges Feindbild, die "Liberalen", die in allen Bereichen schlecht sein müssen und denen Du dafür sämtliche Scheiße der letzten Jahrzehnte in die Schuhe schiebst. Wir haben bis heute jede Menge Protektionismus, Subventionen und überall staatliche Eingriffe, wo sie in einem liberalen System nicht mal denkbar wären.
Analog zu "wirtschaftsliberalen" Konservativen hätten die Liberalen am liebsten nur noch "linksliberale" Linke. Auf dass alle dem Treiben "am Markt" zusehen und Kapitalismus auch dann als Schicksal hinnehmen, wenn sie davon nur noch Nachteile haben. Von CSU bis Linkspartei sollen da alle im Wirtschaftlichen und Sozialen nur noch Befehlsempfänger neoliberaler Think-Tanks, der ISNM, der Bertelsmann-Stiftung und wie sie alle heißen, sein. Von CSU bis Linkspartei sind schon alle auf die Fresse gefallen, weil sie diese menschenfeindliche Politik umgesetzt haben.
Das wird ja immer besser. Es ist mit der Kern neoliberaler Ideologie, dass die Politik eben nicht nur noch Empfänger der Befehle großer Wirtschaftskonzerne wird.
Und es ist auch kein Zufall, dass die Staaten der EU, die immer weniger Mittel für die Belange einfacher Menschen hatten, jetzt 1000 Milliarden Euro für den Finanzsektor aufbringen können - Das Vertrauen kehrt zurück (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,583884,00.html). Wenn sie so weiter machen, wird der Vorschlaghammer vielleicht folgen :rolleyes:
Wenn du das System nicht "Liberalismus" nennen willst, nenne es Stamokap (http://de.wikipedia.org/wiki/StaMoKap) - das kommt aufs Gleiche raus :rolleyes:
Stamokap passt schon eher, ja. Mit Liberalismus hat das alles nur sehr wenig zu tun.
In unserem heutigen System wird die Politik von den Konzernen über Lobbyismus und "Spenden" gefüttert und gesteuert, die Korruption blüht. Liberalismus ist ungefähr das Gegenteil von dem, was wir heute haben.
Ich habe mir gestern "Die kleine Geschichte der SPD" von Susanne Miller und Heinrich Potthoff aus den Tiefen meines Bücherregals hervorgekramt und lange drin gelesen. Es ist schon eine klassische Tragödie, wie diese Partei von den letzten Generationen (für mich beginnend bereits mit Brandt, aber damals noch nicht so sichtbar) gegen die Wand gefahren wurde. Vom schlimmsten Verrat in ihrer Geschichte, durch die Generation Schröder begangen, und der Bekämpfung ihrer eigenen Klientel von oben durch die Hartz IV-Gesetzgebung und anderes.
Das hatte gar nichts mehr mit links und rechts zu tun, es war schlichtweg die Kriegserklärung einer abgehobenen arroganten Parteiführung gegen die Mitglieder der eigenen Partei und letztlich das ganze Volk.
Patriotische Sozialdemokraten wie Ebert, Scheidemann, Hilferding, Noske bis hin zu Kurt Schumacher, -und wohl auch Herbert Wehner!- würden sich heute im Grabe umdrehen, wenn sie sehen könnten, was aus dieser Partei geworden ist.
Das waren ja mal alles überwiegend linke Sprücheklopfer diese Schröderleute (in 68er Jusozeiten).
Es war der historische Fehler von Brandt, diesen Leuten die Türen geöffnet zu haben, sie erkannten anscheinend nicht, was da für eine charakterlose Brut heranwächst. Hatte die sozialdemokratische Generation vor Brandt noch ein Gespür dafür, wann man die Hand reicht und wann man die Faust ausfährt, so ging das in den Sechzigern vollkommen verloren.
Obwohl ich in vielen Details anderer Meinung bin, hast du im Kern Recht. Man sieht das ja schon an den Sprüchen von Leuten wie Sarrazin - da wird gezielt die eigene Klientel diffamiert und madig gemacht. Damit dann ein sozialdemokratischer Finanzminister 470 Milliarden Euro für den Finanzsektor locker machen kann :rolleyes:
Typisch. Sobald etwas passiert, was in seiner Wirkung über bereits förmlich lebensentscheidende Themen wie Pendlerpauschale, Erbschaftssteuer oder Hinterhofmoscheen hinausgeht, löst das beim weichgespülten deutschen Michel gleich einmal einen tiefen Seufzer mit den Worten "Nichts wird mehr so sein, wie es mal war."
Bienvenue en Allemagne!
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