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Vollständige Version anzeigen : Kollektivismus/Individualismus



eintiroler
24.09.2008, 14:21
In einem anderen Strang kam es im Laufe einer Diskussion mit Parker zu folgender Aussage:


Ich habe so das Gefühl, politische Ideen unterscheiden sich darin, ob sie grundsätzlich eher kollektivistisch oder individualistisch orientiert sind.

Ist dem so? Wo liegen Vor- und Nachteile des Kollektivismus bzw. des Individualismus?
Sind demnach die Gemeinsamkeiten eines Linkskollektiven und einem Rechtskollektiven größer, als zwischen einem Rechtskollektiven und einem Rechtsliberalen?
Fragen über Fragen, doch wer kann mir die Antwort sagen? Das Thema ist eröffnet.

Parker
24.09.2008, 14:47
Dann fange ich mal ganz naiv an und stelle einige Thesen in den Raum, die ich ganz interessant finde:


Wenn wir mal nur der Wortbedeutung folgen wollen, ist Sozialismus oder auch Kommunismus kollektivistisch in Reinform, ohne dabei eine Einschränkung zu machen. 'Alle Menschen werden Brüder.'

Der Nationalsozialismus unterscheidet sich davon in erster Linie durch eine Engerfassung des Kollektivs auf die Nation und relativer Gleichgültigkeit, möglicherweise auch Konkurrenz in jeder denkbaren Form gegen all jene, die ihr nicht angehören.

Der Liberalismus im Gegensatz dazu, hat sich vom Kollektiv weitgehend verabschiedet und widmet sich verstärkt dem Individuum, seinen Bedürfnissen und Rechten. Für den Starken ist das gut. Der Schwächere droht auf der Strecke zu bleiben.

Der ältere, vielleicht primitivere Ansatz ist der Kollektivismus, genaugenommen der, welcher sich auf die Bedürfnisse einer recht kleinen Gruppe von sich einander verbundenen fühlender Menschen widmet. In einer Zeit, in der Zusammenhalt dringend benötigt wird, um überhaupt zu überleben, ist Gemeinschaft unerläßlich.

Wenn ich recht habe, wäre eine Gesellschaftsform, die einen übelklingenden Namen führen müßte, die natürliche, fast zwingend gebotene Wahl einer Menschengruppe, die unter widrigen Lebensumständen um's bloße Überleben fürchten muß.

Die jüngere Form, der Individualismus basiert nicht zuletzt zwingend darauf, daß die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Er ist also in gewisser Weise ein Luxus.

eintiroler
24.09.2008, 15:08
Wenn wir mal nur der Wortbedeutung folgen wollen, ist Sozialismus oder auch Kommunismus kollektivistisch in Reinform, ohne dabei eine Einschränkung zu machen. 'Alle Menschen werden Brüder.'


Darauf wollte ich mit meiner Anfangsfrage auch hinweisen. Wieder ein Punkt in dem sich Nationalsozialisten und Kommunisten um nichts nachstehen. Die Parallelen dieser Ideologien sind wie oft unübersehbar.



Der Nationalsozialismus unterscheidet sich davon in erster Linie durch eine Engerfassung des Kollektivs auf die Nation und relativer Gleichgültigkeit, möglicherweise auch Konkurrenz in jeder denkbaren Form gegen all jene, die ihr nicht angehören.


Da stimme ich wieder zu.



Der Liberalismus im Gegensatz dazu, hat sich vom Kollektiv weitgehend verabschiedet und widmet sich verstärkt dem Individuum, seinen Bedürfnissen und Rechten. Für den Starken ist das gut. Der Schwächere droht auf der Strecke zu bleiben.


Das ist einer dieser Punkte, auf denen ich als Kollektivist immer beharre. Liberalismus ist unsozial und für mich in einer gewissen Art auch unmenschlich.
Der Starke ist im Liberalismus auch auf sich gestellt und die Möglichkeit einer Vereinsamung ist natürlich auch gegeben.
Im Übrigen ist der Starke auch im Kollektivismus stärker als der Schwache, nur die Unterschiede zwischen beiden sind bei weitem nicht so gravierend.
Im Absolutismus, Totalitarismus usw. ist dies natürlich wieder anders. Dort wird das Individuum völlig entwertet. Im Kollektivismus hingegen wird das Hauptaugenmerk auf die Gemeinschaft gelegt.



Der ältere, vielleicht primitivere Ansatz ist der Kollektivismus, genaugenommen der, welcher sich auf die Bedürfnisse einer recht kleinen Gruppe von sich einander verbundenen fühlender Menschen widmet. In einer Zeit, in der Zusammenhalt dringend benötigt wird, um überhaupt zu überleben, ist Gemeinschaft unerläßlich.


1. Bin ich Traditionalist und 2. Föderalist
Deshalb richte ich meine Meinung immer auf dezentral geregelte Staaten aus. Wo die Demokratie noch eher in der Hand des Menschen liegt. Also des einzelnen. Wieder ein Punkt, in dem auch der Kollektivist den einzelnen als Teil des Ganzen betrachtet. Ihn aber nicht als unwichtig abtut.
Gegenfrage: Ist die Gemeinschaft irgendwann unwichtiger? bzw. ist sie heute unnötig?



Wenn ich recht habe, wäre eine Gesellschaftsform, die einen übelklingenden Namen führen müßte, die natürliche, fast zwingend gebotene Wahl einer Menschengruppe, die unter widrigen Lebensumständen um's bloße Überleben fürchten muß.


Das verstehe ich nicht ganz.
Zum anderen: Es geht eigentlich eher den Liberalen ums nackte Überleben. Der Kollektivist will zwar auch überleben, aber eher setzt er sich für den Erhalt seiner Gemeinschaft ein, als um den egostischen Selbsterhaltungstrieb.
Dem Kollektivist geht es kurz gesagt darum das Volk zu einer Blüte zu bringen und es zu einen.



Die jüngere Form, der Individualismus basiert nicht zuletzt zwingend darauf, daß die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Er ist also in gewisser Weise ein Luxus.

Luxus lässt den Menschen oft verrohen, wenn er damit nicht umgehen kann. Um einen abgelutschten Spruch zu nehmen: Freiheit wirkt toxisch.
Stimmt zwar nicht immer, aber leider oft genug.

Parker
24.09.2008, 15:14
[...]
Das verstehe ich nicht ganz.
[...]

Stammesgruppen sind im Kern nationalsozialistisch organisiert. Das wäre die älteste Gesellschaftsform der Menschheitsgeschichte.

Jetzt hätte ich gern mal eine Moderatorenmeinung, ob das so geht und drücke erstmalig in meiner Foristenkarriere auf den Meldeknopf.

-jmw-
24.09.2008, 15:25
Ja...
Ich schmeiss erstmal einfach nur ungeordnet was hier herein, was mir spontan in den Sinn kommt:

Kollektivismus: Von der Gemeinschaft aus gedacht oder auf die Gemeinschaft bezogen?;
Individualismus: Vom Individuum aus gedacht oder auf das Individuum bezogen?

Anders: Wir hatten hier im Forum vor geraumer Zeit einen Nutzer mit dem Nick "Etatist", der einen ausgesprochen widerlichen Mix aus Sozialdemokratismus, Konservativismus, Egalitarismus und Autoritarismus vertrat.
Er vertrat ihn allerdings, so zumindest mein Eindruck, recht begründungsschwach und, dass ist jetzt meine ganz persönliche sympthomatische Deutung seiner Beiträge, also bitte keine Beleg fordern, v.a. deshalb, weil er die Vorstellung ziemlich geil fand, auf anderen, die sein Gartenzwergidyll nicht hinreichend zu schätzen wissen, legal rumprügeln (lassen) zu dürfen.

Stellt sich nun die Frage, was er denn sei - Kollektivist oder Individualist?
Zwar kann man das vom ihm sich vorgestellte Gemeinwesen ohne Zweifel als ein durch und durch kollektiviertes bezeichnen, allein, die Gründe, aus denen er dafür war bzw. wahrscheinlich leider noch ist, sind erheblich individueller und, mehr individuell privater oder persönlicher Natur (- dies im Gegensatz zu zwar auch individuellen, aber nicht auf sich als Individuum bezogenen Überlegungen z.B. darüber, ob etwas allgemein gerecht, zielführend, angemessen usw. sei.).
Man könnte dies einen 'verabsolutierten Individualismus' nennen, einen Kollektivismus und nicht des, sondern eines Individuums willen;
oder auch vielleicht einfach Egozentrik...

Kollektivismus kann natürlich auch anders aussehen.
Er kann ein solcher sein, der nicht (nur) auf der "Ich find's toll"-Schiene fährt.

Beispielhaft sei hier genannt der Satz Michael Kühnens unter dem Stichwort 'Biologischer Humanismus':
"(D)er Mensch nur lebensfähig als Gemeinschaftswesen. Die Gemeinschaft allein macht den Menschen zum Menschen und damit sein Leben wert- und sinnvoll."
Der Mensch wird also, soweit es nicht um seine blosse Biologie geht, also kann man sagen: das Individuum, die [I]Person wird also von der Gemeinschaft oder Gesellschaft her gedacht - und dies nicht, weil der Herr Kühnen das privat mal eben ganz dolle fand!
Das ist sozusagen die kollektivistische Form des Kollektivismus, im Gegensatz stehend zur (privat-)individualistischen Form von oben.

Als dritte Kategorie können wir aufmachen einen Kollektivismus, der vom Individuum gedacht wird und vom Individuum ausgeht.
Dazu fällt mir nicht mehr als, als dass es sich dabei um einen Kollektivismus handelte, der konsequent begründet wird vom Individuum her, also z.B. damit, dass es für das Individuum besser sei, kollektivistisch zu leben.

(Eben dies war die religiöse bzw. kosmologische Begründung des alten indischen Kastenwesens: Dass die Einbindung in die Kollektive dem Einzelnen angemessen sei und es also immer um ihn ginge, nicht um's Kollektiv.)


Können wir das auch mit dem Individualismus machen?
Hab ich ehrlich gesagt so noch nicht gründlich nachgedacht drüber.
Wie sähe das wohl aus? (Abgekürzt dies. Ich muss noch einkaufen. :) )
Wir hätten einerseits einen "privatindividualistischen Individualismus", laut dem Individualismus sein soll, weil der ihn Forderne 'es halt so will';
einen "allgemein-individualistischen Individualismus", der mit noch anderen Gründen aufwarten kann;
und einen "kollektivistischen Individualismus", der Individualismus von der Gemeinschaft her begründet - ein sehr spannender Fall und mir fällt auf die Schnelle nix ein, wie das funzen sollte.

Naja, soweit dazu erstmal.
Wenn es euch a bissl verworren vorkommt, geht's euch wie mir. :D

ochmensch
24.09.2008, 15:43
Ich denke, der positive Sinn im Kollektivismus besteht darin, dass er das Gemeinwohl über das Wohl von Einzelnen stellt. Man geht also davon aus, dass das "Nettowohlergehen" ein höheres ist, wenn sich jeder zugunsten der Allgemeinheit von eine relativ unflexible Rolle festnageln lässt. Der Haken bei der Sache ist natürlich die fehlende Motivation des Einzelnen, dessen Leistungen ja quasi auf ein ganzen Volk aufgeteilt werden und somit ihm selbst kaum einen Vorteil bringen. Zu einem funktionierenden Kollektivismus gehört also eine ordentliche Portion Propaganda, damit der Mensch weiß, wofür er sich überhaupt anstrengt. Der Vorteil ist, dass letztendlich kaum einer von der Gesellschaft zurückgelassen wird, jeder Mensch ist wichtig und hat eine Aufgabe. Der Nachteil ist, dass es kaum zu Innovationen kommen kann, wenn alle auf ihre Rollen festgelegt sind und nicht für sich selbst, sondern für alle wirtschaften.
Der Individualismus / Liberalismus interessiert sich kaum für ein Gemeinwohl, "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht", dürfte es gut zusammenfassen. Der Grundgedanke ist wohl, dass sich jeder Mensch so frei wie möglich entfalten können sollte. Man geht also vom ideenreichen, selbstsicheren Menschen aus, der schaffen will. Das erzeugt natürlich Wettbewerb, geniale Erfindungen und Wohlstand. Es erzeugt aber auch eine Abkehr von gesellschaftlichen Werten. Da der Mensch sich selbst im Mittelpunkt sieht, zählen für ihn Dinge, die einmal gesellschaftlicher Konsenz für ein positives Zusammenleben waren, nicht mehr. Das heißt, es geht eine gewisse Ethik für den Umgang mit anderen verloren. Man neigt dazu, alles, was man tut, als Recht auf persönliche Freiheit anzusehen und übersieht, dass, wenn jeder so handeln würde, es bald nur noch Mord und Totschlag gäbe.
Also für mich müsste eine Gesellschaft eine gesunde Mischung aus beidem aufweisen. Wir sollten keinem verbieten, seinen Lebensweg zu gehen, aber er muss sich dabei an Regeln halten und konstruktiv für die Gesellschaft wirken.

Gladius et Titulus
24.09.2008, 15:53
Individualismus ist ein von liberalen Spinnern erfundenes und nichtexistentes Konstrukt. Der Mensch lebt von Natur stets kollektivistisch und daran kann man auch nichts ändern, zumal es tatsächlich so ist, dass ein Mensch nur in einem sehr begrenzten Raum einzigartig (sprich individuel) ist. Alle Eigenschaften und Besonderheiten eines Menschen haben auch andere Menschen, nur nicht in der selben Kombination.

Außerdem kann sich menschliches Denken nur durch kollektives Handeln durchsetzen, dass beste Beispiel hierzu ist die Politik. Eine Stimme bringt eine Partei nicht ins Parlament - die Masse machts. :]

Ahab
24.09.2008, 16:19
Individualismus is' nicht...

Wir sind immer irgendwie in irgendeine bestimmte soziale Umgebung eingebracht, von der man sich nicht abgrenzen kann, egal wie sehr man sich noch auf sein Ego fixiert.
Da wird sich trotz dem der Sprache, Bildung, Kultur und vor allem der Statussymbole bedient, die Zugehörigkeit und/oder Status anzeigen.

Mag sein das gerne Anderes propagiert wird, aber Menschen sind eigentlich für ein "kollektivistisches" Dasein bestimmt.

Wieso aber ideologische Konstrukte die darauf aufbauen, oft eben genau an diesem Punkt scheitern ist mir irgendwie ein Rätsel.

-jmw-
24.09.2008, 16:35
Individualismus ist ein von liberalen Spinnern erfundenes und nichtexistentes Konstrukt.
Aha, ja.
Und Kollektivismus ist im Gegenteil dazu eine Sache, die wir draussen im Wald finden und anfassen können oder wie?

"Ismen" sind immer Konstrukte, "zweitnatürlich" - ausgedacht!
Dies, um bestimmte Phänomene, Ansichten usw. zu beschreiben.


Der Mensch lebt von Natur stets kollektivistisch
Das ist, rein ethnologisch betrachtet, nicht richtig.

Und historisch gesehen ist ein "Ismus", siehe oben, eh etwas, was erst ab einem bestimmten Level des Denkens auftritt.
"Von Natur" aus sind Menschen einfach.
Das Darübernachdenken kommt später, wohlmöglich sehr viel später.


zumal es tatsächlich so ist, dass ein Mensch nur in einem sehr begrenzten Raum einzigartig (sprich individuel) ist. Alle Eigenschaften und Besonderheiten eines Menschen haben auch andere Menschen, nur nicht in der selben Kombination.
Das ist kein legitimer Einwand, denn das ist nicht der Individuumsbegriff des Individualismus, sondern höchstens ein naturwissenschaftlicher.

(Analog: Wir sollten Diamanten und Menschen gleichbehandeln - sind doch beide Kohlenstoff!)


Außerdem kann sich menschliches Denken nur durch kollektives Handeln durchsetzen
Fass Dir mal an die Nase, dann wirste sehen, dass das so nicht stimmt!

-jmw-
24.09.2008, 16:39
Wir sind immer irgendwie in irgendeine bestimmte soziale Umgebung eingebracht, von der man sich nicht abgrenzen kann, egal wie sehr man sich noch auf sein Ego fixiert.
So so...
Wir, also Du und ich und andere, die wir voneinander abgrenzen können, sind eingebracht in eine soziale Umgebung, die wir von uns abgrenzen können - aber Individualismus is' nicht.

Passt das so?
Irgendwie nicht!


Wieso aber ideologische Konstrukte die darauf aufbauen, oft eben genau an diesem Punkt scheitern ist mir irgendwie ein Rätsel.
Sie scheitern m.E. v.a. daran, dass sie konstruiert sind eben von Individuen, die ihre individuellen Ansichten einfliessen lassen.
Und dann gilt, vielfach, ohne dass man's merkt, als "kollektivistisch" das, was der Kollektivist selber schön, gerecht, effizient, effektiv findet, ohne dass es tatsächlich so ist.

Kurz: Kollektivismus scheitert man Menschen.

Ahab
24.09.2008, 16:52
So so...
Wir, also Du und ich und andere, die wir voneinander abgrenzen können, sind eingebracht in eine soziale Umgebung, die wir von uns abgrenzen können - aber Individualismus is' nicht.

Passt das so?
Irgendwie nicht!



Ha... Du bist aber lustig.

Dass du Menschen sprachlich differenzieren kannst und dass du ignorierst womit ich auf den Punkt komme (nähmlich mit dem hier:



Da wird sich trotz dem der Sprache, Bildung, Kultur und vor allem der Statussymbole bedient, die Zugehörigkeit und/oder Status anzeigen.
)

sagt nichts darüber aus, ob wir nun Individuen sind oder nicht.

Manfred_g
24.09.2008, 17:25
Stammesgruppen sind im Kern nationalsozialistisch organisiert. Das wäre die älteste Gesellschaftsform der Menschheitsgeschichte.

Jetzt hätte ich gern mal eine Moderatorenmeinung, ob das so geht und drücke erstmalig in meiner Foristenkarriere auf den Meldeknopf.

Ich habe den Strang nur mal kurz überflogen, aber eine Grundsatzdiskussion um den Nationalismus lockt uns hier eigentlich nicht aus der Reserve, solange es kein erkennbarer Vorwand ist, nationalsozialistische (im Sinne des Dritten Reiches) Verbrechen zu relativieren oder zu verherrlichen.
Ich denke, eine solche Absicht besteht nicht und ich erkenne im Moment auch nichts, was ich so deuten könnte.

Gladius et Titulus
24.09.2008, 18:28
Aha, ja.
Und Kollektivismus ist im Gegenteil dazu eine Sache, die wir draussen im Wald finden und anfassen können oder wie?

"Ismen" sind immer Konstrukte, "zweitnatürlich" - ausgedacht!
Dies, um bestimmte Phänomene, Ansichten usw. zu beschreiben.


Das ist, rein ethnologisch betrachtet, nicht richtig.

Und historisch gesehen ist ein "Ismus", siehe oben, eh etwas, was erst ab einem bestimmten Level des Denkens auftritt.
"Von Natur" aus sind Menschen einfach.
Das Darübernachdenken kommt später, wohlmöglich sehr viel später.


Das ist kein legitimer Einwand, denn das ist nicht der Individuumsbegriff des Individualismus, sondern höchstens ein naturwissenschaftlicher.

(Analog: Wir sollten Diamanten und Menschen gleichbehandeln - sind doch beide Kohlenstoff!)


Fass Dir mal an die Nase, dann wirste sehen, dass das so nicht stimmt!

1. Kollektivismus lässt sich überal in der Gesellschaft beobachten - im Gegensatz zu Individualismus. Außerdem bezweifle ich gar nicht, dass der Individualismus (wie alle ismem) ein Konstrukt ist - es existiert nur nicht (deswegen schrieb ich ja auch "ausgedachtes und nichtexistentes Konstrukt").

2. Doch, ist es. Denn der Mensch als solcher kennt schließlich nicht umsonst das Gemeinschaftswesen, dass gerade bei ihm sehr ausgeprägt ist.

3. Wie geht Individualismus ohne Individuum? ;)

4. Dem Einwand kann ich nicht so ganz folgen ....

Leila
24.09.2008, 18:58
Wir Menschen sind aufeinander angewiesen, das ganze Leben lang. Wirkliche Individualisten – ich meine solche, die auf keine andern Menschen angewiesen sind – sind sehr selten. Ich sah einen Dokumentarfilm über Abenteurer, die abgeschieden von der Zivilisation in den Weiten Alaskas lebten. Der Hartnäckigste unter ihnen gab sein Einsiedlerleben nach fünfzehn Jahren auf.

Gladius et Titulus
24.09.2008, 18:59
Wir Menschen sind aufeinander angewiesen, das ganze Leben lang. Wirkliche Individualisten – ich meine solche, die auf keine andern Menschen angewiesen sind – sind sehr selten. Ich sah einen Dokumentarfilm über Abenteurer, die abgeschieden von der Zivilisation in den Weiten Alaskas lebten. Der Hartnäckigste unter ihnen gab sein Einsiedlerleben nach fünfzehn Jahren auf.

Korrekt! :top:

-jmw-
24.09.2008, 19:54
Ha... Du bist aber lustig.
Weiss ich doch! :D


Dass du Menschen sprachlich differenzieren kannst und dass du ignorierst womit ich auf den Punkt komme sagt nichts darüber aus, ob wir nun Individuen sind oder nicht.
Schlecht gelaunt heute? ?(

Zum Thema:


Da wird sich trotz dem der Sprache, Bildung, Kultur und vor allem der Statussymbole bedient, die Zugehörigkeit und/oder Status anzeigen.
Menschen fügen sich nunmal ein in Gemeinschaften bzw. Gesellschaften.
Ich sehe nicht, was daran spezifisch individualistisch oder kollektivistisch sein soll.

Gladius et Titulus
24.09.2008, 20:01
Menschen fügen sich nunmal ein in Gemeinschaften bzw. Gesellschaften.
Ich sehe nicht, was daran spezifisch individualistisch oder kollektivistisch sein soll.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektivismus

Unter Kollektivismus wird ein System von Werten und Normen verstanden, in dem das Wohlergehen des Kollektivs die höchste Priorität einnimmt. Die Interessen des Individuums werden denen der Gruppe untergeordnet. Der Gegensatz dazu ist der Individualismus.

Das Kollektiv kann eine Klasse, ein Volk oder jede andere Art von Gemeinschaft sein.

-jmw-
24.09.2008, 20:32
1. Kollektivismus lässt sich überal in der Gesellschaft beobachten - im Gegensatz zu Individualismus. Außerdem bezweifle ich gar nicht, dass der Individualismus (wie alle ismem) ein Konstrukt ist - es existiert nur nicht (deswegen schrieb ich ja auch "ausgedachtes und nichtexistentes Konstrukt").
Was meinst Du damit, Du könnest "Kollektivismus beobachten"?
Kann mir irgendwie nix drunter vorstellen.
Wie gestaltet sich das aus, "Kollektivismus beobachten"?
Schieb mal'n Beispiel rüber! :)

Was ich vermute:
Du beobachtest vielmehr bestimmte Phänomene, die Du dann in die Schublade "Kollektivismus" einordnest.
Ist aber diese Schublade anders konstruiert als die Schublade "Individualismus"?
Ich bezweifle nicht, dass Du bezweifelst, dass Individualismus ein Konstrukt sei;
und das schrieb ich auch nicht.
Ich schrieb, dass Kollektivismus ebenso ein Konstrukt sei. :]


2. Doch, ist es. Denn der Mensch als solcher kennt schließlich nicht umsonst das Gemeinschaftswesen, dass gerade bei ihm sehr ausgeprägt ist.
Hmm...
Und das soll hinreichend Beleg sein, dass Individualismus nicht möglich sei?
Warum?
Ich meine: Warum folgt das eine aus dem anderen?
Auch: Warum sollte ich "Individualismus" nicht so stricken können, dass das inkludiert wird?
Lässt sich von der Gemeinschaftswesenheit des Menschen zwingend ableiten, dass nur von und zur Gemeinschaft gedacht werden kann?


3. Wie geht Individualismus ohne Individuum? ;)
Bin mir jetzt nicht sicher, worauf sich das bezieht.
Das es nicht der Individuumsbegriff des Individualismus sei?
Nun, wenn ja, dann sei zur Erklärung gesagt, dass sicher nur eine begrenzte Zahl an Eigenschaften existiert;
dass aber deren Kombinationsmöglichkeiten nahezu unendlich sind.
Und dass es ja auch nicht Unikum heisst, sondern eben Individuum. ;)


4. Dem Einwand kann ich nicht so ganz folgen ....
Noja, gemeint war: Wo ist das kollektive Handeln, durch das allein sich menschliches Handeln Deiner Aussage nach nur durchsetzen kann, wenn Du Dir an die Nase fasst?
(Ja, gut, war nicht ganz ernst gemeint...)

-jmw-
24.09.2008, 20:37
Wir Menschen sind aufeinander angewiesen, das ganze Leben lang. Wirkliche Individualisten – ich meine solche, die auf keine andern Menschen angewiesen sind – sind sehr selten. Ich sah einen Dokumentarfilm über Abenteurer, die abgeschieden von der Zivilisation in den Weiten Alaskas lebten. Der Hartnäckigste unter ihnen gab sein Einsiedlerleben nach fünfzehn Jahren auf.
Es gibt Leute, die halten's länger aus, soweit ich weiss. :)

Unabhängig davon lieferst Du ein gutes Stichwort dahingehend, dass Deine Individualisten zwar unstreitig Individualisten sind, damit aber noch keineswegs notwendig Individualisten sein müssen.
Auch jemand, der alleine lebt, kann Kollektivist sein.
Entsprechend müssen wir hier einen privat gelebten und einen politischen oder ethischen oder philosophischen Individualismus auseinanderhalten.

Leila
24.09.2008, 20:49
Menschen fügen sich nunmal ein in Gemeinschaften bzw. Gesellschaften.
Ich sehe nicht, was daran spezifisch individualistisch oder kollektivistisch sein soll.

Bestimmt hast Du die tautologische Ausdrucksweise nicht bemerkt (auch mir geschehen öfters solche). Aber wir sind ja hier in einem Forum und nicht in einem Vorlesesaal. Also. Ein Satz wie zum Beispiel der folgende: „Das Spezifische an Gemeinschaften und Gesellschaften ist das Kollektive“ ist ein lustiger Pleonasmus, sonst nichts. Ich habe mir angewöhnt, in Internetforen nach Möglichkeit Fachbegriffe zu vermeiden, und zwar aus den folgenden Gründen: Die deutsche Sprache ist reich an Wörtern, die Hinz und Kunz verstehen; niemand ist Fachmann in allen Fächern und Wortklaubereien behagen mir nicht.

Gruß von Leila

-jmw-
24.09.2008, 20:57
http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektivismus

Unter Kollektivismus wird ein System von Werten und Normen verstanden, in dem das Wohlergehen des Kollektivs die höchste Priorität einnimmt. Die Interessen des Individuums werden denen der Gruppe untergeordnet. Der Gegensatz dazu ist der Individualismus.

Das Kollektiv kann eine Klasse, ein Volk oder jede andere Art von Gemeinschaft sein.
Äh...
Und? ?(
Heisst das, weil Menschen in Gemeinschaften leben, sie diesen Gemeinschaften den höchsten Wert einräumen müssen?
Technisch gesehen müssen sie es nicht, dass wissen wir.
Sollten sie es?
Nun, zumindest folgt dass nicht aus dem Sachverhalt und obiger Definition!
Daran müssen wir also weiterarbeiten.

-jmw-
24.09.2008, 21:02
Bestimmt hast Du die tautologische Ausdrucksweise nicht bemerkt (auch mir geschehen öfters solche).
Nein, in der Tat, habe ich nicht.
Und trotz häufigem Aufenthalts in Vorlesesälen scheint sie mir auch jetzt noch zu entgehen. :shrug:
(Ich schieb das jetzt mal auf die Uhrzeit...:D)

Leila
24.09.2008, 21:18
Liebe(r) JMW!

Kollektiv heißt Gemeinschaft. Ich versuche nun, aus Deinen zwei Sätzen einen zu machen und lasse alle überflüssigen Wörter weg: „Ich sehe nicht, was an Gemeinschaften bzw. Gesellschaften kollektiv (gemein bzw. gesellschaftlich) sein soll.“

Die Dir wohlgesinnte

Leila

-jmw-
24.09.2008, 21:28
Ja, der Gedanke kam mir auch gerade, dass es um diesen Begriff geht.
Tatsächlich steckt das aber so nicht drinne in meinem Beitrage.
Ich schrieb ja nicht "kollektiv", sondern ganz bewusst "kollektivistisch"!
Ich bestreite sicher nicht, dass Gemeinschaften Kollektive sind, das wäre unsinnig, Du hast ja auch erklärt, warum.
Was ich meinte, ist, dass zu klären sei, ob und inwieweit und v.a. warum daraus, dass der Mensch ein Gemeinschaftswesen sei, ein normativer Kollektivismus gezogen werden könne/ dürfe / solle / müsse.
Fakt und Definition nebeneinanderzustellen, wie der werte Gladius es tat, will mir nämlich partout nicht reichen! :)

Leila
24.09.2008, 22:44
Kollektiv als Substantiv oder Adjektiv – beides ist möglich. Nun aber noch das den Kollektivismus (d.i. die starke Betonung des gesellschaftlichen Ganzen im Gegensatz zum Individualismus) betreffende Wörtchen kollektivistisch –. Somit wären wir bei der von mir verabscheuten Wortklauberei angelangt. Von Schopenhauer lernte ich deutsch und deutlich schreiben (die Fähigkeit, klar zu denken, erbte ich von meiner Mutter).

Meinen Studenten gab ich Aufgaben auf. Z.B. diese: Sie sollten herausfinden, wieviele Menschen nötig waren (oder wären), um einen elektronischen Taschenrechner zu erfinden. Die tollsten Zahlen wurden mir unterbreitet, von einigen Hunderten bis zu einer Million reichten die Vermutungen. Ich hätte mich mit der einfachen Feststellung „mehr als einer“ bereits begnügt.

Gruß von Leila

P.S.: Wissenschaft kann einfach und unterhaltend sein.

Humer
24.09.2008, 22:53
Ich möchte mal den Faktor "Größe" beschreiben, wenn es um Individualismus und Kollektivismus geht.

Ich nehme an dass aufsteigend, die Familie, die Großfamilie, die Dorfgemeinschaft als Kollektive empfunden werden. Im Orient ist es glaube ich, noch der Clan oder die Sippe, auf die das zutrifft. Die Zusammengehörigkeit ist im Alltag erlebbar vielleicht auch organisch gewachsen. Da ist menschliches Maß und es bleibt überschaubar.

Modernen Großgesellschaften oder Nationen sind künstliche Zweckgemeinschaften, die rational und human Individualismus ermöglichen sollen.
Riesige Kolektive mit vielen Milionen Mitgliedern kann es doch nur unter Zwang oder durch ideologische Gehirnwäsche geben. So war es im Nationalsozialismus und auch im Komunismus. Die Menschen sind für solche Dimensionen nicht gemacht. Für mich stellt das einen unauflösbares Problem dar.

Leila
24.09.2008, 23:36
Danke, Humer, für Deinen wertvollen Beitrag. Soeben wollte ich mich schlafen legen. Nun aber antworte ich Dir wieder hellwach.

Du hast die erste Gemeinschaft übersprungen, nämlich jene, deren auffälligstes Merkmal die gegenseitige Zuneigung ist: Das Liebespaar. Was Du über die gesellschaftlichen Verbindungen und Zusammenhänge in den fernöstlichen Gefilden sagtest, ist richtig.

Ab jetzt wird es jedoch schwierig. Denn ich stelle die Behauptung auf, daß die Kapitalisten (die sich nicht davor schämten, im religiösen Mäntelchen aufzutreten) die Familie, ja überhaupt sämtliche Gemeinschaften, um des Geld- und Machterwerbes willen, zerstörten. Ihnen allein ist es zu verdanken, daß heutzutage der Individualismus mit dem Egoismus verwechselt wird.

Gruß von Leila

Skorpion968
25.09.2008, 01:49
Ab jetzt wird es jedoch schwierig. Denn ich stelle die Behauptung auf, daß die Kapitalisten (die sich nicht davor schämten, im religiösen Mäntelchen aufzutreten) die Familie, ja überhaupt sämtliche Gemeinschaften, um des Geld- und Machterwerbes willen, zerstörten. Ihnen allein ist es zu verdanken, daß heutzutage der Individualismus mit dem Egoismus verwechselt wird.

Bingo! :top:

Skorpion968
25.09.2008, 01:58
Kurz: Kollektivismus scheitert man Menschen.

Das ist deutlich zu kurz! ;)
Du musst da schon unterscheiden zwischen verschiedenen Kulturen, Zeiten und Eigenschaften von Menschen. Nimm die Asiaten, die sind weit kollektivistischer als es unsere Kultur vorgaukelt.
Der Mensch ist von Natur aus kollektivistisch und auf das Kollektiv angewiesen. Es gibt aber andere menschliche Eigenschaften, die dazu im Konflikt stehen.
Auch der Individualismus scheitert am Menschen.
Damit ist der Mensch wohl das einzige Lebewesen, das sich ständig im Konflikt mit sich selbst befindet.

-jmw-
25.09.2008, 08:55
@ Peel

Wortklauben möchte ich keinesfalls und an dem Wörtchen "kollektivistisch" mich aufhängen.
Wie Popper schon schrieb: Über Worte streite ich nicht. :)
Wichtig ist nur der gemachte Unterschied zwischen "in Gemeinschaft leben" und "dem Gemeinschaftsleben den höchsten Wert einräumen" (Wie wir den dann nennen, ist zweitrangig.) und Gladius Behauptung, man käme vom einen schnurstracks zum anderen.
Dies muss, klarer Fall, allein schon aus Gründen des Voranbringens der Debatte bestritten werden! :)
Er wird sich dazu sicher noch äussern.

-jmw-
25.09.2008, 09:33
@ Humer

"Horde" hier, "abstrakte Gesellschaft" dort, so Friedrich von Hayek.
Seine Empfehlung lapidar: "Wir müssen lernen, in zwei Welten gleichzeitig zu leben."

@ Skorpion

'türlich ist es zu kurz, ich schreib hier keine Aufsätze. :)
Und, nein, unterscheiden muss ich nicht, jedenfalls nicht bezogen auf den von Dir teilzitierten Beitragsteil, denn:
Ohne Schwierigkeit kann man sagen, der Einzelne lebe im Gemeinwesen (banal), sei diesem untergeordnet (diskutabel), solle ihm einen hohen oder gar den höchsten Wert einräumen usw.;
schwierig wird es dann aber, wenn's daran geht, das praktisch in Regeln umzusetzen, also sozusagen "Kollektivismus zu machen", ein "ideologisches Konstrukt" zu schaffen, wie Ahab es oben nannte.
Genau dies scheitert am Individuum, das mangels umfassendem Wissen über die Natur der Dinge garnicht dazu in der Lage ist.
(Womit wir vom Begriffspärchen Individualismus und Kollektivismus zu, wiedermal von Hayek, Taxis und Kosmos, zu Organisation und spontaner Ordnung kommen.
Hmm...
Werd ich nachher noch kurz was zu schreiben.)

Nachtrag: Hätt in meinem Beitrag besser "diesen Kollektivismus", dann wär's vielleicht klarer gworden, was ich meine, den nämlich, nach dessen Scheitern Ahab fragte.

Leila
25.09.2008, 09:47
Alles klar, JMW!

Wenn man einer unbestreitbaren Tatsache, die die Gültigkeit eines Naturgesetzes besitzt, wie z.B. dieser: daß nämlich die Menschen gar nicht anders können, als in Gemeinschaft zu leben, einen hohen, höheren oder gar den höchsten Wert beimißt, dann verläßt man die armselige Hütte der Soziologie und zieht ein in den Palast der Religion und Poesie.

Gruß von Leila

-jmw-
25.09.2008, 09:57
Mir gefällt die Gegenüberstellung im letzten Satz nicht, die scheint irgendwie a bissl, naja... wertend...

Ansonsten: Ja, man verlässt die Soziologie und bewegt sich Richtung, ich würde es nennen: Bauchgefühl.

Leila
25.09.2008, 10:36
Schau mal, JMW, wie gefärbt, wenn nicht gar beschmutzt („negativ konnotiert“ könnte man auch sagen) manche Begriffe sind. Frag’ gewöhnliche Menschen, was sie unter den Begriffen „Kollektiv“ und „kollektiv“ verstehen und was sie mit ihnen verbinden. Eine solche Umfrage veranstaltete ich vor etwa zwanzig Jahren. Da sich die Ergebnisse in irgend einer Archivbox im Keller befinden, versuche ich, mir die Stichworte ins Gedächtnis zu rufen.

Gleichmacherei (die blaugekleideten Chinesen), Schuluniformen, Kommunismus, Sozialismus, Kollektivschuld (der Deutschen), Kollektivstrafen (in Schulen und Kasernen), Sippenhaft, Kollekte (selten erwähnt), Kollektiveigentum u.s.w. Das grobe Bewertungsraster „positiv/negativ“ erwies sich als ungeeignet, da je nach Gesinnung oder Parteizugehörigkeit ein Begriff mal so, mal anders bewertet wurde. Um eine ausführliche Interpretation und Differenzierung kam ich daher nicht herum. Ich gebe freimütig zu, mich damals mit dieser Untersuchung übernommen zu haben.

Gruß von Leila

Gladius et Titulus
25.09.2008, 12:30
Was meinst Du damit, Du könnest "Kollektivismus beobachten"?
Kann mir irgendwie nix drunter vorstellen.
Wie gestaltet sich das aus, "Kollektivismus beobachten"?
Schieb mal'n Beispiel rüber! :)

Was ich vermute:
Du beobachtest vielmehr bestimmte Phänomene, die Du dann in die Schublade "Kollektivismus" einordnest.
Ist aber diese Schublade anders konstruiert als die Schublade "Individualismus"?
Ich bezweifle nicht, dass Du bezweifelst, dass Individualismus ein Konstrukt sei;
und das schrieb ich auch nicht.
Ich schrieb, dass Kollektivismus ebenso ein Konstrukt sei. :]


Hmm...
Und das soll hinreichend Beleg sein, dass Individualismus nicht möglich sei?Warum?
Ich meine: Warum folgt das eine aus dem anderen?
Auch: Warum sollte ich "Individualismus" nicht so stricken können, dass das inkludiert wird?
Lässt sich von der Gemeinschaftswesenheit des Menschen zwingend ableiten, dass nur von und zur Gemeinschaft gedacht werden kann?


Bin mir jetzt nicht sicher, worauf sich das bezieht.
Das es nicht der Individuumsbegriff des Individualismus sei?
Nun, wenn ja, dann sei zur Erklärung gesagt, dass sicher nur eine begrenzte Zahl an Eigenschaften existiert;
dass aber deren Kombinationsmöglichkeiten nahezu unendlich sind.
Und dass es ja auch nicht Unikum heisst, sondern eben Individuum. ;)


Noja, gemeint war: Wo ist das kollektive Handeln, durch das allein sich menschliches Handeln Deiner Aussage nach nur durchsetzen kann, wenn Du Dir an die Nase fasst?
(Ja, gut, war nicht ganz ernst gemeint...)

Das simpleste Beispiel welches mir gerade in den Sinn kommt sind Dinge wie Gewerkschaften oder Parteien, weil sich dort eine Masse von Leuten tummelt die Gemeinsame Interessen vertreten, oder von bestimmten Ereignissen gleich betroffen sind. Wenn wir das ganze noch ausdehnen mögen, dann kann man auch die Menschheit als solche als ein Kollektiv bezeichnen.


Natürlich! Ein Blick in Wikipedia genügt.

Auch das bezweifle ich nicht, nur ist der Kollektivismus ein von unserem Bewusstsein erkanntes Konstrukt und der Individualismus ein erfundenes, nicht existentes.

Individualismus geht nur wenn man das einzige Lebewesen auf Erden ist, ansonsten ist man immer mehr oder minder zwangsweise oder besser gesagt unbewusst in ein Kollektiv gedrängt.

Ich zitiere mich einmal selbst:

"zumal es tatsächlich so ist, dass ein Mensch nur in einem sehr begrenzten Raum einzigartig (sprich individuel) ist. Alle Eigenschaften und Besonderheiten eines Menschen haben auch andere Menschen, nur nicht in der selben Kombination."

Die Kernaussage dieser 2 Sätze ist, dass Menschen kollektive Wesen sind, denn was nicht kollektiv ist, das ist einzigartig und das ist man eben nur in der Kombination. ;)

Das verstehe ich immer noch nicht (im übrigen: Nicht menschliches Handeln, sondern menschliches Denken). Diesen Satz kann ich auch auf mich übertragen.

Gladius et Titulus
25.09.2008, 12:33
Äh...
Und? ?(
Heisst das, weil Menschen in Gemeinschaften leben, sie diesen Gemeinschaften den höchsten Wert einräumen müssen?
Technisch gesehen müssen sie es nicht, dass wissen wir.
Sollten sie es?
Nun, zumindest folgt dass nicht aus dem Sachverhalt und obiger Definition!
Daran müssen wir also weiterarbeiten.

Hast du den Zusammenhang nicht verstanden? Lies nochmal. ;)



Menschen fügen sich nunmal ein in Gemeinschaften bzw. Gesellschaften.
Ich sehe nicht, was daran spezifisch individualistisch oder kollektivistisch sein soll.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektivismus

Unter Kollektivismus wird ein System von Werten und Normen verstanden, in dem das Wohlergehen des Kollektivs die höchste Priorität einnimmt. Die Interessen des Individuums werden denen der Gruppe untergeordnet. Der Gegensatz dazu ist der Individualismus.

Das Kollektiv kann eine Klasse, ein Volk oder jede andere Art von Gemeinschaft sein.

Manfred_g
25.09.2008, 13:22
...

Ab jetzt wird es jedoch schwierig. Denn ich stelle die Behauptung auf, daß die Kapitalisten (die sich nicht davor schämten, im religiösen Mäntelchen aufzutreten) die Familie, ja überhaupt sämtliche Gemeinschaften, um des Geld- und Machterwerbes willen, zerstörten. Ihnen allein ist es zu verdanken, daß heutzutage der Individualismus mit dem Egoismus verwechselt wird.

Gruß von Leila

Dann kommen wir aber um etwas Wortklauberei (die ich ebenfalls verabscheue, wird sie um ihrer Willen selbst betrieben) nicht herum.
Denn wer oder was sind denn "die Kapitalisten"?

a) Leute bei denen sich alles um den schnöden Mammon dreht und die ihn ausreichend haben oder
b) Leute bei denen sich alles um den schnöden Mammon dreht und die ihn nicht haben oder
c) alle, die nicht arg viel vom Kommunismus halten
d) jeder erfolgreiche Teilnehmer an der freien Marktwirtschaft oder
e) jeder Teilnehmer an der freien Marktwirtschaft überhaupt oder schließlich

f) eine kurze Begriffsdeutung nach deinem Gusto :)

Leila
25.09.2008, 14:23
Lieber Manfred!

Punkt „f“ trifft ins Schwarze! Da ich um keine Gefolgschaft buhle, lege ich Dir meine Sichtweise völlig unbefangen dar. Zu den Kapitalisten zähle ich jene, die tatsächlich Kapital bilden können, „die oberen Zehntausend“, wie man in der Schweiz zu sagen pflegt. Also nicht die einfachen Arbeiter und Angestellten, die Lohnempfänger mit einem Wort, die Ende des Monats, nachdem sie ihre Rechnungen bezahlt haben, weniger Geld als im vorherigen Monat besitzen. Jene Menschen, die Spar- und Notgroschen besitzen, bezeichne ich nicht als Kapitalisten und deren Vermögen nicht als Kapital, sondern, um ein Wort des Herrn Josef Ackermann zu verwenden, als Peanuts. Die Feststellung, daß Geld die Welt regiert, dürftest auch Du bestimmt schon gemacht haben (und vielleicht seufztest Du leise das Wörtchen „leider!“ dabei). Wer Geld hat, der gilt etwas.

Die Merkmale der Kapitalisten sind meiner Privatmeinung nach folgende:

Sie verfügen über Macht. Mit einem Federstrich können sie Tausend Arbeiter um Lohn und Brot bringen. Sie können bewirken, daß eine Fabrik auf ihren Befehl hin geschlossen wird. Sie streben Monopole an (mit klugen, schlauen oder kriminellen Methoden). Sie schicken ihre Kinder auf Privatschulen, um sie vor dem Umgang mit dem „gemeinen Volk“* zu bewahren.

Nun sehe ich, daß mir dieser Beitrag zu lange gerät. Daher beendige ich ihn.

Gruß von Leila

* Da ich Deutsch als Fremdsprache erlernte, frage ich die deutschen Muttersprachler, wie es dazu kam, daß das Wort „Gemeinheit“ im Gegensatz zum Wort „Gemeinschaft“ nichts gutes bedeutet. Und warum versteht man heut unter einem „gemeinen“ Menschen einen „schlechten“, während man früher unter einem solchen einen „gewöhnlichen“ verstand? Woher stammt die Redeweise: „Mit denen mache ich mich nicht gemein“?

Parker
25.09.2008, 16:24
Aha, ja.
Und Kollektivismus ist im Gegenteil dazu eine Sache, die wir draussen im Wald finden [...]

Ich glaube, man könnte es tatsächlich so ausdrücken. Der Mensch ist grundsätzlich ein soziales Wesen, daß sich auch und nicht zuletzt über seine Gruppenzugehörigkeit definiert. Auf den untersten Stufen der zivilisatorischen Leiter, könnte er einfach wenig bis gar keine Wahl haben.

Parker
25.09.2008, 16:25
Ich habe den Strang nur mal kurz überflogen, aber eine Grundsatzdiskussion um den Nationalismus lockt uns hier eigentlich nicht aus der Reserve, solange es kein erkennbarer Vorwand ist, nationalsozialistische (im Sinne des Dritten Reiches) Verbrechen zu relativieren oder zu verherrlichen.
Ich denke, eine solche Absicht besteht nicht und ich erkenne im Moment auch nichts, was ich so deuten könnte.

Vielen Dank, Manfred. Dergleichen schwebt uns tatsächlich nicht vor.

Parker
25.09.2008, 16:28
[...]
Meinen Studenten gab ich Aufgaben auf. Z.B. diese: Sie sollten herausfinden, wieviele Menschen nötig waren (oder wären), um einen elektronischen Taschenrechner zu erfinden. Die tollsten Zahlen wurden mir unterbreitet, von einigen Hunderten bis zu einer Million reichten die Vermutungen. Ich hätte mich mit der einfachen Feststellung „mehr als einer“ bereits begnügt.
[...]

Würde nicht Einer ausreichen, sobald andere ihm die Grundlagen gelegt hätten?

Parker
25.09.2008, 16:41
[...]
Im Übrigen ist der Starke auch im Kollektivismus stärker als der Schwache, nur die Unterschiede zwischen beiden sind bei weitem nicht so gravierend.

Würde ich so nicht sagen. Auch das Kollektiv bedarf Führungspersönlichkeiten. Da wird es dann spannend, ob diese ihrerseits Kollektivisten sind, oder doch eher ihren eigenen individuellen Vorteil suchen.
Miller/Snyder bringen das in einem Dialog zwischen 2 als Kollektivisten auftretenden Anführern in der hochwissenschaftlichen Historiendokumentation '300' auf den Punkt:

Xerxes: "Jeder meiner Männer würde für mich sterben."
Leonidas: "Und ich würde für jeden meiner Männer sterben."

Um mal 2 prominente 'Nationalkollektivisten' als weiteres, etwa seröseres Beispiel anzuführen, während Tashunka Witko sich den US-Truppen stellte, anstatt nach Kanada zu fliehen, was ihm ein Leichtes gewesen wäre, um die Suche nach sich selbst zu beenden und damit zu verhindern, daß die Suchenden auf andere Stammesgenossen stießen, die gleichfalls auf der Flucht waren, schickte Hitler am Ende Kinder an die näherrückende Front, um sich selbst noch einen Aufschub zu verschaffen.

eintiroler
25.09.2008, 17:04
Würde ich so nicht sagen. Auch das Kollektiv bedarf Führungspersönlichkeiten. Da wird es dann spannend, ob diese ihrerseits Kollektivisten sind, oder doch eher ihren eigenen individuellen Vorteil suchen.
Miller/Snyder bringen das in einem Dialog zwischen 2 als Kollektivisten auftretenden Anführern in der hochwissenschaftlichen Historiendokumentation '300' auf den Punkt:

Xerxes: "Jeder meiner Männer würde für mich sterben."
Leonidas: "Und ich würde für jeden meiner Männer sterben."

Um mal 2 prominente 'Nationalkollektivisten' als weiteres, etwa seröseres Beispiel anzuführen, während Tashunka Witko sich den US-Truppen stellte, anstatt nach Kanada zu fliehen, was ihm ein Leichtes gewesen wäre, um die Suche nach sich selbst zu beenden und damit zu verhindern, daß die Suchenden auf andere Stammesgenossen stießen, die gleichfalls auf der Flucht waren, schickte Hitler am Ende Kinder an die näherrückende Front, um sich selbst noch einen Aufschub zu verschaffen.

Es müssen nicht immer Wissenschaftler sein. Oft reicht ein Pathosübersteigender Film aus.
Ich denke ich muss den Begriff Kollektivismus nochmal hier genau definieren: Der Kollektivist hat individuelle Charaktereigenschaften, im Positiven und Negativen. Diese soll er auch behalten, nur soll er sein Potential für die Gemeinschaft nutzen.
Man kann nicht aus jedem Witzbold eine "Führerfigur" machen, dazu wird es immer eine Elite brauchen. Aber im Kollektivismus, der auf das Volk oder die Gemeinschaft verstärkt achtet, ist auch diese Elite eng mit dem Volk verbunden. Dein eigenes Beispiel, auch wenn es ein wenig naja hollywoodtypisch ist, zeigt diese Verbindung. Jede Seite dient der anderen.

2.Wer der ehrhaftere in diesem Fall war ist keine Frage, doch auch Hitler, obwohl er im Normalfall als Totalitarist auftrat war in diesem Fall liberal. Nur um seinen eigenen Vorteil bedacht. Tashunka Witko war als kollektivistischer Einzelkämpfer( in diesem Fall kein Widerspruch) seinem Volk dienlicher.

-jmw-
25.09.2008, 17:10
Das simpleste Beispiel welches mir gerade in den Sinn kommt sind Dinge wie Gewerkschaften oder Parteien, weil sich dort eine Masse von Leuten tummelt die Gemeinsame Interessen vertreten, oder von bestimmten Ereignissen gleich betroffen sind. Wenn wir das ganze noch ausdehnen mögen, dann kann man auch die Menschheit als solche als ein Kollektiv bezeichnen.
Aha.
Das ist "Kollektivismus"?
Okay, jetzt hab ich's verstanden.
Dann, tatsächlich, muss die Eingangsfrage dahingehend beantwortet werden, dass Individualismus unsinnig ist.


Natürlich! Ein Blick in Wikipedia genügt...
... eigentlich nie. :)


Auch das bezweifle ich nicht, nur ist der Kollektivismus ein von unserem Bewusstsein erkanntes Konstrukt und der Individualismus ein erfundenes, nicht existentes.
Verstehe ich nicht.
Sind Konstrukte nicht immer erfunden, erdacht, nicht existenz, eben konstruiert, gebaut?


Individualismus geht nur wenn man das einzige Lebewesen auf Erden ist, ansonsten ist man immer mehr oder minder zwangsweise oder besser gesagt unbewusst in ein Kollektiv gedrängt.
In diesem Sinne, wie ich oben schon schrieb, ist Individualismus tatsächlich unsinnig, das ist richtig.


Die Kernaussage dieser 2 Sätze ist, dass Menschen kollektive Wesen sind, denn was nicht kollektiv ist, das ist einzigartig und das ist man eben nur in der Kombination. ;)
Hmm...
Ich wiederhole mal: Es gibt nur die Alternativen, einzigartig zu sein oder kollektiv zu sein.
Einzigartig ist man nicht, wenn man nur in einer bestimmten Kombination bestimmter Eigenschaften einzigartig ist, sondern nu, wenn man noch darüberhinaus in anderer Art und Weise einzigartig ist, am ehesten dann, wenn man tatsächlich einzig ist.
Da das nicht der Fall ist, kann nur als sinnvoll bezeichnet werden, wenn man sagt, dass Menschen kollektive Wesen seien.

Habe ich das so richtig verstanden?


Das verstehe ich immer noch nicht (im übrigen: Nicht menschliches Handeln, sondern menschliches Denken). Diesen Satz kann ich auch auf mich übertragen.
Dein individuelles Denken ("Ich fasse mir gleich mal an die Nase") wird ebenso individuell umgesetzt (durch Dich nämlich) und nicht kollektiv.

So war's gemeint. :)


Hast du den Zusammenhang nicht verstanden? Lies nochmal.
Mehr als mehrfach lesen bringt meist nix.
Einfacher wär's, das Gemeinte anders zu erklären. :]

-jmw-
25.09.2008, 17:13
Ich glaube, man könnte es tatsächlich so ausdrücken. Der Mensch ist grundsätzlich ein soziales Wesen, daß sich auch und nicht zuletzt über seine Gruppenzugehörigkeit definiert. Auf den untersten Stufen der zivilisatorischen Leiter, könnte er einfach wenig bis gar keine Wahl haben.
Das stimmt, keine Frage.
Aber wie können wir daraus ohne weiteres ableiten, dass dem Gemeinwesen bzw. der Gruppe (gar grundsätzlich?) eine höhere oder die höchste Priorität einzuräumen sei?
Ich mein, ich hab ja hier im Faden garnicht abgestritten, dass das tatsächlich so sein könnte;
allerdings warte ich noch darauf, dass es jemand dann mal bitte täte, damit wir sie sähen, diese Ableitung.
Zusammenhänge behaupten reicht halt nicht, die muss man schon begründen. :)

Parker
25.09.2008, 17:22
Es müssen nicht immer Wissenschaftler sein. Oft reicht ein Pathosübersteigender Film aus.

Es geht ja nicht um historische Genauigkeit, sondern vielmehr darum, den Grundgedanken zu verdeutlichen. Das gelingt diesem schwer pathetischen Dialog in all seiner Schlichtheit ganz ausgezeichnet.



Ich denke ich muss den Begriff Kollektivismus nochmal hier genau definieren: Der Kollektivist hat individuelle Charaktereigenschaften, im Positiven und Negativen. Diese soll er auch behalten, nur soll er sein Potential für die Gemeinschaft nutzen.
Man kann nicht aus jedem Witzbold eine "Führerfigur" machen, dazu wird es immer eine Elite brauchen. Aber im Kollektivismus, der auf das Volk oder die Gemeinschaft verstärkt achtet, ist auch diese Elite eng mit dem Volk verbunden. Dein eigenes Beispiel, auch wenn es ein wenig naja hollywoodtypisch ist, zeigt diese Verbindung. Jede Seite dient der anderen.

Zustimmung. Allerdings bedarf ein funktionierender und vor allem seinem eigenen Ideal annähernd entsprechender Kollektivismus Führungspersonen, die sich als Diener des Kollektivs verstehen. Ich behaupte mal, solche Leute sind unter 'primitiveren' Menschen häufiger vertreten.




2.Wer der ehrhaftere in diesem Fall war ist keine Frage, doch auch Hitler, obwohl er im Normalfall als Totalitarist auftrat war in diesem Fall liberal. Nur um seinen eigenen Vorteil bedacht. Tashunka Witko war als kollektivistischer Einzelkämpfer( in diesem Fall kein Widerspruch) seinem Volk dienlicher.

Völlig richtig. Am Ende war der große Demagoge des Kollektivs das genaue Gegenteil dessen, was er gepredigt hatte, während der 'Wilde' seine Rolle, die er sich vermutlich niemals intellektuell vergegenwärtigt hatte, bis zum bitteren Ende und darüber hinaus durchhielt.

Parker
25.09.2008, 17:25
Das stimmt, keine Frage.
Aber wie können wir daraus ohne weiteres ableiten, dass dem Gemeinwesen bzw. der Gruppe (gar grundsätzlich?) eine höhere oder die höchste Priorität einzuräumen sei?
Ich mein, ich hab ja hier im Faden garnicht abgestritten, dass das tatsächlich so sein könnte;
allerdings warte ich noch darauf, dass es jemand dann mal bitte täte, damit wir sie sähen, diese Ableitung.
Zusammenhänge behaupten reicht halt nicht, die muss man schon begründen. :)

Laß uns doch einfach mal noch einige Gedanken sammeln. Wenn ich eine wissenschaftlich fundierte Abhandlung hätte einstellen können, hätte ich das getan. Ich würde gern schamlos die Gedanken anderer ausbeuten, an ihnen herumnörgeln und mich auch gern mal überzeugen lassen.

eintiroler
25.09.2008, 17:27
Zustimmung. Allerdings bedarf ein funktionierender und vor allem seinem eigenen Ideal annähernd entsprechender Kollektivismus Führungspersonen, die sich als Diener des Kollektivs verstehen. Ich behaupte mal, solche Leute sind unter 'primitiveren' Menschen häufiger vertreten.


Natürlich, aber in der Theorie geht man ja meistens davon aus, dass es funktioniert ;)
Das mit dem primitiveren Menschen überhöre ich mal so lange, bis du es mir genauer definiert hast. Wieso? Warum?



Völlig richtig. Am Ende war der große Demagoge des Kollektivs das genaue Gegenteil dessen, was er gepredigt hatte, während der 'Wilde' seine Rolle, die er sich vermutlich niemals intellektuell vergegenwärtigt hatte, bis zum bitteren Ende und darüber hinaus durchhielt.

Eben und davon gehe ich eben gerade nicht aus.

Humer
25.09.2008, 17:33
Danke, Humer, für Deinen wertvollen Beitrag. Soeben wollte ich mich schlafen legen. Nun aber antworte ich Dir wieder hellwach.

Du hast die erste Gemeinschaft übersprungen, nämlich jene, deren auffälligstes Merkmal die gegenseitige Zuneigung ist: Das Liebespaar. Was Du über die gesellschaftlichen Verbindungen und Zusammenhänge in den fernöstlichen Gefilden sagtest, ist richtig.

Ab jetzt wird es jedoch schwierig. Denn ich stelle die Behauptung auf, daß die Kapitalisten (die sich nicht davor schämten, im religiösen Mäntelchen aufzutreten) die Familie, ja überhaupt sämtliche Gemeinschaften, um des Geld- und Machterwerbes willen, zerstörten. Ihnen allein ist es zu verdanken, daß heutzutage der Individualismus mit dem Egoismus verwechselt wird.

Gruß von Leila
Individualismus und Egoismus wird wirklich oft verwechselt, das ist eine folgenreiche, bösartige Taktik. Das war mir gar nicht klar.
Auch wenn das Zerstören von Gemeinschaften wahrscheinlich kein ausgesprochenes Ziel des Kapitalismus ist, so geht doch diese Wirkung von ihm aus. Natürlich wird das System von Eliten getragen, aber die Dogmen, denen sie vertrauen, gelten fast überall. Etwa die Vorstellung, dass Leistung und Einkommen zusammengehören. Das ist besonders jetzt amüsant, wenn man bedenkt was dieser Grundsatz in der aktuellen Bankenkrise bedeuten könnte.

Bei der Zerstörung oder besser Verhinderung von Gemeinschaften, denke ich z.B. an die Forderung nach mehr Flexibilität. Also die Bereitschaft dahin umzuziehen wo sich gerade Arbeit findet. Das lässt keine längerfristigen Bindungen entstehen, vor allem wenn das mehrmals passiert.
Es ist die Unterwerfung des Lebens unter die Gesetze der Kapitalverwertung, die ja selbst von den Leidtragenden als "Realität" akzeptiert wird. Da aber der Lohn für diese Unterwerfung zunehmend ausbleibt, beginnen gerade jetzt viele Leute zu zweifeln.
Übrigens in der Rethorik der Kapitalanbeter, wird der Wert der Familie und teutscher Tugenden gerne betont. Es fehlt auch niemals der Hinweis, dass wir alle"den Gürtel enger schnallen" müssen. Also, gemeinschaftliche Opfer, das geht in Ordnung. Gemeinschaftliche Ansprüche, -ojeh, da gibt es Ärger.

Parker
25.09.2008, 17:41
Natürlich, aber in der Theorie geht man ja meistens davon aus, dass es funktioniert ;)
Das mit dem primitiveren Menschen überhöre ich mal so lange, bis du es mir genauer definiert hast. Wieso? Warum?

Das ist gar nicht so einfach. Jedenfalls ist es keinesfalls abwertend gemeint. Für mich findet sich in Tashunka Witko (Crazy Horse) die Essenz dessen, was ich unter Heldentum verstehe. Ich finde diesen Menschen ausgesprochen bewundernswert, glaube aber, daß Heldentum in dieser seiner reinsten Form einem hochzivilisierten Menschen gar nicht mehr möglich ist.
Vielleicht ist das auch mit dem 'Nationalkollektivismus' so. Ich habe da heute eine Weile nachdenken können. Ich glaube, in dieser Gesellschaftsform liegt eine große Kraft, die für ein Volk in schwieriger Lebenssituation von elementarer Wichtigkeit ist. Sie ermöglicht es prinzipiell, gemeinsam an einem Starng zu ziehen, ohne jede Bedingung an individuelle Vorteile zu stellen. Sie kann erheblich mehr Energie entfalten als eine individualistische Demokratie. Dazu bedarf sie aber einer Kleinigkeit, wenn der Schuß nicht komplett nach hinten losgehen soll. Einer Führungsfigur, die fachliche Qualitäten mit Charisma und Integrität miteinander vereint und sich eben nicht von den sich durch die Möglichkeiten sich persönliche Vorteile zu verschaffen verlocken läßt, die sich allein durch die Führungsrolle ergeben. Solche Menschen sind rar gesät und ich befürchte, mit steigendem Zivilisationsgrad werden sie zu reinen Sagengestalten.




Eben und davon gehe ich eben gerade nicht aus.

Darin liegt aber die ungeheure Gefahr des Kollektivismus.

-jmw-
25.09.2008, 17:44
Laß uns doch einfach mal noch einige Gedanken sammeln. Wenn ich eine wissenschaftlich fundierte Abhandlung hätte einstellen können, hätte ich das getan. Ich würde gern schamlos die Gedanken anderer ausbeuten, an ihnen herumnörgeln und mich auch gern mal überzeugen lassen.
Treffend gesagt, kann mich dem vollinhaltlich anschliessen. :)

eintiroler
25.09.2008, 17:53
Das ist gar nicht so einfach. Jedenfalls ist es keinesfalls abwertend gemeint. Für mich findet sich in Tashunka Witko (Crazy Horse) die Essenz dessen, was ich unter Heldentum verstehe. Ich finde diesen Menschen ausgesprochen bewundernswert, glaube aber, daß Heldentum in dieser seiner reinsten Form einem hochzivilisierten Menschen gar nicht mehr möglich ist.
Vielleicht ist das auch mit dem 'Nationalkollektivismus' so. Ich habe da heute eine Weile nachdenken können. Ich glaube, in dieser Gesellschaftsform liegt eine große Kraft, die für ein Volk in schwieriger Lebenssituation von elementarer Wichtigkeit ist. Sie ermöglicht es prinzipiell, gemeinsam an einem Starng zu ziehen, ohne jede Bedingung an individuelle Vorteile zu stellen. Sie kann erheblich mehr Energie entfalten als eine individualistische Demokratie. Dazu bedarf sie aber einer Kleinigkeit, wenn der Schuß nicht komplett nach hinten losgehen soll. Einer Führungsfigur, die fachliche Qualitäten mit Charisma und Integrität miteinander vereint und sich eben nicht von den sich durch die Möglichkeiten sich persönliche Vorteile zu verschaffen verlocken läßt, die sich allein durch die Führungsrolle ergeben. Solche Menschen sind rar gesät und ich befürchte, mit steigendem Zivilisationsgrad werden sie zu reinen Sagengestalten.


1. Im Kollektivismus als solchem gibt es sehr wohl den Drang nach individuellen Vorteilen. Der natürliche Wettbewerb soll als solcher ja natürlich vorhanden bleiben. Die individuellen Vorteile einzelner, z.B Eliten sollen aber nicht die Gemeinschaft stören. Solange diese Vorteile selbst erarbeitet sind ist daran nichts auszusetzen, den sie zeigen Ehrgeiz ein weiteres Ideal des Kollektivismus.

2. Das ist mir klar, deshalb stehe ich auch hinter dem Kollektivismus. Einer Zwischenform des Liberalismus und des Totalitarismus. Er vereint das Positive beider Seiten. Die Einzigartigkeit des Menschen und das Zusammengehörigkeit des Volkes.

3. Ich bin Monarchist, das sollte als Antwort erst einmal ausreichen ;)

4. Da kommt die Demokratie ins Spiel, die die Führungsperson überwacht und notfalls bremst.




Darin liegt aber die ungeheure Gefahr des Kollektivismus.

Jede Ideologie hat ihre Gefahren, man sollte nur versuchen sie möglichst stark einzudämmen.

Gladius et Titulus
25.09.2008, 17:55
Aha.
Das ist "Kollektivismus"?
Okay, jetzt hab ich's verstanden.
Dann, tatsächlich, muss die Eingangsfrage dahingehend beantwortet werden, dass Individualismus unsinnig ist.


... eigentlich nie. :)


Verstehe ich nicht.
Sind Konstrukte nicht immer erfunden, erdacht, nicht existenz, eben konstruiert, gebaut?


In diesem Sinne, wie ich oben schon schrieb, ist Individualismus tatsächlich unsinnig, das ist richtig.


Hmm...
Ich wiederhole mal: Es gibt nur die Alternativen, einzigartig zu sein oder kollektiv zu sein.
Einzigartig ist man nicht, wenn man nur in einer bestimmten Kombination bestimmter Eigenschaften einzigartig ist, sondern nu, wenn man noch darüberhinaus in anderer Art und Weise einzigartig ist, am ehesten dann, wenn man tatsächlich einzig ist.
Da das nicht der Fall ist, kann nur als sinnvoll bezeichnet werden, wenn man sagt, dass Menschen kollektive Wesen seien.

Habe ich das so richtig verstanden?


Dein individuelles Denken ("Ich fasse mir gleich mal an die Nase") wird ebenso individuell umgesetzt (durch Dich nämlich) und nicht kollektiv.

So war's gemeint. :)


Mehr als mehrfach lesen bringt meist nix.
Einfacher wär's, das Gemeinte anders zu erklären. :]

Korrekt! :cool2:

Man beschränke sich nicht auf die Wikipedia, aber um den Unterschied zu verstehen reicht´s. ;)

Nein, manche sind erkannt (existent) und andere erfunden (inexistent).

Wieder korrekt. :cool2:

Richtig, da Menschen nur in der Kombination ihrer Eigenschaften individuel sind, aber in den einzelnen Eigenschaften und Eigenheiten stets mit anderen Menschen durch ein Kollektiv gebunden. Kollektive begleiten uns unser ganzes Leben und wir könnten nichts dagegen tun, auch wenn wir wollten.

Gut, wenn ich jetzt denke ich sollte einkaufen gehen, dann brauche ich kein Kollektiv dazu, aber wenn ich zum Beispiel etwas größeres erreichen will, so kann ich dies nicht alleine tun, dazu brauche ich dann wieder das Kollektiv. ;)

Moment, mache ich gleich in einem Einzelbeitrag. ;)

Parker
25.09.2008, 18:20
1. Im Kollektivismus als solchem gibt es sehr wohl den Drang nach individuellen Vorteilen. Der natürliche Wettbewerb soll als solcher ja natürlich vorhanden bleiben. Die individuellen Vorteile einzelner, z.B Eliten sollen aber nicht die Gemeinschaft stören. Solange diese Vorteile selbst erarbeitet sind ist daran nichts auszusetzen, den sie zeigen Ehrgeiz ein weiteres Ideal des Kollektivismus.

Das mit dem Ehrgeiz scheint im realexistierenden Sozialismus nicht so recht geklappt zu haben. Unten jedenfalls. Oben scheint man effektiv auch nicht wesentlich weniger individualistisch agiert zu haben, als die westlichen Kollegen.



2. Das ist mir klar, deshalb stehe ich auch hinter dem Kollektivismus. Einer Zwischenform des Liberalismus und des Totalitarismus. Er vereint das Positive beider Seiten. Die Einzigartigkeit des Menschen und das Zusammengehörigkeit des Volkes.

Moment mal. Wie kommen hier Totalitarismus und Demokratie ins Spiel?



3. Ich bin Monarchist, das sollte als Antwort erst einmal ausreichen ;)

Die Monarchie krankt leider schon daran, daß die Qualität des Monarchen zur Gänze dem Zufall überlassen bleibt.



4. Da kommt die Demokratie ins Spiel, die die Führungsperson überwacht und notfalls bremst.

Warst Du nicht gerade noch Monarchist? :D
Nochmal, wie kommen hier Demokratie und Totalitarismus ins Spiel?



Jede Ideologie hat ihre Gefahren, man sollte nur versuchen sie möglichst stark einzudämmen.

Nimmt dieses Eindämmen der Schärfen nicht aber auch einen Gutteil der potentiellen Kraft?

-jmw-
25.09.2008, 18:38
Richtig, da Menschen nur in der Kombination ihrer Eigenschaften individuel sind
Warum reicht das nicht?


aber in den einzelnen Eigenschaften und Eigenheiten stets mit anderen Menschen durch ein Kollektiv gebunden.
Menschen sind in vielen Eigenschaften und Eigenheiten mit anderen Lebewesen auf diesem Planeten verbunden.
Bilde ich also zusammen mit Pavianen und Leuchtgarnelen ein Kollektiv?
Sind Krabben Kollektivisten?

Gladius et Titulus
25.09.2008, 20:58
Warum reicht das nicht?


Menschen sind in vielen Eigenschaften und Eigenheiten mit anderen Lebewesen auf diesem Planeten verbunden.
Bilde ich also zusammen mit Pavianen und Leuchtgarnelen ein Kollektiv?
Sind Krabben Kollektivisten?

Wieso sollte das denn nicht reichen? Für was überhaupt?

Ja. :)

-jmw-
25.09.2008, 21:13
Wieso sollte das denn nicht reichen? Für was überhaupt?
Warum soll es für Individualismus nicht reichen, dass die Kombinationen einzigartig sind?


Ja. :)
Dann haben wir es mit einem für eine politische (und also auf Menschen bezogene) Debatte unbrauchbaren Kollektivismusbegriff zu tun!

Skorpion968
25.09.2008, 21:55
Würde nicht Einer ausreichen, sobald andere ihm die Grundlagen gelegt hätten?

Möglicherweise, aber er wäre dann doch nur das letzte Glied in der ganzen Gruppe.
Nimm zum Vergleich ein Fussballspiel. Der Torjäger von Mannschaft A macht in der 90. Minute den 1:0 Siegtreffer. Nun könnte man behaupten, der hat das Spiel allein gewonnen (parallel zu der Behauptung, einer allein habe den Taschenrechner erfunden). Was natürlich Unsinn ist. Denn du musst die gesamte Gruppe betrachten, die die Grundlagen gelegt haben (bzw. den Ball nach vorne gespielt haben, wo ihn der Torjäger dann verwerten konnte).

Parker
25.09.2008, 22:01
Möglicherweise, aber er wäre dann doch nur das letzte Glied in der ganzen Gruppe.
Nimm zum Vergleich ein Fussballspiel. Der Torjäger von Mannschaft A macht in der 90. Minute den 1:0 Siegtreffer. Nun könnte man behaupten, der hat das Spiel allein gewonnen (parallel zu der Behauptung, einer allein habe den Taschenrechner erfunden). Was natürlich Unsinn ist. Denn du musst die gesamte Gruppe betrachten, die die Grundlagen gelegt haben (bzw. den Ball nach vorne gespielt haben, wo ihn der Torjäger dann verwerten konnte).

Ganz Deiner Meinung. Vollkommene Autonomie ist eine Utopie. Wenn überhaupt ist sie nur für ganz Wenige, die an der Spitze der Nahrungskette stehen, lebbar und das auch nur annähernd.

Leila
25.09.2008, 23:10
Leider entgleitet mir diese Diskussion. Daher im Stenogrammstil folgendes:


Würde nicht Einer ausreichen, sobald andere ihm die Grundlagen gelegt hätten?

Um Himmels willen! In Deiner Frage steckt das Wörtchen „andere“. Doch überleg’ Dir mal: Chemie, Physik, Mechanik, Mathematik und wer weiß was noch alles dazu vonnöten wäre.

An Humer:

Du kannst gut schreiben. In aller Kürze liefere ich Dir ein Schema zu einer Geschichte, die vom nicht zu unterschätzenden Weitblick der Kapitalisten handelt (hier aber knapp am in Rede stehenden Thema vorbeigeht).

Schönes, armes Tal. Fabrikant X baut Fabrik. Die Leute im Tal freuen sich, kriegen Arbeit und Lohn. Die Leute bauen Häuschen, nehmen Hypotheken auf, verschulden sich. Fremde Leute ziehen ins Tal. Grundstückpreise steigen. U.s.w. Dann: Fabrikant X schließt die Fabrik und baut eine Fabrik anderswo. Die Talbewohner werden arbeitslos, „Sozialfälle“, manch einer nimmt sich das Leben. Ihre Häuser stehen zum Verkauf, werden zwangsversteigert und für einen Pappenstil von einer Immobilienfirma (die dem Fabrikanten X gehört) aufgekauft. Die Talbewohner müssen auswandern und auf Arbeitsuche gehen. Psychologen und Psychiater eröffnen ein Dossier nach dem andern. Scheidungsanwälte hetzten von Gerichtstermin zu Gerichtstermin. Die „Sozialindustrie“ floriert. Da setzt eine Touristikfirma (welche ebenfalls dem Fabrikanten X gehört) ihren Plan in die Tat um: Skilifte und Hotels werden gebaut. Ferienwohnungen und Ferienhäuser zum Kauf angeboten. Berühmte Filmstars werden als Lockvögel eingesetzt. U.s.w.

So müßten spannende Romane gestrickt sein, deren Leitthemata durchaus Liebesgeschichten sein könnten.

Gruß von Leila

Parker
25.09.2008, 23:12
Leider entgleitet mir diese Diskussion. Daher im Stenogrammstil folgendes:



Um Himmels willen! In Deiner Frage steckt das Wörtchen „andere“. Doch überleg’ Dir mal: Chemie, Physik, Mechanik, Mathematik und wer weiß was noch alles dazu vonnöten wäre.


Weiß ich. Ich komme aber auch mehr und mehr zu der Ansicht, Individualsimus wird überhaupt erst denkbar auf dem Boden, den der Kollektivismus bereitet hat.

Hombre
25.09.2008, 23:57
Ich werfe hier mal in die Runde dieses Zitat:


Altruismus kann evoluieren, wenn die Hamilton-Ungleichung r > K/N eingehalten wird, das heißt, wenn die Kosten K einer altruistischen Handlung (für den Altruisten) geteilt durch den Nutzen N einer altruistischen Handlung (für den Nutznießer) kleiner sind als der genetische Verwandtschaftsgrad, der zwischen Altruist und Nutznießer besteht.

Es stammt von dem Blog: http://studgendeutsch.blogspot.com/

Leila
26.09.2008, 00:49
Ich versuche nun, den Individualismus gleichnishaft darzustellen.

In einer Schale befinden sich viele Kugeln. Manch eine Kugel gleicht, flüchtig betrachtet, den vielen andern Kugeln, die ihr wiederum gleichen. Manche Kugeln aber fallen auf durch ihre besonders schön glänzende Oberfläche und werden deshalb mehr als die andern Kugeln bewundert. Ein weiser Betrachter der Schale und ihres Inhaltes weiß, daß trüb- und mattscheinende Kugeln voll, strahlend glänzende aber leer sein können. Er weiß auch, daß die Schale nicht nur aus Erde geformt ist, sondern auch Erde heißt.

Ich grüße Euch

Leila

Skorpion968
26.09.2008, 02:43
Weiß ich. Ich komme aber auch mehr und mehr zu der Ansicht, Individualsimus wird überhaupt erst denkbar auf dem Boden, den der Kollektivismus bereitet hat.

Absolut richtig. :)

Sauerländer
26.09.2008, 11:29
Wann nur ist man auf die unselige Idee verfallen, diese beiden Begriffe als gegensätzlich, gegenseitig ausschließend zu verstehen?

Leila
26.09.2008, 11:50
Wann nur ist man auf die unselige Idee verfallen, diese beiden Begriffe als gegensätzlich, gegenseitig ausschließend zu verstehen?

Ich sah diese beiden Begriffe noch nie als einander gegenüberstehend an, sondern dachte stets, daß jedes Individuum zu seiner Entfaltung der Fürsorge der Gemeinschaft bedarf. Dem Individualismus geht der Kollektivismus voraus; auf diesem beruht er und ihm allein verdankt er sein Gedeihen.

Sauerländer
26.09.2008, 12:22
Ich sah diese beiden Begriffe noch nie als einander gegenüberstehend an, sondern dachte stets, daß jedes Individuum zu seiner Entfaltung der Fürsorge der Gemeinschaft bedarf. Dem Individualismus geht der Kollektivismus voraus; auf diesem beruht er und ihm allein verdankt er sein Gedeihen.
Und das Kollektiv entartet bis zur Gestaltlosigkeit, wenn es alleinig bestehend gedacht und dies auch durchgesetzt wird.

Wobei das Problem zum Teil auch wieder im -ismus liegt, der geformten Ideologie also, die keineswegs zwingend mehr irgendeine lebenswirkliche Erfahrung voraussetzt.
Individuum und Kollektiv sind keine Gegensätze, Individualismus und Kollektivismus durchaus.

Gladius et Titulus
26.09.2008, 15:01
Warum soll es für Individualismus nicht reichen, dass die Kombinationen einzigartig sind?


Dann haben wir es mit einem für eine politische (und also auf Menschen bezogene) Debatte unbrauchbaren Kollektivismusbegriff zu tun!

Weil man mit der Kombination eher wenig anfangen kann. ;)

Doch, denn bei Menschen ist der Kollektivismus am ausgeprägtesten. ;)

eintiroler
26.09.2008, 17:20
Das mit dem Ehrgeiz scheint im realexistierenden Sozialismus nicht so recht geklappt zu haben. Unten jedenfalls. Oben scheint man effektiv auch nicht wesentlich weniger individualistisch agiert zu haben, als die westlichen Kollegen.


Ich kann es nicht oft genug sagen: Eine kollektivistische Staatsform hat es in dieser Art noch nie gegeben, deshalb sprechen wir hier nur über die Theorie.
Der Sozialismus war meist totalitaristisch organisiert.



Moment mal. Wie kommen hier Totalitarismus und Demokratie ins Spiel?


Totalitarismus ist die radikale bzw. extremistische Variante des kollektiven Gedankenguts.
Von der Demokratie habe ich hier nicht explizit gesprochen.



Die Monarchie krankt leider schon daran, daß die Qualität des Monarchen zur Gänze dem Zufall überlassen bleibt.


Im Gegenteil, der Monarch wird ausgebildet und neutral geformt. Er agiert als Mittler zwischen den Ideologien. Nur einer der vielen Vorteile der Monarchie. (http://www.monarchisten.at/monarchie/die-bessere-staatsform/)



Warst Du nicht gerade noch Monarchist? :D
Nochmal, wie kommen hier Demokratie und Totalitarismus ins Spiel?


Ich schwanke noch zwischen der konstitutionellen und der parlamentarischen Monarchie.

Siehe oben.



Nimmt dieses Eindämmen der Schärfen nicht aber auch einen Gutteil der potentiellen Kraft?

Das Eindämmen der Gefahren nimmt eigentlich nur die Gefahren.
Die Kraft kann auch innerhalb von Grenzen wirken. Ich bin z.B als Kollektivist schon ziemlich "radikal" trotzdem distanziere ich mich klar vom Totalitarismus. An Schärfe-mangel leide ich m.M.n nicht, meine Ideologie auch nicht.

-jmw-
26.09.2008, 18:40
Weil man mit der Kombination eher wenig anfangen kann. ;)
Was heisst "weniger anfangen"?


Doch, denn bei Menschen ist der Kollektivismus am ausgeprägtesten. ;)
Ameisen, Bienen, Termiten...

Gladius et Titulus
26.09.2008, 19:05
Was heisst "weniger anfangen"?


Ameisen, Bienen, Termiten...

Hmmmpf, wie soll ich das nur erklären? Weil ich die Kombination nicht praktisch verwenden kann. Was besseres ist mir gerade nicht eingefallen. ;) :D


OK, das ist natürlich ein Argument....

Leila
26.09.2008, 19:10
Werde ich erschlagen, wenn ich sage, daß die Solidarität ein wesentliches Merkmal des Kollektivismus ist?

Gladius et Titulus
26.09.2008, 19:10
Werde ich erschlagen, wenn ich sage, daß die Solidarität ein wesentliches Merkmal des Kollektivismus ist?

Nein, stimmt doch. :]

-jmw-
26.09.2008, 20:19
Hmmmpf, wie soll ich das nur erklären? Weil ich die Kombination nicht praktisch verwenden kann. Was besseres ist mir gerade nicht eingefallen. ;) :D
*bahnhof*


OK, das ist natürlich ein Argument....
Besser als Deins oben zumindest... ;) :))

Gladius et Titulus
26.09.2008, 20:21
*bahnhof*


Besser als Deins oben zumindest... ;) :))

Ja, das verstehe ich, dass du es nicht verstehst. :D

Was ich meinte ist, dass diese Kombination eher wenig Einfluss auf dein Leben hat, betroffen bist du zumeist immer im Einzelnen von etwas. Hoffentlich war das klar genug ausgedrückt, mir fällt es nämlich schwer das zu formulieren. :D ;)

;)

-jmw-
26.09.2008, 20:26
Werde ich erschlagen, wenn ich sage, daß die Solidarität ein wesentliches Merkmal des Kollektivismus ist?
Nein.
Aber es wird der Einwand kommen, dass Solidarität nur soweit kollektivistisch ist, wie sie für das oder im Sinne des oder zur Beförderung des Gemeinwesen(s) geleistet wird.
Und das natürlich Solidarität da, wo sie sich gegen die Gemeinschaft richtet, antikollektivistisch ist.

eintiroler
26.09.2008, 20:28
Ich sah diese beiden Begriffe noch nie als einander gegenüberstehend an, sondern dachte stets, daß jedes Individuum zu seiner Entfaltung der Fürsorge der Gemeinschaft bedarf. Dem Individualismus geht der Kollektivismus voraus; auf diesem beruht er und ihm allein verdankt er sein Gedeihen.

Dem ist auch so. Der Individualismus will diese Gemeinschaft aber nicht. Er will alleinstehende Personen, die selbst ohne Gruppe und soziales Gefüge agieren.

-jmw-
26.09.2008, 20:32
Ja, das verstehe ich, dass du es nicht verstehst. :D
Gut.


Was ich meinte ist, dass diese Kombination eher wenig Einfluss auf dein Leben hat, betroffen bist du zumeist immer im Einzelnen von etwas. Hoffentlich war das klar genug ausgedrückt, mir fällt es nämlich schwer das zu formulieren. :D ;)
Hmm...
Also ich bin mir nicht sicher, was Du meinst, aber wenn ich's mal so deuten darf, wie's ich's verstehe, dann ist meine Antwort:
Diese Kombination hat nicht nur Einfluss auf mein Leben - diese Kombination meiner Erfahrungen und Erinnerungen und Gedanken und Neigungen und Eigenschaften und Gefühle bin ich und nur ich.

Gladius et Titulus
26.09.2008, 20:35
Hmm...
Also ich bin mir nicht sicher, was Du meinst, aber wenn ich's mal so deuten darf, wie's ich's verstehe, dann ist meine Antwort:
Diese Kombination hat nicht nur Einfluss auf mein Leben - diese Kombination meiner Erfahrungen und Erinnerungen und Gedanken und Neigungen und Eigenschaften und Gefühle bin ich und nur ich.

Ja, die Kombination deiner Eigenschaften, Eigenheiten etc. bist du, und nur du. Soweit richtig. Aber unsere Diskussion gerade lenkte doch in eine andere Richtung, oder täusche ich mich da?

Leila
26.09.2008, 20:49
Ich sprach im Beitrag #34 auf Seite 2 [wie weist man auf diesen hin?] von der Beschmutzung der Begriffe. Um hier keine Rätsel aufzugeben, erkläre ich, daß ich die kapitalistische Beschmutzung meinte. Denn den Kapitalismus halte ich für etwas durchaus Schlechtes, da er nur wenigen nützt und vielen schadet. Man darf mich darum – ohne mich zu beleidigen – eine Sozialistin nennen. Nach diesem Bekenntnis versuche ich, mit kurzen Worten einen solchen beschmutzten Begriff reinzuwaschen, nämlich den der Genossenschaft.

Die Idee, welche hinter der Genossenschaft steckt, hat die Genossenschaften leider nicht durchdrungen. Im Gegenteil, die Genossenschaften sind bis in Mark hinein Zerstörer des Individualismus. Beispiele sind: Migros, Coop, Volg (Verband Ostschweizerischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften), Usego u.a. Sie allesamt mutierten zu Monopolisten, zu Zerstörern der Existenz der Kleinhändler. Jeder, der heutzutage ein Kaufhaus betritt (oder einen Mega-Supermarkt), sollte bedenken, daß er Teil eines kapitalistisch manipulierten Kollektivs ist. Währenddem er durch die Rayons spaziert, sollte er daran denken, daß es früher einmal Bäckereien, Metzgereien, Molkereien, Schuhmachereien, Bonneterien (Mercerien), Eisenwarenhandlungen, Buchhandlungen, Papeterien, Sattlereien, Gerbereien, Glasereien und Schreinereien gab. Abertausende wackere Händler und ehrbare Handwerker, die ihren Familiennamen von Schildermalern kunstvoll auf emaillierte Tafeln pinseln ließen, verloren ihre Selbständigkeit – und mit ihr ihren Stolz. Im glücklichsten Fall wurden sie Filialleiter, im schlechtesten Fall Fabrikarbeiter.

Es braucht nicht viel Phantasie dazu (ein Weniges an historischem Wissen genügt), um festzustellen, daß der Kapitalismus die Familien auseinanderriß. Arbeiter und Angestellte haben meistens lange Arbeitswege, zwei, drei Stunden wertvolle Lebenszeit pro Tag vergeuden sie mindestens. Die Väter arbeiten nicht mehr daheim in ihrer Werkstatt, in ihrem Haus; sie sitzen nicht mehr am Mittagstisch u.s.w.

Mir gerät immer alles zu lang. – Ich hoffe, jemand hat bemerkt, daß der Begriff des Kollektivismus ein pervertierter ist und daß er kaum noch guten Gewissens neben den Begriff der Solidarität geschrieben werden kann. Vom Individualismus fange ich jetzt der Kürze wegen nicht auch noch zu reden an.

Gruß von Leila

-jmw-
26.09.2008, 21:14
Dem ist auch so. Der Individualismus will diese Gemeinschaft aber nicht. Er will alleinstehende Personen, die selbst ohne Gruppe und soziales Gefüge agieren.
Mir ist bisher, abgesehen von ein paar Nihilisten, Egozentrikern und Solipsisten, niemand, der sich einen Individualisten nannte, untergekommen, der sowas wollte.

-jmw-
26.09.2008, 21:15
Ja, die Kombination deiner Eigenschaften, Eigenheiten etc. bist du, und nur du. Soweit richtig. Aber unsere Diskussion gerade lenkte doch in eine andere Richtung, oder täusche ich mich da?
In welche Richtung lenkte sie denn Deiner Ansicht nach?

Gladius et Titulus
26.09.2008, 21:18
In welche Richtung lenkte sie denn Deiner Ansicht nach?

Was nun wichtiger sei, die Kombination oder das Vereinzelte - sprich Individualismus oder Kollektivismus. Oder waren wir wo ganz anders und ich hab´s nur verpennt?

-jmw-
26.09.2008, 21:29
Was nun wichtiger sei, die Kombination oder das Vereinzelte - sprich Individualismus oder Kollektivismus. Oder waren wir wo ganz anders und ich hab´s nur verpennt?
Nein nein, genau da sind wir noch.
Du hattest geschrieben, die Kombi sei nicht so arg wichtig bzw. nicht ausreichend;
ich verneinte dies jetzt.

Humer
26.09.2008, 21:53
Die Idee, welche hinter der Genossenschaft steckt, hat die Genossenschaften leider nicht durchdrungen. Im Gegenteil, die Genossenschaften sind bis in Mark hinein Zerstörer des Individualismus. Beispiele sind: Migros, Coop, Volg (Verband Ostschweizerischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften), Usego u.a. Sie allesamt mutierten zu Monopolisten, zu Zerstörern der Existenz der Kleinhändler. Jeder, der heutzutage ein Kaufhaus betritt (oder einen Mega-Supermarkt), sollte bedenken, daß er Teil eines kapitalistisch manipulierten Kollektivs ist. Währenddem er durch die Rayons spaziert, sollte er daran denken, daß es früher einmal Bäckereien, Metzgereien, Molkereien, Schuhmachereien, Bonneterien (Mercerien), Eisenwarenhandlungen, Buchhandlungen, Papeterien, Sattlereien, Gerbereien, Glasereien und Schreinereien gab. Abertausende wackere Händler und ehrbare Handwerker, die ihren Familiennamen von Schildermalern kunstvoll auf emaillierte Tafeln pinseln ließen, verloren ihre Selbständigkeit – und mit ihr ihren Stolz. Im glücklichsten Fall wurden sie Filialleiter, im schlechtesten Fall Fabrikarbeiter.

Es braucht nicht viel Phantasie dazu (ein Weniges an historischem Wissen genügt), um festzustellen, daß der Kapitalismus die Familien auseinanderriß. Arbeiter und Angestellte haben meistens lange Arbeitswege, zwei, drei Stunden wertvolle Lebenszeit pro Tag vergeuden sie mindestens. Die Väter arbeiten nicht mehr daheim in ihrer Werkstatt, in ihrem Haus; sie sitzen nicht mehr am Mittagstisch u.s.w.

Mir gerät immer alles zu lang. – Ich hoffe, jemand hat bemerkt, daß der Begriff des Kollektivismus ein pervertierter ist und daß er kaum noch guten Gewissens neben den Begriff der Solidarität geschrieben werden kann. Vom Individualismus fange ich jetzt der Kürze wegen nicht auch noch zu reden an.

Gruß von Leila

Ich habe Genossenschaften bisher als eine akzeptable Alternative zu üblichen Unternehmensformen gehalten. Nun kommst Du und nimmst mir diese Illusion !
Mich interessiert, wie nun die ursprüngliche Idee von Genossenschaften aussieht und an welcher Stelle sie verfälscht wurde.
So zwischen deinen Zeilen kommt es mir vor, als läge dein Fixpunkt irgendwo im 19. Jahrhundert. Das ist nicht abwertend gemeint. Da konnte man technische Geräte noch selbst reparieren, der Fortschritt erleichterte das Leben, der Gedanke an die Zukunft beflügelte die Menschen, Familien hielten noch zusammen. Das alles ist vorbei und kommt nicht mehr. War es wirklich so oder haben wir die rosarote Brille auf ?
Kollektivismus ob rot oder in völkischem Sinn ist wirklich pervertiert, weil instrumentalisiert. Zunächst werden Opfer gefordert, was dann kommt ist höchst ungewiss.

Leila
26.09.2008, 22:58
An Humer:

Ich bin und nenne mich eine Nostalgikerin. Die Migros nennt sich eine Genossenschaft, ist aber keine. Sondern ein erzkapitalistisches Unternehmen, gegründet von einem Genie namens Gottlieb Duttweiler. Seine Geschäftsmethode läßt sich mit der Parole: „Die Zwischenhändler verkaufen zu teuer!“ kurz und bündig ausdrücken. Ich würde ihn, um ein modernes Wort zu verwenden, als denjenigen bezeichnen, der in der Schweiz als erster Preisdumping betrieb, und zwar mit Methoden, die der Geldmacherei der katholischen und protestantischen Kirche in nichts nachstehen. Sein Erfolgsgeheimnis bestand darin (und hier muß ich leider, wie beinahe in allem, der volkstümlichen volksverblödenden Wikipedia widersprechen), daß er es verstand, seine Raff- und Geldgier als Altruismus auszugeben. Die Migros gibt heute noch wöchentlich eine Werbebroschüre heraus, die sich – als Zeitschrift getarnt – sinnreich „Wochenblatt des sozialen Kapitals“ nennt. Etwas Tolleres kann ich mir gar nicht vorstellen.

Solltest Du, lieber Humer, Soziologie studieren, dann rate ich Dir an, gleichzeitig das Studium der Germanistik in Angriff zu nehmen, um solche Euphemismen wie „Großverteiler“ von Grund aus verstehen zu lernen. Als ob der größte „Großverteiler“ der Schweiz etwas Großes zu verteilen hätte … oder groß was verteilen würde. Dem „Migros-Kulturprozent“ stehen 99 Prozent Profit gegenüber. Soviel für heute über die Genossenschaften.

Gruß von Leila

Leila
26.09.2008, 23:38
Dem ist auch so. Der Individualismus will diese Gemeinschaft aber nicht. Er will alleinstehende Personen, die selbst ohne Gruppe und soziales Gefüge agieren.

Ich singe Dir, lieber Tiroler, mein altes Lied: Auch Du verwechselst den Individualismus mit dem Egoismus. Egoisten sind Schmarotzer, und als solche notwendig auf Wirte angewiesen. Ihr parasitäres Verhalten ist allein auf ihr Wachstum und Überleben ausgerichtet. „Die ganze Welt möge ersticken und verrecken, ich ersticke und verrecke zuletzt!“ lautet ihr Leitsatz.

Gruß von Leila

Gladius et Titulus
27.09.2008, 09:42
Nein nein, genau da sind wir noch.
Du hattest geschrieben, die Kombi sei nicht so arg wichtig bzw. nicht ausreichend;
ich verneinte dies jetzt.

Nun, ich versuche es dir mit einigen Beispielen zu erklären. In einem meiner Beiträge schrieb ich, die Kombination deiner Eigenschaften/Eigenheiten findet keine "praktische Anwendung im realen Leben". Was ich damit ausdrücken wollte ist, dass du stets vom einzelnen betroffen bist, nie von der Kombination. Zum Beispiel wenn du gefeuert wirst, dann hat das nur damit zu tun, dass du z.B Arbeiter bist, dass du auch noch gut Gitarre spielst spielt keine Rolle bei deinem Problem mit der Arbeit - das habe ich mit "praktische Anwendung" der Kombination gemeint.

Ich wüßte gerne unter welchem Vorwand und mit welchen Argumenten. ;)

-jmw-
27.09.2008, 10:17
Nun, ich versuche es dir mit einigen Beispielen zu erklären. In einem meiner Beiträge schrieb ich, die Kombination deiner Eigenschaften/Eigenheiten findet keine "praktische Anwendung im realen Leben". Was ich damit ausdrücken wollte ist, dass du stets vom einzelnen betroffen bist, nie von der Kombination. Zum Beispiel wenn du gefeuert wirst, dann hat das nur damit zu tun, dass du z.B Arbeiter bist, dass du auch noch gut Gitarre spielst spielt keine Rolle bei deinem Problem mit der Arbeit - das habe ich mit "praktische Anwendung" der Kombination gemeint.
Nun, das ist ja garkeine Frage, das ist klar.

Aber macht das die Kombination unwichtig?
Wie ich in #78 schon schrieb: Die Kombi bin ich.

Das scheint mir doch ein passender Einwand dagegen, sie sei nicht wichtig oder nicht ausreichend!

Gladius et Titulus
27.09.2008, 11:33
Nun, das ist ja garkeine Frage, das ist klar.

Aber macht das die Kombination unwichtig?
Wie ich in #78 schon schrieb: Die Kombi bin ich.

Das scheint mir doch ein passender Einwand dagegen, sie sei nicht wichtig oder nicht ausreichend!

Stimmt, aber gesellschaftlich-politisch spielt das absolut keine Rolle.

-jmw-
27.09.2008, 11:35
Soll was heissen?

Gladius et Titulus
27.09.2008, 11:39
Soll was heissen?

Das die Kombination für Individualismus im gesellschaftlich-politischen Sinne nichts taugt. ;)

-jmw-
27.09.2008, 12:31
Und warum taugt sie nicht?

eintiroler
27.09.2008, 15:30
Mir ist bisher, abgesehen von ein paar Nihilisten, Egozentrikern und Solipsisten, niemand, der sich einen Individualisten nannte, untergekommen, der sowas wollte.

Was wollen sie den d.M.n?

eintiroler
27.09.2008, 15:30
Ich singe Dir, lieber Tiroler, mein altes Lied: Auch Du verwechselst den Individualismus mit dem Egoismus. Egoisten sind Schmarotzer, und als solche notwendig auf Wirte angewiesen. Ihr parasitäres Verhalten ist allein auf ihr Wachstum und Überleben ausgerichtet. „Die ganze Welt möge ersticken und verrecken, ich ersticke und verrecke zuletzt!“ lautet ihr Leitsatz.

Gruß von Leila

Auch dir sende ich die Frage: Was sollte den der Unterschied sein?

-jmw-
27.09.2008, 16:05
Was wollen sie den d.M.n?
Das nun ist eine schwierige Frage, denn ich kann kaum auf wenige Sätze zusammenfassen, was all die verschiedenen Leute, die sich aus dem einen oder anderen Grund ins Lager des Invidiualismus packen liessen, wollten.

Gladius et Titulus
27.09.2008, 18:58
Und warum taugt sie nicht?

Habe ich in Beitrag 88 erklärt.

-jmw-
27.09.2008, 19:05
Habe ich in Beitrag 88 erklärt.
Dann nochmal im Einzelnen:

(1) Wir haben Kombinationen von Eigenschaften und Eigenarten.
(2) Man ist insofern individuell, als dass man als Kombi von anderen abweicht.
(3) Da man diese Kombi aber im realen Leben keine Anwendung findet, reicht sie nicht aus, Individualismus in einem gesellschaftlich-politischen Sinne zu rechtfertigen.

So ungefähr?

Wenn ja, darf ich sagen, dass ich da keine rationale (oder gar logische) Verbindung zwischen 1+2 und 3 sehe.
(Und da ich an der Uni auch mit philosophischen Texten zu tun habe, dürfte das heissen, dass deine Verbindung, so sie existiert, zumindest nicht ganz offensichtlich ist.)

Gladius et Titulus
27.09.2008, 19:09
Dann nochmal im Einzelnen:

(1) Wir haben Kombinationen von Eigenschaften und Eigenarten.
(2) Man ist insofern individuell, als dass man als Kombi von anderen abweicht.
(3) Da man diese Kombi aber im realen Leben keine Anwendung findet, reicht sie nicht aus, Individualismus in einem gesellschaftlich-politischen Sinne zu rechtfertigen.

So ungefähr?

Wenn ja, darf ich sagen, dass ich da keine rationale (oder gar logische) Verbindung zwischen 1+2 und 3 sehe.
(Und da ich an der Uni auch mit philosophischen Texten zu tun habe, dürfte das heissen, dass deine Verbindung, so sie existiert, zumindest nicht ganz offensichtlich ist.)

Korrekt verstanden. Damit du den Zusammenhang verstehst unterstreiche ich die Zusammenhänge in den 3 von dir genannten Punkten.

-jmw-
27.09.2008, 19:12
Heisst das, das alles, was "im realen Leben keine Anwendung" findet, in einem gesellschaftlich-politischen Sinne nicht zur Rechtfertigung dienen kann?

Gladius et Titulus
27.09.2008, 19:19
Heisst das, das alles, was "im realen Leben keine Anwendung" findet, in einem gesellschaftlich-politischen Sinne nicht zur Rechtfertigung dienen kann?

Wie sollte es denn?

-jmw-
27.09.2008, 19:28
Wie sollte es denn?
Weiss ich nicht.
Ich weiss aber auch, warum (nur) das Gegenteil möglich sein sollte.

Gladius et Titulus
27.09.2008, 19:50
Weiss ich nicht.


Gute Antwort. :)) ;)

-jmw-
27.09.2008, 21:42
V.a. ehrlich.
Ich bin halt kein studierter Philosoph und also garnicht kompetent, zu erklären, ob und warum und inwieweit das eine besser oder schlechter sei oder anwendbarer als das andere. :)
(Du vielleicht?)

Gladius et Titulus
28.09.2008, 07:30
V.a. ehrlich.
Ich bin halt kein studierter Philosoph und also garnicht kompetent, zu erklären, ob und warum und inwieweit das eine besser oder schlechter sei oder anwendbarer als das andere. :)
(Du vielleicht?)

Meinen Respekt, das ist nämlich gar nicht einfach. :)

Natürlich, ich habe schon erklärt, das der Individualismus nicht funktioniert und wo und wie der Kollektivismus seine Anwendung findet. :] ;)

PS: Könntest du mir in Zukunft den Gefallen tun und die Beiträge von mir die du beantwortest auch zu zitieren? Ich schau nämlich immer bei der "Wer hat mich zitiert" Funktion wo ich noch antworten muss. ;)

Leila
28.09.2008, 08:24
Auch dir sende ich die Frage: Was sollte den der Unterschied [zwischen Egoismus und Individualismus] sein?

Lieber Tiroler!

Das gute an einem Internetforum wie diesem ist, daß man Dinge sagen kann, über die man selbst nicht Bescheid weiß, und Behauptungen aufstellen kann, die vielleicht unhaltbar sind. Hätte ich bereits Klarheit über die aufgeworfenen Fragen erlangt, dann würde ich hier jetzt eine kurze Zusammenfassung liefern und ‚den Fall‘ für erledigt erachten.

Äußerst knappe und meistens treffende Begriffserklärungen findest Du im sociologicus (http://www.sociologicus.de/lexikon/lex_soz/f_j/individa.htm). Dort steht z.B. unter Stichwort Individualismus: „Eine Anschauung, die das Individuum, das ‚unteilbare‘ Einzelwesen, in den Mittelpunkt der Gesellschaft stellt und seine Interessen ohne Berücksichtigung der gemeinschaftlichen Interessen verwirklichen oder aber gegen Übergriffe der Gesellschaft verteidigt sehen will.“ Eine andere Formulierung könnte lauten: „Eine Anschauung, die dem Individuum und seinen Bedürfnissen den Vorrang vor der Gemeinschaft einräumt.“ Damit, daß man unter einem Individualisten jemanden versteht, der einen ganz persönlichen, eigenwilligen Lebensstil entwickelt hat und sich dadurch von anderen, ihren Verhaltens- und Denkweisen abhebt, fangen die Probleme erst an, die einer Lösung harren. Denn nun kommt der Egoismus ins Spiel.

Die Coop (abgeleitet von Kooperation), welche sich ein „genossenschaftlich organisiertes Unternehmen“ nennt, setzt unter jede seiner Werbebotschaften den Slogan: „Für mich und dich.“ (http://www.ciao.de/Coop_Schweiz__Test_3247533) An diesem Slogan ist schon die Reihenfolge der Wörter „mich“ und „dich“ interessant. Man wäre beinahe versucht, ein Gespräch über Höflichkeit und Zuvorkommenheit zu beginnen.

Gruß von Leila

-jmw-
28.09.2008, 10:41
Meinen Respekt, das ist nämlich gar nicht einfach. :)
Ich find's sogar sehr einfach! :)


Natürlich, ich habe schon erklärt, das der Individualismus nicht funktioniert und wo und wie der Kollektivismus seine Anwendung findet. :] ;)
Nein nein, die Frage ist doch jetzt, wie wir begründen wollen, dass "alles, was 'im realen Leben keine Anwendung' findet, in einem gesellschaftlich-politischen Sinne nicht zur Rechtfertigung dienen kann".

Es mag sein, dass Dir das unmittelbar einleuchtet.
Es ist aber keineswegs logisch zwingend o.s.ä.!


PS: Könntest du mir in Zukunft den Gefallen tun und die Beiträge von mir die du beantwortest auch zu zitieren? Ich schau nämlich immer bei der "Wer hat mich zitiert" Funktion wo ich noch antworten muss. ;)
Ähm...
Ja, klar, kann ich machen.
Wiewohl es für Dich wohl einfacher wär, unter "Eigene Beiträge" zu gucken, da kriegste nämlich auch dann was mit, wenn Du mal nicht zitiert wurdest. :]

Gladius et Titulus
28.09.2008, 11:31
Ich find's sogar sehr einfach! :)


Nein nein, die Frage ist doch jetzt, wie wir begründen wollen, dass "alles, was 'im realen Leben keine Anwendung' findet, in einem gesellschaftlich-politischen Sinne nicht zur Rechtfertigung dienen kann".

Es mag sein, dass Dir das unmittelbar einleuchtet.
Es ist aber keineswegs logisch zwingend o.s.ä.!


Ähm...
Ja, klar, kann ich machen.
Wiewohl es für Dich wohl einfacher wär, unter "Eigene Beiträge" zu gucken, da kriegste nämlich auch dann was mit, wenn Du mal nicht zitiert wurdest. :]

Philosophische Natur? :)) ;)

Öhm, na ich glaube doch die Frage beantwortet sich doch von selbst. Wie soll etwas, was im gesellschaftlichen Leben keine Anwendung findet unter gesellschaftlich-politischen Aspekten betrachtet werden?

Da kann ich meine Beiträge sehen, aber nicht ob sie schon beantwortet sind. :cool2:

-jmw-
28.09.2008, 11:37
Philosophische Natur? :)) ;)
Wie meinen? ?(


Öhm, na ich glaube doch die Frage beantwortet sich doch von selbst. Wie soll etwas, was im gesellschaftlichen Leben keine Anwendung findet unter gesellschaftlich-politischen Aspekten betrachtet werden?
Es soll nicht "unter gesellschaftlich-politischen Aspekten betrachtet", sondern im gesellschaftlich-politischen Sinne, d.h. bezogen auf Gesellschaft und Politik, begründet werden.
Das ist doch wohl was andersw, oder?


Da kann ich meine Beiträge sehen, aber nicht ob sie schon beantwortet sind. :cool2:
Richtig.
Von Deinem letzten Beitrag an kannst Du dann aber die Diskussion durchlesen, bis zu zu dem Punkte kommst, an dem jemand Dir antwortet.
Wenn Du nur über die Beitragszitation das machst, dann kriegste ja garnicht mit, was "dazwischen" liegt!

Gladius et Titulus
28.09.2008, 11:54
Wie meinen? ?(


Es soll nicht "unter gesellschaftlich-politischen Aspekten betrachtet", sondern im gesellschaftlich-politischen Sinne, d.h. bezogen auf Gesellschaft und Politik, begründet werden.
Das ist doch wohl was andersw, oder?


Richtig.
Von Deinem letzten Beitrag an kannst Du dann aber die Diskussion durchlesen, bis zu zu dem Punkte kommst, an dem jemand Dir antwortet.
Wenn Du nur über die Beitragszitation das machst, dann kriegste ja garnicht mit, was "dazwischen" liegt!

Na wenn dir das Philosophie Studium sehr leicht fällt, musst du da eine Begabung haben. ;)

Wie soll etwas, was in beidem keine Anwendung findet auf selbiges bezogen werden?

Ab und an schaue ich auch so in die Stränge rein und lese die anderen Beiträge, bzw. beantworte sie.

eintiroler
28.09.2008, 14:41
Lieber Tiroler!

Das gute an einem Internetforum wie diesem ist, daß man Dinge sagen kann, über die man selbst nicht Bescheid weiß, und Behauptungen aufstellen kann, die vielleicht unhaltbar sind. Hätte ich bereits Klarheit über die aufgeworfenen Fragen erlangt, dann würde ich hier jetzt eine kurze Zusammenfassung liefern und ‚den Fall‘ für erledigt erachten.

Äußerst knappe und meistens treffende Begriffserklärungen findest Du im sociologicus (http://www.sociologicus.de/lexikon/lex_soz/f_j/individa.htm). Dort steht z.B. unter Stichwort Individualismus: „Eine Anschauung, die das Individuum, das ‚unteilbare‘ Einzelwesen, in den Mittelpunkt der Gesellschaft stellt und seine Interessen ohne Berücksichtigung der gemeinschaftlichen Interessen verwirklichen oder aber gegen Übergriffe der Gesellschaft verteidigt sehen will.“ Eine andere Formulierung könnte lauten: „Eine Anschauung, die dem Individuum und seinen Bedürfnissen den Vorrang vor der Gemeinschaft einräumt.“ Damit, daß man unter einem Individualisten jemanden versteht, der einen ganz persönlichen, eigenwilligen Lebensstil entwickelt hat und sich dadurch von anderen, ihren Verhaltens- und Denkweisen abhebt, fangen die Probleme erst an, die einer Lösung harren. Denn nun kommt der Egoismus ins Spiel.

Die Coop (abgeleitet von Kooperation), welche sich ein „genossenschaftlich organisiertes Unternehmen“ nennt, setzt unter jede seiner Werbebotschaften den Slogan: „Für mich und dich.“ (http://www.ciao.de/Coop_Schweiz__Test_3247533) An diesem Slogan ist schon die Reihenfolge der Wörter „mich“ und „dich“ interessant. Man wäre beinahe versucht, ein Gespräch über Höflichkeit und Zuvorkommenheit zu beginnen.

Gruß von Leila

Auch wenn ich stur wirken muss. Könntest du mir bitte in 2 Sätzen erklären, wieso das Unterstrichene nicht egoistisch sein soll?

Leila
28.09.2008, 19:40
Auch wenn ich stur wirken muss. Könntest du mir bitte in 2 Sätzen erklären, wieso das Unterstrichene nicht egoistisch sein soll?
Dies gelingt mir kaum (hoffentlich haßt Du mich nicht deswegen). Die Individuen verdanken ihre Entfaltung einem Kollektiv. Je länger ich darüber sinniere, um weniger kann ich mir unter einem Individualisten etwas vorstellen. Denn ich kenne keinen einzigen Menschen, der nicht auf andere Menschen angewiesen wäre. Darum beginne ich allmählich, den Individualismus für ein Hirngespinst zu halten. Versuche ich, mir eine Gruppe von Egoisten vorzustellen, dann fange ich gleich am Begriff des Egoismus zu zweifeln an.

Gruß von Leila

-jmw-
28.09.2008, 21:34
Mal was ganz anderes: Gegeben sei, wir hätten den Individualismus ausgeschlossen, rausgekickt, whatever.
Wir wollen annehmen, es bliebe nur der Kollektivismus.
Problem: Was heisst das schon, Kollektivismus?
Sind all die, die sich Kollektivisten nennen, denn einig?
Nein.
Sie liegen in vielen Punkten sogar weit auseinander.

Meine Frage daher: Welche Bandbreite hat der Kollektivismus? Welche der bekannten Ideologien, Systemvorstellungen usw. usw. blieben übrig, liessen wir den Individualismus fallen?
Ich bitte die Verfechter einfach mal um eine Aufzählung all dessen, was uns erhalten bliebe an Ideen.

Leila
28.09.2008, 22:50
Mal was ganz anderes: Gegeben sei, wir hätten den Individualismus ausgeschlossen, rausgekickt, whatever.
Wir wollen annehmen, es bliebe nur der Kollektivismus.

Danke, JMW, für diesen Vorschlag. Den machte ich vor vielen Jahren schon einmal, habe dann aber das Thema des Individualismus aus den Augen verloren. Heute bin ich versucht, dem Vorschlag wieder zuzustimmen.


Problem: Was heisst das schon, Kollektivismus?
Sind all die, die sich Kollektivisten nennen, denn einig?
Nein.
Sie liegen in vielen Punkten sogar weit auseinander.

Meine Frage daher: Welche Bandbreite hat der Kollektivismus? Welche der bekannten Ideologien, Systemvorstellungen usw. usw. blieben übrig, liessen wir den Individualismus fallen?
Ich bitte die Verfechter einfach mal um eine Aufzählung all dessen, was uns erhalten bliebe an Ideen.

Ein Problem der Wissenschaften der Politologie und Soziologie ist der Mangel an Formeln und Konstanten. Man kommt nicht um weitläufige und ausführliche Beschreibungen herum. Anders in der Mathematik oder Geometrie: Nach der Formel s² wird stets der Flächeninhalt eines Quadrates berechnet. Der Begriff Kollektiv dagegen ist so schwammig, daß man unter ihm vielerlei vorstellen kann. Selbst wenn man das deutsche Wort Gemeinschaft sagt, muß man bedenken, daß es höchstens als Oberbegriff taugt. Es kann Genossenschaft, Wohngemeinschaft, Produktionsgemeinschaft, Ehe, Mannschaft, Verein u.v.a.m. bedeuten.

(Nur nebenbei, daher in Klammern: In den letzten Jahren las ich in Internetforen viel über den Islam. Manch einer lehnt den Begriff Islamismus rundweg ab, erklärt ihn für überflüssig oder gar für eine unzulässige Unterscheidung, die nur für Verwirrung sorgt.)

Gruß von Leila

Manfred_g
29.09.2008, 01:01
Ich sah diese beiden Begriffe noch nie als einander gegenüberstehend an, sondern dachte stets, daß jedes Individuum zu seiner Entfaltung der Fürsorge der Gemeinschaft bedarf.
Dem Individualismus geht der Kollektivismus voraus; auf diesem beruht er und ihm allein verdankt er sein Gedeihen.

Ich denke nicht, daß man dem Ursache-Wirkungsprinzip hier eine feste Abfolge zuschreiben kann. Schließlich ist es ebenso legitim, zu argumentieren, daß ohne Individuen kein Kollektiv zu bilden ist. Ein Kollektiv definiert sich ja geradzu über die konstruktive Wechselwirkung ungleicher Individuen.

Sagen wirs mal so: ich denke immer noch, daß der Kuchen nicht ohne seine Zutaten existieren kann, wohl aber umgekehrt, die Zutaten für sich alleine. Jedoch könnte man sagen, der Kuchen veredelt diese Zutaten indem er mehr ist als nur ihre Summe.

Leila
29.09.2008, 07:35
Sagen wirs mal so: ich denke immer noch, daß der Kuchen nicht ohne seine Zutaten existieren kann, wohl aber umgekehrt, die Zutaten für sich alleine. Jedoch könnte man sagen, der Kuchen veredelt diese Zutaten indem er mehr ist als nur ihre Summe.

Ein sehr guter, schöner Vergleich, lieber Manfred! Dank ihm bin ich in der Lage, meinen zweiten von Dir oben zitierten Satz zu widerrufen und dafür einen neuen zu formulieren: Jedes Individuum verdankt seine Existenz andern Individuen.

Gruß von Leila

Humer
29.09.2008, 09:43
Der Verlauf der Diskussion hier, bringt mich zu dem Gedanken, mich dem Thema mal vom Bauchgefühl aus zu nähern.

Wenn ich Kollektivismus höre, bekomme ich allergische Raktionen. Warum eigentlich, das frage ich mich. - Weil ich allen, die das predigen, unterstelle, sie predigen Verzicht und ich soll möglicherweise auch noch mein Leben opfern, damit sie ihre Ziele erreichen. Ameisenstaaten werden in diesem Zusammenhang oft bewundernd erwähnt.
Diese Eliten selbst leisten diesen Verzicht natürlich nicht und genießen ihre Privilegien in vollen Zügen.

Andererseits bin ich gerne zum Verzicht bereit, wenn es für vernünftig halte und mir niemand diesen Verzicht vorschreibt. Vor allem wenn es mystisch wird (Nation, Volk, Vaterland), bin ich gewarnt. Ein Gesetz kann natürlich auch vernünftig sein, dann halte ich mich auch gerne daran. Dann wäre ich ein Individualist, der sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlt.
Also eine Gegenüberstellung Individualismus und Kollektivismus ist doch sehr theoretisch. Es wird immer beide Kräfte nebeneinander geben, die sich ständig verändern; in meinem Kopf als auch in der Gesellschaft.

Leila
29.09.2008, 11:17
Ich habe Genossenschaften bisher als eine akzeptable Alternative zu üblichen Unternehmensformen gehalten. Nun kommst Du und nimmst mir diese Illusion !
Mich interessiert, wie nun die ursprüngliche Idee von Genossenschaften aussieht und an welcher Stelle sie verfälscht wurde.
So zwischen deinen Zeilen kommt es mir vor, als läge dein Fixpunkt irgendwo im 19. Jahrhundert.

Da, dem Leitthema gemäß, hier auch vom Kollektivismus die Rede sein soll und ich die Genossenschaften ins Gespräch brachte, merke ich Dir zuliebe, Humer, dazu noch einiges an. Mein Fixpunkt liegt nicht irgendwo im 19., sondern im 20. Jahrhundert. Zwar habe ich die Entwicklung des Bauern- und Arbeiterstandes, wie auch die Geschichte der Gewerkschaften seit der industriellen Revolution, studiert, rede aber lieber von der Zeit, die mein Mann selbst erlebt hat. Er ist meine klare sprudelnde Quelle, was die Verhältnisse in der Schweiz betrifft.

Von der Solidarität und Fremdenfeindlichkeit

Während den 1950er und 1960er Jahren war der Zustrom italienischer (vorallem männlicher) Fremdarbeiter in der Schweiz sehr groß. Sie wohnten eingepfercht in kümmerlichen Baracken und billigen Arbeiterwohnungen. Kaum einer von ihnen sprach ein Wort deutsch. Die Einheimischen wichen ihnen aus, nannten sie „Tschinggen“ und ließen keine Gelegenheit aus, sie in Verruf zu bringen. Die Behauptung: „Die wollen uns unsere Frauen wegnehmen“, wurde bei ihnen zu einer fixen Idee. Nun geschah etwas, woran der pfiffigste Spekulant nicht im Traum zu denken gewagt hätte. Die Genossenschaften verfügten bereits über viele kleine Verkaufsläden, die in Konkurrenz zu den Läden der Einzelhändler standen. Da das Prinzip der Selbstbedienung bereits erfunden war, gingen die Italiener an den Läden der Einzelhändler vorüber und kauften z.B. im Laden des LVZ (Lebensmittelverein Zürich), der Coop oder Migros ein. Dort konnten sie die Waren wortlos aus den Regalen nehmen und ins Körbchen legen, sich wortlos zur Kasse hin begeben und die Waren wortlos bezahlen. Grazie!

Nun können wir festhalten: Die Einzelhändler versäumten es, die Fremdarbeiter als Menschen wahrzunehmen (hierhin paßt Max Frischs geflügeltes Wort: „Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen“ wunderbar). Davon profitierten die Kaufhäuser – wie z.B. in Zürich die später von der Coop aufgefressene EPA (Einheitspreis AG) – vorzüglich. Die Großverteiler konnten dank des größeren Umsatzes die Preise der Einzelhändler stets unterbieten, und dies z.T. so drastisch, daß auch blinde Schweizer Bünzli dies bemerken mußten. Ihren Gewinn verwendeten sie darauf, ihr Sortiment fortlaufend zu erweitern und waren schließlich sogar imstande, die von ihnen angebotenen Produkte zu noch niedrigeren Preisen selbst zu produzieren. Spätestens jetzt war es mit der Solidarität der Einheimischen vorbei.

Eine interessante Bemerkung könnte noch sein, daß ausgerechnet die wohlhabenden Einheimischen zu den ersten Kunden der Selbstbedienungsläden gehörten (die schickten aber ihre Haushälterinnen oder Dienstmädchen zum einkaufen, um nicht des Verrats bezichtigt werden zu können).

Gruß von Leila

Manfred_g
29.09.2008, 12:36
...
Wenn ich Kollektivismus höre, bekomme ich allergische Raktionen. Warum eigentlich, das frage ich mich...

Ich habe diese Allergie auch, wobei ich inzwischen glaube, sagen zu können, warum dies so ist: nämlich, weil in Diskussionen die eine politische/weltanschauliche Zielsetzung haben, sehr häufig die Verknüpfung Kollektivismus -> Sozialismus -> Kommunismus als zwingende Schlußfolgerung dargestellt wird.
Dies halte ich einerseits aber für falsch, insbesondere landet man noch lange nicht bei einem Kollektivismus, nur weil man nicht die grundlegende Existenz und Notwendigkeit von Kollektiven in Frage stellt.
Ich bin nach wie vor gegen einen stark ausgeprägten politischen Kollektivismus.

eintiroler
29.09.2008, 13:30
Dies gelingt mir kaum (hoffentlich haßt Du mich nicht deswegen). Die Individuen verdanken ihre Entfaltung einem Kollektiv. Je länger ich darüber sinniere, um weniger kann ich mir unter einem Individualisten etwas vorstellen. Denn ich kenne keinen einzigen Menschen, der nicht auf andere Menschen angewiesen wäre. Darum beginne ich allmählich, den Individualismus für ein Hirngespinst zu halten. Versuche ich, mir eine Gruppe von Egoisten vorzustellen, dann fange ich gleich am Begriff des Egoismus zu zweifeln an.

Gruß von Leila

Damen kann man doch nicht hassen ;)
Eben, der einzelne Mensch kann seine Charaktereigenschaften erst in einer Gemeinschaft entfalten. Die Gemeinschaft unterstützt den Menschen in seiner Entwicklung, dafür hilft der Einzelne der Gemeinschaft.

Leila
29.09.2008, 14:07
Ich bitte die Verfechter [des Kollektivismus] einfach mal um eine Aufzählung all dessen, was [nach dem Wegfall des Individualismus] uns erhalten bliebe an Ideen.

Ich liefere Dir, JMW, statt eine Idee des Kollektivismus, eine Kritik des Individualismus, damit man diesen feierlich beerdigen oder kremieren kann.

Zunächst eine Frage: Was wäre der reichste Mensch auf Erden ohne all jene armen Menschen, die ihm zu Diensten stehn – was wäre er ohne all jene, die seinen Reichtum billigen und diesen ihm nicht streitig machen?

Ich beginne meine Kritik des Individualismus mit den sprachlichen Gepflogenheiten. In der Alltags- oder Umgangssprache ist nur selten von ihm die Rede. Viel öfter kommen einem die Begriffe individuell und Individualität zu Ohren. Der Bergriff Individualismus ist selten zu hören. Die Definition des Begriffs des Individualismus scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Man vernimmt die Werbebotschaften: „Ich bin doch nicht blöd“ (Millionen Menschen denken so von sich selbst und merken dabei nicht, daß sie der Majorität der Dummen angehören), oder: „Weil ich es mir wert bin“ … „Kleide dich so oder so, und Du erscheinst als etwas ganz besonderes“ – wer solchen Slogans Glauben schenkt, ist empfänglich für jede Religion; jedenfalls hat er noch nie eine Kleiderfabrik von innen gesehen. Freiheit und Abenteuer versprach der ‚Marlboro Man‘ inmitten der Weiten des wilden Westens – gekauft und geraucht wurden die Zigaretten dieser Marke von Millionen Leuten, die in engsten Verhältnissen lebten und in Kaninchenställen wohnten. „Finde zu Dir selbst!“, „Sei der, der Du bist!“ rufen schlaue Verführer den desorientierten Menschen zu – und gründen erfolgreich eine Industrie. Der ganze Esoterik- und Religionsscheiß funktioniert nach diesem Prinzip: „Du bist etwas ganz Besonderes!“ Und ehe der gewöhnliche Dummkopf sich versieht, ist er Mitglied eines Vereins, dessen Vorsteher nur eines beabsichtigen: ihn auszubeuten. Eine ganz tolle Sache ist der sogenannte „Individualverkehr“: Lauter Individualisten stehen mit ihren Automobilen im Stau und wundern sich, nicht als Individualisten wahrgenommen zu werden.

Heute morgen war ich kurz einkaufen (bei Einzelhändlern in der Nachbarschaft, die meinen Namen kennen und mich zuvorkommend, beinahe übertrieben höflich, bedienten). Danach ging ich zur Post, um Zahlungsanweisungen zu veranlassen. Als ich wieder daheim war, fiel mir ein, Georg Friedrich Händel, dem großen Wohltäter der Menschheit, nicht begegnet zu sein. Dieser war kein Individualist, sondern ein bemerkenswertes Individuum mit einer ‚sozialen Ader‘. Er hätte mir, wäre ich ihm, diesem bunten Vogel, heute auf der grauen Straße begegnet, bestimmt auffallen müssen. Dankend wäre ich vor ihm auf die Füße gefallen.

Gruß von Leila

Humer
29.09.2008, 16:06
Peel beschriebt: Wo heute Individualissmus drauf steht, ist Verführung zum Konsum drin. Sehr widersprüchlich, aber trotzdem richtig. Widersprüchlich deshalb, weil es um Massenkonsum geht. Dann hätten wir ja einen Massenindividualismus. Lustig, oder?

Noch etwas zum Kollektivismus, das Wort hat keinen guten Klang, das auch zu recht. Aber, Konformismus, den haben wir schon, ich bin nun nicht in der Lage die beiden Begriffe genau zu unterscheiden. Der Konformitätsdruck, bringt uns dazu uns im Hamsterrad des Kapitalismus kräftig anzustrengen und seine Prinzipien als einzige Realität anzuerkennen. Um es noch mehr zu komplizieren: es gibt einen Konformitätsdruck hin zum Egoismus, Stichwort Leistungsgesellschaft, mehr Wettbeweb und wie die Antreibersprüche noch so lauten.

-jmw-
29.09.2008, 18:09
Ich liefere Dir, JMW, statt eine Idee des Kollektivismus, eine Kritik des Individualismus...
..., die nach meinem Verständnis garkeine solche ist, sondern eine des Konsumismus, einem Massenphänomen und allein deshalb schon kaum individualistisch. :]

eintiroler
29.09.2008, 18:12
einem Massenphänomen und allein deshalb schon kaum individualistisch. :]

Ist es dann nicht ironisch, dass der Liberalismus bzw. Individualismus selbst ein Massenphänomen ist?

-jmw-
29.09.2008, 18:41
Ist es dann nicht ironisch, dass der Liberalismus bzw. Individualismus selbst ein Massenphänomen ist?
Wir scheinen da auseinanderzuliegen in unserem Verstehen der Begriffe, denn aus meiner Sicht kann von einem "Massenphänomen Liberalismus" keine Rede sein.
Die Leute wählen ja nichtmal die viertelliberale FDP!

eintiroler
29.09.2008, 19:12
Wir scheinen da auseinanderzuliegen in unserem Verstehen der Begriffe, denn aus meiner Sicht kann von einem "Massenphänomen Liberalismus" keine Rede sein.
Die Leute wählen ja nichtmal die Viertelliberale FDP!

Da sind wir wirklich meilenweit auseinander. Mir sind alle Regierungsparteien, ach was...ich wage sogar zu sagen, dass mir alle Parteien in Deutschland zu liberal sind. Ironischerweise bezeichnet sich meine Partei als liberal ist es aber viel weniger, als andere. Bei uns wird das Wort liberal eher im Sinne von Einzelkämpferisch gedacht. Das ist bei uns öfter so. Immer wenn eine Partei den Mitte-Etablierten zu radikal ist bezeichnet sich diese als Liberal und das Problem ist gelöst.

-jmw-
29.09.2008, 19:28
Da sind wir wirklich meilenweit auseinander. Mir sind alle Regierungsparteien, ach was...ich wage sogar zu sagen, dass mir alle Parteien in Deutschland zu liberal sind.
Naja, "zu liberal" heisst ja nicht, dass sie liberal sein müssen.
Eine Kiste Mineralwasser z.B. ist nicht wirklich schwer, wohl aber meiner Grossmutter zu schwer, um sie in den Keller zu tragen.

(Zumindest können wir uns darauf einigen, dass wir die Parteien nicht mögen!:)))

eintiroler
29.09.2008, 19:29
Naja, "zu liberal" heisst ja nicht, dass sie liberal sein müssen.
Eine Kiste Mineralwasser z.B. ist nicht wirklich schwer, wohl aber meiner Grossmutter zu schwer, um sie in den Keller zu tragen.

(Zumindest können wir uns darauf einigen, dass wir die Parteien nicht mögen!:)))

Genau. Bauen wir lieber auf Gemeinsamkeiten, als auf Unterschieden ;)

-jmw-
29.09.2008, 19:45
Tja, und welche wären das?

eintiroler
29.09.2008, 19:47
Tja, und welche wären das?

Eine haben wir ja schon :))

-jmw-
29.09.2008, 19:48
Okay, eine reicht aber nicht.
Weitere?

eintiroler
29.09.2008, 20:01
Okay, eine reicht aber nicht.
Weitere?

Du bist anscheinend auch konservativ.
Und ganz antimonarchistisch bist du auch nicht.
Ich forsche weiter...

-jmw-
29.09.2008, 20:07
Konservativ bin ich mehr persönlich denn politisch. :)

eintiroler
29.09.2008, 20:16
Konservativ bin ich mehr persönlich denn politisch. :)

Ist ja ein Anfang :)

-jmw-
29.09.2008, 20:27
Ich fürchte, soviel mehr ist da nicht zu finden. :)

Manfred_g
29.09.2008, 23:30
... „Finde zu Dir selbst!“, „Sei der, der Du bist!“ rufen schlaue Verführer den desorientierten Menschen zu – und gründen erfolgreich eine Industrie. Der ganze Esoterik- und Religionsscheiß funktioniert nach diesem Prinzip: „Du bist etwas ganz Besonderes!“ Und ehe der gewöhnliche Dummkopf sich versieht, ist er Mitglied eines Vereins, dessen Vorsteher nur eines beabsichtigen: ihn auszubeuten...

Aber die mißbräuchliche Verwendung des Begriffes "Individualismus" ist dem Induvidualismus selbst nicht anzulasten.

Leila
30.09.2008, 00:58
Nochmals, lieber Manfred: Es gibt keine Individualisten, auch nicht einen einzigen. Jeder Mensch ist auf die andern Menschen angewiesen, von Geburt an. Nietzsche versuchte eine Umwertung aller Werte. Seine Leistung halte ich in Ehren. Zu meinem Verdienst gehört es, manche Werte entwertet zu haben, wie z.B. den Begriff des Individualismus, dank der Mithilfe der Schreiber dieses Forums. Das Wort Individualismus ist ein Hohlbegriff, ein Leerwort, ein bloßer Ismus ohne Sinn und Gehalt, etwas Unbegreifliches, allenfalls etwas, das in den Köpfen Verrückter existiert. Im Vergleich zu ihm würde ich eine in allen Regenbogenfarben glänzende Seifenblase als gehaltvoll bezeichnen.

Was ist ein Individualist? Man müßte sämtliche Menschen kennen, um dies beurteilen zu können (er könnte ja einen Doppelgänger haben). Höre ich jemanden rufen: „Hallo Leute, schaut mich an, ich bin etwas ganz Besonderes!“ dann sage ich zu ihm: Gut, daß du gerufen hast, sonst hätte ich dich übersehen.

Gruß von Leila

Skorpion968
30.09.2008, 01:12
Aber die mißbräuchliche Verwendung des Begriffes "Individualismus" ist dem Induvidualismus selbst nicht anzulasten.

Mit dem Sozialismus verhält es sich aber genauso. Seine missbräuchliche Verwendung ist ihm nicht anzulasten. ;)

Manfred_g
30.09.2008, 01:12
Nochmals, lieber Manfred: Es gibt keine Individualisten, auch nicht einen einzigen. Jeder Mensch ist auf die andern Menschen angewiesen, von Geburt an. Nietzsche versuchte eine Umwertung aller Werte. Seine Leistung halte ich in Ehren. Zu meinem Verdienst gehört es, manche Werte entwertet zu haben, wie z.B. den Begriff des Individualismus, dank der Mithilfe der Schreiber dieses Forums. Das Wort Individualismus ist ein Hohlbegriff, ein Leerwort, ein bloßer Ismus ohne Sinn und Gehalt, etwas Unbegreifliches, allenfalls etwas, das in den Köpfen Verrückter existiert. Im Vergleich zu ihm würde ich eine in allen Regenbogenfarben glänzende Seifenblase als gehaltvoll bezeichnen.

Was ist ein Individualist? Man müßte sämtliche Menschen kennen, um dies beurteilen zu können (er könnte ja einen Doppelgänger haben). Höre ich jemanden rufen: „Hallo Leute, schaut mich an, ich bin etwas ganz Besonderes!“ dann sage ich zu ihm: Gut, daß du gerufen hast, sonst hätte ich dich übersehen.

Gruß von Leila


Wieder einmal diese vermaledeiten Begriffe :)
Ich bin sicher, daß es keinen absoluten, vollkommenen Individualisten gibt. Aber da gibt es wohl auch keinen Dissens. Aber daß das ganze nur eine Chimäre gewesen sein soll, glaube ich nicht so recht. Worüber reden wir denn dann die ganze Zeit? :)

Ich begreife einen Individualisten lediglich als einen Menschen, der sich nicht scheut, Konventionen abzulehnen, die ihm nicht einleuchten. Diese "Definition" ist jetzt grade entstanden und erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit, noch auf Unwiderruflichkeit. Aber je ehrlicher ein Diskussionsverlauf ist, umso leichter kann man es wagen, auch einmal etwas zu äussern, was sich hinterher als unbedacht herausstellen könnte. Das habe ich hiermit getan - jedoch mit der Gewinnchance, evtl. zu vermeiden, daß wir unnötigerweise aneinander vorbeireden.

Nachtrag: würdest du denn auch einräumen, daß der Begriff "Kollektivismus" am andern Ende der Sichtweise, damit ebenso leer wird?
Eine meiner Lieblingsworthülsen ist übrigens "Allgemeinwohl".

Das saubere Abgrenzen von Begriffen, die Sachverhalte beschreiben wollen, die wiederum ihrerseits gar nicht sauber abgrenzbar sind, dürfte eine generelle Tücke vieler Diskussionsansätze sein.

Manfred_g
30.09.2008, 01:16
Mit dem Sozialismus verhält es sich aber genauso. Seine missbräuchliche Verwendung ist ihm nicht anzulasten. ;)

Mache ich ja nicht.

Skorpion968
30.09.2008, 01:21
Mache ich ja nicht.

Das machst du durchaus.

Manfred_g
30.09.2008, 01:35
Das machst du durchaus.

Ich denke nicht, daß wir uns da je einigen können. Es gibt einige Theoretiker (Marx, Engels, Hegel etc.), die den Sozialismus und den Kommunismus in ihren Schriften eher vorteilhaft und rosig beschrieben haben. Diese ziehst du für deinen Begriffsdefinition heran. Und es gibt die, die durchaus auch vorgaben Sozialisten oder Kommunisten zu sein und dabei unendlich viel (real existierendes!) Leid über die Menschen gebracht haben (Stalin, Lenin und andere). Die kann und will ich nicht ausklammern, nur weil sie dir begriffstheoretisch nicht ins Konzept passen.

Skorpion968
30.09.2008, 01:42
Ich denke nicht, daß wir uns da je einigen können. Es gibt einige Theoretiker (Marx, Engels, Hegel etc.), die den Sozialismus und den Kommunismus in ihren Schriften eher vorteilhaft und rosig beschrieben haben. Diese ziehst du für deinen Begriffsdefinition heran. Und es gibt die, die durchaus auch vorgaben Sozialisten oder Kommunisten zu sein und dabei unendlich viel (real existierendes!) Leid über die Menschen gebracht haben (Stalin, Lenin und andere). Die kann und will ich nicht ausklammern, nur weil sie dir begriffstheoretisch nicht ins Konzept passen.

Dann solltest du aber konsequent mit dem Begriff des Individualismus ebenso verfahren.

Manfred_g
30.09.2008, 01:55
Dann solltest du aber konsequent mit dem Begriff des Individualismus ebenso verfahren.

Ich denke das tue ich im Rahmen meiner Möglichkeiten, indem ich versuche, zu klären, was ich darunter verstehe. Sprache hat in einer Diskussion ihren Zweck doch dann hinreichend erfüllt, wenn sie als Mittel des Informationsaustausches erfolgreich ist. Klingt etwas geschwollen, ist aber gar nicht so gemeint. Ich will damit nur sagen, daß es gar nicht unbedingt nötig ist, jeden Begriff haarklein so auszulegen wie der Diskussionspartner. Es reicht letztlich, wenn man weiß, was der andere meint.

Leila
30.09.2008, 02:45
Lieber Manfred!

Vorweg sage ich Dir, daß ich an Deinen Beiträgen großen Gefallen finde und daß die von Dir gut plazierten Smilies mir bedeuten, es mit einem humorvollen Menschen zu tun zu haben.

Du bist Dir also sicher, „daß es keinen absoluten, vollkommenen Individualisten gibt“. Weißt Du, was das Wörtchen „absolut“ bedeutet? Wenn nicht, dann frage einen bedingten (oder meinetwegen beschränkten) Individualisten danach. Den Individualismus, d.i. die Betrachtungsweise, welche das Individuum zum Ausgangspunkt des Denkens und Handelns, der Wertvorstellungen und Normen macht, verwerfe ich deshalb, weil er der Realität nicht entspricht. Er ist ein Hirngespinst – sozusagen das Spaghettimonster der Soziologen. Da es Dir nicht an Phantasie gebricht, bitte ich Dich darum, Dir folgendes vorzustellen:

Ein ungeborenes Einzelwesen existiere auf einem Planeten. Dieses nun verkünde die Lehre vom Individualismus seinen inexistenten Zuhörern …

Gruß von Leila

-jmw-
30.09.2008, 09:25
Darf ich an dieser Stelle einmal auf #113 zurückkommen?

Darin die Frage: "Welche der bekannten Ideologien, Systemvorstellungen usw. usw. blieben übrig, liessen wir den Individualismus fallen?" nebst der Aufforderung an die Verfechter, mal eine Liste zu erstellen.

Hat irgendwie nicht gefunzt, warum auch immer, daher fange ich einfach mal an, vielleicht stösst ja jemand hinzu, damit ich am Ende die G'schicht besser versteh.

Also: Individualismus raus, Kollektivismus drinne, tertium non datur.

Blieben?
Ich schlage zum Anfang mal diverse Sozialismen und Sozialdemokratismen, Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus als sichere Kandidaten vor.

Weitere?
(Nochmal zum Sinn und Zweck: Die Grenze auszuloten, bis zur der die Sache bei ihren Vertretern geht.)

Manfred_g
30.09.2008, 12:58
Lieber Manfred!

Vorweg sage ich Dir, daß ich an Deinen Beiträgen großen Gefallen finde und daß die von Dir gut plazierten Smilies mir bedeuten, es mit einem humorvollen Menschen zu tun zu haben.

Herzlichen Dank, ich gebe das gerne zurück!
Bei den Smileys gehen die Meinungen oft auseinander, aber ab und zu füge ich einen ein, um einem Beitrag die Schärfe zu nehmen, die man ansonsten mißverständlicherweise hineininterpretieren könnte.


Du bist Dir also sicher, „daß es keinen absoluten, vollkommenen Individualisten gibt“. Weißt Du, was das Wörtchen „absolut“ bedeutet? Wenn nicht, dann frage einen bedingten (oder meinetwegen beschränkten) Individualisten danach. Den Individualismus, d.i. die Betrachtungsweise, welche das Individuum zum Ausgangspunkt des Denkens und Handelns, der Wertvorstellungen und Normen macht, verwerfe ich deshalb, weil er der Realität nicht entspricht. Er ist ein Hirngespinst – sozusagen das Spaghettimonster der Soziologen. Da es Dir nicht an Phantasie gebricht, bitte ich Dich darum, Dir folgendes vorzustellen:

Ein ungeborenes Einzelwesen existiere auf einem Planeten. Dieses nun verkünde die Lehre vom Individualismus seinen inexistenten Zuhörern …

Gruß von Leila

Ich sehe mich gezwungen, kurz mitzuteilen, daß ich technisch/naturwissenschaftlich ausgebildet und geprägt bin. Allerdings zuweilen mit einem gewissen Hang, das große "Drumherum" zu ergründen. Ich bin also eigentlich aus Gründen des Ausgleichs in einem Politikforum gelandet, grade um eigene Gedankegänge auf den Prüfstand zu stellen. Daher rührt wahrscheinlich auch meine etwas hausbackene Sichtweise, Begriffe zunächst so verwenden zu wollen, wie sie der Duden uns erklärt. Das heißt nun aber nicht, daß dieser oder andere "Referenzwerke" in jedem Punkte erhaben und kritikfrei über der Wahrheit stünden. Ich versuche nur, unsere offenbar unterschiedliche herangehensweise an Fragestellungen, besser zu verstehen.

Was nun dein Beispiel oben angeht, kann ich dazu nur sagen, daß (ausnahmslos) jedes Individum auf dieses Welt in einer Wechselbeziehung zu andern Individuen steht oder stand. Soweit würde ich in jedem Falle mitgehen. Eine völlige Losgelöstheit, ein autarkes Dasein gibt es für niemanden.

Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, ist dies auch der Grund, warum du den Begriff "Individualismus" ablehnst und daraus wiederum folgerst, daß es auch keine "wirklichen" Individualisten geben kann.
Damit tue ich mich zugegebenermaßen schwer, weil an der Hürde das Absoluten viele Begriffe scheitern würden und wir uns somit vieler sprachlichen Mittel berauben würden. Ist denn die relativierende Begriffsdefinition des Duden ("Indiviualismus: 1) Anschauung, die dem Individuum und seinen Bedürfnissen den Vorrang einräumt. 2) Hervorhebung bestimmter persönlicher Merkmale u. Interessen.") so falsch, daß wir sie komplett verwerfen müßten?
Dann würdet ihr Soziologen ja die Mathematik als "exakte Wissenschaft" hoffnungslos auf die Plätze verweisen. ;)

Vielleicht kannst du mir kurz sagen, ob ich mit der obigen Einschätzung deiner Begriffsdefinition halbwegs richtig liege oder ob ich gar nichts begriffen habe. Dann kommen wir vielleicht von der doch etwas trockenen Wortdeuterei weg. :)

Manfred_g
30.09.2008, 13:07
...
Also: Individualismus raus, Kollektivismus drinne, tertium non datur.
...

Na gut, da seid ihr in der Diskussion evtl. schon weiter fortgeschritten als ich, aber ich könnte das so als Basis nicht anerkennen.
Das käme mir vor, als würd eman in der Mathematik festlegen 4 ist exakt 4, und 6 ist exakt 6, aber alles was dazwischen ist, also von größer 4 bis kleiner 6 sei über die 5 zu definieren. also
4,01 gibt es gar nicht, das ist in "Wahrheit" 5, so wie auch 5,99 noch 5 ist.
Mit einer so einseitigen Begriffsauslegung läuft natürlich alles auf einen "Kollektivismus" hinaus, aber für weitergehende Differenzierungen gräbt man sich damit das Wasser ab, wie ich es sehe.

Leila
30.09.2008, 14:09
An Manfred:

Anstatt JMW (ihr oder ihm? Wenn ich dies wußte, könnte ich einfachere Sätze formulieren) als Ideenlieferant zu dienen, antworte ich lieber Dir. Du sagtest: „Ich sehe mich gezwungen, kurz mitzuteilen, daß ich technisch/naturwissenschaftlich ausgebildet und geprägt bin. Allerdings zuweilen mit einem gewissen Hang, das große ‚Drumherum‘ zu ergründen.“ Wunderbar! wir haben einander gefunden, und ich garantiere Dir: Schon bald werden wir zueinander finden. Einen Techniker an der Seite zu wissen, ist für jeden gut, der sich im „Drumherum“ besser auskennt, als im Detail.

Letzthin sah ich einen Dokumentarfilm über die Old Order Amish. Diese lehnen die Elektrizität ab. Es wurde eine Frau gezeigt, die eine mit Preßluft betriebene Nähmaschine bediente. Nun behaupte ich (aufgrund meines Studiums der Geschichte der Industrialisierung, besonders der von ihr bewirkten sozialen Veränderungen), daß die Fabrikation einer solchen Nähmaschine ohne die Hilfe der Elektrizität nicht möglich gewesen wäre. Was sagst Du als Techniker dazu? Um Dich nicht im Dunkeln tappen zu lassen, füge ich diesem Beitrag ein Bild der Nähmaschine hinzu. Eine Zusatzfrage hätte ich noch: Wäre die Herstellung eines Druckluftsystems ohne die Zuhilfenahme der Elektrizität möglich?

Antworte mir bitte brav auf meine Fragen, lieber Manfred, und Du wirst reichlich von mir für Deine Antworten belohnt werden.

Gruß von Leila

Manfred_g
30.09.2008, 16:44
Um es nicht zu spannend zu machen: ich halte die Herstellung eines Druckluftantriebes ohne Elektrizität zwar theoretisch noch für möglich, aber bereits bei der Herstellung einer kompletten Nähmaschine inkl. Zubehör wird das sehr problematisch, weil die Elektrizität nicht nur eine Rolle beim Antrieb spielt, sondern insbesondere auch in der Meßtechnik, die sich wiederum auf die Fertigungspräzision, Maßhaltigkeit und Qualitätssicherung erheblich auswirkt.
In jede Falle, dürfte eine solche Maschine dann qualitativ schlecht sein, dafür aber in einer Preisklasse liegen, die auch eine ganze Amish-Gemeinde überfordern würde.

Also ich halte es für praktisch ausgeschlossen, daß die Maschine auf dem Bild ohne jegliche Zuhilfenahme von Elektrizität funktioniert bzw. erzeugt wurde. Allerdings fällt mir die Argumentation leichter, wenn ich dabei auch marktwirtschaftliche Elemente einfließen lasse.

-jmw-
30.09.2008, 19:16
@ Peel

Er ist ein er. :)


Na gut, da seid ihr in der Diskussion evtl. schon weiter fortgeschritten als ich, aber ich könnte das so als Basis nicht anerkennen.
Nee nee, nicht missverstehen, es ist nicht so, als wär die Frage schon geklärt, vielmehr versuche ich noch, die kollektivistische Seite besser zu verstehen, damit wir mit der Argumentation von der Seite zuvor weitermachen können.

Leila
01.10.2008, 11:00
An Manfred:

Die Amischen verstehen sich als etwas Besonderes, Einzigartiges. Dabei stehen sie den technischen Neuerungen ablehnend gegenüber, vermeiden Fahrten im Automobil, nutzen Druckluft, statt Elektrizität und leben in ihrem guten Glauben möglichst abgeschieden vom Rest der Welt. Während des Dokumentarfilms mußte ich fortwährend an das von Ajax und Lupus Maximus propagierte autarke Deutschland denken, welches meiner Meinung nach reichlich Stoff für eine Kabarettnummer liefern würde. Am Lebenswandel der Amischen ist gut zu beobachten, wie ein Kollektiv als Ganzes dem Individualismus gemäß zu leben versucht, gegen diesen jedoch auf Schritt und Tritt verstößt und ihn somit als das offenbart, was er ist: ein lächerliches Hirngespinst. Wenn behauptet wird, sie würden die Errungenschaften der Technik von sich weisen, ihre Wiesen aber mit benzinbetriebenen Rasenmähern mähen und zur Holzverarbeitung Kettensägen benützen, dann muß ich fragen: Ja was denn nun? Fahrräder: nein – Trottinetts (Roller) für Erwachsene und Dreiräder für Kinder aber: ja – Komische Käuze sind mir das.

An sämtlichen mir bekannten Ideologien klebt der Absolutheitsanspruch, politischen ebenso, wie religiösen. Interessant ist es, daß einem, wenn man eine Einzelheit an ihnen kritisiert, von den Ideologen nichtssagende Sätze wie diese zu hören bekommt: „Das darf man nicht so eng sehen“ oder: „Was zählt ist die Summe der Teile“. Ein Konstrukteur könnte dieser Denkart gemäß wohl eine Klapperkiste zusammenbauen, niemals aber ein Space Shuttle, bei dem jedes Einzelteil gut bedacht und mit verantwortungsvoller Sorgfalt angefertigt werden muß.

Es ist gut, daß Du, lieber Manfred, die Bedeutung der Begriffe in gewöhnlichen Wörterbüchern nachschlägst. Ich mache es ebenso. Fachwörterbücher sind – jedenfalls in meinem Fache – etwas für Fachidioten. Was nützt einem ein Fachwörterbuch, in welchem jede Begriffserklärung wiederum aus lauter Fachbegriffen besteht? Ich könnte, wenn ich wollte, in jedem meiner Sätze zwei, drei Fremdwörter unterbringen und, anstatt zu versuchen, deutsch und deutlich zu schreiben, Selbstgespräche führen. Reziprozität ist zwar ein tolles Wort, doch Wechselseitigkeit klingt schöner und liest sich besser.

Gruß von Leila

Manfred_g
01.10.2008, 13:27
An Manfred:

Die Amischen verstehen sich als etwas Besonderes, Einzigartiges. Dabei stehen sie den technischen Neuerungen ablehnend gegenüber, vermeiden Fahrten im Automobil, nutzen Druckluft, statt Elektrizität und leben in ihrem guten Glauben möglichst abgeschieden vom Rest der Welt. Während des Dokumentarfilms mußte ich fortwährend an das von Ajax und Lupus Maximus propagierte autarke Deutschland denken, welches meiner Meinung nach reichlich Stoff für eine Kabarettnummer liefern würde. Am Lebenswandel der Amischen ist gut zu beobachten, wie ein Kollektiv als Ganzes dem Individualismus gemäß zu leben versucht, gegen diesen jedoch auf Schritt und Tritt verstößt und ihn somit als das offenbart, was er ist: ein lächerliches Hirngespinst. Wenn behauptet wird, sie würden die Errungenschaften der Technik von sich weisen, ihre Wiesen aber mit benzinbetriebenen Rasenmähern mähen und zur Holzverarbeitung Kettensägen benützen, dann muß ich fragen: Ja was denn nun? Fahrräder: nein – Trottinetts (Roller) für Erwachsene und Dreiräder für Kinder aber: ja – Komische Käuze sind mir das.


Da kann ich nur zustimmen. Ohne den Eindruck erwecken zu wollen, ich wüßte recht viel über diese Leute, sind mir ihre Haltung und ihre Ziele unverständlich. Es scheint der Versuch zu sein, das schwer zu fassende "Böse" ersatzweise in ein handsameres Modell überleiten zu wollen, das man offenbar glaubt, in der "modernen Technik" gefunden zu haben. Bemerkenswert im Zusammenhang mit unserer Diskussion hier ist dabei eben die erkennbar fehlende Konsequenz. Schönes Beispiel.

...



Es ist gut, daß Du, lieber Manfred, die Bedeutung der Begriffe in gewöhnlichen Wörterbüchern nachschlägst. Ich mache es ebenso. Fachwörterbücher sind – jedenfalls in meinem Fache – etwas für Fachidioten. Was nützt einem ein Fachwörterbuch, in welchem jede Begriffserklärung wiederum aus lauter Fachbegriffen besteht? Ich könnte, wenn ich wollte, in jedem meiner Sätze zwei, drei Fremdwörter unterbringen und, anstatt zu versuchen, deutsch und deutlich zu schreiben, Selbstgespräche führen. Reziprozität ist zwar ein tolles Wort, doch Wechselseitigkeit klingt schöner und liest sich besser.

Gruß von Leila

Ich wollte nichts gegen Fachwörterbücher und weiterführende Literatur im allgemeinen gesagt haben. Ich denke aber -und du hast mich richtig verstanden-
daß grade der fachliche Laie (und der bin ich nunmal in Soziologie, Philosophie und anderem) gut daran tut, sich erst mit dem zu befassen, was er glaubt, noch verdauen zu können. Daher favorisiere ich in diesen Bereichen zunächst "Standardliteratur".

Viele Fremdwörter zu kennen und sachgemäß benutzen zu können ist eine Kunst. Die weitaus größere Kunst liegt aber sicher darin, unter weitgehendem Verzicht auf überflüssige Fremdwörter und Wichtigtuerei (nicht selten ist es nämlich genau nur das!) der Sprache als Verständigungsmittel den Vortritt zu lassen.
Ich werde versuchen, es dir nachzutun.

-----------

Zu unserer inhaltlichen Diskussion:
Ich erkenne an, daß kein Mensch ohne jegliche Verknüpfungen zu andern Menschen, sei es unmittelbar oder über die Natur als Bindeglied, existiert.
Ich versuche mal, unter Verzicht auf die Begriffe "Individualismus", "Kollektivismus", eher beschreibend vorzugehen und mich dabei kurz zu fassen. :rolleyes:

Ich hadere mit einem weiteren Begriff, nämlich dem des "Allgemeinwohls".
In meinen Augen ist der Gebrauch des Wortes "Allgemeinwohl" in den meisten Fällen nichts weiter, als die schlechtere Alternative, von der Summe einzelner Wohle (Mehrzahl von Wohl? := )
Wenn es jedem einzelnen Individuum gut geht, dann haben wir automatisch Allgemeinwohl erreicht, und zwar die bessere Form davon.
Zielt man dagegen unmittelbar, unter Umgehung individueller Interessen, auf das Allgemeinwohl, dann strebt man** eigentlich nur den Zustand dessen an, was man als Aussenstehender** als den besten Kompromiß erachtet.

**Man und **Außenstehender, das sind in diesem Zusammenhang üblicherweise Mitglieder der Regierung, die des einfacheren, effektiveren Herrschen wegens, unter dem Deckmantel des Allgemeinwohles, das wirklich vorhandene individuelle Wohl oftmals mit Füßen treten.

Ich habe jetzt nur mal versucht, in knapper, hoffentlich verständlicher Form, den Knackpunkt darzustellen, der mir am Kommunismus, Sozialismus so mißfällt und weswegen ich auch den Gedanken an "Kollektive" oftmals so kritisch, gar mißtrauisch gegenüberstehe. Ich komme also womöglich gedanklich aus einer ganz andern Ecke als ein Soziologe. Gibt es dennoch Berührungspunkte?

Leila
01.10.2008, 14:44
Auch ich fasse mich kurz. Der Kommunismus spukt in den Köpfen der ach so Liberalen noch immer als Schreckgespenst herum. Ich frage: Gab es jemals einen Kommunismus? und antworte gleich mit: nein! Der Kommunismus, gleich welcher Prägung, ob sowjetischer oder chinesischer, war nichts anderes als eine Parteidiktatur. Eine kleine Minderheit (die sogenannte Nomenklatura) lebte in Saus und Braus, unterdrückte die Meinungsfreiheit, hielt Schauprozesse ab, verbannte und ermordete ihre Kritiker, führte Hungersnöte herbei und scheute vor keinem Verbrechen zurück, um ihre Privilegien zu erhalten. Wer immer vom historischen Kommunismus spricht, sollte die intellektuelle Redlichkeit aufbringen, ihn als Pseudokommunismus zu bezeichnen.

Nicht anders verhält es sich mit der Demokratie (bzw. mit den Demokratien, da es ihrer angeblich gleich mehre gibt). Ich kenne keine einzige, die diesen Namen verdient. Dazu etwas über die Schweiz: Wer kann Volksinitiativen und Referenden ergreifen? Wer dazu die nötige Zeit und das nötige Geld hat, um für sie Reklame zu machen, Lohnschreiber zu engagieren, umherzureisen und über ein Netzwerk verfügt. Die Schweiz wird von (Interessen-)Verbänden regiert. Die wichtigsten sind: die Industrie-, Handels- und Bauernverbände. Kurzum: Das Geld regiert die Schweiz. Man sollte daher, um das schweizerische politische System korrekt zu bezeichnen, von einer Pseudodemokratie sprechen.

Manfred_g
01.10.2008, 16:25
Auch ich fasse mich kurz. Der Kommunismus spukt in den Köpfen der ach so Liberalen noch immer als Schreckgespenst herum. Ich frage: Gab es jemals einen Kommunismus? und antworte gleich mit: nein! Der Kommunismus, gleich welcher Prägung, ob sowjetischer oder chinesischer, war nichts anderes als eine Parteidiktatur. Eine kleine Minderheit (die sogenannte Nomenklatura) lebte in Saus und Braus, unterdrückte die Meinungsfreiheit, hielt Schauprozesse ab, verbannte und ermordete ihre Kritiker, führte Hungersnöte herbei und scheute vor keinem Verbrechen zurück, um ihre Privilegien zu erhalten. Wer immer vom historischen Kommunismus spricht, sollte die intellektuelle Redlichkeit aufbringen, ihn als Pseudokommunismus zu bezeichnen.

Über die Untauglichkeit der von dir beschriebenen Regimes sind wir völlig einig.
Ich habe aber gewaltige Probleme damit, so ohne weiteres einer Umdeklarierung zuzustimmen, damit den Namen "Kommunismus" quasi freizugeben, ihn als unbelastet anzusehen und zum Wegebreiter einer erneuten Diktatur zu machen, die wiederum im Namen des "echten Kommunismus" verspricht, uns den Himmel auf Erden zu bringen, aber letztlich kein einziges, glaubwürdiges Konzept anbieten kann, warum es diesmal gelingen soll.
Wenn die Staaten des Warschauer Paktes, Kuba etc. keine kommunistischen oder wenigstens sozialistischen sind, dann verfallen die Begriffe "Kommunismus" und "Sozialismus "zu rein akademischen, theoretischen, die in einer praktisch orientierten, politischen Debatte nicht mehr gebrauchsfähig sind.



Nicht anders verhält es sich mit der Demokratie (bzw. mit den Demokratien, da es ihrer angeblich gleich mehre gibt). Ich kenne keine einzige, die diesen Namen verdient. Dazu etwas über die Schweiz: Wer kann Volksinitiativen und Referenden ergreifen? Wer dazu die nötige Zeit und das nötige Geld hat, um für sie Reklame zu machen, Lohnschreiber zu engagieren, umherzureisen und über ein Netzwerk verfügt. Die Schweiz wird von (Interessen-)Verbänden regiert. Die wichtigsten sind: die Industrie-, Handels- und Bauernverbände. Kurzum: Das Geld regiert die Schweiz. Man sollte daher, um das schweizerische politische System korrekt zu bezeichnen, von einer Pseudodemokratie sprechen.

Ja, auch Deutschland entspricht sicher nicht dem Idealbild einer Demokratie. Hier wird gerade die Schweiz wegen ihrer Volksabstimmungen gerne als Vorbild herangezogen. Ich sehe diese Volksabstimmungen allerdings aus den gleichen Gründen wie du mit Skepsis. Der Arbeiter, der täglich 10 Stunden mit seinem Beruf verbringt, hätte bald weder Lust noch Möglichkeit, sich angemessen mit solchen Problemen zu befassen. Wieder würde die Politik nicht vom "Volk" gemacht werden.

Skorpion968
01.10.2008, 16:56
Über die Untauglichkeit der von dir beschriebenen Regimes sind wir völlig einig.
Ich habe aber gewaltige Probleme damit, so ohne weiteres einer Umdeklarierung zuzustimmen, damit den Namen "Kommunismus" quasi freizugeben, ihn als unbelastet anzusehen und zum Wegebreiter einer erneuten Diktatur zu machen, die wiederum im Namen des "echten Kommunismus" verspricht, uns den Himmel auf Erden zu bringen, aber letztlich kein einziges, glaubwürdiges Konzept anbieten kann, warum es diesmal gelingen soll.
Wenn die Staaten des Warschauer Paktes, Kuba etc. keine kommunistischen oder wenigstens sozialistischen sind, dann verfallen die Begriffe "Kommunismus" und "Sozialismus "zu rein akademischen, theoretischen, die in einer praktisch orientierten, politischen Debatte nicht mehr gebrauchsfähig sind.

Du musst doch Begriffe (in diesem Fall Konzepte) so verwenden, wie sie definiert sind. Auch für Sozialismus oder Kommunismus kannst du Standardliteratur oder Standardwörterbücher benutzen, um dir anzusehen, wie ist das definiert. Und dann schaust du in die Welt und guckst danach, ob es das gibt oder ob es das schon einmal gab. Im Fall Kommunismus ist die Antwort eindeutig: Nein!

Beispiel: Ein Flugzeug ist unter anderem über seine Eigenschaft als Fluggerät eindeutig definiert. Es muss also fliegen, sonst ist es kein Flugzeug.
Nun kommt jemand daher und stellt dir irgendein Gerät vor die Nase und behauptet: Das ist ein Flugzeug.
Das Gerät fliegt aber gar nicht. Einige Zeit später behaupten alle, ein Rasenmäher sei ein Flugzeug, obwohl er gar nicht fliegt und damit nicht der Definition eines Flugzeugs entspricht.
Später kommen dann Leute wie du daher und weigern sich einer Umdeklarierung des Rasenmähers (der jetzt Flugzeug heißt) in das was er ist, nämlich ein Rasenmäher, zuzustimmen.

Sieh dir die Dinge einfach daraufhin an, was sie sind. Und nicht danach, was sie vorgeben zu sein.

Don
01.10.2008, 17:32
Du musst doch Begriffe (in diesem Fall Konzepte) so verwenden, wie sie definiert sind. Auch für Sozialismus oder Kommunismus kannst du Standardliteratur oder Standardwörterbücher benutzen, um dir anzusehen, wie ist das definiert. Und dann schaust du in die Welt und guckst danach, ob es das gibt oder ob es das schon einmal gab. Im Fall Kommunismus ist die Antwort eindeutig: Nein!
.

Mag sein. Dummerweise hat sich noch kein Volk so verhalten wie es sozialistisch oder kommunistisch definiert wurde. Weshalb man dem Volk stets etwas auf die Sprünge half.
Was, aufgrund dieses lästigen Individualcharakters des Menschen, auch künftig nicht anders zu erwarten wäre.

Blöd, aber Dein wahrer Sozialismus wird aus Realitätsgründen auch weiterhin ein Thema für frustrierte Laberzirkel bleiben.

Skorpion968
01.10.2008, 17:40
Mag sein. Dummerweise hat sich noch kein Volk so verhalten wie es sozialistisch oder kommunistisch definiert wurde. Weshalb man dem Volk stets etwas auf die Sprünge half.
Was, aufgrund dieses lästigen Individualcharakters des Menschen, auch künftig nicht anders zu erwarten wäre.

Blöd, aber Dein wahrer Sozialismus wird aus Realitätsgründen auch weiterhin ein Thema für frustrierte Laberzirkel bleiben.

Das sagst ausgerechnet du, wo sich dein bevorzugtes System gerade selbst in Schutt und Asche legt? Du bist wohl eher ein heißer Kandidat für frustrierte Laberzirkel. Genug Frust hast du jedenfalls und labern kannst du auch wie ein Weltmeister. :))

Der Mensch hat sicherlich Individualität, aber das ist längst nicht alles, was ihn ausmacht. Er ist gleichzeitig ein soziales Lebewesen, sonst wäre er längst ausgestorben.
Schmink es dir einfach ab, irgendwem proletenhaft die Zukunft voraussagen zu wollen oder zu können. Wie sich die Menschheit in Zukunft entwickelt, weißt du nicht, Schwatzbacke. :)

Leila
01.10.2008, 17:58
Jemand rufe – als seine Idee – Zucker aus. Nun kommen einige, die es fertigbringen, den Zucker in Salz zu verwandeln, und nach einer Zeitlang rufen alle: Salz! Welcher Begriff gilt nun? Derjenige, den die meisten meinen und aussprechen? Als Historikerin muß ich auf die Begriffsverfälschungen hinweisen, oder, je nach dem, auf die Inhaltsveränderungen der Begriffe. Um eine Kritik der Sprache komme ich nicht herum. Auch hierzu wiederum ein Beispiel.

reden → Redner
singen → Sänger
laufen → Läufer
schwimmen → Schwimmer
fliegen → Flieger

Während meiner Lebzeit habe ich erfahren, daß aus dem Flugzeug ein Flieger wurde. Mit dieser Feststellung möchte ich Deine Aufmerksamkeit erwecken und Dich bei guter Laune halten. Ich bestreite, daß jemals irgendwo ein Kommunismus existierte und weigere mich, gegenteilige Behauptungen kritiklos entgegenzunehmen.

Soeben sehe ich, daß mir Skorpion mit seinem Beitrag, welchen ich kommentarlos als gut bewerten werde, zuvorgekommen ist. Darum lösche ich einen Absatz und verfasse einen andern.

Was ich oben über die Demokratie sagte, möchte ich noch kurz belegen. Wer in der Schweiz das Sagen hat, sind nicht die Wahlberechtigten, sondern jene, die die Wähler zu beeinflussen vermögen. Nachzulesen in: Kriesi, Hanspeter: Entscheidungsstrukturen und Entscheidungsprozesse in der Schweizer Politik [seiner Habilitationsschrift]; Frankfurt/Main, New York; Campus Verlag, 1980 (Campus: Forschung; Bd. 164), 782 S., boschiert.

Mein Lehrer und Vorbild, der Linguist Avram Noam Chomsky wurde über die Sprache zum Soziologen. Meine Entwicklung verlief gerade umkehrt. Zu keiner Zeit begnügte ich mich mit der bloßen Betrachtung der menschlichen Verhältnisse; stets wollte ich deren Ursachen ergründen. Eine wesentliche Ursache des Elends der Menschen scheint mir ihre verkommene Sprache zu sein. Fritz Mauthner, einer der bekanntesten deutschen Sprachkritiker, bestärkte mich in meinem Bemühen, den in Redewendungen verborgeneren Sinn oder Unsinn aufzuspüren.

Manfred_g
01.10.2008, 18:23
Nach meinem Dafürhalten kommt es in einer redlichen, der Wahrheitsfindung verpflichteten Diskussion insbesondere darauf an, mit seinen Gesprächspartner eine gemeinsame sprachliche Basis zu haben. Der "Code" muß stimmen. Würden sich nun alle präzise einer gemeinsamen, übergeordneten Begriffsdefinition anpassen, so hätten wir damit wissenschaftlich gesehen einen Idealfall.

Nun ist es aber so, daß verschiedene Gruppierungen oft ihren jeweils eigenen Code benutzen. Diskussionen werden durchaus nicht immer mit dem Ziel der Wahrheitsfindung geführt und gerade die Sprache wird -jenseits von Pulver und Blei, aber nicht unbedingt mit edleren Beweggründen- nicht selten zur Waffe wird, indem man sie mit allerlei rhetorischen Tricks und dialektischen Finessen versieht.

Dem muß man es keineswegs gleichtun, aber man muß sich darauf einstellen!

Und wir bewegen uns (nun wieder auf die Sozialismus/Kommunismus-Debatte bezogen) eben auf verschiedenen Terrains. D.h. die schönste wissenschaftliche Definition hat nur dort Sinn, wo sich alle zuverlässig daran halten. Ansonsten muß man um die Begrifflichkeiten neu "verhandeln". Letztlich sind sie nicht die Wahrheit, sondern nur ein Werkzeug, daß uns zur Wahrheitsfinden nützlich sein sollte.

Manfred_g
01.10.2008, 18:38
...
Soeben sehe ich, daß mir Skorpion mit seinem Beitrag, welchen ich kommentarlos als gut bewerten werde, zuvorgekommen ist...

Kurzes off topic wegen des Bewertungssystems:

1) Man nehme es nicht zu ernst
2) Punkte werden nicht angezeigt, wenn (wie bei Skorpion) die Anzeige deaktiviert ist
3) Eine Bewertung hat bezüglich Punktezahl kaum Wirkung, wenn der Bewertende selbst wenige Beiträge hat
4) Das System wurde längst zum Kampfmittel degradiert
5) -> mein Tip daher ist: will man die Punkte 1)-4) etwas austricksen, schreibt man evtl. doch ein Wörtchen Kommentar dazu

Leila
01.10.2008, 18:41
Genau, Manfred, eine intellektuelle Übereinkunft wäre anzustreben, ganz im Sinne Friedrich Nietzsches, welcher sagte: Die Wahrheit fängt mit Zweien an. Nun sehe ich aber die Kopf- und Geistverderber, deren vordringlichstes Anliegen ist, eben dies zu verhindern. Sie verdummen ihre Kinder und kratzen, mit gut Glück, wohlbetreut ab.

Leila
01.10.2008, 19:06
Kurzes off topic wegen des Bewertungssystems:

[…] Man nehme es nicht zu ernst […]

Mit der Interpretation von Statistiken (bzw. mit deren Relativierung) verdiene ich schon seit Jahren mein Geld. Wären die vielen Rechtecke meines Renommé-Indikators rot, dann würde ich mich bequem zur Ruhe legen.

Gruß von Leila

Humer
01.10.2008, 20:21
Auch ich fasse mich kurz. Der Kommunismus spukt in den Köpfen der ach so Liberalen noch immer als Schreckgespenst herum. Ich frage: Gab es jemals einen Kommunismus? und antworte gleich mit: nein! Der Kommunismus, gleich welcher Prägung, ob sowjetischer oder chinesischer, war nichts anderes als eine Parteidiktatur. Eine kleine Minderheit (die sogenannte Nomenklatura) lebte in Saus und Braus, unterdrückte die Meinungsfreiheit, hielt Schauprozesse ab, verbannte und ermordete ihre Kritiker, führte Hungersnöte herbei und scheute vor keinem Verbrechen zurück, um ihre Privilegien zu erhalten. Wer immer vom historischen Kommunismus spricht, sollte die intellektuelle Redlichkeit aufbringen, ihn als Pseudokommunismus zu bezeichnen.


Die Diskussion heute leidet an einer völlig unnötigen Verengung auf die beiden Alternativen. Kapitalismus als heutige Realität und quasi naturgegeben und Kommunismus als Schreckgespenst, so wie unter Mao und Stalin. Damit ist jede Diskussion vorzeitig zu Ende.
Als ob es nicht unendlich viele denkbare Wirtschafts und Staatsformen gäbe.
Die Amish Gemeinschaft finde ich respektabel, die versuchen wenigstens etwas. Ich wünsche mir mehr Inseln anderer Gesellschaftsformen als freiwillige Zusammenschlüsse, in dem wie in einem Labor nach Auswegen gesucht werden kann. Multi Kulti, aber anders. Monokulturen gehen langfristig kaputt.

Ein ungelöstes Problem beschäftigt mich aber in diesem Zusammenhang doch.
Ein demokratischer Sozialismus , meinetwegen auch einen demokratischen Kommunismus kann ich mir vorstellen. Aber- die Umstellung, die geht nicht ohne Gewalt zu machen. Weil es Enteignungen geben muss, zu mindest die der wirklich großen Vermögen. Kannst Du dir einen sanften Übergang vorstellen ?

Manfred_g
01.10.2008, 21:14
...Als ob es nicht unendlich viele denkbare Wirtschafts und Staatsformen gäbe...

Gibts die wirklich? Auch dann, wenn man ein wenig intensiver nachdenkt und dabei stets berücksichtigt, daß es um das Wohlergehen von Millionen Menschen geht?

Skorpion968
01.10.2008, 22:24
Gibts die wirklich? Auch dann, wenn man ein wenig intensiver nachdenkt und dabei stets berücksichtigt, daß es um das Wohlergehen von Millionen Menschen geht?

Denkbar ist das ganz sicher. Wie Humer schon sagt, es kann sich ja auch um kleinere Gesellschaften handeln, die neue Dinge ausprobieren. Es muss ja nicht die gesamte Weltbevölkerung am gleichen System hängen.
Das Problem ist vielmehr, dass der Kapitalismus auf Expansion ausgerichtet und angewiesen ist (Stichwort: Zwang zum ständigen exponentiellen Wachstum).

Manfred_g
01.10.2008, 22:42
Denkbar ist das ganz sicher. Wie Humer schon sagt, es kann sich ja auch um kleinere Gesellschaften handeln, die neue Dinge ausprobieren. Es muss ja nicht die gesamte Weltbevölkerung am gleichen System hängen.
Nun sei's drum, das führt jetzt wohl zu weit und daneben. Ich denke mir nur, daß so wahnsinnig viele Freiheitsgrade nicht übrigbleiben, die wirklich hinhauen.
Aber natürlich gibts dann noch jede Menge Nuancen im Detail.



Das Problem ist vielmehr, dass der Kapitalismus auf Expansion ausgerichtet und angewiesen ist (Stichwort: Zwang zum ständigen exponentiellen Wachstum).

Den Zwang zum ständigen exponentiellen Wachstum sehe ich nicht. Das geht in der Praxis nicht und die freie Marktwirtschaft ist dazu nicht gezwungen. Es ist lediglich so, daß sich aufgrund der Zinsformel über einen
1) sehr begrenzten Zeitraum,
2) wenn sonst nichts dagegensteht (siehe USA der Gegenwart),
3) rein zahlenmäßig
4) eine Wachstumsfunktion ergeben kann, die langsam exponentiell verläuft
Das würde ich aber eher als einen Beweis für die natürliche Leistungsfähigkeit der freien Marktwirtschaft ansehen.

Skorpion968
02.10.2008, 01:29
Nun sei's drum, das führt jetzt wohl zu weit und daneben. Ich denke mir nur, daß so wahnsinnig viele Freiheitsgrade nicht übrigbleiben, die wirklich hinhauen.
Aber natürlich gibts dann noch jede Menge Nuancen im Detail.

Ich sehe da noch viele Freiheitsgrade. Vielleicht werden sich im Laufe der weiteren Diskussion dazu noch konkrete Ideen zusammenfinden.


Den Zwang zum ständigen exponentiellen Wachstum sehe ich nicht. Das geht in der Praxis nicht und die freie Marktwirtschaft ist dazu nicht gezwungen. Es ist lediglich so, daß sich aufgrund der Zinsformel über einen
1) sehr begrenzten Zeitraum,
2) wenn sonst nichts dagegensteht (siehe USA der Gegenwart),
3) rein zahlenmäßig
4) eine Wachstumsfunktion ergeben kann, die langsam exponentiell verläuft
Das würde ich aber eher als einen Beweis für die natürliche Leistungsfähigkeit der freien Marktwirtschaft ansehen.

Das, was du da als die natürliche Leistungsfähigkeit der freien Marktwirtschaft ansiehst, basiert auf nichts anderem als dem Zwang zum exponentiellen Wachstum.
Das war schon im Frühkapitalismus so, in der Kolonialzeit. Es bestand immer die Notwendigkeit, sich weitere Ressourcen zu erschließen. Die Menschheit hat in nicht einmal 200 Jahren im Kapitalismus über die Hälfte der fossilen Energiereserven dieses Planeten verbrannt.
Das ist aber nur ein Punkt. Ein weiterer Punkt steckt im System selbst, und zwar an der alleinigen Ausrichtung an Angebot und Nachfrage. Dazu muss die Angebotsseite ständig erweitert und/oder verbilligt werden. Sowohl Erweiterung als auch Verbilligung setzen exponentielles Wachstum zwingend voraus.
Du siehst das doch in der Realität sehr deutlich. Wenn ein Unternehmen 25+x% Renditeerwartung ausschreibt und das fortlaufend, muss dem ein entsprechendes Wachstum gegenüberstehen. Wo sollen die 25% denn herkommen?
Ein dritter Punkt ist das Zinssystem. Hast du schon angesprochen, aber sehr verniedlicht. Heißt nichts anderes, als dass Kapital weiteres Kapital generiert, indem man es für Investitionen und gegen Rendite weitergibt. Das setzt aber zwingend voraus, dass diese Investitionen weiteres Wachstum generieren müssen, denn sonst kann der Kreditnehmer den Zinsaufschlag nicht zahlen.

Leila
02.10.2008, 05:11
Lieber JMW!

Trotz der Religion, trotz aller Widersprüche: Wäre ich heute jung, ich würde mich sofort den liebenswerten Amischen anschließen. Diese Leute haben Grundsätze, die auch die meinigen sind: Den sparsamen Umgang mit den Geschenken der Natur zum Beispiel. Mein Vater arbeitete in der petrochemischen Industrie. Er war der Meinung, daß wir Menschen das wertvolle Erdöl nicht sinnlos verbrennen und verpuffen sollten, und behauptete, daß die bereits verschwendete Menge dem Nutzen von mindestens Tausend Generationen in unverantwortlicher Weise entzogen worden wäre. Die Abermillionen Menschen auf Erden, die tagtäglich in Automobilen Milliarden Kilometer zurücklegen, nur um zwischen ihrem Wohnort und Arbeitsplatz hin- und herzupendeln, verbindet vorallem eines: den kollektiven Wahnsinn. Wenn man bedenkt, was alles aus dem kostbaren schwarzen Gold hergestellt werden kann – oder besser: wenn man sich das alles einmal wegdenkt, dann wird man sich des verantwortungslosen Handelns der Menschen erst bewußt. Das Benzin, meinte mein Vater, sollte dem Freizeitspaß der Menschen dienen. Die Automobile, Motorräder, Boote und Flugzeuge sollten mit Freude genutzt werden, um auf der Erde umherzureisen, entfernte Verwandte und Freunde zu besuchen, fremde Gegenden und Menschen kennenzulernen und dabei das Vergnügen des Reisens zu empfinden.

Gruß von Leila

Kreuzbube
02.10.2008, 08:28
Für eine harmonisch funktionierende Gesellschaft ist beides wichtig. Einerseits muß stets das Wohl und Schicksal des Volkes im Auge behalten werden, z.B. um Gefahren frühzeitig zu erkennen und abzuwenden; andererseits braucht der Einzelne zum Entfalten seiner Persönlichkeit auch Freiräume. Stehen Koll. und Ind. nicht im richtigen Verhältnis zueinander, wird es früher oder später zu Schieflagen bzw. gesell. Verwerfungen kommen - unabhängig davon, welche Seite zu ungunsten der anderen überwiegt. Der Schlüssel zur Lösung liegt in der steten Bildung und Weiterentwicklung der Menschen hin zum Ganzheitlichen Denken; mit diesem wissen sie nämlich unter Wahrung ihrer persönlichen Indentität&Individualität ganz von selbst, was für den Staat gut bzw. richtig ist und benehmen sich entsprechend. Der anzustrebende Idealzustand ist also ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Leuten, ihren berechtigten Wünschen und der Staatsräson im Interesse eines gesunden Volkes und dem Wohl der Bürger!

Leila
02.10.2008, 09:54
Gut, daß es noch solche Idealisten wie Dich gibt, lieber Kreuzbube!

Gruß von Leila

Kreuzbube
02.10.2008, 10:33
Gut, daß es noch solche Idealisten wie Dich gibt, lieber Kreuzbube!

Gruß von Leila

Dankeschön!:ty:

Manfred_g
02.10.2008, 13:17
Verantwortungslosigkeit ist mit einer gewissen Dummheit (gerade im Hinblick auf gesamtheitliches Denken) untrennbar verbunden. Das Problem damit ist eben, daß man aus Dummheit gemachte Fehler fast immer erst dann erkennt, wenn man sie begangen hat.
Ich will damit nicht sagen, daß man nun resignieren sollte - im Gegenteil! Ich glaube nur nicht an eine Hauruck-Lösung im Sinne von "jetzt haben wir's begriffen, ergo wird alles besser". Wir werden auch künftig, Stück für Stück, in mühsamer Kleinarbeit, unsere Fehler, die großen wie die kleinen, erkennen, verarbeiten und ausbessern müssen und dabei immer wieder neue Fehler machen.

Kreuzbube
02.10.2008, 13:32
"Die Philosophen aller Zeiten haben stets den Weg in die richtige Richtung gewiesen, aber die Narren aller Zeiten haben stets das Gegenteil getan!" I.Kant


Verantwortungslosigkeit ist mit einer gewissen Dummheit (gerade im Hinblick auf gesamtheitliches Denken) untrennbar verbunden. Das Problem damit ist eben, daß man aus Dummheit gemachte Fehler fast immer erst dann erkennt, wenn man sie begangen hat.
Ich will damit nicht sagen, daß man nun resignieren sollte - im Gegenteil! Ich glaube nur nicht an eine Hauruck-Lösung im Sinne von "jetzt haben wir's begriffen, ergo wird alles besser". Wir werden auch künftig, Stück für Stück, in mühsamer Kleinarbeit, unsere Fehler, die großen wie die kleinen, erkennen, verarbeiten und ausbessern müssen und dabei immer wieder neue Fehler machen.

Ich glaube aber daran! Wenn etwas pol. angeblich nicht möglich sein soll, dann nur, weil es aus gewissen Gründen nicht gewünscht ist. Wer etwas tiefer darüber nachdenkt, kommt früher oder später von selber drauf!:)

Manfred_g
02.10.2008, 13:36
Ich sehe da noch viele Freiheitsgrade. Vielleicht werden sich im Laufe der weiteren Diskussion dazu noch konkrete Ideen zusammenfinden.



Das, was du da als die natürliche Leistungsfähigkeit der freien Marktwirtschaft ansiehst, basiert auf nichts anderem als dem Zwang zum exponentiellen Wachstum.
Das war schon im Frühkapitalismus so, in der Kolonialzeit. Es bestand immer die Notwendigkeit, sich weitere Ressourcen zu erschließen. Die Menschheit hat in nicht einmal 200 Jahren im Kapitalismus über die Hälfte der fossilen Energiereserven dieses Planeten verbrannt.
Das ist aber nur ein Punkt. Ein weiterer Punkt steckt im System selbst, und zwar an der alleinigen Ausrichtung an Angebot und Nachfrage. Dazu muss die Angebotsseite ständig erweitert und/oder verbilligt werden. Sowohl Erweiterung als auch Verbilligung setzen exponentielles Wachstum zwingend voraus.
Du siehst das doch in der Realität sehr deutlich. Wenn ein Unternehmen 25+x% Renditeerwartung ausschreibt und das fortlaufend, muss dem ein entsprechendes Wachstum gegenüberstehen. Wo sollen die 25% denn herkommen?
Ein dritter Punkt ist das Zinssystem. Hast du schon angesprochen, aber sehr verniedlicht. Heißt nichts anderes, als dass Kapital weiteres Kapital generiert, indem man es für Investitionen und gegen Rendite weitergibt. Das setzt aber zwingend voraus, dass diese Investitionen weiteres Wachstum generieren müssen, denn sonst kann der Kreditnehmer den Zinsaufschlag nicht zahlen.

Ich habe nicht bestritten, daß man in der freien Wirtschaft abschnitts- und näherungsweise exponentielle Wachstumsphasen erzielen kann.
Nur ist es nicht so, daß die Exponentialfunktion eine Eigenart der freien Marktwirtschaft sei, sie ist vielmehr eine in der Natur häufig vorkommende Eigenschaft des Wachstums überhaupt.

Für die Problematik, inwieweit wir als Menscheit bzw. als westliche Wohlstandsgesellschaften noch wachsen können bzw. es unter moralisch/ethischen Gesichtspunkten sollen, bin ich durchaus offen.
Ich wehre mich lediglich dagegen, so zu tun, als sei die freie Marktwirtschaft an sich schlecht, weil sie die Wünsche der Menschen besser umsetzt als jedes andere Wirtschaftskonzept.
Wenn wir zu dem Schluß kommen, daß es so nicht auf ewig weitergehen kann, müssen wir uns intelligente Einschränkungen oder Konzepte einfallen lassen.
Ein künstlicher wachstumsbeschränkender Rundumschlag (was die Planwirtschaft in meinen Augen ist) erfüllt diese Bedingung nicht.

Manfred_g
02.10.2008, 13:39
"Die Philosophen aller Zeiten haben stets den Weg in die richtige Richtung gewiesen, aber die Narren aller Zeiten haben stets das Gegenteil getan!" I.Kant



Ich glaube aber daran! Wenn etwas pol. angeblich nicht möglich sein soll, dann nur, weil es aus gewissen Gründen nicht gewünscht ist. Wer etwas tiefer darüber nachdenkt, kommt früher oder später von selber drauf!:)

Ein bisschen konkreter dürftest du meinetwegen durchaus sein. :)

Parker
02.10.2008, 14:28
Erstmal bitte ich die verspätete Antwort zu entschuldigen. Ich bin die letzte Woche nicht übermäßig mit Zeit gesegnet gewesen.


Ich kann es nicht oft genug sagen: Eine kollektivistische Staatsform hat es in dieser Art noch nie gegeben, deshalb sprechen wir hier nur über die Theorie.
Der Sozialismus war meist totalitaristisch organisiert.

Muß er das nicht vielleicht sogar sein, um funktionieren zu können?



Totalitarismus ist die radikale bzw. extremistische Variante des kollektiven Gedankenguts.
Von der Demokratie habe ich hier nicht explizit gesprochen.

Stimmt, das hast Du erst weiter unten. Ich bin nicht so sicher, ob totalitär eine Variante von kollektiv ist, oder es sich nicht doch eher um eine andere Dimension handelt. Immerhin kannst Du Dir einen demokratischen Kollektivismus vorstellen.



Im Gegenteil, der Monarch wird ausgebildet und neutral geformt. Er agiert als Mittler zwischen den Ideologien. Nur einer der vielen Vorteile der Monarchie. (http://www.monarchisten.at/monarchie/die-bessere-staatsform/)

"Neutral geformt" scheint mir zunächst ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man am Ende ein bestimmtes Ergebnis, nämlich einen fähigen Monarchen wünscht. Nixdestotrotz läßt sich wie immer nur mit dem vorhandenen Material arbeiten und wenn Du Pech hast, taugt schon der Rohstoff nix. Wenn wir mal auf den deutschen Hochadel dieser Tage schauen, würde ich mir niemanden daraus gern in irgendeiner verantwortlichen Rolle vorstellen wollen.
Bei jeder Erziehung kann auch jederzeit alles Erdenkliche schiefgehen. In der Geschichte scheinen mir obendrein die gkrönten Pappnasen die Könner auf dem Thron zu überwiegen. Monarchie gefällt mir nicht.
Warum nicht einen Menschen auswählen, der seine Fähigkeiten und seinen Charakter beriets im Leben bewiesen hat, ehe man sein Wohl jemandem anvertraut, der wenig mitbringt außer hohen Ansprüchen. Daran krankt nicht zuletzt auch unsere aktuelle bundesrepublikanische Demokratie. Zeitgenossen, die sich füh darauf vrobereitet haben, eine politische Karriere zu machen und außer ihrem Ehrgeiz wenig mitzubringen scheinen.



Ich schwanke noch zwischen der konstitutionellen und der parlamentarischen Monarchie.

Da bin ich mir sicher. Monarchie ist nix für unsere Zeit.



Das Eindämmen der Gefahren nimmt eigentlich nur die Gefahren.
Die Kraft kann auch innerhalb von Grenzen wirken. Ich bin z.B als Kollektivist schon ziemlich "radikal" trotzdem distanziere ich mich klar vom Totalitarismus. An Schärfe-mangel leide ich m.M.n nicht, meine Ideologie auch nicht.

Da bin ich nicht überzeugt. Sicherungen gegen den Chef schränken dessen Handlungsfreiheit stets ein und sei es nur, daß er Kompromisse eingehen muß, die er nicht einginge, wenn er nicht vom Urteil anderer abhängig wäre. Was ihn davon abhält sich zum wahnsinnigen Gottkaiser der Galaxis auszurufen, hindert ihn auch an Entscheidungen, die unpopulär genug sind, ihn aus Amt und Würde zu katapultieren, auch wenn er erkennt, daß es langfristig am besten wäre.
Zur vollen Entfaltung kann das Potenzial des Kollektivs nur kommen, wenn eine Elite entscheidet, ohne fürchten zu müssen, sich vor jenen rechtfertigen zu müssen, die ja aucdh deshalb nicht der Elite angehören, weil sie nicht die Fähigkeiten dazu mtbringen.

Manfred_g
02.10.2008, 16:58
Werde ich erschlagen, wenn ich sage, daß die Solidarität ein wesentliches Merkmal des Kollektivismus ist?

Ich hinterfrage kritisch, ob es sich dabei um freiwillige oder erzwungene Solidarität handelt. Wenn sie nämlich erzwungen ist, halte ich sie für im idealistischen Sinne nicht erstklassig. Wenn sie dagegen freiwillig ist, geht es nicht ohne individuellen Willensentscheid.

Kreuzbube
02.10.2008, 17:04
Ein bisschen konkreter dürftest du meinetwegen durchaus sein. :)

Wer mich verstehen will, versteht mich auch ohne lange romanhafte Erklärungen!:]

-jmw-
02.10.2008, 17:16
Lieber JMW!

Trotz der Religion, trotz aller Widersprüche: Wäre ich heute jung, ich würde mich sofort den liebenswerten Amischen anschließen. Diese Leute haben Grundsätze, die auch die meinigen sind:
Nun, da bin ich ganz bei Humers Satz von weiter oben, in dem er Raum forderte für kleine, freiwillig(e) andere Gemeinschaften.
Man kommt immer mehr dazu, unsere Flüsse einfach fliessen zu lassen. Dazu gehört ein Abbau der Begradigung und die Schaffung von Flutungsräumen für Hochwasserfälle.
Ich finde, man sollte es bei der Gesellschaft nicht anders handhaben. :)

Was Deines Vaters Ansicht zum Erdöl angeht, so stimme ich ihm da ganz und garnicht bei.
Sicher hat man Rücksicht zu nehmen auf die Umwelt und auf nachfolgende Generationen, aber das geht nicht so weit, dass man sich gross drum kümmern müsst, wie's in 1000 Jahren aussieht.
Die Leut werden in späteren Zeiten kaum dümmer sein als wir, den fällt schon was ein, was sie statt Öl benutzen können!

In diesem Sinne:

http://s3.directupload.net/images/081002/ebffyijz.jpg

:D :D

eintiroler
02.10.2008, 17:22
Erstmal bitte ich die verspätete Antwort zu entschuldigen. Ich bin die letzte Woche nicht übermäßig mit Zeit gesegnet gewesen.

Kein Problem, ich hab schon gedacht meine Antworten hätten dich sprachlos gemacht ;)



Muß er das nicht vielleicht sogar sein, um funktionieren zu können?


Wahrscheinlich schon. Extreme Ideologien brauchen eine extreme Umsetzung, die NS-Diktatur hätte mit "Nett-Fragen" sicherlich auch nicht funktioniert.



Stimmt, das hast Du erst weiter unten. Ich bin nicht so sicher, ob totalitär eine Variante von kollektiv ist, oder es sich nicht doch eher um eine andere Dimension handelt. Immerhin kannst Du Dir einen demokratischen Kollektivismus vorstellen.


So habe ich das noch gar nie gesehen. Aber eigentlich klingt das recht schlüssig.
Es geht zwar in die gleiche Richtung unterscheidet sich dennoch äußerst stark.



"Neutral geformt" scheint mir zunächst ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man am Ende ein bestimmtes Ergebnis, nämlich einen fähigen Monarchen wünscht. Nixdestotrotz läßt sich wie immer nur mit dem vorhandenen Material arbeiten und wenn Du Pech hast, taugt schon der Rohstoff nix. Wenn wir mal auf den deutschen Hochadel dieser Tage schauen, würde ich mir niemanden daraus gern in irgendeiner verantwortlichen Rolle vorstellen wollen.
Bei jeder Erziehung kann auch jederzeit alles Erdenkliche schiefgehen. In der Geschichte scheinen mir obendrein die gkrönten Pappnasen die Könner auf dem Thron zu überwiegen. Monarchie gefällt mir nicht.
Warum nicht einen Menschen auswählen, der seine Fähigkeiten und seinen Charakter beriets im Leben bewiesen hat, ehe man sein Wohl jemandem anvertraut, der wenig mitbringt außer hohen Ansprüchen. Daran krankt nicht zuletzt auch unsere aktuelle bundesrepublikanische Demokratie. Zeitgenossen, die sich füh darauf vrobereitet haben, eine politische Karriere zu machen und außer ihrem Ehrgeiz wenig mitzubringen scheinen.


Natürlich braucht es ein gewisses Potential. Das ist sicher, aber die Ausbildung trägt auch einiges bei. Wenn ich mir z.B die Familie der Habsburger ansehe dann sehe ich dort schon ein überdurchschnittliches Potential an Fähigkeiten.
Zum Unterstrichenen. Die meisten dieser "Adligen" sind eingekauft worden, der Rest von denen würde ohne Aufgaben mit zu viel Geld in den Jahren so dekadent.
Neureiche stehen diesen Allüren in nichts nach.
In den heutigen Monarchien wäre es vergleichsweise eher egal, auch wenn der Monarch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte (das es solche gibt gebe ich ja zu) Der heutige Monarch muss repräsentieren, symbolisieren und teilweise kontrollieren. So aktiv greift er nicht mehr in das Geschehen ein. Die Politiker, die eigentlich die Macht haben hätten auch in der demokratischen Monarchie die Macht der Veränderung. Diese haben bzw. hätten sie auch heute. Sie tun aber nichts.



Da bin ich mir sicher. Monarchie ist nix für unsere Zeit.


Republik schon? Als ich das erste Mal Wirtschaftskunde hatte wurde mir beigebracht das Republik, res publica, „öffentliche Mitbestimmung“ heißt oder heißen sollte. Wo sind den die Volksbegehren? Wo ist die direkte Demokratie?
Ich habe bald eingesehen das Republik nichts anderes als ein Synonym für Diktatur ist. Parteiendiktatur.
Monarchie ist die wahre Form der Demokratie, wenn sie gelebt wird.



Da bin ich nicht überzeugt. Sicherungen gegen den Chef schränken dessen Handlungsfreiheit stets ein und sei es nur, daß er Kompromisse eingehen muß, die er nicht einginge, wenn er nicht vom Urteil anderer abhängig wäre. Was ihn davon abhält sich zum wahnsinnigen Gottkaiser der Galaxis auszurufen, hindert ihn auch an Entscheidungen, die unpopulär genug sind, ihn aus Amt und Würde zu katapultieren, auch wenn er erkennt, daß es langfristig am besten wäre.
Zur vollen Entfaltung kann das Potenzial des Kollektivs nur kommen, wenn eine Elite entscheidet, ohne fürchten zu müssen, sich vor jenen rechtfertigen zu müssen, die ja aucdh deshalb nicht der Elite angehören, weil sie nicht die Fähigkeiten dazu mtbringen.

Da stelle ich mir nur die Frage: Hast du so viel Vertrauen in diese Elite, als dass du sie frei agieren lassen würdest? Ich nicht.
Sie sollen höchstmögliche Freiheiten bei höchstmöglicher Absicherung haben. Einfach gesagt, die Praxis müsste zeigen wie es geht.
Die Elite wird sich auch dort bilden, aber sie sollen sich gegenseitig überwachen um nicht zu stark zu werden. Den wir wissen ja Macht kann Menschen stark verändern.

Leila
02.10.2008, 17:31
Ich hinterfrage kritisch, ob es sich dabei um freiwillige oder erzwungene Solidarität handelt. Wenn sie nämlich erzwungen ist, halte ich sie für im idealistischen Sinne nicht erstklassig. Wenn sie dagegen freiwillig ist, geht es nicht ohne individuellen Willensentscheid.

Aus gesundheitlichen Gründen antworte ich Dir nur kurz und apelliere an Deinen Sachverstand: Ist Dir nicht aufgefallen, daß Du soeben versucht hast, den Begriff der Solidarität zu pervertieren? Es gibt keine erzwungene Solidarität, auch keine erzwungene Liebe.

Gruß von Leila

Manfred_g
02.10.2008, 17:44
Aus gesundheitlichen Gründen antworte ich Dir nur kurz und apelliere an Deinen Sachverstand: Ist Dir nicht aufgefallen, daß Du soeben versucht hast, den Begriff der Solidarität zu pervertieren? Es gibt keine erzwungene Solidarität, auch keine erzwungene Liebe.

Gruß von Leila

Mir ist aufgefallen, daß man den Begriff "Solidarität" mißbrauchen kann und daß genau dies oft getan wird. Mir wäre jedoch nicht aufgefallen, daß ich das täte. Im Gegenteil, meine Frage beruht auf dem Wunsch, hier Aufklärung zu bekommen.

Skorpion968
02.10.2008, 17:54
Was Deines Vaters Ansicht zum Erdöl angeht, so stimme ich ihm da ganz und garnicht bei.
Sicher hat man Rücksicht zu nehmen auf die Umwelt und auf nachfolgende Generationen, aber das geht nicht so weit, dass man sich gross drum kümmern müsst, wie's in 1000 Jahren aussieht.
Die Leut werden in späteren Zeiten kaum dümmer sein als wir, den fällt schon was ein, was sie statt Öl benutzen können!

Mit anderen Worten: Es interessiert dich nicht. Nach dir die Sintflut!
So denkt wirklich nur ein Egozentriker. :]

Manfred_g
02.10.2008, 18:05
...
Die Leut werden in späteren Zeiten kaum dümmer sein als wir, den fällt schon was ein, was sie statt Öl benutzen können!
...

:D :D

Diese Meinung teile ich nur sehr bedingt. Ich bin damit allerdings insofern "durch" als ich mich inzwischen zu einem gewissen Fatalismus bekenne:
Ich gehe nicht davon aus, daß die Menscheit für die Ewigkeit gemacht ist. Vielleicht auch nicht weitere Millionen jahre, evtl. nichteinmal für Tausende. Nicht daß ich dies herbeisehne, aber ein Dilemma gibt es eben: wir sind zu "intelligent", um uns nichts von dem zu gönnen, was machbar ist. Aber wir sind evtl. nicht intelligent genug, um es auf unabsehbare Zeit zu sichern.
Allerdings würde ich daraus keinen Zwang herleiten, daß wir uns jetzt absolut an unserer Umwelt und ihren Reserven schadlos halten müssen.

Leila
02.10.2008, 18:07
Was Deines Vaters Ansicht zum Erdöl angeht, so stimme ich ihm da ganz und garnicht bei.
Sicher hat man Rücksicht zu nehmen auf die Umwelt und auf nachfolgende Generationen, aber das geht nicht so weit, dass man sich gross drum kümmern müsst, wie's in 1000 Jahren aussieht.
Die Leut werden in späteren Zeiten kaum dümmer sein als wir, den fällt schon was ein, was sie statt Öl benutzen können!

Lieber JMW!

Du fragtest hier öfters nach Ideen, ohne selbst eine zu offenbaren.

Mein Vater war ein nachdenklicher und vorsichtiger Mann. Ohne ihn wäre ich nullkommanichts. Die Gelegenheit, ihn zu rühmen, seine Gastfreundschaft zu erwähnen und ein Loblied auf seine Weisheit anzustimmen, lasse ich mir nicht entgehen.

Um mich herum tanzen meine Enkel, die mir mächtig auf die Nerven gehn. „Grosi, guck mal!“ höre ich immerzu. Ja, ich schaue weit voraus, hoffend und befürchtend. Hoffend, daß die Menschheit noch lange besteht, und daß es ihr besser gehen möge als heute, befürchtend jedoch das Gegenteil.

Gruß von Leila

Kreuzbube
02.10.2008, 18:16
Diese Meinung teile ich nur sehr bedingt. Ich bin damit allerdings insofern "durch" als ich mich inzwischen zu einem gewissen Fatalismus bekenne:
Ich gehe nicht davon aus, daß die Menscheit für die Ewigkeit gemacht ist. Vielleicht auch nicht weitere Millionen jahre, evtl. nichteinmal für Tausende. Nicht daß ich dies herbeisehne, aber ein Dilemma gibt es eben: wir sind zu "intelligent", um uns nichts von dem zu gönnen, was machbar ist. Aber wir sind evtl. nicht intelligent genug, um es auf unabsehbare Zeit zu sichern.
Allerdings würde ich daraus keinen Zwang herleiten, daß wir uns jetzt absolut an unserer Umwelt und ihren Reserven schadlos halten müssen.

Wir sind vermutlich nur ein Entwurf der Schöpferischen Intelligenz, sich selbst (auf organischem Wege) Ausdruck zu verschaffen; ein Entwurf von vielleicht hunderten oder tausenden im Universum. Die Art und Weise unseres Zusammenlebens überläßt man uns (Menschen) gnädiger Weise selbst. Wenn wir es geregelt bekommen, ist gut - wenn nicht, auch nicht schlimm. Unser Zentralgestirn hat noch für ca. 4 Mia Jahre Leuchtkraft; da ist genug Zeit für neue Kreationen. Und auf den anderen Planeten, welche sich allein in unserer Galaxy in einer sog. "lebensfähigen Zone" befinden, ebenso. Es gibt also aus höherer Sicht kein Grund zur Aufregung!:ohno:

Don
02.10.2008, 18:19
Diese Meinung teile ich nur sehr bedingt. Ich bin damit allerdings insofern "durch" als ich mich inzwischen zu einem gewissen Fatalismus bekenne:
Ich gehe nicht davon aus, daß die Menscheit für die Ewigkeit gemacht ist. Vielleicht auch nicht weitere Millionen jahre, evtl. nichteinmal für Tausende. Nicht daß ich dies herbeisehne, aber ein Dilemma gibt es eben: wir sind zu "intelligent", um uns nichts von dem zu gönnen, was machbar ist. Aber wir sind evtl. nicht intelligent genug, um es auf unabsehbare Zeit zu sichern.
Allerdings würde ich daraus keinen Zwang herleiten, daß wir uns jetzt absolut an unserer Umwelt und ihren Reserven schadlos halten müssen.


Dazu muß man vielleicht bemerken, daß die Menschheit sich erst so die letzten 100 bis 150 Jahre überhaupt in die Lage versetzte sich von diesem Zwang zu befreien. Die technologische Entwicklng war nicht denkbar ohne die Resourcenausbeutung. Was blöderweise auch damit zusammenhängt daß sich die Bevölkerung gleichzeitig explosionsartig vermehrte.
Die smarte Technik ist noch sehr jung, hat aber alle Potentiale die Probleme der Zukunft zu lösen. Es in manchen Bereichen nicht sofort zu tun hängt eher mit wirtschaftlichen Erwägungen zusammen als mit der Machbarkeit.
Ein kleines Beispiel: Mit der entsprechenden Kenntnis wäre es durchaus möglich gewesen zur Römerzeit Autos zu bauen. Hätte man dies aber mit Gewalt und zu exorbitanten Kosten per order di mufti durchgesetzt hätte das in einer Katastrophe geendet. Das gesellschaftliche und wirtschaftliche Umfeld muß dafür die Basis bieten, sonst macht es keinen Sinn.

Manfred_g
02.10.2008, 18:44
...Es gibt also aus höherer Sicht kein Grund zur Aufregung!:ohno:

Den Versuch zu machen, zu erfahren, was eine höhere Sicht glaubt, habe ich aufgegeben, denn er gleicht dem, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Ich versuche vielmehr, mich auch aus meiner Sicht möglichst wenig aufzuregen, wenn es um unvermeidliche Dinge geht. Diese Übung tut mir sehr gut, lasse ich doch hier im Forum schon genug Nerven. :D

Kreuzbube
02.10.2008, 18:56
Den Versuch zu machen, zu erfahren, was eine höhere Sicht glaubt, habe ich aufgegeben, denn er gleicht dem, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Ich versuche vielmehr, mich auch aus meiner Sicht möglichst wenig aufzuregen, wenn es um unvermeidliche Dinge geht. Diese Übung tut mir sehr gut, lasse ich doch hier im Forum schon genug Nerven. :D

Ja, das ist sehr gut; das mache ich ebenso! Nur weil diese "höhere Macht" aber leider den Verstand nicht gleichmäßig auf alle Menschen verteilen konnte, muß man sie nicht in Frage stellen. Der beste Weg für ein angenehmes Leben ist immer noch, sich zur Konversation mit Leuten der eigenen Ebene bzw. des eigenen Niveaus zu umgeben und die Anderen einfach machen lassen!
P.S. So; nachdem ich heute nun wieder allerlei Weisheiten zum Besten gegeben habe, darf ich mich in den wohlverdienten Vorfeiertags-Abend verabschieden!:prost:

-jmw-
02.10.2008, 19:36
Mit anderen Worten: Es interessiert dich nicht. Nach dir die Sintflut!
So denkt wirklich nur ein Egozentriker. :]
Quätsch! :)
So denkt jemand, der versucht, abzuschätzen, an wen man sinnvoll noch denken kann.
Tausend Generationen sind da, was die meisten Dinge angeht, zuviel;
selbst tausend Jahre sind es.

Im Übrigen würd ich hierzu glatt und entgegen meinen Gewohnheiten 'ne Volksabstimmung vorschlagen - des Ergebnisses gewiss, natürlich. :D

Aber mal ernsthaft: Da wir nicht wissen, wie das Leben in tausend Jahren aussieht, können wir garnicht viel tun, um es einfacher oder besser zu machen.
Klar, wir sollten den Planeten nicht unbewohnbar machen, aber alles, was ein paar Kategorien darunter liegt, ist unserem Erkenntnisvermögen entzogen.

Und klar können wir Erdöl sparen, damit die Leuter 3008 noch was davon hätten - aber das täten wir für uns, nicht für die, denn ob die was davon haben, wissen wir schlicht nicht.

Kurgefasst: Rücksicht nehmen ja, aber bitte in erster bis fünfzehnter Linie nur auf Leute, die's gibt oder ziemlich sicher geben wird und nur in dem Masse, wie wir un recht sicher sein können, dass es tatsächlich Rücksicht ist.

-jmw-
02.10.2008, 19:39
Allerdings würde ich daraus keinen Zwang herleiten, daß wir uns jetzt absolut an unserer Umwelt und ihren Reserven schadlos halten müssen.
Nein, nein, dies sicher nicht!
Aber bitte auch nicht ins Gegenteil verfallen und meinen, es wär eine gute Tat, so gut wie nix zu tun, wegen weil ja irgendwer einen Schaden davon haben könnt.

-jmw-
02.10.2008, 19:40
Lieber JMW!

Du fragtest hier öfters nach Ideen, ohne selbst eine zu offenbaren.
Ich versuche derzeit noch, gewisse Ideen, die hier ausgebreitet wurden, zu verstehen - da würd's nur stören, schmisse ich meine noch hinzu.
Ich fwerd lieber noch ein Weilchen fragen. :)

Manfred_g
02.10.2008, 19:45
Nein, nein, dies sicher nicht!
Aber bitte auch nicht ins Gegenteil verfallen und meinen, es wär eine gute Tat, so gut wie nix zu tun, wegen weil ja irgendwer einen Schaden davon haben könnt.

Ja, das ist sicher auch richtig. Wir können uns nicht intelligenter stellen als wir wirklich sind, das ist das Problem. Deswegen ist es auch nur begrenzt möglich, zu erahnen, was künftige Generationen denken und können werden. Unser heutiger Wohlstand wird ihnen schaden (bezüglich Ressourcenausbeutung, Umweltschäden) aber auch nutzen, weil sie auf unser Wissen aufbauen können. Es bleibt schwierig, die goldene Mitte zu finden. :]

-jmw-
02.10.2008, 20:50
Es bleibt schwierig, die goldene Mitte zu finden. :]
Ich denke, da können wir uns alle drauf einigen. :)

Manfred_g
03.10.2008, 01:11
Beruhigend, bei Wikipedia tut man sich mit Kollektivismus und Individualismus
auch nicht so leicht:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektivismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Individualismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Individualismus

Oben wird verlinkt zum Individualismus und von dort aus wird wiederum auf eine Diskussionsseite verwiesen. Ich fühle mich in meinem Unverständnis also nicht mehr ganz so isoliert. :D

Skorpion968
03.10.2008, 03:26
Diese Meinung teile ich nur sehr bedingt. Ich bin damit allerdings insofern "durch" als ich mich inzwischen zu einem gewissen Fatalismus bekenne:
Ich gehe nicht davon aus, daß die Menscheit für die Ewigkeit gemacht ist. Vielleicht auch nicht weitere Millionen jahre, evtl. nichteinmal für Tausende. Nicht daß ich dies herbeisehne, aber ein Dilemma gibt es eben: wir sind zu "intelligent", um uns nichts von dem zu gönnen, was machbar ist. Aber wir sind evtl. nicht intelligent genug, um es auf unabsehbare Zeit zu sichern.

Gerade die Tatsache, dass wir nicht intelligent genug sind, uns selbst ein wenig zurückzunehmen, wird in Zukunft für das Schicksal der Menschheit wahrscheinlich eine große Rolle spielen.
Da wir auf einem Planeten mit begrenzten natürlichen Ressourcen leben, ist es intelligent Ressourcen zu schonen, dumm ist es Ressourcen zu verbraten.

Und genau an dieser Stelle kommt tatsächlich Darwin ins Spiel. Für all die Leute, die die Evolutionstheorie noch immer nicht begriffen haben oder sie auch aus Egoismus gar nicht begreifen wollen:
Es geht um die Erhaltung der Art! Nicht derjenige, der - weil er der "Stärkste" ist - die Ressourcen am schnellsten ausbeutet, wird seine Art am längsten erhalten können. Sondern derjenige, der wirklich intelligent ist und diesen Planeten für seine Nachkommen nicht als einen ausgeplünderten Sauhaufen hinterlässt.

Und da nehmt euch einfach mal ein Beispiel an Lebewesen, die diesen Planeten Millionen Jahre länger bewohnen als wir. Das sind Lebewesen, die nur das Notwendigste zum Überleben verbrauchen, die wirklich zusammen arbeiten und nicht gegeneinander arbeiten!

Skorpion968
03.10.2008, 03:42
Quätsch! :)
So denkt jemand, der versucht, abzuschätzen, an wen man sinnvoll noch denken kann.
Tausend Generationen sind da, was die meisten Dinge angeht, zuviel;
selbst tausend Jahre sind es.

Im Übrigen würd ich hierzu glatt und entgegen meinen Gewohnheiten 'ne Volksabstimmung vorschlagen - des Ergebnisses gewiss, natürlich. :D

Aber mal ernsthaft: Da wir nicht wissen, wie das Leben in tausend Jahren aussieht, können wir garnicht viel tun, um es einfacher oder besser zu machen.
Klar, wir sollten den Planeten nicht unbewohnbar machen, aber alles, was ein paar Kategorien darunter liegt, ist unserem Erkenntnisvermögen entzogen.

Und klar können wir Erdöl sparen, damit die Leuter 3008 noch was davon hätten - aber das täten wir für uns, nicht für die, denn ob die was davon haben, wissen wir schlicht nicht.

Kurgefasst: Rücksicht nehmen ja, aber bitte in erster bis fünfzehnter Linie nur auf Leute, die's gibt oder ziemlich sicher geben wird und nur in dem Masse, wie wir un recht sicher sein können, dass es tatsächlich Rücksicht ist.

Das ist eine sehr bequeme und egoistische Sichtweise. Heißt nichts anderes als:
"Ich nehm mir erstmal soviel wie möglich von dem, was ich hier so mitnehmen kann. Weiß ja niemand, wie lang das hier überhaupt noch geht. Und damit habe ich auch immer meine persönliche Rechtfertigung. Ich kann ja nicht 1000 Jahre vorausdenken, also denke ich auch nicht 100 Jahre voraus, also GIB GAS! Sollen sich die, die nach mir in meiner Art kommen, doch gefälligst selbst drum kümmern, wie sie hier zurecht kommen. Oder auch nicht."
Darwin-Award! :top:

Leila
03.10.2008, 04:18
An Skorpion:

Wozu Nationalparks und Naturreservate einrichten? Wozu Naturschutz, Tierschutz, Heimatschutz und Denkmalschutz betreiben? Nur damit die künftigen Generationen davon profitieren? Ich bin doch nicht blöd.

Gruß von Leila

-jmw-
03.10.2008, 11:45
Das ist eine sehr bequeme und egoistische Sichtweise.
Danke! :D


Heißt nichts anderes als:
"Ich nehm mir erstmal soviel wie möglich von dem, was ich hier so mitnehmen kann. Weiß ja niemand, wie lang das hier überhaupt noch geht. Und damit habe ich auch immer meine persönliche Rechtfertigung. Ich kann ja nicht 1000 Jahre vorausdenken, also denke ich auch nicht 100 Jahre voraus, also GIB GAS! Sollen sich die, die nach mir in meiner Art kommen, doch gefälligst selbst drum kümmern, wie sie hier zurecht kommen. Oder auch nicht."
Doch, heisst es.
Das, was Du hier schreibst, folgt aus dem, was ich schrieb, nur dann, wenn man es verabsolutiert und bis auf die Spitze treibt.
Ich kann nicht empfehlen, das zu tun, denn sowas führt leicht zu Absurditäten.

Manfred_g
03.10.2008, 12:23
Gerade die Tatsache, dass wir nicht intelligent genug sind, uns selbst ein wenig zurückzunehmen, wird in Zukunft für das Schicksal der Menschheit wahrscheinlich eine große Rolle spielen.
Da wir auf einem Planeten mit begrenzten natürlichen Ressourcen leben, ist es intelligent Ressourcen zu schonen, dumm ist es Ressourcen zu verbraten.

Und genau an dieser Stelle kommt tatsächlich Darwin ins Spiel. Für all die Leute, die die Evolutionstheorie noch immer nicht begriffen haben oder sie auch aus Egoismus gar nicht begreifen wollen:
Es geht um die Erhaltung der Art! Nicht derjenige, der - weil er der "Stärkste" ist - die Ressourcen am schnellsten ausbeutet, wird seine Art am längsten erhalten können. Sondern derjenige, der wirklich intelligent ist und diesen Planeten für seine Nachkommen nicht als einen ausgeplünderten Sauhaufen hinterlässt.

Und da nehmt euch einfach mal ein Beispiel an Lebewesen, die diesen Planeten Millionen Jahre länger bewohnen als wir. Das sind Lebewesen, die nur das Notwendigste zum Überleben verbrauchen, die wirklich zusammen arbeiten und nicht gegeneinander arbeiten!

Ja, ich denke oft an die Lebewesen die Millionen Jahre auf diesem Planeten leben, wenn es um Themen wie dieses geht. Aber ich denke dann auch daran, WIE sie leben.
Falsch ist übrigens, daß diese Lebewesen "zusammenarbeiten". Sie arbeiten weder gezielt zusammen, noch gegeneinander, sondern tun das, wonach ihnen im Augenblick ist. Sie verhalten sich also -um es klischeehaft zu formulieren- recht kapitalistisch/neoliberal. Und letztlich wissen sie auch nicht, wann sie aussterben. Viele sind bereits ausgestorben.
Was bleibt jetzt unterm Strich von deinen revolutionären Thesen übrig, ausser der Erkenntnis (die du vermutlich mit Milliarden Menschen teilst), daß einiges an der Welt besser sein sollte?
Habe doch auch mal den Mut, darüber nachzudenken, was und wieviel du von deinem Leben aufgeben möchtest, um den Fortbestand der Menschheit (für wie lange?) zu sichern.

Skorpion968
03.10.2008, 23:06
Doch, heisst es.
Das, was Du hier schreibst, folgt aus dem, was ich schrieb, nur dann, wenn man es verabsolutiert und bis auf die Spitze treibt.
Ich kann nicht empfehlen, das zu tun, denn sowas führt leicht zu Absurditäten.

Mitnichten.
Ich führte dir nur vor Augen, was resultierte, dächte man deinen Argumentationsansatz konsequent.
In vorgehaltenen Spiegeln wirkt man auf sich selbst manchmal verzerrt. :)

Skorpion968
03.10.2008, 23:30
Ja, ich denke oft an die Lebewesen die Millionen Jahre auf diesem Planeten leben, wenn es um Themen wie dieses geht. Aber ich denke dann auch daran, WIE sie leben.
Falsch ist übrigens, daß diese Lebewesen "zusammenarbeiten". Sie arbeiten weder gezielt zusammen, noch gegeneinander, sondern tun das, wonach ihnen im Augenblick ist. Sie verhalten sich also -um es klischeehaft zu formulieren- recht kapitalistisch/neoliberal.

An welche Lebewesen denkst du dabei konkret?


Und letztlich wissen sie auch nicht, wann sie aussterben.

Wenn sie sich an bestimmte Grundregeln halten (was der Mensch bisher nicht tut), dann werden sie ihre Art länger erhalten als Spezies, die sich an diese Grundregeln nicht halten.
Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Evolutionsforschung.


Was bleibt jetzt unterm Strich von deinen revolutionären Thesen übrig, ausser der Erkenntnis (die du vermutlich mit Milliarden Menschen teilst), daß einiges an der Welt besser sein sollte?

Ich teile das nicht nur als hohle Phrase, sondern bin auch aktiv etwas für Verbesserungen zu tun.
Viele der Milliarden Menschen schwafeln das nur so vor sich hin, ziehen aber keine Konsequenzen daraus.


Habe doch auch mal den Mut, darüber nachzudenken, was und wieviel du von deinem Leben aufgeben möchtest, um den Fortbestand der Menschheit (für wie lange?) zu sichern.

Ich setze mich sehr bewusst damit auseinander, was notwendig ist und was nicht. Und ich handle auch danach. Dazu brauche ich keinen Mut.
Täte das jeder nur in seinem kleinen persönlichen Umfeld, wären wir schon sehr viel weiter.

Es geht nicht darum, dass ich den Fortbestand der Menschheit um X Jahre sichern könnte. Das wäre auch gar nicht mein Ziel. Es geht allein darum, dass jeder etwas dazu beitragen kann, dass alle Menschen auf diesem Planeten ein erträgliches Leben haben. Ein Schritt dazu wäre, dass einige Leute mal von ihrem Egotrip runterkommen und sich für sich selbst mal wirklich bewusst machen, was sie wirklich brauchen und was nicht.

Leila
04.10.2008, 09:00
Nochmals zu meinem Vater. Er sagte und meinte nicht konkret: „1'000 Jahre“, sondern sinnbildlich: „mindestens 1'000 Generationen“, also sinngemäß: „sehr, sehr viele“. 1'000 Generationen würden, wenn man einen mittleren Generationenabstand von 35 Jahren annimmt, 35'000 Jahren entsprechen.


[zu Skorpion]Habe doch auch mal den Mut, darüber nachzudenken, was und wieviel du von deinem Leben aufgeben möchtest, um den Fortbestand der Menschheit (für wie lange?) zu sichern.


Ich setze mich sehr bewusst damit auseinander, was notwendig ist und was nicht. Und ich handle auch danach. Dazu brauche ich keinen Mut.
Täte das jeder nur in seinem kleinen persönlichen Umfeld, wären wir schon sehr viel weiter.

Die folgenden, Skorpion zugeeigneten Zeilen, sollen mein Hinterwäldlertum beweisen.

Ich, Sproß einer ziemlich reichen Familie, komme aus einem Land, in welchem vor 50 Jahren eine leere Konservendose noch als etwas Wertvolles, als etwas Erhaltenswertes galt. Wir Kinder bemalten die Dosen mit farbenfrohen Ornamenten und stellten sie im Innenhof zur Zierde auf. Abfall ‚produzierte‘ meine Familie keinen.

Nun vom Orient zum Okzident, von der Oase auf die Alp sozusagen. Wenn mein Mann von seiner Kindheit erzählt, hören ihm nicht nur seine Kinder und Enkel aufmerksam zu; auch ich spitze meine Ohren, obschon ich seine Geschichten kenne. Seine Mutter hob jede Schnur, jeden Knopf und jeden Wollresten und Stoffetzen auf und sammelte sogar das ‚Silberpapier‘ (Stanniol) für die Mission. Ihren Kindern gab sie Packpapier zum Zeichnen. – Und dann sein Vater erst! Der hatte einen Schuppen vollgestopft mit Dingen, deren Namen heute kaum noch jemand kennt. In dieser Schatzkammer durften die Kinder auf Entdeckungsreise gehen (nach getaner Arbeit versteht sich). Daß ich den sorgfältigen Umgang mit den Dingen auch meinen Kindern beibrachte und sie die Sparsamkeit lehrte, danken sie mir heute. Ihre Ersparnisse übersteigen diejenigen vieler ihrer Altersgenossen bei weitem.

Nach Möglichkeit kaufe ich nichts, das aus mehr Verpackung als aus Inhalt besteht. Wenn möglich meide ich die Konzerne und Monopolisten; stattdessen berücksichtige ich die wenigen noch verbliebenen kleinen Händler und Handwerker in meiner Nachbarschaft. Ich fahre Velo in der Stadt oder gehe zu Fuß. Dabei komme ich mit den Leuten ins Gespräch. Man grüßt mich freundlich, und ich erwidere die Grüße herzlich. Um das Fundament meiner Lebensphilosophie zu festigen, lese ich so ausgefallene Bücher wie: Ulrich, Peter: „Integrative Wirtschaftsethik – Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie“ oder: Saager, Hansjürg: „Who Owns Whom“.

Gruß von Leila

-jmw-
04.10.2008, 09:36
Mitnichten.
Ich führte dir nur vor Augen, was resultierte, dächte man deinen Argumentationsansatz konsequent.
In vorgehaltenen Spiegeln wirkt man auf sich selbst manchmal verzerrt. :)
Du denkst den Ansatz konsequent, aber nicht das, was ich schrieb, denn ich qualifizierte meine Aussage mit Worten wie "nicht viel" und "ein paar Kategorien drunter" und "recht sicher".

Anders als derart moderat geht es nicht, wie schnell klar wird, wenn wir uns einen gegenteiligen Ansatz ansehen, nämlich ein konsequentes Rücksichtnehmen auf alle, die da kommen mögen.
Wir finden die Idee schon bei John Locke in seinen Überlegungen zur Entstehung von Sondereigentum, dass, was Grund und Boden angeht, man nur soviel sich aneignen darf, wie man für sich bearbeiten kann.
Worauf liefe das im Extremfall hinaus? - Auf nicht viel mehr als Subsistenzwirtschaft!
Denn die Mehrproduktion, die uns heute gestattet, über Beschränkung überhaupt nachzudenken, entstammt der umfassenden Nutzung von Land und Ressourcen.
Wir führen die Neolithische Revolution fort, ganz einfach.

Skorpion968
04.10.2008, 14:57
Du denkst den Ansatz konsequent, aber nicht das, was ich schrieb, denn ich qualifizierte meine Aussage mit Worten wie "nicht viel" und "ein paar Kategorien drunter" und "recht sicher".

Anders als derart moderat geht es nicht, wie schnell klar wird, wenn wir uns einen gegenteiligen Ansatz ansehen, nämlich ein konsequentes Rücksichtnehmen auf alle, die da kommen mögen.
Wir finden die Idee schon bei John Locke in seinen Überlegungen zur Entstehung von Sondereigentum, dass, was Grund und Boden angeht, man nur soviel sich aneignen darf, wie man für sich bearbeiten kann.
Worauf liefe das im Extremfall hinaus? - Auf nicht viel mehr als Subsistenzwirtschaft!
Denn die Mehrproduktion, die uns heute gestattet, über Beschränkung überhaupt nachzudenken, entstammt der umfassenden Nutzung von Land und Ressourcen.
Wir führen die Neolithische Revolution fort, ganz einfach.

Was ist eigentlich gegen Subsistenzwirtschaft einzuwenden?

Don
04.10.2008, 16:09
Was ist eigentlich gegen Subsistenzwirtschaft einzuwenden?

Frag die Bauern von Siebzehnhunderttobak.

Skorpion968
04.10.2008, 16:36
Frag die Bauern von Siebzehnhunderttobak.

Die kamen damit ganz gut zurecht.

-jmw-
04.10.2008, 16:47
Was ist eigentlich gegen Subsistenzwirtschaft einzuwenden?
Wenn man Rückschlüsse von den Inhalten von Bücherregalen auf Personen zulässt - dann von mir aus garnix. :)

Bloss wollen die meisten Leute es nicht, daran würd's wohl scheitern innerhalb Europas und ausserhalb in vielen Gegenden an den Menschenmassen, die subsistentiell garnicht zu ernähren wären.

Leila
04.10.2008, 17:45
Die Anzahl der Weltverbesserer ist gering, und klein ist ihre Macht und Überzeugungskraft.

Vielleicht sollte man einmal festhalten, wie die Machtverhältnisse sind und beim Bildungssystem beginnen. Die wirklich reichen und folglich mächtigen Leute lassen ihre Kinder von Privatlehrern unterrichten, schicken sie in teure Internate und später auf die Eliteuniversitäten. Dadurch gewährleisten sie ihren Machterhalt. Kommt es vor, daß irgendwo ein armes hochbegabtes Kind entdeckt ihnen anempfohlen wird, dann lassen sie ihm jede erdenkliche Förderung angedeihen und verpflichten es zur lebenslangen Dienst- und Dankbarkeit. Das vorrangigste Erziehungsziel dabei bleibt stets, den Kindern den Umgang mit dem gemeinen Fußvolk zu verwehren und ihnen einen Abscheu vor dem ‚gewöhnlichen Mann‘ ins Hirn einzupflanzen. Ich kenne Internate, wo lauter Prinzen und Prinzessinnen und Söhne und Töchter von Multimillionären und Milliardären unterrichtet werden. Was die Jugend dort alles lernt, wäre die Eröffnung eines neuen Leitthemas wert.

Nun, da ich von den Aktionären und ihren Kindern sprach, könnte ich in der Hierarchie eine Stufe hinabsteigen und auf die Politiker zu sprechen kommen, wohlwissend, der Verflechtung und Verfilzung zwischen den reichen Familien mit keinem Wort gedacht zu haben.

Manfred_g
04.10.2008, 18:45
An welche Lebewesen denkst du dabei konkret? ...

Wenn sie sich an bestimmte Grundregeln halten (was der Mensch bisher nicht tut), dann werden sie ihre Art länger erhalten als Spezies, die sich an diese Grundregeln nicht halten...
Das ist eines der zentralen Ergebnisse der Evolutionsforschung.

An unterschiedliche. Spielt eigentlich kaum eine Rolle. Natürlich weiß ich worauf, du hinauswillst und will das staatenhafte Zusammenleben macher Tiere ebenso wenig in Abrede stellen wie ihr teilweise beeindruckendes Sozialverhalten.
Aber auch hier hat die Medaille zwei Seiten. Vom "Raubtierkapitalismus" zu sprechen, kommt nicht von irgendwo!
Bei den Tieren reinzuschauen mag interessant sein, aber ich bezweifle, daß wir uns recht viel für unser eigenes Verhalten dort abkupfern können.
Ansonsten ist neu wie aufgeschlossen du plötzlich den Regeln der Natur gegenüberstehst. Dafür hast du mich doch bisher immer gescholten. ;)



Ich teile das nicht nur als hohle Phrase, sondern bin auch aktiv etwas für Verbesserungen zu tun.
Viele der Milliarden Menschen schwafeln das nur so vor sich hin, ziehen aber keine Konsequenzen daraus.
...
Ich setze mich sehr bewusst damit auseinander, was notwendig ist und was nicht. Und ich handle auch danach. Dazu brauche ich keinen Mut.
Täte das jeder nur in seinem kleinen persönlichen** Umfeld, wären wir schon sehr viel weiter.

Sogar wenn der gute Wille da ist, bleibt es oft verdammt schwer, damit konkret spürbares zu erlangen, was auch in 10 oder 100 Jahren noch als konstruktiv anzusehen ist. Sich dieser ernüchternden Erkenntnis zu stellen braucht manchmal Mut. Das meinte ich damit.
Daß es allerdings Möglichkeiten gibt, räume ich gerne ein. Daß es sich manchmal lohnen kann, dafür Unbequemlichkeiten zu schultern, auch.




Es geht nicht darum, dass ich den Fortbestand der Menschheit um X Jahre sichern könnte. Das wäre auch gar nicht mein Ziel. Es geht allein darum, dass jeder etwas dazu beitragen kann, dass alle Menschen auf diesem Planeten ein erträgliches Leben haben. Ein Schritt dazu wäre, dass einige Leute mal von ihrem Egotrip** runterkommen und sich für sich selbst mal wirklich bewusst machen, was sie wirklich brauchen und was nicht.

Insgesamt argumentierst du hier relativ zahm, weshalb ich keine Probleme habe, dem weitgehend zuzustimmen.

** Merkst du's? Dem "Egotrip" als negative Ausformung des Individualismus steht auch eine positive gegenüber: die Beackerung des "persönlichen Umfeldes".

Don
04.10.2008, 20:12
Die kamen damit ganz gut zurecht.

Schon wieder so ein Romantisierer des Todes mit 45. Einfach unrträglicher Blödsinn, geschrieben mit einem gemütlichen Bierchen in einer zentralbeheizten Wohnung mit Bad und gefliestem Scheißhaus.

Skorpion968
04.10.2008, 20:59
Schon wieder so ein Romantisierer des Todes mit 45. Einfach unrträglicher Blödsinn, geschrieben mit einem gemütlichen Bierchen in einer zentralbeheizten Wohnung mit Bad und gefliestem Scheißhaus.

Da kann ich dich komplett beruhigen.
1. Trinke ich generell keinen Alkohol. Das ist bekanntermaßen ein Zellgift.
2. Habe ich in meiner Wohnung zwar eine Heizung. Die stelle ich aber sicher nicht an, solange es draußen noch Temperaturen über Null hat. Im gesamten letzten Jahr habe ich gar nicht geheizt, und das werde ich in diesem Jahr auch nicht tun. Denn erstens ist das besser für die eigenen Finanzen, zweitens ist es besser für die Umwelt und drittens werde ich den Teufel tun, den Energieabzockern auch nur einen Cent mehr in den Rachen zu stecken als unbedingt nötig.

Aber zurück zur Subsistenzwirtschaft:
Ich weiß, dass du tierisch stolz auf die Erfindung von gefliesten Scheißhäusern bist. Aber erstens sind auch die prinzipiell entbehrlich und zweitens ist deren Fehlen nicht zwangsweise an Subsistenzwirtschaft gekoppelt.
Ich habe es dir schon einmal dargelegt. Sieh mal nach Indien oder China. Da haben sich Millionen Bauern über Jahrtausende und bis vor kurzem von Subsistenzwirtschaft ernährt. Das hat ihnen zwar wahrscheinlich keine gefliesten Scheißhäuser gebracht, aber es hat sie ernährt und die meisten waren damit zufrieden. Bis die Kapitalisten kamen, ihnen ihre Felder unterm Arsch wegschnappten und für solche dekadenten Leute wie dich dort jetzt Garnelen züchten. Während die Ex-Bauern nun in städtischen Slums mit weniger als einem Dollar pro Tag sicher nicht in gefliesten Scheißhäusern sitzen.
Frag die Jungs und Mädels doch mal nach Subsistenzwirtschaft!

Skorpion968
04.10.2008, 21:14
An unterschiedliche. Spielt eigentlich kaum eine Rolle. Natürlich weiß ich worauf, du hinauswillst und will das staatenhafte Zusammenleben macher Tiere ebenso wenig in Abrede stellen wie ihr teilweise beeindruckendes Sozialverhalten.
Aber auch hier hat die Medaille zwei Seiten. Vom "Raubtierkapitalismus" zu sprechen, kommt nicht von irgendwo!
Bei den Tieren reinzuschauen mag interessant sein, aber ich bezweifle, daß wir uns recht viel für unser eigenes Verhalten dort abkupfern können.
Ansonsten ist neu wie aufgeschlossen du plötzlich den Regeln der Natur gegenüberstehst. Dafür hast du mich doch bisher immer gescholten. ;)

Das stimmt nicht. Ich habe dich nicht dafür gescholten, dass du dich für die Natur interessierst, sondern dafür, dass du dir stets die alleinige Interpretationshoheit für Naturgesetze zugeschrieben hast.

Im Gegensatz zu dir bin ich durchaus der Meinung, dass wir uns dort einiges für unser eigenes Verhalten abschauen können. Natürlich nicht 1:1, aber in einem erweiterten Sinne schon.


Sogar wenn der gute Wille da ist, bleibt es oft verdammt schwer, damit konkret spürbares zu erlangen, was auch in 10 oder 100 Jahren noch als konstruktiv anzusehen ist. Sich dieser ernüchternden Erkenntnis zu stellen braucht manchmal Mut. Das meinte ich damit.
Daß es allerdings Möglichkeiten gibt, räume ich gerne ein. Daß es sich manchmal lohnen kann, dafür Unbequemlichkeiten zu schultern, auch.

Insgesamt argumentierst du hier relativ zahm, weshalb ich keine Probleme habe, dem weitgehend zuzustimmen.

Ich argumentiere nicht zahm, sondern stelle einfach nur meine Meinung dar. Und möglicherweise sind unsere Ansichten in einigen Bereichen gar nicht so konträr wie es bisher oft den Anschein hatte.

Sauerländer
04.10.2008, 22:00
(...)Aber zurück zur Subsistenzwirtschaft:
Ich weiß, dass du tierisch stolz auf die Erfindung von gefliesten Scheißhäusern bist. Aber erstens sind auch die prinzipiell entbehrlich und zweitens ist deren Fehlen nicht zwangsweise an Subsistenzwirtschaft gekoppelt.
Ich habe es dir schon einmal dargelegt. Sieh mal nach Indien oder China. Da haben sich Millionen Bauern über Jahrtausende und bis vor kurzem von Subsistenzwirtschaft ernährt. Das hat ihnen zwar wahrscheinlich keine gefliesten Scheißhäuser gebracht, aber es hat sie ernährt und die meisten waren damit zufrieden. Bis die Kapitalisten kamen, ihnen ihre Felder unterm Arsch wegschnappten und für solche dekadenten Leute wie dich dort jetzt Garnelen züchten. Während die Ex-Bauern nun in städtischen Slums mit weniger als einem Dollar pro Tag sicher nicht in gefliesten Scheißhäusern sitzen.
Frag die Jungs und Mädels doch mal nach Subsistenzwirtschaft!
Das verdient Bekräftigung!

-jmw-
04.10.2008, 22:12
Da kann ich dich komplett beruhigen.
1. Trinke ich generell keinen Alkohol. Das ist bekanntermaßen ein Zellgift.
2. Habe ich in meiner Wohnung zwar eine Heizung. Die stelle ich aber sicher nicht an, solange es draußen noch Temperaturen über Null hat.
Du solltest hier nicht so viel aus Deinem Privatleben erzählen - wenn ich noch mehr Gemeinsamkeiten entdecke, fall ich am Ende noch vom Stuhl und tu mir weh oder so! :))

Skorpion968
04.10.2008, 22:27
Du solltest hier nicht so viel aus Deinem Privatleben erzählen - wenn ich noch mehr Gemeinsamkeiten entdecke, fall ich am Ende noch vom Stuhl und tu mir weh oder so! :))

Wer braucht Stühle??? :))

Ernst beiseite: Mir liegt es eigentlich fern hier aus meinem Privatleben zu erzählen. Da tun sich andere Leute hier viel mehr hervor.
Aber wenn jemand meint, seine eigene Dekadenz auf mich übertragen zu müssen, nur um seine Sichtweise zu rechtfertigen, dann muss ich eine Ausnahme machen. :)

Skorpion968
04.10.2008, 22:28
Das verdient Bekräftigung!

Danke!

-jmw-
04.10.2008, 22:32
Wer braucht Stühle??? :))
Nichtjapaner? ?(


Aber wenn jemand meint, seine eigene Dekadenz auf mich übertragen zu müssen, nur um seine Sichtweise zu rechtfertigen, dann muss ich eine Ausnahme machen. :)
:D :D

Leila
04.10.2008, 22:54
Leute, laßt doch die Scharmützel mit blinder Munition!

Gruß von Leila