marc
24.09.2008, 01:26
Über Nicolás Gómez Dávila, den "letzten Reaktionär", habe ich ja bereits einen Thread eröffnet.
http://www.politikforen.net/showthread.php?t=67286
Robert Spaemann, Martin Mosebach, Joseph Ratzinger, Botho Strauß, Jürgen Habermas, Carl Schmitt und viele, viele andere sollten noch folgen.
Nun ist aber zunächst Ernst Jünger an der Reihe, der 1895 geborene, 1998 im Alter von 103(!) Jahren gestorbene Schriftsteller, Soziologe, Philosoph, Militär, gar Insektenkundler und im Grunde auch Theologe - vorallem aber eine der faszinierendsten Persönlichkeiten unserer Zeit.
http://img87.imageshack.us/img87/2729/b845170e94qf9.jpg (http://imageshack.us)
Auch als "Gott der Dichter" wurde er dereinst bezeichnet, obwohl überliefert ist, dass Gottfried Benn ihn nicht leiden konnte, und naja - wie die meisten Götter und wirklich faszinierenden Persönlichkeiten wurde auch er als "Reaktionär" gebrankdmarkt. (Wie Dostojewski, Mäder, Ratzinger, Baudelaire, Houellebecq, Flaubert, Balzac, Stravinsky, Davila, Henze, Schmitt usw. usf.)
Ein Gütesiegel ist weiterhin, dass er sich den Hass von Jean-Paul Sartre zuzog, diesem völlig überbewerteten Existenzialisten und feministischen Linksradikalen, der einst verkündete dass er Ernst Jünger hassen würde - nicht als Deutschen, sondern als Aristokraten.
Nun - wie auch immer, Jünger durchlebte einige Wandlungen.
Berühmtheit konnte er zum ersten Mal nicht durch eine philosophische Arbeit für sich in Anspruch nehmen, sondern durch ein kriegsverherrlichendes Traktat mit dem hierzuforum wohl besonders abschreckenden Titel "In Stahlgewittern."
Jünger zog freiwillig in den Ersten Weltkrieg und liess sich in seinem Kriegstagebuch darüber aus, wie das Große, das Starke und Feierliche durch die Macht des Krieges diese friedensverwöhnte Jugend gefesselt hätte. Allerdings zog das nicht nur die Anerkennung der Rechten nach sich, sondern auch diejenige der Linken. Warum? Weil es dort nicht um Superhelden ging, die Kondome verknoteten, sondern weil er das Kriegsgeschehen in einer realistischen Grausamkeit geschildert hatte, die über den Schund dieser Zeit hinausragte.
Man muss wohl weiterhin auch sagen, dass er sich mit seinem Fieberwahn nicht alleine befand. Auch Max Planck und Wilhelm Röntgen unterzeichneten ein Manifest, nachdem es nötig war, diesen Kampf zu fechten und das deutsche Kulturvolk ("Das Vermächtnis eines Goethe, eines Beethoven, eines Kant!") zu verteidigen. Thomas Mann forderte von den Männer seiner Zunft die "Ausdeutung, Verherrlichung, Vertiefung der Geschehnisse im Kriege", und auch Hermann Hesse schrieb ein heute kaum noch zitiertes Gedicht mit dem Titel "Der Künstler an die Krieger", das mit folgenden Worten beschließt: "Die ihr draussen in den Schlachten standet / Seid mir Brüder nun und neu geliebt!"
Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich seine Einstellung allerdings, was vorallem in seinem wohl berühmtesten Buch "Der Waldgang" zum Ausdruck kam. Auch einer Fahne wollte er nun nicht mehr hinterherlaufen. Stattdessen bezog er sich auf Davila und auf dessen Gedanken, dass es nichts mehr nütze, ein Konservativer zu sein, weil es nichts mehr gebe, was sich zu konservieren lohne. Dieser Waldgang ist ein exzentrischer Essay, verfasst in der Sprache vergangener Jahrhunderte und mit dem Ziel, eine Anleitung zu bieten, wie sich der Mensch "innerhalb der Katastrophe" verhalten könnte.
Weil ich langsam keine Lust mehr habe, diesen Eröffnungspost zu schreiben und es auch witzlos wird, wenn er zu einem Referat ausartet, zitiere ich mal Wikipedia:
Ausgangspunkt ist eine Betrachtung von Wahlen, die so gelenkt sind, dass keine wirkliche Alternative mehr besteht und 98 Prozent Zustimmung erzielt werden. Einige angeführte Aspekte, wie uniformierte Wahlhelfer, staatliche Proganda oder suggestiv gestaltete Wahlzettel, erinnern an Scheinwahlen in Diktaturen, doch schränkt Jünger die Beschreibung nicht explizit auf solche ein. Die zwei Prozent der Menschen, die mit Nein stimmen, stellen die möglichen Waldgänger.
Blablabla: Er experimentierte auch viel mit Drogen, er traf Albert Hofmann, schrieb ein Buch über LSD-Trips, wurde gehasst und geliebt, blieb trotz seiner politischen Weiterentwicklung ein Denker, der "geistige Sabotage an der Moderne" verübte - ich denke gerade an Martin Mosebach, dem man einst vorwarf, er würde sich nur deshalb gegen den Nationalsozialismus aussprechen, weil es eine modernistische und antikatholische Bewegung sei - und ... apropos Katholizismus: kurz vor dem Ende seines irdischen Lebens zog Ernst Jünger die logische Konsequenz seines Denkens und konvertierte zum Katholizismus. :]
Dummerweise habe ich jetzt viel und gleichzeitig sehr wenig gesagt. Mea culpa, aber egal - was haltet ihr von Ernst Jünger!?
http://www.politikforen.net/showthread.php?t=67286
Robert Spaemann, Martin Mosebach, Joseph Ratzinger, Botho Strauß, Jürgen Habermas, Carl Schmitt und viele, viele andere sollten noch folgen.
Nun ist aber zunächst Ernst Jünger an der Reihe, der 1895 geborene, 1998 im Alter von 103(!) Jahren gestorbene Schriftsteller, Soziologe, Philosoph, Militär, gar Insektenkundler und im Grunde auch Theologe - vorallem aber eine der faszinierendsten Persönlichkeiten unserer Zeit.
http://img87.imageshack.us/img87/2729/b845170e94qf9.jpg (http://imageshack.us)
Auch als "Gott der Dichter" wurde er dereinst bezeichnet, obwohl überliefert ist, dass Gottfried Benn ihn nicht leiden konnte, und naja - wie die meisten Götter und wirklich faszinierenden Persönlichkeiten wurde auch er als "Reaktionär" gebrankdmarkt. (Wie Dostojewski, Mäder, Ratzinger, Baudelaire, Houellebecq, Flaubert, Balzac, Stravinsky, Davila, Henze, Schmitt usw. usf.)
Ein Gütesiegel ist weiterhin, dass er sich den Hass von Jean-Paul Sartre zuzog, diesem völlig überbewerteten Existenzialisten und feministischen Linksradikalen, der einst verkündete dass er Ernst Jünger hassen würde - nicht als Deutschen, sondern als Aristokraten.
Nun - wie auch immer, Jünger durchlebte einige Wandlungen.
Berühmtheit konnte er zum ersten Mal nicht durch eine philosophische Arbeit für sich in Anspruch nehmen, sondern durch ein kriegsverherrlichendes Traktat mit dem hierzuforum wohl besonders abschreckenden Titel "In Stahlgewittern."
Jünger zog freiwillig in den Ersten Weltkrieg und liess sich in seinem Kriegstagebuch darüber aus, wie das Große, das Starke und Feierliche durch die Macht des Krieges diese friedensverwöhnte Jugend gefesselt hätte. Allerdings zog das nicht nur die Anerkennung der Rechten nach sich, sondern auch diejenige der Linken. Warum? Weil es dort nicht um Superhelden ging, die Kondome verknoteten, sondern weil er das Kriegsgeschehen in einer realistischen Grausamkeit geschildert hatte, die über den Schund dieser Zeit hinausragte.
Man muss wohl weiterhin auch sagen, dass er sich mit seinem Fieberwahn nicht alleine befand. Auch Max Planck und Wilhelm Röntgen unterzeichneten ein Manifest, nachdem es nötig war, diesen Kampf zu fechten und das deutsche Kulturvolk ("Das Vermächtnis eines Goethe, eines Beethoven, eines Kant!") zu verteidigen. Thomas Mann forderte von den Männer seiner Zunft die "Ausdeutung, Verherrlichung, Vertiefung der Geschehnisse im Kriege", und auch Hermann Hesse schrieb ein heute kaum noch zitiertes Gedicht mit dem Titel "Der Künstler an die Krieger", das mit folgenden Worten beschließt: "Die ihr draussen in den Schlachten standet / Seid mir Brüder nun und neu geliebt!"
Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich seine Einstellung allerdings, was vorallem in seinem wohl berühmtesten Buch "Der Waldgang" zum Ausdruck kam. Auch einer Fahne wollte er nun nicht mehr hinterherlaufen. Stattdessen bezog er sich auf Davila und auf dessen Gedanken, dass es nichts mehr nütze, ein Konservativer zu sein, weil es nichts mehr gebe, was sich zu konservieren lohne. Dieser Waldgang ist ein exzentrischer Essay, verfasst in der Sprache vergangener Jahrhunderte und mit dem Ziel, eine Anleitung zu bieten, wie sich der Mensch "innerhalb der Katastrophe" verhalten könnte.
Weil ich langsam keine Lust mehr habe, diesen Eröffnungspost zu schreiben und es auch witzlos wird, wenn er zu einem Referat ausartet, zitiere ich mal Wikipedia:
Ausgangspunkt ist eine Betrachtung von Wahlen, die so gelenkt sind, dass keine wirkliche Alternative mehr besteht und 98 Prozent Zustimmung erzielt werden. Einige angeführte Aspekte, wie uniformierte Wahlhelfer, staatliche Proganda oder suggestiv gestaltete Wahlzettel, erinnern an Scheinwahlen in Diktaturen, doch schränkt Jünger die Beschreibung nicht explizit auf solche ein. Die zwei Prozent der Menschen, die mit Nein stimmen, stellen die möglichen Waldgänger.
Blablabla: Er experimentierte auch viel mit Drogen, er traf Albert Hofmann, schrieb ein Buch über LSD-Trips, wurde gehasst und geliebt, blieb trotz seiner politischen Weiterentwicklung ein Denker, der "geistige Sabotage an der Moderne" verübte - ich denke gerade an Martin Mosebach, dem man einst vorwarf, er würde sich nur deshalb gegen den Nationalsozialismus aussprechen, weil es eine modernistische und antikatholische Bewegung sei - und ... apropos Katholizismus: kurz vor dem Ende seines irdischen Lebens zog Ernst Jünger die logische Konsequenz seines Denkens und konvertierte zum Katholizismus. :]
Dummerweise habe ich jetzt viel und gleichzeitig sehr wenig gesagt. Mea culpa, aber egal - was haltet ihr von Ernst Jünger!?