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Vollständige Version anzeigen : Wäre die Menschheit ohne Christentum, Judentum und Islam besser dran?



Beverly
19.09.2008, 16:15
Einfache Frage und klare Antwortmöglichkeiten:

Wäre die Menschheit ohne Christentum, Judentum und Islam besser dran?

Gibt es den "wahren und einzigen Gott", den die drei monotheistischen Religionen propagieren oder ist das eine dreiste Lüge?

Haben die monotheistischen Religionen die Menschheit auf den rechten Weg geführt oder sie vollends krank und irre gemacht?

Mögliche Antworten:

1. Es gibt Gott und damit haben die monotheistischen Bekenntnisse recht!

2. Nur meine Religion oder Konfession verehrt den wahren Gott und alle anderen sind Ketzer!

3. Es gibt keinen Gott, aber der Monotheismus ist für Herrschaft und Ordnung eine nützliche Sache.

4. Christentum, Judentum und Islam enthalten viele wichtige Gedanken, aber ihre Systeme ("Kirche") schadet den Menschen mehr als es ihnen nützt

5. Der Monotheismus ist von Anfang bis Ende eine nur schädliche Angelegenheit

6. Die ollen Römer machten es schon richtig, als sie Christen verfolgten

7. keine oder andere Meinung

Gladius et Titulus
19.09.2008, 16:21
Diese Frage kann ich dir nur nachdem beantworten, nachdem ich gestorben bin. :]

Gladius et Titulus
19.09.2008, 16:23
3. Es gibt keinen Gott, aber der Monotheismus ist für Herrschaft und Ordnung eine nützliche Sache.


Es gibt keinen Gott würde ich persönlich nicht sagen, aber rein machtpolitisch ist der Monotheismus eine nützliche Sache (zumindest in Zeiten von Staatsreligionen). :]

Beverly
19.09.2008, 16:23
Diese Frage kann ich dir nur nachdem beantworten, nachdem ich gestorben bin. :]

ich weiß nicht, ob du dann die Antwort so genau wissen willst :rolleyes:

-25Grad
19.09.2008, 16:23
Ich glaube daß Gott existiert, aber ich glaube, daß es notgedrungen schwierig ist, ein Wesen das erhaben über alles ist, unendlich größer und unfaßbarer als jede menschliche Vorstellung von ihm, mit den ja zutiefst irdischen Maßstäben der Religion wirklich beizukommen.
Ob die Menschheit mit oder ohne Religionen besser dran wäre, ist dabei egal, weil die ,,Entschädigung", die Gott uns für jedes noch so furchtbar erscheinende Leiden geben könnte, sicherlich alles rechtfertigen könnte.

Gladius et Titulus
19.09.2008, 16:24
ich weiß nicht, ob du dann die Antwort so genau wissen willst :rolleyes:

Also ich persönlich bin da schon neugirieg, allerdings kann ich damit noch warten. :cool:

Sauerländer
19.09.2008, 16:25
Zum einen: Unabhängig von der Existenz oder Nichtexistenz Gottes erfüllt der Glaube an seine Existenz meiner Meinung nach gesellschaftliche eine tendenziell unersetzliche Rolle.
Zum anderen: es liegt in der Natur des Monotheismus, dass er eine nicht über alle Maßen tolerante Anhängerschaft hervorbringt.
Zum Dritten: Wer vermag zu sagen, was geschehen wäre, wenn Pontius Pilatus Jesus begnadigt hätte?
Vielleicht hätte sich hierzulande etwa aus dem nordischen Pantheon irgendwann einer zum alleinigen Gott aufgeschwungen, so wie das wohl mit Allah im arabischen Raum der Fall gewesen ist. Und ob das eine so viel gnädigere Gestalt geworden wäre, kann man bezweifeln.
Viertens: Einen Beleg der Existenz Gottes werde ich hier nicht führen können, dazu bin ich selbst rein intellektuell zu sehr Agnostiker.
Soweit ich das tue, erschließe ich mir Gott emotional, nicht intellektuell, und das taugt kaum für die Debatte.
Fünftens: Natürlich machten es die Römer -für sich gesehen- richtig. Eine Gesellschaft, die einfach hinnimmt, dass ihre Götter nicht geachtet werden, ist praktisch tot.

Beverly
19.09.2008, 16:25
Es gibt keinen Gott würde ich persönlich nicht sagen, aber rein machtpolitisch ist der Monotheismus eine nützliche Sache (zumindest in Zeiten von Staatsreligionen). :]

Beim Thema Staatsreligion fällt mir Macchiavelli ein. Der soll eine Staatsreligion durchaus gut gefunden haben, hielt aber das Christentum resp. die Kirche da für total ungeeignet.

Ajax
19.09.2008, 16:47
Ich bin zwar kein Anhänger von Religionen, sehe in ihnen aber trotzdem ein sinnstiftendes Element. Die Menschen brauchen eben etwas, an das sie sich klammern können, eine Ideologie oder Religion, sonst würden sie, wie es in unserer modernen Gesellschaft der Fall ist, verwahrlosen.
Es ist schwer zu sagen, ob die Menschheit im Allgemeinen besser dran wäre. Was wäre denn die Menschheit, wenn sie keine Regeln und Werte hätte, die sich aus abstrakten Vorstellungen, seien es Ideologien oder eben Religionen, herleiten? Die Welt würde im Nihilismus untergehen, da der Glaube, für irgendetwas Großes zu kämpfen oder zu leben, fehlt. Dabei bin ich den Monotheismen eher abgeneigt, da diese diffuse Werte predigen, z.B. das Christentum mit seiner weichgespülten Haltung und Toleranz ("die andere Wange hinhalten" etc.), aber auch der Islam mit seiner zurückgebliebenen Frauenverachtung usw.

Sauerländer
19.09.2008, 16:48
Was wäre denn die Menschheit, wenn sie keine Regeln und Werte hätte, die sich aus abstrakten Vorstellungen, seien es Ideologien oder eben Religionen, herleiten? Die Welt würde im Nihilismus untergehen, da der Glaube, für irgendetwas Großes zu kämpfen oder zu leben, fehlt.
Warum im Konjunktiv? Wir können das doch gerade beobachten.

Krabat
19.09.2008, 16:51
Haben die monotheistischen Religionen die Menschheit auf den rechten Weg geführt oder sie vollends krank und irre gemacht?


Die Menschheit ist nicht krank und irre. Dein Menschenbild ist sehr negativ geprägt.

-25Grad
19.09.2008, 16:53
(...) Die Welt würde im Nihilismus untergehen, da der Glaube, für irgendetwas Großes zu kämpfen oder zu leben, fehlt. Dabei bin ich den Monotheismen eher abgeneigt, da diese diffuse Werte predigen, z.B. das Christentum mit seiner weichgespülten Haltung und Toleranz ("die andere Wange hinhalten" etc.), (...)Das hat nichts mit Weichgespültheit oder Toleranz zu schaffen. Das Christentum mißt dieser Welt, die es für ihm ,,Machtbereich des Bösen" liegend hält ( 1. Johannes 5,19 - und eine Einschätzung, die ich tendenziell durchaus teile ), nun mal keine dauerhafte Bedeutung zu. Alles andere wäre auch ziemlich bescheuert, wenn man an ein Leben nach dem Tode glaubt.

Sauerländer
19.09.2008, 16:56
Die Menschheit ist nicht krank und irre.
Wie würdest Du die geistige Verfassung zumindest des westlichen Menschen sonst charakterisieren?

-25Grad
19.09.2008, 16:57
Sie dümpelt so vor sich hin, trifft's - denke ich - ganz gut.

Sauerländer
19.09.2008, 16:59
Sie dümpelt so vor sich hin, trifft's - denke ich - ganz gut.
Das impliziert im Wesentlichen nur Stagnation.
Ich gäbe so einiges drum, wenn es nur so wäre.

Beverly
19.09.2008, 17:09
Ich habe mich für folgende Antwort entschieden:


4. Christentum, Judentum und Islam enthalten viele wichtige Gedanken, aber ihre Systeme ("Kirche") schadet den Menschen mehr als es ihnen nützt

Meiner Meinung nach enthalten die monotheistischen Religionen die gleichen Fragestellungen wie der ihnen folgende moderne Diskurs:

- wie entstand die Welt?
- gibt es ein Leben nach dem Tod?
- wie sieht ein rechtschaffenes Leben aus?
- welchen Sinn hat die Welt und resp. die Geschichte (Eschatologie)?

So wurde Marxismus und Kommunismus nachgesagt, ein säkularisiertes Christentum zu sein, wo etwa das "jüngste Gericht" durch die Weltrevolution ersetzt wird.
Gerade die linken Erzfeinde des Christentums mögen daher mit ihm mehr geistige Wurzeln teilen als etwa Agnostiker, deren Agnostizismus letztendlich auf totaler Gleichgültigkeit basiert.

Eine Totalverdammung des Christentums und seiner Schwesterreligionen bedeutet daher, über das Ziel hinaus zu schießen.

Man darf auch nicht vergessen, dass auch in vorchristlichen Epochen und in nichtchristlichen bzw. "heidnischen" Weltregionen Verbrechen begangen wurden, welche der jeweilige Glaube forderte oder denen er zumindest gleichgültig gegenübersteht.
Ich glaube sogar, dass die Mitleidlosigkeit und Grausamkeit der Antike eine der Triebkräfte war, aus der sich Menschen dem (Ur-)Christentum zuwandte. Jesus am Kreuz war vielleicht für die "Verlierer" der Antike attraktiver und eine bessere Identifikationsfigur als all die die "heldischen" Totschläger-Götter vor ihm.

Aber das Elend mit dem Monotheismus fing IMHO an, als er einziger Glaube an den einzigen Gott sein wollte und alle anderen Bekenntnisse rausmobbte. Monopole sind nie eine gute Sache. Es ist immer besser, wenn der von Produkt oder Glauben A genervte Zeitgenosse noch eine wirkliche Alternative hat. Das war im christlichen Abendland über 1000 Jahre hinweg nicht der Fall. Es gab nur die Kirche und wer nicht an sie glaubte ... :rolleyes: Im Grunde ist so ein Weltanschauungs-Konzern entstanden, der ganz ungeachtet seiner Inhalte und Leistungen durch seine schiere Masse weiter besteht. Es habe einfach zu viele geistig, ideell oder auch wirtschaftlich und politisch in Christentum, Judentum und Islam "investiert", als dass man da einfach sagen könnte: Schluss damit, das taugt nicht, wir brauche etwas Neues!

Doch der Hauptgrund, das was mich an der Veranstaltung am meisten abstößt, findet sich in diesen Zeilen des Kirchenkritikers Karlheinz Deschner:

„Vielleicht, wer weiß, wäre eine nichtchristliche Welt in genauso viele Kriege gestürzt – obwohl die nichtchristliche Welt seit siebzehn Jahrhunderten weniger Kriege führt als die christliche! Schwer vorstellbar aber in einer heidnischen Welt: die ganze Heuchelei der christlichen. Und noch schwerer denkbar deren religiöse Intoleranz.“

– Kriminalgeschichte Bd. 1, S. 317 und passim

Quelle http://de.wikipedia.org/wiki/Kriminalgeschichte_des_Christentums

Ab einer gewissen Intelligenz, Bildung und Lebenserfahrung muss eigentlich jedem denkendem Menschen klar sein, dass die monotheistische Orthodoxie, das Dogma resp. die einander befehdenden Dogmen Unfug sind.
Wie kann ein Gott, der

- personal ist
- gut
- allmächtig

eine Welt zulassen, die nur zu oft das schiere Grauen ist und dann als gütiger, allmächtiger und personaler Gott noch die Stirn haben, von seinen Schäfchen Unterwerfung zu verlangen. Dieser Gott starb spätestens in Auschwitz, vielleicht schon viel früher :rolleyes:
Mit welchen Recht verfolgen ausgerechnet Monotheisten Homosexuelle und Transsexuelle, alldiweil das permanente Auftreten dieser beiden Erscheinungen ihrer eigenen Logik zufolge durch ihren Gott geschaffen wurde, der in seiner Allmacht Homos und das "dritte Geschlecht" auf die Welt losließ?
Etc. etc.

IMHO gibt es grundsätzlich folgende Möglichkeiten, auf das Dilemma zwischen Logik und Gott zu reagieren:

- man hält am Gottesglauben fest, verwirft aber das Dogma
- man verwirft den Gottesglauben und sagt das auch offen, "Religion" wird dann bestenfalls zu einem kulturellem Rahmenwerk, das die Feiertage vorgibt
- man versucht mehr oder weniger krampfhaft, das Dogma mit der Welt in Einklang zu bringen
- man wird zum Zyniker, der die Religion benutzt, ohne an sie zu glauben

Irgendwie alles sehr durchwachsen, vor allem die letzten beiden Heransgehensweisen. Ich selbst habe da immer das Gefühl, wenn ich der Typ des gleichgültigen Agnostikers wäre, könnte ich den Mummenschanz von Christen, Juden und Moslems gelassen beobachten. Aber gerade das Verlangen nach dem, was die Monotheisten angeblich bieten - Sinn, Welterklärung, Normen, Ordnung - macht mich zu einer erbitterten, fast rasenden Gegnerin dieser Veranstaltung. Die "neue Innerlichkeit", die sich auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela manifestiert, empfinde ich als hohl und platt. Gerade geistig kann mir der Monotheismus nichts bieten - im Gegenteil: mit seiner latenten oder akuten Wissenschaftfeindlichkeit bekämpft er gerade das, worin ich den Sinn sehe: in der kritische Selbstreflexion der Gattung Mensch, im Streben nach Erkenntnis.
Da werden uns uralte Bücher, die von ihren Epigonen oft nicht selbst richtig verstanden werden mögen, als ultimate Form der Erkenntnis serviert, dem sich alles andere unterzuordnen habe. Im Wissenschaftsforum auf Politikforum.de hat mir mal ein anderer Teilnehmer geschrieben, ich sei religiös. Mag sein, aber gerade das bringt mich mit zunehmendem Alter in immer schärferen Gegensatz zu "Religionen", in denen ich keinerlei Sinn sehen kann.

Krabat
19.09.2008, 17:11
Wie würdest Du die geistige Verfassung zumindest des westlichen Menschen sonst charakterisieren?

Als gut. Die Neger und Moslems sehen das auch so, deswegen wollen sie alle zu uns.

-25Grad
19.09.2008, 17:21
(...)Wie kann ein Gott, der

- personal ist
- gut
- allmächtig

eine Welt zulassen, die nur zu oft das schiere Grauen ist und dann als gütiger, allmächtiger und personaler Gott noch die Stirn haben, von seinen Schäfchen Unterwerfung zu verlangen. Dieser Gott starb spätestens in Auschwitz, vielleicht schon viel früher (...)Warum denn? Warum sollte er es nicht zulassen? Ich finde dieses Argument generell nicht sehr stichhaltig, weil wir es mit einem Gott zu tun haben, der unendlich erhaben ist. Jeder irdische Schmerz ist ein nichts gegenüber dem, was ein erhabener Gott einem bieten könnte. Wir müssen von diesem unvorstellbar Erhabenen ausgehen, wenn wir auf das irdische Leid schauen und wir müssen bedenken, daß wir von diesem Erhabenen keine rechte Vorstellung haben.

Sheldon
19.09.2008, 17:22
Kurz und bündig: Religion = das Böse

Von Anfang an ging es denn Monotheismus nicht um das Seelenheil ihrer Schafe, sondern einzig und allein um Macht, Kontrolle, Verdummung undd der Weltherrschaft. Eines ist den drei abrahamischen Religionen gleich: Sie dulden keine Götter neben sich. Nur wenn derjenige Gott angebetet wird, kommt man in den Himmel/ ins Paradies. Alle anderen schmoren für alle Zeit in die Hölle, weil sie nicht denn richtigen Gott anbeten. Schon in der Thora wurde Ungläubige mit ewiger Verdammnis bestraft. Schon den ersten Priestern war klar, das je mehr Gläubige sie kontrollieren konnten, desto mehr Macht hatten sie.

Religiöse Menschen sind leichter manipulierbar und kontrollierbar (Gottes Wille ist...). Hitler schätzte denn Islam, denn seine Gläubigen gehen ohne groß zu hinterfragen selbst in denn Selbstmord und töten, wenn es sein muß ihre eigene Familie um ins Paradies zu kommen und Jungfrauen zu vernaschen. Das machte sie zu perfekten willenlosen Soldatensklaven.

Im Mittelalter, als der Vatikan noch wirkliche politische Macht besessen hat, hat dieser das nicht für das Gute eingesetzt, sondern nur um seine Macht zu festigen. Das Volk wurde absichtlich verdummt, um sie gefügig zu halten und um sie nicht auf falsche Gedanken kommen zu lassen. Eine bloße mündliche Beschuldigung reichte aus, um als Ketzer zu Tode gefoltert zu werden. Wissenschaftler wurden eingeschüchtert oder ermordet, um nicht das abstruse Weltbild des Vatikans ins Wanken zu bringen (zB. Galilei).

Mohammed hatte ein tolles Leben. Jedesmal wenn er irgendwas wollte, brauchte er einfach nur sagen, das er eine Vision von Allah bekommen hat und schon wurde der Koran umgeschrieben. So einfach kann das Leben sein.

Auch heute noch kommt das gefährlichste Weltbild nicht von den Linken, den Kommunisten oder den Nazis - nein es sind die Religiösen Fanatiker, die zum Teil bereit sind, die gesamte Erde atomar zu vernichten, damit sie erlöst werden und ins Paradis aufgenommen werden.

In der gesamten Geschichte der Menschheit gibt es keinen Grund, woran mehr Menschen gefoltert und getötet wurden, wie aus Religiösen Gründen.

Regeln und Werte können auch nichtreligiösen Ursprungs sein, das ist für mich kein Grund, auf einmal gläubig zu werden. Ich weiß, das nach dem Tod für mich alles vorbei sein wird, trotzdem bin ich kein Massenmordener Vergewaltiger nur weil ich nach dem Tod nicht von einer höheren Instanz beurteilt werde.

Ich lebe nach dem Motto: Leben und leben lassen. Jeder kann das machen, was er will, solange niemand anderes darunter leiden muß.

Beverly
19.09.2008, 17:26
Zum einen: Unabhängig von der Existenz oder Nichtexistenz Gottes erfüllt der Glaube an seine Existenz meiner Meinung nach gesellschaftliche eine tendenziell unersetzliche Rolle.

Haben aber die Aufrechterhaltung eines aus vormoderner Zeit stammenden Glaubens und das Festhalten an nicht mehr dem geistigen "state of the art" entsprechenden Dogmen nicht recht drastische Konsequenzen?

Gerade, wenn eine Gesellschaft einen "Glauben" brauchst, wie du schreibt, dieser Glaube aber ihrer Zeit und ihrer geistigen Entwicklung entsprechen muss - was der Monotheimus für uns nicht tut.

Sind heute die Kirchen leer, weil die Menschen an nichts mehr glauben wollen oder weil sie an etwas anderes, besseres glauben wollen als es die Kirche bietet?

Geht hier alles tendenziell den Bach runter, weil wir nicht mehr den Lehren von Mutter Kirche folgen oder geht es bergab, weil Mutter Kirche noch in vielen Bereichen eine Monopolstellung hat?

fatalist
19.09.2008, 17:33
Der Mensch erschuf sich Gott nach seinem Ebenbild.

Alles Hokuspokus, und die Welt wäre ohne Religionen besser dran.

Für Aufklärung, Bildung und Vernunft !!!

marc
19.09.2008, 17:39
7. keine oder andere Meinung

Deine Eröffnungsposts sind zwar meistens sehr gut, aber ich glaube, dass deine Fragestellung diesmal nicht so glücklich formuliert ist.

Das liegt zum Einen daran, dass ich es für falsch halte, Christentum, Judentum und Islam in den einen monotheistischen Topf zu werfen. Ich sage das nicht, um jetzt mit einer Polemik gegen den Islam zu beginnen, sondern nur deshalb, weil es nunmal große theologische Unterschiede zwischen diesen Religionen gibt und eine atheistische Religionskritik wird nicht stumpfer, wenn man diese Differenzierungen vornimmt, sondern sie wird im Gegenteil erst scharf, wenn man zu diesen Differenzierungen auch in der Lage ist. Aber naja. Darauf bin ich oft genug eingegangen und habe erstmal keine Lust, mich zu wiederholen.

Aber das führt auch zu dem Gedanken, dass Religionsgeschichte ja nicht einfach verschwindet, wenn man diese drei Religionen subtrahiert, sondern dass dann andere Glaubensvorstellungen entstanden wären oder eben bestanden hätten.
Heute wird der Monotheismus ja gerne als eine Art von Rückschritt interpretiert, und die "Mosaische Unterscheidung" (Jan Assmann) als Wurzel allen Übels gebrandmarkt. Mit dem Glauben an den einen Gott wäre der Hass auf die anderen Götter begründet und Moses ginge es nicht um Freiheit im Gegensatz zur Unfreiheit, sondern um richtigen Gott im Gegensatz zu falschen Göttern usw.

Damit setzt auch meistens eine Romantisierung von polytheistischen Religionen oder Naturreligionen ein, für die Kulturwissenschaftler wie ermatte Hausfrauen gleichermaßen empfänglich zu seien scheinen. Man könnte allerdings erwidern, und dieser Erwiderung würde ich zustimmen, dass der Monotheismus eigentlich ein Fortschritt war und den Ängsten, den Hoffnugen, die in den meisten Menschen so tief drin zu seien scheinen, dieser religiösen Musikalität, um Habermas mal umzudrehen, viel stärker entsprochen hat, als diese dekadente Seifenoper, die sich im Götterhimmel abzuspielen schien.
Man sieht ja auch in Afrika z.B., dass Zivilisation nur schwer erreicht werden kann, wenn man sich vor jedem Brunnenbau erstmal gegen Geister und Gespenster abzusichern versucht und eine irrationale Angst das ganze Leben bestimmt.

An dieser Stelle würde der durchschnittliche Alteuropäer allerdings einwenden, dass doch auch die monotheistischen Religionen irrationale Ängste geschürt hätten. Denn sei es nicht so, dass diese Religionen den Menschen ein viel zu enges Korsett aufgezwungen hätten, an dem soviele dann erstickt wären? Bestehen Religionen nicht in erster Linie aus einem Panzer von Verboten (vorallem aus dem Bereich der Sexualmoral), unter der Menschen zusammenbrechen müssen?

Einseitige Antworten auf diese Fragen finde ich allerdings nicht überzeugend, worauf ich aber eigentlich hinauswill, ist dass ... lange verdrängt wurde, dass sich Religionen eben nicht nur in irgendeinem Franz von Assisi manifestieren, der den Armen hilft und sogar den Vögeln predigt, oder in Wellesley Bailey, der das Leben von ausgestoßenen Leprakranken teilte, um ihnen helfen zu können, dabei in Kauf nahm, selber an Lepra zu erkranken und daran auch schließlich starb, oder in Mutter Teresa, in der Musik von Bach bis Messiaen, in Bonhoeffer und den Märtyrern, sondern eben auch in Gestalten wie Konrad von Marburg, der das negative Clichee der Inquisition verkörpert und schon vorher mindestens ein Leben zerstört hat, das der später heiliggesprochenen Elisabeth nämlich, die er einmal so lange geprügelt haben soll (natürlich nur aus pädagogischen Zwecken) dass sie sich bis in den dritten Chor der Engel entrückt gefühlt hätte, woraufhin er trocken bemerkte: "So mus es mich ymer rewen, das ych sy nit schlug bis in den nündten chor."

Es war notwendig daran zu erinnern, dass religiöse Gestalten nicht immer nur Heilige im umgangssprachlichen Sinne des Wortes waren, und dass die Beschäftigung mit Theologie nicht zwangsläufig zu einem gerechteren und besseren Leben führt - heute allerdings müsste man daran erinnern, dass Religionen nicht nur aus Mord, Totschlag und Unterdrückung bestehen.
Und wie es auch mit der Religionskritik notwendig war zu mahnen, dass mit der Fixierung auf das Jenseits das Diesseits oft vernachlässigt wird und dass es durchaus zutreffend seien kann, dass "die profane Existenz des Irrtums" auf einer "himmlischen oratio pro aris et focis" fußt, so ist es heute wichtig daran zu erinnern, dass die totale Fixierung auf das Diesseits ebenfalls unangenehme Begleiterscheinungen haben kann, die sich in menschenfeindlicher Gier z.B. ausdrücken kann.

Ausserdem heißt Glauben auch, daran zu glauben, dass wir eben nicht die "Ewige Wiederkehr des Gleichen" erfahren, dass die Geschichte nicht diesem Penepole-Teppich entspricht, den man immer wieder neu weben muss und dann geht ja doch wieder alles schief und es ist ja sowieso alles sinnlos - sondern es heißt auch, diese Ängste überwinden zu können und an eine Erlösung glauben zu können, die mit ihrer Ablehnung von Untergangswahn und Gier es auch heute noch sinnvoll macht, das Band zu den Religionen nicht vollends zu kappen.

-25Grad
19.09.2008, 17:39
(...) In der gesamten Geschichte der Menschheit gibt es keinen Grund, woran mehr Menschen gefoltert und getötet wurden, wie aus Religiösen Gründen.(...)Mag sein, aber das ist dann Ausdruck eines Denkfehlers. Die Religion besitzt generell kein politisches Konzept und hat auch keinen Anspruch darauf rational vollständig erklärbar zu sein (, was etwas anderes ist als irrational zu sein). Bezüglich der Politik gibt es Ausnahmen, z.B. den Islam, den Calvinismus, sicherlich auch einen pervertierten Katholizismus, aber anhand einer Degeneration kann man nicht ein Phänomen erklären. Gehen wir also von dem Normalfall aus, daß eine Religion keine politischen Ambitionen besitzt und auch keinen Anspruch darauf hat sich in der irdischen Rationalität zu erschöpfen, so gibt es keinen Grund jemanden zu foltern oder zu töten. Denn Glaube basiert auf Gnade. Er ist eine unverdiente, unerhörte Gnade. Es macht schlichtweg keinen Sinn jemanden zu foltern, weil ihm eine Gnade nicht zuteil geworden ist.

Der Glaube wird dann zur Legitimation der Folter herangezogen, wenn er darauf bedacht ist auf Erden Ordnung zu schaffen, wenn der Glaube für eine irdische Ordnung unabdingbar ist etc. pp; daraus spricht dann aber nicht das Wesen der Religion, die nach oben hin ausgerichtet ist, sondern das Wesen des Rationalismus und der Erdgebundenheit.

Sheldon
19.09.2008, 18:08
Denn Glaube basiert auf Gnade. Er ist eine unverdiente, unerhörte Gnade. Es macht schlichtweg keinen Sinn jemanden zu foltern, weil ihm eine Gnade nicht zuteil geworden ist.

Glaube basiert auf Einschüchterung, nicht auf Gnade. "Wenn du nicht machst, was Gott will, schmorst du in der Hölle".Und wer legt fest, was Gott will? Der religiöse Machtpolitiker, der sich einen Vorteil von diesen Vorschriften erhofft. Der kleine Gläubige, der natürlich nach dem Tod nicht ewigen Qualen ausgesetzt sein will, folgt den Anweisungen von oben. Er hat auch keine Möglichkeit irgendwie nachzuprüfen, ob das stimmt, was ihm von oben befehligt wird.

Wahabiten Fan
19.09.2008, 18:15
Der Mensch erschuf sich Gott nach seinem Ebenbild.

Alles Hokuspokus, und die Welt wäre ohne Religionen besser dran.

Für Aufklärung, Bildung und Vernunft !!!

Ich glaube zwar nicht, dass die Welt ohne Religionen besser dran wäre, denn ein Ersatz wäre schnell gefunden aber sonst:

:top: :))

-25Grad
19.09.2008, 18:19
Glaube basiert auf Einschüchterung, nicht auf Gnade. "Wenn du nicht machst, was Gott will, schmorst du in der Hölle".Und wer legt fest, was Gott will? Der religiöse Machtpolitiker, der sich einen Vorteil von diesen Vorschriften erhofft. Der kleine Gläubige, der natürlich nach dem Tod nicht ewigen Qualen ausgesetzt sein will, folgt den Anweisungen von oben. Er hat auch keine Möglichkeit irgendwie nachzuprüfen, ob das stimmt, was ihm von oben befehligt wird.Darum geht es nicht. Es geht darum, daß - aus religiöser Sicht - Foltern aus religiösen Gründen heraus schlichtweg Unsinn ist. Wird die Religion als Machtmittel mißbraucht, dann hat das Foltern einen Zweck, ansonsten nicht. In diesem Zusammenhang ist die Religion aber nur eine Form vieler denkbarer und existenter Verblödungsmechanismen.

Sie wird auch nur dann zur Folter mißbraucht, wenn - wie gesagt - das eigentliche Ziel aus dem Himmel auf die Erde geholt wird. Etwas solches ist aber bei der Religion schwieriger als z.B. bei einer Ideologie, weil die Religion auf das ausgerichtet ist, was hier nicht verwirklicht werden kann.

Daß Glaube auf Einschüchterung beruhe, ist auch falsch. Der Glaube ist schlichtweg ein bestimmtes Erklärungsmodell bezüglich unserer und einer weitreichenderer Wirklichkeit, der sich auch in der Verneinung des Fürwahrhaltens eines Jenseits oder dergleichen äussern kann. Der religiös Glaubende glaubt, daß mehr existiert, als das, was wir hier vor uns haben und die Religion trifft darüber bestimmte Aussagen. Man muß nicht eingeschüchtert sein, um diese Aussagen für wahr zu halten.

Parker
19.09.2008, 18:20
Ich glaube, Religionen erfüllen einen wichtigen Zweck, indem sie quasi den Leim des sozialen Miteinanders darstellen. Sie vermitteln Moral und die ist auch wichtig für die, die schon bei Nennung der Vokabel die Nase rümpfen. Da nicht alle Menschen dazu gebaut sind, das rein kognitiv zu erfassen, sind Religionen von großem Wert, auch für Atheisten, die sich das nicht eingestehen.

Wahabiten Fan
19.09.2008, 18:32
Sie vermitteln Moral und die ist auch wichtig.

Yep! Und als Hintertürchen für alle die, die, zumeist die Kirchenoberen zuerst, es nicht so genau damit nehmen, haben sie die Buße und die Reue eingeführt!:D

Sheldon
19.09.2008, 18:41
Darum geht es nicht. Es geht darum, daß - aus religiöser Sicht - Foltern aus religiösen Gründen heraus schlichtweg Unsinn ist. Wird die Religion als Machtmittel mißbraucht, dann hat das Foltern einen Zweck, ansonsten nicht. In diesem Zusammenhang ist die Religion aber nur eine Form vieler denkbarer und existenter Verblödungsmechanismen.

Sie wird auch nur dann zur Folter mißbraucht, wenn - wie gesagt - das eigentliche Ziel aus dem Himmel auf die Erde geholt wird. Etwas solches ist aber bei der Religion schwieriger als z.B. bei einer Ideologie, weil die Religion auf das ausgerichtet ist, was hier nicht verwirklicht werden kann.

Daß Glaube auf Einschüchterung beruhe, ist auch falsch. Der Glaube ist schlichtweg ein bestimmtes Erklärungsmodell bezüglich unserer und einer weitreichenderer Wirklichkeit, der sich auch in der Verneinung des Fürwahrhaltens eines Jenseits oder dergleichen äussern kann. Der religiös Glaubende glaubt, daß mehr existiert, als das, was wir hier vor uns haben und die Religion trifft darüber bestimmte Aussagen. Man muß nicht eingeschüchtert sein, um diese Aussagen für wahr zu halten.

Machtmißbrauch hat es im Monotheismus schon immer gegeben und es wird ihn auch immer geben. Das lässt sich nicht als kleine Nebenerscheinung wegschließen.

Es mag keine religiöse Grundlage für Folter geben, trotzdem wurde sie und wird auch noch immer angewendet. Wird im Iran eine Frau gesteinigt weil sie kein Kopftuch tragen will, ist das Folter bis zum Tod - aus religiösen Gründen. Wenn in den USA ein Abtreibungsarzt ermordet wird, ist das Mord aus religiösen Gründen. Wenn in Deutschland ihre Kinder nicht in die Schule geschickt werden, weil dort die Evolutionslehre gelehrt wird, ist das geistiger Kindesmißhandlung aus religiösen Gründen. Ich denk mal du weißt, worauf ich aus will.

Wenn du religiös bist, glaubst du wahrscheinlich daran, das Petrus, oder wer auch immer nach deinem Tod entscheidet ob du ein guter oder ein schlechter Mensch warst. Bist du denn Wertevorstellungen deine Religion gefolgt, kommst du in denn Himmel, wenn nicht mußt du in der Hölle schmorren - das ist für mich Einschüchterung.

Parker
19.09.2008, 18:42
Yep! Und als Hintertürchen für alle die, die, zumeist die Kirchenoberen zuerst, es nicht so genau damit nehmen, haben sie die Buße und die Reue eingeführt!:D

Nebensache. Ein bißchen Schwund ist immer und eine funktionierende Gesellschaft geht vor.

-25Grad
19.09.2008, 18:50
Machtmißbrauch hat es im Monotheismus schon immer gegeben und es wird ihn auch immer geben. Das lässt sich nicht als kleine Nebenerscheinung wegschließen.

Es mag keine religiöse Grundlage für Folter geben, trotzdem wurde sie und wird auch noch immer angewendet. Wird im Iran eine Frau gesteinigt weil sie kein Kopftuch tragen will, ist das Folter bis zum Tod - aus religiösen Gründen. Wenn in den USA ein Abtreibungsarzt ermordet wird, ist das Mord aus religiösen Gründen. Wenn in Deutschland ihre Kinder nicht in die Schule geschickt werden, weil dort die Evolutionslehre gelehrt wird, ist das geistiger Kindesmißhandlung aus religiösen Gründen. Ich denk mal du weißt, worauf ich aus will.Ja, ich leugne diese Taten ja überhaupt nicht, ich sage bloß, daß sie Ausdruck eines verfehlten Denkens sind. Das kann man natürlich nicht als Nebensache bezeichnen, angesichts des offenkundigen Leides das dadurch angerichtet wird, aber es ist immer Ergebnis einer religiösen Entartung.
Wenn du religiös bist, glaubst du wahrscheinlich daran, das Petrus, oder wer auch immer nach deinem Tod entscheidet ob du ein guter oder ein schlechter Mensch warst. Bist du denn Wertevorstellungen deine Religion gefolgt, kommst du in denn Himmel, wenn nicht mußt du in der Hölle schmorren - das ist für mich Einschüchterung.Ich glaube einfach, daß Gott dermaßen erhaben ist, das wir ihn nicht zu fassen oder in uns zugängliche Kategorien einzuordnen vermögen und jeder andere religiöse Mensch sagt letzten Endes nicht anderes. Es werden nur ab einem gewissen Punkt Aussagen getroffen, die konkreter werden ( wie eben die Frage nach der Hölle; wir sagen dann zwar ,,Hölle", aber was das schlußendlich bedeutet, ist nicht mit Bestimmtheit auszumachen ), aber das ist mir zu spekulativ ( ohne daß ich sage, diese Vorstellung sei falsch ). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß ich an die Existenz Gottes glaube, ohne daß ich Angst davor hätte, er würde mich bestrafen (,weil ich darüber noch keine Aussage treffen könnte, die ich selbst für vertretbar hielte).

Sheldon
19.09.2008, 19:30
Ja, ich leugne diese Taten ja überhaupt nicht, ich sage bloß, daß sie Ausdruck eines verfehlten Denkens sind. Das kann man natürlich nicht als Nebensache bezeichnen, angesichts des offenkundigen Leides das dadurch angerichtet wird, aber es ist immer Ergebnis einer religiösen Entartung.

Fundamentalisten wissen, das sie recht haben, denn sie haben es im heiligen Buch so gelesen. Die Wahrheit eines heiligen Buches ist nicht das Ergebnis eines vernünftigen Denkprozesses, sondern ein Axiom. Das Buch ist wahr, und wenn die Belege ihm zu widersprechen scheinen, muß nicht das Buch über Bord geworfen werden, sondern die Belege. Fundamentalismus ist keine entartete Religion, sondern ein fester Bestandteil. Solange es Religion gibt, wird es auch immer Fundis geben, die übers Ziel hinaus schießen.

Aber Mißbrauch gibt es nicht nur unter Fundamentalisten. In Großbritanien war bis 1967 Homosexualität eine Straftat. Der Erwischte hatte die Wahl zwischen mehreren Jahren Gefängnis (man kann sich vorstellen, wie die anderen Gefangenen mit ihm umgegangen wären) und einer Behandlung mit Hormonspritzen, was einer chemischen Kastration gleichgekommen wäre, und dazu geführt hätte, das demjenigen weibliche Brüste gewachsen wären. Auch wenn GB damals kein Gottesstaat war, besteht für mich keinen Zweifel, das dieses Gesetz aus Religiöser Ethik entstanden ist.



Ich glaube einfach, daß Gott dermaßen erhaben ist, das wir ihn nicht zu fassen oder in uns zugängliche Kategorien einzuordnen vermögen und jeder andere religiöse Mensch sagt letzten Endes nicht anderes. Es werden nur ab einem gewissen Punkt Aussagen getroffen, die konkreter werden ( wie eben die Frage nach der Hölle; wir sagen dann zwar ,,Hölle", aber was das schlußendlich bedeutet, ist nicht mit Bestimmtheit auszumachen ), aber das ist mir zu spekulativ ( ohne daß ich sage, diese Vorstellung sei falsch ). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß ich an die Existenz Gottes glaube, ohne daß ich Angst davor hätte, er würde mich bestrafen (,weil ich darüber noch keine Aussage treffen könnte, die ich selbst für vertretbar hielte).

Dazu fällt mir ein Zitat des US-Komikers George Carlin ein:

Die Religion hat die Menschen überzeugt, dass im Himmel ein unsichtbarer Mann wohnt, der alles sieht, was man tut - jeden Tag, jede Minute. Dieser Mann hat eine Liste von zehn Dingen, die man nicht tun soll. Wenn man aber doch eines dieser zehn Dinge tut, dann hat er einen besonderen Ort mit Feuer und Rauch und Flammen und Folter und Angst. Dorthin schickt er einen, damit man für immer dort lebt und leidet und brennt und erstickt und schreit und weint, bis an das Ende der Zeit...
Aber er liebt dich!

Ingeborg
19.09.2008, 20:13
Die wurden vor allen dazu erfunden, um immer einen Grund für Krieg zur Hand zu haben.

Krabat
19.09.2008, 20:22
Die wurden vor allen dazu erfunden, um immer einen Grund für Krieg zur Hand zu haben.

Genau. Hast Du den Mörder von Michelle eigentlich schon gefunden, Ingeborg?

Die Gorch-Fock-Tote ist ja aufgetaucht.

Bleibt noch Maddy für Dich.

EinDachs
19.09.2008, 20:37
Besser: Ja.
Viel besser: Nein.

Man sieht ja an den großen totalitären Ideologien des 20 Jhdts, dass der Mensch keine Religion braucht um komplett wahnsinnig zu sein. Aber es kann helfen.

Sheldon
19.09.2008, 21:06
Besser: Ja.
Viel besser: Nein.

Man sieht ja an den großen totalitären Ideologien des 20 Jhdts, dass der Mensch keine Religion braucht um komplett wahnsinnig zu sein. Aber es kann helfen.

Atheismus ist nicht Kommunismus oder Faschismus gleichzusetzen, Atheismus ist keine politische Ideologie, das hat nichts miteinander zutun.

Ohne kräftige Schützenhilfe des Vatikans hätte sich Hitler niemals so lange an der Macht halten können, bzw wäre er nie an die Macht gekommen.

Aber dieses Thema wurde hier schon so oft angesprochen, langsam wird dieses Argument langweilig.

Sauerländer
19.09.2008, 22:23
Haben aber die Aufrechterhaltung eines aus vormoderner Zeit stammenden Glaubens und das Festhalten an nicht mehr dem geistigen "state of the art" entsprechenden Dogmen nicht recht drastische Konsequenzen?
Natürlich. Wer sich dem teilweise oder ganz oder auch nur der Mentalität nach verschreibt, wird mit der Moderne grundsätzlich brechen.

Gerade, wenn eine Gesellschaft einen "Glauben" brauchst, wie du schreibt, dieser Glaube aber ihrer Zeit und ihrer geistigen Entwicklung entsprechen muss - was der Monotheimus für uns nicht tut.
Woher eigentlicht diese Rangfolge, dass der Glaube der Zeit entsprechen müsste - statt umgekehrt? Welchen Wert kann ein Glaube eigentlich haben, der "der Zeit entspricht" ?

Sind heute die Kirchen leer, weil die Menschen an nichts mehr glauben wollen oder weil sie an etwas anderes, besseres glauben wollen als es die Kirche bietet?
Nach meinem Dafürhalten: Weil sie an das, was die Kirche verkündet, nicht mehr glauben können, nachdem man ihnen ewig den Skeptizismus, Atheismus, Materialismus gepredigt hat. Was sie nicht gerade glücklich macht, weil die Alternative noch aussteht.

Geht hier alles tendenziell den Bach runter, weil wir nicht mehr den Lehren von Mutter Kirche folgen oder geht es bergab, weil Mutter Kirche noch in vielen Bereichen eine Monopolstellung hat?
Die Kirche als Organisation ist nur ein Teilaspekt. Im Wesentlichen geht es bergab, weil die Moderne herrscht.

Sauerländer
19.09.2008, 22:28
(...) Man könnte allerdings erwidern, und dieser Erwiderung würde ich zustimmen, dass der Monotheismus eigentlich ein Fortschritt war und den Ängsten, den Hoffnugen, die in den meisten Menschen so tief drin zu seien scheinen, dieser religiösen Musikalität, um Habermas mal umzudrehen, viel stärker entsprochen hat, als diese dekadente Seifenoper, die sich im Götterhimmel abzuspielen schien.
Man sieht ja auch in Afrika z.B., dass Zivilisation nur schwer erreicht werden kann, wenn man sich vor jedem Brunnenbau erstmal gegen Geister und Gespenster abzusichern versucht und eine irrationale Angst das ganze Leben bestimmt.
(...)
Nun könnte man die Frage nach dem Wert von "Zivilisation" stellen.
Im Sinne des Primitivismus ließe sich durchaus die These verfechten, dass Zivilisation im Wesentlichen ein massive Entfremdung bedeutendes, Lebensqualität senkendes "Gut" ist.

Sauerländer
19.09.2008, 22:29
Als gut. Die Neger und Moslems sehen das auch so, deswegen wollen sie alle zu uns.
Krabat, Du lässt hier in bedenklichem Ausmaß die Differenzierung zwischen materiellen und geistigen Gütern vermissen.

royona
19.09.2008, 22:54
Wäre die Menschheit ohne Christentum, Judentum und Islam besser dran?

Gibt es den "wahren und einzigen Gott", den die drei monotheistischen Religionen propagieren oder ist das eine dreiste Lüge?

Haben die monotheistischen Religionen die Menschheit auf den rechten Weg geführt oder sie vollends krank und irre gemacht?


Religionen, meiner Meinung nach, fokussieren und lenken die Menschen.
Das finde ich erstmals schlecht.
Weil Vorgefertigtes das selber Denken einschränkt.
Ohne Religionen dürfte sich jeder selber etwas "aus"-denken und eventuell dadurch auch Mist bauen oder der Wahrheit und der Essenz des Lebens extrem nahe kommen.
Das könnte gesellschaftlich und politisch nicht so erwünscht sein.(weil unkontrollierbarer)
Wo kämen wir denn hin, wenn Individuen die Freiheit hätten ihre ureigenen Eindrücke des Daseins frei publik zu machen.

Auf der anderen Seite halten Religionen(=propagierte Überzeugungen) die Massen und die jeweilige Gesellschaft zusammen.

Ich bin überzeugt, dass es einen einzigen "Gott" gibt.
Der leider immer menschengemacht ist und dann als Religion verkauft wird/wurde.

Jeder ist sein eigener Schöpfer.

marc
19.09.2008, 23:17
Nun könnte man die Frage nach dem Wert von "Zivilisation" stellen.
Im Sinne des Primitivismus ließe sich durchaus die These verfechten, dass Zivilisation im Wesentlichen ein massive Entfremdung bedeutendes, Lebensqualität senkendes "Gut" ist.

Ich glaube die Frage ist dann, was du unter "Zivilisation" eigenetlich verstehst.
Wenn du diesen Begriff sozusagen gesellschaftswissenschaftlich verwendest, dann beinhaltet er zahlreiche Ausprägungen, die über das technisch-hygienische hinausgehen und insofern anders diskutiert werden müsste.

Das Beispiel mit dem Brunnenbau, auf das ich -ich bin mir nicht sicher- entweder durch Oxfam oder die Welthungerhilfe aufmerksam geworden bin, impliziert natürlich, dass es mir an dieser Stelle um grade diesen technisch-hygienischen Aspekt von Zivilisation in Abgrenzung zur schlichten Kultur ging.
Insofern greift natürlich auch eine Mutter, die darum bemüht ist, das Verdursten ihrer Kinder zu verhindern und abhilfe durch sauberes Trinkwasser findet, nicht auf ein "Lebensqualität senkendes Gut" zurück und obwohl ich relativ oft das Bedürfnis habe, deine Beiträge zu zitieren und einfach drunterzuschreiben, warum ich das ebenfalls so sehe, sollte man denke ich auch nicht in so eine Art von Hippie-Rousseauschem Zurück-Zur-Natur-Motto verfallen und nicht dem Irrglauben anhängen, dass irgendwelche Afrikaner glücklicher wären, wenn zwar ihre Kinder verdursten, sie deren Tod dafür aber mit ihren archaischen Trauerritualen beklagen können - meiner Meinung nach ist es vielmehr so, dass es zwar ein Fortschritt und begrüßenswert war, dass die Religion sozusagen von der "aufgeklärten Zivilisation" her gezähmt worden ist, aber dass nun ebenfalls die Notwendigkeit besteht, diese aufgeklärte Zivilisation mit dem Rückgriff auf die großen Religionen zu zähmen.

Ich meine: wir leben ja tatsächlich in einer "Zeit der Ungleichzeitigkeit", wie es von den Religionskritikern oft behauptet wird, aber ich glaube nicht, dass diese Ungleichzeitigkeit so simpel darin besteht, dass die Technik auf der einen Seite zu groß für die Religionen auf der anderen Seite geworden ist. Das mag für viele Muslime gelten, die irgendwelchen Leuten den Kopf abschneiden und das mit der Webcam filmen und ins Netz stellen, aber global betrachtet gehört zu dieser Ungleichzeitigkeit auch, dass wir gerade im Alten Europa sozusagen die Wissenschaft oder die angebliche Wissenschaft zu einem Religionsersatz machen und den Menschen nur noch als Produkt sehen, das beliebig geformt werden kann und dass getötet werden kann, wenn es keinerlei "Wert" mehr beinhaltet. Der Dawkins echauffierte sich ja auch über die mangelnden Möglichkeiten zur Sterbehilfe und war sich nicht zu blöd zu beklagen, dass er als Hund oder Kaninchen eingeschläfert werden könne, wenn er eine schwere Krankheit hätte, und dass - das wäre die Schlußfolgerung - es dummerweise bei Menschen (noch) nicht möglich ist, sie ebenfalls wie Kaninchen und Hunde zu behandeln.

Und große Teile von Afrika, darauf will ich hinaus, stehen ihrerseits vor Herausforderungen, die mit unserer Situation nicht so leicht vergleichbar sind, weil es sowohl einen Mangel an technisch-hygienischer Zivilisation, als auch an Aufklärung gibt, und sie einerseits oft noch in einem archaischen Glaubenssystem gefangen sind, das es ihnen kaum erlaubt, diese Hürden zu schaffen.
Die Lebensqualität allerdings steigt nicht proportional zu der Anzahl von Dreck, Toten und mangelnder Hygiene, sondern in dem geglückten Gelingen, Kultur mit Zivilisation zu verbinden und einen fruchtbaren Einklang von Glaube und Vernunft, von Fortschritt und Authenzität und vermutlich auch von Ratio und Religio zu erlangen.

marc
19.09.2008, 23:20
In Großbritanien war bis 1967 Homosexualität eine Straftat. Der Erwischte hatte die Wahl zwischen mehreren Jahren Gefängnis (man kann sich vorstellen, wie die anderen Gefangenen mit ihm umgegangen wären) und einer Behandlung mit Hormonspritzen, was einer chemischen Kastration gleichgekommen wäre, und dazu geführt hätte, das demjenigen weibliche Brüste gewachsen wären. Auch wenn GB damals kein Gottesstaat war, besteht für mich keinen Zweifel, das dieses Gesetz aus Religiöser Ethik entstanden ist.

(...)

Die Religion hat die Menschen überzeugt, dass im Himmel ein unsichtbarer Mann wohnt, der alles sieht, was man tut - jeden Tag, jede Minute. Dieser Mann hat eine Liste von zehn Dingen, die man nicht tun soll. Wenn man aber doch eines dieser zehn Dinge tut, dann hat er einen besonderen Ort mit Feuer und Rauch und Flammen und Folter und Angst. Dorthin schickt er einen, damit man für immer dort lebt und leidet und brennt und erstickt und schreit und weint, bis an das Ende der Zeit...
Aber er liebt dich!

Das ist wirklich moderner Atheismus in seiner häßlichsten Fratze: Polemische Pimmelgesichter, die wortwörtlich(!) von Dawkins abschreiben, das als selbst gedachtes ausgeben und mit atheistischer Frömmigkeit davon ausgehen, dass "die Religion das Boese" darstellt - und insofern eine Art von säkularem Messianismus anhängen, nachdem das Friedensreich erlangt sein, sobald niemand mehr religiös ist, sondern alle ihren Dawkins wie einen Katechismus zitieren.

Sheldon
20.09.2008, 00:37
Das ist wirklich moderner Atheismus in seiner häßlichsten Fratze: Polemische Pimmelgesichter, die wortwörtlich(!) von Dawkins abschreiben, das als selbst gedachtes ausgeben und mit atheistischer Frömmigkeit davon ausgehen, dass "die Religion das Boese" darstellt - und insofern eine Art von säkularem Messianismus anhängen, nachdem das Friedensreich erlangt sein, sobald niemand mehr religiös ist, sondern alle ihren Dawkins wie einen Katechismus zitieren.


Erstmal bin ich kein Pimmelgesicht, sondern ein Sackgesicht. Auf diesen Unterschied lege ich wert. :D Wenn du das nächste Mal denn dringenden Drang verspüren solltest mich unbedingt beleidigen zu müssen, dann halte dich daran.

Dann: Was ist an meinem Post polemisch? Du bist derjenige, der jetzt gerade selber ein Paradebeispiel von Polemik (http://de.wikipedia.org/wiki/Polemik) abgeben hat.

Kennzeichen von Polemik sind oft scharfe und direkte Äußerungen, nicht selten auch persönliche Angriffe. Ziel ist das Demaskieren eines Opponenten im Glaubens- und Meinungsstreit. Gegebenenfalls bedeutet dies auch die – mehr oder weniger – subtile Beleidigung, keineswegs jedoch den Verzicht auf sachliche Argumente. In der klassischen Rhetorik spricht man in einem solchen Fall von der argumentatio ad hominem (das auf die Person gerichtete Argumentieren). Dies meint das Bloßstellen, das Überführen eines Gegners, wobei man z. B. seine Glaubwürdigkeit, seine Reputation und ggf. auch seine Integrität insgesamt zu untergraben trachtet, indem man evtl. Widersprüchlichkeiten seiner Ausführungen bzw. seiner Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar in Zusammenhang mit seinem Charakter bringt

Man könnte meinen, du hättest dich bei diesem Andrenalingestautem Hasspost direkt nach dieser Definition gerichtet.

Zitate haben nunmal die Angewohnheit, das sie irgendwo anders schonmal stehen. Da der Dawkins gerade legen mir lag, hab ich dieses Zitat halt übernommen. Was ist daran schlimm? Ich hab ja nicht behauptet, das dieses Zitat von mir ist, sondern ich hab denn Urheber angegeben. Das hast du natürlich nicht in meinem Zitat übernommen.

Weiter: Wo hab ich geschrieben, das ohne Religion das "Friedensreich" erlangt wird? Das ist geistiger Schwachsinn der höchsten Sorte. Auch ohne Religion gibt es noch genügend Hass auf der Welt, aber ein sehr großes Übel wär dann nicht mehr vorhanden, mit der es sich sehr viel leichter auf diesem Planeten leben ließe.

Dawkins ist ein großer Atheist, aber auch er hat Standpunkte, mit denen ich nicht einverstanden bin. Dawkins ist nicht mein Messias oder ähnlichen Schwachsinn. Er hat mich inspiriert, genauso wie auch andere Atheisten auch deren Bücher ich gelesen hab, aber mehr auch nicht. Die Religion hab ich auch schon so gehasst, lange bevor ich irgendetwas von Dawkins und Konsorte etwas gehört hab. Ausserdem ist es ziemlich weit hergeholt, wegen einem Beispiel - keine Meinung, das er in einem seiner Bücher genannt hat, mir zu unterstellen, ich würde Dawkins wie die Bibel lesen und planlos alles herunterbeten, was da steht.

Also knall mir von mir aus das nächste Mal eine negative Renomeebewertung rein oder stell mich auf ignore, mir egal, aber lass diese Kinderkacke sein. Du machst dich damit nur lächerlich.

marc
20.09.2008, 01:01
Man könnte meinen, du hättest dich bei diesem Andrenalingestautem Hasspost direkt nach dieser Definition gerichtet.

Ich bin nicht hasserfüllt sondern eher traurig. Ich neige auch an sich weniger zur Aggression denn zur Depression. Wie man aus meinen Posts herauslesen könnte, dass sie "hasserfüllt" seien, ist mir wirklich rätselhaft - aber das erklärt sich wohl auch im Sinne einer dawkinschen Verblendung, nach der jeder, der bei der Erwähnung des Wortes "Religion" nicht sofort Zeter und Mordio schreit, natürlich seinerseits "hasserfüllt" seien muss.


Ich hab ja nicht behauptet, das dieses Zitat von mir ist, sondern ich hab denn Urheber angegeben. Das hast du natürlich nicht in meinem Zitat übernommen.

Ich habe nur falsch ausgeschnitten und insofern den Carlin weggelassen, dessen Zitat du allerdings ebenfalls aus dem "Gotteswahn" abgeschrieben hast.
Das gleiche gilt für deine Ausführungen über die "chemische Kastration" und die weiblichen Brüste. Bei Dawkins heißt es wortwörtlich, und das hast du eben nicht zitiert, "Er hatte die Wahl zwischen zwei Jahren Gefängnis (man kann sich vorstellen, wie die anderen Gefangen mit ihm umgegangen wären) und einer Behandlung mit Hormonspritzen, die einer chemischen Kastration gleichgekommen wären und dazu geführt hätte, dass er weibliche Brüste bekommen hätte."

Wenn ich mir allerdings dein gesamtes Gehabe hier anschaue, das bei South-Park und Pimmel- meinetwegen Sackgesichtern anfängt und einer so dermassen simpel polemischen Aufteilung in "gute Gottlosigkeit" und "böse Religion", in Kombination mit dem Abschreiben bei Dawkins, den du wahrscheinlich wie eine Bibel immer an deiner Seite liegen hast, dann sehe ich in dir wirklich die gegenwärtige Fratze eines modernen Atheismus und eines gottlosen Religionsersatzes, die ihre Kraft aus einer Negation her schöpft. Eine Kraft allerdings, die auch dann nicht tragend wäre, wenn du sie intellektuell überzeugender vertreten könntest.



Also knall mir von mir aus das nächste Mal eine negative Renomeebewertung rein oder stell mich auch ignore, mir egal, aber lass diese Kinderkacke sein. Du machst dich damit nur lächerlich.

Es ist nicht im Sinne eines Politikforums, User zu ignorieren und die Renomeefunktion nutze ich nur, um Beiträge zu bewerten, die ich irgendwie lustig finde. Das ich mich mit meinen Beiträgen lächerlich mache, glaube ich allerdings nicht und ich glaube auch nicht, dass du mich deswegen lächerlich findest. Du hast meine Erwiderung gelesen, dann mein Profil angesehn, dich dann abgemeldet, dann zwei Stunden gewartet und dir ein Antwort überlegt, aber du findest mich nicht lächerlich, also betrüge dich doch nicht selbst.

Sheldon
20.09.2008, 01:50
Ich bin nicht hasserfüllt sondern eher traurig. Ich neige auch an sich weniger zur Aggression denn zur Depression. Wie man aus meinen Posts herauslesen könnte, dass sie "hasserfüllt" seien, ist mir wirklich rätselhaft - aber das erklärt sich wohl auch im Sinne einer dawkinschen Verblendung, nach der jeder, der bei der Erwähnung des Wortes "Religion" nicht sofort Zeter und Mordio schreit, natürlich seinerseits "hasserfüllt" seien muss.
Deinen Hass konnte man aus deinem Schreibstil eindeutig herauslesen. Ein etwas weniger aggressiver Tonfall hätte es auch getan. Ich bin ja auch kein aggressiver Forist, der jedes Post das mir nicht gefällt gleich mit Beleidigungen kontere. Da gibt es ganz andere Leute wie ich hier.

Dawkins hat mich nicht verblendet sondern nur inspiriert. Vieles was er schreibt, stimmt größtenteils mit meiner Meinung überein, aber einiges eben auch nicht. Das ist es, was denn Atheismus vom Monotheismus und dem Agostizismus unterscheidet. Es gibt keine Richtlinien, an die man sich halten muß. Jeder kann an das glauben, was er will.
So unterscheidet sich auch meine Meinung vom "Dawkinismus". Was ich schreibe, ist ganz alleine meine persönliche Meinung. Wenn sie dir zu radikal ist, ist das dein Ding, du bist ein Agnostiker, kein Atheist. Hier wird auch vieles geschrieben, was auch mir zu radikal ist. Als Beispiel würde ich Just Amy und Krabat manchmal schon in die fundamentale Ecke stellen. Aber das ist ihre Meinung. Ich versteh sie nicht, aber ich akzeptiere sie und ich finde es höchst interessant mich mit Leuten auseinanderzusetzen, die eine vollkommen andere Meinung wie ich besitzen.



Ich habe nur falsch ausgeschnitten und insofern den Carlin weggelassen, dessen Zitat du allerdings ebenfalls aus dem "Gotteswahn" abgeschrieben hast.
Das gleiche gilt für deine Ausführungen über die "chemische Kastration" und die weiblichen Brüste. Bei Dawkins heißt es wortwörtlich, und das hast du eben nicht zitiert, "Er hatte die Wahl zwischen zwei Jahren Gefängnis (man kann sich vorstellen, wie die anderen Gefangen mit ihm umgegangen wären) und einer Behandlung mit Hormonspritzen, die einer chemischen Kastration gleichgekommen wären und dazu geführt hätte, dass er weibliche Brüste bekommen hätte."

Wenn ich mir allerdings dein gesamtes Gehabe hier anschaue, das bei South-Park und Pimmel- meinetwegen Sackgesichtern anfängt und einer so dermassen simpel polemischen Aufteilung in "gute Gottlosigkeit" und "böse Religion", in Kombination mit dem Abschreiben bei Dawkins, den du wahrscheinlich wie eine Bibel immer an deiner Seite liegen hast, dann sehe ich in dir wirklich die gegenwärtige Fratze eines modernen Atheismus und eines gottlosen Religionsersatzes, die ihre Kraft aus einer Negation her schöpft. Eine Kraft allerdings, die auch dann nicht tragend wäre, wenn du sie intellektuell überzeugender vertreten könntest.

Natürlich hab ich beide aus dem Gotteswahn. Beide Stellen sind nur 2 Seiten von einander entfernt. Das Zitat war mir noch in Erinnerung, aber ich konnte mich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern, da hab ich eben nachgeschlagen. Und seit wann muß man bei Zitaten neben dem Urheber auch noch die Quelle angeben? Das hab ich noch nirgendwo gesehen.

Der historische Fakt stand 2 Seiten weiter, und da er passend war, hab ich in übernommen. Ich versteh immer noch nicht, was daran so schlimm sein soll? Nur weil es in einem Dawkinsbuch, der dir zu radikal erscheint steht? Ich finde ihn überhaupt nicht radikal. Er zeigt nur Fakten auf. Wenn du der Meinung bist, das dieses nicht stimmt, dann widerlege sie, das ist dein gutes Recht und auch der Sinn einer solchen Diskussion.

Denn Gotteswahn hab ich im übrigen seit 2 Jahren nicht mehr gelesen und heute zum ersten Mal wieder angefasst ;)

Die Auswahl der Avatare lässt sich streiten. Aber wenn er zu provokant ist, kann ich mir auch einen "seriöseren" zulegen. Ich kann ihn auch ganz wegnehmen und dazu noch meine Signatur löschen, aber meine persönliche Einstellung wird sich dadurch nicht ändern.



Es ist nicht im Sinne eines Politikforums, User zu ignorieren und die Renomeefunktion nutze ich nur, um Beiträge zu bewerten, die ich irgendwie lustig finde. Das ich mich mit meinen Beiträgen lächerlich mache, glaube ich allerdings nicht und ich glaube auch nicht, dass du mich deswegen lächerlich findest. Du hast meine Erwiderung gelesen, dann mein Profil angesehn, dich dann abgemeldet, dann zwei Stunden gewartet und dir ein Antwort überlegt, aber du findest mich nicht lächerlich, also betrüge dich doch nicht selbst.

Ich fand es nur lächerlich, wie du dich so dermaßen über meinen Post aufregen konntest. Das hatte für mich schon eine gewisse Komik ;)

cinema
20.09.2008, 08:27
Einfache Frage und klare Antwortmöglichkeiten:

Wäre die Menschheit ohne Christentum, Judentum und Islam besser dran?

Gibt es den "wahren und einzigen Gott", den die drei monotheistischen Religionen propagieren oder ist das eine dreiste Lüge?

Haben die monotheistischen Religionen die Menschheit auf den rechten Weg geführt oder sie vollends krank und irre gemacht?

Mögliche Antworten:

1. Es gibt Gott und damit haben die monotheistischen Bekenntnisse recht!

2. Nur meine Religion oder Konfession verehrt den wahren Gott und alle anderen sind Ketzer!

3. Es gibt keinen Gott, aber der Monotheismus ist für Herrschaft und Ordnung eine nützliche Sache.

4. Christentum, Judentum und Islam enthalten viele wichtige Gedanken, aber ihre Systeme ("Kirche") schadet den Menschen mehr als es ihnen nützt

5. Der Monotheismus ist von Anfang bis Ende eine nur schädliche Angelegenheit

6. Die ollen Römer machten es schon richtig, als sie Christen verfolgten

7. keine oder andere Meinung

2. Nur meine Religion oder Konfession verehrt den wahren Gott und alle anderen sind Ketzer!

-25Grad
20.09.2008, 09:58
(...) Auch wenn GB damals kein Gottesstaat war, besteht für mich keinen Zweifel, das dieses Gesetz aus Religiöser Ethik entstanden ist.(...)Was für eine religiöse Ethik soll das denn sein?

marc
20.09.2008, 10:15
Deinen Hass konnte man aus deinem Schreibstil eindeutig herauslesen. Ein etwas weniger aggressiver Tonfall hätte es auch getan. Ich bin ja auch kein aggressiver Forist, der jedes Post das mir nicht gefällt gleich mit Beleidigungen kontere. Da gibt es ganz andere Leute wie ich hier.

Is' okay. Also ich hasse dich nicht und falls meine Posts etwas zu aggressiv rübergekommen sind, dann tuts mir Leid. ;)

Beverly
20.09.2008, 11:22
Kurz und bündig: Religion = das Böse

Von Anfang an ging es denn Monotheismus nicht um das Seelenheil ihrer Schafe, sondern einzig und allein um Macht, Kontrolle, Verdummung undd der Weltherrschaft. Eines ist den drei abrahamischen Religionen gleich: Sie dulden keine Götter neben sich. Nur wenn derjenige Gott angebetet wird, kommt man in den Himmel/ ins Paradies. Alle anderen schmoren für alle Zeit in die Hölle, weil sie nicht denn richtigen Gott anbeten. Schon in der Thora wurde Ungläubige mit ewiger Verdammnis bestraft. Schon den ersten Priestern war klar, das je mehr Gläubige sie kontrollieren konnten, desto mehr Macht hatten sie.

Religiöse Menschen sind leichter manipulierbar und kontrollierbar (Gottes Wille ist...). Hitler schätzte denn Islam, denn seine Gläubigen gehen ohne groß zu hinterfragen selbst in denn Selbstmord und töten, wenn es sein muß ihre eigene Familie um ins Paradies zu kommen und Jungfrauen zu vernaschen. Das machte sie zu perfekten willenlosen Soldatensklaven.

Im Mittelalter, als der Vatikan noch wirkliche politische Macht besessen hat, hat dieser das nicht für das Gute eingesetzt, sondern nur um seine Macht zu festigen. Das Volk wurde absichtlich verdummt, um sie gefügig zu halten und um sie nicht auf falsche Gedanken kommen zu lassen. Eine bloße mündliche Beschuldigung reichte aus, um als Ketzer zu Tode gefoltert zu werden. Wissenschaftler wurden eingeschüchtert oder ermordet, um nicht das abstruse Weltbild des Vatikans ins Wanken zu bringen (zB. Galilei).

Mohammed hatte ein tolles Leben. Jedesmal wenn er irgendwas wollte, brauchte er einfach nur sagen, das er eine Vision von Allah bekommen hat und schon wurde der Koran umgeschrieben. So einfach kann das Leben sein.

Auch heute noch kommt das gefährlichste Weltbild nicht von den Linken, den Kommunisten oder den Nazis - nein es sind die Religiösen Fanatiker, die zum Teil bereit sind, die gesamte Erde atomar zu vernichten, damit sie erlöst werden und ins Paradis aufgenommen werden.

In der gesamten Geschichte der Menschheit gibt es keinen Grund, woran mehr Menschen gefoltert und getötet wurden, wie aus Religiösen Gründen.

Regeln und Werte können auch nichtreligiösen Ursprungs sein, das ist für mich kein Grund, auf einmal gläubig zu werden. Ich weiß, das nach dem Tod für mich alles vorbei sein wird, trotzdem bin ich kein Massenmordener Vergewaltiger nur weil ich nach dem Tod nicht von einer höheren Instanz beurteilt werde.

Ich lebe nach dem Motto: Leben und leben lassen. Jeder kann das machen, was er will, solange niemand anderes darunter leiden muß.

Das sind zwar harte Worte und sie bedürfen der Ergänzung, aber im Kern hast du Recht :rollleyes: Der so genannten "Religion" geht es in erster Linie um Kontrolle: den Menschen soll im Interesse herrschaftlicher Instanzen Denken, Fühlen und Leben vorgeschrieben werden. Wer kann seine Schäfchen am besten manipulieren, sie dazu bringen, sich auf Kosten der "Konkurrenz" wie Ungeziefer zu vermehren und für Politik und Wirtschaft brav zu leiden? Ich kann mich noch gut an den Spruch "Arme wird es immer geben" entsinnden, den ich anlässlich einer von der evangelischen Kirche zu den Bundestagswahlen 2005 organisierten Veranstaltung gehört habe. Nix mit Erlösung oder mit Jesus-Kommune, wo für Essen, Trinken und Gesundheit gesorgt war :rolleyes:

Die Ergänzung und Gegensetzung besteht aber darin, dass zwar in der Vormoderne im Namen Gottes gemordet wurde, in der Moderne ohne Gott aber nicht weniger :rolleyes: - eher mehr, weil die technischen Mittel dazu vorhanden waren. So ziemlich alle biologistischen Sichtweisen von Mensch und Gesellschaft - Sozialdarwinismus - halte ich für noch unheilvoller als die religiösen Diskurse. Wenn ich mich von der Kirche und ihrem Sermon gelöst habe, um dann von einem superschlauen Zeitgeist gesagt zu bekommen, dass das Leben keinen Sinn habe oder der höchste Daseinszweck eben der Kampf um dieses Dasein sei, fühle ich mich bestenfalls verarscht.
Nicht- oder anti-religöse Diskurse stehen also in der Bringschuld, etwas Besseres als die Religion zu schaffen.
Doch die "Dialektik der Aufklärung" und eine Moderne, die über weite Strecken Betrug an immer größeren Menschenmassen ist, rettet die Religionen nicht wirklich. Hat da bei Rabbis, Priestern und Imamen überhaupt einer das grottige Versagen weltlicher Ideologien zum Anlass genommen, den eigenen Laden rundzuerneuern, um den Menschen etwas Besseres zu bieten? Ich würde sagen: nein. Da geiern Gestalten, die geistige Erstarrung für eine Tugend halten, nur auf den Bankrott weltlicher Ideologien, um dann die menschlichen Trümmer einzusammeln. Wobei die weltlichen Ideologien wenigstens den Anstand haben, nach einem Versagen wenigstens Pleite zu machen. Egal ob es unsere NSDAP war oder die irakische Baath-Partei - irgendwann war Ende und Aus und der Laden wurde geschlossen :rolleyes: Nicht so die Religionen - die sind wie Stehaufmännchen, die noch den gröbsten geistigen und moralischen Bankrott überstehen. Um dann heute so zu hetzen wie eh und je - man siehe sich nur den Irak an :rolleyes: zu Lebzeiten von Schweinebacke Saddam habe ich nicht gedacht, dass es da noch schlimmer kommen könne. Fehlanzeige - und beim "schlimmer kommen" sind die Religiösen vorneweg. Siehe die SU - als es die noch gab, habe ich nicht gedacht, dass der Zusammenbruch dieses verfetteten Pseudo-Sozialismus es noch schlimmer für viele Russen machen würde. Heute ... naja ... aber die Kirchen sind ja erstarkt, hallelulja :kotz:

Man kann die Kritik auch der Moderne und die Gegenüberstellung von religiösem zu säkularem Diskurs aber noch weiter treiben und zwar mit der Frage der Transzendenz. Ich bin der Meinung, dass eine Welt und eine Menschheit ohne Transzendenz so oder so zu einer Horrorvision werden wird. Je mehr technische Möglichkeiten, desto größer vielleicht nur der Horror. Aber ich lehne die Gleichstellung von gehabter Religion und die Ungleichstellung moderner Diskurse mit Transzendenz ab. Es sind alle Kombinantionen denkbar:

Moderne mit Transzendenz
Religion mit Transzendenz
Moderne ohne Transzendenz
Religion ohne Transzendenz

Wobei sich die Frage stellt, ob eine primär nicht aus sich selbst heraus, sondern als Mittel zum Zweck - Ordnung, Sinnstiftung - gerechtfertigte Religion noch viel Transzendenz hat. Wer meint, das Problem mit Sinn und Halt zu lösen, in dem er einfachen Menschen irgendwelchen Humbug erzählt, an den er selbst nicht glaubt, ist IMHO auf dem Holzweg. Und ich wage die Vermutung, dass wir uns im Zeichen des "religiösen revivals" einer Religion ohne Transzendenz nähern. Wo die enden mag, hat der Roman von Philipp José Farmer "Die Liebenden" und auch die Reaktion darauf gezeigt.
Der Roman spielt in einer Welt, die von der "Stirche", einer Mischung aus Nazitum, Judentum und Islam beherrscht wird. Alle Bürger müssen Kinder in die Welt setzen und wer der Pflicht, Nachkommen zu zeugen, nicht Genüge tut, wird umgebracht. Weil auf der Erde kein Platz mehr für die Menschenmassen ist, beschließen die Führer dieses lästerlichen Systems, die intelligenten Ureinwohner eines anderen Planeten auszurotten und ihn zu kolonisieren. Als ein Roman um Völkermord im Namen einer Religion, die sich jeder Transzendenz entledigt hat. Als der Roman erschien, erhitzte er die Gemüter aber allenfalls, weil der Held Sex mit einer Außerirdischen hat. So nach dem Motto: Völkermord ist nicht der Rede wert, aber Rassenschande ...:rolleyes:

Sauerländer
20.09.2008, 11:38
Moderne mit Transzendenz
Religion mit Transzendenz
Moderne ohne Transzendenz
Religion ohne Transzendenz
Das wirft die Frage auf, wie weit Transzendenz zwingenderweise metaphysischer Natur sein muss oder nicht. Religion ohne Transzendenz klingt für mich reichlich sinnfrei, und was die Moderne angeht, stellt sich natürlich wieder die Frage nach deren Definiton. Begreifen wir sie rein technisch, ohne Berücksichtigung ihrer geistesgeschichtlichen Lage, wäre sicherlich auch eine transzendente Moderne denkbar - wobei wir auch dann schnell wieder beim Begriff der Technikfolgenabschätzung und damit unter anderem auch wieder bei der Geistesgeschichte sind.

Moderne als Innerweltlichkeit kann bestimmte Fragen nicht befriedigend lösen. Sie kann die Methodik schärfen und Handlungspotentiale erweitern - aber bei der Sinnfrage oder der nach einem eigentlichen Selbst des Menschen, einer Seele, die den undeterminierten freien Willen erst ermöglich, muss sie passen. Und das sind Fragen, die selbst in einer materiell gesehen utopischen Gesellschaft akut bleiben würden - denn auch im vollendeten Kommunismus sind Menschen sterblich und werden die Existenz überhaupt nicht einfach als gegeben und keiner weiteren Diskussion bedürftig hinnehmen.

Wobei sich die Frage stellt, ob eine primär nicht aus sich selbst heraus, sondern als Mittel zum Zweck - Ordnung, Sinnstiftung - gerechtfertigte Religion noch viel Transzendenz hat. Wer meint, das Problem mit Sinn und Halt zu lösen, in dem er einfachen Menschen irgendwelchen Humbug erzählt, an den er selbst nicht glaubt, ist IMHO auf dem Holzweg.
Die wesentliche Kraft bezieht Religion eben aus dem Glauben, insofern ist es vollkommen zutreffend: Nur mit dem Predigen irgendeiner Ethik oder der Erwägung der positiven Wirkung auf die Gesellschaft kommt man da keine fünf Meter weit.
Gleichzeitig erteilt man damit aber auch dem Bemühen, einen innerweltlichen Ersatz dafür zu geben, ebenso eine Absage, denn das ist ebenso sinnlos, wenn nicht von einem Mythos getragen, der von den Menschen geglaubt wird.
Und wenn das 20. Jahrhundert eins geschafft hat, dann den Glauben an den Fortschritt, die Utopie und ein konstituierendes positives Konzept in der Geschichte zu erledigen.

Beverly
20.09.2008, 17:36
(...)Ausserdem heißt Glauben auch, daran zu glauben, dass wir eben nicht die "Ewige Wiederkehr des Gleichen" erfahren, dass die Geschichte nicht diesem Penepole-Teppich entspricht, den man immer wieder neu weben muss und dann geht ja doch wieder alles schief und es ist ja sowieso alles sinnlos - sondern es heißt auch, diese Ängste überwinden zu können und an eine Erlösung glauben zu können, die mit ihrer Ablehnung von Untergangswahn und Gier es auch heute noch sinnvoll macht, das Band zu den Religionen nicht vollends zu kappen.

Meines Wissens teilen diese - im positiven Sinne, nicht in der Lust am Untergang - eschatologische Sichtweise die monotheistischen Religionen mit der säkularen Linken.
Dem stehen aber sowohl im religiösen als auch säkularen Diskurs zyklische Sichtweisen gegenüber. Die Wiedergeburt bei den Hindus, ein auf Aufstieg und Fall basierendes Geschichtsbild.

Auch hier sozusagen verdoppelte Frontstellungen mit vier Möglichkeiten:

religiös-eschatologisch
säkular-eschatologisch
religiös-zyklisch
säkular-zyklisch

Beverly
20.09.2008, 17:48
Fundamentalisten wissen, das sie recht haben, denn sie haben es im heiligen Buch so gelesen. Die Wahrheit eines heiligen Buches ist nicht das Ergebnis eines vernünftigen Denkprozesses, sondern ein Axiom. Das Buch ist wahr, und wenn die Belege ihm zu widersprechen scheinen, muß nicht das Buch über Bord geworfen werden, sondern die Belege. Fundamentalismus ist keine entartete Religion, sondern ein fester Bestandteil. Solange es Religion gibt, wird es auch immer Fundis geben, die übers Ziel hinaus schießen.

Im säkularen Diskurs sind Ergebnisse immer nur vorläufig. Verbindlich ist in der Wissenschaft nicht so sehr das Ergebnis, sondern die Methode. Deswegen mag etwa die Physik abstraktere und wandelbarere Antworten auf die Natur und den Ursprung der Welt liefern als die Religion. Aber im säkularen Diskurs kann wesentliche Erkenntnis hinzukommen, in der Religion ist der Erkenntnisprozess abgeschlossen. Da ich aber das Streben nach Erkenntnis für eine der wichtigsten transzendenten Aufgaben der Gattung Mensch halte, kann ich den religiös-fundamentalistischen Diskurs der Erstarrung nicht billigen.


Aber Mißbrauch gibt es nicht nur unter Fundamentalisten. In Großbritanien war bis 1967 Homosexualität eine Straftat. Der Erwischte hatte die Wahl zwischen mehreren Jahren Gefängnis (man kann sich vorstellen, wie die anderen Gefangenen mit ihm umgegangen wären) und einer Behandlung mit Hormonspritzen, was einer chemischen Kastration gleichgekommen wäre, und dazu geführt hätte, das demjenigen weibliche Brüste gewachsen wären. Auch wenn GB damals kein Gottesstaat war, besteht für mich keinen Zweifel, das dieses Gesetz aus Religiöser Ethik entstanden ist.
[/I]

In den USA wurden noch in den 1950er Jahren Transsexuelle auf Betreiben christlicher Fundamentalisten drangsaliert. In Kuwait verfolgten "islamische Anwälte" noch vor kurzer Zeit eine Transsexuelle mit jurtistischen Machenschaften.


Dazu fällt mir ein Zitat des US-Komikers George Carlin ein:

Die Religion hat die Menschen überzeugt, dass im Himmel ein unsichtbarer Mann wohnt, der alles sieht, was man tut - jeden Tag, jede Minute. Dieser Mann hat eine Liste von zehn Dingen, die man nicht tun soll. Wenn man aber doch eines dieser zehn Dinge tut, dann hat er einen besonderen Ort mit Feuer und Rauch und Flammen und Folter und Angst. Dorthin schickt er einen, damit man für immer dort lebt und leidet und brennt und erstickt und schreit und weint, bis an das Ende der Zeit...
Aber er liebt dich!

Dieser "liebende Gott" hat bei einer Freundin von mir zu Angstzuständen geführt. Doch sie löste sich davon und trat aus der Kirche aus :)

Parker
21.09.2008, 13:07
[...]
Dieser "liebende Gott" hat bei einer Freundin von mir zu Angstzuständen geführt. Doch sie löste sich davon und trat aus der Kirche aus :)

Ach bitte... Ohne den fürchterlichen Gott hätte ihre psychische Grundanlage sich eben einen anderen Aufhänger gesucht. Religion ist seit alters her ein beliebtes Psychosethema. Mittlerweile machen ihr Science Fiction-Elemente harte Konkurrenz. Manchem soll es auch geholfen haben, kein Star Trek mahr anzuschauen.

Sauerländer
21.09.2008, 13:51
Ich glaube die Frage ist dann, was du unter "Zivilisation" eigenetlich verstehst.
Wenn du diesen Begriff sozusagen gesellschaftswissenschaftlich verwendest, dann beinhaltet er zahlreiche Ausprägungen, die über das technisch-hygienische hinausgehen und insofern anders diskutiert werden müsste.

Das Beispiel mit dem Brunnenbau, auf das ich -ich bin mir nicht sicher- entweder durch Oxfam oder die Welthungerhilfe aufmerksam geworden bin, impliziert natürlich, dass es mir an dieser Stelle um grade diesen technisch-hygienischen Aspekt von Zivilisation in Abgrenzung zur schlichten Kultur ging.
Insofern greift natürlich auch eine Mutter, die darum bemüht ist, das Verdursten ihrer Kinder zu verhindern und abhilfe durch sauberes Trinkwasser findet, nicht auf ein "Lebensqualität senkendes Gut" zurück und obwohl ich relativ oft das Bedürfnis habe, deine Beiträge zu zitieren und einfach drunterzuschreiben, warum ich das ebenfalls so sehe, sollte man denke ich auch nicht in so eine Art von Hippie-Rousseauschem Zurück-Zur-Natur-Motto verfallen und nicht dem Irrglauben anhängen, dass irgendwelche Afrikaner glücklicher wären, wenn zwar ihre Kinder verdursten, sie deren Tod dafür aber mit ihren archaischen Trauerritualen beklagen können - meiner Meinung nach ist es vielmehr so, dass es zwar ein Fortschritt und begrüßenswert war, dass die Religion sozusagen von der "aufgeklärten Zivilisation" her gezähmt worden ist, aber dass nun ebenfalls die Notwendigkeit besteht, diese aufgeklärte Zivilisation mit dem Rückgriff auf die großen Religionen zu zähmen.

Ich meine: wir leben ja tatsächlich in einer "Zeit der Ungleichzeitigkeit", wie es von den Religionskritikern oft behauptet wird, aber ich glaube nicht, dass diese Ungleichzeitigkeit so simpel darin besteht, dass die Technik auf der einen Seite zu groß für die Religionen auf der anderen Seite geworden ist. Das mag für viele Muslime gelten, die irgendwelchen Leuten den Kopf abschneiden und das mit der Webcam filmen und ins Netz stellen, aber global betrachtet gehört zu dieser Ungleichzeitigkeit auch, dass wir gerade im Alten Europa sozusagen die Wissenschaft oder die angebliche Wissenschaft zu einem Religionsersatz machen und den Menschen nur noch als Produkt sehen, das beliebig geformt werden kann und dass getötet werden kann, wenn es keinerlei "Wert" mehr beinhaltet. Der Dawkins echauffierte sich ja auch über die mangelnden Möglichkeiten zur Sterbehilfe und war sich nicht zu blöd zu beklagen, dass er als Hund oder Kaninchen eingeschläfert werden könne, wenn er eine schwere Krankheit hätte, und dass - das wäre die Schlußfolgerung - es dummerweise bei Menschen (noch) nicht möglich ist, sie ebenfalls wie Kaninchen und Hunde zu behandeln.

Und große Teile von Afrika, darauf will ich hinaus, stehen ihrerseits vor Herausforderungen, die mit unserer Situation nicht so leicht vergleichbar sind, weil es sowohl einen Mangel an technisch-hygienischer Zivilisation, als auch an Aufklärung gibt, und sie einerseits oft noch in einem archaischen Glaubenssystem gefangen sind, das es ihnen kaum erlaubt, diese Hürden zu schaffen.
Die Lebensqualität allerdings steigt nicht proportional zu der Anzahl von Dreck, Toten und mangelnder Hygiene, sondern in dem geglückten Gelingen, Kultur mit Zivilisation zu verbinden und einen fruchtbaren Einklang von Glaube und Vernunft, von Fortschritt und Authenzität und vermutlich auch von Ratio und Religio zu erlangen.
Ich sehe gerade, dass ich das bislang unbeantwortet ließ.

Sicherlich, der Traum aller dialektisch geschulten - der zivilisatorisch-kulturelle Gegensatz wird auf höherer Ebene aufgehoben, und möglicherweise wird die Geschichte in der Tat in diesem Sinne die Richtigkeit des dialektischen Ansatzes beweisen - aber sagen wir mal so: Es gibt Gegensätze und anschließende Synthesen, von denen man sich mit ein bischen Phantasie durchaus vorstellen kann, wie sie funktionieren und zustandekommen sollen - und es gibt die, bei denen einen diese Frage eher ratlos dastehen lässt.
Die hier behandelte ist für mich eine aus letzterer Kategorie.

Ohne Zweifel, könnten wir das Optimale verschiedener Epochen miteinander verbunden denken, ein in Kunst und Wissenschaf blühendes und gleichzeitig gläubiges Europa (um mal nicht gleich auf die Welt zu kommen, obwohl das im nächsten Schritt impliziert ist), in denen sich die Nutzenerwägung wieder an einer höhreren, metaphysischen Norm ausrichtet - nur ist das eben eine theoretische Schreibtischkonstruktion.

Natürlich ist der Afrikaner nicht glücklich, wenn er seine Kinder sterben sieht, aber traditionell bestatten kann. Der Tod ist immer eine schreckliche Erfahrung, erst recht wenn es um Kinder geht, so ziemlich die einzigen immer unschuldigen menschlichen Geschöpfe auf diesem Planeten.
Aber eine gläubige Perspektive erlaubt es zumindest, den Tod irgendwie ins Weltbild einzubauen, statt ihn verdrängen zu müssen und von ihm bei unausweichlicher Konfrontation mit Grauen erfüllt zu werden.
In diesem Sinne ließe sich fragen, ob es der materiell versorgte, aber materialistische Mensch wirklich besser hat.
Natürlich berührt das viel mehr Aspekte -im Grunde müssten wir jetzt einen eigenen kulturphilosophischen Strang eröffnen- , aber: warum besagen Umfragen denn regelmäßig, dass die Menschen in den diversen armen Ländern dieser Erde im Schnitt seltsamerweise glücklicher sind als die im aufgeklärt-modernen Westen?

Die Frage ist natürlich, wie weit man das rein Materielle überhaupt gegen das Geistige so deutlich abgrenzen kann. Ist die Geistes- und damit auch Religionsgeschichte so isoliert zu betrachten von der Technikgeschichte?
Ist nicht -beispielsweise- der moderne Kollektivismus in seinen diversen Formen undenkbar ohne die Erfahrung der Menschen der Industrialisierung, wie sich Massen bilden, die unterschiedslos nur über ihre Funktion zu greifen sind?

Kann Kultur als vom Produkt der Kulturindustrie deutlich zu unterscheidendes Phänomen überhaupt noch anders als als absolutes Minderheitenphänomen der stillen Hinterzimmer und der Existenz an den Rändern der Peripherie funktionieren in einer Gesellschaft unserer Entwicklungsstandes?

Ich will das nicht abschließend beantworten, und weigere mich -da kommt dann wieder das Bedürfnis nach dem Grundmoment der Hoffnung durch- , ihm grundsätzlich Recht zu geben, aber für mich sieht es oft (und leider alles andere als in abnehmendem Maße) so aus, als behalte Spengler Recht hinsichtlich der von ihm aufgezeigten Richtung der Entwicklung der Kultur und ihren Ausklang in der Zivilisation.

Beverly
21.09.2008, 17:24
Besser: Ja.
Viel besser: Nein.

Man sieht ja an den großen totalitären Ideologien des 20 Jhdts, dass der Mensch keine Religion braucht um komplett wahnsinnig zu sein. Aber es kann helfen.

Der wesentlichste Unterschied zwischen den Metzeleien der areligiösen Moderne und denen der religiösen Vormoderne ist, dass es in der Moderne wegen der technischen Mittel schneller ging. Hitlerund Stalin hatten Tötungsmittel zur Hand, die einem Pizarro oder Ludwig XIV. fehlten. Skrupel hatte keiner und ich neige sogar zu der Ansicht, dass der Totalitarismus in der Vormoderne ebenso ausgeprägt war wie in der Moderne.

Meines Erachtens hat das bürgerliche System auch von den "großen totalitären Ideologien" profitiert, weil zuerst der Faschismus, dann der Staatssozialismus einen Druck auf die Staaten des Westens ausübten, der sie zuminest teilweise zur Höherentwicklung veranlasste.
Jetzt ist der Druck säkularer Gegenmodelle zur bürgerlichen Gesellschaft weg und wir haben mit "dem Islam" (was immer das in diesem Diskurs sein mag) einen Popanz, der den Westen nicht herausfordert, sondern herunterzieht.
Popper setzte 1940 dem von Madrid bis Wladiwostok rotbraunen Eurasien noch Kant und die Aufklärung entgegen. Nach 1945 setzte der Westen der staatssozialistischen Erstarrung die "soziale Marktwirtschaft" und eine nur zu konfliktfreudige Gesellschaft entgegen. Mit der Folge, dass der Westen zuerst den Faschismus einkassierte und dann den Zusammenbruch des Ostblocks erlebte.
Heute setzen wir ein paar durchgeknallten Langbärten religiöses Geschwurbel der plattesten Sorte entgegen. Hat der Westen über Nazis und Stalinisten noch gesagt: wir müssen besser sein als sie, so lautet der neuealteimmergleiche pseudoreligiöse Diskurs gegen "den Islam": wir sollen werden wie sie. Kinder in die Welt setzen und sie an Angst und Furcht vor dem letzten und schlimmsten der altorientalitschen Götzen erziehen :rolleyes:
Richtig geil ist es, wenn die Apologeten dieses religiösen Diskurses davon reden, man müsse doch an der Tradition festhalten. Wenn Tradition das ist, was aus uns kommt und uns stark gemacht hat, dann kann damit nur die Aufklärung und der moderne, wissenschaftliche Diskurs gemeint sein. Nicht eine Religion, die aus Nahost kommt und unter deren Vorherrschaft Europa nur zu oft Gastgeber für Invasionen war.

Beverly
21.09.2008, 17:41
Zitat von Beverly
Sind heute die Kirchen leer, weil die Menschen an nichts mehr glauben wollen oder weil sie an etwas anderes, besseres glauben wollen als es die Kirche bietet?

Nach meinem Dafürhalten: Weil sie an das, was die Kirche verkündet, nicht mehr glauben können, nachdem man ihnen ewig den Skeptizismus, Atheismus, Materialismus gepredigt hat. Was sie nicht gerade glücklich macht, weil die Alternative noch aussteht.


Oft habe ich den Eindruck, dass wir in einem auch in hohem Maße geistigem Vakuum leben, das darauf wartet, mit adäquaten Antworten "gefüllt" zu werden. Die in der Vormoderne wurzelnden Religionen - bzw. zumindest ihre jeweilige Orthodoxie - vermag dieses Vakuum nicht zu füllen. Die herrschenden areligiösen Eliten meinen, sie brauchen es nicht zu füllen, weil doch für sie alles prima läuft. Wobei sich fragt, wie die Intelligenten unter ihnen diese Sinnlosigkeit und ein auf Geld horten reduziertes Dasein, wo der Lebensabend in der "gated community" winkt, ertragen können. Oder sind da wirklich nur noch Dummies am Werk?
Was dieses Vakuum füllt und wie es gefüllt wird, da bin ich immer am Grübeln. Wenn ich aber nicht eine krasse Ausnahme bin, denke ich, dass es auf der Welt eine Menge Leute gibt, die für Antworten offen sind, die nicht länger Herz und Verstand beleidigen.

marc
21.09.2008, 18:45
Popper setzte 1940 dem von Madrid bis Wladiwostok rotbraunen Eurasien noch Kant und die Aufklärung entgegen. Nach 1945 setzte der Westen der staatssozialistischen Erstarrung die "soziale Marktwirtschaft" und eine nur zu konfliktfreudige Gesellschaft entgegen. Mit der Folge, dass der Westen zuerst den Faschismus einkassierte und dann den Zusammenbruch des Ostblocks erlebte..

Mal abgesehen davon, dass ich diejenigen eher in der Minderheit sehe, die in den Konflikten der Gegewart an Tradition, Religion usw. mahnen (die meisten betonen ja, dass das Christentum ebenfalls böse sei, wenn nicht gar schlimmer etc.) muss man auch sagen, dass die Kriege und Konflikte mit rotbraunen Faschisten auch nicht so süß verliefen und ihnen eben nicht nur Popper und Kant entgegengesetzt wurde, sondern auch Bomben und Panzer.

Bomben und Panzer sind glücklicherweise etwas aus der Mode gekommen und wir sehen ja jüngst im Irak, dass sich mit diesen Mitteln zwar so ziemlich alles besiegen lässt, aber ein eigentlicher Sieg im Sinne von Frieden, Freiheit nicht zu erreichen und zu gewährleisten ist. Heute gibt es andere Formen von Konflikt, andere Formen von Krieg und insofern erleben wir ja die hektische Suche auch nach neuen Lösungsstrategien.

Die Zeiten, in denen muslimische Heere vor Wien stehen und sich irgendein Osama überlegt, von welcher Flanke er aus angreifen könnte, sind natürlich vorbei, aber vorbei sind auch die Zeiten, in denen man ein starkes, gesundes und überlegenes System zu verteidigen wusste.
Nicht nur, dass die meisten Alteuropäer -aus verschiedenen Gründen natürlich- ebenfalls mit ihrem System unzufrieden sind und das Ideal des "conservator mundi" abgelöst wurde zuerst durch das des Revolutionärs und heute durch das des "Reformers", der die irgendwie als unattraktiv empfundene Gegenwart in ein besseres Morgen leiten soll - auch über die entscheidensten Fragen wird meiner Meinung nach viel zu selten geredet - das wäre zunächst die demographische Katastrophe und bei aller Unsympathie für den üblichen Katastrophenwahn finde ich schon, dass man einen Zustand, in dem sich eine Gesellschaft nicht mal mehr erhalten will(!), als katastrophal bezeichnen kann und dass man eine solche Gesellschaft auch als krank bezeichnen kann.

In den Gesellschaftswissen wird ja eine sinkende Geburtenrate gerne als Fortschritt verkauft, aber mal abgesehen von der Frage, inwiefern Fortschritt auch einen positiven Wert beinhaltet, weil Krankheiten ja z.B. auch fortgeschritten seien können, ist eine Geburtenrate, die unterhalb des Erhaltungsminimums liegt, doch eigentlich ein Zeichen, das jeden erschrecken und erstaunen sollte. Wie oft hört man so Sätze wie "In diese Welt will ich keine Kinder setzen." (Google bietet fast 500.000 Treffer)

Das liegt sicher auch daran, dass ein ökonomisches Denken einen ungeahnten Siegeszug erlebt hat und dass nun selbst die Entscheidung für oder gegen Kinder nach einem wirtschaftlichen Pro und Contra ausgerichtet wird.

Wenn man allerdings bedenkt, dass sich meist diejenigen gegen Kinder entscheiden, die relativ wohlhabend sind, dann wird aber auch klar, dass dieser Riss tiefer geht und die Aussicht, sich wegen einem Kind nur noch den Friseur für 10.- statt den für 40.- Euro leisten zu können, als unannehmbare Vorstellung gilt.
Ich habe irgendwie den Eindruck, dass sich immer mehr Menschen gegen Kinder entscheiden, weil sie selber ewig Kinder bleiben wollen und infolgedessen auch nicht den Mut zu endgültigen Entscheidungen haben. Aber, wie sagte der Oevermann immer: Man kann sich nicht nicht entscheiden. Alles hat seine Konsequenzen und die Konsequenz lautet heute eben: Rentnerberg, Bevölkerungsschwund, Einwanderung.

Infolgedessen wird aber nicht nur der wirtschaftliche Kraftakt immer zerreißender, sondern auch der gesellschaftspolitische und in einem Kampf, meinetwegen einem Konflikt und Wettbewerb der Kulturen muss man natürlich die Frage stellen, welche Kultur wir eigentlich verteidigen, für welche Kultur wir überhaupt stehen. Momentan machen wir aus der Not eine Tugend und verkaufen die Zusatzhäppchen aus "Gender-Studies", Pornoshops und "gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften" als die eigentliche Hauptspeise. Aber wenn man die Primärtugenden wie Heimat, Familie, Religion außen vor lässt, das führt das zunächst dazu, dass man die Zusatzhäppchen nicht bezahlen kann, denn wo heute Kinder fehlen, sind in 20 Jahre keine Arbeitnehmer da. Das führt aber zusätzlich dazu, dass wir im Grunde integrationsunfähig sein, weil es nichts mehr gibt, in das man sich überhaupt integrieren könnte. Integration heißt ja vom Wortsinn her eigentlich, Teil eines Ganzen zu werden - aber wenn schon die Idee eines "Ganzen" abgelehnt wird, dann ist Integration per definitionem nicht möglich.

Die Idee einer Nicht-Gesellschaft ist ja im Grunde nicht unbedingt schlecht: ein minimaler Satz an Regeln und ein Staat, der dessen Übertretung sanktioniert. Punkt aus. Aber offensichtlich ist es zumindest schwierig, eine solche "Gesellschaft" zu erhalten oder zu verteidigen. Sobald die Party aus ist, weil du zu alt bist, weil du nicht genug Geld hast, weil du keinen jugendlich attraktiven Körper hast, stehst du halt da. Vor der Disco der Schönen und Reichen. Momentan stehen die meisten mehr oder weniger weit entfernt von dieser Disco.
Was wir gerade versuchen, ist den Muslimen diese Disco als Ideal zu verkaufen.

Wenn sie das Ideal ablehnen, stehen wir dumm da - aber stehen wir wesentlich besser da, wenn sie es denn annehmen?

Beverly
21.09.2008, 21:32
(...)meiner Meinung nach ist es vielmehr so, dass es zwar ein Fortschritt und begrüßenswert war, dass die Religion sozusagen von der "aufgeklärten Zivilisation" her gezähmt worden ist, aber dass nun ebenfalls die Notwendigkeit besteht, diese aufgeklärte Zivilisation mit dem Rückgriff auf die großen Religionen zu zähmen.

Ich meine: wir leben ja tatsächlich in einer "Zeit der Ungleichzeitigkeit", wie es von den Religionskritikern oft behauptet wird, aber ich glaube nicht, dass diese Ungleichzeitigkeit so simpel darin besteht, dass die Technik auf der einen Seite zu groß für die Religionen auf der anderen Seite geworden ist. Das mag für viele Muslime gelten, die irgendwelchen Leuten den Kopf abschneiden und das mit der Webcam filmen und ins Netz stellen, aber global betrachtet gehört zu dieser Ungleichzeitigkeit auch, dass wir gerade im Alten Europa sozusagen die Wissenschaft oder die angebliche Wissenschaft zu einem Religionsersatz machen und den Menschen nur noch als Produkt sehen, das beliebig geformt werden kann und dass getötet werden kann, wenn es keinerlei "Wert" mehr beinhaltet. Der Dawkins echauffierte sich ja auch über die mangelnden Möglichkeiten zur Sterbehilfe und war sich nicht zu blöd zu beklagen, dass er als Hund oder Kaninchen eingeschläfert werden könne, wenn er eine schwere Krankheit hätte, und dass - das wäre die Schlußfolgerung - es dummerweise bei Menschen (noch) nicht möglich ist, sie ebenfalls wie Kaninchen und Hunde zu behandeln.

Ich selbst gehöre zu jenen, die mangels anderer Alternativen dazu neigen, die "Wissenschaft" zum "Religionsersatz" zu machen. Wobei für mich "Wissenschaft als Religionsersatz" aber eine entschiedene Absage an folgende Dinge bedeutet:

- vulgären Materialismus
- mechanistischen Determinismus
- Biologismus in den Gesellschaftswissenschaften

Ich denke, es sind diese Sichtweisen, in denen der Mensch zu einem "Ding" verkommt. Sie sind aber nicht Produkt der Aufklärung und der Wissenschaften, sondern eher eine Niedergangserscheinung.

Beverly
21.09.2008, 21:56
Mal abgesehen davon, dass ich diejenigen eher in der Minderheit sehe, die in den Konflikten der Gegewart an Tradition, Religion usw. mahnen (die meisten betonen ja, dass das Christentum ebenfalls böse sei, wenn nicht gar schlimmer etc.) muss man auch sagen, dass die Kriege und Konflikte mit rotbraunen Faschisten auch nicht so süß verliefen und ihnen eben nicht nur Popper und Kant entgegengesetzt wurde, sondern auch Bomben und Panzer.

Bomben und Panzer sind glücklicherweise etwas aus der Mode gekommen und wir sehen ja jüngst im Irak, dass sich mit diesen Mitteln zwar so ziemlich alles besiegen lässt, aber ein eigentlicher Sieg im Sinne von Frieden, Freiheit nicht zu erreichen und zu gewährleisten ist. Heute gibt es andere Formen von Konflikt, andere Formen von Krieg und insofern erleben wir ja die hektische Suche auch nach neuen Lösungsstrategien.

Die Zeiten, in denen muslimische Heere vor Wien stehen und sich irgendein Osama überlegt, von welcher Flanke er aus angreifen könnte, sind natürlich vorbei, aber vorbei sind auch die Zeiten, in denen man ein starkes, gesundes und überlegenes System zu verteidigen wusste.
Nicht nur, dass die meisten Alteuropäer -aus verschiedenen Gründen natürlich- ebenfalls mit ihrem System unzufrieden sind und das Ideal des "conservator mundi" abgelöst wurde zuerst durch das des Revolutionärs und heute durch das des "Reformers", der die irgendwie als unattraktiv empfundene Gegenwart in ein besseres Morgen leiten soll - auch über die entscheidensten Fragen wird meiner Meinung nach viel zu selten geredet - das wäre zunächst die demographische Katastrophe und bei aller Unsympathie für den üblichen Katastrophenwahn finde ich schon, dass man einen Zustand, in dem sich eine Gesellschaft nicht mal mehr erhalten will(!), als katastrophal bezeichnen kann und dass man eine solche Gesellschaft auch als krank bezeichnen kann.

In den Gesellschaftswissen wird ja eine sinkende Geburtenrate gerne als Fortschritt verkauft, aber mal abgesehen von der Frage, inwiefern Fortschritt auch einen positiven Wert beinhaltet, weil Krankheiten ja z.B. auch fortgeschritten seien können, ist eine Geburtenrate, die unterhalb des Erhaltungsminimums liegt, doch eigentlich ein Zeichen, das jeden erschrecken und erstaunen sollte. Wie oft hört man so Sätze wie "In diese Welt will ich keine Kinder setzen." (Google bietet fast 500.000 Treffer)

Das liegt sicher auch daran, dass ein ökonomisches Denken einen ungeahnten Siegeszug erlebt hat und dass nun selbst die Entscheidung für oder gegen Kinder nach einem wirtschaftlichen Pro und Contra ausgerichtet wird.

Wenn man allerdings bedenkt, dass sich meist diejenigen gegen Kinder entscheiden, die relativ wohlhabend sind, dann wird aber auch klar, dass dieser Riss tiefer geht und die Aussicht, sich wegen einem Kind nur noch den Friseur für 10.- statt den für 40.- Euro leisten zu können, als unannehmbare Vorstellung gilt.
Ich habe irgendwie den Eindruck, dass sich immer mehr Menschen gegen Kinder entscheiden, weil sie selber ewig Kinder bleiben wollen und infolgedessen auch nicht den Mut zu endgültigen Entscheidungen haben. Aber, wie sagte der Oevermann immer: Man kann sich nicht nicht entscheiden. Alles hat seine Konsequenzen und die Konsequenz lautet heute eben: Rentnerberg, Bevölkerungsschwund, Einwanderung.

Infolgedessen wird aber nicht nur der wirtschaftliche Kraftakt immer zerreißender, sondern auch der gesellschaftspolitische und in einem Kampf, meinetwegen einem Konflikt und Wettbewerb der Kulturen muss man natürlich die Frage stellen, welche Kultur wir eigentlich verteidigen, für welche Kultur wir überhaupt stehen. Momentan machen wir aus der Not eine Tugend und verkaufen die Zusatzhäppchen aus "Gender-Studies", Pornoshops und "gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften" als die eigentliche Hauptspeise. Aber wenn man die Primärtugenden wie Heimat, Familie, Religion außen vor lässt, das führt das zunächst dazu, dass man die Zusatzhäppchen nicht bezahlen kann, denn wo heute Kinder fehlen, sind in 20 Jahre keine Arbeitnehmer da. Das führt aber zusätzlich dazu, dass wir im Grunde integrationsunfähig sein, weil es nichts mehr gibt, in das man sich überhaupt integrieren könnte. Integration heißt ja vom Wortsinn her eigentlich, Teil eines Ganzen zu werden - aber wenn schon die Idee eines "Ganzen" abgelehnt wird, dann ist Integration per definitionem nicht möglich.

Die Idee einer Nicht-Gesellschaft ist ja im Grunde nicht unbedingt schlecht: ein minimaler Satz an Regeln und ein Staat, der dessen Übertretung sanktioniert. Punkt aus. Aber offensichtlich ist es zumindest schwierig, eine solche "Gesellschaft" zu erhalten oder zu verteidigen. Sobald die Party aus ist, weil du zu alt bist, weil du nicht genug Geld hast, weil du keinen jugendlich attraktiven Körper hast, stehst du halt da. Vor der Disco der Schönen und Reichen. Momentan stehen die meisten mehr oder weniger weit entfernt von dieser Disco.
Was wir gerade versuchen, ist den Muslimen diese Disco als Ideal zu verkaufen.

Wenn sie das Ideal ablehnen, stehen wir dumm da - aber stehen wir wesentlich besser da, wenn sie es denn annehmen?

@Marc,

wozu soll man überhaupt Kinder in diese Welt setzen? Weil es die Muslime tun? Weil es sonst in 20 Jahren keine Arbeitskräfte für die Wirtschaft mehr gibt? Weil sonst das Abendland untergeht?
Das sind alles Dinge, die mit dem Kindern an sich nichts zu tun haben. Was soll aus Kindern werden, die so nicht um ihrer selbst willen, sondern als Mittel zum Zweck anderer Einheiten gezeugt werden?
Den Moslems brauchen wir nichts von Hedonismus - "Disco" - zu erzählen. Sobald sie genug Geld haben und ein bisschen zynisch geworden sind, machen sie das auch ohne von uns dazu agitiert worden zu sein.
Ich würde der islamischen Welt übrigens keine Tickets für die Disco verkaufen wollen (das haben sie ja schon), sondern ein Modul in der Internationalen Raumstation ;)

Sauerländer
22.09.2008, 14:04
Wobei sich fragt, wie die Intelligenten unter ihnen diese Sinnlosigkeit und ein auf Geld horten reduziertes Dasein, wo der Lebensabend in der "gated community" winkt, ertragen können. Oder sind da wirklich nur noch Dummies am Werk?.
Die Frage habe ich mir auch schon oft gestellt - auf seine Art macht der Reichtum diese Menschen ebenfalls erheblich unfrei. Mich nur noch in einer festungsartigen Kleinsiedlung aufzuhalten, mich an andere Orte nur noch per Hubschrauber zu bewegen, ohne Leibwächter keinen Schritt vor die Tür wagen zu können - das wirkt irgendwie auch nicht wie das Gelbe vom Ei.
Bisweilen habe ich den Eindruck, dass der Schlüssel zumindest zum Teil darin liegt, dass diese Leute von der allgemeinen Hektik, die einen gar nicht erst zum Nachdenken kommen lässt, auch nicht ausgenommen sind. Was ich schon über Arbeitszeiten im Management gehört habe, lässt bei mir gelegentlich die Frage auftauchen, wie die es eigentlich alle schaffen, nicht mit 40 alle per Herzinfarkt tot oder reif für die Klapse zu sein.

Was dieses Vakuum füllt und wie es gefüllt wird, da bin ich immer am Grübeln. Wenn ich aber nicht eine krasse Ausnahme bin, denke ich, dass es auf der Welt eine Menge Leute gibt, die für Antworten offen sind, die nicht länger Herz und Verstand beleidigen.
Im Prinzip richtig.
Nur habe ich bislang die Erfahrung gemacht, dass alles, was den Verstand nicht beleidigt, umso mehr das Herz beleidigt - und umgekehrt.

marc
22.09.2008, 18:04
Es gibt Gegensätze und anschließende Synthesen, von denen man sich mit ein bischen Phantasie durchaus vorstellen kann, wie sie funktionieren und zustandekommen sollen - und es gibt die, bei denen einen diese Frage eher ratlos dastehen lässt.
Die hier behandelte ist für mich eine aus letzterer Kategorie.

Ich habe da zwar auch so meine Zweifel, würde das aber insofern nicht so grundsätzlich negativ sehen, weil ich das Alte Europa für einen Einzelfall der Geschichte halte und nicht für dessen logische Konsequenz.
Man ging ja lange und natürlich auch sehr gerne von einem notwendigen Zusammenhang zwischen Modernisierung und Säkularisierung aus, was den hübschen Nebeneffekt hatte, dieses Westeuropa sozusagen als die vorläufige Krönung der Geschichte betrachten zu können und die bösen USA mit ihrer Gleichzeitigkeit aus Moderne und Religion als einen Außenseiter, einen Einzelfall, mit dem man sich nur notgedrungen arrangieren musste, obwohl man ihn nicht leiden kann.

Ich habe ja vor paar Wochen einen Thread dazu aufgemacht:


Zitat von Jürgen Habermas
Die Säkularisierungsthese ist, obwohl sie von den Entwicklungen in den europäischen Wohlstandsgesellschaften bestätigt zu werden scheint, in der soziologischen Fachöffentlichkeit seit mehr als zwei Jahrzehnten umstritten.4 Im Fahrwasser der nicht ganz unbegründeten Kritik an einem eurozentrisch verengten Blickwinkel ist nun sogar vom „Ende der Säkularisierungstheorie“ die Rede.5 Die USA, die ja mit unverändert vitalen Glaubensgemeinschaften und gleichbleibenden Anteilen von religiös gebundenen und aktiven Bürgern gleichwohl die Speerspitze der Modernisierung bilden, galten für lange Zeit als die große Ausnahme vom Säkularisierungstrend. Belehrt durch den global erweiterten Blick auf andere Kulturen und Weltreligionen, erscheinen sie heute eher als der Normalfall. Aus dieser revisionistischen Sicht stellt sich die europäische Entwicklung, die mit ihrem okzidentalen Rationalismus für den Rest der Welt das Modell sein sollte, als der eigentliche Sonderweg dar.6

Man könnte jetzt natürlich viele Einwände bringen, nach denen es z.B. sinnlos ist, von den USA als einen monolithischen Block zu sprechen, weil grob gesagt die Ost- und Westküste de "modernen Part" der USA bilden, der sogenannte "Bible Belt" aber die "vitalen Glaubensgemeinschaften" für sich in Anspruch nehmen kann, aber selbst dann blieben zumindest weite Teil des politischen Systems der USA vorbildlich für mich, weil ich in ihnen trotz der teils sehr offensichtlichen Fragmentierung in ethnisch und soziale Splittergruppen noch immer diejenige Gesellschaft sehe, die mit der "Tatsache des Pluralismus", von der Rawls gesprochen hat, am vorbildlichsten umgeht und gleichsam am ehesten in der Lage ist, diesen Pluralismus auf einem gemeinsamen Fundament zu errichten.

In Abgrenzung zu den USA, die ihre Gesellschaft und ihre Metropolen ja gerne als einen Melting pot, einen Schmelztiegel verstehen und das im Großen und Ganzen auch zu Recht für sich in Anspruch nehmen können, werden weite Teile des veralteten Europas oft als politisches oder kulturelles "Mosaik" bezeichnet, das - egal wie groß die Hitze ist, nicht miteinander verschmilzt. (In Österreich gibt es sogar ein "Bündnis Mosaik", das Integration von "MigrantInnen" ohne den Verlust ihrer "authentischen Identität" erreichen möchte.)

Ich glaube also, dass es zumindest möglich ist - und weite Teil der USA und auch weite Teile Israels bestätigen das - sowohl Zivilisation und Kultur zu vereinbaren, Moderne und Glauben, Religio und Ratio und auf diesem komplexen Fundament auch Vielfalt in Einheit zu gewährleisten.

Das Alte Europa aber, und vorallem das Deutschland nach den 1970er Jahren, ist aber insofern eine Ausnahme, weil im Grunde jede Form von Fundament vernichtet worden ist. Das gilt nicht nur für die kulturellen Zersetzungserscheinungen, die sich auf eine Kraft der Negation stützte (im Übrigen hat sich ja auch Marx' Gesellschaftskritik am längsten gehalten und wird auch heute noch am ehesten herangezogen, während seine Antwort auf die Frage, wie es denn nach der Revolution eigentlich weitergehen sollte, was denn dann eigentlich kommen sollte, wirklich unbefriedigend ist.)

Es mag ja hierzuforum schon nervig sein, wieder das alte Lied von den bösen 68er anzustimmen, aber ihre Nachwehen würde ich trotzdem nicht unterschätzen: Diskreditierung von Ehe und Familie, Diskreditierung von Männlichkeit, Diskreditierung von Heterosexualität ("Heteronormativität!" "Väter sind Täter!"), Diskreditierung von nationalem Gemeinschaftsgefühl und last but not least: Diskreditierung von Religion. Horkheimer und Adorno galten dann schon lange als Reaktionär, als überholt. Wie schrieb Adorno an Samuel Beckett: "Nun, das Gefühl, auf einmal als Reaktionär gebrandmarkt zu werden, ist zumindest interessant."
Anstattdessen haben wir so einen säkularen Messianismus erlebt, für den Ratzinger das schöne Wort von der "atheistischen Frömmigkeit" fand, die ihrerseits fundamentalistischer ist, als vieles, was wir in der Religion erlebt haben.

Dazu kam allerdings nicht nur die Opposition zu allem, was irgendwie als "Tradition" gebrandmarkt werden konnte und der Glaube, dass das konstruierte das gewachsene ersetzen könnte, sondern ja auch eine Attacke auf den Begriff der Zivilisation, also den technischen Aspekt der Zivilisation: Rousseau! Zurück zur Natur! Die Grünen verabschiedeten noch in den 80er Jahre einen "Computer-Boykott" - der Fehlglaube auch: der Mensch wird als edler Wilder geboren und nur durch seine böse kapitalistisch-patriachalische Umwelt verderbt.

Und von all dem hat sich unsere Gesellschaft, glaube ich, nicht erholt. Natürlich hat sich vieles verändert, aber es ist noch immer diese Strömung, der sozusagen den Main-Stream, den Hauptstrom bildet oder die "Pissrinne", um es mit Ernst Jünger treffender zu sagen. Genderfeminismus, 70er Jahre - darauf basierte heute die ganze Scheiße, die eine Ursula von der Leyen veranstaltet.
Öko-Wahn! Heute noch aktuell - Nullwachstum: damals angestrebt, heute euphemistische Realität. :D

Die tiefsten Auswirkungen dürften allerdings die, nach den Erfahrungen der Weltkriege nicht unverständlichen, Attacken gegen Nation und Religion, Christentum gewesen sein. Dabei sind ja viele Menschen nicht unbedingt ungläubig, im Gegenteil - es trifft nur ein, was C.S. Lewis gesagt: "Sobald die Menschen aufhören, an Gott zu glauben, glauben sie nicht einfach an gar nichts, sondern an allen möglichen Unsinn."

Delphine-Chakren-New-Age-Öko-Eso-Scheiße - Erlösung durch die Weltrevolution, Mensch als Produkt: beliebig formbar werden Männer zu Kindergärtnern und Frauen zu Hedge-Fond-Managern - und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie ewig dank Möhrensaft. Und da Menschen ja beliebig formbar sind, kann man Türken auch schnell zu Deutschen machen und wenn sie wem auf die Fresse hauen, dann sind das nur Einzelfälle.

Und wenn dann alles auseinanderbricht, forciert man eine Kultur der Angst, die Keule der Politischen Korrektheit kann ja ganz leicht jeden treffen. Wie es Tocqueville vorausgesagt hat...

Der langen Rede kurzer Sinn: Möglicherweise zeigt sich gerade am Beispiel des Alten Europas, dass ein kulturelles Fundament nicht im Zuge der Modernisierung zusammenbricht, sondern dass sowohl das kulturell-religiös-nationale Fundament zerstört wurde, als auch teilweise das Moderne. Der Genderfeminismus z.B. ist ja alles andere als modern und wer ihn widerlegen wöllte, könnte ganz leicht auf Sozialwissenschaftler wie Erik Erikson zurückgreifen oder auf Naturwissenschaftler wie Stevenson, Haberman, Schwartz usw. usf.

Jetzt hab ich erstmal keine Lust mehr. Von deinem Zitat habe ich mich jetzt glaube ich sowieso "etwas" entfernt. Mea culpa. := :D

Beverly
22.09.2008, 20:15
Nur habe ich bislang die Erfahrung gemacht, dass alles, was den Verstand nicht beleidigt, umso mehr das Herz beleidigt - und umgekehrt.

bei mir dagegen lässt ein Gedankensystem, das nicht meinem Verstand schmeichelt, auch mein Herz kalt

marc
22.09.2008, 22:15
wozu soll man überhaupt Kinder in diese Welt setzen? Weil es die Muslime tun? Weil es sonst in 20 Jahren keine Arbeitskräfte für die Wirtschaft mehr gibt? Weil sonst das Abendland untergeht?

Diese Frage ist schon so symptomatisch für den Zustand unserer absterbenden Gesellschaft, das fast niemanden mehr auffällt, dass sie genau anders eigentlich gestellt werden müsste, um das Interesse darauf zu lenken, wie ein Gesellschaft entstanden ist, für die die Verneinung die Norm ist und die Bejahung einen Katalog aus oftmals materiellen Gründen bedarf.



Ich würde der islamischen Welt übrigens keine Tickets für die Disco verkaufen wollen (das haben sie ja schon), sondern ein Modul in der Internationalen Raumstation ;)

Hm - willst du sie "auf den Mond schießen" oder mit ihnen deine Faszination für die Raumfahrt teilen? :D

Beverly
24.09.2008, 20:40
Diese Frage ist schon so symptomatisch für den Zustand unserer absterbenden Gesellschaft, das fast niemanden mehr auffällt, dass sie genau anders eigentlich gestellt werden müsste, um das Interesse darauf zu lenken, wie ein Gesellschaft entstanden ist, für die die Verneinung die Norm ist und die Bejahung einen Katalog aus oftmals materiellen Gründen bedarf.

es muss an sich Bejahenswertes geben in der Form "wenn ich Kinder kriege trage ich zum Fortbestand einer positiv bewerteten Gesellschaft bei" und nicht Argumente in der Art "wenn ich keine Kinder kriege droht der Weltuntergang" wobei sich die Frage stellt, ob der Weltuntergang auch droht, wenn ich Kinder kriege und die nur darunter leiden


Diese Frage ist schon so symptomatisch für den Zustand unserer absterbenden Gesellschaft, das fast niemanden mehr auffällt, dass sie genau anders eigentlich gestellt werden müsste, um das Interesse darauf zu lenken, wie ein Gesellschaft entstanden ist, für die die Verneinung die Norm ist und die Bejahung einen Katalog aus oftmals materiellen Gründen bedarf.



Hm - willst du sie "auf den Mond schießen" oder mit ihnen deine Faszination für die Raumfahrt teilen? :D

Letzteres :)

marc
24.09.2008, 22:49
Letzteres :)

...und du hoffst darauf, dass es ihnen wie Gagarin ergeht, der meinte, er hätte Gott im Weltraum nicht gefunden? :D

dr-esperanto
24.09.2008, 23:35
Ja, ein Glaube an Gott fördert natürlich das Zutrauen in die Zukunft: so Gottgläubige glauben ja, die Welt sei unter Kontrolle. Und wenn dann halt doch was schief geht (wie z.B. ein Atomkrieg), dann gibt es immer noch das Jenseits mit seiner ausgleichenden Gerechtigkeit.

Beverly
25.09.2008, 13:43
...und du hoffst darauf, dass es ihnen wie Gagarin ergeht, der meinte, er hätte Gott im Weltraum nicht gefunden? :D

Gagarin musste schon sehr simple Vorstellungen von Gott oder einem Gottesbeweis gehabt haben, wenn er so argumentierte.

Nein, mir geht es eher darum, dass eine konzeptionell durchdachte Raumfahrt einen wesentlichen Beitrag zur Lösung unserer Probleme leisten könnte. Weil die Menschen Energien und intellektuelle Bedürfnisse entwickelt haben, die sie auf der Erde nicht oder nur destruktiv umsetzen können. Und schließlich ist Raumforschung so alt wie die menschliche Kultur, wir setzten da mit modernen Mitteln nur fort, womit vormoderne Gesellschaften begonnen haben.

Ernesto-Che
25.09.2008, 16:51
Einer Überlieferung zufolge übergab der Erzengel Gabriel in der 27. Nacht des Ramadans dem Propheten Mohammed bei Mekka den Koran.

Schwachsinn - Engel können nicht mal fliegen - geschweige denn schreiben !!!