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Vollständige Version anzeigen : Leben wir in der Plutokratie?



Beverly
18.09.2008, 20:02
Heute kam in den Nachrichten, dass im Zuge der internationalen Bankenkrise die Notenbanken heute 200 Milliarden Dollar dazu verwendet hätte, die angeschlagenen Banken zu stützen und das System vor dem Zusammenbrechen zu schützen.

An einem einzigen Tag sind da plötzlich 200 Milliarden verfügbar. Stellt euch mal vor, was ihre mit dem Geld machen könntet und wofür man es sinnvoll einsetzen könnte. Einen Spielfilm über Bismarck oder das Deutsche Reich im Hochmittelalter? Damit ließe sich eine ganze Serie über die Geschichte Deutschlands von 9 bis 2009 drehen und das meiste Geld wäre noch gar nicht ausgegeben ;)
Die Notenbanken hätte mich und andere Raumfahrt-Begeisterte auch glücklich machen können, in dem sie heute verkündet hätten, dass mit den 200 Milliarden die Kosten für einen bemannten Flug zum Mars gesichert sind.
Oder sie hätten den 950 Millionen hungernden Menschen auf der Welt heute ein Essen ausgeben können.

Haben sie aber nicht - wer für kulturelle Projekte (Filme über deutsche Geschichte), wissenschaftliche und technische Vorhaben (Flug zum Mars) oder humanitäre Unternehmungen (Speisung aller Hungernden) 200 Milliarden Dollar haben wollen, würde vermutlich abgewiesen werden. "Es ist kein Geld da!", würde der Filmemacher mit seinem Projekt eines Serie über Deutschland von 9 bis 2009 hören. "Wir sollen erst die Probleme auf der Erde lösen" würde dem Marsflieger gesagt und wer durch Speisung der Hungernden die Probleme auf der Erde lösen will, bekäme vermutlich zur Antwort: "die sind doch selbst Schuld".

Aber für Pfeifen an den internationalen Finanzmärkten sind die 200 Milliarden so plötzlich da als ob da ein Zauberer mal eben ein Kaninchen aus dem Zylinder zieht. Warum lässt man die nicht Pleite gehen? Verdient hätten sie es und es entspräche nur den "Spielregeln" des Kapitalismus.

Angesichts solcher Zustände stellt sich die Frage:

Leben wir in der Plutokratie?

Auf Wikipedia steht dazu:


In heutiger Zeit erkennen einige Politikwissenschaftler auch im System der USA plutokratische Züge, wie auch in vielen anderen westlichen Ländern. Begründet wird diese Argumentation mit der Struktur der Rekrutierung politischer Eliten, die häufig eng verknüpft sind mit wirtschaftlichen Führungsschichten. Teilweise wird diese Macht zusätzlich durch einflussreiche Massenmedien gestützt(...)

Quelle http://de.wikipedia.org/wiki/Plutokratie

Moloch
18.09.2008, 20:05
Die USA sind eine Plutokratie, aber Deutschland nicht.

Nachtrag: Mist, jetzt hab ich aus Versehen mit "Ja" gestimmt.

EinDachs
18.09.2008, 20:15
Merkel wirkt gar nicht so wohlhabend.
Ich hab daher mit "Nein" gestimmt.

-jmw-
18.09.2008, 20:16
Könnte man vielleicht sagen, wenn man wollte, ja.

Beverly
18.09.2008, 20:16
Natürlich leben wir in der Plutokratie, was denn sonst ?( ?

Das System hat sich so sehr darauf verengt, die Konzentration von Besitz, Vermögen und Kapital in den Händen einer kleinen sozialen Schicht zu fördern, dass da für anderes kein Platz mehr ist.
"Plutokratie" auch deshalb, weil die Sicherung und Mehrung von Besitz und das Umverteilen von Unten nach Oben schon zum Selbstzweck geworden ist. Die herrschende Instanz zieht keine Ressourcen an sich, um sie woanders wieder einzusetzen (für Filme, Raumfahrt oder soziale Projekte), sondern um sie dauerhaft der Gesellschaft zu entziehen. Dank der Bankenkrise wissen wir ja, warum für uns alle kein Geld da ist - von Grönland bis zur Antarktis hat rein rechnerisch jeder Erdenbürger heute mit ca. 25 Dollar dazu beigetragen, ein System zu stützen, dass viele nicht mal kennen und das den meisten keinen Nutzen bringt. Nur an einem einzigen 25 Dollar von jedem Menschen auf diesem Planeten, nur damit einige unfähige Bankiers die Konsequenzen ihren Tuns nicht selbst ausbaden müssen.

Man kann das nun politökonomisch deuten, so wie es der Marxismus tut, und darin den Kapitalismus im Endstadium sehen, wo die Konzentration von Kapital in den Händen weniger zum Zusammenbruch führt. Man kann es auch "vom Überbau" her sehen und bei der sinnlosen und unproduktiven Kapitalkonzentration den "anal hortenden" Charakter am Werke sehen.
Es läuft letztendlich aufs Gleiche hinaus - wir leben in der Plutokratie, der Herrschaft der Reichen und Superreichen, die kein anderen Ziel mehr hat als sich selbst zu erhalten. Die wollen weder Serien über deutsche Geschichte sehen, noch zum Mars fliegen oder Hungrige speisen. Die wollen sich nur in irgendwelchen Reichen-Ghettos einzäunen und das war's.

Beverly
18.09.2008, 20:19
Merkel wirkt gar nicht so wohlhabend.
Ich hab daher mit "Nein" gestimmt.

als ob Frau Merkel mehr ist als eine Galionsfigur derjenigen, die wirklich herrschen :=

Beverly
18.09.2008, 20:20
Die USA sind eine Plutokratie, aber Deutschland nicht.

gleichen wir uns nicht den US-amerikanischen Zuständen immer mehr an?

Moloch
18.09.2008, 20:30
gleichen wir uns nicht den US-amerikanischen Zuständen immer mehr an?

Selbst wenn dies so wäre, wäre es noch die Frage, ob das am politischen System liegt. Unter einer Plutokratie verstehe ich ein politisches System, das den Reichen direkt oder indirekt die Herrschaft sichert, und das scheint mir in den USA mit seiner Wahlkampffinanzierung durch Spenden, seinem käuflichen Kongreß und seinem Zwei-Parteien-System der Fall. In Deutschland haben politische Kräfte, die von den Reichen nicht oder kaum unterstützt werden, m.E. viel größere Chancen.

EinDachs
18.09.2008, 20:36
als ob Frau Merkel mehr ist als eine Galionsfigur derjenigen, die wirklich herrschen :=

Naja, wenn wir in Rechnung stellen dürfen, wer angeblich laut wem warum herrscht, kann man so ziemlich jedes Griechische Wort mit -kratie verbinden und findet immer irgendeinen der glaubt dies wär unser Regierungssystem.

Fakt ist, dass politische Macht bei uns bekanntlich durch freie, gleiche Wahlen delegiert wird. Gemeinhin nennt man das dann Demokratie.
Das es Leute gibt, die reich sind und damit zwangsläufig auch eine Form von Macht haben, ändert an dem nicht viel.
Hätten wir ein Zensuswahlrecht, dann säh die Sache wieder anders aus, so allerdings wüßt ich nicht Recht, woran ich das festmachen sollte.

Brotzeit
20.09.2008, 15:26
"Seit still!" schrie Micky Maus und ging zurück ins Haus um Minnie zu küssen ....

:rolleyes: :cool2: :hihi: :))

Michel
20.09.2008, 16:22
G. Edward Griffin

Die Kreatur von Jekyll Island

Die US-Notenbank Federal Reserve
Das schrecklichste Ungeheuer, das die internationale Hochfinanz je schuf.


»Gebt mir die Kontrolle über die Währung einer Nation, dann ist es für mich gleichgültig wer die Gesetze macht.«
Mayer Amschel Rothschild

http://www.politikforen.net/showthread.php?t=66353

Beverly
20.09.2008, 16:42
G. Edward Griffin

Die Kreatur von Jekyll Island

Die US-Notenbank Federal Reserve
Das schrecklichste Ungeheuer, das die internationale Hochfinanz je schuf.


»Gebt mir die Kontrolle über die Währung einer Nation, dann ist es für mich gleichgültig wer die Gesetze macht.«
Mayer Amschel Rothschild

http://www.politikforen.net/showthread.php?t=66353

Ich habe heute im Radio gehört, dass diese erlauchte Institution bis zu 800 Milliarden Dollar bereitstellen will, um die Folgen der Bankenkrise in den USA zu beheben. Das sind pro US-Amerikaner 3000 Dollar und auf die Weltbevölkerung umgerechnet immerhin noch über 110 Dollar pro Kopf. Wobei viele Menschen in ihrem ärmlichen Leben wohl selten oder nie hundert Dollar auf einen Haufen gesehen haben. Wie auch, wenn "Notenbanker" genannte Gestalten es ins Nichts verpulvern.
Da ist mir heute der Gedanke gekommen, doch alle ideologischen Differenzen zurückzustellen und gemeinsam die Notenbanken auszurauben ;) Da scheint ja eine Menge Geld da zu sein, wenn sie es für den Dummfug einiger Finanzfuzzys so freizügig ausgeben :)

Beverly
20.09.2008, 16:45
Naja, wenn wir in Rechnung stellen dürfen, wer angeblich laut wem warum herrscht, kann man so ziemlich jedes Griechische Wort mit -kratie verbinden und findet immer irgendeinen der glaubt dies wär unser Regierungssystem.

Fakt ist, dass politische Macht bei uns bekanntlich durch freie, gleiche Wahlen delegiert wird. Gemeinhin nennt man das dann Demokratie.
Das es Leute gibt, die reich sind und damit zwangsläufig auch eine Form von Macht haben, ändert an dem nicht viel.
Hätten wir ein Zensuswahlrecht, dann säh die Sache wieder anders aus, so allerdings wüßt ich nicht Recht, woran ich das festmachen sollte.

Du gehst davon, dass Parteien, Wahlen und Parlamente die im Wortsinne entscheidenden Instanzen sind. Das glaube ich nicht, so kann z. B. die hiesige Linkspartei auf legalem Wege kaum mehr bewirken als Sand im Getrieben zu sein. Die müssten schon für 50 Euro mehr für Erwerbslose kämpfen, alldiweil unsere Notenbanker bei der Versorgung ihrer Klientel längst die Milliarde als kleinste Recheneinheit eingeführt haben :rolleyes:

-jmw-
20.09.2008, 19:29
Da ist mir heute der Gedanke gekommen, doch alle ideologischen Differenzen zurückzustellen und gemeinsam die Notenbanken auszurauben ;) Da scheint ja eine Menge Geld da zu sein, wenn sie es für den Dummfug einiger Finanzfuzzys so freizügig ausgeben :)
Oha, ja, sach bescheid, wenn's losgeht, ich komm mit! :)

Tormentor
20.09.2008, 22:23
Mit Plutokratie hat der Vorgang,den die amerikanische Regierung auf Raten der Finanzexperten nun eingeleitet hat,nicht viel zu tun. Da wurde Kapital locker gemacht,dass man nicht hat,da wurden neue Schulden gemacht. Und dass ein Kredit nur dann erteilt wird,wenn die Aussicht besteht,dass das Geld wieder zurückkommt,ist ja wohl klar. Die Speisung der Armen würde eben,so schön das Ansinnen auch wäre,keinen Gewinn abwerfen.
Wenn mit den 200 Milliarden aber die Finanzkrie gelöst oder gemildert wird,erholt sich die Wirtschaft wieder. Und davon haben alle Verbraucher etwas.

marc
20.09.2008, 22:50
Du gehst davon, dass Parteien, Wahlen und Parlamente die im Wortsinne entscheidenden Instanzen sind. Das glaube ich nicht, so kann z. B. die hiesige Linkspartei auf legalem Wege kaum mehr bewirken als Sand im Getrieben zu sein. Die müssten schon für 50 Euro mehr für Erwerbslose kämpfen, alldiweil unsere Notenbanker bei der Versorgung ihrer Klientel längst die Milliarde als kleinste Recheneinheit eingeführt haben :rolleyes:

Ich erinnere mich noch an ein Interview mit Gerhard Schröder, das während seiner ersten Amtszeit mit ihm geführt wurde und in dessen Verlauf er gefragt wurde, inwiefern es auch Formen von Ernüchterung gegeben hätte und inwiefern er sich das Amt des Bundeskanzlers anders vorgestellt hätte.
Er erzählte ein bisschen und kam dann zu dem Schluß, dass ihm die große Bedeutung von Wirtschaftskräften zwar schon klar gewesen sei, er aber erstmal die Feststellung verkraften musste, dass ein Ferdinand Piech, der damals Vorstandsvorsitzender der VW AG war, "im Grunde mehr Macht" hätte, als der Bundeskanzler.

Man kann jetzt natürlich streiten, ob das so ist und natürlich auch, ob es gut oder schlecht so sei, aber die eigentliche Frage zielt ja auf viel mehr, nämlich die Plutokratie. Vielleicht kann man sagen, dass wir heute in einer Plutokratie leben, aber deren Umsetzung mit subtileren Mitteln erfolgt. Wir erleben ja auch Defizite in Sachen Meinungsfreiheit, die in der Moderne allerdings "subtiler" durchgesetzt werden. (Vgl. dazu z.B. Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika) Wobei sich gerade am heutigen Tag am Beispiel Köln die Gegenfrage aufdrängt, ob man diese Einschränkungen noch als "subtil" bezeichnen darf.

Ähnliches - also nichts Neues in einem neuen Gewande - könnte auch bzgl. der Plutokratie gelten. Ganz interessant an der Stelle sind die Arbeiten von Michael Hartmann. Ich warne allerdings gleich: Der Mann ist - gottseibeiuns - ein Soziologe, aber wenn man in der Lage ist, seine Denkschablonen mal testweise zu überwinden, dann lohnt es sich schon, sich mit ihm zu befassen.

Ob er sowohl in der Analyse als auch vorallem in dem Lösungsvorschlag völlig recht hat, ist jetzt erstmal egal - aber es ist vielleicht doch mal ganz interessant, das zu verlinken:


In seiner viel beachteten empirischen Studie Der Mythos von den Leistungseliten untersucht Hartmann die Bedeutung der sozialen Herkunft beim Zugang zu Elitepositionen in der Bundesrepublik Deutschland. Er kommt zu dem Ergebnis, daß sie eine erhebliche Bedeutung habe beziehungsweise die Chancengleichheit diesbezüglich erhebliche Defizite aufweise. Er arbeitet den großen Einfluss heraus, den die soziale Herkunft bei der Besetzung solcher Position spielt.

Michael Hartmann hat die Biografien von 6500 Doktoren der Promotionsjahre 1955, 1965, 1975 und 1985 in der Bundesrepublik Deutschland untersucht, um heraus zu finden, ob die soziale Herkunft bei Akademikern mit dem höchsten Bildungsabschluss für den Aufstieg in die Elite relevant ist. Dabei konzentrierte er sich wegen ihrer Bedeutung für die Herrschaftsstruktur in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Justiz und Politik auf Juristen, Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure.

Zum Einen stellt Hartmann fest, dass bereits die Promotion sozial hoch selektiv ist. Zum Anderen zeigt sich, dass bei Betrachtung des weiteren Karriereverlaufs der Promovierten Spitzenpositionen in den untersuchten Bereichen in überrepräsentativen Ausmaß von Kindern des Großbürgertums und des gehobenen Bürgertums besetzt werden.

Die in der strukturfunktionalistischen Schule der Eliteforschung vertretene Position, die Rekrutierung der Eliten erfolge vorrangig anhand der individuellen Leistung, hat sich insoweit nicht bestätigt. Auch die Hoffnungen von Ralf Dahrendorf und den meisten anderen Eliteforschern, die Bildungsexpansion mit ihrer sozialen Öffnung der Hochschulen werde an der Bedeutung der sozialen Herkunft bei der Rekrutierung der Eliten Wesentliches ändern, hätten sich dementsprechend nur unzureichend erfüllt. Zwar sei es zunächst durchaus zu einer Öffnung der Promotion für breitere Teile der Gesellschaft gekommen, doch habe bei den untersuchten Jahrgängen inzwischen eine weitere soziale Selektion bei der Verteilung von Spitzenpositionen eingesetzt.



Der Soziologe Ralf Dahrendorf würde Ihnen vehement widersprechen. Er sagt: Der Einzelne ist nicht mehr das, was er besitzt oder als was er geboren ist, sondern nur noch, was er kann.

Das ist ein Unsinn, ein Mythos, der bewusst am Leben gehalten wird. Es stimmt einfach nicht, dass nur der Wille bestimmt, wer nach oben kommt.

Wie? Es ist die Gnade der Geburt, ob ich ein Unternehmenschef werde?

Ja. Wir sind keine Fahrstuhlgesellschaft, in der es für die meisten nach oben geht, wie es in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts manchmal noch hieß. Zum Manager wird man geboren. Vier von fünf Managern der 100 größten Unternehmen stammen aus den oberen drei Prozent der Bevölkerung, dem Großbürgertum. Nur ein Chef aus den Dax-30-Unternehmen ist ein Arbeiterkind. Bei den meisten anderen Vorstandschefs waren die Eltern Unternehmer, Manager, hohe Beamte oder Adel. Man kennt sich. Das ist eine wirklich geschlossene Gesellschaft.


Ich habe gerade in einer Studie Frankreich, Großbritannien - also Länder mit Elite-Einrichtungen - untersucht, habe mir auch die USA angeschaut: Es gibt definitiv keinen Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg eines Landes und seinen elitären Bildungseinrichtungen. Was es allerdings eindeutig gibt: Je exklusiver und teurer die Elite- Einrichtungen sind, desto größer sind die sozialen Unterschiede, desto aggressiver sind auch die Lebensbedingungen, desto rauer der Alltag. In Großbritannien und in den USA ist jeder Fünfte arm - in Skandinavien jeder Zehnte. Die Wahrscheinlichkeit, in Großbritannien oder in den USA überfallen, ausgeraubt oder ermordet zu werden, ist um ein Vielfaches höher als in den skandinavischen Ländern. Wir sind eindeutig auf dem Weg zum rauen, zum amerikanischen Modell.


Utz Claassen, der Vorstandschef von EnBW, der das Unternehmen gerade verlassen hat, er ist 44, und er bekommt für die vier Jahre, die er bei EnBW gearbeitet hat, bis zu seinem Rentenalter ein Übergangsgeld von 400.000 Euro jährlich, danach als Pension dieselbe Summe bis zum Tode.

Er hat im Frühjahr ein Buch veröffentlicht: "Mut zur Wahrheit".

Und darin verkündet er, Deutschland lebe seit Jahren über seine Verhältnisse.

Er spricht aber nicht von sich.
Nein, wie zynisch sein Buch ist, merkt er gar nicht. Er sieht nur sich und seine Gruppe - die Ackermanns, die Kleinfelds. Neulich wurden am selben Tag zwei Zahlen bekannt: Die Dax-30-Vorstandschefs verdienen im Schnitt 3,4 Millionen Euro im Jahr. 1,9 Millionen Kinder in Deutschland leben in Armut.

http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/karriere/:Eliteforscher-Hartmann-Zum-Manager/600040.html

Man müsste natürlich noch viel mehr dazu sagen, weil Plutokratie ja noch einen Schritt weitergeht und dass Vermögen dann zu Herrschaft führt und dies auch als legitim gilt. Dann würde es auch darum gehen, dass marktwirtschaftliche Spielregeln in andere Bereiche des Lebens übertragen werden und sozusagen die Marktwirtschaft als wirtschaftliche Option zu dem wird, was man hierzulande als "Kapitalismus" bezeichnet, als ganzheitliches Lebensmodell, an das sich alles andere auszurichten hat. ("Buddha für Manager") Außerdem auch um die Frage, welcher Menschentyp dann herangezüchtet wird und wer als Ideal propagiert wird.

Aber ich bin jetzt müde und hab auch keine Lust, jetzt auch noch auf die Gegenposition einzugehen, für die es allerdings ebenfalls gute Gründe gibt.

marc
20.09.2008, 22:56
Wenn mit den 200 Milliarden aber die Finanzkrie gelöst oder gemildert wird,erholt sich die Wirtschaft wieder. Und davon haben alle Verbraucher etwas.

Das eigentliche Beispiel finde ich jetzt gar nicht so wichtig. Es liessen sich auch andere Beispiele finden, wobei man bezogen auf den Ursprung dieser Subprime-Kredite erwidern könnte, dass aufgrund von Steuererleichterungen immerhin ein Kapitalüberschuss entstand, der eben zu diesen Ramschkrediten und dem Weiterverkauf der Hypotheken führte. Ziel der Subprime-Kredite war ja etwas ganz anderes als das der Mikrokredite, wie sie ein Muhammad Yunus propagiert.

Folge war dann ebenfalls etwas anderes.

Sauerländer
20.09.2008, 23:22
Oha, ja, sach bescheid, wenn's losgeht, ich komm mit! :)
PN an mich, sobald es ernst wird. :)

Beverly
21.09.2008, 11:39
Mit Plutokratie hat der Vorgang,den die amerikanische Regierung auf Raten der Finanzexperten nun eingeleitet hat,nicht viel zu tun. Da wurde Kapital locker gemacht,dass man nicht hat,da wurden neue Schulden gemacht. Und dass ein Kredit nur dann erteilt wird,wenn die Aussicht besteht,dass das Geld wieder zurückkommt,ist ja wohl klar. Die Speisung der Armen würde eben,so schön das Ansinnen auch wäre,keinen Gewinn abwerfen.
Wenn mit den 200 Milliarden aber die Finanzkrie gelöst oder gemildert wird,erholt sich die Wirtschaft wieder.

Plutokratie bedeutet im Wortsinne "die Herrschaft der Reichen". Du wiederlegst das nicht so sehr, sondern verweist eher auf eine Steigerungsform: nicht mehr die Reichen herrschen, sondern ihr Geld. Es herrscht nicht mehr der visionäre Mäzen und der Unternehmer, für den Geld letztendlich nur Mittel zum Zweck ist, sondern die hortende Krämerseele, für die Geld der Endzweck ist.


Und davon haben alle Verbraucher etwas.

Was ist ein "Verbraucher"? Jeder Mensch oder nur die Menschen mit Geld? Sind die 950 Millionen Hungernden, die mit Geld, was bei der Finanzkrise verpulvert wurde, über mehrere Monate hätten satt gemacht werden können, auch "Verbraucher"? Wenn ja, dann haben sie nichts davon.

-jmw-
21.09.2008, 11:49
Geht klar!

Beverly
21.09.2008, 12:11
Man müsste natürlich noch viel mehr dazu sagen, weil Plutokratie ja noch einen Schritt weitergeht und dass Vermögen dann zu Herrschaft führt und dies auch als legitim gilt. Dann würde es auch darum gehen, dass marktwirtschaftliche Spielregeln in andere Bereiche des Lebens übertragen werden und sozusagen die Marktwirtschaft als wirtschaftliche Option zu dem wird, was man hierzulande als "Kapitalismus" bezeichnet, als ganzheitliches Lebensmodell, an das sich alles andere auszurichten hat. ("Buddha für Manager") Außerdem auch um die Frage, welcher Menschentyp dann herangezüchtet wird und wer als Ideal propagiert wird.

@marc,

der orthodoxe, ökonomistische Linke und Antikapitalist lehnt den Kapitalismus aufgrund ökonomischer Gesetzmäßigkeiten ab, die zu seinem Zusammenbruch führen. Das mag durchaus so sein und die Bankenkrise ist ein Indiz dafür. Egal, ob sie jetzt zum Totalcrash führt oder ob die Systemfuzzis drei- oder vierstellige Milliardensummen verpulvern, um den Crash jetzt zu vermeiden. Gerade wenn sie eine Billion Dollar in die Finanzmärkte gepumpt haben und dann sagen: ist doch alles prima, weiß man, dass alles Sch... ist und der finale Crash um so sicherer kommt :D

Aber ich denke, diese harten, materiellen, ökonomischen Gesetzmäßigkeiten können nur von Leuten mit einer bestimmten geistigen - besser gesagt: geistlosen - Verfassung exekutiert werden. Marx schrieb da meines Wissens vom Fetisch des Geldes - eben, wenn Geld zum Selbstzweck wird. Zeugt nicht schon das Vorhandensein so riesiger Geldmittel davon, dass es keine auf materiellem Mangel beruhende Krise ("Pauperismus") ist? Im Gegenteil: was immer noch an Mangel in der Welt ist - für findige Geschäftsleute mit Ideen und Visionen wäre er eher ein Feld, um sich eine goldene Nase zu verdienen. IMHO könnten die die Sättigungskrise des Kapitalismus in das Jahr 2400 vertagen und bis dahin ist die Menschheit vielleicht so erwachsen geworden, dass sie sich ein Nachfolgesystem schafft, ohne dabei Ströme von Blut zu vergießen ... das setzt aber auf der geistigen Ebene die richtigen Orientierungen voraus. Was immer unsere Manager sich da derzeit reinziehen - du schreibst von "Buddha für Manager" - sollte umstandslos in die Tonne gekloppt werden.
Sind wir nicht längst an einem Punkt, wo nicht jeder Unternehmer das "Arschloch" ist, sondern zumindest Teile des Mittelstandes noch das Rückgrat bilden, ohne das wir hier nordkoreanische Verhältnisse hätten, aber all die dem "Kapital" und dem "bürgerlichen Lager" zugeschriebenen "neoliberalen" Diskurse durch die Bank verfehlt und destruktiv. Da faseln bei INSM und co. BWL-Fundamentalisten, wo ich glaube, dass die nie einen Cent aus eigener Kraft verdient haben.

Pelle
18.05.2018, 11:42
Heute kam in den Nachrichten, dass im Zuge der internationalen Bankenkrise die Notenbanken heute 200 Milliarden Dollar dazu verwendet hätte, die angeschlagenen Banken zu stützen und das System vor dem Zusammenbrechen zu schützen.

An einem einzigen Tag sind da plötzlich 200 Milliarden verfügbar. Stellt euch mal vor, was ihre mit dem Geld machen könntet und wofür man es sinnvoll einsetzen könnte. Einen Spielfilm über Bismarck oder das Deutsche Reich im Hochmittelalter? Damit ließe sich eine ganze Serie über die Geschichte Deutschlands von 9 bis 2009 drehen und das meiste Geld wäre noch gar nicht ausgegeben ;)
Die Notenbanken hätte mich und andere Raumfahrt-Begeisterte auch glücklich machen können, in dem sie heute verkündet hätten, dass mit den 200 Milliarden die Kosten für einen bemannten Flug zum Mars gesichert sind.
Oder sie hätten den 950 Millionen hungernden Menschen auf der Welt heute ein Essen ausgeben können.

Haben sie aber nicht - wer für kulturelle Projekte (Filme über deutsche Geschichte), wissenschaftliche und technische Vorhaben (Flug zum Mars) oder humanitäre Unternehmungen (Speisung aller Hungernden) 200 Milliarden Dollar haben wollen, würde vermutlich abgewiesen werden. "Es ist kein Geld da!", würde der Filmemacher mit seinem Projekt eines Serie über Deutschland von 9 bis 2009 hören. "Wir sollen erst die Probleme auf der Erde lösen" würde dem Marsflieger gesagt und wer durch Speisung der Hungernden die Probleme auf der Erde lösen will, bekäme vermutlich zur Antwort: "die sind doch selbst Schuld".

Aber für Pfeifen an den internationalen Finanzmärkten sind die 200 Milliarden so plötzlich da als ob da ein Zauberer mal eben ein Kaninchen aus dem Zylinder zieht. Warum lässt man die nicht Pleite gehen? Verdient hätten sie es und es entspräche nur den "Spielregeln" des Kapitalismus.

Angesichts solcher Zustände stellt sich die Frage:

Leben wir in der Plutokratie?

Auf Wikipedia steht dazu:



Quelle http://de.wikipedia.org/wiki/Plutokratie

Ja, wir leben in einer Plutokratie!

https://www.ardmediathek.de/tv/die-story/Ungleichland-3-3-Macht/WDR-Fernsehen/Video?bcastId=7486242&documentId=52467210

http://plutokraten.blogspot.de/2007/12/was-ist-plutokratie.html

Desmodrom
18.05.2018, 11:50
Rein rhetorische Frage deren Beantwortung klar auf der Hand liegen sollte!

Pelle
18.05.2018, 19:04
Rein rhetorische Frage deren Beantwortung klar auf der Hand liegen sollte!

Aber nicht für jeden, besonders hier im Forum.


https://www.youtube.com/watch?v=KUSVTK1lUN8

Uffzach
18.05.2018, 19:18
...Stellt euch mal vor, was ihre mit dem Geld machen könntet und wofür man es sinnvoll einsetzen könnte.
Eine dumme Aufforderung. Was den Leuten sinnvoll erscheint ist es idR nicht.



Leben wir in der Plutokratie?
Nein, im Spätkapitalismus. :cool:

Pelle
18.05.2018, 19:27
Nein, im Spätkapitalismus. :cool:

Kapitalismus ist die Gesellschaftsform und Plutokratie die Herrschaftsform.


https://www.youtube.com/watch?v=XMN462W4WBg

https://www.youtube.com/watch?v=wHyT68JRB28

Uffzach
18.05.2018, 19:35
Kapitalismus ist die Gesellschaftsform und Plutokratie die Herrschaftsform.
Das ist nicht richtig. "Kapitalismus" impliziert auch die allgemeine Herrschaftsform und "Plutokratie" als besondere Form ist ein Symptom des Kapitalismus. "Kapitalismus" ist aber wesentlich präziser, weil "Kapitalismus" auch auf die Ursachen verweist. :cool:

Pelle
18.05.2018, 19:53
Das ist nicht richtig. "Kapitalismus" impliziert auch die allgemeine Herrschaftsform und "Plutokratie" als besondere Form ist ein Symptom des Kapitalismus. "Kapitalismus" ist aber wesentlich präziser, weil "Kapitalismus" auch auf die Ursachen verweist. :cool:

Das ist nicht richtig. Der Kapitalismus kann aber auch in einer nicht korrupten Faschismus existieren und Plutokratie kann auch in anderen Gesellschaftsformen existieren.

Uffzach
18.05.2018, 20:12
Das ist nicht richtig. Der Kapitalismus kann aber auch in einer nicht korrupten Faschismus existieren und Plutokratie kann auch in anderen Gesellschaftsformen existieren.
Zu kurz gedacht!
Faschismus ist - historisch betrachtet - immer eine Erscheinungsform des Kapitalismus gewesen. Und sollte es so sein, dass Plutokratie auch außerhalb des Kapitalismus existieren kann - nach der Wiki Definition wäre das zB in Feudalsystemen möglich - dann ist es für den Kontext des OP hier irrelevant und bestätigt aber was ich gesagt habe: dass "Plutokratie" weniger präzise ist als "Spätkapitalismus"

frundsberg
18.05.2018, 20:17
„Heute ist Demokratie Fassade der Plutokratie, weil die Völker nackte Plutokratie nicht dulden würden, wird ihnen die nominelle Macht überlassen, während die faktische Macht in den Händen der Plutokraten ruht. In republikanischen wie in monarchischen Demokratien sind die Staatsmänner Marionetten (Komplizen), die Kapitalisten Drahtzieher: sie diktieren die Richtlinien der Politik, sie beherrschen durch Ankauf der öffentlichen Meinung die Wähler, durch geschäftliche und gesellschaftliche Beziehungen die Minister. Die plutokratische Gesellschaft (kennt) keine höheren Werte als Geld und Wohlleben: die Geltung eines Menschen wird taxiert nach dem, was er hat, nicht nach dem, was er ist.“

Pelle
18.05.2018, 20:43
„Heute ist Demokratie Fassade der Plutokratie, weil die Völker nackte Plutokratie nicht dulden würden, wird ihnen die nominelle Macht überlassen, während die faktische Macht in den Händen der Plutokraten ruht. In republikanischen wie in monarchischen Demokratien sind die Staatsmänner Marionetten (Komplizen), die Kapitalisten Drahtzieher: sie diktieren die Richtlinien der Politik, sie beherrschen durch Ankauf der öffentlichen Meinung die Wähler, durch geschäftliche und gesellschaftliche Beziehungen die Minister. Die plutokratische Gesellschaft (kennt) keine höheren Werte als Geld und Wohlleben: die Geltung eines Menschen wird taxiert nach dem, was er hat, nicht nach dem, was er ist.“

Richtig!


https://www.youtube.com/watch?v=QlMsEmpdC0E

https://www.youtube.com/watch?v=nELNwj2xELg

Pelle
22.05.2018, 00:30
Die USA sind eine Plutokratie, aber Deutschland nicht.

Nachtrag: Mist, jetzt hab ich aus Versehen mit "Ja" gestimmt.

Deutschland ist auch eine Plutokratie.


https://www.youtube.com/watch?v=5CctRX-57tc