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Vollständige Version anzeigen : "DDR XXL" - warum zwingt ihr Andersdenkende/-lebende in euer System



Beverly
21.08.2008, 06:53
Zu den widerwärtigsten Aspekten der original DDR gehörte es, dass sie Menschen in ein System zwang, in dem sie nicht leben wollten. Von 1961-89 hinderte sie Menschen mit Mauer und Stacheldraht daran, ihr Experiment "Sozialismus" zu verlassen. Im übrigen dürfte dieses Verhalten einer der Hauptgründe für das - gewollte? - Scheitern des Sozialismus gewesen sein. Hätten die Verantwortlichen Unwillige ziehen lassen und dafür in den anderen deutschen Teilstaaten (Schweiz, Österreich, BRD, Südtirol) und dem Ausland um Menschen geworben, die gern im Sozialismus lebten, wäre das System vielleicht nicht gescheitert. Berichte über soziale Kälte in Zürich legen nahe, dass selbst in der reichen Schweiz die Zustände so waren, dass der eine oder andere das Ticket nach Pankow gelöst hätte.
Wenn die ganze Sache auf Freiwilligkeit basiert hätte!
Die Auswanderer aus der DDR hätten entweder im Westen ihr Glück gemacht oder wären enttäuscht und mit eingezogenem Schwanz wiedergekommen. Wie auch immer, alle hätten in dem zu ihnen passendem System mehr oder weniger glücklich und zufrieden leben können.

Der Zusammenbruch der DDR nun ist ganz wesentlich dadurch verursacht, dass dieses System auf Zwang basiert. Zwang in seiner übelsten, aber wenigstens noch ehrlichen Form. Die Chefideologen zwangen Menschen in ihr System und in ihre Ideologie, die entweder etwas Anderes oder gar keine Ideologie wollten. Um "was zu werden" musste man die Ideologie nachplappern, egal ob man an sie glaubte oder nicht. Raus konnte man nicht - weil eingemauert. So brachten die Menschen das Gefängnis schließlich zum Einsturz.

Nur haben wir heute ein System und eine Ideologie, welche die Fehler der DDR nicht auf einem kleinen Stück Deutschland, sondern weltweit wiederholt. Ich beschränke mich auf die wesentlichen Schlagworte:

- wirtschaftlicher Liberalismus an erster Stelle > Kapitalismus
- politischer Liberalismus an zweiter Steller > Demokratie
- gesellschaftlicher Liberalismus an dritter Stelle > Freiheit, aber letztendlich nur für eine Minderheit
- Postmoderne und Verwerfung der technokratischen Zukunftsvisionen der Moderne
- freies Spiel der Kräfte auf allen Ebenen von der Welt bis zum Heimatdorf oder Stadtviertel
- Selbstverantwortung
- Eigeninitiative

Dieses System als Solches mag mitsamt seinen Protagonisten so gut oder so schlecht sein wie jedes andere, nur durch seinen Anspruch auf universelle Gültigkeit für Alle wird es zum Horrortrip. Ein sehr spezifisches Verhalten, das Nachplappern von geradezu absurden political correctness-Diskursen, eine Flexibilität als ob Menschen so biegsam wie Regenwürmer wären und ein vereinzelter Überlebenskampf werden allen 6,7 Milliarden Menschen aufgedrückt.
Ein Spiel mit wenigen Gewinnern und vielen Verlierern, weil die Spielregeln absurd und die Karten gezinkt sind :rolleyes:

Zu den größten Problemen dieses Systems gehört nicht nur der ihm immanente Unfug, sondern auch mögliche Gegenbewegungen, Systemalternativen und Nachfolgesysteme, die den gleichen Fehler haben wie das jetzige System:

Sich auf einem begrenzten Territorium oder weltweit allen Menschen auch gegen ihren Willen aufzuzwingen! Egal ob nach einem rotbraunen 1789 mit Guillotine am Potsdamer Platz :) in Deutschland der nationale Sozialismus folgt oder es gleich zur Weltrevolution kommt - ich sehe da immer die Gefahr, dass jetziger liberaler Holismus und Totalitarismus nur durch einen anderen Holismus ersetzt wird. Nicht zum System passende Menschen durch Genickschuss in eine bessere Welt zu befördern mag ehrlicher und auch kostensparender sein als sie im Überlebenskampf in Freiheit verrecken zu lassen - ein wirklicher Fortschritt ist das nicht.

Ich habe das an mir selbst bemerkt. Einerseits bin ich für technokratische (nicht ideologisch-staatssozialistische) Zukunftsvisionen unter dem Label einer "geeinten Menschheit". Ihre Verwerfung durch die Postmodernisten halte ich für eines der größten Übel unserer Zeit. Ich hätte auch wenig Skrupel, einer technokratischen Zukunftsvision mit ... äh nicht ganz den Spielregeln entsprechenden Methoden zum Durchbruch zu verhelfen. Wer braucht eigentlich unsere 200 Territorialstaaten mitsamt ihrem ideologisch-bürokratischem Apparat, wer braucht 10 Millionen parasitärer Millionäre, wer braucht 1100 Milliardäre und ihren ganzen Anhang? Weg den Dreck - entweder friedlich oder mit Gewalt.

Doch danach, am Tag 1 der Neuen Weltordnung?

Man mag dann vielleicht die Verbrecher und Intriganten unserer Tage beseitigt haben und die Weltpolizeit hat alle Hände voll damit zu tun, sinnlose Lynchmorde des Mobs an den Gestalten zu verhindern, vor denen dieser Mob eben noch gekuscht hat. Soweit so gut.

Errichtet man aber nun ein neues holistisches, ideologisches System, so werden zwei Dinge passieren:

Jene Opportunisten und Gschaftlhuber, die anno Honecker die Diskurse der DDR nachgeplappert haben und heuer die Diskurse der Globalisierung nachplappern, werden dann die neuen Diskurse nachplappern. Aus Opportunismus und Eigennutz und ohne wirklich daran zu glauben.

Man wird viele Menschen gegen sich haben, die aus bei aller Andersartigkeit redlichen Gründen mit dem neuen System nicht konform gehen.
Die Opportunisten und Dissidenten zusammen werden dann früher oder später das neue System ebenso zu Fall bringen wie die Systeme davor. Die einen von Innen, die anderen von Außen.

Führen solche Überlegungen nicht zu folgenden Schlüssen?

1. Es gibt kein für alle Menschen passendes System.

2. Die Logik des holistischen Systems egal welcher ideologischen Färbung führt zwangsläufig zuerst zu Repression und dann zum Untergang.

3. Man darf Menschen nicht gegen ihren Willen in ein System zwingen, sondern muss ihnen notfalls sogar ermöglichen, in das für sie passende System zu wechseln. Sei es mit der Reisefreiheit in den Westen oder dem Ticket nach Pankow.

4. Bestrebungen, der gesamten Menschheit ein und dasselbe System aufzuzwingen, sind zu verwerfen. Das gilt nicht nur für eine "sozialistische Weltrepublik", das gilt auch und gerade für die jetzigen Bestrebungen, überall Kapitalismus und "liberale Demokratie" zu verbreiten.

5. Ein vielleicht sogar notwendiger Universalismus, der als Adressat seines Diskurses die ganze Menschheit hat, muss den Kriterien 1. bis 4. gerecht werden.

Bärwolf
21.08.2008, 07:54
Diese letzt genannte art eines Universalismus wird es nicht geben, weil unsere heutigen Univeralisten auch nur ein einheitliches Zwangssystem (OneWorld-Ideologie) anstreben und sich einer fundamentalistisch-extremistischen Menschenrechtsideologie bedienen, die im Fanatismus der des extremistischen Islam gleich kommt

Beverly
21.08.2008, 08:10
Diese letzt genannte art eines Universalismus wird es nicht geben, weil unsere heutigen Univeralisten auch nur ein einheitliches Zwangssystem (OneWorld-Ideologie) anstreben und sich einer fundamentalistisch-extremistischen Menschenrechtsideologie bedienen, die im Fanatismus der des extremistischen Islam gleich kommt

Es muss schon unveräußerliche Rechte jedes einzelnen Menschen geben, etwa das Recht auf geistige und körperliche Unversehrtheit. Schon um der Brut einzubleuen, dass es über allen Relativismen und BlaBla stehende absolute Werte gibt, bin ich auch für eine weltweite Ächtung der Todesstrafe - die als Sanktion eh nicht viel taugt, wenn ich bedenke, wer so alles nicht in ihren Genuss gekommen ist germane

Aber was du da ansprichst, ist heute meines Erachtens keine zwangsverordnete Beglückung für alle 6 700 000 000 Menschen auf der Welt. Dann würde ich dem - trotz Bauchschmerzen wegen zu viel Holismus - noch zustimmen, weil zwangsweises Glück mir verglichen mit zwangsweisem Unglück das kleinere Übel zu sein scheint. Und weil der, der das Glück verspricht, sich wenigstens an diesem Anspruch messen lässt, während der Protagonist des Unglücks keinen Anspruch mehr hat.

Diese One-Word-Ideologie unserer Tage läuft aber nur darauf hinaus, ein liberalistisches System, das im Westen schon seine besten Tage hinter sich hat, möglichst überall auf der Welt einzuführen. Seine Protagonisten geben sich dann oft als Anwälte und Anwältinnen von Menschen aus, die auf wirklich grausame Weise unterdrückt werden. Komischerweise schmeißen sie dann nach deren Unterdrückern nur zu oft lediglich mit Wattebällchen :rolleyes: Weil - wie hier - ihr ganzes Lobbying auf lange Sicht in erster Linie den Lobbyisten selbst dienen wird. Und nicht den Menschen, deren Interessen sie zu vertreten meinen.
Ich habe das letztens erst wieder in Pakistan anlässlich des Abgangs von Musharaff gesehen. Da gibt es jetzt eine "Ziviligesellschaft", na wie toll :rolleyes:
Es läuft doch nur darauf hinaus, von Lahore bis Klein Pumpernickel die jeweiligen Ober- und Mittelschichten von allen Bindungen an tradierte Kulturräume und auch ihre Staaten zu lösen und sie zu einer weltweit agierenden Herrschenden Klasse zu vereinen. One World für die da oben, nationalreligiöses Klein-Klein für die da Unten :rolleyes:

Bärwolf
21.08.2008, 08:26
Es muss schon unveräußerliche Rechte jedes einzelnen Menschen geben, etwa das Recht auf geistige und körperliche Unversehrtheit. Schon um der Brut einzubleuen, dass es über allen Relativismen und BlaBla stehende absolute Werte gibt, bin ich auch für eine weltweite Ächtung der Todesstrafe - die als Sanktion eh nicht viel taugt, wenn ich bedenke, wer so alles nicht in ihren Genuss gekommen ist germane

...:rolleyes:

Tja, an diese unveräußerlichen Rechte kann ich nicht so recht glauben. Die Realität zeigt, das diese in Wirklichkeit nicht existieren und lediglich Machthabern nur als Waffe dienen um ins Gegenteil (des gewollten) zu verfallen. Ich halte sie somit für eine gefährliche Illusion, und die Versuche ihrer durchsetzbarkeit enden auch nur in Kriegen oder Terror, alles Dinge die angeblich verabscheut werden.
Und überhaupt: Rechte die nur auf einem Papier stehen sind gar keine, solange sie keine reale Wirkung haben, bzw. die von dir genannten Saktionsmaßnahmen nicht umsetzbar sind. das bezieht sich grundsätzlich auf alles was mit Recht zu tun hat. Ein Recht das ich nicht einklagen kann, weil mir das Geld fehlt oder Bürokratie das verhindert, existiert auch nicht.
So kann jeder an seiner eignen Person nachprüfen, wie viel Rechte er real in seinem Leben eigentlich hat.
Andererseits glaube ich auch nicht an sowas wie einem "unabhängigem Recht", es unterliegt immer einer letzlich politischen Justiz, d.h. irgendwie gearteten ideologischen Ausrichtung.

Beverly
21.08.2008, 09:56
Tja, an diese unveräußerlichen Rechte kann ich nicht so recht glauben. Die Realität zeigt, das diese in Wirklichkeit nicht existieren und lediglich Machthabern nur als Waffe dienen um ins Gegenteil (des gewollten) zu verfallen. Ich halte sie somit für eine gefährliche Illusion, und die Versuche ihrer durchsetzbarkeit enden auch nur in Kriegen oder Terror, alles Dinge die angeblich verabscheut werden.
Und überhaupt: Rechte die nur auf einem Papier stehen sind gar keine, solange sie keine reale Wirkung haben, bzw. die von dir genannten Saktionsmaßnahmen nicht umsetzbar sind. das bezieht sich grundsätzlich auf alles was mit Recht zu tun hat. Ein Recht das ich nicht einklagen kann, weil mir das Geld fehlt oder Bürokratie das verhindert, existiert auch nicht.
So kann jeder an seiner eignen Person nachprüfen, wie viel Rechte er real in seinem Leben eigentlich hat.
Andererseits glaube ich auch nicht an sowas wie einem "unabhängigem Recht", es unterliegt immer einer letzlich politischen Justiz, d.h. irgendwie gearteten ideologischen Ausrichtung.

Da ist etwas dran. Allerdings merken auch Verächter der Menschenrechte, dass es sie gibt, wenn sie selbst sie plötzlich nicht mehr haben, weil sie z. B. im Folterkeller eines tyrannischen Systems schmoren.

Bärwolf
21.08.2008, 11:50
Da ist etwas dran. Allerdings merken auch Verächter der Menschenrechte, dass es sie gibt, wenn sie selbst sie plötzlich nicht mehr haben, weil sie z. B. im Folterkeller eines tyrannischen Systems schmoren.

Ja, na klar: das nennt man dann Stunde der Wahrheit. Aber auch in Demokratien kann man sich nicht darauf verlassen, das man diese hat, wenn man nicht ins "Konzept" passt. Siehe die US-Gefangenen auf Cuba. Selbst wenn das alles Terroristen wären, wird hier eine sog. Vorzeigedemokratie ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Die Frage ob sie diesbezüglich eine Wahl hat, will ich gar nicht errörtern. Es können halt durchaus Situationen entstehen die es opportun machen die Sicherheit voran zu stellen und dann Rechte auszusetzen, wenn das Ganze bedroht ist.
Aber das ist natürlich sehr theoretisch.
Wiederum eine andere Frage ist, ob das bei meinem genannten Beispiel überhaupt der Fall ist? Kann ja auch von politischen Lobbygruppen so manipuliert worden sein, dass diese Situation überhaupt erst eintritt (ich neige dieser Verschwörungstheorie durchaus zu;) ), weil ich grundsätzlich allen Regimen alles zutraue!:D . Egal was sie sich für ein Mäntelchen geben (Demokratie, Diktatur, Monarchie, etc.).

Sauerländer
21.08.2008, 13:56
Da ist etwas dran. Allerdings merken auch Verächter der Menschenrechte, dass es sie gibt, wenn sie selbst sie plötzlich nicht mehr haben, weil sie z. B. im Folterkeller eines tyrannischen Systems schmoren.
Muss ich behaupten, ein "Recht" darauf zu haben, nicht gefoltert zu werden, um sagen zu können, dass ich nicht gefoltert werden WILL?
Für mich sind Menschenrechte, zumindest die nach heutigem Verständnis inexistent.

Kommen wir damit zum eigentlichen Strangthema:
Nebeneinander bestehende, gänzlich unterschiedliche Lebensweisen lassen sich denken in einer Welt, die durch ihren niedrigen technischen Stand und ihre ausgesprochen schwache Verflechtung diese verschiedenen Gruppen kaum miteinander in Kontakt kommen lässt.
In einer Welt, in der ich mich dem schlechthin Anderen praktisch nie in Kontakt komme, entstehen für mich aus seiner schieren Existenz keine größeren Probleme.
In dem Maße jedoch, wie die Verflechtung erhöht wird, wie mehr und mehr ein einziger große Einheitsraum geschaffen wird, verbunden durch all die ökonomischen Interdependenzen, immer schneller auf immer größere Distanzen zu durchqueren mit den modernen Verkehrsmitteln, in dem Maße also, in dem die die Struktur der Gesellschaft das Äquivalent des Übergangs vom Poly- zum Monotheismus vollzieht, ist -wie beim religiösen Phänomen- die grundsätzlich andere Vorstellung nicht länger blos eben dies, sondern gleichzeitig notwendigerweise eine Bestreitung der meinen.
Dann muss ich entweder meine eigene Vorstellung aufgeben oder relativieren (was im Grunde auch aufgeben bedeutet), oder die des anderen als illegitim ansehen.
Wenn es nur einen Raum gibt, ist der notwendigerweise ein Schlachtfeld.

malnachdenken
21.08.2008, 14:28
Was hindert dem Strangersteller daran wegzuziehen und ein Eremitendasein in der Pampa zu fristen?

Biskra
21.08.2008, 14:42
Was hindert dem Strangersteller daran wegzuziehen und ein Eremitendasein in der Pampa zu fristen?

Oder in die nicht-liberalen Arbeiter- und Transenparadiese Nordkorea, Kuba oder Venezuela auszuwandern. Der deutsche Staat tut es jedenfalls nicht. :]

EinDachs
21.08.2008, 15:29
Hätten die Verantwortlichen Unwillige ziehen lassen und dafür in den anderen deutschen Teilstaaten (Schweiz, Österreich, BRD, Südtirol) und dem Ausland um Menschen geworben, die gern im Sozialismus lebten, wäre das System vielleicht nicht gescheitert. Berichte über soziale Kälte in Zürich legen nahe, dass selbst in der reichen Schweiz die Zustände so waren, dass der eine oder andere das Ticket nach Pankow gelöst hätte.
Wenn die ganze Sache auf Freiwilligkeit basiert hätte!

Das ist bisher die lustigste Idee wie die DDR zu retten gewesen wäre.
Gescheitert wäre es wohl an der simplen Tatsache, dass eben keiner freiwillig in dieses Bevormundungssystem gehen wollte.

Soziale Kälte wird der realexistierenden Kälte der DDR-Arbeiterschließfächer etwa vorgezogen. Der Lebensstandard war im Westen ganz einfach stets höher, dazu hatte man den nicht zu gering schätzenden Bonus zahlreicher politischer Freiheiten.
In die DDR einwandern war ja auch stets einfacher als auszuwandern, ersteres wollte nur eben kaum einer.

-jmw-
21.08.2008, 18:10
Warum zwingt ihr Andersdenkende/-lebende in euer System?

Irgendwelche Regeln müssen gelten.
Die Frage ist bloss, welche das sein sollen.

leuchtender Phönix
21.08.2008, 19:41
Aus freien Stücken wollte da eben kaum jemand hin aber millionen weg. Ohne dichtmachen der Grenzen, wäre die DDR sogar noch viel schneller zusammengebrochen.

Beverly
22.08.2008, 04:49
Muss ich behaupten, ein "Recht" darauf zu haben, nicht gefoltert zu werden, um sagen zu können, dass ich nicht gefoltert werden WILL?
Für mich sind Menschenrechte, zumindest die nach heutigem Verständnis inexistent.aber ausgerechnet vom Standpunkt des Idealismus aus konstituiert das Wollen aller Menschen, nicht gefoltert oder getötet zu werden, solche Menschenrechte


Kommen wir damit zum eigentlichen Strangthema:
Nebeneinander bestehende, gänzlich unterschiedliche Lebensweisen lassen sich denken in einer Welt, die durch ihren niedrigen technischen Stand und ihre ausgesprochen schwache Verflechtung diese verschiedenen Gruppen kaum miteinander in Kontakt kommen lässt.
In einer Welt, in der ich mich dem schlechthin Anderen praktisch nie in Kontakt komme, entstehen für mich aus seiner schieren Existenz keine größeren Probleme.
In dem Maße jedoch, wie die Verflechtung erhöht wird, wie mehr und mehr ein einziger große Einheitsraum geschaffen wird, verbunden durch all die ökonomischen Interdependenzen, immer schneller auf immer größere Distanzen zu durchqueren mit den modernen Verkehrsmitteln, in dem Maße also, in dem die die Struktur der Gesellschaft das Äquivalent des Übergangs vom Poly- zum Monotheismus vollzieht, ist -wie beim religiösen Phänomen- die grundsätzlich andere Vorstellung nicht länger blos eben dies, sondern gleichzeitig notwendigerweise eine Bestreitung der meinen.
Dann muss ich entweder meine eigene Vorstellung aufgeben oder relativieren (was im Grunde auch aufgeben bedeutet), oder die des anderen als illegitim ansehen.
Wenn es nur einen Raum gibt, ist der notwendigerweise ein Schlachtfeld.

Ja, das Elend der Globalisierung :rolleyes: wobei das wieder zu dem Gedanken führt, dass die ideale Weltbevölkerung unter einer Milliarde liegt. Da ist für und zwischen den Kulturräumen und Lebensweisen Platz und es kann auch mal wieder konstruktiven Austausch geben, den ich heute immer weniger sehe.
Wenn das technisch möglich wäre, sollte man die heutige Menschheit deshalb auf ein Dutzend Himmelskörper verteilen, um solche Zustände zu schaffen. Neben der technischen Machbarkeit setzt das aber auch einen anderen Meta-Diskurs voraus als den des alles durchdringenden globalen Kapitalismus pur.

Rheinlaender
22.08.2008, 05:01
Nur haben wir heute ein System und eine Ideologie, welche die Fehler der DDR nicht auf einem kleinen Stück Deutschland, sondern weltweit wiederholt. Ich beschränke mich auf die wesentlichen Schlagworte:

- wirtschaftlicher Liberalismus an erster Stelle > Kapitalismus
- politischer Liberalismus an zweiter Steller > Demokratie
- gesellschaftlicher Liberalismus an dritter Stelle > Freiheit, aber letztendlich nur für eine Minderheit

Keinem wird dieses System "aufgezwungen". Dieses System ist ein Angebot fuer jeden. Es kann sich auch jeder diesem System entziehen: Gehe ins Kloster, gruende selber eines, lebe in Bescheidenheit von trocken Brot und Wasser.

Im gegensatz zu allen anderen System, historisch und aktuell, interessiert sich die liberale Gesellschaft nicht dafuer was Du machst, solange Du Ideen nicht versuchst anderen aufzudraengen.

Du willst anderes leben? Nun, wer (hier mal ganz konkrett) hindert Dich daran?

Rheinlaender
22.08.2008, 05:03
Muss ich behaupten, ein "Recht" darauf zu haben, nicht gefoltert zu werden, um sagen zu können, dass ich nicht gefoltert werden WILL?

Wenn Du mal einen Blick in die Carlonina von 1532 wirfst: Ja.

Beverly
22.08.2008, 07:41
Warum zwingt ihr Andersdenkende/-lebende in euer System?

Irgendwelche Regeln müssen gelten.
Die Frage ist bloss, welche das sein sollen.

die heutigen Regeln sind aber oft so absurd, konsequent widersprüchlich und sinnlos, dass ich den Glauben an notwendige, gerechte und faire Regeln, mit denen man auch halbwegs gut leben kann, verloren habe

Beverly
22.08.2008, 08:02
(...)Im gegensatz zu allen anderen System(...)

Das ist eben das Elend mit euch Liberalen: ihr verkennt, dass ihr ebenso Protagonisten und Nutznießer eines Systems seid, wie Kommunisten, Faschisten oder Fundamentalisten. Bei den anderen Systemen wird die Reflektion über den Systemcharakter und seine Widersprüche mit expliziten Verboten und Gewalt verhindert. Die Schergen und Folterknechte da stabilisieren ihre Systeme kurz- und mittelfristig, blocken Umsturz- und selbst Veränderungsversuche wirksam ab. Langfristig graben sie sich aber gerade damit ihr eigenes Grab - bei den Nazis schon nach 12 Jahren, beim Sowjetkommunismus in der SU nach 74 Jahren. Hinterher fragen sich auch und gerade unvoreingenommene Beobachter bei Personal und Politik der Führungsriege nur zu oft: "Wie konnten die nur so blöd sein ?( ?" Vermutlich lag da bei allen der Kardinalfehler darin, zu glauben, ein schlechtes durch ein gutes System ersetzen zu können.

Ihr Liberalen hättet daraus lernen können und das mag Popper mit seiner "offenen Gesellschaft" angestrebt haben, die er Nazis und Stalinisten auf dem Höhepunkt ihrer Macht über Europa entgegenhielt.
Nur habt ihr die Chance nach 1989 vertan. Dass da zeitgleich mit dem Zusammenbruch des Ostblocks 200jähriges Jubiläum der Französischen Revolution war, hat euch nicht dazu veranlasst, darüber nachzudenken, ob denn in diesen 200 Jahren wirklich alles gut gelaufen ist. Wie war das noch mit den Napoleonischen Kriegen, dem Bürgerkrieg in den USA der viele auf eine bessere Entwicklung als in Europa hoffende Amerikaner desillusioniert haben mag, dem Kolonialismus und dem Imperialismus :rolleyes: ?
Nein, ihr habt damals den Sieg des bürgerlichen Systems (!) gefeiert und das in den folgenden Jahren und Jahrzehnten auf eine so dumme und vernunftlose Weise, dass ihr selbst - nicht die frustrierten Linken - den Keim für seinen Untergang gelegt habt. Der Bürgerkrieg in Jugoslawien nur wenige hundert Kilometer von so bedeutenden Metropolen wie Wien und München entfert oder auch der Krieg um Kuwait hätten euch warnen müssen, dass mit eurem System auch nicht alles in Ordnung ist. Nicht zu vergessen der Aufstieg einer Karikatur wie Bush und seiner kriminellen Hintermänner, wo es nicht reicht, als Europäer zu sagen "das sind halt die blöden Amis".
Ihr habt Warnzeichen und selbst Warnungen aus den eigenen Reihen ignoriert. Schon Anfang der 1990er klagte angesichts Obdachloser in den reichsten Städten der Welt ein CDUler: "Warum bleibt die Politik so hinter ihren Möglichkeiten zurück?" Heuer lässt sunbeam hier seinen Frust ab, dass Freund und Feind ein paar Schritte zurücktreten müssen.

Die Krönung ist dann der Satz "ein anderes System wird es nicht geben". Es wird immer ein anderes System geben, weil jedes System durch seine eigene Logik den Keim des Untergangs in sich trägt. Die Kunst, an der die (Möchtegern-)Umstürzler verzweifeln ist, kein System mehr zu schaffen und doch das an Regeln zu haben, was im Sinne von -jmws- Post nötig sein mag.

-jmw-
22.08.2008, 09:39
Keinem wird dieses System "aufgezwungen". Dieses System ist ein Angebot fuer jeden.
Ja, wie in Der Pate: Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann.


Es kann sich auch jeder diesem System entziehen: Gehe ins Kloster, gruende selber eines, lebe in Bescheidenheit von trocken Brot und Wasser.
OKay, Variante 1, ja, durchaus möglich.
Spätestens aber, wenn ich meinen neuen biometrischen Ausweis nicht abhole - ich bräuchte ihn ja eigentlich garnicht, ich wohn ja im Kloster -, wird "das System" sich melden.

Oder: Würde ich irgendwo in den Alpen in einer Höhle wohnen und mich von einem davorgelegenen Garten subsistenzernähren wollen, stände "das System" spätestens dann vor meiner Haustür (bzw. dem Bärenfell vorm Höhleneingang), wenn die Grundsteuer fällig wird.

Also: Nix mit "entziehen".


Im gegensatz zu allen anderen System, historisch und aktuell, interessiert sich die liberale Gesellschaft nicht dafuer was Du machst, solange Du Ideen nicht versuchst anderen aufzudraengen.
In diesem Sinne gibt es weder hier noch sonstwo eine "liberale Gesellschaft".

Versuch mal da, wo Du wohnst, einfach so ein Unternehmen zu gründen und dann erstens Drogen, zwotens Handfeuerwaffen, drittens eine eigene Währung an den Mann zu bringen versucht - ohne es irgendwem "aufzudrängen".
Wirst schon sehen, wie schnell Du im Knast landest!

Und, für den Fall, dass Du das für überzogen hältst: Versuchte ich hier in der BRD, als Dachdecker zu arbeiten, ginge es mir genauso.
(Da bärucht ich nämlich 'ne Ausbildung, ganz gleich, ob das für den Kunden wichtig ist.)

-jmw-
22.08.2008, 09:40
die heutigen Regeln sind aber oft so absurd, konsequent widersprüchlich und sinnlos, dass ich den Glauben an notwendige, gerechte und faire Regeln, mit denen man auch halbwegs gut leben kann, verloren habe
Ähm...
Tja, nun, das ist schade, aber irgendwie wird der Rest der Welt daran nix ändern können, das muss schon aus Dir selber kommen. :]

Frank3
22.08.2008, 14:45
die heutigen Regeln sind aber oft so absurd, konsequent widersprüchlich und sinnlos, dass ich den Glauben an notwendige, gerechte und faire Regeln, mit denen man auch halbwegs gut leben kann, verloren habe

Unsere Kultur nur das Spiel zwischen Steuergesetzen und Gesetze , welche DIE vor die schützt , um das System . . .
Solange die Linken nicht merken das sie die Steuergesetze angreifen müssen und nur an den Wirkungen ( nicht an die Ursache weil hier schützt das Gesetz aber das Steuerrecht kann ohne Widerspruch geändert werden und damit die Gesellschaft ) Rumdoktoren glaube ich nicht noch einmal eine GERECHTE Gesellschaft mit zu erleben , denn das immerreicher werten steigert Immermehr die Monopolisierung und verhindert Immermehr die Vielfalt . Die Linken sind längst . . .

▼ Ein Seil - die faulen Armen oder / und die die wirklich nicht können

▲ Ein Seil - die fleißigen Armen

▼ Ein Seil - die Reichen mit Moral und Achtung von Würde

▲ Ein Seil - die Reichen ohne Moral und Achtung der Würde

▼ ▲ Der Mittelstand weiß sowieso nicht was er will, hat aber auch zwei Seile mit denen alles entschieden wird .

http://www.gibt-es-gott.de/resources/smileys_boese-034.gif

http://www.gibt-es-gott.de/resources/Steuer24.GIF

Das Geld welches nur noch zum Geld verdienen da ist ist der Feind und schafft keine Arbeit sondern steigert die Produktivität um so Arbeitskräfte NICHTMEHR zu brauchen und schafft so Armut der MASSE und auch derer die noch arbeiten , sie ziehen sich gegenseitig runter .