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Vollständige Version anzeigen : Was wäre wenn Deutschland früher Nationalstaat geworden wäre?



Feldmann
29.07.2008, 14:38
Zur Frage: "Was wäre wenn Deutschland früher Nationalstaat geworden wäre?"
(vor der "Reichsgründung" 1871)

Wären dadurch die Weltkriege verhindert worden oder ginge es uns dann heute allen besser? Sicherlich wäre Deutschland größer. ;)

Also ich sehe zwei Möglichkeiten wie dies zu erreichen gewesen wäre:

1. Man hätte das Heilige Römische Reich zentralisieren müssen

oder

2. die Revolution von 1848 wäre erfolgreich gewesen.


Was wäre wirklich in der deutschen Geschichte anders verlaufen?

Haspelbein
29.07.2008, 15:04
Zur Frage: "Was wäre wenn Deutschland früher Nationalstaat geworden wäre?"
(vor der "Reichsgründung" 1871)

Wären dadurch die Weltkriege verhindert worden oder ginge es uns dann heute allen besser? Sicherlich wäre Deutschland größer. ;)

Also ich sehe zwei Möglichkeiten wie dies zu erreichen gewesen wäre:

1. Man hätte das Heilige Römische Reich zentralisieren müssen

oder

2. die Revolution von 1848 wäre erfolgreich gewesen.


Was wäre wirklich in der deutschen Geschichte anders verlaufen?

Ich glaube, dass der reine Nationalstaat nur relativ wenig an der deutschen Geschichte geaendert haette. Eine erfolgreiche buergerliche Revolution haette jedoch mit einigen Strukturen aufgeraeumt, die Deutschland z.Z. der industriellen Revolution behinderten. Deutschland waere meiner Meinung nach schneller industrialisiert worden, und befaende sich derzeit in einem aehnlichen gesellschaftlichen Zustand wie Frankreich. (Ja, auch mit mehr Einwanderern, da Deutschland wahrscheinlich mehr Kolonien gehabt haette.)

Den 1. Weltkrieg haette man dadurch kaum verhindern koennen, denn die zugrundeliegende Problematik besteht eigentlich heute noch. Den 2. Weltkrieg halte ich jedoch nicht fuer unausweichlich.

Prokne
29.07.2008, 15:36
Zur Frage: "Was wäre wenn Deutschland früher Nationalstaat geworden wäre?"
(vor der "Reichsgründung" 1871)

Wären dadurch die Weltkriege verhindert worden oder ginge es uns dann heute allen besser? Sicherlich wäre Deutschland größer. ;)

Also ich sehe zwei Möglichkeiten wie dies zu erreichen gewesen wäre:

1. Man hätte das Heilige Römische Reich zentralisieren müssen

oder

2. die Revolution von 1848 wäre erfolgreich gewesen.


Was wäre wirklich in der deutschen Geschichte anders verlaufen?



Das mit dem Nationalstaat hätte vor den siegreichen Kriegen in Dänemark, bei Königgraetz und gegen Frankreich keine Chance gehabt. Erst durch die Kriegserklärung Frankreichs hatten die Deutschen ein "Wir" Gefühl und fühlten sich alle durch Napoleon III. beleidigt. Es wäre anders gekommen, wenn es Franz Joseph I. von Österreich geschafft hätte, gegen Preußen zu gewinnen, er hat viele Kriege geführt aber nie einen gewonnen. Das hätte Wilhelm II. doch 1914 stutzig machen sollen...

Ein regierender Herzog/König/Fürst/Großherzog von "Gottes Gnaden" hätte keinen über sich geduldet. Doch die Siege gegen die Österreich-Fraktion lies den besiegten keine Wahl. Sonst hätte die Kleinstaaterei noch länger gehalten.

Feldmann
29.07.2008, 17:03
Und warum hat es keiner geschafft aus dem HRR einen Nationalstaat wie Frankreich zu machen?

Fehlte der Wille oder waren alle Mitglieder zu schwach?


Eine erfolgreiche buergerliche Revolution haette jedoch mit einigen Strukturen aufgeraeumt, die Deutschland z.Z. der industriellen Revolution behinderten. Deutschland waere meiner Meinung nach schneller industrialisiert worden, und befaende sich derzeit in einem aehnlichen gesellschaftlichen Zustand wie Frankreich. (Ja, auch mit mehr Einwanderern, da Deutschland wahrscheinlich mehr Kolonien gehabt haette.)

Interessante These, wie kommen Sie daruaf, dass D schneller industrialisiert worden wäre und mehr Kolonien gehabt hätte?

Haspelbein
29.07.2008, 17:29
Und warum hat es keiner geschafft aus dem HRR einen Nationalstaat wie Frankreich zu machen?

Fehlte der Wille oder waren alle Mitglieder zu schwach? [...]

Nach dem Vertrag von Verdun bestand sowohl fuer Frankreich als auch fuer Deutschland diese Moeglichkeit. Jedoch bildete sich in Frankreich, unter dem Einfluss der Auseinandersetzungen mit England ein Nationalstolz heraus, und der Koenig wurde per Erbfolge bestimmt. Die Koenigswahl in Deutschland und der Einfluss der Kirche trugen hingegen zur Kleinstaaterei bei.



Interessante These, wie kommen Sie daruaf, dass D schneller industrialisiert worden wäre und mehr Kolonien gehabt hätte?

Selbst das Kaiserreich begrenzte den politischen Einfluss des Buergertums, dass letztendlich der Motor fuer die Industrialisierung war, was letztendlich zu einem stark apolitischen Buergertum fuehrte, das seine wirtschaftlichen Interessen nur begrenzt durchsetzen konnte.

P.S.: Dieses Thema sollte eigentlich ein gefundenes Fressen fuer den Rheinlaender sein. :D

Prokne
29.07.2008, 18:05
P.S.: Dieses Thema sollte eigentlich ein gefundenes Fressen fuer den Rheinlaender sein. :D


Rheinländer schwärmt doch sonst nur für England, über Deutsche hat der noch nie was gutes gesagt.

germane :rolleyes: ;)

Haspelbein
29.07.2008, 18:10
Rheinländer schwärmt doch sonst nur für England, über Deutsche hat der noch nie was gutes gesagt.

germane :rolleyes: ;)

Aber sobald jemand das Thema "Mittelalter" oder "europaeische Koenigshaeuser" auch nur anscheidet, ist er normalerweise sofort mit dabei. Einer der wenigen Benutzer, die das Thema "Reisernte in Vietnam" innerhalb von 10 Beitraegen auf den Rosenkrieg ueberleiten koennen. ;)

Reichsmarschall
29.07.2008, 18:15
Und warum hat es keiner geschafft aus dem HRR einen Nationalstaat wie Frankreich zu machen?

Fehlte der Wille oder waren alle Mitglieder zu schwach?



Interessante These, wie kommen Sie daruaf, dass D schneller industrialisiert worden wäre und mehr Kolonien gehabt hätte?

Das HRR wurde meiner ansicht nach kein Nationalstaat, weil die Kaiserliche zentralmacht meistens gegen andere äußere Feinde kämpfen musste z.B.: Frankreich, die Osmanen und Ungarn. Hierdurch konnte sich der Kaiser nicht durchsetzen. Deweitern gab es später mit Bayern, Brandenburg und Sachen gleich mehrere Reichsstände mit Großmacht Ambietionen.
Allerdings gab es auch viele günstige Gelegenheiten zur Schaffung eines Zentralstaates. z.B während des 30 Jährigenkrieges ( der Westfälische Friede schwächte die Position des Kaisers erst entscheident ) nach Wallensteins großen Siegen und vor dem eingreifen der Schweden war eine Kaiserliche übermacht gegeben.
Interresant ist auch die Frage was wäre geschehen wenn Karl der Fünfte seine Deutschen Nebenlande ( Burgundisches Erbe) seinem Bruder und nicht seinem Sohn überlassen hätte oder was wäre wenn es Phillip gestattet wurden wäre Kaiser zu werden ( Karl V hatte zumindest die Prottestantischen Fürsten schon kurzzeitig besiegt ehe er abgesetzt wurde, daher durfte sein Sohn wohl auch nicht Kaiser werden.)
Ein anderes schönes fiktves zenario wäre auch die Heirat Maria Therresias mit Friedrich II.

Reichsmarschall
29.07.2008, 18:40
Zur Frage: "Was wäre wenn Deutschland früher Nationalstaat geworden wäre?"
(vor der "Reichsgründung" 1871)

Wären dadurch die Weltkriege verhindert worden oder ginge es uns dann heute allen besser? Sicherlich wäre Deutschland größer. ;)

Also ich sehe zwei Möglichkeiten wie dies zu erreichen gewesen wäre:

1. Man hätte das Heilige Römische Reich zentralisieren müssen

oder

2. die Revolution von 1848 wäre erfolgreich gewesen.


Was wäre wirklich in der deutschen Geschichte anders verlaufen?


Je nachdem wann die Zentralisierung erfolgt wäre die Geschichte sowiso ganz anders Verlaufen.
Die erste Frage sollte bei diesem Thema eigentlich sein was lief in Deutschland anders?
Zuerst einmal war das HRR bis zuletzt eine Wahlmonarchie ähnlich wie zum Beispiel Polen, allerdings waren es in Deutschland nur die Kurfürsten die den König und somit auch den Kaiser wählten.
Ein bedeutsamer unterschied ist aber das im HRRDN seit dem Westfälischen Frieden theoretisch jeder Reichsstand seine eigene Außenpolitik machen durfte.
Insgesamt verfügten die Kurfürsten über Königsgleiche Rechte und konnten somit ziemlich unabhängig agieren wobei auch niedere Reichsstände eigene Armeen hatten und notfalls bereit waren ihre Privilegien gemeinsam zu Verteidigen somit konnte sich der Kaiser kaum durchsetzen, das fing schon im 14. Jhr an.
Das ließe sich fortsätzen mit Vergleichen zu England wo der Adel sich auch Rechte sicherte aber keine soweit reichenden wie zum Beispiel eigene Gerichtsbarkeit + Armee und Königswahl ( gabs zwar auch alles wurde aber Abgeschafft).
In Frankreich hingegen gewann nicht der kleine Adel, wie in England, Polen und Deutschland, sondern der König die Vorherrschaft.

Kreuzbube
29.07.2008, 19:48
P.S.: Dieses Thema sollte eigentlich ein gefundenes Fressen fuer den Rheinlaender sein. :D


Rheinländer schwärmt doch sonst nur für England, über Deutsche hat der noch nie was gutes gesagt.
germane :rolleyes: ;)


Aber sobald jemand das Thema "Mittelalter" oder "europaeische Koenigshaeuser" auch nur anscheidet, ist er normalerweise sofort mit dabei. Einer der wenigen Benutzer, die das Thema "Reisernte in Vietnam" innerhalb von 10 Beitraegen auf den Rosenkrieg ueberleiten koennen. ;)

Wie es scheint, muß er sich noch von seinem Urlaub erholen - hat aber am WE schon mal reingeschaut, ohne zu schreiben; sehr merkwürdig!?( :hihi:

Fuchs
29.07.2008, 23:18
ein deutscher nationalstaat ohne bismarck wäre sicherlich
liberaler und demokratischer gewesen als das kaiserreich.
aber wahrscheinlich hätte es schon früher einen großen krieg
gegeben, denn frankreich schielte nicht nur später auf
elsaß-lothringen, sondern auf alles linksrheinische und russland
wäre ein großdeutscher staat, der nicht strikt unter preußischer
hand steht auch nicht gelegen gekommen. ohne bismarcks diplomatie
wäre ein zweifrontenkrieg denkbar gewesen, zumal zu dieser zeit
ein krieg eine nicht ungewöhnliche politische handlung war.
1848 gab es ja schon viele deutsche, die einem krieg gegen
russland und frankreich zur not nicht abgeneigt waren.

leuchtender Phönix
30.07.2008, 06:54
Und warum hat es keiner geschafft aus dem HRR einen Nationalstaat wie Frankreich zu machen?

Fehlte der Wille oder waren alle Mitglieder zu schwach?

Die einzelnen Fürsten hatten schlicht kein Interesse an einer Zentralisierung (weil sie dadurch Macht, Steuereinnahmen... verloren hätten) und die Kaiser hatten nicht die Macht sich dagegen durchzusetzen. Schon garnicht weil der ja gewählt wurde.

1871 gelang es erst. Da Österreich-Ungarn aus dem deutschzen Bund herausghedrängt wurde, hatte Preußen eine derartige Übermacht, das sich die anderen Fürsten nicht widersetzen konnten.

Bergischer Löwe
30.07.2008, 08:35
Die einzelnen Fürsten hatten schlicht kein Interesse an einer Zentralisierung (weil sie dadurch Macht, Steuereinnahmen... verloren hätten) und die Kaiser hatten nicht die Macht sich dagegen durchzusetzen. Schon garnicht weil der ja gewählt wurde.

1871 gelang es erst. Da Österreich-Ungarn aus dem deutschzen Bund herausghedrängt wurde, hatte Preußen eine derartige Übermacht, das sich die anderen Fürsten nicht widersetzen konnten.

Wobei allerdings der Preußenherrscher mit der Kaiserkrone nicht besonders glücklich war. Er wäre lieber einfach König von Preußen geblieben. Und sieht man das Resultat der Reichseinigung 43 Jahre später, wäre vielleicht eine Weiterführung des Machtdualismus Berlin-Wien im Deutschen Reich nicht die schlechteste Lösung gewesen. Allerdings hätte man dafür Bismarck auf dem Höhepunkt seiner Macht beseitigen müssen. Das wäre mit seinem Rückhalt beim preußischen Militär schwierig geworden....

Mahatma Germany
31.07.2008, 23:04
Zur Frage: "Was wäre wenn Deutschland früher Nationalstaat geworden wäre?"
(vor der "Reichsgründung" 1871)

Wären dadurch die Weltkriege verhindert worden oder ginge es uns dann heute allen besser? Sicherlich wäre Deutschland größer. ;)

Also ich sehe zwei Möglichkeiten wie dies zu erreichen gewesen wäre:

1. Man hätte das Heilige Römische Reich zentralisieren müssen

oder

2. die Revolution von 1848 wäre erfolgreich gewesen.


Was wäre wirklich in der deutschen Geschichte anders verlaufen?




Dann wäre ich jetzt Europäer.

Sauerländer
01.08.2008, 16:48
Wobei allerdings der Preußenherrscher mit der Kaiserkrone nicht besonders glücklich war. Er wäre lieber einfach König von Preußen geblieben. Und sieht man das Resultat der Reichseinigung 43 Jahre später, wäre vielleicht eine Weiterführung des Machtdualismus Berlin-Wien im Deutschen Reich nicht die schlechteste Lösung gewesen.
Unter welchem Gesichtspunkt? Den anderen europäischen Mächten wäre ein weitgehend macht- und kompetenzloser Deutscher Bund, wie wir ihn lange genug hatten, mit Sicherheit um Längen lieber gewesen.
Aber kann das ernsthaft unser primärer Maßstab sein?

leuchtender Phönix
01.08.2008, 17:41
Unter welchem Gesichtspunkt? Den anderen europäischen Mächten wäre ein weitgehend macht- und kompetenzloser Deutscher Bund, wie wir ihn lange genug hatten, mit Sicherheit um Längen lieber gewesen.
Aber kann das ernsthaft unser primärer Maßstab sein?

Nicht unbedingt. Primär wichtiger war es ja, das die anderen Mächte Deutschland nicht als Bedrohung für sich selbst sehen. Bismarck hatte das während seiner Regierungszeit gut erreicht.

Sauerländer
01.08.2008, 17:54
Nicht unbedingt. Primär wichtiger war es ja, das die anderen Mächte Deutschland nicht als Bedrohung für sich selbst sehen. Bismarck hatte das während seiner Regierungszeit gut erreicht.
Nachdem er auf Basis von Gewalt (und anders wäre es kaum möglich gewesen) vor allen Dingen gegen französische Interessen das Deutsche Reich gegründet hat, und dieses nur in einer unvollständigen Variante, die nach dem Ersten Weltkrieg im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Völker hätte korrigiert werden können.