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Vollständige Version anzeigen : Beiträge Atheismus



cajadeahorros
07.07.2008, 10:29
Zur schönen Themenwoche kann ich einmal einen meiner älteren Beiträge hier reaktivieren:


Nicht einmal 100 Jahre ist es her dass sich der Menschheit die Chance bot, sich ein für allemal bewusst aus der Jahrtausende andauernden Bevormundung durch überirdische Mächte und deren irdische Vertreter zu lösen. Dass dieser Fortschritt innerhalb kürzester Zeit vollkommen verschenkt wurde und sich die Menschheit wieder verstärkt mit weltbewegenden Fragen wie dem "gemeinsamen Abendmahl" von Protestanten und Katholiken beschäftigt (man muss sich immer vor Augen halten, was hier an geistiger Kraft gebunden wird, was könnte ein intelligenter Mann wie Ratzinger leisten wenn er sich nicht mit Traktaten wie Dominus Iesus beschäftigen würde) ist geradezu tragisch und allein für diese selbstverschuldete Schwäche wird die ach so christlich geprägte Kultur völlig zu Recht dem Islam unterliegen (oder, was wahrscheinlicher ist, sich nach weiter fortgeschrittener geistiger Degeneration mit diesem auf der Basis des Fundamentalismus halbe-halbe einigen, was das für religiöse Minderheiten bedeutet kann sich jeder an allen fünf Fingern abzählen).

Ein paar Ausschnitte eines Textes aus aufgeklärteren Zeiten:

(...)

Welches ist also die psychologische Bedeutung der religiösen Vorstellungen, als was können wir sie klassifizieren ?

Die Frage ist zunächst gar nicht leicht zu beantworten. Nach Abweisung verschiedener Formulierungen wird man bei der einen stehen bleiben: Es sind Lehrsätze, Aussagen über Tatsachen und Verhältnisse der äußeren (oder inneren) Realität, die etwas mitteilen, was man selbst nicht gefunden hat und die beanspruchen, daß man ihnen Glauben schenkt.

Es gibt natürlich viele solche Lehrsätze über die verschiedenartigsten Dinge dieser Welt. Jede Schulstunde ist voll von ihnen. Wählen wir die geographische. Wir hören da : Konstanz liegt am Bodensee. Alle solche Lehrsätze verlangen also Glauben für ihre Inhalte, aber nicht ohne ihren Anspruch zu begründen. Sie geben sich als das abgekürzte Resultat eines längeren, auf Beobachtung, gewiß auch Schlußfolgerung gegründeten Denkprozesses; wer die Absicht hat, diesen Prozeß selbst durchzumachen, anstatt sein Ergebnis anzunehmen, dem zeigen sie den Weg dazu.

Versuchen wir die religiösen Lehrsätze mit demselben Maß zu messen. Wenn wir die Frage aufwerfen, worauf sich ihr Anspruch gründet, geglaubt zu werden, erhalten wir drei Antworten, die merkwürdig schlecht zusammenstimmen. Erstens, sie verdienen Glauben, weil schon unsere Urväter sie geglaubt haben, zweitens besitzen wir Beweise, die uns aus eben dieser Vorzeit überliefert sind, und drittens ist es überhaupt verboten, die Frage nach dieser Beglaubigung aufzuwerfen. Dies Unterfangen wurde früher mit den allerhärtesten Strafen belegt und noch heute sieht es die Gesellschaft ungern, daß jemand es erneuert.

Dieser dritte Punkt muß unsere stärksten Bedenken wecken. Ein solches Verbot kann doch nur die eine Motivierung haben, daß die Gesellschaft die Unsicherheit des Anspruchs sehr wohl kennt, den sie für ihre religiösen Lehren erhebt.

(...)

So kommen wir zu dem sonderbaren Ergebnis, daß gerade diejenigen Mitteilungen unseres Kulturbesitzes, die die größte Bedeutung für uns haben könnten, denen die Aufgabe zugeteilt ist, uns die Rätsel der Welt aufzuklären und uns mit den Leiden des Lebens zu versöhnen, daß gerade sie die allerschwächste Beglaubigung haben.

(...)

Wenn ich sage, [die religiösen Vorstellungen] sind Illusionen, muß ich die Bedeutung des Wortes abgrenzen. Eine Illusion ist nicht dasselbe wie ein Irrtum, sie ist auch nicht notwendig ein Irrtum. Wir heißen also einen Glauben eine Illusion, wenn sich in seiner Motivierung die Wunscherfüllung vordrängt, und sehen dabei von seinem Verhältnis zur Wirklichkeit ab, ebenso wie die Illusion selbst auf ihre Beglaubigungen verzichtet.

Wenden wir uns nach dieser Orientierung wieder zu den religiösen Lehren, so dürfen wir wiederholend sagen: Sie sind sämtlich Illusionen, unbeweisbar, niemand darf gezwungen werden, sie für wahr zu halten, an sie zu glauben. Einige von ihnen sind so unwahrscheinlich, so sehr im Widerspruch zu allem, was wir mühselig über die Realität der Welt erfahren haben, daß man sie - mit entsprechender Berücksichtigung der psychologischen Unterschiede - den Wahnideen vergleichen kann.

So wie niemand zum Glauben gezwungen werden kann, so auch niemand zum Unglauben. Aber man gefalle sich nicht in der Selbsttäuschung, daß man mit solchen Begründungen die Wege des korrekten Denkens geht. Wenn die Verurteilung >>faule Ausrede<< je am Platze war, so hier.

Die Unwissenheit ist die Unwissenheit; kein Recht etwas zu glauben leitet sich aus ihr ab. Kein vernünftiger Mensch wird sich in anderen Dingen so leichtsinnig benehmen und sich mit so armseligen Begründungen seiner Urteile, seiner Parteinahme, zufriedengeben, nur in den höchsten und heiligsten Dingen gestattet er sich das.

Es ist zweifelhaft, ob die Menschen zur Zeit der uneingeschränkten Herrschaft der religiösen Lehren im ganzen glücklicher waren als heute, sittlicher waren sie gewiß nicht. Sie haben es immer verstanden, die religiösen Vorschriften zu veräußerlichen und damit deren Absichten zu vereiteln. Die Priester, die den Gehorsam gegen die Religion zu bewachen hatten, kamen ihnen dabei entgegen. Gottes Güte mußte seiner Gerechtigkeit in den Arm fallen: Man sündigte und dann brachte man Opfer oder tat Buße und dann war man frei, um von neuem zu sündigen. Es blieb dabei : Gott allein ist stark und gut, der Mensch aber schwach und sündhaft. Die Unsittlichkeit hat zu allen Zeiten an der Religion keine mindere Stütze gefunden als die Sittlichkeit.

(...)

Denken Sie an den betrübenden Kontrast zwischen der strahlenden Intelligenz eines gesunden Kindes und der Denkschwäche des durchschnittlichen Erwachsenen. Wäre es so ganz unmöglich, daß gerade die religiöse Erziehung ein großes Teil Schuld an dieser relativen Verkümmerung trägt?

Ich meine, es würde sehr lange dauern, bis ein nicht beeinflußtes Kind anfinge, sich Gedanken über Gott und Dinge jenseits dieser Welt zu machen. Wenn dann das Denken des Kindes erwacht, sind die religiösen Lehren bereits unangreifbar geworden. Wer sich einmal dazu gebracht hat, alle die Absurditäten, die die religiösen Lehren ihm zutragen, ohne Kritik hinzunehmen, und selbst die Widersprüche zwischen ihnen zu übersehen, dessen Denkschwäche braucht uns nicht arg zu verwundern.
(...)

Man beklagt sich über die Unsicherheit der Wissenschaft, daß sie heute als Gesetz verkündet, was die nächste Generation als Irrtum erkennt und durch ein neues Gesetz von ebenso kurzer Geltungsdauer ablöst. Aber das ist ungerecht und zum Teil unwahr. Die Wandlungen der wissenschaftlichen Meinungen sind Entwicklung, Fortschritt und nicht Umsturz. Ein Gesetz, das man zunächst für unbedingt gültig gehalten hat, erweist sich als Spezialfall einer umfassenderen Gesetzmäßigkeit oder wird eingeschränkt durch ein anderes Gesetz, das man erst später kennenlernt; eine rohe Annäherung an die Wahrheit wird ersetzt durch eine sorgfältiger angepaßte, die ihrerseits wieder eine weitere Vervollkommnung erwartet.

Nein, unsere Wissenschaft ist keine Illusion. Eine Illusion aber wäre es zu glauben, daß wir anderswoher bekommen könnten, was sie uns nicht geben kann.

http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/freud/freud1.htm

marc
07.07.2008, 16:25
Bertrand Russell - Warum ich kein Christ bin

http://img225.imageshack.us/img225/8792/bertrandrussellop8.jpg (http://imageshack.us)
http://www.bfg-bayern.de/ethik/Personen/Russell_Bertrand.htm

(...)

Was ist ein Christ?

Heutzutage ist das nicht ganz der Fall. Für uns hat Christentum eine etwas unbestimmtere Bedeutung. Ich finde jedoch, dass es zwei Punkte gibt, die für jeden, der sich einen Christen nennt, wesentlich sind. Der erste ist dogmatischer Natur - dass man nämlich an Gott und die Unsterblichkeit glauben muss. Wenn Sie an diese beiden Begriffe nicht glauben, so können Sie sich streng genommen nicht einen Christen nennen. Darüber hinaus muss man, wie schon der Name sagt, in irgendeiner Form an Christus glauben. Die Mohammedaner glauben zum Beispiel auch an Gott und die Unsterblichkeit, und dennoch würden sie sich nicht Christen nennen. Ich meine, man muss wenigstens daran glauben, dass Christus, wenn schon nicht göttlich, so doch zumindest der Beste und Weiseste der Menschen war. Wenn Sie nicht einmal soviel von Christus glauben, haben Sie meiner Ansicht nach kein Recht, sich als Christen zu bezeichnen. Natürlich gibt es noch eine andere Bedeutung, die Sie in Whitaker's Almanach und in Geographiebüchern antreffen, wo die Bevölkerung der Erde in Christen, Mohammedaner, Buddhisten, Fetischanbeter usw. eingeteilt wird; in ihrem Sinn sind wir alle Christen. Die Geographiebücher zählen uns alle dazu, doch hat das nur rein geographische Bedeutung, die wir übergehen können. Ich nehme daher an, dass ich Ihnen zweierlei berichten muss, wenn ich Ihnen sage, warum ich kein Christ bin: erstens, warum ich nicht an Gott und die Unsterblichkeit glaube, und zweitens, warum ich nicht der Ansicht bin, dass Christus der Beste und Weiseste der Menschen war, obwohl ich ihm einen sehr hohen Grad moralischer Vortrefflichkeit zugestehe.

(...)


Die Existenz Gottes

Um nun zur Frage der Existenz Gottes zu kommen: sie ist eine umfangreiche und ernste Frage, und wollte ich versuchen, sie in angemessener Weise zu behandeln, müsste ich Sie bis zum Jüngsten Tag hierbehalten. Sie müssen mich daher entschuldigen, wenn ich sie nur kurz abhandle. Wie Ihnen bekannt ist, hat die katholische Kirche zum Dogma erhoben, dass sich die Existenz Gottes durch die Vernunft beweisen lässt. Dieses Dogma ist zwar etwas eigenartig, aber es ist immerhin eines ihrer Dogmen. Sie musste es einführen, als die Freidenker die Gewohnheit annahmen zu behaupten, es gebe diese und jene Argumente, die die reine Vernunft gegen die Existenz Gottes vorbringen könnte, aber natürlich seien sie durch ihren Glauben überzeugt, dass es Gott gebe. Die Beweise und Gründe wurden sehr ausführlich dargelegt, und die katholische Kirche erkannte, dass sie dem ein Ende machen musste. Daher behauptete sie, die Existenz Gottes lasse sich durch die menschliche Vernunft beweisen, und um diese Behauptung zu begründen, musste sie Argumente vorbringen, die sie für stichhaltig hielt. Natürlich gibt es davon eine ganze Anzahl, aber ich werde nur einige herausgreifen.


Der Beweis einer ersten Ursache


Das Argument, das wohl am einfachsten und leichtesten zu verstehen ist, ist das einer ersten Ursache. (Es wird behauptet, dass alles, was wir auf dieser Welt sehen, eine Ursache hat und dass man zu einer ersten Ursache gelangen muss, wenn man die Kette der Ursachen immer weiter zurückverfolgt, diese erste Ursache nennt man Gott.) Dieses Argument hat heute kaum noch Gewicht, vor allem, weil der Begriff der Ursache nicht mehr die gleiche Bedeutung hat wie früher. Die Philosophen und Wissenschaftler haben sich darüber hergemacht, und der Begriff hat viel von seiner früheren Vitalität verloren. Aber auch unabhängig davon muss man einsehen, dass das Argument, es müsse eine erste Ursache geben, keinerlei Bedeutung haben kann. Ich muss zugeben, dass ich als junger Mann, als ich diese Fragen sehr ernsthaft erwog, lange Zeit das Argument der ersten Ursache gelten ließ, bis ich eines Tages, im Alter von achtzehn Jahren, John Stuart Mills Autobiographie las und darin folgenden Satz fand: »Mein Vater lehrte mich, dass es auf die Frage »Wer hat mich erschaffen?« keine Antwort gibt, da diese sofort die weitere Frage nahelegt: »Wer hat Gott erschaffen?« Wie ich noch immer glaube, machte mir dieser ganz einfache Satz den Trugschluss im Argument der ersten Ursache deutlich. Wenn alles eine Ursache haben muss, dann muss auch Gott eine Ursache haben. Wenn es etwas geben kann, das keine Ursache hat, kann das ebensogut die Welt wie Gott sein, so dass das Argument bedeutungslos wird. Es liegt genau auf der gleichen Linie wie die Ansicht des Hindus, die Welt ruhe auf einem Elefanten und der Elefant stehe auf einer Schildkröte; als man ihn fragte: »Und was ist mit der Schildkröte?«, sagte der Inder: »Sprechen wir von etwas anderem!« Das Argument ist wirklich um keinen Deut besser. Es gibt weder einen Grund dafür, warum die Welt nicht auch ohne eine Ursache begonnen haben könnte, noch, warum sie nicht schon immer existiert haben sollte. Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass die Welt überhaupt einen Anfang hatte. Die Idee, dass alles einen Anfang haben müsse, entspringt nur der Armut unserer Vorstellungskraft. Deshalb brauche ich wohl keine weitere Zeit mehr auf das Argument der ersten Ursache zu verschwenden.


Der Beweis durch das Naturgesetz

Ferner gibt es das weitverbreitete Argument des Naturgesetzes. Es war im ganzen achtzehnten Jahrhundert besonders unter dem Einfluss von Sir Isaac Newton und seiner Weltentstehungslehre sehr beliebt. Man beobachtete, dass sich die Planeten nach dem Gravitationsgesetz um die Sonne bewegen, und glaubte, Gott habe ihnen befohlen, sich gerade auf diese Art zu bewegen, und das sei der Grund für ihr Verhalten. Das war natürlich eine einfache und bequeme Begründung, die den Menschen die Mühe abnahm, nach weiteren Erklärungen des Gravitationsgesetzes zu suchen. Heute begründen wir das Gravitationsgesetz auf eine etwas komplizierte Weise, die Einstein entwickelt hat. Ich habe nicht vor, Ihnen eine Vorlesung über das Gravitationsgesetz, wie es von Einstein erklärt wird, zu halten; das würde auch zuviel Zeit beanspruchen. Für uns sind jedenfalls die Naturgesetze nicht mehr dieselben wie im Newtonschen System, wo sich die Natur aus irgendeinem Grund, den niemand verstehen konnte, einheitlich verhielt. Jetzt erkennen wir, dass sehr vieles, was wir für ein Naturgesetz gehalten haben, in Wahrheit menschliches Übereinkommen ist. Sie wissen, dass noch in den entferntesten Tiefen des Weltraums ein Meter hundert Zentimeter hat. Das ist zweifellos eine bemerkenswerte Tatsache, aber man würde es kaum ein Naturgesetz nennen. Vieles, was für ein Naturgesetz gehalten wird, ist von dieser Art. Andererseits muss man, soweit man überhaupt in das wirkliche Verhalten von Atomen Einblick gewinnen kann, feststellen, dass sie viel weniger einem Gesetz unterworfen sind, als angenommen wurde, und dass die Gesetze, auf die man schließlich kommt, statistische Durchschnittswerte genau der gleichen Art sind, wie sie sich aus dem Zufall ergeben. Es gibt bekanntlich ein Gesetz, dass sich beim Würfeln nur etwa jedes 36. Mal zwei Sechsen ergeben; aber das betrachtet man nicht als Beweis, dass das Fallen der Würfel planmäßig gesteuert wird. Im Gegenteil, wenn jedesmal zwei Sechsen kämen, würden wir dahinter eine Absicht vermuten. Viele Naturgesetze sind von dieser Art. Sie sind statistische Durchschnittswerte, die sich aus dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit ergeben, wodurch die ganze Frage der Naturgesetze viel weniger imponierend erscheint als früher. Aber ganz abgesehen von diesen Überlegungen, die dem augenblicklichen Stand der Wissenschaft entsprechen, der sich schon morgen ändern kann, beruht die ganze Auffassung, dass Naturgesetze einen Gesetzgeber bedingen, darauf, dass Naturgesetze und menschliche Gesetze durcheinandergebracht werden. Menschliche Gesetze schreiben uns ein bestimmtes Verhalten vor, und wir können sie befolgen oder nicht; aber die Naturgesetze beschreiben das tatsächliche Verhalten der Dinge, und daher kann man nicht einwenden, dass es einen geben muss, der es ihnen vorschreibt; denn selbst angenommen, es gäbe einen, so drängt sich die Frage auf: "Warum hat Gott gerade diese Naturgesetze erlassen und keine andern?" Wenn Sie sagen, er tat es ohne jeglichen Grund, weil es ihm so gefiel, so müssen Sie zugeben, dass es etwas gibt, das dem Gesetz nicht unterworfen ist, und Ihre Kette von Naturgesetzen wird unterbrochen. Wenn Sie wie die orthodoxeren Theologen sagen, Gott habe bei all seinen Gesetzen einen Grund gehabt, gerade diese Gesetze zu erlassen und keine andern - wobei natürlich der Grund der ist, dass er das beste Universum erschaffen wollte, obwohl man das bei näherer Betrachtung nie annehmen würde -‚ wenn es also einen Grund für Gottes Gesetz gab, so war Gott selbst Gesetzen unterworfen, und es bietet Ihnen keinen Vorteil, Gott als Zwischenglied einzuschalten. Sie haben dann nämlich ein Gesetz außerhalb und vor dem göttlichen Gesetz, und Gott entspricht nicht Ihrem Zweck, da er nicht der letzte Gesetzgeber ist. Kurz, dieser ganze Streit über das Naturgesetz hat bei weitem nicht mehr das Gewicht, das er früher hatte. Ich möchte die Beweise in ihrer chronologischen Reihenfolge betrachten. Die Argumente, die für die Existenz Gottes angeführt werden, ändern mit der Zeit ihren Charakter. Zuerst waren es unumstößliche intellektuelle Argumente, die ganz bestimmte Trugschlüsse enthielten. Je mehr wir uns den modernen Zeiten nähern, um so unansehnlicher werden sie in intellektueller Hinsicht, aber dafür um so stärker von einer Art moralisierender Unklarheit angekränkelt.


Der teleologische Gottesbeweis

Der nächste Schritt in dieser Entwicklung bringt uns zum teleologischen Argument. Sie alle kennen es: Die ganze Welt ist genau so beschaffen, dass wir darin leben können, und wenn sie nur ein wenig anders wäre, könnten wir darin nicht leben. Das ist das Argument der zweckmäßigen Weltordnung. Manchmal nimmt es eine etwas eigenartige Form an. So wird zum Beispiel behauptet, Kaninchen hätten weiße Schwänze, damit man sie leicht abschießen könne. Ich weiß nicht, wie sich die Kaninchen zu dieser Auffassung stellen. Es ist ein Argument, das sich leicht parodieren lässt. Sie alle kennen Voltaires Äußerung, die Nase sei offenbar so geschaffen, dass darauf eine Brille passe. Es hat sich gezeigt, dass solche Parodien nicht annähernd soweit daneben treffen, wie es im achtzehnten Jahrhundert den Anschein haben mochte, weil wir seit Darwin viel besser verstehen, warum Lebewesen ihrer Umwelt angepasst sind. Nicht die Umwelt wurde so geschaffen, dass sie für die Lebewesen geeignet war, sondern die Lebewesen entwickelten sich so, dass sie für die Umwelt geeignet wurden. Das ist die Grundlage der Anpassung, und es ist keinerlei Absicht dabei erkennbar. Wenn man das teleologische Argument näher betrachtet, ist es höchst erstaunlich, dass Menschen glauben können, diese Welt mit allem, was sich darin befindet, und mit all ihren Fehlern sei das Beste, was Allmacht und Allwissenheit in Millionen von Jahren erschaffen konnten. Ich kann das wirklich nicht glauben. Meinen Sie, wenn Ihnen Allmacht und Allwissenheit und dazu Jahrmillionen gegeben wären, um Ihre Welt zu vervollkommnen, dass Sie dann nichts Besseres als den Ku-Klux-Klan oder die Faschisten hervorbringen könnten? Wenn man die gewöhnlichen Gesetze der Wissenschaft gelten lässt, so muss man überdies annehmen, dass auf diesem Planeten das menschliche Leben und das Leben überhaupt zu einem gewissen Zeitpunkt aussterben werden: es ist nur ein Übergangsstadium im Verfall des Sonnensystems. In einem bestimmten Verfallsstadium ergeben sich jene Temperaturbedingungen und anderes, was dem Protoplasma zuträglich ist, und für eine kurze Periode in der Dauer des gesamten Sonnensystems gibt es Leben. Der Mond führt uns vor Augen, worauf die Erde zusteuert: auf etwas Totes, Kaltes und Lebloses. Eine solche Ansicht sei deprimierend, sagt man mir, und manche behaupten, sie könnten nicht weiterleben, wenn sie daran glaubten. Glauben Sie es nicht, es ist alles Unsinn. In Wahrheit macht sich niemand viel Gedanken darüber, was in Millionen von Jahren sein wird. Selbst wenn die Leute glauben, sie machten sich deshalb Sorgen, so täuschen sie sich nur. Sie machen sich Sorgen über etwas viel Irdischeres, oder vielleicht leiden sie auch nur an schlechter Verdauung, aber der Gedanke an etwas, das in Millionen und Abermillionen von Jahren mit dieser Welt geschehen wird, macht keinen ernsthaft unglücklich. Obwohl es natürlich eine düstere Aussicht ist, wenn man annimmt, dass das Leben aussterben wird - wenigstens glaube ich, dass wir das so ausdrücken können, obwohl ich es manchmal, wenn ich so sehe, was die Menschen aus ihrem Leben machen, fast für einen Trost halte -‚ so ist die Aussicht doch nicht so düster, dass sie deshalb unser Leben elend machte. Sie veranlasst uns nur, unsere Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden.


Die moralischen Gottesbeweise

Wir kommen jetzt zu einem weiteren Stadium der geistigen Entwicklung, wie ich es bezeichnen möchte, die die Theisten mit ihren Beweisen durchgemacht haben, und zwar zu den sogenannten moralischen Argumenten für die Existenz Gottes. Früher gab es bekanntlich drei Vernunftbeweise für die Existenz Gottes, die alle von Immanuel Kant in der "Kritik der reinen Vernunft" entkräftet wurden; aber kaum hatte er sie abgetan, erfand er einen neuen, einen moralischen Beweis, und dieser überzeugte ihn vollkommen. Wie so viele Menschen war er in intellektuellen Fragen skeptisch, aber in Dingen der Moral glaubte er bedingungslos an die Maximen, die er auf dem Schoß seiner Mutter in sich aufgenommen hatte. Das veranschaulicht nur, was die Psychoanalytiker so sehr betonen - nämlich, wie unendlich stärker wir von unseren frühkindlichen Assoziationen beeinflusst werden als von denen späterer Altersstufen. Wie gesagt, Kant erfand ein neues, moralisches Argument für die Existenz Gottes, das in verschiedenen Fassungen im neunzehnten Jahrhundert außerordentlich beliebt war. Man hört es in allen möglichen Versionen. Eine davon besagt, ohne die Existenz Gottes gäbe es weder Gut noch Böse. Im Augenblick befasse ich mich nicht damit, ob zwischen Gut und Böse überhaupt ein Unterschied besteht; das ist eine andere Frage. Das Problem, mit dem ich mich auseinandersetze, ist folgendes. Wenn man ganz sicher ist, dass zwischen Gut und Böse ein Unterschied besteht, sieht man sich vor folgende Frage gestellt: Besteht dieser Unterschied durch einen Machtspruch Gottes oder nicht? Wenn er durch einen Machtspruch Gottes besteht, dann gibt es für Gott selbst keinen Unterschied zwischen Gut und Böse, und es bedeutet nichts mehr, wenn man feststellt, Gott sei gut. Wenn man wie die Theologen sagt, Gott sei gut, so muss man auch sagen, Gut und Böse haben eine Bedeutung, die vom Machtspruch Gottes unabhängig ist; denn dass Gottes Befehle gut und nicht schlecht sind, ist unabhängig von der bloßen Tatsache, dass er sie gab. Dann muss man aber einräumen, dass Gut und Böse nicht durch Gott entstanden sind, sondern ihrem Wesen nach logisch vor Gott kommen. Wenn man wollte, könnte man natürlich sagen, es gebe eine übergeordnete Gottheit, die dem Gott, der unsere Welt erschaffen hat, Befehle erteilt, oder man könnte sich die Auffassung einiger Gnostiker zu eigen machen -die ich oft ganz plausibel finde -‚ dass nämlich unsere Welt in einem Augenblick, als Gott nicht achtgab, vom Teufel erschaffen wurde. Man könnte für diese Auffassung eine ganze Menge Grunde anführen, und es ist nicht meine Aufgabe, sie zu widerlegen.


Das Argument der ausgleichenden Gerechtigkeit

Dann gibt es noch ein sehr eigenartiges moralisches Argument, nämlich die Behauptung, die Existenz Gottes sei nötig, um Gerechtigkeit in diese Welt zu bringen. In dem Teil des Universums, den wir kennen, herrscht große Ungerechtigkeit. Oft leiden die Guten, während es den Schlechten wohlergeht, und es ist schwer zu sagen, was ärgerlicher ist. Wenn jedoch im Universum als Ganzem Gerechtigkeit herrschen soll, muss man annehmen, dass ein zukünftiges Leben den Ausgleich zum irdischen Leben herstellen wird. So wird also behauptet, es müsse einen Gott geben und es müsse Himmel und Hölle geben, damit auf die Dauer Gerechtigkeit herrschen könne. Das ist ein sehr merkwürdiges Argument. Wollte man die Angelegenheit vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachten, so müsste man sagen: "Schließlich kenne ich nur diese Welt. Ich weiß nicht, wie das übrige Universum beschaffen ist, aber soweit man überhaupt mit der Wahrscheinlichkeit argumentieren kann, muss man annehmen, dass diese Welt ein gutes Beispiel für das Universum ist, und dass, wenn es hier Ungerechtigkeit gibt, sie höchstwahrscheinlich auch anderswo vorhanden sein wird." Nehmen wir an, Sie bekommen eine Kiste Orangen und beim Öffnen stellen Sie fest, dass die ganze oberste Lage Orangen verdorben ist. Sie würden daraus nicht schließen: "Die unteren müssen dafür gut sein, damit es sich ausgleicht." Sie würden vielmehr sagen: "Wahrscheinlich ist die ganze Kiste verdorben." Und so würde auch ein wissenschaftlich denkender Mensch das Universum beurteilen. Er würde sagen: "Hier in dieser Welt finden wir sehr viel Ungerechtigkeit, und das ist ein Grund anzunehmen, dass nicht Gerechtigkeit die Welt regiert; es liefert uns ein moralisches Argument gegen Gott und nicht für Gott." Natürlich weiß ich, dass nicht solche verstandesmäßigen Argumente, wie ich sie Ihnen dargelegt habe, die Menschen wirklich bewegen. Was sie dazu bewegt, an Gott zu glauben, ist überhaupt kein verstandesmäßiges Argument. Die meisten Menschen glauben an Gott, weil man es sie von frühester Kindheit an gelehrt hat, und das ist der Hauptgrund. Der zweitstärkste Beweggrund ist wohl der Wunsch nach Sicherheit, nach einer Art Gefühl, dass es einen großen Bruder gibt, der sich um einen kümmert. Das trägt sehr wesentlich dazu bei, das Verlangen der Menschen nach einem Glauben an Gott hervorzurufen.


Der Charakter Christi

Ich möchte nun ein paar Worte über ein Thema sagen, das meiner Ansicht nach von den Rationalisten nicht ausreichend behandelt wird. Es ist die Frage, ob Christus der beste und weiseste der Menschen war. Im allgemeinen wird es als selbstverständlich angesehen, dass wir alle darin übereinstimmen sollten. Ich selbst bin nicht dieser Ansicht. Es gibt, glaube ich, sehr viele Punkte, in denen ich mit Christus weit mehr einig bin als die Bekenntnischristen. Ich bin nicht in allem mit ihm einig, aber ich stimme mit ihm weit mehr überein als die meisten Bekenntnischristen. Sie werden sich erinnern, dass er sagte: "Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen, sondern wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so halte ihm auch die andere hin." Das ist kein neues Gebot oder Prinzip. Es wurde von Laotse und Buddha schon etwa fünf bis sechshundert Jahre vor Christus verkündet, aber es ist kein Grundsatz, den die Christen wirklich befolgen. Ich zweifle beispielsweise nicht daran, dass der gegenwärtige Premierminister (Steven Baldwin) ein durch und durch aufrichtiger Christ ist, aber ich würde keinem von Ihnen raten, hinzugehen und ihn auf eine Wange zu schlagen. Sie würden wahrscheinlich feststellen, dass er der Ansicht ist, dieser Text sei in übertragenem Sinne gemeint. Dann gibt es noch einen andern Punkt, den ich für ausgezeichnet halte. Sie werden sich erinnern, dass Christus sagte: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet." Ich glaube nicht, dass Sie feststellen könnten, dieses Prinzip sei an den Gerichtshöfen christlicher Länder sehr verbreitet. Ich habe zu meiner Zeit eine ganze Anzahl von Richtern gekannt, die eifrige Christen waren, und keiner von ihnen hatte das Gefühl, sein Tun stehe im Widerspruch zu christlichen Grundsätzen. Ferner sagt Christus: "Wer dich um etwas bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, von dem wende dich nicht ab." Das ist ein sehr gutes Prinzip. Ihr Vorsitzender hat Sie daran erinnert, dass wir nicht hier sind, um über Politik zu sprechen, aber ich kann nicht umhin zu bemerken, dass der letzte Wahlkampf über die Frage ausgetragen wurde, ob es wünschenswert sei, sich von dem abzuwenden, der borgen will, so dass man annehmen muss, dass sich die Liberalen und Konservativen in unserem Land aus Leuten zusammensetzen, die der Lehre Christi nicht zustimmen, weil sie bei jener Gelegenheit sehr entschieden abwehrten. Dann gibt es eine weitere Maxime Christi, in der meiner Ansicht nach seht viel steckt; aber ich kann nicht feststellen, dass sie bei einigen unserer Christenfreunde sehr beliebt ist. Er sagte: "Willst du vollkommen sein, so gehe hin und verkaufe alles, was du hast, und gib den Erlös den Armen." Es ist eine ausgezeichnete Maxime, aber wie ich schon sagte, wird sie nicht sehr häufig in die Tat umgesetzt. Das alles sind meiner Ansicht nach gute Grundsätze, wenn es auch ein wenig schwierig ist, sein Leben danach einzurichten. Ich behaupte nicht, dass ich selbst danach lebe, aber schließlich ist das für mich nicht ganz dasselbe wie für einen Christen.


Mängel in der Lehre Christi

Nachdem ich die Vortrefflichkeit dieser Maximen eingeräumt habe, komme ich zu gewissen Einzelheiten, bei denen man meiner Meinung nach Christus, wie er in den Evangelien geschildert wird, weder die höchste Weisheit noch die höchste Güte zuerkennen kann; und hier darf ich noch einfügen, dass ich mich nicht mit der historischen Frage befasse. Geschichtlich gesehen ist es ziemlich zweifelhaft, ob Christus überhaupt jemals gelebt hat, und wenn ja, so wissen wir nichts über ihn. Deshalb beschäftige ich mich nicht mit der historischen Frage, die sehr schwierig ist, sondern mit Christus, wie er in den Evangelien auftritt, wobei ich die Erzählungen der Evangelien so nehme, wie sie geschrieben stehen. Da findet sich nun einiges, das nicht sehr weise erscheint. Zunächst einmal glaubte er gewiss, dass er noch vor dem Tode aller seiner Zeitgenossen in Wolken der Glorie wiederkehren würde. Es gibt viele Textstellen, die das beweisen. Er sagt beispielsweise: "Ihr werdet noch nicht fertig sein mit den Städten Israels, bis der Menschensohn kommt." Dann sagt er: "Einige von denen, die hier stehen, werden den Tod nicht kosten, bis sie den Menschensohn in seinem Reiche kommen sehen." Und es gibt noch viele Stellen, in denen es ganz deutlich ist, dass er der Meinung war, er werde zu Lebzeiten vieler damals Lebender wiederkehren. Das war auch der Glaube seiner frühen Anhänger und die Grundlage eines großen Teils seiner Sittenlehre. Wenn er sagte: "Sorget nicht ängstlich für den morgigen Tag", und ähnliches, so größtenteils deshalb, weil er glaubte, er werde sehr bald wiederkehren und alle gewöhnlichen irdischen Angelegenheiten seien bedeutungslos. Ich habe tatsächlich einige Christen gekannt , die glaubten, seine Wiederkehr stehe kurz bevor. Ein Geistlicher, den ich kannte, jagte seiner Gemeinde eine schreckliche Angst ein, indem er ihr sagte, die Wiederkehr Christi stehe wahrhaftig unmittelbar bevor; aber als sie sahen, dass er in seinem Garten Bäume pflanzte, waren sie wieder beruhigt. Die frühen Christen glaubten wirklich daran, und sie unterließen solche Dinge, wie in ihren Gärten Bäume zu pflanzen, da sie von Christus den Glauben übernahmen, dass die Wiederkehr nahe bevorstehe. In dieser Hinsicht war er eindeutig nicht so klug wie manche andere Menschen, und die höchste Weisheit besaß er ganz gewiss nicht.
Das moralische Problem
Wenden wir uns nunmehr moralischen Fragen zu. Christus hatte nach meiner Ansicht einen sehr schweren Charakterfehler, nämlich dass er an die Hölle glaubte. Ich meinerseits finde nicht, dass jemand, der wirklich zutiefst menschenfreundlich ist, an eine ewigwährende Strafe glauben kann. Christus, wie er in den Evangelien geschildert wird, glaubte ganz gewiss an eine ewige Strafe, und wiederholt findet man in ihnen eine rachsüchtige Wut auf jene Menschen, die auf seine Predigten nicht hören wollten - eine bei Predigern nicht ungewöhnliche Haltung, die aber die höchste Vortrefflichkeit etwas in Frage stellt. Bei Sokrates beispielsweise findet man diese Einstellung nicht. Er ist gegenüber den Menschen, die nicht auf ihn hören wollten, höflich und verbindlich, und meiner Meinung nach ist diese Haltung eines Weisen viel würdiger als die der Entrüstung. Sie erinnern sich wahrscheinlich alle daran, was Sokrates vor seinem Tode sprach, und an jene Worte, die er im allgemeinen zu Leuten sagte, die mit ihm nicht übereinstimmten. Christus sagte in den Evangelien: »Ihr Schlangen und Natterngezücht! Wie werdet ihr der Verurteilung zur Hölle entrinnen?«, und zwar sagte er es zu Leuten, denen seine Predigten nicht gefielen.

Nach meiner Meinung ist das nicht gerade das beste Verhalten. Es gibt jedoch viele derartige Stellen über die Hölle, zum Beispiel den bekannten Ausspruch über die Sünde wider den Heiligen Geist: »Wer aber wider den Heiligen Geist redet, dem wird weder in dieser noch in der künftigen Welt vergeben werden.» Diese Stelle hat in der Welt unaussprechliches Elend verursacht, denn alle möglichen Leute glaubten, sie hätten wider den Heiligen Geist gesündigt und es würde ihnen weder in dieser noch in der zukünftigen Welt vergeben werden. Ich finde wahrhaftig nicht, dass ein Mensch, dessen Natur ein rechtes Maß an Güte enthält, soviel Angst und Schrecken in die Welt gesetzt hätte. Dann sagt Christus: »Der Menschensohn wird seine Engel aussenden. Diese werden aus seinem Reiche alle Verführer und Übeltäter sammeln und werden sie in den Feuerofen werfen. Da wird Heulen und Zähneknirschen sein." Und über das Heulen und Zähneknirschen spricht er immer wieder. Es kommt in einem Vers nach dem andern vor, und deshalb ist es für den Leser ganz offenbar, dass ihm die Vorstellung des Heulens und Zähneknirschens ein gewisses Vergnügen bereitete. Dann erinnern Sie sich natürlich alle an die Stelle über die Schafe und Böcke, wie er bei seiner Wiederkehr zu den Böcken sagen wird: »Weicht von mir, all ihr Übeltäter, in das ewige Feuer." Er fährt fort: "Und sie werden in das ewige Feuer gehen." Dann wieder sagt er: "Wenn deine Hand dir Ärgernis gibt, so haue sie ab; es ist für dich besser, verstümmelt ins Leben einzugehen, als mit zwei Händen in die Hölle zu fahren, in das unauslöschliche Feuer, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt." Auch das wiederholt er immer wieder. Ich muss sagen, dass diese ganze Lehre vom Höllenfeuer als Strafe für die Sünde eine grausame Lehre ist. Sie hat Grausamkeit in die Welt gebracht und für Generationen unbarmherzige Foltern. Und könnte man annehmen, dass der Christus der Evangelien auch in Wirklichkeit so war, wie ihn seine Chronisten darstellen, so müsste man ihn gewiss zum Teil dafür verantwortlich machen. Es gibt aber noch andere Dinge von geringerer Bedeutung. Da ist die Begebenheit mit den Gadarener Säuen, wo es den Schweinen gegenüber ganz gewiss nicht sehr nett war, die Teufel in sie fahren zu lassen, so dass sie den Hügel hinab ins Meer stürmten. Sie müssen bedenken, dass er allmächtig war und die Teufel einfach hätte fortschicken können; aber er zog es vor, sie in die Säue fahren zu lassen. Sie erinnern sich sicher auch an die seltsame Geschichte vom Feigenbaum, von der ich nie wusste, was ich davon halten solle. »Des anderen Tages aber, da sie von Bethanien weggingen, hungerte ihn. Er sah von ferne einen Feigenbaum, der Blätter hatte, und ging hinzu, ob er wohl etwas an ihm fände. Als er aber hinzukam, fand er nichts als Blätter, denn es war nicht Feigenzeit. Da sprach er zu ihm: Niemals esse jemand wieder eine Frucht von dir in Ewigkeit! ... Und Petrus... sagte zu ihm: Meister, sieh, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt." Das ist eine sehr eigenartige Geschichte, weil man dem Feigenbaum wirklich keinen Vorwurf daraus machen konnte, dass es nicht die rechte Jahreszeit für Feigen war. Ich meinerseits kann nicht finden, dass Christus an Weisheit oder Tugend ganz so hoch steht wie einige andere geschichtliche Persönlichkeiten. In dieser Hinsicht würde ich Buddha oder Sokrates noch über ihn stellen.


Das gefühlsmäßige Moment

Wie gesagt, glaube ich nicht, dass der wahre Grund, warum die Menschen einer Religion anhängen, etwas mit Beweisen zu tun hat. Sie sind religiös aus Gründen des Gefühls. Häufig ist zu hören, es sei unrecht, die Religion anzugreifen, weil sie die Menschen tugendhaft mache. So sagt man, ich selbst habe nichts davon bemerkt. Sie kennen wohl die Parodie auf dieses Argument in Samuel Butlers Buch "Erewhon Revisited". Wie Sie sich erinnern werden, kommt in "Erewhon" ein gewisser Higgs vor, der in ein fernes Land verschlagen wird und nach einiger Zeit in einem Ballon aus diesem Land flieht. Nach zwanzig Jahren kehrt er zurück und findet dort eine neue Religion vor, in der er unter dem Namen "Sonnenkind" verehrt wird und die behauptet, er sei in den Himmel aufgefahren. Er erfährt, dass das Himmelfahrtsfest unmittelbar bevorstehe, und hört, wie die Professoren Hanky und Panky zueinander sagen, sie hätten den Mann Higgs niemals gesehen und hofften, ihn auch niemals zu Gesicht zu bekommen; sie sind aber die Hohenpriester der Religion des Sonnenkindes. Er ist überaus empört, geht auf sie zu und sagt: »Ich werde diesen ganzen Schwindel entlarven und dem Volk von Erewhon sagen, dass es nur ich war, der Mann Higgs, und dass ich in einem Ballon aufgestiegen bin." Man erwidert ihm jedoch: "Das dürfen Sie nicht tun; die ganze Moral dieses Landes ist an diesen Mythos gebunden. Wenn die Leute erfahren, dass Sie nicht in den Himmel aufgefahren sind, werden sie alle schlecht werden." Und so lässt er sich überzeugen und entfernt sich unauffällig. Das ist der Grundgedanke: dass wir alle schlecht wären, hielten wir uns nicht an die christliche Religion. Mir scheint es, dass der größte Teil der Menschen, die sich daran gehalten haben, außerordentlich schlecht waren. Es ergibt sich die seltsame Tatsache, dass die Grausamkeit um so größer und die allgemeine Lage um so schlimmer waren, je stärker die Religion einer Zeit und je fester der dogmatische Glaube war. In den sogenannten Epochen des Glaubens, als die Menschen an die christliche Religion in ihrer vollen Ganzheit wirklich glaubten, gab es die Inquisition mit ihren Foltern, wurden Millionen unglückseliger Frauen als Hexen verbrannt und im Namen der Religion an unzähligen Menschen alle erdenklichen Grausamkeiten verübt. Wenn man sich auf der Welt umsieht, so muss man feststellen, dass jedes bisschen Fortschritt im humanen Empfinden, jede Verbesserung der Strafgesetze, jede Maßnahme zur Verminderung der Kriege, jeder Schritt zur besseren Behandlung der farbigen Rassen oder jede Milderung der Sklaverei und jeder moralische Fortschritt auf der Erde durchweg von den organisierten Kirchen der Welt bekämpft wurde. Ich sage mit vollster Überlegung, dass die in ihren Kirchen organisierte christliche Religion der Hauptfeind des moralischen Fortschrittes in der Welt war und ist.

Wie die Kirchen den Fortschritt verzögert haben

Vielleicht sind Sie der Meinung, ich gehe zu weit, wenn ich behaupte, dass das noch immer so ist. Ich bin nicht dieser Ansicht. Nehmen Sie nur eine Tatsache als Beispiel. Sie müssen entschuldigen, wenn ich sie erwähne. Es ist keine erfreuliche Tatsache, aber man wird von den Kirchen dazu gezwungen, unerfreuliche Dinge auszusprechen. Nehmen wir an, dass in unserer heutigen Welt ein unerfahrenes Mädchen einen syphilitischen Mann heiratet. In diesem Fall sagt die katholische Kirche: »Das Sakrament ist unauflösbar. Ihr müsst bis an euer Lebensende zusammenbleiben." Und die Frau darf nichts unternehmen, um zu verhindern, dass sie syphilitische Kinder zur Welt bringt. So sagt die katholische Kirche. Ich aber nenne das eine unmenschliche Grausamkeit. Niemand, dessen natürliches Mitgefühl nicht durch das Dogma verkümmert oder dessen moralisches Empfinden nicht für alles Leiden vollkommen tot ist, kann behaupten, es sei recht und billig, dass dieser Zustand weiterhin bestehen bleibt. Das ist nur ein Beispiel. Es gibt viele Methoden, mit denen gegenwärtig die Kirche durch ihr Beharren auf ihrer sogenannten Sittenlehre allen möglichen Menschen unverdientes und unnötiges Leiden zufügt. Und natürlich ist sie, wie wir wissen, zum größten Teil immer noch ein Gegner des Fortschritts und aller Verbesserungen, die das Leiden in der Welt verringern könnten, weil sie unter Moral eine Anzahl von Verhaltensregeln versteht, die mit menschlichem Glück überhaupt nichts zu tun haben. Wenn man sagt, dies oder jenes müsse geschehen, da es zum menschlichen Glück beitragen würde, so findet die Kirche, das habe mit der Sache überhaupt nichts zu tun. »Was hat menschliches Glück mit der Sittenlehre zu tun? Es ist nicht das Ziel der Sittenlehre, die Menschen glücklich zu machen.»


Angst als Grundlage der Religion

Die Religion stützt sich vor allem und hauptsächlich auf die Angst. Teils ist es die Angst vor dem Unbekannten und teils, wie ich schon sagte, der Wunsch zu fühlen, dass man eine Art großen Bruder hat, der einem in allen Schwierigkeiten und Kämpfen beisteht. Angst ist die Grundlage des Ganzen - Angst vor dem Geheimnisvollen, Angst vor Niederlagen, Angst vor dem Tod. Die Angst ist die Mutter der Grausamkeit, und es ist deshalb kein Wunder, dass Grausamkeit und Religion Hand in Hand gehen, weil beide aus der Angst entspringen. Wir beginnen nun langsam, die Welt zu verstehen und sie zu meistern, mit Hilfe einer Wissenschaft, die sich gewaltsam Schritt für Schritt ihren Weg gegen die christliche Religion, gegen die Kirchen und im Widerspruch zu den überlieferten Geboten erkämpft hat. Die Wissenschaft kann uns helfen, die feige Furcht zu überwinden, in der die Menschheit seit so vielen Generationen lebt. Die Wissenschaft, und ich glaube auch unser eigenes Herz, kann uns lehren, nicht mehr nach einer eingebildeten Hilfe zu suchen und Verbündete im Himmel zu ersinnen, sondern vielmehr hier unten unsere eigenen Anstrengungen darauf zu richten, die Welt zu einem Ort zu machen, der es wert ist, darin zu leben, und nicht zu dem, was die Kirchen in all den Jahrhunderten daraus gemacht haben.


Was wir tun müssen

Wir wollen auf unsern eigenen Beinen stehen und die Welt offen und ehrlich anblicken - ihre guten und schlechten Seiten, ihre Schönheit und ihre Hässlichkeit; wir wollen die Welt so sehen, wie sie ist, und uns nicht davor fürchten. Wir wollen die Welt mit unserer Intelligenz erobern und uns nicht nur sklavisch von dem Schrecken, der von ihr ausgeht, unterdrücken lassen. Die ganze Vorstellung von Gott stammt von den alten orientalischen Gewaltherrschaften. Es ist eine Vorstellung, die freier Menschen unwürdig ist. Wenn man hört, wie sich die Menschen in der Kirche erniedrigen und sich als elende Sünder usw. bezeichnen, so erscheint das verächtlich und eines Menschen mit Selbstachtung nicht würdig. Wir sollten uns erheben und der Welt frei ins Antlitz blicken. Wir sollten aus der Welt das Bestmögliche machen, und wenn sie nicht so gut ist, wie wir wünschen, so wird sie schließlich immer noch besser sein als das, was die andern in all den Zeitaltem aus ihr gemacht haben. Eine gute Welt braucht Wissen, Güte und Mut, sie braucht keine schmerzliche Sehnsucht nach der Vergangenheit, keine Fesselung der freien Intelligenz durch Worte, die vor langer Zeit von unwissenden Männern gesprochen wurden. Sie braucht einen furchtlosen Ausblick auf die Zukunft und eine freie Intelligenz. Sie braucht Zukunftshoffnung, kein ständiges Zurückblicken auf eine tote Vergangenheit, von der wir überzeugt sind, dass sie von der Zukunft, die unsere Intelligenz schaffen kann, bei weitem übertroffen wird.

Pescatore
08.07.2008, 09:15
Kleiner Querverweis: Wozu ein Atheistenbund (http://www.bund-gegen-anpassung.com/atheist.htm)?

(...) Denn da die Gläubigen sich zu ihrem Glauben zwingen müssen, sein Fehlen jedoch keinen Aufwand braucht, macht die Kraft jedes sozusagen ansteckenden Beispiels ihren Aufwand noch höher (quält sie also subjektiv) und läßt sie daher das Verschwinden der Ansteckungsquelle wünschen bzw. betreiben.

Klopperhorst
08.07.2008, 10:05
Russell war ein platter, angesächsischer Realist. Er könnte der Bruder eines gewissen Forenschreibers sein.

Was mich an diesem Mr. Pief stört, ist, daß er gegen den deutschen Idealismus wetterte, ohne ihn jemals studiert zu haben.

Wer die Welt nur als Stoß- und Gegenstoß betrachtet, sich selbst als Schöpfer der Welt im Geist permanent ausblendet, der verfällt eben in diesen platten Realismus.

Schade, daß eine Polemik gegen Russel von keinem hier gelesen oder gar verstanden würde, also spare ich es mir, diesen älteren R. Dawkins mit seiner seichten Kritik am Monotheismus zu widerlegen.

---

kotzfisch
08.07.2008, 10:26
Dessen kristallklare Logik und messerscharfe Argumentation ist durch Dich auch nicht widerlegbar,wenn überhaupt.

platt - eine sinnlose ,pejorative Bemerkung
angelsächsisch - disqualifiziert das seine Argumentation?

Wie hätten wir es denn gerne?

Klopperhorst
08.07.2008, 10:30
Dessen kristallklare Logik und messerscharfe Argumentation ist durch Dich auch nicht widerlegbar,wenn überhaupt.

platt - eine sinnlose ,pejorative Bemerkung
angelsächsisch - disqualifiziert das seine Argumentation?

Wie hätten wir es denn gerne?

Es ist platt, weil er das Subjekt der Erkenntnis ausblendet und die Realität der Welt für sich selbst, ohne den Menschen, annimmt.

Russel sieht alles in einem System der Logik, ohne zuzugeben, daß diese Logik nur in seinem Kopf abläuft, nirgendwo sonst.

Er hat völlig Recht mit seiner Kritik am Monotheismus, aber diese Kritik ist eben nicht umfassend genug, weil sie verneint, daß sie selbst nur eine Vorstellung ist, wie eben jede gestige Ausgeburt eine Vorstellung ist, keine Realität für sich besitzt.

Er hat den Idealismus nicht verstanden, wonach kein Objekt ohne Subjekt bestehen kann. Insofern ist er angelsächsich platt, wie ich es oben sagte.

---

cajadeahorros
08.07.2008, 10:35
Es ist platt, weil er das Subjekt der Erkenntnis ausblendet und die Realität der Welt für sich selbst, ohne den Menschen, annimmt.

Russel sieht alles in einem System der Logik, ohne zuzugeben, daß diese Logik nur in seinem Kopf abläuft, nirgendwo sonst.

Er hat völlig Recht mit seiner Kritik am Monotheismus, aber diese Kritik ist eben nicht umfassend genug, weil sie verneint, daß sie selbst nur eine Vorstellung ist, wie eben jede gestige Ausgeburt eine Vorstellung ist, keine Realität für sich besitzt.

Er hat den Idealismus nicht verstanden, wonach kein Objekt ohne Subjekt bestehen kann. Insofern ist er angelsächsich platt, wie ich es oben sagte.

---

Ist das nicht typisches, leicht niveaureduziertes angelsächsisches Popper-Geschwurbel was du da schreibst?

Krabat
08.07.2008, 10:48
Schade, daß eine Polemik gegen Russel von keinem hier gelesen oder gar verstanden würde, also spare ich es mir, diesen älteren R. Dawkins mit seiner seichten Kritik am Monotheismus zu widerlegen.

---

Der user marc hatt noch nicht mal Russel verstanden, sonst hätte er ihn erklärt und auf ellenlangen copy&paste-Spam verzichtet.

Copy&paste beherrschen die Forenatheisten aber prima. *lach*

Klopperhorst
08.07.2008, 10:49
Ist das nicht typisches, leicht niveaureduziertes angelsächsisches Popper-Geschwurbel was du da schreibst?

Man sollte nicht etwas als Geschwurbel darstellen, von dem man noch nicht einmal den Urheber kennt. Nur so viel: Popper hat mit dem deutschen Idealismus nichts zu tun, das war eher Kant und in England Locke/Hume.

----

Pescatore
08.07.2008, 12:45
Schade, daß eine Polemik gegen Russel von keinem hier gelesen oder gar verstanden würde, also spare ich es mir, diesen älteren R. Dawkins mit seiner seichten Kritik am Monotheismus zu widerlegen.

---

Ein Höhepunkt des deutschen Idealismus dieser Satz.

Sollte Russel mit Dawkins vergleichbar sein muss ich mich tatsächlich einmal näher mit ihm beschäftigen.

marc
08.07.2008, 13:41
Karl Marx - Religion als Opium des Volkes
http://img88.imageshack.us/img88/4314/karlmarxsp3.jpg (http://imageshack.us)

(...)

Die profane Existenz des Irrtums ist kompromittiert, nachdem seine himmlische oratio pro aris et focis widerlegt ist. Der Mensch, der in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels, wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst nur den Unmenschen zu finden, wo er seine wahre Wirklichkeit sucht und suchen muss.

Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen, das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.
Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks: Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.

Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt.

Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Es ist zunächst die Aufgabe der Philosophie, die im Dienste der Geschichte steht nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven. Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik.

(...)

Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist, Verhältnisse, die man nicht besser schildern kann als durch einen Ausruf eines Franzosen bei einer projektierten Hundesteuer: Arme Hunde! Man will euch wie Menschen behandeln.

EinDachs
08.07.2008, 14:26
Der user marc hatt noch nicht mal Russel verstanden, sonst hätte er ihn erklärt und auf ellenlangen copy&paste-Spam verzichtet.

Copy&paste beherrschen die Forenatheisten aber prima. *lach*

Tu mal nicht so, als ob du in diesem Punkt recht viel anders agieren würdest.

Außerdem kann man es kaum treffender als Russel ausdrücken.

cajadeahorros
08.07.2008, 14:50
Er hat völlig Recht mit seiner Kritik am Monotheismus, aber diese Kritik ist eben nicht umfassend genug, weil sie verneint, daß sie selbst nur eine Vorstellung ist, wie eben jede gestige Ausgeburt eine Vorstellung ist, keine Realität für sich besitzt.
---


Ich verstand das als III. Popper'sche Welt aber seis drum.

Krabat
08.07.2008, 17:00
Tu mal nicht so, als ob du in diesem Punkt recht viel anders agieren würdest.

Außerdem kann man es kaum treffender als Russel ausdrücken.

Wenn man eine Theorie nicht auf höchstens 3 Kernaussagen reduzieren kann, taugt sie nichts.

Rowlf
08.07.2008, 18:08
Wenn man eine Theorie nicht auf höchstens 3 Kernaussagen reduzieren kann, taugt sie nichts.

Schade für die 10 Gebote

kotzfisch
09.07.2008, 10:23
Kloppi,
Jetzt schwurbelst Du Dich aber um Kopf und Krägelchen.Bruharharhra................

Dann nimm bitte Michel Onfray, wenn Dir Dawkins und Russel zu "platt" sind.

Onfray ist dann wahrscheinlich ein Beleg für frankophone Platitüden, die dem Spannungsfeld zwischen Subjekt und Objekt nicht gerecht werden,weil sie die
Anteile der deutschen Romantik und des impliziten Idealismus nicht antizipieren.

Oder so ähnlich-oder anders.Geschwätz halt!

Bruharhrahrahar................................... .....................................!

Pescatore
09.07.2008, 13:51
Eine schöne Zusammenfassung der Geschichte des Jakobsweges, mit einem besonderen Gruß an alle "Pilger" von Kerkeling bis MacLaine.

http://www.avenz.de/definition_j/jakobsweg.htm

EinDachs
11.07.2008, 17:23
Wenn man eine Theorie nicht auf höchstens 3 Kernaussagen reduzieren kann, taugt sie nichts.

Weil 3 so eine schöne Zahl ist?

Aber gut, ich will den Russel-Text auf 3 Kernaussagen reduzieren:

1)Gott ist ein frommer, nicht beweisbarer Wunsch
2)Christen tun nicht wirklich, was Christus von ihnen verlangt
3)Teilweise ist das auch sehr gut so, weil Christus selbst ein bisschen einen an der Waffel hatte

Zufrieden?

dr-esperanto
12.07.2008, 02:38
Schade für die 10 Gebote

Jesus hat die 365 Gebote ja auch auf "liebe Gott und den Nächsten" reduziert.

Krabat
12.07.2008, 11:12
Weil 3 so eine schöne Zahl ist?

Aber gut, ich will den Russel-Text auf 3 Kernaussagen reduzieren:

1)Gott ist ein frommer, nicht beweisbarer Wunsch
2)Christen tun nicht wirklich, was Christus von ihnen verlangt
3)Teilweise ist das auch sehr gut so, weil Christus selbst ein bisschen einen an der Waffel hatte

Zufrieden?

Ja, danke. Russell ist also ein ausgemachter Dummkopf. Gut, daß ich ihn nicht gelesen habe.

Rheinlaender
12.07.2008, 11:43
Ja, danke. Russell ist also ein ausgemachter Dummkopf. Gut, daß ich ihn nicht gelesen habe.

Wenn Du mal eine Professur fuer Mathematik in Oxford und den Literaturnobelpreis gewonnen hast, dann wirst Du dieses leichtfertige Urteil sicher revidieren.

EinDachs
12.07.2008, 14:00
Ja, danke. Russell ist also ein ausgemachter Dummkopf. Gut, daß ich ihn nicht gelesen habe.

Wer da wohl der Dummkopf ist?
Russell besteht nicht darauf, dass man ihm alles in 3 einfache verständliche Punkte unterteilt.

Und das du eine der 3 Thesen widerlegen kannst, ist ja auch nicht anzunehmen.

Frank3
10.08.2008, 20:56
Ja, danke. Russell ist also ein ausgemachter Dummkopf. Gut, daß ich ihn nicht gelesen habe.

Krabat du bist ein ausgemachter Dummkopf , denn das Lesen hätte dich auf deine Fehler gebracht , warum du noch der Kirche glaubst und nicht selbst , wie gefordert , denn Weg zu Gott findest .
schreibt " gott "

dr-esperanto
10.08.2008, 21:42
Bertrand Russell war zwar hochintelligent, aber auch sehr böse und rassistisch - irgendwo schreibt er, man müsse die Nichtweißen mit Kriegen und Seuchen dezimieren. Daher ja auch sein Engagement für die Atombombe.

dr-esperanto
10.08.2008, 21:43
http://www.schillerinstitute.org/fid_91-96/943a_russell_lhl.html

Rheinlaender
10.08.2008, 21:51
Bertrand Russell war zwar hochintelligent, aber auch sehr böse und rassistisch - irgendwo schreibt er, man müsse die Nichtweißen mit Kriegen und Seuchen dezimieren.

QUELLE?


Daher ja auch sein Engagement für die Atombombe.

Ich glaube Du bist Dir ueber die Semantik der Woerter "fuer" und "gegen" nicht ganz bewusst.

dr-esperanto
10.08.2008, 23:32
Die Quelle aus oben angegebenem Link
"Unlike the misinformed honest atom scientists, the Russell of 1939 pushed to have the weapon built for exactly the motives he articulated later in the 1946 restatement of his intent. World-federalist, utopian fanatic Russell conceived of the development and use of nuclear weaponry as a trick for terrifying governments into abandoning the right to defend their sovereignties by military means. As he stated this purpose in his 1946 piece, he intended to terrify the peoples of the world into submitting to rule by a global arbiter of conflicts, to a world empire, a global, Malthusian dictatorship of the United Nations Organization.

Britain's Lord Bertrand Russell has been, beyond any reasonable doubt, the most evil public figure of the passing century. England's murdered Christopher Marlowe might have said fairly that the Thule Society's monstrous Adolf Hitler was but a picaresque rogue cast as Dr. Faustus, whereas Russell was a true Mephistopheles. Marlowe would insist upon qualifying his observation: "A truly Venetian Mephistopheles."

Brotzeit
12.08.2008, 14:18
Der user marc hatt noch nicht mal Russel verstanden, sonst hätte er ihn erklärt und auf ellenlangen copy&paste-Spam verzichtet.

Copy&paste beherrschen die Forenatheisten aber prima. *lach*

Das Du : Krabta noch immer nicht begriffen hast , daß G-TT nicht exisitiert und die Aussage , daß G-TT existiert eine nur eine Psychose ist ; daß ist in der Tat wirklich lachhaft!

Beantwort uns allen mal in einem separaten Thread die folgende Frage :

Wer erschuff G-TT?

PS:
Jetzt fang aber nicht mit der völlig unsinnigen und primitiven Phrase "G-TT ist das "A" und "O" an ........

Frank3
12.08.2008, 15:11
Das Du : Krabta noch immer nicht begriffen hast , daß G-TT nicht exisitiert und die Aussage , daß G-TT existiert eine nur eine Psychose ist ; daß ist in der Tat wirklich lachhaft!

Beantwort uns allen mal in einem separaten Thread die folgende Frage :

Wer erschuff G-TT?

PS:
Jetzt fang aber nicht mit der völlig unsinnigen und primitiven Phrase "G-TT ist das "A" und "O" an ........


( Brotzeit : DU FEIGLING ! )


Das Du : Krabta noch immer nicht begriffen hast , daß GOTT nicht exisitiert und die Aussage , daß GOTT existiert eine nur eine Psychose ist ; daß ist in der Tat wirklich lachhaft!

Beantwort uns allen mal in einem separaten Thread die folgende Frage :

Wer erschuff GOTT?

PS:
Jetzt fang aber nicht mit der völlig unsinnigen und primitiven Phrase "GOTT ist das "A" und "O" an .......

/ Krabat hält es ja für Vernunft , das er Gott nicht VERSTEHEN und GEISTIG fassen kann . Nun hat er Angst die Araber könnten sich mit GOTT unterhalten und er muss seiner Kirche glauben , dass die ihm doch ( BITTE ; BITTE ) die WAHRHEIT erzählen .
Frank3 : DIE WAHRHEIT WÄRE DIE FREIHEIT und der sind doch solche Menschen
( wie Krabat ) doch garnicht gewachsen und warum nun sollen solche . . .
„ gott „

Dubidomo
12.08.2008, 19:42
Ändert es irgendetwas an unserer realen Existenz ob der Kosmos vom Potzblitz herrührt oder von Gott erschaffen wurde?

Und so ist das Denken der Atheisten insofern unsinnig, als sie nicht die Macken des christlichen Weltbildes römischer Prägung erkennen wollen.
So kann man mit Gott als Urheber des Kosmos argumentieren als auch ohne Gott. Es kommt allein darauf an, ob der Adressat versteht, was man ihm vermitteln will.

Rheinlaender
12.08.2008, 20:00
Die Quelle aus oben angegebenem Link
"Unlike the misinformed honest atom scientists, the Russell of 1939 pushed to have the weapon built for exactly the motives he articulated later in the 1946 restatement of his intent. World-federalist, utopian fanatic Russell conceived of the development and use of nuclear weaponry as a trick for terrifying governments into abandoning the right to defend their sovereignties by military means. As he stated this purpose in his 1946 piece, he intended to terrify the peoples of the world into submitting to rule by a global arbiter of conflicts, to a world empire, a global, Malthusian dictatorship of the United Nations Organization.

Britain's Lord Bertrand Russell has been, beyond any reasonable doubt, the most evil public figure of the passing century. England's murdered Christopher Marlowe might have said fairly that the Thule Society's monstrous Adolf Hitler was but a picaresque rogue cast as Dr. Faustus, whereas Russell was a true Mephistopheles. Marlowe would insist upon qualifying his observation: "A truly Venetian Mephistopheles."

Tut mir leid, aber wer immer das geschrieben hat, hat ueber Russell keinen blassen Schimmer.

Brotzeit
12.08.2008, 20:42
Wenn Du mal eine Professur fuer Mathematik in Oxford und den Literaturnobelpreis gewonnen hast, dann wirst Du dieses leichtfertige Urteil sicher revidieren.


Ich habe hier noch nie von "Krabat" je eine vernünftige Meinungsäusserung oder oder eine qualifizierte Äusserung gelesen?...........................
:rolleyes: :(

Beverly
12.08.2008, 22:08
Meine Karriere als gottlose Atheistin fing so an wie vermutlich bei vielen: ich hatte all die Vorschriften und den ganzen Mumpitz satt und der Konfirmandenunterricht hat mir da nur den Rest gegeben. Nie wieder Kirche!
Erscheinungen wie der Ayatollah Chomeini (http://de.wikipedia.org/wiki/Chomeini) haben mich in meiner Abneigung gegen jede Religion bestärkt. Meine Aversion gegen diese Veranstaltung ist heute so stark wie vor dreißig Jahren, nur die Gründe haben sich gewandelt, vielleicht sogar ins Gegenteil verkehrt. Als junger Mensch war es primär "Materialismus", weil das Leben ohne Gott und die Vorschriften seines Botenpersonals schlicht einfacher war und mehr Spaß machte.
Heute, angesichts eines an Plattheit nicht mehr zu überbietenden "religiösen Revivals" machen mich diejenigen Dinge zur militanten Atheistin und Gegnerin lästerlicher Kulte, die doch nach Meinung der Apologeten der Religion die Menschen zu ihnen führen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens und des Seins, all jenes, was mit Transzendenz umschrieben wird. Vergleiche ich da die verstaubten Kodizes von Ziegenhirten und Kamelnomaden mit den Werken moderner Philosophie, Wissenschaft und Phantastik, so sind die erhabensten Werke der Moderne klar überlegen. Seitdem angefangen mit Kant und Hegel und weiter gehend mit der Quantentheorie moderne Philosophie und Wissenschaft den plumpen Materialismus überwunden hat, mangelt es ihr weder an Tiefgang noch an Geist. Die Frage nach Gott, dem Leben nach dem Tode, der Erschaffung der Welt durch einen Schöpfer wird in der Science Fiction ebenso gestellt wie im religiösen Diskurs, nur scheinen mir die geistigen Höhenflüge der SF überzeugender als die Dogmen der Religion.
Die Religion argumentiert damit, dass letztendlich alles - einschließlich der Überzeugungen von Atheisten oder säkularen Weltanschauungen - auf Glauben beruht. Tatsächlich mag man auf dem Grund aller auf Beweisen und Schlussfolgerungen beruhenden Diskurse immer auf nicht mehr beweisbare Glaubenssätze stoßen.
Umgekehrt gilt aber auch: wer nicht zur Vernunft kommt, wird auch seinen Glauben verlieren und zum Zyniker werden, der irgendeinen Unsinn predigt, weil der politökonomisch funktional ist. Die Religionen unserer Tage sind gerade angesichts ihrer Wissenschaftsfeindlichkeit und latenten oder akuten Gegnerschaft zu den Diskursen der Moderne auf dem "besten" Wege, ihren geistigen Kern komplett zu verlieren - wenn der nicht schon längst verloren ist. Und dabei auch noch alles auszulöschen, was immer in den Diskursen der Moderne an Transzendenz enthalten sein mag. "Schöne neue Welt" im Namen Gottes. Hallelulja! Und nach Feierabend nimmt der Pfaffe wie in der Karikatur von Ralf König in die rechte Hand eine Pulle Sekt, umarmt mit der linken die Nutte und seufzt: "Wenn Sonntag vorbei ist, bin ich immer ganz geschafft." :)

Rheinlaender
12.08.2008, 22:11
Ich habe hier noch nie von "Krabat" je eine vernünftige Meinungsäusserung oder oder eine qualifizierte Äusserung gelesen?...........................
:rolleyes: :(

Das wuerde ich so direkt nie schreiben, aber ich denke, das intellektuelle Abstand wohl klargestellt war.

Jedes fuer sich (Oxford Professur und Literaturnobelpreis) ist hinreichender Beweiss fuer einen sehr klugen Kopf, die Kombination hat erheblichen Seltenheitswert.

Beverly
12.08.2008, 22:13
Copy&paste beherrschen die Forenatheisten aber prima. *lach*

dann wird es dich ja freuen, dass meine Abrechnung mit der Religion ganz ohne copy&paste auskommt