PDA

Vollständige Version anzeigen : zum Jahrestag der Großen Französischen Revolution am 14. Juli



blubba
07.07.2008, 06:50
Die Große Französische Revolution weist sowohl einige Grundmuster von Revolutionen überhaupt auf als auch spezifisch französische. Sie erfüllt zunächst das Kriterium, das Lenin an eine Revolution stellte: nach einer erfolgreichen Revolution müssen sich die Beziehungen unter den Menschen geändert haben. Das bürgerliche Klassenherrschaft zum Ausdruck bringende bürgerliche Gesetzbuch trat als Regulativ gesellschaftlichen Handelns an die Stelle der alten Führungseliten Klerus und Adel mit einem absolutistischen Monarchen an der Spitze, der willkürlich Verhaftungen von Untertanen anordnen konnte. Schon vor der Revolution, diese anbahnend, zeichnete sich ab, dass nicht länger die Sonntagspredigt der Pfaffen die Gemüter indokrinierte (hier auf Erden jede Abscheulichkeit der Obrigkeit geduldig zu ertragen, dafür aber ein gutes Leben nach dem Tode mit den Engeln zu führen), sondern dass die Untertanen Ihrer Majestät sich zunehmend durch Aufklärungsbroschüren oft politischen und kirchenfeindlichen Inhalts bildeten.Die Manipulierung der öffentlichen Meinung durch den Klerus wurde immer brüchiger.Und in der Tat hatte die Religionskritik der Aufklärung eine viel größere Bedeutung als es die Religionskritik bei der Vorbereitung einer sozialistsichen Arbeiterrevolution hat.Voltaire schleuderte dem Klerus, insbesondere den für ihn eine Sekte von Fanatikern darstellenden Jesuiten den Ausruf entgegen: Ecrasez l´infame. (Zerdrückt die Infame), dazu gehören auch seine Spötteleien über die heilige Jungfrau von Orleans. An eine blutige Revolution hatte die große Mehrzahl der Aufklärer gar nicht gedacht, man hoffte auf einen einsichtsvollen Monarchen. Geht umgekehrt ja auch auf Voltaire der Satz zurück, dass man Gott erfinden müsste, wenn es ihn nicht gäbe (zur Betörung des Pöbels). Freilich blieb diese Aufklärung auf einen kleinen Kreis beschränkt, 80 % der Französen waren Bauern, nur wenige von ihnen des Lesens kundig. Mit Lesen allein ist es allerdings auch nicht getan. Wie weit wir heute in der Bundesrepublik hinter der Aufklärung zurück sind, wird doch schon allein dadurch deutlich, dass es noch heute dem Klerus erlaubt ist, sich in Schulen an Minderjährige heranzumachen, um ihnen das Gift der Untertanenmentalität einzuträufeln. (Staatsautorität und Klerus arbeiten hier Hand in Hand, beide Linien treffen sich dann in den christlichen Kreuzen, die die Gerichtssäle der bürgerlichen Klassenjustiz "schmücken", vor der die Untertanen buchstäblich zu Kreuze kriechen sollen). "Wie jeder Religionslehrer ein Feind des wahren Fortschritts der Menschheit ist, so ist es auch jeder Autoritäten verteidigende Geschichtslehrer. Sie sind gefährliches Unkraut unter dem Volksweizen, das ausgerottet werden muss." (August Bebel: Über die materialistische Geschichtsauffassung, in: August Bebel: Die moderne Kultur ist eine antichristliche, Alibri Vlg. 2007, Seite 61)
Die bürgerliche Klasse, die ihre Geldherrschaft gegen die mittelalterlichen Instanzen endgültig durchsetzen wollte, war jedoch gezwungen, an die Massen zu appellieren und ihr spezifisch volksfeindliches Interesse als das des Volkes selbst auszugeben. Damit aber bekam die Revolution einen Selbstlauf, den die bürgerliche Klasse nicht immer steuern konnte, der kleine Terror, ebenfalls eine Notwendigkeit, ohne die keine große Revolution auskommt, richtete sich zu einem Teil auch gegen Vertreter der Großbourgeoisie. Ich spreche vom kleinen Terror, der 0,2 % der französischen Bevölkerung in der bürgerlichen Revolution das Leben kostete, im Vergleich zu den Opfern der dynastischen Kriege eine sehr geringe Zahl. Dieser innere Terror hing spezifisch mit der äußeren militärischen Bedrohung durch royalistsiche Mächte zusammen, als diese Bedrohung nach der für Frankreich erfolgreichen Schlacht von Fleurus 1794 abnahm, sank der Stern Robespierres innerhalb eines Monats und der revolutionäre Terror erlahmte. Nicht aber der Terror überhaupt. Systematisch unterschlägt die bürgerliche Geschichtsschreibung (siehe z. Bsp. Schulbücher), dass nach dem Sturz Robespierres ein wahre blutige Hetzjagd gegen Jakobiner einsetzte, gesteuert von sog. Jesus- und Sonnenvereinen. Jesuskleriker und Sonnenkönigskinder arbeiteten weiterhin mörderisch Hand in Hand. Bei der Thematiserung des Terrors der französischen Revolution werden die Greueltaten religiöser Terroristen nur allzu gerne vergessen. So findet in den Schulen der Republik nicht nur eine religiös motivierte geistige Verstümmelung der Jugend statt, sondern diese wird auch kriminalisiert: die emazipative Gewalt der Volksmassen sei Terror, die weltgeschichtlichen Blutorgien der herrschenden Minderheiten aber gottgewollt. Fehlt nur noch, dass im Geografieunterricht gelehrt wird, die deutsche Freiheit werde auch am Hindukusch verteidigt. Nein ! Die Freiheit der deutschen Arbeiterklasse wird in Deutschland erkämpft, gegen die konterrevolutionäre SPD.
Als eine Art Kursbuch des Jakobinismus gilt der Gesellschaftsvertrag von Rousseau, Robespierre versuchte sich streng nach diesem Buch zu richten und scheiterte damit. Die Doppelgesichtigkeit des Jakobinismus (fortschrittlich gegenüber dem Mittelalter, reaktionär den Volksmassen gegenüber) spiegelt sich in Rousseaus Satz wider: manchmal muss man dem Volk die Dinge zeigen, wie sie sind, manchmal wie es sie sehen soll. Im Prozess gegen Marie Antoinette wurde das praktisch angwandt. Die ehemals wichtigste Frau Frankreichs hatte ebenfalls die Guillotine zu besteigen, so wurde ihr sexueller Mißbrauch ihres eigenen minderjährigen Sohnes,des Dauphins, und Anleitung zur Onanie angedichtet (der Jakobiner Hébert trat hier als Zeuge vor das Revolutionstribunal und zitierte aus Verhörprotokollen des Jungen). In diesem Fall sollte das Volk sehen, dass auch eine Frau als eine neue Agrippina, "...welche mit allen Verbrechen vertraut ist..." (so der Ankläger Fouqier-Tinville) das Fallbeil verdient habe. In der Publikmachung der mechanischen Handbewegungen eines von seiner Mutter losgerissenen Dauphins, seiner Onanie, in der er durch seine Mutter Marie Antoinette eingewiesen worden sei, findet die Säkularisierungstendenz der Aufklärung ihren Abschluß. Dem Dauphin ging es um infantilen Lustgewinn, nicht um eine patriarchalische Thronfolge. Aufklärung hat sich nicht autoaggressiv als Dialektik der Aufklärung, Hegel variierend, gegen sich selbst zu wenden, sondern ihre Gegner letztendlich der Schwachsinnigkeit zu überführen. Auf dem Gebiet der Sexualität, in deren Befreiung alle gesund verlaufende Aufklärung mündet, ist dies durch Nachweis der Genesis der borniert-mittelalterlichen Leibfeindlichkeit zu demonstrieren. Der Kirchenvater Augustinus bekennt in seiner Autobiografie, dass er im Jahr 386 in einem Mailänder Garten göttliche, immer nur das eine wiederholende Knabenstimmen gehört habe: Nimm und lies (Tolle lege). Er ging ins Haus und schlug die Paulusbriefe auf: "... zieht den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht zu Erregung eurer Lüste." Danach pflegte Augustinus keinen Beischlaf mehr, sondern. begann fieberhaft schreibend mit der inhumanen Verteufelung der Sexualität. So hat die Ausgeburt des Fieberwahns eines geisteskranken Klerikers Millionen und Abermillionen Menschen Jahrhunderte lang sexuell verkrüppelt, auch Robespierre war nicht frei davon.
Anders verhält es sich in einer Arbeiterrevolution, die Rousseausche Doppelgesichtigkeit fällt hinweg. (Es ist immer sinnvoll, das Wort Minister zu vermeiden und eine Regierung von VOLKSKOMMISSAREN zu bilden) Da eine Diskrepanz zwischen Volk und Regierung in einer sozialistsichen Republik nicht mehr vorliegt, kann diese auch ganz frei und offen die Protokolle der Revolutionstribunale veröffentlichen. So geschah es nach den sog. Moskauer Schauprozessen. Seit der Veröffentlichung der Protokolle der Moskauer Prozesse hat die internationale Konterrevolution nichts unversucht gelassen, dass die Volksmassen die Prozesse wieder nach der Sichtweise der Konterrevolution sehen sollen. Welch ein Unterschied in der Revolutionsgerichtsbarkeit: Während das jakobinistische Tribunal pädophile Unzucht andichtet, ist das bolschewistische so souverän, Bucharins Fehltritt in Japan aus dem Jahre 1917 unerwähnt zu lassen: er hatte während eines Bordellbesuches sexuelle Beziehungen zu einer Minderjährigen, worauf in Japan die Todesstrafe stand. (Vielleicht schenkte der japanische Geheimdienst Bucharin für Gegenleistungen das Leben).(siehe: Nikolai Bucharin: Revisionist, Renegat, Verräter. Schriftenreihe der KPD Heft 71/I, Berlin Januar 2001, S. 22) In der Zeit des Volkschädlings Gorbatschow setzte dann eine wahre Rehabilierungswelle ein, ohne dass aber die Begründungen der Rehabilitierungen veröffentlicht wurden. Der deutsche Aufklärer Kant hatte in seiner Schrift zum Ewigen Frieden Recht, als er das Kriterium der uneingeschränkten Öffentlichkeit von Regierungssachen als notwendige Bedingung einer aufgeklärten Gesellschaft forderte. Auf dem politische Parkett küßt heute jeder jeden, und in den Dunkelkammern der Geheimdienste werden Völkermorde vorbereitet.
Entscheidend für Ausbruch und Verlauf der französischen Revolution waren ohne Zweifel die asozial-perversen Eigentumsverhältnisse; dass eine verschwindend geringe von Steuerabgaben sogar noch befreite klerikal-adelige Schmarotzerkaste ohne Hemmnisse das französiche Volk blutsaugen konnte. Schon im November 1788 griff Abbé Sieyès in seiner Broschüre "Essay über die Privilegien" die Herschaft von 200 000 Privilegierten über 25 Millionen Franzosen an. Wie fruchtlos aber eine bürgerliche Revolution in dieser Beziehung ist, zeigen heute die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln in den "allerfreiesten" bürgerlichen Republiken. In ausnahmslos allen bürgerlichen Republiken herrschen heute asozial-perverse Eigentumsverhältnisse, die verdammt nach dem revolutionären Vorabend dieser Ancien Regimes riechen. Und in der Tat: der Marxismus Leninismus hat, wie früher die bürgerliche Aufklärung das mittelalterliche Gedankengut zersetzte, theoretisch das Herrschaftsgeflecht der bürgerlich-sozialdemokratischen Ideologie zerpflückt, aber eine Arbeiterrevolution ist qualitativ von ganz anderem Kaliber (über die Diktatur des Proletariats Anarchie als Ziel) als eine bürgerliche Revolution (Wechsel in der Klassenherrschaft als Ziel). Die bürgerliche Revolution von 1789 setzte z. Bsp. nicht einmal das Wahlrecht für Frauen durch. Revolutionären Arbeitern drängen sich nur allzu leicht Assoziationen zu 1789 auf, aber zwischen 1917 und 1789 gibt es einen dicken Trennungsstrich: schon Marx kritiserte die Pariser Kommunarden von 1871 ob Rückfälle in jakobinistisch-kleinbürgerliche Traditionen. Seine Analyse der Klassenkämpfe in Frankreich führte zu der Einsicht: "Bürgerliche Revolutionen wie die des achtzehnten Jahrhunderts stürmen rascher von Erfolg zu Erfolg, ihre dramatischen Effekte überbieten sich. Menschen und Dinge scheinen in Feuerbrillanten gefaßt zu sein, die Ekstase ist der Geist des Tages, aber sie sind kurzlebig, bald haben sie ihren Höhepunkt erreicht, und ein langer Katzenjammer erfaßt die Gesellschaft...Proletarische Revolutionen dagegen wie die des neunzehnten Jahrhunderts, kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eigenen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen grausam-gründlich die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche...schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke..." (Karl Marx: Der XV III. Brumaire des Louis Bonaparte, Ausgewählte Werke Bd. 1, Dietz Vlg. Berlin 1971, 229) Diese Ungeheuerlichkeit ist eine menschlcihe Gesellschaft. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ! Ohne Zweifel hatte die französische Revolution einen humanistischen Grundzug, auch in sozialer Hinsicht. St. Just forderte, daß es in einer Republik weder Arme noch Reiche geben dürfe. Größe und Illusion des Jakobinismus fallen hier zusammen: dem Ideal stand die Realität entgegen und diese arbeitete daran, entgegen dem Wunsch St. Justs, die bürgerliche Gesellschaft in Lohnarbeit und Kapital zu polarisieren. "Die bürgerliche Revolution stand nur vor einer Aufgabe: alle Fesseln der früheren Gesellschaft hinwegzufegen, beiseite zu werfen, zu zerstören. Jede bürgerliche Revolution, die diese Aufgabe erfüllt, erfüllt alles, was von ihr verlangt wird: sie stärkt das Wachstum des Kapitalismus." (W.I. Lenin: Referat über Krieg und Frieden, LW 27, Berlin 1961, 75) Nun dürfte klar sein, warum man mit den Mitteln von 1789 der heutigen Kapitalistenklasse nicht beikommen kann. Gleichwohl aber hat die französische Revolution "...Ideen hervorgetrieben, welche über die Ideen des ganzen alten Weltzustandes hinausführen. Die revolutionäre Bewegung, welche 1789...begann...hatte die kommunistische Idee hervorgetrieben...Diese Idee, konsequent ausgearbeitet, ist die Idee des neuen Weltzustandes. (Karl Marx, Die Heilige Familie, MEW 2, 126) Diese Idee wurde von Marx, Engels, Lenin und Stalin konsequnet ausgearbeitet: Über die Diktatur des Proletariats zur realen historischen Erfüllung dessen, was in der bürgerlichen Revolution nur eine Idee ihrer sozialistsichen-anarchistischen Strömung war. Auf diese Strömung darf am 14. Juli ein Glas Rotwein erhoben werden.

esperan
07.07.2008, 07:03
"Wollt ihr, dass der Sieg gelingt? Von unserer Wut erzählt der Wind! Das ist die Symphonie von Menschen, die nicht länger Sklaven sind" .... na ja, waren die Studenten. Aber die waren damals auch am Boden. :D Und es ging wieder aufwärts.