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Vollständige Version anzeigen : "Marx, Mammon oder Ratzinger?" - was bestimmt Weltanschauungen oder Ideologien



Beverly
05.07.2008, 15:23
Hier geht es um die Frage, inweiweit der "objektive" Gehalt einer Weltanschauun bzw. Ideologie überhaupt bestimmt, dass man sich zu ihr bekennt. Sind da andere Faktoren nicht viel wichtiger? Vielleicht sogar entscheidend.

Die Fanatiker und Eiferer oder auch nur die skrupellosen Lügner würden natürlich behaupten, dass ihre jeweilige Weltanschauung die beste ist und mit der Welt und ggfs. ihrem Schöpfer am besten in Einklang steht. Der liberal-bürgerliche Mainstream rechtfertigt dann alles mit den "Realitäten", der Religiöse mit "Gott" und beide merken nicht, wie ähnlich - um nicht zu sagen: schal - ihre Argumentationsstruktur ist.

Unsinn, Irrationalität und Menschenverachtung ignorieren die von den Hardlinern beider Seiten mit Zähnen und Klauen verteidigte Grenze zwischen "religiös" und "säkular", als ob es sie nicht gäbe. Wer hat mehr gemordert? Die gottesfürchtigen Patres der Inquisition oder die Technokraten im Nazireich? Übertrifft nicht die Rassenlehre der Nazis und artverwandter säkularer Ideologien an Unfug noch jede Religion, deren Gott nichts auf die Hautfarbe gibt?

Das wass da auf die eine oder andere Art und Weise als Dogma, als Diskurs oder Mythos da ist, ist vielleicht sogar dass, was am wenigsten jemanden zum Anhänger einer Ideologie macht. Viel entscheidender ist die Funktion der Ideologie für den Menschen und seine Gesellschaft.

An mir selbst und an anderen sehe ich immer wieder, wie stark die Biografie jemanden ideologisch zu dem macht, der er oder sie ist. Nur zu oft suchen sich denkfähige Menschen da etwas, was im krassen Gegensatz zu dem steht, was sie zugleich erleben und verachten.

Neben der Biografie durfte und darf ich da beobachten, dass sich viele Zeitgenossen nur einem Dikurs anschließen, weil er ihnen Vorteile verspricht. Der Sozialwissenschaftler kommt leichter an Pfründe, wenn er neoliberale Diskurse nachplappert als wenn er die akuten Zustände als die Neuauflage der Marxschen Verelendungstheorien deutet.
Der heterosexuelle Macho fährt seinen Diskurs, weil in ihm Gott die Welt nur für ihn gemacht hat. Sein Sittengeschwätz glaubt er vielleicht selbst nicht, geschweigen denn lebt danach.

Als dritter Faktor ist da noch Propaganda, Massensugestion und co. Diskurse, deren Protagonisten die Menschen hypnotisieren oder mit Psychoterror überziehen - egal ob bei den Nazis, in der DDR oder in Merkeldeutschland.

Was bleibt da noch an objektiver Überzeugungskraft der Ideologie selbst übrig?

Ist es doch so, dass die Ideologie selbt zu

100 bis 75 Prozent
oder
50 bis 75 Prozent

die Menschen überzeugt.

Oder überzeugt sie selbst nur zu

25 bis 50 Prozent

oder

0 bis 25 Prozent

und das meiste ihrer Wirkkraft geht auf äußere Faktoren zurück.

Genosse 93
05.07.2008, 15:51
Ich bin zu ca. 75% vom klassischen Kommunismus überzeugt, allerdings bin ich was gewisse Sachen angeht auch abwegig. :]

uzi
05.07.2008, 16:57
Hier geht es um die Frage, inweiweit der "objektive" Gehalt einer Weltanschauun bzw. Ideologie überhaupt bestimmt, dass man sich zu ihr bekennt. Sind da andere Faktoren nicht viel wichtiger? Vielleicht sogar entscheidend.

Die Fanatiker und Eiferer oder auch nur die skrupellosen Lügner würden natürlich behaupten, dass ihre jeweilige Weltanschauung die beste ist und mit der Welt und ggfs. ihrem Schöpfer am besten in Einklang steht. Der liberal-bürgerliche Mainstream rechtfertigt dann alles mit den "Realitäten", der Religiöse mit "Gott" und beide merken nicht, wie ähnlich - um nicht zu sagen: schal - ihre Argumentationsstruktur ist.

Unsinn, Irrationalität und Menschenverachtung ignorieren die von den Hardlinern beider Seiten mit Zähnen und Klauen verteidigte Grenze zwischen "religiös" und "säkular", als ob es sie nicht gäbe. Wer hat mehr gemordert? Die gottesfürchtigen Patres der Inquisition oder die Technokraten im Nazireich? Übertrifft nicht die Rassenlehre der Nazis und artverwandter säkularer Ideologien an Unfug noch jede Religion, deren Gott nichts auf die Hautfarbe gibt?

Das wass da auf die eine oder andere Art und Weise als Dogma, als Diskurs oder Mythos da ist, ist vielleicht sogar dass, was am wenigsten jemanden zum Anhänger einer Ideologie macht. Viel entscheidender ist die Funktion der Ideologie für den Menschen und seine Gesellschaft.

An mir selbst und an anderen sehe ich immer wieder, wie stark die Biografie jemanden ideologisch zu dem macht, der er oder sie ist. Nur zu oft suchen sich denkfähige Menschen da etwas, was im krassen Gegensatz zu dem steht, was sie zugleich erleben und verachten.

Neben der Biografie durfte und darf ich da beobachten, dass sich viele Zeitgenossen nur einem Dikurs anschließen, weil er ihnen Vorteile verspricht. Der Sozialwissenschaftler kommt leichter an Pfründe, wenn er neoliberale Diskurse nachplappert als wenn er die akuten Zustände als die Neuauflage der Marxschen Verelendungstheorien deutet.
Der heterosexuelle Macho fährt seinen Diskurs, weil in ihm Gott die Welt nur für ihn gemacht hat. Sein Sittengeschwätz glaubt er vielleicht selbst nicht, geschweigen denn lebt danach.

Als dritter Faktor ist da noch Propaganda, Massensugestion und co. Diskurse, deren Protagonisten die Menschen hypnotisieren oder mit Psychoterror überziehen - egal ob bei den Nazis, in der DDR oder in Merkeldeutschland.

Was bleibt da noch an objektiver Überzeugungskraft der Ideologie selbst übrig?

Ist es doch so, dass die Ideologie selbt zu

100 bis 75 Prozent
oder
50 bis 75 Prozent

die Menschen überzeugt.

Oder überzeugt sie selbst nur zu

25 bis 50 Prozent

oder

0 bis 25 Prozent

und das meiste ihrer Wirkkraft geht auf äußere Faktoren zurück.

Wie kann man nur so viel schreiben und so wenig sagen?

kotzfisch
06.07.2008, 10:47
Alles Quatsch:Es gilt,dass jede Ideologie in die Errichtung von Lagern und Massengräbern führt.Ein Blick in die Geschichte lehrt das.Wer vom Kommunismus
überzeugt ist (zu 75%)oder wie auch immer,ist in meinen Augen ein gefährlicher Extremist und unterscheidet sich moralisch nicht von Nazis,gar nicht!

Settembrini
06.07.2008, 14:11
Die im Eingangsbeitrag vorgestellten Gedanken erscheinen mir recht treffend.

Wollte man die dort gestellte Frage objektiv beantworten, muesste man allerdings zunaechst pruefen, wie sich prozentual innerhalb einer Ideologie verschiedene Arten ihrer Anhaenger verteilen. Man koennte da z.B. Vordenker, Fanatiker und Fussvolk unterscheiden. Von diesen drei Typen ist m.E. lediglich der Fanatiker zu einem sehr hohen Prozentsatz von den Inhalten der Ideologie ueberzeugt. Im Wesen des Vordenkers liegt dagegen die kritische Betrachtung und somit auch niemals eine vollkommene Uebereinstimmung; das Fussvolk verspricht sich ohnehin nichts anderes als persoenlichen Gewinn und stellt zugleich mit Sicherheit den zahlenmaessig groessten Teil. Aufgrund dessen komme ich zu dem ( allerdings nicht verifizierten) Schluss, dass der Anteil wirklich ueberzeugter Ideologen deutlich unter 25% liegen muesste.



An mir selbst und an anderen sehe ich immer wieder, wie stark die Biografie jemanden ideologisch zu dem macht, der er oder sie ist. Nur zu oft suchen sich denkfähige Menschen da etwas, was im krassen Gegensatz zu dem steht, was sie zugleich erleben und verachten.

Inwieweit wuerdest du dich denn einer bestimmten Ideologie zugehoerig fuehlen? Bisher hatte ich den Eindruck, dass du ein eher freidenkerischer Mensch bist.

Genosse 93
06.07.2008, 14:32
Alles Quatsch:Es gilt,dass jede Ideologie in die Errichtung von Lagern und Massengräbern führt.Ein Blick in die Geschichte lehrt das.Wer vom Kommunismus
überzeugt ist (zu 75%)oder wie auch immer,ist in meinen Augen ein gefährlicher Extremist und unterscheidet sich moralisch nicht von Nazis,gar nicht!

"Cool". :))

Beverly
06.07.2008, 17:05
Inwieweit wuerdest du dich denn einer bestimmten Ideologie zugehoerig fuehlen? Bisher hatte ich den Eindruck, dass du ein eher freidenkerischer Mensch bist.

Noch am ehesten einem "humanistischen Anarchismus", weil der meines Erachtens einer Kritik - und Verwerfung - der gehabten Ideologien am nächsten kommt, ohne in liberale Beliebigkeit und die Hinnahme des "freien Spiels der Kräfte" zu verfallen.

So gibt es innerhalb des Anarchismus konservative, mittige ("libertäre") und linke Strömungen und man ist nicht gleich auf eine bestimmte Lebenseinstellung, Weltanschauung oder Geschichtsbild festgelegt. Dezentral und eine sich selbst tragende Gesellschaft mag anarchistischen Idealen und Experimenten näher kommen als zentral und der Staat als Träger der Entwicklung.

Man darf aber eine kaputte Gesellschaft, wo von den Lobbys im Bundestag bis zur Türkengang in der Innenstadt Banden aller Art das Sagen haben, nicht mit einem anarchistischem Ideal verwechseln. Der Anarchismus geht gegen entfremdete und totalitäre Herrschaft in jeder Form und da ist es egal ob sie vom Staat oder der Gesellschaft ausgeht.

Trotzdem gibt es Verbindlichkeit darin, dass Ideologien und Systeme, die sich Menschen gegen ihren Willen aufdrängen, weder im Anarchismus noch in der Welt etwas verloren haben (wobei ich den Liberalismus zu diesen Ideologien zähle). Ideal des Anarchismus ist die "freie Assoziation" in dem Sinne, dass sich Menschen ihre Gemeinwesen letztendlich selbst aussuchen können - egal welche Regeln da herrschen.

leuchtender Phönix
06.07.2008, 18:42
Um ehrlich zu sein ......... keine Ahnung.
Ohne eine Möglichkeit es an irgend etwas festzumachen/ zu messen ist das ein reines raten.

eintiroler
06.07.2008, 19:32
Ich bin zu ca. 85-95 % von meiner Ideologie überzeugt. Aber meine Ideologie habe auch nur ich. Ich finde sowieso, dass jeder Mensch eine einzigartige Ideologie besitzt, auch wenn sie sich nur in minimalen Teilen von anderen unterscheidet.

-SG-
07.07.2008, 12:13
Alles Quatsch:Es gilt,dass jede Ideologie in die Errichtung von Lagern und Massengräbern führt.Ein Blick in die Geschichte lehrt das.Wer vom Kommunismus
überzeugt ist (zu 75%)oder wie auch immer,ist in meinen Augen ein gefährlicher Extremist und unterscheidet sich moralisch nicht von Nazis,gar nicht!

Na klar doch, und der Liberalismus ist keine Ideologie, sondern die von der Natur gegebene menschliche Daseinsform, die uns alle dereinst erlösen wird, wenn erstmal alle daran glauben.

Genosse 93
07.07.2008, 14:03
Na klar doch, und der Liberalismus ist keine Ideologie, sondern die von der Natur gegebene menschliche Daseinsform, die uns alle dereinst erlösen wird, wenn erstmal alle daran glauben.

:top:

Das glaubt so mancher hier. :D

Volkov
07.07.2008, 15:25
Na klar doch, und der Liberalismus ist keine Ideologie, sondern die von der Natur gegebene menschliche Daseinsform, die uns alle dereinst erlösen wird, wenn erstmal alle daran glauben.

Jo, das glaubt so mancher hier..."Ideologie" ist für die meisten hier nur "Nazi" oder "Kommie"...so ein Käse....

cajadeahorros
07.07.2008, 15:28
Jo, das glaubt so mancher hier..."Ideologie" ist für die meisten hier nur "Nazi" oder "Kommie"...so ein Käse....

Eines der besten Bücher zum Thema "Nazi" bringt übrigens den "Liberalismus" problemlos im gleichen Band unter.

http://www.amazon.de/Formen-b%C3%BCrgerlicher-Herrschaft-Liberalismus-Faschismus/dp/3499113422

Genosse 93
07.07.2008, 15:39
Eines der besten Bücher zum Thema "Nazi" bringt übrigens den "Liberalismus" problemlos im gleichen Band unter.

http://www.amazon.de/Formen-b%C3%BCrgerlicher-Herrschaft-Liberalismus-Faschismus/dp/3499113422

Genosse, das ist nun wirklich nicht schwer. :D

Genosse 93
07.07.2008, 15:41
Der Club der ideologisch verblendeten beläuft sich bisher auf 23%, nicht übel, nicht übel. :D

ExAnimo
07.07.2008, 16:02
Mir sind alle ismen nicht ganz geheuer, muß aber gestehen, daß mich alles jenseits links von der Mitte mehr anspricht, jedoch nicht ausschließlich. Ein wichtiger Aspekt wurde bisher nicht angesprochen, ist vielleicht auch ne Frage des Alters. Ich vergesse mal den Begriff Ideologie und ersetze ihn durch Lebenseinstellung, damit kann ich eher was anfangen. Meine persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen, meine Erlebnisse und Eindrücke sind entscheidend für das, wie oder was ich bewerte, unterstütze und vorziehe.

miname
07.07.2008, 19:35
Alles Quatsch:Es gilt,dass jede Ideologie in die Errichtung von Lagern und Massengräbern führt.Ein Blick in die Geschichte lehrt das.Wer vom Kommunismus
überzeugt ist (zu 75%)oder wie auch immer,ist in meinen Augen ein gefährlicher Extremist und unterscheidet sich moralisch nicht von Nazis,gar nicht!

also was dann jetzt ?
pragmatismus pur, keine werte mehr, weil ja sowas grundlage einer ideologie sein kann ?
alles frage der auslagung

Humer
07.07.2008, 20:09
Ideologien sind alle nicht widerspruchsfrei.
Ein echtes Dilemma. Es besteht darin, dass man als Anhänger davor die Augen verschließen muss. Ich meine sogar, Ideologen verblöden freiwillig, zumindest partiell. Ohne Geschlossenheit kann man aber nichts ausrichten. So wird die nächste Revoulution vermutlich ohne mich stattfinden müssen.