Le chien qui lit
24.05.2008, 23:20
In der alltäglichen Konversation im vertrauten Umfeld kann man sich, selbst wenn man ganz unterschiedliche Vorstellungen damit verbindet, fast immer auf eines einigen: dass nämlich die Politiker "alles Verbrecher" sind. Dabei geht es meist um Diätenerhöhungen und Ähnliches ("Die machen sich nur die Taschen voll"); aber selbst wenn man Erhöhungen für ungerechtfertigt hält (was keineswegs durchgängig der Fall sein muss), ist die Etikettierung "Verbrecher" ziemlich starker Tobak und vor allem außer Verhältnis zu einer ggf. durch Diätenanstieg usw. verursachten Schädigung des Fiskus und unserer Interessen als Bürger. So ganz ernst gemeint ist das auch selten, und schriftlich würde sich niemand so äußern.
Es muss also schon außerordentlich schwer wiegende Gründe geben, wenn ich im vorliegenden Falle Volksvertreter und Regierende nur in den alternativen Kategorien "Idioten" bzw. "Verbrecher" subsumieren zu können glaube.
Seit ich den Artikel " Biogas. Es gärt. Seit die Preise auf dem Agrarmarkt explodieren, kämpft die Biogasbranche ums Überleben" (http://images.zeit.de/text/2008/21/Biogas) von Georg Etscheit aus der "Zeit" Nr. 21/2008 gelesen habe, gärt mir die Galle.
Dort erfahren wir von Problemen, welche der Biogas-Branche aus den gestiegenen Preisen der Agrar-Rohstoffe, kurz "Nawaros" genannt, erwachsen. Und von Plänen der Berliner Regierung, die Probleme der Betreiber (und indirekt auch der Hersteller) von Biogas-Anlagen mit dem Scheckbuch zu lösen oder genauer zu vertuschen (das tut sie, wie wir hier (http://www.zeit.de/2008/22/01-Steuern?page=all) nachlesen können, auch sonst mit eifriger Verantwortungslosigkeit. Im vorliegenden Falle zückt sie aber noch nicht einmal das 'eigene' Scheckbuch des Fiskus, sondern plant ungeniert den direkten Diebstahl bei den Stromabnehmern):
"Hilfe erwartet sich die Biogasbranche von der Politik. In der Großen Koalition in Berlin wird gerade über eine neuerliche EEG-Novelle diskutiert. Im Mai soll das Gesetz im Bundestag beraten werden. Es scheint auf eine maßvolle [???] Erhöhung der Bonuszahlung für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe (Nawaro) wie Weizen oder Mais von derzeit sechs auf acht Cent pro Kilowattstunde hinauszulaufen. Dabei handelt es sich um einen Aufschlag für den eingespeisten Strom. Außerdem soll es einen neuen Zuschlag für die Vergärung von Gülle und eine bessere Abwärmenutzung geben. Beides würde eher kleineren Anlagen zugute kommen. Der Fachverband Biogas hatte ursprünglich eine Koppelung der Preise für nachwachsende Rohstoffe an den Weizenpreis gefordert. »Mit den acht Cent Nawaro-Bonus in Kombination mit den anderen Anreizen könnten wir aber erst einmal leben«, sagt Claudius da Costa Gomez." [Hervorhebungen von mir]
Dass Etscheit hier die offenbar der Sprachregelung von Politik und Interessenverbänden Bezeichnung "maßvoll" verwendet, ist ein kleiner Makel des sonst ausgezeichneten Berichts: 2 Cent Aufschlag auf 6 Cent sind nämlich eine Erhöhung um 33%. Wenn Arbeitnehmer einen Lohnaufschlag in dieser prozentualen Höhe fordern, nennt jedermann das (mit gutem Grund) "maßlos".
Aber der Prozentsatz ist mir ziemlich unwichtig: es geht um's Prinzip. Denn ich halte jede vom Gesetzgeber erzwungene Erhöhung der Einspeisungsvergütung für Strom aus Bio-Anlagen für einen Akt, der entweder als idiotisch oder als kriminell bezeichnet werden muss. Und zwar nicht deshalb, weil er uns Geld wegnimmt: da wäre immerhin zu prüfen, ob eine solche Investition in regenerative Energien uns längerfristig größeren Nutzen bringt. Sondern weil jeder mit den Händen greifen kann, dass eine Förderung der Umwandlung von Nahrungspflanzen in Strom (oder in anderen Fällen Sprit) uns zwangsläufig schaden muss.
Dies sei im Folgenden näher begründet:
Wenn die Große Koalition allen Ernstes plant, selbst noch zum jetzigen Zeitpunkt, wo die Diskussion um "Tank und Teller" eigentlich schon gelaufen ist (d. h. wo jeder weiß, dass eine energetische Verwendung pflanzlicher Rohstoffe das Nahrungsmittelangebot verknappt), die Einspeisungsvergütungen für Strom aus Biogasanlagen zu erhöhen, um für die Betreiber die Verwendung von Mais und Weizen zu Verstromungszwecken wieder rentabel zu machen, dann muss die Frage erlaubt sein, ob wir von Idioten regiert werden.
Die einzige alternativ mögliche Annahme, dass nämlich die Politik wissentlich und willentlich Hilfestellung leistet, um den Menschen die Lebensmittel zu verteuern, wäre noch weit weniger schmeichelhaft: in diesem Falle würden wir nämlich von Verbrechern regiert.
"Maßvoll" oder nicht: jede Schaffung weiterer Anreize zur Verstromung von Nahrungsmitteln ist eine maßlose Sauerei! Wenn der Firmensprecher eines Biogas-Anlagenherstellers sagt: »Wir können ja auch Reststoffe der Nahrungsmittelproduktion und Gülle sowie bestimmte Gräser einsetzen, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen« dann sollten wir ihm erwidern: "Na prima, denn macht das man! Da braucht ihr ja auch keine höhere Einspeisungsvergütung!" Aber wahrscheinlich sind Treber, Trester, Gülle und Gräser eher weniger geeignet als Grundlage für eine energetische Umwandlung. Denn sicherlich hat "der Fachverband Biogas" nicht ohne Grund "eine Koppelung der Preise für nachwachsende Rohstoffe an den Weizenpreis gefordert".
Wenn wir es den Betreibern von Biogas-Anlagen durch eine Kopplung von Rohstoffpreisen und Stromeinspeisungsvergütung ermöglichen, ständig höhere Preise für Weizen und Mais zu zahlen, um diese in Strom umzuwandeln, erhöhen wir zunächst einmal das Preisniveau für diese (und ggf. andere geeignete) Agrargüter. Eine hinreichend große Zahl von Biogasanlagen vorausgesetzt, bestimmt dann der Preis, den deren Betreiber für die verwendeten Nachwachsenden Rohstoffe bezahlen können, zugleich den Preis, den die Menschen für dieses Getreide zu zahlen haben. Durch die geforderte Indizierung würden sich die 'Vergasungspreise' und die 'Verdauungspreise' für Getreide selbsttätig gegenseitig hochschaukeln. (Nicht ohne Grund gab es früher in Deutschland eine gesetzliche Bestimmung, welche eine Kopplung von Zahlungen -Mieten, Löhnen usw. - an den Inflationsindex verbot, und ebenfalls nicht grundlos hat z. B. Italien eine entsprechende automatische Lohnanbindung an den Preisindex, sie sog. "scala mobile" (http://de.wikipedia.org/wiki/Scala_mobile), schon vor langen Jahren abgeschafft, weil sie eine Lohn-Preis-Spirale (http://de.wikipedia.org/wiki/Lohn-Preis-Spirale) induziert. In gleicher Weise bekämen wir hier eine "Energie-Hunger-Preisspirale".
Ganz so weit ist es zwar noch nicht; die Politik will ja "nur" eine Erhöhung um einen Festbetrag erlauben. Aber zum einen würde auch dieser einen Preissockel für das Getreide zementieren. Und zum anderen gilt auch hier für uns Bürger das Motto "Wehret den Anfängen". Denn die Dreistigkeit, mit der die Biogas-Branche eine Index-Koppelung fordert, könnte irgendwann doch einmal zum Ziel, oder, bei weiteren Preissteigerungen der Agrargüter, zumindest zu stufenweisen weiteren Erhöhungen der Stromvergütungen führen.
Übrigens können wir der Dummheit zumindest in einem Falle ein ganz konkretes Gesicht geben, und dabei handelt es sich nicht einmal um einen Berliner Politiker.
Denn zweifellos ist es der bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller (http://www.tz-online.de/de/aktuelles/muenchen/artikel__36568.html), der die Münchener Staatsregierung zu der Forderung bewogen hat (http://www.bayern.de/Ministerratsberichte-.851.19943/index.htm#Bayern_macht_sich_für_Ausbau_von_Biogas _stark_), "die Einspeisevergütung für Biogasstrom künftig an die Agrarrohstoffkosten zu binden". (Miller muss anscheinend um seinen gepolsterten Sitz fürchten (http://www.deutsche-landwirte.de/100107g.htm) und glaubt vermutlich, sein politisches Triklinium u. a. durch seinen Lobby-Einsatz gegen unsere Nahrungsbasis sichern zu können. Und er ist dumm - oder doch eher skrupellos? - genug, das auch zu tun.)
In der Vergangenheit habe ich Subventionsforderungen der Landwirtschaft nicht in gleicher Weise ablehnend gegenüber gestanden wie ein Großteil der öffentlichen (oder jedenfalls der veröffentlichten) Meinung. Dies aus der Überlegung heraus, dass wir es uns durchaus etwas kosten lassen sollten, eine angemessene Ernährungsbasis im eigenen Land zu bewahren. (Aus den gleichen Gründen trete ich für einen subventionierten Sockelbergbau bei der Steinkohle ein. (http://beltwild.blogspot.com/2006/11/bergbau-statt-blackout.html))
Wenn aber jetzt kleine Gruppen aus dieser Branche Subventionen fordern, um uns (im Ergebnis) das Essen vom Teller zu klauen und es in den Tank - oder in die Spülmaschinen, Waschmaschinen und alle anderen Maschinen - zu kippen, dann hört der Spaß für mich auf.
[Vgl. zum vorliegenden Themenzusammenhang u. a. auch meinen Blott "Hungerskandal in Wuppertal: Porsche-Fahrer frisst Rentner-Oma die Polenta vom Teller!"] (http://beltwild.blogspot.com/2006/03/hungerskandal-in-wuppertal-porsche.html)
Zeterum zenseo allerdings, dass meine Leser jetzt nicht einfach heftig zustimmend nicken und dann wieder auf ihren gewohnten Denkgleisen vorwärts dampfen. Auf andere schimpfen ist immer leichter, als sich die Widersprüche der eigenen Wünsche einzugestehen. In diesem Sinne spreche ich hier jene an, die bei dem Wort "Atom(strom)" gleich zu HB-Männchen werden: Was wollen Sie eigentlich? Ihre Lichter schalten Sie doch auch nicht aus und Erdöl und Erdgas sind bald alle (bzw. werden zunächst rasch zunehmend knapper). Ist es nicht besser, unseren Strom zunächst noch (natürlich sind auch die Uranvorräte knapp) aus Atomreaktoren zu beziehen als aus Biogasreaktoren?
Wo "Öko" draufsteht, ist nicht unbedingt Intelligenz drin. Und auf die Dauer kann die Politik nicht intelligenter agieren als wir Bürger sind. Es wird nicht reichen, ständig das Energiespar-Mantra zu beschwören, die dies z. B. Joschka Fischer (http://www.zeit.de/online/2008/19/globalisierung-fischer-kolumne) und Die Grünen tun, während sie im übrigen ihre Hände in Unschuld waschen.
Auf einem anderen Feld droht eine Düngemittelverknappung die weltweite Landwirtschaft in den Würgegriff zu nehmen: Das Phosphat wird nämlich knapp (vgl. dazu diesen Artikel (http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/odenwalds_universum/odenwalds-universum-bedeutet-die-verknappung-von-phosphor-das-ende-der-menschheit_aid_300609.html) von Focus-Redakteur Michael Odenwald).
Unsere Gesellschaft wird mit einer rasch wachsenden Anzahl von zunehmend unlösbaren Problemen konfrontiert werden. Das muss eine realistische Politik-Kritik berücksichtigen. Doch darf man zumindest nachdrücklich verlangen, dass die Politiker (aber ebenso auch die Bürger selbst!) wenigstens die vorhersehbaren Schwierigkeiten nicht noch durch ihr eigenes Handeln grob fahrlässig (oder gar vorsätzlich?) verschärfen.
Wenn der IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn fordert (http://www.welt.de/wirtschaft/article1915137/IWF-Chef_warnt_vor_Krieg_um_Lebensmittel.html), dass der Biospritanbau sofort gestoppt werden soll ("Energie vs. Nahrung. IWF-Chef warnt vor Krieg um Lebensmittel", "Die Welt" vom 18.04.08) , dann gelten die gleichen Gründe ja wohl auch für Biogas-Anlagen.
Es muss also schon außerordentlich schwer wiegende Gründe geben, wenn ich im vorliegenden Falle Volksvertreter und Regierende nur in den alternativen Kategorien "Idioten" bzw. "Verbrecher" subsumieren zu können glaube.
Seit ich den Artikel " Biogas. Es gärt. Seit die Preise auf dem Agrarmarkt explodieren, kämpft die Biogasbranche ums Überleben" (http://images.zeit.de/text/2008/21/Biogas) von Georg Etscheit aus der "Zeit" Nr. 21/2008 gelesen habe, gärt mir die Galle.
Dort erfahren wir von Problemen, welche der Biogas-Branche aus den gestiegenen Preisen der Agrar-Rohstoffe, kurz "Nawaros" genannt, erwachsen. Und von Plänen der Berliner Regierung, die Probleme der Betreiber (und indirekt auch der Hersteller) von Biogas-Anlagen mit dem Scheckbuch zu lösen oder genauer zu vertuschen (das tut sie, wie wir hier (http://www.zeit.de/2008/22/01-Steuern?page=all) nachlesen können, auch sonst mit eifriger Verantwortungslosigkeit. Im vorliegenden Falle zückt sie aber noch nicht einmal das 'eigene' Scheckbuch des Fiskus, sondern plant ungeniert den direkten Diebstahl bei den Stromabnehmern):
"Hilfe erwartet sich die Biogasbranche von der Politik. In der Großen Koalition in Berlin wird gerade über eine neuerliche EEG-Novelle diskutiert. Im Mai soll das Gesetz im Bundestag beraten werden. Es scheint auf eine maßvolle [???] Erhöhung der Bonuszahlung für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe (Nawaro) wie Weizen oder Mais von derzeit sechs auf acht Cent pro Kilowattstunde hinauszulaufen. Dabei handelt es sich um einen Aufschlag für den eingespeisten Strom. Außerdem soll es einen neuen Zuschlag für die Vergärung von Gülle und eine bessere Abwärmenutzung geben. Beides würde eher kleineren Anlagen zugute kommen. Der Fachverband Biogas hatte ursprünglich eine Koppelung der Preise für nachwachsende Rohstoffe an den Weizenpreis gefordert. »Mit den acht Cent Nawaro-Bonus in Kombination mit den anderen Anreizen könnten wir aber erst einmal leben«, sagt Claudius da Costa Gomez." [Hervorhebungen von mir]
Dass Etscheit hier die offenbar der Sprachregelung von Politik und Interessenverbänden Bezeichnung "maßvoll" verwendet, ist ein kleiner Makel des sonst ausgezeichneten Berichts: 2 Cent Aufschlag auf 6 Cent sind nämlich eine Erhöhung um 33%. Wenn Arbeitnehmer einen Lohnaufschlag in dieser prozentualen Höhe fordern, nennt jedermann das (mit gutem Grund) "maßlos".
Aber der Prozentsatz ist mir ziemlich unwichtig: es geht um's Prinzip. Denn ich halte jede vom Gesetzgeber erzwungene Erhöhung der Einspeisungsvergütung für Strom aus Bio-Anlagen für einen Akt, der entweder als idiotisch oder als kriminell bezeichnet werden muss. Und zwar nicht deshalb, weil er uns Geld wegnimmt: da wäre immerhin zu prüfen, ob eine solche Investition in regenerative Energien uns längerfristig größeren Nutzen bringt. Sondern weil jeder mit den Händen greifen kann, dass eine Förderung der Umwandlung von Nahrungspflanzen in Strom (oder in anderen Fällen Sprit) uns zwangsläufig schaden muss.
Dies sei im Folgenden näher begründet:
Wenn die Große Koalition allen Ernstes plant, selbst noch zum jetzigen Zeitpunkt, wo die Diskussion um "Tank und Teller" eigentlich schon gelaufen ist (d. h. wo jeder weiß, dass eine energetische Verwendung pflanzlicher Rohstoffe das Nahrungsmittelangebot verknappt), die Einspeisungsvergütungen für Strom aus Biogasanlagen zu erhöhen, um für die Betreiber die Verwendung von Mais und Weizen zu Verstromungszwecken wieder rentabel zu machen, dann muss die Frage erlaubt sein, ob wir von Idioten regiert werden.
Die einzige alternativ mögliche Annahme, dass nämlich die Politik wissentlich und willentlich Hilfestellung leistet, um den Menschen die Lebensmittel zu verteuern, wäre noch weit weniger schmeichelhaft: in diesem Falle würden wir nämlich von Verbrechern regiert.
"Maßvoll" oder nicht: jede Schaffung weiterer Anreize zur Verstromung von Nahrungsmitteln ist eine maßlose Sauerei! Wenn der Firmensprecher eines Biogas-Anlagenherstellers sagt: »Wir können ja auch Reststoffe der Nahrungsmittelproduktion und Gülle sowie bestimmte Gräser einsetzen, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen« dann sollten wir ihm erwidern: "Na prima, denn macht das man! Da braucht ihr ja auch keine höhere Einspeisungsvergütung!" Aber wahrscheinlich sind Treber, Trester, Gülle und Gräser eher weniger geeignet als Grundlage für eine energetische Umwandlung. Denn sicherlich hat "der Fachverband Biogas" nicht ohne Grund "eine Koppelung der Preise für nachwachsende Rohstoffe an den Weizenpreis gefordert".
Wenn wir es den Betreibern von Biogas-Anlagen durch eine Kopplung von Rohstoffpreisen und Stromeinspeisungsvergütung ermöglichen, ständig höhere Preise für Weizen und Mais zu zahlen, um diese in Strom umzuwandeln, erhöhen wir zunächst einmal das Preisniveau für diese (und ggf. andere geeignete) Agrargüter. Eine hinreichend große Zahl von Biogasanlagen vorausgesetzt, bestimmt dann der Preis, den deren Betreiber für die verwendeten Nachwachsenden Rohstoffe bezahlen können, zugleich den Preis, den die Menschen für dieses Getreide zu zahlen haben. Durch die geforderte Indizierung würden sich die 'Vergasungspreise' und die 'Verdauungspreise' für Getreide selbsttätig gegenseitig hochschaukeln. (Nicht ohne Grund gab es früher in Deutschland eine gesetzliche Bestimmung, welche eine Kopplung von Zahlungen -Mieten, Löhnen usw. - an den Inflationsindex verbot, und ebenfalls nicht grundlos hat z. B. Italien eine entsprechende automatische Lohnanbindung an den Preisindex, sie sog. "scala mobile" (http://de.wikipedia.org/wiki/Scala_mobile), schon vor langen Jahren abgeschafft, weil sie eine Lohn-Preis-Spirale (http://de.wikipedia.org/wiki/Lohn-Preis-Spirale) induziert. In gleicher Weise bekämen wir hier eine "Energie-Hunger-Preisspirale".
Ganz so weit ist es zwar noch nicht; die Politik will ja "nur" eine Erhöhung um einen Festbetrag erlauben. Aber zum einen würde auch dieser einen Preissockel für das Getreide zementieren. Und zum anderen gilt auch hier für uns Bürger das Motto "Wehret den Anfängen". Denn die Dreistigkeit, mit der die Biogas-Branche eine Index-Koppelung fordert, könnte irgendwann doch einmal zum Ziel, oder, bei weiteren Preissteigerungen der Agrargüter, zumindest zu stufenweisen weiteren Erhöhungen der Stromvergütungen führen.
Übrigens können wir der Dummheit zumindest in einem Falle ein ganz konkretes Gesicht geben, und dabei handelt es sich nicht einmal um einen Berliner Politiker.
Denn zweifellos ist es der bayerische Landwirtschaftsminister Josef Miller (http://www.tz-online.de/de/aktuelles/muenchen/artikel__36568.html), der die Münchener Staatsregierung zu der Forderung bewogen hat (http://www.bayern.de/Ministerratsberichte-.851.19943/index.htm#Bayern_macht_sich_für_Ausbau_von_Biogas _stark_), "die Einspeisevergütung für Biogasstrom künftig an die Agrarrohstoffkosten zu binden". (Miller muss anscheinend um seinen gepolsterten Sitz fürchten (http://www.deutsche-landwirte.de/100107g.htm) und glaubt vermutlich, sein politisches Triklinium u. a. durch seinen Lobby-Einsatz gegen unsere Nahrungsbasis sichern zu können. Und er ist dumm - oder doch eher skrupellos? - genug, das auch zu tun.)
In der Vergangenheit habe ich Subventionsforderungen der Landwirtschaft nicht in gleicher Weise ablehnend gegenüber gestanden wie ein Großteil der öffentlichen (oder jedenfalls der veröffentlichten) Meinung. Dies aus der Überlegung heraus, dass wir es uns durchaus etwas kosten lassen sollten, eine angemessene Ernährungsbasis im eigenen Land zu bewahren. (Aus den gleichen Gründen trete ich für einen subventionierten Sockelbergbau bei der Steinkohle ein. (http://beltwild.blogspot.com/2006/11/bergbau-statt-blackout.html))
Wenn aber jetzt kleine Gruppen aus dieser Branche Subventionen fordern, um uns (im Ergebnis) das Essen vom Teller zu klauen und es in den Tank - oder in die Spülmaschinen, Waschmaschinen und alle anderen Maschinen - zu kippen, dann hört der Spaß für mich auf.
[Vgl. zum vorliegenden Themenzusammenhang u. a. auch meinen Blott "Hungerskandal in Wuppertal: Porsche-Fahrer frisst Rentner-Oma die Polenta vom Teller!"] (http://beltwild.blogspot.com/2006/03/hungerskandal-in-wuppertal-porsche.html)
Zeterum zenseo allerdings, dass meine Leser jetzt nicht einfach heftig zustimmend nicken und dann wieder auf ihren gewohnten Denkgleisen vorwärts dampfen. Auf andere schimpfen ist immer leichter, als sich die Widersprüche der eigenen Wünsche einzugestehen. In diesem Sinne spreche ich hier jene an, die bei dem Wort "Atom(strom)" gleich zu HB-Männchen werden: Was wollen Sie eigentlich? Ihre Lichter schalten Sie doch auch nicht aus und Erdöl und Erdgas sind bald alle (bzw. werden zunächst rasch zunehmend knapper). Ist es nicht besser, unseren Strom zunächst noch (natürlich sind auch die Uranvorräte knapp) aus Atomreaktoren zu beziehen als aus Biogasreaktoren?
Wo "Öko" draufsteht, ist nicht unbedingt Intelligenz drin. Und auf die Dauer kann die Politik nicht intelligenter agieren als wir Bürger sind. Es wird nicht reichen, ständig das Energiespar-Mantra zu beschwören, die dies z. B. Joschka Fischer (http://www.zeit.de/online/2008/19/globalisierung-fischer-kolumne) und Die Grünen tun, während sie im übrigen ihre Hände in Unschuld waschen.
Auf einem anderen Feld droht eine Düngemittelverknappung die weltweite Landwirtschaft in den Würgegriff zu nehmen: Das Phosphat wird nämlich knapp (vgl. dazu diesen Artikel (http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/odenwalds_universum/odenwalds-universum-bedeutet-die-verknappung-von-phosphor-das-ende-der-menschheit_aid_300609.html) von Focus-Redakteur Michael Odenwald).
Unsere Gesellschaft wird mit einer rasch wachsenden Anzahl von zunehmend unlösbaren Problemen konfrontiert werden. Das muss eine realistische Politik-Kritik berücksichtigen. Doch darf man zumindest nachdrücklich verlangen, dass die Politiker (aber ebenso auch die Bürger selbst!) wenigstens die vorhersehbaren Schwierigkeiten nicht noch durch ihr eigenes Handeln grob fahrlässig (oder gar vorsätzlich?) verschärfen.
Wenn der IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn fordert (http://www.welt.de/wirtschaft/article1915137/IWF-Chef_warnt_vor_Krieg_um_Lebensmittel.html), dass der Biospritanbau sofort gestoppt werden soll ("Energie vs. Nahrung. IWF-Chef warnt vor Krieg um Lebensmittel", "Die Welt" vom 18.04.08) , dann gelten die gleichen Gründe ja wohl auch für Biogas-Anlagen.