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Vollständige Version anzeigen : Karl Popper - Philosoph der Moderne?



Klopperhorst
24.04.2008, 10:37
Gedanken wie diese, daß es der Sinn einer Demokratie ist, die Regierung notfalls wieder abwählen zu können oder daß es keine absolute Wahrheit gibt, stattdessen in jedem wissenschaftlichen System nach Unwahrheiten gesucht werden muss, die Falsifikation, - scheinen mir sehr realistisch zu sein. Auch die Stückwerktheorie, daß Veränderungen in einem System in kleinen Schritten erfolgen sollten, findet meine Unterstützung.

Man könnte Popper vorwerfen, aus Angst vor Revolutionen und Tolalitarismen, in eine Seichtigkeit abgedriftet zu sein. Aber selbst die Kritik an Hegel und dem deutschen Idealismus, lasse ich als Anhänger zu.

Die Grundfrage ist aber: Kann eine Gesellschaft nach Poppers Vorbild auch revolutionär sein, und ist es nicht die Revolution, welche letztendlich alle Veränderung bewirkt?

Hier gibt es übrigens eine Dokumentation über Popper.

http://www.youtube.com/watch?v=eiKVaBDqmUI&feature=related


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kotzfisch
24.04.2008, 13:41
Das ist nicht die Grundfrage.Wie Popper in seinem Essayband "Alles Leben ist Problemlösen" ganz klar herausstreicht, ist ihm die Demokratie als Möglichkeit ohne Blutvergießen die Regierung loszuwerden, lieb und teuer.Aber in Anerkennung der Mängel dieser Gesellschaftsform ,nicht weil Demokratie so eine wunderbare Sache wäre.

Um "revolutionäre" Gesellschaften ging es bei Popper nie- auch in seinem Standardwerk "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" nicht.

Was willst Du also?

Sauerländer
24.04.2008, 13:46
Für mich ist Popper der Philosoph des Banalen.
Damit mag er als DER geistige Kopf der Moderne sogar treffend benannt sein.

Revolutionär jedoch kann die "Offene Gesellschaft" in meinen Augen nicht wirken.
SOLL sie ja auch gar nicht.

kotzfisch
24.04.2008, 14:31
Wenn etwas streng logisch ist, ist es noch lange nicht banal.
Du vermeinst Popper verstanden zu haben, Dein Posting zeigt
das Gegenteil,tut mir leid für Dich, bleiben Dir doch so Welten der Erkenntnis
verschlossen.

¿Why-So-Serious?
24.04.2008, 17:02
Die Grundfrage ist aber: Kann eine Gesellschaft nach Poppers Vorbild auch revolutionär sein, und ist es nicht die Revolution, welche letztendlich alle Veränderung bewirkt


Ich schätze die Ideen von Herrn Popper sehr, auch wenn ich ihm nicht in allen Detailfragen zustimme, wobei dies im Sinne der Kritik statt findet, wie sie in den diskursiven Wissenschaften üblich ist.

Wie auch immer man genau zu seinen verschiedenen Theoriesträngen steht, wobei es hier weniger um wissenschaftliche Metatheorien geht, so sind sie doch ineinander verflochten und bauen aufeinander auf.

"Revolutionär" ist hierbei aber genau jener Begriff der in seiner Gesellschaftstheorie keinen Platz findet. Im Gegenteil propagierte er einen Weg der kleinen Schritte und stetigen minimalen Adaptionen mit der pragmatischen Begründung somit Wandlungen langsam zu adaptieren, und trotzdem sie stetig zu adaptieren, um damit genau den Effekt von schnellen radikalen Wechseln wie revolutionären Bewegungen gar nicht erst entstehen zu lassen, da sie in seinem Sinne gegen den Gesamtnutzen der Gesellschaft sprechen.

politisch Verfolgter
24.04.2008, 17:23
Will K. Popper, daß wir uns die Naturgesetze immer umfassender instrumentalisieren, statt die Einen Anderen?
Was sagt er dazu, daß 1 % 60 % eignen, während die halbe Menschheit von unter 1 $ tgl. dahin vegetiert, daß 77 % der Inder hungern?
Wieviel saubere el. Energie billigt er der Menschheit zu?
Was meint er zur Arbeitsgesetzgebung, die Betriebslose a priori zum von Inhabern marginalisierbaren Kostenfaktor marginalisiert?
Wie steht er zur Krümmung der Eink./Verm.-Verteilung und dazu, daß sie in keinster Weise mit der mentalen Verteilung übereinstimmt?
Welchen Realitätsbezug hat er? Beschreibt er die eben angedeutete Realität?
Wer die Fakten nicht kennt bzw. nicht nennt, der kann total weggetreten herumphilosophieren wie die alten griechischen Philosophen, die Günstlinge von Adeligen in einer Sklavenhaltergesellschaft waren.

Was sagt denn nun K. Popper zu den Fakten der weltweiten Verteilung von Einkommen und Vermögen, zu den Verteilungsursachen und auch dazu, daß ja 99.99 % der techn.-wiss. Entwicklung von Betriebslosen stammt, die über Jahrtausende noch weit massiver als heute von der Umsetzung ihrer mentalen Dispositionen abgeschottet wurden, weswegen wir binnen 8 000 Jahren 10 000 Jahre weiter sein könnten?

EinDachs
24.04.2008, 20:14
Die Grundfrage ist aber: Kann eine Gesellschaft nach Poppers Vorbild auch revolutionär sein, und ist es nicht die Revolution, welche letztendlich alle Veränderung bewirkt?

Hier gibt es übrigens eine Dokumentation über Popper.

http://www.youtube.com/watch?v=eiKVaBDqmUI&feature=related


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Popper gings nie um irgendwelche Revolutionen und es sind eben nicht nur die Revolutionen, die Veränderungen schaffen, sondern häufiger (und auch besser) sind graduelle Veränderungen.

Aber Popper ist toll.

¿Why-So-Serious?
24.04.2008, 20:55
Will K. Popper, daß wir uns die Naturgesetze immer umfassender instrumentalisieren, statt die Einen Anderen?
Was sagt er dazu, daß 1 % 60 % eignen, während die halbe Menschheit von unter 1 $ tgl. dahin vegetiert, daß 77 % der Inder hungern?
Wieviel saubere el. Energie billigt er der Menschheit zu?
Was meint er zur Arbeitsgesetzgebung, die Betriebslose a priori zum von Inhabern marginalisierbaren Kostenfaktor marginalisiert?
Wie steht er zur Krümmung der Eink./Verm.-Verteilung und dazu, daß sie in keinster Weise mit der mentalen Verteilung übereinstimmt?
Welchen Realitätsbezug hat er?

Die Antwort auf diese taxative Aufzählung deiner eigenen Vorstellungswelt, der scheinbar nicht einmal hier die Benutzer eine sonderliche Wichtigkeit zurechnen, außerhalb des Punktes, dass du ein witziger Troll bist, und scheinbar so etwas wie ein Haustier der Forenleitung, lässt deine Frage nach seinem Realitätsbezug absolut lächerlich wirken, denn viel mehr musstest du dich selbst fragen, welchen Realitätsbezug du hast, und warum du von der absurden Annahme ausgehst, dass sich auch nur irgendeine Person außerhalb von dir selbst über das begeistern kann, was du in endlosen Widerholungen zu jedem noch so unpassenden Thema von dir gibst. Zur Klärung der Frage ob Poppers Sicht eine revolutionäre Bewegung gut heißen kann, trägt keine Zeile bei, die du von dir gegeben hast.

Klopperhorst
24.04.2008, 21:47
...

"Revolutionär" ist hierbei aber genau jener Begriff der in seiner Gesellschaftstheorie keinen Platz findet. Im Gegenteil propagierte er einen Weg der kleinen Schritte und stetigen minimalen Adaptionen mit der pragmatischen Begründung somit Wandlungen langsam zu adaptieren, und trotzdem sie stetig zu adaptieren, um damit genau den Effekt von schnellen radikalen Wechseln wie revolutionären Bewegungen gar nicht erst entstehen zu lassen, da sie in seinem Sinne gegen den Gesamtnutzen der Gesellschaft sprechen.

Aber die Natur zeigt doch, daß die meisten Veränderungen nur durch Revolution vor sich gehen.

Z.B. das Aussterben der Dinosaurier, zunächst ein schlimmer Aspekt, zu dem Popper gesagt hätte, nein! das wäre zu viel Veränderung auf einmal. Aber gerade durch diese Naturkatastrophe konnten neue Arten (Säugetiere) den Lebensraum besiedeln und die Fortentwicklung ermöglichen.

Genauso mit allen Arten von Kriegen in der menschlichen Gesellschaft. Popper kritisiert Hegel, daß dieser den Krieg als Naturnotwendigkeit deklarierte. Aber, ich vermute Popper hatte noch kein Verständnis für die Erkenntnisse der modernen Komplexitätsforschung, daß sich ein System nur durch Zufallsschwankungen aus einem lokalen Maxima befreien kann.

Ganz Weise nennen dies "das reinigende Feuer".

Vielleicht hätte Popper Heraklit verinnerlichen sollen?

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dr-esperanto
24.04.2008, 22:00
Karl Popper war bei der ersten Sitzung von Hayeks Mont Pèlerin Society (Habsburger) dabei und unterstützte demnach die neoliberale (damals noch soziale) Marktwirtschaft. Er ist der Philosoph der Postmoderne, der Nachkriegszeit, der diese Lebensweise absegnen soll.

¿Why-So-Serious?
25.04.2008, 02:15
Aber die Natur zeigt doch, daß die meisten Veränderungen nur durch Revolution vor sich gehen. Revolutionen im Sinne, wie du sie auf Poppers Theorien anwenden kannst, sind nicht vergleichbar mit Revolutionen der Natur, die oftmals durch Kathastrophen bedingt sind,...


Z.B. das Aussterben der Dinosaurier, zunächst ein schlimmer Aspekt, zu dem Popper gesagt hätte, nein! das wäre zu viel Veränderung auf einmal. Aber gerade durch diese Naturkatastrophe konnten neue Arten (Säugetiere) den Lebensraum besiedeln und die Fortentwicklung ermöglichen.

...womit wir auch schon bei diesem mehr als hinkenden Vergleich von dir sind. Popper war vieles, jedoch war er weder ein Biologe noch ein Astrophysiker, sondern viel mehr ein Erkenntnis- bzw. Sozialtheoretiker. Eine Naturkatastrophe ist keine von Menschen verursachte und getragene Revolution, sondern ein Stück aus dem Weltraum, dass durch seine Penetration der Erdatmosphäre und dem anschließenden Aufprall, das Klima etc so erheblich veränder hat, dass es damit die Spielregeln der Umweltbedingungen auf diesem Planeten so erheblich ändern konnnte, dass einige Arten dies nicht schnell genug adaptieren konnten, aber kein sozialer Prozess, der vergleichbar wäre mit einer Revolution. Du vergleichst damit viel mehr etwas das du als "Naturunglück" betrachtest mit etwas anderem, dass ebenfalls zumeist mit negativen Affekten besetzt ist - einer Revolution - wie diese beiden gänzlich voneinander unabhängigen Vorgänge, die gänzlich voneinander unabhängige und unvergleichbare Folgen haben, da diese in einer völlig anderen Situation passieren, deiner Meinung nach auf einen gemeinsamen Nenner hinauslaufen sollen, ist mir absolut schleierhaft und erscheint mir unsinnig und unlogisch.


Genauso mit allen Arten von Kriegen in der menschlichen Gesellschaft. Popper kritisiert Hegel, daß dieser den Krieg als Naturnotwendigkeit deklarierte.
Seit dem zweiten Weltkrieg herrscht in Europa weitestgehend Frieden. Dieser Zustand ist eine der Grundbedingungen und Resultat der europäischen Einigungsbewegung auf der einen Seite und auf der anderen einer der wichtigsten Faktoren für unseren aktuellen Wohlstand.
Systeme, wie auch politische Systeme, die durch eine Revolution verändert werden können, aber auch bei erfolgreicher Revolution danach nicht verändert werden müssen, können sich auch durch langsame adaptive Schritte weiterentwickeln und somit anpassen, was du scheinbar vollständig außer acht lässt.


Aber, ich vermute Popper hatte noch kein Verständnis für die Erkenntnisse der modernen Komplexitätsforschung, daß sich ein System nur durch Zufallsschwankungen aus einem lokalen Maxima befreien kann.
Kannst du das wissenschaftlich begründen?


Ganz Weise nennen dies "das reinigende Feuer".

Popper würde es Destabilisierung und Verschwendung von Ressourcen nennen.

Skorpion968
25.04.2008, 03:45
Genauso mit allen Arten von Kriegen in der menschlichen Gesellschaft. Popper kritisiert Hegel, daß dieser den Krieg als Naturnotwendigkeit deklarierte. Aber, ich vermute Popper hatte noch kein Verständnis für die Erkenntnisse der modernen Komplexitätsforschung, daß sich ein System nur durch Zufallsschwankungen aus einem lokalen Maxima befreien kann.

Ganz Weise nennen dies "das reinigende Feuer".

Vielleicht hätte Popper Heraklit verinnerlichen sollen?

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Vielleicht solltest du Popper einfach nicht deine Brille überziehen und ihm nicht Ansichten andichten, die er nicht vertreten hat.
Ich bin sicher, damit wäre allen geholfen und dieser Strang entbehrlich.

Mcp
25.04.2008, 05:50
Die Grundfrage ist aber: Kann eine Gesellschaft nach Poppers Vorbild auch revolutionär sein, und ist es nicht die Revolution, welche letztendlich alle Veränderung bewirkt?

Für die Würdigung Poppers reicht der 1. Absatz des Vorwortes zur amerikanischen Ausgabe seines Werkes "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde":

"Vieles, was in diesem Werk enthalten ist, nahm zu einem früheren Zeitpunkt Gestalt an; aber den Entschluß zur Niederschrift faßte ich im März 1938, als mich die Nachricht von der Invasion Österreichs erreichte. Die Niederschrift erstreckte sich bis ins Jahr 1943, und der Umstand, daß der größte Teil während jener schweren Jahre geschrieben wurde, wo der Ausgang des Krieges ungewiß war, mag vielleicht erklären, warum mir heute manche meiner kritischen Bemerkungen emotionaler und in der Formulierung härter erscheinen, als ich es jetzt wünschte."

Wer ab dort weiterliest, will sich von angloamerikanischer Kriegspropaganda der intellektuell seichteren Art vereinnahmen lassen. Seine ganze Kritik an der deutschen Romantik und ihren geistigen Grundlagen ist durch und durch propagandistisch motiviert und entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Bei den meisten Zitate, die Popper benutzt, verweist er nicht auf die Quelle und dort, wo man sie schließlich doch noch findet, sind diese vollkommen aus dem Kontext gerissen und sichtbar anders interpretiert, als vom Autor gemeint. Wissenschaftlich ist dieses „Werk“ eine glatte Nullnummer. Aber Wissenschaft war wohl auch nicht Poppers Absicht.

„Das Elend des Historismus“ hingegen wird viel zu wenig gewürdigt und beantwortet ihre Revolutionsfrage eigentlich vollkommen umfassend. Für Popper waren Revolutionen samt und sonders barbarische Entgleisungen, willkürliche Kometeneinschläge, und keine „Lokomotiven der Geschichte“ wie offenbar die meisten Ostdeutschen hier immer noch glauben. Es gibt keine „Historische Mission“, keine gesellschaftliche „Entwicklung“, es gibt weder Ziel, noch Endpunkt der „Menschwerdung“ und schon gar keine „Erlösung“ in Form allgemeiner Gerechtigkeit. Das Einzige was sich verändert, ist die Summe unseres empirischen Wissens über die Natur; durch dieses Wissen verändert sich unsere Lebensweise, aber auch hier ist, außer dem wirken des Zufalls, weder ein Weg, noch ein Ziel zu erkennen. Alles andere stammt aus der Märchenstunde der Marxologen:

„Die alte Idee eines mächtigen Philosophen-Königs, der irgendwelche sorgfältig ausgedachten Pläne verwirklicht, war ein Märchen, das im Interesse einer Grundbesitzeraristokratie erfunden wurde. Das demokratische Gegenstück zu diesem Märchen ist der Aberglaube, daß man durch rationale Argumente eine genügend große Anzahl von Menschen guten Willens dazu bringen könnte, nach einem vorgefaßten Plan zu handeln. Die Geschichte zeigt, daß die Realität des gesellschaftlichen Lebens ganz anders ist.“

Quelle: Karl Popper; Das Elend der Historismus; Kap.16; Die Theorie der historischen Entwicklung

Mcp
25.04.2008, 06:03
Karl Popper war bei der ersten Sitzung von Hayeks Mont Pèlerin Society (Habsburger) dabei und unterstützte demnach die neoliberale (damals noch soziale) Marktwirtschaft. Er ist der Philosoph der Postmoderne, der Nachkriegszeit, der diese Lebensweise absegnen soll.

Popper ist ein Gegner des rheinischen, also deutschen, Sozialkapitalismus und Propagandist der angloamerikanischen Wirtschaftsweise, die sich nun anschickt, die letzten Reste sozialer Verantwortung von Unternehmern auf den Staat abzuwälzen.

Sauerländer
25.04.2008, 13:18
Wenn etwas streng logisch ist, ist es noch lange nicht banal.
Du vermeinst Popper verstanden zu haben, Dein Posting zeigt
das Gegenteil,tut mir leid für Dich, bleiben Dir doch so Welten der Erkenntnis
verschlossen.
Strenge Logik an sich ist keineswegs banal, jedenfalls nicht zwingenderweise, ganz im Gegenteil. Vor allem in der Destruktion entfaltet sie mitunter eine ganz erhebliche Wirkmacht. Diesen Akt der Destruktion selbst mag man durchaus noch mit Pathos als beeindruckend erleben, den Kampf bewundern, so lange er sein Ziel nicht erreicht hat.
Wenn dieser Prozess allerdings an sein Ende gelangt, was bleibt dann?
Darin liegt Banalität, und zwar nicht blos Banalität im Sinne einer langweiligen Nebensächlichkeit, sondern im Sinne einer offensiv raumgreifenden Nichtigkeit von entsetzlichsten Ausmaßen.
Wenn man dort einmal angelangt ist, dann gibt es wirklich nur noch einen Kampf zu führen, nämlich den Stirners, der NICHTS ausser dem eigenen Ich anerkennt, in dem die Aufklärung sich -ENDLICH- über sich selbst aufklärt.
Was als nihilistischer Kahlschlag, als Rasenmähen, das ein neues Wachsen des Rasens ermöglicht, durchaus seinen Sinn haben mag.

Bärwolf
25.04.2008, 13:24
Revolutionen bringen ja keine wirklichen (qualitativen) Veränderungen sondern allenfalls die Änderung der politischen Machtverhältnisse (also quantitative Veränderung) deren Qualität sogar meistens dann noch schlechter ist und somit objektiv auch gesellschaftlich in der Auswirkung eine Verschlechterung darstellen.
Das hat Popper erkannt und daraus seine gedanklichen Konsequnzen gezogen. In diesem Punkt hatte er recht!

-SG-
25.04.2008, 14:14
Popper als modern zu bezeichnen ist nach meinem Verständnis des Terminus durchaus zutreffend.

Zutiefst modern ist natürlich die Auffassung, dass es keine objektive Wahrheit gebe. Das hat einige Komplikationen zur Folge. Popper meint zuerst, Theorien sollten daher falsifiziert werden. Aber auch eine Falsifikation muss verifiziert werden (z.B. könnten die Methoden, durch die die Falsifikation gewonnen wurde, selbst fehlerhaft sein). Daraufhin meint er dann, man solle auch eine Falsifikation nicht sofort zum Anlass nehmen, die Theorie auf den Müll zu werfen, sondern solle manchmal trotzdem daran festhalten. Wann eine Falsifikation eindeutig ist, dafür hat er also auch keine Kategorie. Wir können also weiterhin nur "vorläufig bestätigte" Theorien kennen.

Marsu
31.05.2008, 10:19
Popper als modern zu bezeichnen ist nach meinem Verständnis des Terminus durchaus zutreffend.

Zutiefst modern ist natürlich die Auffassung, dass es keine objektive Wahrheit gebe. Mag sein. Allerdings behauptet Popper gar nicht, dass es keine objektive Wahrheit gibt, sondern nur, dass diese für die Menschen nicht einfach zu erkennen ist.

Grüße

Marsu

Marsu
31.05.2008, 10:25
Popper ist ein Gegner des rheinischen, also deutschen, Sozialkapitalismus und Propagandist der angloamerikanischen Wirtschaftsweise, die sich nun anschickt, die letzten Reste sozialer Verantwortung von Unternehmern auf den Staat abzuwälzen.Nein, Poppers Gesellschaftsphilosophie unterscheidet sich deutlich von der Hayeks. Popper lehnt im Gegensatz zum neoliberalen Hayek Eingriffe des Staates, zum Beispiel eine aktive Arbeitsmarktpolitik oder eine Bekämpfung der Armut durch Sozialprogramme, in den Markt keineswegs ab. Popper, der in seiner frühen Wiener Zeit selbst Sozialist war, verehrt Marx für dessen soziales Engagement, lehnt aber die von Marx entwickelte Gesellschaftsphilosophie als utopisch ab. In Großbritannien gilt Poppers Werk als das Standardwerk der Sozialdemokratie.

Grüße

Marsu

Bärwolf
31.05.2008, 14:35
Stimmt, zumindest der Sozialdemokraten um Helmut Schmidt.

Van Moorrison
04.06.2008, 15:54
Gedanken wie diese, daß es der Sinn einer Demokratie ist, die Regierung notfalls wieder abwählen zu können oder daß es keine absolute Wahrheit gibt, stattdessen in jedem wissenschaftlichen System nach Unwahrheiten gesucht werden muss, die Falsifikation, - scheinen mir sehr realistisch zu sein. Auch die Stückwerktheorie, daß Veränderungen in einem System in kleinen Schritten erfolgen sollten, findet meine Unterstützung.

Man könnte Popper vorwerfen, aus Angst vor Revolutionen und Tolalitarismen, in eine Seichtigkeit abgedriftet zu sein. Aber selbst die Kritik an Hegel und dem deutschen Idealismus, lasse ich als Anhänger zu.

Die Grundfrage ist aber: Kann eine Gesellschaft nach Poppers Vorbild auch revolutionär sein, und ist es nicht die Revolution, welche letztendlich alle Veränderung bewirkt?

Hier gibt es übrigens eine Dokumentation über Popper.

http://www.youtube.com/watch?v=eiKVaBDqmUI&feature=related


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Karl Popper war ein sehr großer und v.a. sehr klarer Denker, der im Laufe seines langen Lebens seinen Grundgedanken immer schärfer herausgearbeitet hat.
Grundsätzlich war Popper aber eher konservativ, wenn auch wahrhaft freiheitsliebend, weshalb er sich von dem extrem wirtschaftsliberalen Friedrich August von Hayek deutlich abhebt. Popper war m.E. der Philosoph des des sozialdemokratischen Klassenkompromisses, gewissermaßen der etwas konservativere Habermas.
Methodisch-soziologisch finde ich seinen Schüler Imre Lakatos besser als ihn. Lakatos hat Poppers Falsifikationismus ergänzt (hier ganz kurz zusammengefasst):

1. Lakatos-Kriterium:
Eine Theorie beweist ihre Gültigkeit dadurch, dass sie neue Fragen aufwirft und neue Wege zu ihrer Beantwortung bereitstellt.

2. Lakatos-Kriterium:
Eine Theorie beweist ihre Gültigkeit dadurch, dass sie einen empirischen Fortschritt zu ihren Vorläufern darstellt.

Mit Lakatos ist also m.E. Poppers Falsifikationismus nicht komplett über den Haufen geworfen, sondern einfach sinnvoll erweitert im Sinne einer gehaltvolleren Methodik.

Van