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Vollständige Version anzeigen : Selbstjustiz in Deutschland - heute: Deutscher Fußballbund ./. Robert Hoyzer



Kittycat
05.04.2008, 14:33
Es drang gestern Nachmittag aus dem Autoradio an meine enzündeten Ohren: der Deutsche Fußballbund (DFB) und "Skandalschiedsrichter" Robert Hoyzer haben sich außergerichtlich dahingehend verglichen, dass Hoyzer für das "Verpfeifen" von Pokal- und Zweitligaspielen im Auftrage der kroatischen Wettmafia Schadenersatz in Höhe von 126.000 €, zahlbar in 168 Monatsraten à 750 €, leistet. In einem streitigen Verfahren hatte der DFB satte 750.000 € fordern wollen.Das Geld, so hieß es weiter, solle in "wohltätige Zwecke" investiert werden, insbesondere im Rahmen der Jugendarbeit des DFB.

Unser Gesetzgeber hat zum Thema Schadenersatz folgendes bestimmt:


Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (§ 249 Abs. 1 BGB)

Das bedeutet - scherzhaft gesprochen ;) - dass Schadenersatz eben nicht heißt: "Du hast mir was Böses getan, und jetzt musst du mir dafür ganz viel Geld bezahlen!" Vielmehr muss der Anspruchsteller beweisen, welchen tatsächlichen Schaden der Anspruchsgegner ihm zugefügt hat, und warum der geforderte Schadenersatz nach Art und Höhe notwendig und geeignet ist, diesen Schaden zu beseitigen.

Natürlich kann der vor Gericht obsiegende Anspruchsteller ihm zugesprochenen Schadenersatz in Geld beliebig verwenden: wird mir nach einem Verkehrsunfall mit Totalschaden an meinem Fahrzeug dessen Wiederbeschaffungswert als Schadenersatz zugesprochen und von der gegnerischen Haftpflichtversicherung ausgezahlt, kann ich davon auch in den Urlaub fahren, statt mir ein neues Auto zu kaufen. Vermögensrechtlich stehe ich dadurch genau so, als wäre mein Wagen nicht verunfallt, sondern ich hätte ihn verkauft und wäre vom Erlös verreist.

Was ich mich aber nun frage ist: wo hätte der DFB ohne den Wettskandal um Hoyzer & Komplizen diese 126.000 € - oder gar die ursprünglich geforderten 750.000 € - hergenommen? Inwiefern war das Handeln des Robert Hoyzer ursächlich dafür, dass er diese Summen nach dem Wettskandal nicht mehr zur Verfügung hatte?

Es muss ernsthaft bezweifelt werden, ob der vom DFB behauptete Schadenersatzanspruch begründet war bzw. ist. Tatsächlich drängt sich der Verdacht auf, dass der DFB von Hoyzer, zusätzlich zu dessen Freiheitsstrafe, noch eine private Geldstrafe zu eigenen Gunsten abgreifen wollte. Frei nach dem Motto: "Strafe ist uns nicht Strafe genug - wir helfen nach"!

Und das nennt man Selbstjustiz. Hier wurde wohl ein zivilrechtliches Institut dazu missbraucht, persönliche Vergeltungsinteressen zu befriedigen. Prost Mahlzeit, du Land der Teutonen! Das hat dir nämlich gerade noch gefehlt...

Sauerländer
05.04.2008, 14:37
Vergeltung ist ein wesentlicher Sinn von Strafe.
Unter diesem Gesichtspunkt sehe ich kein großes Problem.

tommy3333
05.04.2008, 14:50
Dazu müsste es sich aber um eine Verurteilung zu einer Geldstrafe anstelle von Schadensersatz handeln - insofern stimme ich da Kittycat durchaus zu.

Biskra
05.04.2008, 14:52
Was ich mich aber nun frage ist: wo hätte der DFB ohne den Wettskandal um Hoyzer & Komplizen diese 126.000 € - oder gar die ursprünglich geforderten 750.000 € - hergenommen? Inwiefern war das Handeln des Robert Hoyzer ursächlich dafür, dass er diese Summen nach dem Wettskandal nicht mehr zur Verfügung hatte?

Das Image des DFB wurde durch Hoyzer beschädigt, wie sich das genau in dann später fehlenden Einnahmen wiederschlägt, ist sicherlich nicht einfach zu bemessen. Was einfach zu bemessen ist, das sind die Schiedsrichterhonorare Hoyzers, die Verfahrenskosten des DFB und die Kosten des Vergleichs zwischen DFB und dem Hamburger SV, der wegen Hoyzer aus dem DFB-Pokal flog. Und genau diese Kosten wollte der DFB gegenüber Hoyzer geltend machen und das ist rechtlich auch vollkommen in Ordnung.

Sauerländer
05.04.2008, 15:13
Dazu müsste es sich aber um eine Verurteilung zu einer Geldstrafe anstelle von Schadensersatz handeln - insofern stimme ich da Kittycat durchaus zu.
Formal gesehen würde ich dem zwar zustimmen - aber über das Formale hinausgehend halte ich das für sekundär.