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Vollständige Version anzeigen : Negatives an der Französischen Revolution?



NimmerSatt
28.03.2008, 14:02
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Puhvogel
28.03.2008, 14:31
Warum außer der La Grande Terreur?

-SG-
28.03.2008, 15:04
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Man kann es so sehen wie Du und sagen: Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Liberalismus usw. alles toll, nur die Schreckensherrschaft war blöd, hätte man auch weglassen können.

Man kann es auch wie Donoso Cortés sehen und sagen: Die Auflösung der alten monarchischen und religiösen Ordnung hat diesen Terror überhaupt erst ermöglicht, weil sie die Entscheidungskraft des Kaisers durch die Herrschaft einer willkürlich agierenden Masse ersetzte, die keine moralischen Grenzen mehr kannte, bei der das wirtschaftliche Eigeninteresse von Parteien und Individuen mehr zählt als das Gemeinwohl, bei der faule Kompromisse aus Interessenkonflikten resultieren und und und...

-jmw-
28.03.2008, 15:14
Teilweise über's Ziel hinausgeschossen, teilweise nicht weit genug gegangen.

Freiherr
28.03.2008, 15:59
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Verklärtes ideologisch beeinflußtes Geschichtsbild (Freiheit, Gleichheit, blablabla -> siehe die "böse Bastille")

leuchtender Phönix
28.03.2008, 21:28
Das sie in einer Diktatur endete.

Rheinlaender
28.03.2008, 21:54
Man kann es so sehen wie Du und sagen: Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Liberalismus usw. alles toll, nur die Schreckensherrschaft war blöd, hätte man auch weglassen können.

Die sog. Schreckensherrschaft war richtig und notwendig. Im Jahre II befand sich die republik in einer schwierigen Situation, die nur durch eine radikale Verteidigung der Republik und innen und nach aussen. Robespierre, der uebrigens ein Gegner der Todesstrafe im Allgemeinen war, sie aber als Notmassnahme als zulaessig ansah, zog daraus die Konsequenz, dass eine kurzfristige Diktatur bis zur Sicherung der Verhaeltnisse notwendig war. Die Urteile des Wohlfahrtsausschusse erhoben nie den Anspruch Recht zu sprechen, sondern waren Notmassnahen in einer Situation der extremen Bedrohung.


Man kann es auch wie Donoso Cortés sehen und sagen: Die Auflösung der alten monarchischen und religiösen Ordnung hat diesen Terror überhaupt erst ermöglicht, weil sie die Entscheidungskraft des Kaisers durch

Man mag Louis XVI sicher viel Nettes nachtraeglich nachsagen, wie dass er, im Gegensatz zu seinem Vorgaengern, ein guter Ehemann und Vater war, aber eines sicher nicht hatte: "Entscheidungskraft". Der Mann waere von seinem Character in einer buergerlichen Existenz sicher eine gute Besetzung gewesen, als Monarch war er ein Reinfall.


die Herrschaft einer willkürlich agierenden Masse ersetzte, die keine moralischen Grenzen mehr kannte, bei der das wirtschaftliche Eigeninteresse von Parteien und Individuen mehr zählt als das Gemeinwohl, bei der faule Kompromisse aus Interessenkonflikten resultieren und und und...

Sowohl Koneige und Kaiser, so ein jahrhunderte langer Erfahrungswert, kuemmern sich nur im Ausnahmefall primaer um das Gemeinwohl, sondern zunaechst um ihres, dem sie auch das Gemeinwohl unterordnen. Die Kompromisse des demokratischen Prozesse sind dem Gemeinwohl sehr viel naeher, versuchen sie doch politsche Entscheidungen so z gestalten, das sie fer alle ertraeglich sind.

Pandulf
28.03.2008, 22:41
Die Französische Revolution ist genauso wenig negativ wie Alter und Tod negativ sind. Sie gehören einfach zum Leben dazu. Ohne Abwärtsbewegung könnte es auch keine Aufwärtsbewegung geben.

-SG-
29.03.2008, 15:26
Die sog. Schreckensherrschaft war richtig und notwendig. Im Jahre II befand sich die republik in einer schwierigen Situation, die nur durch eine radikale Verteidigung der Republik und innen und nach aussen. Robespierre, der uebrigens ein Gegner der Todesstrafe im Allgemeinen war, sie aber als Notmassnahme als zulaessig ansah, zog daraus die Konsequenz, dass eine kurzfristige Diktatur bis zur Sicherung der Verhaeltnisse notwendig war. Die Urteile des Wohlfahrtsausschusse erhoben nie den Anspruch Recht zu sprechen, sondern waren Notmassnahen in einer Situation der extremen Bedrohung.



Man mag Louis XVI sicher viel Nettes nachtraeglich nachsagen, wie dass er, im Gegensatz zu seinem Vorgaengern, ein guter Ehemann und Vater war, aber eines sicher nicht hatte: "Entscheidungskraft". Der Mann waere von seinem Character in einer buergerlichen Existenz sicher eine gute Besetzung gewesen, als Monarch war er ein Reinfall.



Sowohl Koneige und Kaiser, so ein jahrhunderte langer Erfahrungswert, kuemmern sich nur im Ausnahmefall primaer um das Gemeinwohl, sondern zunaechst um ihres, dem sie auch das Gemeinwohl unterordnen. Die Kompromisse des demokratischen Prozesse sind dem Gemeinwohl sehr viel naeher, versuchen sie doch politsche Entscheidungen so z gestalten, das sie fer alle ertraeglich sind.

Dass die Schreckensherrschaft nötig war, ist ein interessantes Argument. Das setzt ja voraus, dass die Feinde der Republik nicht auf demokratischem Wege die Republik abschaffen dürfen, selbst wenn sie theoretisch eine Mehrheit hätten, dass also die Republik selbst nicht verhandelbar ist und das wenn notwendig mit diktatorischen Methoden durchgesetzt wird. Das, was wir heute als wehrhafte Demokratie bezeichnen. Nur: Woher kommt dieser "common sense", diese Nichtverhandelbarkeit der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung"? Ist das irgendwie aus der Natur des Menschen abzuleiten? Das ist es, was die Konservativen damals kritisierten. Die Repubik herrscht wenn nötig gegen die Mehrheit des Volkes, wenn diese eine andere Staatsform wünschen würde. Der Monarch herrscht "von Gottes Gnaden", die Demokraten sagen einfach: Das ist so und darüber wird nicht verhandelt, tust Du es doch, bist Du im Extremfall einen Kopf kürzer.

Dass die Monarchen Totalausfälle sein können ist natürlich ein Problem für die Monarchie, weswegen Leute wie Max Weber dann auch die Demokratie favorisierten, weil sie die besten Anführer selegieren würde.

Dass ein Kompromiss dem Gemeinwohl am nächsten kommt ist Deine Ansicht. Manche teilen diesen utilitaristischen Gedanken aber nicht, sondern sagen: Das politische Handeln muss sich an einem bestimmten Ziel orientieren und da spielt es keine Rolle was der Mehrheit gerade bequemer ist. Wenn also in einem Land 55% für Abtreibung sind, weil sie sich diese Option im Zweifelsfalle gerne offen halten würden, und 45% dagegen, weil sie es für moralisch verwerflich halten, dann findest Du hier keinen "Kompromiss". Die utilitaristische Perspektive würde dann lauten: Abtreibung legalisieren weil es der Mehrheit am besten passt. Die deontologische wäre: Die Politik identifiziert Abtreibung als gemeinwohlmindernd weil Nachwuchs verhindernd und verbietet sie, fertig aus, egal ob Hinz und Kunz jetzt nicht mehr unbesorgt rumpoppen können und daher dagegen sind.

Rheinlaender
29.03.2008, 21:35
Dass die Schreckensherrschaft nötig war, ist ein interessantes Argument. Das setzt ja voraus, dass die Feinde der Republik nicht auf demokratischem Wege die Republik abschaffen dürfen, selbst wenn sie theoretisch eine Mehrheit hätten, dass also die Republik selbst nicht verhandelbar ist und das wenn notwendig mit diktatorischen Methoden durchgesetzt wird. Das, was wir heute als wehrhafte Demokratie bezeichnen.

Die Theorie der Wehrhaften Demokratie geht tatsaechlich auf Robespierre zureuck.Man verweisst ungerne auf ihn, ist sein Name doch etwas in Verruf gekommen. Wenn man aber z. B. seine Rede zur Verurteilung von Louis XVI durchliest findet sich dort schon die Theorie der Wehrhaften Demokratie, die sich ihrer Feinde wehrt. Zu friedlicheren Zeiten mit den gemaessigten Mitteln des Rechtsstaats, zu anderen Zeiten mit radikalern Mitteln.


Nur: Woher kommt dieser "common sense", diese Nichtverhandelbarkeit der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung"? Ist das irgendwie aus der Natur des Menschen abzuleiten?

Die Freiheitlich-Demokratische Gurndordnung ist fuer einen Demokraten tatsaechlich nicht verhandelbar und muss unter allen Umstaenden verteidigt werden.

Es ist aus dem Menschenbild der Aufklaerung herleitbar, die wiederum auf antike Quellen, insbesondere die Stoiker zurueckgreift. Die freiheit jedes Einzeln steht hier im Mittelpunkt. Diese ist aber am Besten in einer liberalen Staatsordnung zu gewaehrleisten. Hinzu kommt die Erfahrung, dass demokratische Staatsordnungen fuer den Einzeln die besten Empfaltungsmoeglichkeiten bieten, sie sehr flexibel sind, um sich geaenderte gesellschaftliche Umstaende einzustellen, aber gleichzeitig einfest institutionelles Geruest bilden.


Die Repubik herrscht wenn nötig gegen die Mehrheit des Volkes, wenn diese eine andere Staatsform wünschen würde. Der Monarch herrscht "von Gottes Gnaden", die Demokraten sagen einfach: Das ist so und darüber wird nicht verhandelt, tust Du es doch, bist Du im Extremfall einen Kopf kürzer.

Am Ende ist keine Herrschaft begruendbar. Die Natur des Souveraen ist, schon rein staatsrechtlich, dass er seine Herrschaft nicht mehr ableitet, sondern aus eigenem Recht ausuebt. Der demokratische Souveraen hat sich aber durch eine Verfassung selber auf eine demokratische Ordnung verpflichtet und kann, das macht eben eine Verfassung in letzter Instanz aus, nicht mehr aus dieser ausbrechen. Die praktische Konsequenz dieses Denkens ist der sog. Ewigkeitsartikel des GG.


Dass die Monarchen Totalausfälle sein können ist natürlich ein Problem für die Monarchie, weswegen Leute wie Max Weber dann auch die Demokratie favorisierten, weil sie die besten Anführer selegieren würde.

Es werden nicht unbedingt die Besten ausgewaeht, aber bei eklatanter Unfaehigkeit wird man sie sehr schnell wieder los. Das ist Monarchen schwieriger. Ferner: Selbst das unvollkommene Auswahlsystem in Demokratien ist immer noch besser als das Geburtszufallssystem einer Monarchie, in der ein dummer Monarch schnell ein ganzes Land ruinieren konnte.

Wenn ich mir die Reihe der britishcen, bzw. engl. Monarchen seit dem Beginn der Tudorherrschaft 1487 anschaue und im Geiste einen nach dem anderen durchexerziere, so gibt es keine drei Monarchen, die ich als wirklich potenziell (oder tatsaechlich) faehige Herrscher bezeichnen wuerde und man kann fuer das Land nur froh sein, dass im 17. Jahrhundert das Parlament als kollektive Defacto-Regierung die wirkliche Macht uebernommen hat. Es hat schon seinen Grund warum wir hier seit 1686 es nicht mehr noetig hatten Revolution zu machen.


Dass ein Kompromiss dem Gemeinwohl am nächsten kommt ist Deine Ansicht. Manche teilen diesen utilitaristischen Gedanken aber nicht, sondern sagen: Das politische Handeln muss sich an einem bestimmten Ziel orientieren und da spielt es keine Rolle was der Mehrheit gerade bequemer ist.

Wer setzt dieses "bestimmte Ziel"? Diese Ziele als Gegenstand der Kompromisfindung werden wohl eher dem Wohl der Meisten entsprechen, als eine "hoehere Instanz" diese festlegt.


Die Politik identifiziert Abtreibung als gemeinwohlmindernd weil Nachwuchs verhindernd und verbietet sie, fertig aus, egal ob Hinz und Kunz jetzt nicht mehr unbesorgt rumpoppen können und daher dagegen sind.

Das Glueck und Freiheit, auch von "Hniz und Kunz" "herumzupoppen" oder auch nicht sollte doch wohl das "Ziel" sein. Wir streben nach Frieheit und Gleuck. Der Staat hat hier uns die Rahmenbedingungen zu liefern oder zumindest nur dort zu behindern, wo wir in die Freiheiten der anderen Menschen eingreifen.

-jmw-
29.03.2008, 22:51
Es ist aus dem Menschenbild der Aufklaerung herleitbar, die wiederum auf antike Quellen, insbesondere die Stoiker zurueckgreift. Die freiheit jedes Einzeln steht hier im Mittelpunkt. Diese ist aber am Besten in einer liberalen Staatsordnung zu gewaehrleisten.
Eine demokratische Staatsordnung ist nicht notwendigerweise eine liberale Staatsordnung, worauf die Liberalen hinzuweisen ja nie müde wurden.

Je weniger liberal aber der demokratische Staat, desto weniger Freiheit und, auch sehr wichtig, desto weniger Freiheit zur Unfreiheit, d.h. desto weniger Freiheit, sich an und in Gemeinschaften zu binden, dies darum, weil der immer-weniger-liberale Staat diese GRechts- und Sozialgemeinschaften verdrängt.

Sprecher
30.03.2008, 11:50
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Daß die Elsässer zu dummen Franzosenknechten geworden sind.

Osztrák-Magyar Monarchia
30.03.2008, 18:08
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Sie hat den Nationalismus erfunden.

Rheinlaender
30.03.2008, 18:36
Eine demokratische Staatsordnung ist nicht notwendigerweise eine liberale Staatsordnung, worauf die Liberalen hinzuweisen ja nie müde wurden.

Eine Mehrheit der Bevoelkerung, die z. B. ein theokraitsches Regime moechte, waere eine demokratische Staatsordnung, aber keine liberale. Das geht bis zum einem bestimmten Masse auch umgelehrt: So entwicklete sich im UK im 17. und 18. Jahrundert durchaus eine liberale Gesellschaftsordnung, aber wirklich demokratisiert wurde der Staat erst sehr viel spaeter.


Je weniger liberal aber der demokratische Staat, desto weniger Freiheit und, auch sehr wichtig, desto weniger Freiheit zur Unfreiheit, d.h. desto weniger Freiheit, sich an und in Gemeinschaften zu binden, dies darum, weil der immer-weniger-liberale Staat diese GRechts- und Sozialgemeinschaften verdrängt.

Entweder verstehe ich nicht, was Du sagen willst oder Du vermengst die Freiheit der Gesellschaft ihre Orndung bestimmen zu koennen mit dem Recht der Freiheit des Einzeln.

Atze_vor dem_Mond
30.03.2008, 18:38
..leider wurde sie nicht gründlich genug durchgeführt, so das heute wieder Tendenzen sichtbar sind, das sich eine Oberschicht etabliert, die gegen das Volk regiert.

eintiroler
30.03.2008, 18:49
...das danach Napoleon Europa so nett umgestalten wollte.

NimmerSatt
30.03.2008, 20:08
Sie hat den Nationalismus erfunden.

Wie kann es ohne eine gewollte Einheit (die Nation) eine gewollte Regierung geben?

Der frühe moderne Nationalismus und die Demokratie sind nicht zu trennen.

NimmerSatt
30.03.2008, 20:26
...das danach Napoleon Europa so nett umgestalten wollte.

Das imperialistische würde ich noch zum Negativen dazu zählen. Nachdem sich die Franzosen, wie sie meinten, befreit hatten, wollten sie auch noch ganz Europa "befreien". Das ist aber nicht nur Napoleon anzulasten, sondern auch schon Robespierre und den Jakobinern, die mehreren Monarchien den Krieg erklärten.

Rheinlaender
30.03.2008, 21:13
Das imperialistische würde ich noch zum Negativen dazu zählen. Nachdem sich die Franzosen, wie sie meinten, befreit hatten, wollten sie auch noch ganz Europa "befreien". Das ist aber nicht nur Napoleon anzulasten, sondern auch schon Robespierre und den Jakobinern, die mehreren Monarchien den Krieg erklärten.

Es gab einen Bruch etwa um 1804-06 herum - und dieser Bruch hat eine Namen: Napoleon. Waehrend man zwar z. B. aus dem Italienfeldzug auch Geld zog, hielt man sich "zurueck" und etablierte auch moderne Strukturen. D. h. die Erorberten sahen zwar die Lasten, sahen aber klare Vorteile. Spaeter wurde die eroberten Laender jedoch sehr unverschaemter ausgebeutet. Man mag sich streiten, ob sich Napoleons Character aenderte, oder er nur sein wahres Gesicht zeigte. In der Wirkung war es gleich: Die franz. Truppen wurden nicht mehr als Befreiher gesehen, wie am Rhein, sondern als Besatzer. Daher kommt es, dass fruehzeitig eroberte Laender, wie das Rheinland oder abhaenige Laender wie Baden bis zum Schluss treu zu Napoleon standen, waerend die Opposition z. B. in Preussen oder Spanien eine ganz andere breite Bewegung war.

M. Aflak
30.03.2008, 21:45
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Das Schlechte war das Ende der Jakobiner. :D

NimmerSatt
31.03.2008, 00:25
Entschuldigung, ich habe mich eben geirrt. Nicht die Jakobiner erklärten den Krieg gegen viele Monarchien, sondern die Girondisten. Als die Girondisten zu verlieren drohten, gelang es den Jakobinern die Macht zu übernehmen und den Krieg zu drehen.


Es gab einen Bruch etwa um 1804-06 herum - und dieser Bruch hat eine Namen: Napoleon. Waehrend man zwar z. B. aus dem Italienfeldzug auch Geld zog, hielt man sich "zurueck" und etablierte auch moderne Strukturen. D. h. die Erorberten sahen zwar die Lasten, sahen aber klare Vorteile. Spaeter wurde die eroberten Laender jedoch sehr unverschaemter ausgebeutet. Man mag sich streiten, ob sich Napoleons Character aenderte, oder er nur sein wahres Gesicht zeigte. In der Wirkung war es gleich: Die franz. Truppen wurden nicht mehr als Befreiher gesehen, wie am Rhein, sondern als Besatzer. Daher kommt es, dass fruehzeitig eroberte Laender, wie das Rheinland oder abhaenige Laender wie Baden bis zum Schluss treu zu Napoleon standen, waerend die Opposition z. B. in Preussen oder Spanien eine ganz andere breite Bewegung war.

Das mag ein Bruch in der Verwaltungspolitik der besetzen Länder sein, aber nicht der Bruch zwischen imperialistisch und nichtimperialistisch. Dieser war schon vorher, als sich die Girondisten sich entschlossen, nicht nur für ihr eigenes Land festzulegen, was Freiheit bedeutet, sondern es für die ganze Welt tun wollten und Kriege erklärten, nur weil andere Länder die falsche Staatsform hatten. Die Jakobiner waren im überigen auch dafür, diese Kriege zu erklären, aber sie wollten erst die Feinde im Inneren ausschalten, bevor sich sich nach außen wenden.

Rheinlaender
31.03.2008, 01:17
Das mag ein Bruch in der Verwaltungspolitik der besetzen Länder sein, aber nicht der Bruch zwischen imperialistisch und nichtimperialistisch. Dieser war schon vorher, als sich die Girondisten sich entschlossen, nicht nur für ihr eigenes Land festzulegen, was Freiheit bedeutet, sondern es für die ganze Welt tun wollten und Kriege erklärten, nur weil andere Länder die falsche Staatsform hatten.

Das ist durchaus noch aktuelle Staatsdoktrin demokratischer Staaten, die auch voll unterstuetze. Die Demokraite ist eine revolutionaere Staatsform, die den Anspruch erhebt die einzige legtime Staatsform zu sein, ansonsten ihr Herrscaftsanspruch aus der Gleichheit aller Menschen nicht begruendbar.

Es ist ein Frage der Taktik, wann und wie man nicht-demokratische Regime stuertzt, aber nicht des ob. Auch das ist ein Erbe der Franz. Revolution - nicht das schlechste.

-SG-
31.03.2008, 09:38
Die Freiheitlich-Demokratische Gurndordnung ist fuer einen Demokraten tatsaechlich nicht verhandelbar und muss unter allen Umstaenden verteidigt werden.

Es ist aus dem Menschenbild der Aufklaerung herleitbar, die wiederum auf antike Quellen, insbesondere die Stoiker zurueckgreift. Die freiheit jedes Einzeln steht hier im Mittelpunkt. Diese ist aber am Besten in einer liberalen Staatsordnung zu gewaehrleisten. Hinzu kommt die Erfahrung, dass demokratische Staatsordnungen fuer den Einzeln die besten Empfaltungsmoeglichkeiten bieten, sie sehr flexibel sind, um sich geaenderte gesellschaftliche Umstaende einzustellen, aber gleichzeitig einfest institutionelles Geruest bilden.


Welcher Quellen sich die liberale Staatsphilosophie bedient ist mir schon klar, es geht aber darum, wie sie rechtfertigt, dass ihre Quellen die „richtigen“ sind und nicht diejenigen der Andersdenkenden. Normalerweise muss der Souverän sich dafür nicht rechtfertigen. Wie Du schon schreibst, seine Herrschaft ist nicht abgeleitet. In der liberalen Demokratie, in der der Souverän das Volk ist, ensteht der staatsrechtlich grundsätzlich nicht zu rechtfertigende Widerspruch, dass der Souverän eine eingeschränkte Entscheidungsfähigkeit hat, da der Souverän sich nicht z.B. kraft seiner gesetzgebenden Gewalt in eine Aristokratie o.a. transformieren kann.

Dieses Problem hat z.B. Bismarcks Kaiserreich nicht, denn da sagt der Kaiser: Ich bin von Gottes Gnaden deutscher Kaiser und fertig. Ihr könnt einen Reichstag wählen und auch mitentscheiden aber ihr könnt das System nicht ändern, denn ich bin der Souverän und ich sage das. In der liberalen Demokratie sagt man den Leuten: Ihr seid der Souverän, aber ihr dürft das System auch nicht ändern, denn ... nunja, wir glauben, dass es für Euch das Beste ist, wenn ihr das nicht könnt. Der änderungsfeste Verfassungskern ist also der Souverän, nicht das Volk. Es gibt also einen impersonellen Souverän, der einfach irgendwie da ist. Ob das sinnvoll ist oder nicht, da kann man sich streiten, aber man sollte den Leuten dann nicht Volkssouveränität vorgaukeln.

Aber der scheinbare Widerspruch löst sich ja jetzt auf:



Der demokratische Souveraen hat sich aber durch eine Verfassung selber auf eine demokratische Ordnung verpflichtet und kann, das macht eben eine Verfassung in letzter Instanz aus, nicht mehr aus dieser ausbrechen. Die praktische Konsequenz dieses Denkens ist der sog. Ewigkeitsartikel des GG.


Du weißt wohl selbst, dass das „Ewigkeitsgebot“ nicht „ewig“ ist, da es nicht selbstreferenziell ist. Ich kann hingehen und erst 79-3 abschaffen, und danach also auch 1 und 20 ändern. So gesehen ist das Volk also doch wieder souverän.

Es gibt also keinen demokratischen Staat, welcher nicht auf legalem Wege in einen nicht-demokratischen Staat transformiert werden könnte. Art. 79 Abs. 3 ist symbolisch, aber mehr nicht.



Das Glueck und Freiheit, auch von "Hniz und Kunz" "herumzupoppen" oder auch nicht sollte doch wohl das "Ziel" sein. Wir streben nach Frieheit und Gleuck. Der Staat hat hier uns die Rahmenbedingungen zu liefern oder zumindest nur dort zu behindern, wo wir in die Freiheiten der anderen Menschen eingreifen.


Tja, siehst Du: „Wir“ streben nach Glück und Freiheit, wir, die einzelnen Menschen. Ich strebe aber auch nach Steuerfreiheit, was für das Kollektiv wiederum schlecht wäre, da öffentliche Güter nicht bereitgestellt werden könnten. Das Kollektiv strebt also nicht nach Glück und Freiheit für die Einzelnen, sondern nach Glück und Freiheit für das Kollektiv. Und der Gesamtheit ist es (in unserer heutigen Situation z.B.) dienlicher, wenn der einzelne NICHT abtreiben darf, und wenn er KEINE Steuerfreiheit besitzt, weil sonst z.B. Reproduktion und öffentliche Güter nicht in ausreichendem Maße bereitgestellt werden können.
Eine verantwortliche, zielgerichtete Führung berücksichtigt dies also, eine utilitaristische nicht, denn die würde, wenn die Mehrheit der Bürger Steuerfreiheit wünscht, dem Glück der vielen zuliebe dies durchsetzen müssen.

Osztrák-Magyar Monarchia
31.03.2008, 10:45
Wie kann es ohne eine gewollte Einheit (die Nation) eine gewollte Regierung geben?

Der frühe moderne Nationalismus und die Demokratie sind nicht zu trennen.

Die Gewollte Einheit, was ist das? Ist das auch die EU? Ist damit jeder der sagt "Ich bin Europäer" auch gleich ein Nationalist?
NEIN!!!!!!!
Denn schon die französischen Revolution sagte klar und deutlich zur Nation gehört, wer Franzose ist und alle anderen eben nicht.
Damit wurde die Nation, ähnlich wie der Antisemetismus, zum gruppendynamischen Phänomen, dass eine "Wir gegen die anderen"-Situation schuf.
Und man kann beides sehr wohl trennen. Die Vietnamesen, beispielsweise, waren sicher Nationalisten und ebenso sicher keine Demokraten.

McDuff
31.03.2008, 10:59
Die Revolution war ein reinigendes Feuer, daß letztendlich zur Grande Nation führte.

Rheinlaender
31.03.2008, 14:00
Welcher Quellen sich die liberale Staatsphilosophie bedient ist mir schon klar, es geht aber darum, wie sie rechtfertigt, dass ihre Quellen die „richtigen“ sind und nicht diejenigen der Andersdenkenden. Normalerweise muss der Souverän sich dafür nicht rechtfertigen. Wie Du schon schreibst, seine Herrschaft ist nicht abgeleitet. In der liberalen Demokratie, in der der Souverän das Volk ist, ensteht der staatsrechtlich grundsätzlich nicht zu rechtfertigende Widerspruch, dass der Souverän eine eingeschränkte Entscheidungsfähigkeit hat, da der Souverän sich nicht z.B. kraft seiner gesetzgebenden Gewalt in eine Aristokratie o.a. transformieren kann.

Das generell der Sinn einer Verfassungsbindng. In einer klassischen konstitutionellen Monarchie wird die Verfassung durch einen verfassungsgebenen Gnadenakt des Monarchen erlassen. Die staatsrechtliche Theorie ist jene, dass ein Monarch als Souveraen jedes Gesetz, Urteil etc. aufheben nach seinem Belieben, das Geben einer Verfassung nicht. Diese Frage wurde u. a. im immer wieder zu zitierende Hannoverschen Verfassungskonflikt 1837 ausfuerhlich diskutiert. Von der formalen Theorie der Entstehung einer Verfassung ist egal, ob es sich beim Souveraen um das Volk oder einen Monarchen oder sonstwas handelt.


Dieses Problem hat z.B. Bismarcks Kaiserreich nicht, denn da sagt der Kaiser: Ich bin von Gottes Gnaden deutscher Kaiser und fertig. Ihr könnt einen Reichstag wählen und auch mitentscheiden aber ihr könnt das System nicht ändern, denn ich bin der Souverän und ich sage das.

Auch in der Bismarkschen Reichsverfassung konnte der Kaiser das System nicht aendern. Das unterscheidet eine Verfassung von einem reinem staatsrechtliche Organisationsgesetz.


Du weißt wohl selbst, dass das „Ewigkeitsgebot“ nicht „ewig“ ist, da es nicht selbstreferenziell ist. Ich kann hingehen und erst 79-3 abschaffen, und danach also auch 1 und 20 ändern. So gesehen ist das Volk also doch wieder souverän.

Es gibt also keinen demokratischen Staat, welcher nicht auf legalem Wege in einen nicht-demokratischen Staat transformiert werden könnte. Art. 79 Abs. 3 ist symbolisch, aber mehr nicht.

Eine Verfassung muss auch sinngemaess ausgelegt werden. Es ist uebereinstimmende Meinung aller Verfassungsrechtler, dass der Schutz des Art. 79 (3), GG, auch auf sich selber erstreckt. Auch diese Diskussion ist nicht neu:

Die Franz. Verfassung der 3. Republik erhielt 1884 einen Artikel 8, Abs. 2: "Die republikanische Staatsform darf nicht Gegenstand eines Änderungsvorschlages sein." Es gab damals natuerlich die Frage, ob man nicht zuerst diesen Artikel wieder aufheben wuerde und dann z. B. wieder einen Napoleon oder Bourbonen auf den Thron heben. Das war insofern noch heikler, weil der Art. 79 (3) GG von der "Pouvoir constituant originaire", dem urspruenglichen Verfassung geben wurde, der Art. 8 (2) Franz. Verf. nur der "Pouvoir constituant", das der durch den urspruenglichen Verfassungsgeber eingesetzten verfassungsaendernden Gewalt, die nun hier versucht auch sich selber unwiederruflich zu binden. Es wurden damals viele Seiten Papier mit klugen Argumentationen bedruckt - Am Schluss sagte man sich, da die "Pouvoir constituant originaire" nur einmal ohne Revolution einberufen werden kann, ihre Gewalt an ""Pouvoir constituant" abtritt, diese urspruenglich gebenede Verfassungsgewalt jedoch keine Einschraenkung bezueglich der Gewalt der durch sie eingesetzten Verfassungsgebenden Gewalt vorsieht, ist diese weitergehende Ewigkeitsbindung nur auf revolutionaeren Wege aufhebbar.


Tja, siehst Du: „Wir“ streben nach Glück und Freiheit, wir, die einzelnen Menschen. Ich strebe aber auch nach Steuerfreiheit, was für das Kollektiv wiederum schlecht wäre, da öffentliche Güter nicht bereitgestellt werden könnten. Das Kollektiv strebt also nicht nach Glück und Freiheit für die Einzelnen, sondern nach Glück und Freiheit für das Kollektiv.

Das Kollektiv strebt ueberhaupt nicht. Das Kollektiv hat zunaecst auch keine Interessen. Jeder einzelne hat Interessen, strebt zu etwas. Ein Kollektiv kann erst seine gemeinsamen Interessen, die nicht anderes sind die Schnittmenge der Einzelninteressen, artikulieren wenn es sich konstituiert hat ueber Institutionen.


Und der Gesamtheit ist es (in unserer heutigen Situation z.B.) dienlicher, wenn der einzelne NICHT abtreiben darf, und wenn er KEINE Steuerfreiheit besitzt, weil sonst z.B. Reproduktion und öffentliche Güter nicht in ausreichendem Maße bereitgestellt werden können.
Eine verantwortliche, zielgerichtete Führung berücksichtigt dies also, eine utilitaristische nicht, denn die würde, wenn die Mehrheit der Bürger Steuerfreiheit wünscht, dem Glück der vielen zuliebe dies durchsetzen müssen.

Du machst hier einen Trick, den, wenn auch viel plumper, auch die sog. "Voelkischen" machen. Du erschaffts eine virituelle Person, die vom Interesse des Einzeln unterschiedene Interessen hat.

Am Beispiel der Steuern: Natuerlich mag ich keine Steuern. Lieber wuerde ich das Geld fuer mich verprassen: Wenn ich mich aber zureucklehne und zwei Minuten nachdenke, dann weiss ich, dass die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und Dienstleistungen durch Gesundheitsversorgung, Polizei, Gerichte, etc. etc. Geld kostest und ich in meiner elementaren Existenz von dem Funktionieren des Gemeinwesens abhaenge. Dies ist aber nur durch Steuern zu finanzieren. Folglich zahle ich meine Steuern - vielleicht nicht mit grosser Begeisterung, aber wissend, das dies eine Notwendigkeit ist.

Rheinlaender
31.03.2008, 14:07
Die Gewollte Einheit, was ist das? Ist das auch die EU? Ist damit jeder der sagt "Ich bin Europäer" auch gleich ein Nationalist?
NEIN!!!!!!!
Denn schon die französischen Revolution sagte klar und deutlich zur Nation gehört, wer Franzose ist und alle anderen eben nicht.

Franzose war und ist, nach revolutionaerer Rechtsauffassung, jeder der zur franz. Nation bekennt und die Werte der Revolution anerkennt. Man hatte kein Problem George Forster zu Franzosen zu machen, aber alt-adligen franz. Familien genau diese Eigenschaft abzusprechen.


Damit wurde die Nation, ähnlich wie der Antisemetismus, zum gruppendynamischen Phänomen, dass eine "Wir gegen die anderen"-Situation schuf.

Die Theorie, zumindest der Jakobiner, sah die Nation als Ideologiegemeinschaft. Die "Anderen" waren nicht so sehr die Bauern, sondern die Aristrokraten und zwar auch der franz. Adel.

Dr.Zuckerbrot
31.03.2008, 14:45
Die Demokraite ist eine revolutionaere Staatsform, die den Anspruch erhebt die einzige legtime Staatsform zu sein, ansonsten ihr Herrscaftsanspruch aus der Gleichheit aller Menschen nicht begruendbar.


Das ist zu nächst mal nicht mehr als der Anspruch, gleicher zu sein als andere.
Wenn das diskutabel sein sollte, müßte der entsprechende Mechanismus besser abgesichert sein als ein AKW. In der Realität kommt etwas dabei heraus, was noch entschieden widerwärtiger ist als Faschismus und Bolschewismus. (Kinderschänder als Sittenpolizisten). Sowas muß nun wirklich nicht sein.

-SG-
31.03.2008, 16:40
Das generell der Sinn einer Verfassungsbindng. In einer klassischen konstitutionellen Monarchie wird die Verfassung durch einen verfassungsgebenen Gnadenakt des Monarchen erlassen. Die staatsrechtliche Theorie ist jene, dass ein Monarch als Souveraen jedes Gesetz, Urteil etc. aufheben nach seinem Belieben, das Geben einer Verfassung nicht. Diese Frage wurde u. a. im immer wieder zu zitierende Hannoverschen Verfassungskonflikt 1837 ausfuerhlich diskutiert. Von der formalen Theorie der Entstehung einer Verfassung ist egal, ob es sich beim Souveraen um das Volk oder einen Monarchen oder sonstwas handelt.


Ich bin kein Fan dieser Vertragstheoretiker. Es hat weder faktisch einen "Vertrag" gegeben, noch halte ich es für begründbar, dass eine "pouvoir constituant originaire" sich für in der Lage halten kann, den verfassungsrechtlichen Rahmen für alle Anforderungen bis in alle Ewigkeit zu setzen, als eine Art deistischer Schöpfer, der sich nach der Schöpfung zurückzieht und diese ohne Souverän existiert.


Eine Verfassung muss auch sinngemaess ausgelegt werden. Es ist uebereinstimmende Meinung aller Verfassungsrechtler, dass der Schutz des Art. 79 (3), GG, auch auf sich selber erstreckt.

Nun, da kenne ich Staatsrechtler, die anderer Meinung sind. Im Übrigen - welche Institution will denn verhindern, dass eine 2/3-Mehrheit in Bundestag- und Rat den 79-3 abschafft? Das Bundesverfassungsgericht? Das legt die Verfassung lediglich aus, muss sich aber geänderten Tatsachen beugen. Im übrigen könnte die Bundestags-Minderheit von weniger als 1/3 dann keine abstrakte Normenkontrolle mehr einleiten. Also, wer dann?

Es gibt einfach keinen impersonellen Souverän in der repr. Demokratie.



Du machst hier einen Trick, den, wenn auch viel plumper, auch die sog. "Voelkischen" machen. Du erschaffts eine virituelle Person, die vom Interesse des Einzeln unterschiedene Interessen hat.

Am Beispiel der Steuern: Natuerlich mag ich keine Steuern. Lieber wuerde ich das Geld fuer mich verprassen: Wenn ich mich aber zureucklehne und zwei Minuten nachdenke, dann weiss ich, dass die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und Dienstleistungen durch Gesundheitsversorgung, Polizei, Gerichte, etc. etc. Geld kostest und ich in meiner elementaren Existenz von dem Funktionieren des Gemeinwesens abhaenge. Dies ist aber nur durch Steuern zu finanzieren. Folglich zahle ich meine Steuern - vielleicht nicht mit grosser Begeisterung, aber wissend, das dies eine Notwendigkeit ist.
Drücken wir es so aus: Derjenige, der das Kollektiv vertritt, hat andere Interessen als die Aggregation der Einzelinteressen. Die Notwendigkeit dazu haben selbst die Ökonomen seit Mancur Olson jr.s "Logic of collective action" erkannt. Für den Einzelnen mag es von Interesse sein, abtreiben zu dürfen. Für das Kollektiv mag das aber fatale Auswirkungen haben, weshalb das Kollektivinteresse hier vom einzelnen abweicht.

Und zur "virtuellen Person": Für Dich als "radikalen Liberalen" muss es schwer fallen, zu verstehen, aber Individuen sind keine Kulturträger. Oder hast Du Deine Sprache und die Normen nach denen Du im Alltag lebst selber erfunden? Und wenn es nun um z.B. deutsche Sprache oder sonstwie deutsche Kultur geht, dann ist die Kultur, das Volk oder wie auch immer man es nennen mag, tatsächlich eine Entität sui generis, ein Subjekt, das man nicht erschöpfend beschreiben kann, wenn man die Merkmale jedes Einzelnen kennt.

Rheinlaender
31.03.2008, 17:18
Ich bin kein Fan dieser Vertragstheoretiker. Es hat weder faktisch einen "Vertrag" gegeben, noch halte ich es für begründbar, dass eine "pouvoir constituant originaire" sich für in der Lage halten kann, den verfassungsrechtlichen Rahmen für alle Anforderungen bis in alle Ewigkeit zu setzen, als eine Art deistischer Schöpfer, der sich nach der Schöpfung zurückzieht und diese ohne Souverän existiert.

Der Souveraen bleibt ja bestehen - Am Beispiel der Niederlande erlauetert. Die derzeitige Verfassung wurde von Koenig Willem I 1815 erlassen aus koeniglicher Machtvollkommenheit heraus. Der Souveraen, der Monarch, besteht aber weiter. Der Souveraen, als Quelle aller staatlichen Gewalt, ist nach-wie-vor der Monarch in den Niederlanden, derzeit Koenigin Beatrix. Sein Akt des Verfassungsgebens von 1815 legitimiert die arbeit und die Machtausuebung der demokratisch bestellten regieurng, des Parlaments und der Richter. Der Monarch selber muss hier aber nicht mehr in Erscheinung treten, sondern kann die Ausuebung dauerhaft und unwideruflich delegieren ohne seine Funktion als Quelle dieser Machtausuebung zu verlieren und damit weiterhin der Souveraen bleiben.

In demokratischen Republiken ist das ganze nur noch verwirrender, da hier jeder einzlene Buerger gleichzeitig Unterthan des Souveraens ist, wie Teil des Souveraens. Gesetzt den Fall eine demoratische Republik habe sich keine Verfassung gegeben, sondern wuerde, aehnlich dem antiken Athen, in staendiger Vollversammlung des Souveraens agieren, so waere sie in ihren Entscheiungen ungebunden. In dem Moment, wo jedoch eine Verfassung erlassen wird bindet sich das Volk gegenueber sich selber - das Volk in der Gestalt des souveranen Herrschers bindet sich gegenueber dem Volk in der Gestalt der Masse der Unterthanen. Aus dieser Bindung kann sich das Volk nur durch einen revolutionaren Akt befreihen.


Nun, da kenne ich Staatsrechtler, die anderer Meinung sind. Im Übrigen - welche Institution will denn verhindern, dass eine 2/3-Mehrheit in Bundestag- und Rat den 79-3 abschafft? Das Bundesverfassungsgericht? Das legt die Verfassung lediglich aus, muss sich aber geänderten Tatsachen beugen.

Durchaus nicht - das Bundesverfassungsgericht hat auch das Recht eine Verfassungsaenderung an dem Massstab des Art 79 (3) zu messen. Gegnau das hat das BverFg in seinen Grundsatzurteil zum Art. 16a GG (Asyl) getan:

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv094049.html


Im übrigen könnte die Bundestags-Minderheit von weniger als 1/3 dann keine abstrakte Normenkontrolle mehr einleiten. Also, wer dann?

Jeder Buerger, der in seinen Grundrecht beschnitten waere.


Es gibt einfach keinen impersonellen Souverän in der repr. Demokratie.

Er tritt nur nur den Hintergund und agiert ueber die verfassten Organe.


Drücken wir es so aus: Derjenige, der das Kollektiv vertritt, hat andere Interessen als die Aggregation der Einzelinteressen. Die Notwendigkeit dazu haben selbst die Ökonomen seit Mancur Olson jr.s "Logic of collective action" erkannt. Für den Einzelnen mag es von Interesse sein, abtreiben zu dürfen. Für das Kollektiv mag das aber fatale Auswirkungen haben, weshalb das Kollektivinteresse hier vom einzelnen abweicht.

Dieses Kollektivinteresse muss sich auf die Summe der Einzelinteresse herleiten lassen.


Und zur "virtuellen Person": Für Dich als "radikalen Liberalen" muss es schwer fallen, zu verstehen, aber Individuen sind keine Kulturträger.

Wer sonst?


Oder hast Du Deine Sprache und die Normen nach denen Du im Alltag lebst selber erfunden? Und wenn es nun um z.B. deutsche Sprache oder sonstwie deutsche Kultur geht, dann ist die Kultur, das Volk oder wie auch immer man es nennen mag, tatsächlich eine Entität sui generis, ein Subjekt, das man nicht erschöpfend beschreiben kann, wenn man die Merkmale jedes Einzelnen kennt.

Doch genau das ist der Fall - was Du als nahezu metaphysische Entitaet hier vorstellst ist nicht mehr als der statistische Schnitt durch eine Gruppe.

NimmerSatt
31.03.2008, 18:14
Die Gewollte Einheit, was ist das? Ist das auch die EU? Ist damit jeder der sagt "Ich bin Europäer" auch gleich ein Nationalist?
NEIN!!!!!!!

Die gewollte Einheit ist die Einheit, die sich ein Bürger als Größe seines Staates wünscht. Ein Beispiel:
Wer Österreicher und großdeutscher Nationalist ist, für den ist die BRD zusammen mit Österreich die Nation, von der er sich wünscht, dass sie zum Staat wird. Wer Österreicher und österreichischer Nationalist ist, für den ist Österreich die Nation und er ist momentan in diesem Zusammenhang zufrieden, da Österreich als Staat existiert.

Jeder Mensch hat eine Nation, ob es jetzt Deutschland, Europa oder die Welt ist, oder keine eigene Meinung. Ein deutscher Nationalist ist auch gleichzeitig Europäer und Mensch, das kann er sich nichtmal aussuchen. Ein europäischer Nationalist aus Deutschland ist auch gleichzeitig Deutscher und Mensch, ohne dass er sich das aussuchen kann. Wenn man sagt: "Ich bin Deutscher" ist das eine Tatsache, wenn man sagt: "Meine Nation ist Deutschland" ist das eine Meinung.
Europäische Einheit und EU ist auch nicht deckungsgleich, aber das ist ein anderes Thema.


Denn schon die französischen Revolution sagte klar und deutlich zur Nation gehört, wer Franzose ist und alle anderen eben nicht.
Damit wurde die Nation, ähnlich wie der Antisemetismus, zum gruppendynamischen Phänomen, dass eine "Wir gegen die anderen"-Situation schuf.

Du unterscheidest nicht zwischen Nation und Volk. Nationalistisches und völkisches Denken ist von Grund auf verschiedenen, da das erste auf freier Entscheidung und das zweite auf Zuweisung durch Geburt basiert. Im Bezug auf die französische Revolution hat es Rheinländer schon richtig gestellt.


Und man kann beides sehr wohl trennen. Die Vietnamesen, beispielsweise, waren sicher Nationalisten und ebenso sicher keine Demokraten.

Ich sprach ja auch von dem frühen modernen Nationalismus und nicht von der weiteren Entwicklung, den der moderne Nationalismus in der Geschichte durchmachte, wodurch der Begriff immer schwammiger wurde und sich zwei nationalistische Positionen inzwischen sogar teilweise gegenseitig widersprechen können.
Die Bezeichnung "Nationalist" ist in diesem Beitrag auch auf seine anfängliche Bedeutung beschränkt zu verstehen.

Osztrák-Magyar Monarchia
01.04.2008, 12:13
Ich sprach ja auch von dem frühen modernen Nationalismus und nicht von der weiteren Entwicklung, den der moderne Nationalismus in der Geschichte durchmachte, wodurch der Begriff immer schwammiger wurde und sich zwei nationalistische Positionen inzwischen sogar teilweise gegenseitig widersprechen können.
Die Bezeichnung "Nationalist" ist in diesem Beitrag auch auf seine anfängliche Bedeutung beschränkt zu verstehen.


Und genau hier sind wir beim Thema, die gesamte nationalistische Entwicklung, die mit friderizianischen Militarismus und dem in Europa allgegenwärtigen Antisemetismus vermengt wurde und dann im 3. Reich gipfelte, ist nur möglich wegen der franz. Revolution.

Freiherr
01.04.2008, 13:16
Und genau hier sind wir beim Thema, die gesamte nationalistische Entwicklung, die mit friderizianischen Militarismus und dem in Europa allgegenwärtigen Antisemetismus vermengt wurde und dann im 3. Reich gipfelte, ist nur möglich wegen der franz. Revolution.

Wo soll Friedrich II bzw. Preußen militaristischer gewesen sein als Frankreich oder Russland? Dieser Begriff ist so schwammig, da sollte man aufpassen, wie man ihn verwendet.

Rheinlaender
01.04.2008, 15:45
Wo soll Friedrich II bzw. Preußen militaristischer gewesen sein als Frankreich oder Russland? Dieser Begriff ist so schwammig, da sollte man aufpassen, wie man ihn verwendet.

Das kann ich Dir sagen: Aufgrund der wirklich heiklen Lage Brandenurg/Pruessens (zu gross um keine Rolle zu spielen, zu klein um bei den grossen Nachbarn, Schweden, dem Zar und dem Kaiser, eine ebenbuerdige Rolle zu spielen), konnte Preussen nur ueberleben, wenn es alle gesellschaftliche Kraefte dem Militaer unterordnete. Die hohen Steuern der Stadtbevoelkerung gingen genauso ins Militaer, wie ein guter Teil der Arbetsleistung der Bauern.

Das musste so kein anderer europaeischer Staat tun, weshlab das Militaer in Preussen eine herausragende Rolle spielte, die es weder in Frankreich noch Russland, noch sonst wo spielte.

Kenshin-Himura
01.04.2008, 15:51
Was gibt es über die Französische Revolution, bis auf die Schreckensherrschaft der Jakobiner, schlechtes zu sagen?

Zum Beispiel der Spruch "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". Die Gleichheit hätte man weglassen sollen.

Gruß,

Daniel.

Rheinlaender
01.04.2008, 16:13
Zum Beispiel der Spruch "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". Die Gleichheit hätte man weglassen sollen.

Die Landfassung findest in der Allemeigemeine erklaerung der Menschenrechte von 1789 - vielleicht sagt diese Dir mehr zu:

"Art. 1. Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein

[...]

Art. 4. Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft den Genuß der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen können allein durch Gesetz festgelegt werden.

[...]

Art. 6. [...] Da alle Bürger in seinen Augen gleich sind, sind sie gleicherweise zu allen Würden, Stellungen und Beamtungen nach ihrer Fähigkeit zugelassen ohne einen anderen Unterschied als den ihrer Tugenden und ihrer Talente."

Kenshin-Himura
01.04.2008, 16:29
Die Landfassung findest in der Allemeigemeine erklaerung der Menschenrechte von 1789 - vielleicht sagt diese Dir mehr zu:


Ja, sehr viel mehr.

Gruß,

Daniel.

Dr.Zuckerbrot
01.04.2008, 18:29
Art. 4. Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft den Genuß der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen können allein durch Gesetz festgelegt werden.


Wo ist das denn aber mehr gewesen als Dummenfang á la "Keiner soll hungern oder frieren!" ? Wenn man sich die realdemokratische Geschichte bei Licht betrachtet, ist das doch billigste Reklame.

Osztrák-Magyar Monarchia
01.04.2008, 21:13
Wo soll Friedrich II bzw. Preußen militaristischer gewesen sein als Frankreich oder Russland? Dieser Begriff ist so schwammig, da sollte man aufpassen, wie man ihn verwendet.

Ich spielte damit hauptsächlich darauf an, dass,beispielsweise, er auch in zwei Nazi-Propagandafilmen herhalten musste. Sagt doch schon einiges darüber was die Nachwelt aus ihm gemacht hat.

-SG-
02.04.2008, 08:59
In demokratischen Republiken ist das ganze nur noch verwirrender, da hier jeder einzlene Buerger gleichzeitig Unterthan des Souveraens ist, wie Teil des Souveraens. Gesetzt den Fall eine demoratische Republik habe sich keine Verfassung gegeben, sondern wuerde, aehnlich dem antiken Athen, in staendiger Vollversammlung des Souveraens agieren, so waere sie in ihren Entscheiungen ungebunden. In dem Moment, wo jedoch eine Verfassung erlassen wird bindet sich das Volk gegenueber sich selber - das Volk in der Gestalt des souveranen Herrschers bindet sich gegenueber dem Volk in der Gestalt der Masse der Unterthanen. Aus dieser Bindung kann sich das Volk nur durch einen revolutionaren Akt befreihen.


Dass das Volk sowohl Souverän als auch Untergebener des Souveräns ist, ist in beiden Fällen - mit oder ohne Verfassung - der Fall. Die Verfassung stellt insofern keinen Spezielfall dar, sie ist letztlich ja lediglich ein etwas schwerer abänderbarer Gesetzestext, steht also in der "Normenpyramide" über den normalen Bundestagsgesetzen, ist aber natürlich gleichwohl abänderbar weshalb der Souverän nicht eingeschränkt ist. Eingeschränkter Souverän wäre ja ein Widerspruch in sich. Das GG sieht zwar, wie Du richtigerweise anführst, einen revolutionären Akt als Bedingung für seine Abschaffung vor, aber in der Praxis kann dieser "revolutionäre Akt" natürlich auch in Form von 2/3 der Stimmen von BT und BR erfolgen.


Durchaus nicht - das Bundesverfassungsgericht hat auch das Recht eine Verfassungsaenderung an dem Massstab des Art 79 (3) zu messen. Gegnau das hat das BverFg in seinen Grundsatzurteil zum Art. 16a GG (Asyl) getan:

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv094049.html

Selbstverständlich! Jeder Artikel des GG kann bei der Urteilsbemessung herangezogen werden. Aber nochmal: Das BVerfG legt das GG aus, aber es normt es nicht selbst! Oft genug verweist das BVerfG in einer Urteilsbegründung, dass ein Gesetz zwar verfassungswidrig ist, aber die Verfassung ja dahingehend geändert werden könne. Beispiel: 1989 führten Hamburg und Schleswig-Holstein das Ausländerwahlrecht auf Kommunalebene ein. Das BVerfG widerrief dieses als verfassungswidrig, wies aber daraufhin, dass die entsprechenden Stellen im GG vom Gesetzgeber geändert werden könnten, wie die Prozeduralordnung es eben vorschreibt. Genau dies geschah nur 3 Jahre später, als der Gesetzgeber den Absatz 3 hinzufügte: EU-Ausländer dürfen bei Kommunalwahlen wählen. Jetzt hatte das BVerfG natürlich nichts mehr in der Hand, um das als verfassungswidrig abzustempeln, denn es stand ja so in der Verfassung.

Entsprechendes gilt für den 79-3, der, wie gesagt, symbolisch ist, und dessen Abschaffung sicherlich ein großes Zeichen für antidemokratische Intention darstellen würde, weshalb es ihn letztendlich gibt - um den demokratischen Kern des GG symbolisch abzusichern. Dagegen machen, dass eine 2/3 Mehrheit ihn abändert, könnte niemand etwas. Weder das BVerfG noch medial inszenierte Empörung einiger Hochschulprofessoren.


Jeder Buerger, der in seinen Grundrecht beschnitten waere.
Du hast es nicht verstanden: Wenn der Gesetzgebung ein Grundrecht aus der Verfassung entfernt, kann kein Bürger sein verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht einklagen, wenn es dies nicht gibt. Wenn jemand herkommt und 79-3 sowie anschließend 1-20 abschaffen würde, mit was könnte das BVerfG einem klagenden Bürger recht geben? Womit könnten sie argumentieren? Darüber, dass es diese Artikel mal gab?


Er tritt nur nur den Hintergund und agiert ueber die verfassten Organe.
Wer ist "er" denn? Könntest Du mir auch die Stelle im Verfassungsgefüge der BRD zeigen, an dem steht, dass irgendjemand über die demokratisch legitimierten Verfassungsorgane "agiert"?


Doch genau das ist der Fall - was Du als nahezu metaphysische Entitaet hier vorstellst ist nicht mehr als der statistische Schnitt durch eine Gruppe.

Keine Angst, ich argumentiere hier über gar nichts metaphysisches, ein Kollektiv ist für mich eine durch und durch immanente Angelegenheit, deren Eigenständigkeit Du jedesmal erfährst, wenn Du Dir einen Modetrend anschaust, oder die Stimmung in einem Raum erfässt oder sonstwas, was nicht auf die Summe der Individuen zurückbrechbar ist.

Eine Sprache oder eine Kultur ist eben etwas, was auf kollektiver Ebene existiert und auf den einzelnen Einwirkungen hat. Du wirst in das Kollektiv geboren und es beeinflusst Dich, und Du hast Dir das allermeiste derart verinnerlicht, dass Du gar nicht mehr merkst, nach welchen Werten und Normen Du Dich im Alltag alles richtest, weil das meiste automatisiert abläuft.

Aber Du kannst auch ganz ohne eigenständige Ebene des Kollektivs argumentieren, wenn Du damit Probleme hast. Selbst wenn die Gesamtgesellschaft lediglich die Aggregation aller Einzelinteressen darstellt, braucht es trotzdem einen Entscheidungsträger, der diese Gesamtaggregation berücksichtigt, und NICHT nur aus den Einzelinteressen einen Kompromiss formt. Beispiel: Soll Zivildienst für alle Männer verpflichtend werden, egal ob sie beim Bund ausgemustert wurden? Wenn Du darüber abstimmen lässt, dann sagen die Ausgemusterten nein, die Wehrfähigen ja, die Frauen ja, die Männer nein, die Alten ja, die Jungen nein (weil sie es noch machen müssen), und jetzt haben wir also einen utilitaristischen Interessenskonflikt, während eine an dem Wohl der Gesamtgesellschaft orientierte Entscheidung über die Interessen der einzelnen hinweg eine Idee, ein Ziel implementieren würde, beispielsweise die Idee, dass jeder Schulabgänger praktische Erfahrung in der Gesellschaft erleben soll. Im parlamentarischen Interessenkonflikt ist keiner an dieser Idee interessiert, denn es geht um die Eigeninteressen, und wenn 50,4% die Idee nicht mit ihren Interessen übereinstimmbar sehen ist die Idee eben gescheitert.

NimmerSatt
02.04.2008, 22:41
Und genau hier sind wir beim Thema, die gesamte nationalistische Entwicklung, die mit friderizianischen Militarismus und dem in Europa allgegenwärtigen Antisemetismus vermengt wurde und dann im 3. Reich gipfelte, ist nur möglich wegen der franz. Revolution.

Wie kann etwas was es vor der Französischen Revolution gab nur durch sie möglich geworden sein? (Friedrich II 1712-1786; Beginn der FR 1789)

Osztrák-Magyar Monarchia
03.04.2008, 01:29
Wie kann etwas was es vor der Französischen Revolution gab nur durch sie möglich geworden sein? (Friedrich II 1712-1786; Beginn der FR 1789)

Wie ich schon anmerkte war das friderizianische nur als Synonym gemeint, weil der König einen gewissen Ruf hat. Einen Ruf der Reich im negativen geprägt hat.

NimmerSatt
05.04.2008, 01:06
Und genau hier sind wir beim Thema, die gesamte nationalistische Entwicklung, die mit friderizianischen Militarismus und dem in Europa allgegenwärtigen Antisemetismus vermengt wurde und dann im 3. Reich gipfelte, ist nur möglich wegen der franz. Revolution.

Die nationalistische Entwicklung kann von Demokraten nicht als rein negativ angesehen werden, da ihre Anfänge untrennbar von denen des Liberalismus' sind. Dass die Menschen sich neben denen, die sie regieren, auch die Grenzen ihres Staates durch Mehrheitsbeschluss aussuchen können, ist Teil dessen, was man in der Französischen Revolution unter dem Schlagwort "Freiheit" verstand.
Diese Verbindung griff in Deutschland mit der 48er Revolution zur Macht, verlor, spielte noch bis ca. 1860 eine bedeutende Rolle und versank danach in der Bedeutungslosigkeit.

Nur weil der Nationalismus später im Kaiserreich und Dritten Reich antidemokratisch wurde und dadurch seine Anfangsform verriet, bedeutet das nicht, dass der ganze Begriff eine Einbahnstraße ins Dritte Reich war (es sei denn, man vertritt die Theorie, dass alles in der Geschichte nur so passieren konnte, wie es geschehen ist).

Wenn du dich nicht als Demokrat verstehst, dann tut es mir leid, dass ich die Antwort falsch zugeschnitten habe.