Beverly
18.03.2008, 09:51
Die Selbstzerstörung der SPD scheint immer schneller voran zu schreiten und lässt ihre Klientel verwirrt, ratlos oder auch wütend zurück. "Das sind gestandene Arbeiterverräter" - mehr Worte brauch man über die Sozis nicht mehr zu verlieren.
Zugleich stehen die Grünen als linke oder volkstümliche Protest-Alternative nicht mehr zur Verfügung. Die seit 2005 andauernden Diskurse über Schwarz-Grün oder Schwarz-Grün-Gelb zeugen von ihrer Verbürgerlichung. In Hamburg ist nun Schwarz-Grün Wirklichkeit geworden.
Da stehen viele Menschen vor der Wahl, entweder die Linke oder gar nicht zu wählen. Das ergibt immerhin drei Wahlmöglichkeiten (siehe Umfrage).
Ich will nicht verhehlen, dass ich den Aufstieg der Linkspartei zur drittstärksten politischen Kraft am allerwenigsten für ihr eigenes Verdienst halte. Unter noch halbwegs normalen politischen Verhältnissen flog die PDS 2002 aus dem Bundestag. Aber was seitdem läuft, mutet oft wie eine Verschwörung der Reichen und Mächtigen, der Kapitalismus-Apologeten, Liberalen und Konservativen an, in Deutschland wieder eine linke Partei erstarken und vielleicht ganz groß werden zu lassen.
Wer im Fernsehen den Zynismus der Polit-Kasper oder das Abfeiern des gesellschaftlichen Niedergangs erlebt, wer mit Freunden und Bekannten spricht oder allen Ernstes vom Verkauf seiner Arbeitskraft leben soll, der muss früher oder später das Kotzen kriegen. Nicht die Parolen roter Umstürzler treiben die Menschen in die Resignation oder Opposition zum System, sondern das System selbst. Da feiern sich die "Gewinner" auf der Messe in einer so albernen Art und Weise, dass selbst der tendenziell Konservative nur noch den Kopf schüttelt. Da endet ein Bericht über die Leipziger Buchmesse mit der Aussage, dass die Kinder der Unterschicht vom Lesen und von der Erfahrung Buch ausgeschlossen sind.
Dann wird so lange zynisch in die Kameras gegrinst, bis man sich zur Fernbedienung in der Glotze die Totschieß-Funktion wünscht - und mangels einer solchen Funktion halt die Linke wählt. Um sich zu freuen, wenn sich die Polit-Kasper beim Wort "Linkspartei" ins Hemd machen.
Wie gesagt, all das ist am wenigsten der Verdienst der Linkspartei selbst. Da sind viele drin, die im Grunde nur die SPD unter anderem Namen fortführen wollen und nicht mit ausgewiesenen Polit-Gangstern in einer Partei sein wollen. In Berlin hat die Linkspartei.PDS wegen einer nur zu oft unrühmlichen Politik im Senat bei den letzten Wahlen mal so eben 9 Prozent verloren. Wir haben's ja, Genossen, wir können uns auch sowas leisten :D
Aber selbst in Berlin machen die Sozis noch Wahlkampf für die Linkspartei. So fragwürdig ich deren Regierungsbeteiligung halte, so richtig ist ihr Argument, dass ohne sie alles noch schlimmer wäre.
Viele Kritiker und Gegner der Linkspartei aus den Reihen der Linken sagen auch, dass sie den Weg der Grünen gehen wird: also sich korrumpieren lassen und neoliberale Politik mit durchsetzen.
Aber da sind wir an einem Punkt, wo nicht so sehr das eigene Verdienst und der eigene Weitblick der Genossen und Genossinnen sondern die Umstände und das System andere Möglichkeiten eröffnen.
Vorab muss man der Linkspartei als genuin eigenes Verdienst anrechnen, Strukturen geschaffen und Diskurse eröffnet zu haben, mit denen sich Unzufriedene und Protestwähler auffangen und binden lassen. Dass das nicht von selbst geht, beweist die NPD, der das dauerhaft nicht gelingt.
Was das Korrumpieren und den Opportunismus betrifft - selbst wenn der bei der Linkspartei so verbreitet ist wie in jeder anderen Partei auch, so stehen die roten Korrumpels vor vier kritischen Fragen:
1. Was hat mir dieses kaputte und absurde System noch zu bieten? Wenn ich meine Genossen und Wähler verrate, laufe ich dann nicht am Ende zu den Verlierern über?
2. Werden sich die von mir sitzen gelassenen Wähler nicht bei den nächsten Wahlen eine andere Partei suchen? Der Wahlzettel ist lang genug und steigt eben anstatt der Linken die APPD auf ;)
3. Ist die Art, wie die Herrschenden und ihre Kettenhunde in Politik, Wirtschaft und Medien auf die einfachen Menschen eindreschen, nicht idiotisch? Wenn ich schon der korrupte rote Apparatschik sein will, geht das nach der Devise "leben und leben lassen" nicht besser als mit so end- wie sinnlosen Verzichtspredigten.
4. Als sozialdemokratisierter Linksparteiler möchte ich im Grunde keinen neuen ideoligsch aufgeladenen, gar autoritären Sozialismus. Von Nationalsozialismus ganz zu schweigen. Aber wenn ich mich kaufen lassen, treibe ich die Menschen damit in die Arme von Extremisten, die genau das wollen?
Strafverschärfend kommt hinzu, dass die Opportunisten irgendwann darauf setzen könnten, dass die Linkspartei einen Systemwandel bewirkt und sie dann in einer wie auch immer gearteten "neuen Ordnung" die Karrieren machen, die ihnen das alte System verwehrt.
So kann die Linkspartei von den Verhältnissen dahin getrieben werden, zugleich größer und radikaler zu werden. An eine Koalition mit der SPD und den Grünen 2009 glaube ich immer weniger. Damit fällt aber auch ihr "Einbinden" und "Entzaubern" weg und die Linke kann sich weiter in der Opposition zurücklehnen.
Mir würde es auch reichen, wenn die Linke als Juniopartner der SPD mit 10-15 Prozent sich auf den offiziell angestrebten Politikwechsel beschränkt, ohne das System zu kippen. Doch dafür stehen IMHO weder SPD noch Grüne zur Verfügung - bei den SPDlern torpedieren die Rechten alle Bestrebungen, das soziale Profil zu schärfen und treiben sie lieber in den Untergang. Wenn die Linke an der Regierung keine Verbesserungen für die einfachen Menschen durchsetzen kann, soll sie lieber in der Opposition bleiben.
Wenn sich das System so einem Politikwechsel verweigert, muss halt der Systemwechsel her :rolleyes: Wenn das System eine reformistische linke Klein- oder Mittelpartei nicht akzeptiert, muss halt die große und umstürzlerische Linkspartei her X(;) !
Zugleich stehen die Grünen als linke oder volkstümliche Protest-Alternative nicht mehr zur Verfügung. Die seit 2005 andauernden Diskurse über Schwarz-Grün oder Schwarz-Grün-Gelb zeugen von ihrer Verbürgerlichung. In Hamburg ist nun Schwarz-Grün Wirklichkeit geworden.
Da stehen viele Menschen vor der Wahl, entweder die Linke oder gar nicht zu wählen. Das ergibt immerhin drei Wahlmöglichkeiten (siehe Umfrage).
Ich will nicht verhehlen, dass ich den Aufstieg der Linkspartei zur drittstärksten politischen Kraft am allerwenigsten für ihr eigenes Verdienst halte. Unter noch halbwegs normalen politischen Verhältnissen flog die PDS 2002 aus dem Bundestag. Aber was seitdem läuft, mutet oft wie eine Verschwörung der Reichen und Mächtigen, der Kapitalismus-Apologeten, Liberalen und Konservativen an, in Deutschland wieder eine linke Partei erstarken und vielleicht ganz groß werden zu lassen.
Wer im Fernsehen den Zynismus der Polit-Kasper oder das Abfeiern des gesellschaftlichen Niedergangs erlebt, wer mit Freunden und Bekannten spricht oder allen Ernstes vom Verkauf seiner Arbeitskraft leben soll, der muss früher oder später das Kotzen kriegen. Nicht die Parolen roter Umstürzler treiben die Menschen in die Resignation oder Opposition zum System, sondern das System selbst. Da feiern sich die "Gewinner" auf der Messe in einer so albernen Art und Weise, dass selbst der tendenziell Konservative nur noch den Kopf schüttelt. Da endet ein Bericht über die Leipziger Buchmesse mit der Aussage, dass die Kinder der Unterschicht vom Lesen und von der Erfahrung Buch ausgeschlossen sind.
Dann wird so lange zynisch in die Kameras gegrinst, bis man sich zur Fernbedienung in der Glotze die Totschieß-Funktion wünscht - und mangels einer solchen Funktion halt die Linke wählt. Um sich zu freuen, wenn sich die Polit-Kasper beim Wort "Linkspartei" ins Hemd machen.
Wie gesagt, all das ist am wenigsten der Verdienst der Linkspartei selbst. Da sind viele drin, die im Grunde nur die SPD unter anderem Namen fortführen wollen und nicht mit ausgewiesenen Polit-Gangstern in einer Partei sein wollen. In Berlin hat die Linkspartei.PDS wegen einer nur zu oft unrühmlichen Politik im Senat bei den letzten Wahlen mal so eben 9 Prozent verloren. Wir haben's ja, Genossen, wir können uns auch sowas leisten :D
Aber selbst in Berlin machen die Sozis noch Wahlkampf für die Linkspartei. So fragwürdig ich deren Regierungsbeteiligung halte, so richtig ist ihr Argument, dass ohne sie alles noch schlimmer wäre.
Viele Kritiker und Gegner der Linkspartei aus den Reihen der Linken sagen auch, dass sie den Weg der Grünen gehen wird: also sich korrumpieren lassen und neoliberale Politik mit durchsetzen.
Aber da sind wir an einem Punkt, wo nicht so sehr das eigene Verdienst und der eigene Weitblick der Genossen und Genossinnen sondern die Umstände und das System andere Möglichkeiten eröffnen.
Vorab muss man der Linkspartei als genuin eigenes Verdienst anrechnen, Strukturen geschaffen und Diskurse eröffnet zu haben, mit denen sich Unzufriedene und Protestwähler auffangen und binden lassen. Dass das nicht von selbst geht, beweist die NPD, der das dauerhaft nicht gelingt.
Was das Korrumpieren und den Opportunismus betrifft - selbst wenn der bei der Linkspartei so verbreitet ist wie in jeder anderen Partei auch, so stehen die roten Korrumpels vor vier kritischen Fragen:
1. Was hat mir dieses kaputte und absurde System noch zu bieten? Wenn ich meine Genossen und Wähler verrate, laufe ich dann nicht am Ende zu den Verlierern über?
2. Werden sich die von mir sitzen gelassenen Wähler nicht bei den nächsten Wahlen eine andere Partei suchen? Der Wahlzettel ist lang genug und steigt eben anstatt der Linken die APPD auf ;)
3. Ist die Art, wie die Herrschenden und ihre Kettenhunde in Politik, Wirtschaft und Medien auf die einfachen Menschen eindreschen, nicht idiotisch? Wenn ich schon der korrupte rote Apparatschik sein will, geht das nach der Devise "leben und leben lassen" nicht besser als mit so end- wie sinnlosen Verzichtspredigten.
4. Als sozialdemokratisierter Linksparteiler möchte ich im Grunde keinen neuen ideoligsch aufgeladenen, gar autoritären Sozialismus. Von Nationalsozialismus ganz zu schweigen. Aber wenn ich mich kaufen lassen, treibe ich die Menschen damit in die Arme von Extremisten, die genau das wollen?
Strafverschärfend kommt hinzu, dass die Opportunisten irgendwann darauf setzen könnten, dass die Linkspartei einen Systemwandel bewirkt und sie dann in einer wie auch immer gearteten "neuen Ordnung" die Karrieren machen, die ihnen das alte System verwehrt.
So kann die Linkspartei von den Verhältnissen dahin getrieben werden, zugleich größer und radikaler zu werden. An eine Koalition mit der SPD und den Grünen 2009 glaube ich immer weniger. Damit fällt aber auch ihr "Einbinden" und "Entzaubern" weg und die Linke kann sich weiter in der Opposition zurücklehnen.
Mir würde es auch reichen, wenn die Linke als Juniopartner der SPD mit 10-15 Prozent sich auf den offiziell angestrebten Politikwechsel beschränkt, ohne das System zu kippen. Doch dafür stehen IMHO weder SPD noch Grüne zur Verfügung - bei den SPDlern torpedieren die Rechten alle Bestrebungen, das soziale Profil zu schärfen und treiben sie lieber in den Untergang. Wenn die Linke an der Regierung keine Verbesserungen für die einfachen Menschen durchsetzen kann, soll sie lieber in der Opposition bleiben.
Wenn sich das System so einem Politikwechsel verweigert, muss halt der Systemwechsel her :rolleyes: Wenn das System eine reformistische linke Klein- oder Mittelpartei nicht akzeptiert, muss halt die große und umstürzlerische Linkspartei her X(;) !