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Vollständige Version anzeigen : "Endlösung der Menschheitsfrage v 2.0 beta" - von "Geopolitik" zur "Globalisierung"



Beverly
10.03.2008, 06:18
Vor einem Monat hatte ich in einem Berliner Science-Fiction-Klub einen recht interessanten Vortrag über "geopolitische" Science Fiction der Zeit vor 1945. Das Weltbild dieser Art Literatur, die in Deutschland recht populär war, ist recht einfach: Die Welt ist ein Ort des Ringens von Völkern, Rassen und Kontinente umfassenden Machtblöcken. So war schon damals die "gelbe Gefahr" - Japan, China - Thema. Das Individuum, seine Heimat und sein Volk sind voll und ganz in die Welt integriert - jede Art von Abschottung oder auch nur Entfernt-sein hat sich erledigt. Die "gelbe Gefahr" ist nicht 10 000 km von Deutschland entfernt, sondern sozusagen vor der Haustür. Der Held muss hinaus ziehen, um sie abzuwehren und den Schlitzaugen das Fürchten zu lehren.

George Orwell hat dann 1948 in "1984" diese geopolitischen Diskurse auf die Spitze getrieben. Die Welt ist in die Superstaaten Ozeanien, Eurasien und Ostasien aufgeteilt, die ewig im Krieg miteinander liegen.

Das Entscheidende an diesen Diskursen ist, dass die Welt als Welt, als global und von Pol zu Pol entdeckt, erforscht, erobert, beherrscht gedacht wird, aber nicht als Einheit!
Die komplett erfasste Welt ist ein Ort des ewigen Kampfes und der nicht enden wollenden und immer brutaler werdenden Kriege. Die Menschheit lebt in der "One World" so uneins und zerstritten wie vielleicht noch nie in ihrer Geschichte.
Gab es auch eine Antwort - ehrlicher - Konservativer auf diese Zustände? Oder sind die damals alle auf den Wahn vom Weltreich reingefallen?
Die Antwort der Linken hat Erich Kästner in "Konferenz der Tiere" formuliert: eine "One World" braucht eine einzige Regierung.

Fast überflüssig zu sagen, dass Parolen wie "'Volk ohne Raum" und die verhängnisvollen Bestrebungen des deutschen Imperialismus Ausfluss dieser Diskurse sind. Mit der Folge, dass sich 1945 das Volk in noch weniger Raum zusammendrängen musste.
Heute erzählen uns unsere Eliten gar, dass wir Raum ohne Volk sind. Deswegen Zuwanderung und blah blah blah.

Ich halte die Diskurse der Globalisierung, wie sie seit dem Zusammenbruch des Ostblock-Sozialismus an Fahrt gewonnen haben, nur für den Aufguss der geopolitischen Diskurse aus der Zeit vor 1945. Siehe "Kampf der Kulturen" bei Huntingdon, wo die Welt wie bei Orwell in einander befehdende kontinentale Blöcke eingeteilt wird. Die Globalisierer verteidigen den Territorialstaat mit Zähnen und Klauen und sind die erbittertsten Gegner jeder Art von Weltordnung. Zugleich ist ihr Territorialstaat - BRD, EU ... - mitsamt all seinen Untertanen voll und ganz in die "globale Wirtschaft" und die "globale Konkurrenz" geworfen. Provinznotabeln schwärmen davon, wie toll China ist und der deutsche Michel und die Michaela sollen sich immerzu an den Indern messen lassen.
Selbstverständlich ist der ganze Wahn alternativlos - aber das hat vermutlich auch A. H. von seiner Politik gesagt. Der Herr mit dem Bärtchen verfolgte schließlich auch globale Visionen ... :rolleyes: und seine heutigen Epigonen werden bei dem Vergleich wohl zetern, aber ihre Diskurse sind ebenso krank wie seine. Werden sie ebenso kranke Folgen haben?
Möglich, denn die Globalisierung negiert so ziemlich alles, was das Leben materiell und geistig lebenswert macht:

- Sozialstaat? Gibt es in Indien auch nicht
- Nationalstaat im Sinne von "jedem Volk sein Staat". Wir brauchen Migration, wir brauchen Zuwanderung egal ob in Tibet oder Deutschland.
- eine Weltordnung, globale Mindeststandards? Wir brauchen die freie, ungehemmte Konkurrenz, um den billigsten Anbieter heraus zu finden
- eine geeinte Menschheit? Wird es aus zwei Gründen nicht geben:
a. im Zeichen der Globalisierung kämpfen alle gegeneinander ums Überleben. Für Einigkeit ist da kein Platz
b. die Globalisierer verstehen sich als Teil einer so hoch über allen anderen schwebenden Elite, dass sie sich mit den anderen Menschen in keiner Weise gemein machen wollen. Der olle Fritz, selbst ein adliges A******* beschimpfte die Menschen als "Kanaillen" - das war noch ehrliche und verständliche Wut. Die Globalisierer beschimpfen ihre Mitmenschen nicht. Wäre ja auch so absurd als ob man das Brikett beschimpfen würde, das als nächstes in den Ofen wandert.

Identitätsstiftende Entitäten, egal ob partikular oder allgemein, wiee "Volk", "Nation", "Kultur", "Menschheit" werden in der Globalisierung ausgelöscht. Es sind dann immer Kürzel, um die es geht: BRD, EU, WTO, NATO ... Kunstgebilde halt ... einen Sinn macht das Ganze nicht. Die Negation einer Weltordnung bedeutet nicht die Bewahrung überkommener Völker und Kulturen, die "One Word" ist die Absage an eine technokratisch verstandene modernistische Weltordnung. Den diesbezüglichen technokratischen Zukunftsvisionen der klassischen SF folgte der Cyperpunkt als faschistoide Verherrlichung des individuellen Überlebenskampfes in einer kranken Welt.

-SG-
10.03.2008, 09:29
Die internationalistische Linke und die individualistische Rechte sind beide Globalisierungsförderer

"Governance" funktioniert nur in Nationalstaaten oder anderen ähnlichen Gebilden mit homogener Basis (national, religiös, geographisch o.a.), weder können Individuen sich selbst regieren, noch kann ein technokratisches Netzwerk aus NGOs und internationalen Organisationen die Welt regieren

cajadeahorros
10.03.2008, 09:45
Die internationalistische Linke und die individualistische Rechte sind beide Globalisierungsförderer

Nur dass es sich bei der momentanen politischen "Internationalisierung" in Wahrheit um eine wirtschaftliche Monopolisierung handelt und dass man unter "Klassenkampf" im Sinne der Linken nicht den Kampf indischer Bettler gegen deutsche Arbeislose versteht.

Die europäische Währungsunion oder die europäische Einigung ist beispielsweise im Kern durchaus "links" und selbstverständlich zu begrüßen. Führt man sie aber zwangsweise und wie geschehen durch führt sie zu den genau gegenteiligen Effekten, statt mittelfristig bspw. die völlig unterschiedlichen Volkswirtschaften Portugals und Deutschlands behutsam zusammenzuführen ließ man sie ungebremst ohne Währungspuffer aufeinanderknallen. Was dadurch passierte war auch vorab bekannt und wurde selbst von Volkswirten richtig prognostiziert: Inflation in Portugal und Arbeitslosigkeit in Deutschland.

-SG-
10.03.2008, 10:22
Nur dass es sich bei der momentanen politischen "Internationalisierung" in Wahrheit um eine wirtschaftliche Monopolisierung handelt und dass man unter "Klassenkampf" im Sinne der Linken nicht den Kampf indischer Bettler gegen deutsche Arbeislose versteht.

Die europäische Währungsunion oder die europäische Einigung ist beispielsweise im Kern durchaus "links" und selbstverständlich zu begrüßen. Führt man sie aber zwangsweise und wie geschehen durch führt sie zu den genau gegenteiligen Effekten, statt mittelfristig bspw. die völlig unterschiedlichen Volkswirtschaften Portugals und Deutschlands behutsam zusammenzuführen ließ man sie ungebremst ohne Währungspuffer aufeinanderknallen. Was dadurch passierte war auch vorab bekannt und wurde selbst von Volkswirten richtig prognostiziert: Inflation in Portugal und Arbeitslosigkeit in Deutschland.

Natürlich, die Globalisierung würde anders ablaufen, wenn die "Linke" sie steuern würde, als die Wirtschaftsliberalen. Hinauslaufen würde es aber auf das Gleiche, nämlich die Entwertung der Nationalstaaten. Diese sind aber die einzige legitime Regierungsinstanz, die einer demokratischen Idee entsprechen kann. Wenn der demos die ganze Menschheit umfassen soll, hätte das auf dem Papier die Marginalisierung der Völker und Kulturen zur Folge. In der Praxis lassen diese sich aber nicht marginalisieren, was also massive Konflikte innerhalb eines solchen Projekts zur Folge hat. Das sehen wir heute in den Kunststaaten Afrikas, das sahen wir in der SU und in Jugoslawien, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich das in mittlerer Zukunft ändert.

dZUG
10.03.2008, 11:06
Bervley erst mal Danke für deine Zusammenfassung.

Ich denke wenn die Energie zu teuer wird, ist es Schluss mit
der Globalisierung.
Außer natürlich wenn die riesen Ozeantanker doch mit riesen Segeln fahren können.
Es wird sich das Leben vom Landesinnere an die Küste verlagern.
Die Menschenschwemme, wird dann auf natürliche Weise wieder auf ein gesundes Mass schrumpfen. Wer hätte vor hundert Jahren gedacht das der medizinische Fortschritt in Afrika so eine Bevölkerungsexplosion verursacht.
Vor 100 Jahren war Jeder 2 Mensch ein Europäer oder Amerikaner.
Ich bin kein Menschenhasser aber wenn die Resourcen knapp werden, möchte ich
schon im Grab liegen. Dann werden sie alle wie die Fliegen über uns herfallen.
Hoffentlich wird der Sprit langsam und schmerzlos teuer, damit es nicht auffällt das er weg ist. :D

Sauerländer
10.03.2008, 11:09
(...)folgte der Cyperpunkt als faschistoide Verherrlichung des individuellen Überlebenskampfes in einer kranken Welt.
Zum Rest werde ich auch noch was sagen, deshalb nur kurz hierzu:
Cyberpunk verherrlicht doch nicht die Zustände, die er beschreibt, ganz im Gegenteil, in aller Regel ist der doch ganz bewusst dystopisch angelegt und zeigt Menschen, die in einer nur noch Abscheu erregenden Welt in Permanenz in der einen oder anderen Weise um ihre Existenz zu fürchten haben, ohne dass noch irgendwelche Ideale vorhanden wären, die das irgendwie transzendieren, diesem Ringen irgendeinen Sinn verleihen würde.

leuchtender Phönix
10.03.2008, 19:28
Bervley erst mal Danke für deine Zusammenfassung.

Ich denke wenn die Energie zu teuer wird, ist es Schluss mit
der Globalisierung.
Außer natürlich wenn die riesen Ozeantanker doch mit riesen Segeln fahren können.

Globalisierung ist weit mehr als weltweiter Handel. Das betrifft nicht nur austausch von Gütern, sondern auch von Ideen und Informationen. Vor allem über das Internet.

Z.B. dieses Forum. Hier können menschen miteinander diskutieren, die auf der Welt verstreut sind.


Es wird sich das Leben vom Landesinnere an die Küste verlagern.
Die Menschenschwemme, wird dann auf natürliche Weise wieder auf ein gesundes Mass schrumpfen. Wer hätte vor hundert Jahren gedacht das der medizinische Fortschritt in Afrika so eine Bevölkerungsexplosion verursacht.

bestimmt kaum einer.


Vor 100 Jahren war Jeder 2 Mensch ein Europäer oder Amerikaner.

Ist zu hoch angesetzt.


Ich bin kein Menschenhasser aber wenn die Resourcen knapp werden, möchte ich schon im Grab liegen. Dann werden sie alle wie die Fliegen über uns herfallen. Hoffentlich wird der Sprit langsam und schmerzlos teuer, damit es nicht auffällt das er weg ist. :D

Der Sprit wird (relativ) langsam teurer. Öl geht ja nicht von einem auf den anderen Tag aus.

dZUG
10.03.2008, 19:51
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Ist zu hoch angesetzt.
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Hat nicht erst die Bundeskanzlerin in den Nachrichten oder im sonstigen GEZ-Medien
gesagt das vor 100 Jahren jeder 2 Europäer war? (es könnte auch jeder 4. gewesen sein)
Ich bin mir sicher sie hat jeder 2 gesagt. Das ist Globalisierung, wenn die Hungerleider auf der ganzen Welt was vom Kuchen abbekommen wollen. ;)

leuchtender Phönix
11.03.2008, 20:09
Hat nicht erst die Bundeskanzlerin in den Nachrichten oder im sonstigen GEZ-Medien
gesagt das vor 100 Jahren jeder 2 Europäer war? (es könnte auch jeder 4. gewesen sein)
Ich bin mir sicher sie hat jeder 2 gesagt.

Ich habe eine Quelle gefunden. Und kam bei Europa+Amerika auf rund ein Drittel.

http://www.statistik.nuernberg.de/stat_inf/VJ/vj200101_1.htm



Das ist Globalisierung, wenn die Hungerleider auf der ganzen Welt was vom Kuchen abbekommen wollen. ;)

Das ist Entwicklungshilfe. Menschen die arm sind, können keinen Vorteil aus internationalem Handel ziehen. Leuten ohne Bildung bringt Informationsaustausch nichts.