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Vollständige Version anzeigen : Die Funktion des Faschismus im Klassenkampf



Lichtblau
05.03.2008, 14:34
Die Funktion des Faschismus im Klassenkampf

Mit der Oktoberrevolution von 1917 in Russland und der Novemberrevolution 1918 in Deutschland wurde die Arbeiterbewegung zu einer ernsten Gefahr für die besitzende Klasse.
Um ihre Klassenposition zu sichern hat die besitzende Klasse 2 Mittel. Zum einen den reinen Terror und Zwang und zum anderen die ideologische Manipulation. Die viel geschicktere Methode ist die geistige Manipulation der Massen.
Gebraucht wurde eine Gegenideologie zur Ideologie der Arbeiterklasse, die den Klassengegensatz verschleiern konnte, um die Arbeiter vom Kampf abzuhalten. Diese Ideologie fand man in der faschistischen Ideologie die vor allem aus Nationalismus und Antisemitismus bestand. Der Nationalismus, der die Nation extrem übersteigert, ist die große Antithese zum Marxismus, in dem er die Welt nicht in Klassen sondern in Nationen einteilt. Er dient der Verschleierung des Klassengegensatzes indem er das Klassenbewusstsein zerstört. Er ersetzt den Antagonismus Arbeiter-Kapitalist durch den Antagonismus Nation-Jude. Die Juden, die man „Blutsauer“, “Würger“ und „Parasiten“ nannte wurden als Volksfremde anstelle der Kapitalisten, für Armut, Ausbeutung und Kriege verantwortlich gemacht. Zudem hat er eine gesellschaftliche Integrationsfunktion in dem er ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Ausbeuter und Ausgebeuteten schafft, diese Funktion führte zur Propaganda von der „Volksgemeinschaft“.
Die Führer der NSDAP hatten das Bedürfnis der herrschenden Klasse, die faschistische Ideologie in die Arbeiterschaft zu tragen, klar erkannt und sahen darin eine Aufstiegschance. Deswegen umwarb die NSDAP, die sich sozialistisch und Arbeiterpartei nannte hauptsächlich die Arbeiter.

Hier einige Zitate zum Beweis dieser These:


Der Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Lokomotivenfabrikant Ernst von Borsig, der die NSDAP schon seit 1922 finanzierte, schrieb am 12. März 1927 im Berliner Tageblatt:

Ich glaube in Hitler einen Mann gefunden zu haben, der „dazu beitragen könne, durch die von ihm ins Leben gerufene Bewegung die Kluft zwischen den verschiedenen Volksschichten, insbesondere durch Wiederbelebung der nationalen Gesinnung der Arbeiterschaft, zu überbrücken.“(1)



1923 schrieben die Großindustriellen Albert Vögler (ab 1926 Generaldirektor des größten europäischen Stahlkonzerns Vereinigte Stahlwerke) und Fritz Springorum an den bayrischen Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr, wie Kahr in seinen Erinnerungen schreibt:

sie „stünden Hitler, der mit seiner Bewegung eine Bresche in die sozialdemokratische Arbeiterschaft geschlagen habe, sympathisch gegenüber, hätten ihn auch wiederholt geldlich unterstützt, aber er dürfe keine Dummheiten machen.“(2)



Auf die Frage nach dem Grund seiner Unterstützung für die NSDAP antwortete ein großer Industrieller dem Jungkonservativen Edgar Julius Jung:

„Weil Hitler der Einzige ist, der den deutschen Arbeiter übers Ohr haut.“(3)



Ein anderer Großindustrieller der die NSDAP finanzierte, der größte Kohleindustrielle Emil Kirdorf schrieb 1937 über Hitler:

„Vor allem befreite er uns von dem mörderischen Klassenkampf. Der ganz große Gewinn im Innern ist in der Wiedererstehung und Wiedererstarkung der Volksgemeinschaft zu erblicken.“(4)



Auch die ausländische Bourgeoisie war vom deutschen Faschismus begeistert, so berichtet Hitlers Dolmetscher Paul Schmidt in seinen Erinnerungen vom Nürnberger Parteitag 1936:

„Für mich war der Aufenthalt in diesem Hotel besonders anstrengend, weil ich auf sehr viele Engländer und Franzosen stieß, die sich vor Begeisterung über Hitler kaum zu lassen wussten […] Was sollte ich z.B. jener französischen Adligen sagen, die in höchsten Tönen von Adolf Hitler und seiner braunen Gefolgschaft schwärmte, oder was sollte ich jenen Engländern antworten, die sich ganz offen einen Hitler wünschten, um ihre Arbeiter in England in Ordnung zu halten.“(5)



1943 notierte der Diplomat und Vorstandsmitglied des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages Ulrich Hassell in seinem Tagebuch:

"Der Generaldirektor Loeser [Direktor bei Krupp], ein kluger klarblickender Mann, erzählte neulich bei Popitz, die führenden Leute, an der Spitze natürlich der servile Krupp-Bohlen und der kaltschnäutzig egoistische Zangen [Leiter der Reichsgruppe Industrie] ständen beide Hitler, weil sie glaubten, auf diese Weise gut zu verdienen und die Arbeiter an der Leine zu halten."(6)


Quellen:

(1) Henry Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, Berlin 1985, S. 70 f
(2) Georg Franz-Willing, Ursprung der Hitlerbewegung 1919-1922, Preußisch Oldendorf 1974, S. 288
(3) Joachim Petzold, Wegbereiter des deutschen Faschismus, Die Jungkonservativen in der Weimarer Republik, Köln 1983, S. 239
(4) Dieter Halfmann, Der Anteil der Industrie und Banken an der faschistischen Innenpolitik, Köln 1974, S. 18
(5) Paul Schmidt, Statist auf diplomatischer Bühne, Bonn 1949, S. 368
(6) Friedrich Gaertringen (Hrsg.), Die Hassell-Tagebücher 1938-1944, Aufzeichnungen vom Andern Deutschland, Berlin 1989, S. 351



Siehe auch:
Die Funktion des Nationalismus
http://www.politikforen.net/showthread.php?p=1296924

Sauerländer
05.03.2008, 15:05
Eine Funktion des Faschismus im Hinblick auf den kommunistisch angenommenen und interpretierten Klassenkampf kann man natürlich in der Verhinderung des Kommunismus bzw in der Entscheidung dieses Kampfes zugunsten der Besitzenden sehen.
Damit könnte gegebenenfalls die Motivation führender Ideologen des Faschismus erklärt werden.
Aber auch dann bleibt eine ganz wesentliche Frage unbeantwortet:
Warum haben sich so viele Menschen durch diese Bewegung ansprechen lassen, die -kommunistisch gesehen- ein objektives Interesse hätten haben müssen, den Klassenkampf an der Seite der kommunistischen Partei zu führen, da sie nicht zu den Wenigen mit Eigentum an den Produktionsmitteln gehören?
Selbst wenn man (was ein wenig billig wäre) annimmt, all diese Fälle seien nur auf Täuschung und Manipulation zurückzuführen, erklärt das nicht, woher die Bereitschaft stammt, sich manipulieren zu lassen, will sagen auf bestimmte faschistische Parolen positiv zu reagieren.

Mag die Erklärung darin liegen, dass der Kommunismus bestimmte Bedürfnisse einfach nicht zu befriedigen in der Lage war?
Dass möglicherweise gar eine breite Schicht von Menschen existiert hat, die schlicht nicht bereit war, einzusehen, sich im Gegensatz Bourgeosie/Proleriat zu verorten, weil sie sich weder im einen noch im anderen sahen?
Dass der materialistische Progressivismus so manchem einfach nichts gesagt hat (und es auch heute nicht tut) ?


Eine eventuelle objektive Funktion des Faschismus im Rahmen des von ihm als absolut gesetzten Klassenkampfes kann der Kommunismus erklären.
Was er bislang nicht erklärt hat, ist der Geist, aus dem der Faschismus nicht seine Anführer, sondern seine vielen, vielen Anhänger schöpfte.

Und das ist kein Zufall, denn täte er es, müsste er zwar keineswegs alle, aber doch einige seiner Grundannahmen zur Disposition stellen.

cajadeahorros
05.03.2008, 15:11
Eine Funktion des Faschismus im Hinblick auf den kommunistisch angenommenen und interpretierten Klassenkampf kann man natürlich in der Verhinderung des Kommunismus bzw in der Entscheidung dieses Kampfes zugunsten der Besitzenden sehen.
Damit könnte gegebenenfalls die Motivation führender Ideologen des Faschismus erklärt werden.
Aber auch dann bleibt eine ganz wesentliche Frage unbeantwortet:
Warum haben sich so viele Menschen durch diese Bewegung ansprechen lassen, die -kommunistisch gesehen- ein objektives Interesse hätten haben müssen, den Klassenkampf an der Seite der kommunistischen Partei zu führen, da sie nicht zu den Wenigen mit Eigentum an den Produktionsmitteln gehören?
Selbst wenn man (was ein wenig billig wäre) annimmt, all diese Fälle seien nur auf Täuschung und Manipulation zurückzuführen, erklärt das nicht, woher die Bereitschaft stammt, sich manipulieren zu lassen, will sagen auf bestimmte faschistische Parolen positiv zu reagieren.

Der später leider im erzwungenen Exil durchgedrehte Wilhelm Reich hat hier das entsprechende Standardwerk geschrieben, "Die Massenpsychologie des Faschismus".

Oder man nimmt wieder das gestern von mir bereits angeführte Hundegleichnis: Herrchen böse ist nicht gut, Herrchen weg ist für das durchschnittliche Rudeltier aber wesentlich schlimmer. Du kannst einen Hund schlagen, einen Knochen später ist er versöhnt. Aber du darfst ihn nicht allein lassen.

Sauerländer
05.03.2008, 15:14
Der später leider im erzwungenen Exil durchgedrehte Wilhelm Reich hat hier das entsprechende Standardwerk geschrieben, "Die Massenpsychologie des Faschismus".

Oder man nimmt wieder das gestern von mir bereits angeführte Hundegleichnis: Herrchen böse ist nicht gut, Herrchen weg ist für das durchschnittliche Rudeltier aber wesentlich schlimmer. Du kannst einen Hund schlagen, einen Knochen später ist er versöhnt. Aber du darfst ihn nicht allein lassen.
Wenn die Masse der Hunde ein Herrchen braucht und will - hat sie dann nicht das Recht auf ein Herrchen?

cajadeahorros
05.03.2008, 15:51
Da man für das Herrchen nicht immer garantieren kann wäre es besser sie würden lernen alleine auszukommen.

Sauerländer
05.03.2008, 15:56
Da man für das Herrchen nicht immer garantieren kann wäre es besser sie würden lernen alleine auszukommen.
Das ist bislang jedesmal so abgelaufen, dass man sie überzeugen wollte, sie bräuchten kein Herrchen. Viele waren nicht überzeugt. Man insistierte. Viele waren anderer Ansicht. Man begann, sie erziehen zu wollen. Sie wollten nicht. Man begann zu drohen. Sie wurden widerwillig. Man prügelte ihnen unter Einsatz aller erreichbaren Schlaggegenstände ein, sie - bräuchten - verdammtnocheins- kein - Herrchen!
Sie waren glücklich, denn jetzt hatten sie offenkundig wieder eins. :rolleyes:


Wer will sich anmaßen, über diese Mentalität zu urteilen?

cajadeahorros
05.03.2008, 18:22
Das ist bislang jedesmal so abgelaufen, dass man sie überzeugen wollte, sie bräuchten kein Herrchen. Viele waren nicht überzeugt. Man insistierte. Viele waren anderer Ansicht. Man begann, sie erziehen zu wollen. Sie wollten nicht. Man begann zu drohen. Sie wurden widerwillig. Man prügelte ihnen unter Einsatz aller erreichbaren Schlaggegenstände ein, sie - bräuchten - verdammtnocheins- kein - Herrchen!
Sie waren glücklich, denn jetzt hatten sie offenkundig wieder eins. :rolleyes:


Wer will sich anmaßen, über diese Mentalität zu urteilen?

Ein ungelöstes Problem der Menschheit. Es gibt vermutlich zuwenige die das "geduldige Aufklären" der Massen wirklich durchhalten ohne irgendwann zu sagen "wer nicht will der hat schon".

Das war ja der eigentliche Untergang der russischen Revolution, der Tag an dem die vom Bürgerkrieg und Revolution dezimierten Bolschewiken und zehntausende von erst nach deren Sieg zur KP gestoßenen Opportunisten den Weg des geringsten Widerstandes gingen und unter der Führung des Genossen Stalin das enteignete Volksvermögen lieber unter sich als unter den Bürgern verteilten.

Sauerländer
05.03.2008, 18:38
Ein ungelöstes Problem der Menschheit. Es gibt vermutlich zuwenige die das "geduldige Aufklären" der Massen wirklich durchhalten ohne irgendwann zu sagen "wer nicht will der hat schon".
Das entscheidendere Problem liegt im Paradoxon, Freiheit gegen den Willen der zu Befreienden zu etablieren, also Freiheit auf der Basis von Unfreiheit zu erzwingen und damit sein eigenes Anliegen zu widerlegen bzw den "Gegner" durch den eigenen Sieg zu bestätigen.
Wenn es nur darum ginge, "geduldiges Aufklären durchzuhalten, wäre die Problemstellung eine andere, nämlich eine durch ausreichend guten Willen aufzulösende.

Das war ja der eigentliche Untergang der russischen Revolution, der Tag an dem die vom Bürgerkrieg und Revolution dezimierten Bolschewiken und zehntausende von erst nach deren Sieg zur KP gestoßenen Opportunisten den Weg des geringsten Widerstandes gingen und unter der Führung des Genossen Stalin das enteignete Volksvermögen lieber unter sich als unter den Bürgern verteilten.
Der eigentliche Tod der Revolution lag in ihr selbst beschlossen, insofern sie selbst erst (mit Gewalt) quasikapitalisitsche Verhältnisse herstellen musste, die sie theoretisch ja bereits voraussetzen musste. So dass sie -danach- im Grunde eine zweite Revolution gegen sich selbst hätte führen müssen. Wie aber hätte das irgendjemand, geschweige denn der einfache russische Arbeiter oder vielmehr noch Bauer begreifen sollen?

Achsel-des-Bloeden
05.03.2008, 18:43
Alleine schon den altbackenen Begriff "Klassenkampf" finde ich geil.
Die kommunistisch- chineschische Klasse der Lohnsklaven im Kampf gegen die Klasse der wohlgenährten Proletarier im "alten" Europa.

-jmw-
05.03.2008, 19:08
Ich träume von einer Welt, in der nur noch der Faschismus Faschismus genannt wird...

Sauerländer
05.03.2008, 19:13
Ich träume von einer Welt, in der nur noch der Faschismus Faschismus genannt wird...
Und wie nennen wir dann die Kategorie von Bewegungen, zu der Mussolini, Hitler, Franco, Mosley und Konsorten gehören?
Oder bestreiten wir grundsätzlich die Sinnhaftigkeit einer solchen kategorialen Zuordnung?

Lichtblau
05.03.2008, 22:04
Eine Funktion des Faschismus im Hinblick auf den kommunistisch angenommenen und interpretierten Klassenkampf kann man natürlich in der Verhinderung des Kommunismus bzw in der Entscheidung dieses Kampfes zugunsten der Besitzenden sehen.
Damit könnte gegebenenfalls die Motivation führender Ideologen des Faschismus erklärt werden.
Aber auch dann bleibt eine ganz wesentliche Frage unbeantwortet:
Warum haben sich so viele Menschen durch diese Bewegung ansprechen lassen, die -kommunistisch gesehen- ein objektives Interesse hätten haben müssen, den Klassenkampf an der Seite der kommunistischen Partei zu führen, da sie nicht zu den Wenigen mit Eigentum an den Produktionsmitteln gehören?
Selbst wenn man (was ein wenig billig wäre) annimmt, all diese Fälle seien nur auf Täuschung und Manipulation zurückzuführen, erklärt das nicht, woher die Bereitschaft stammt, sich manipulieren zu lassen, will sagen auf bestimmte faschistische Parolen positiv zu reagieren.

Mag die Erklärung darin liegen, dass der Kommunismus bestimmte Bedürfnisse einfach nicht zu befriedigen in der Lage war?
Dass möglicherweise gar eine breite Schicht von Menschen existiert hat, die schlicht nicht bereit war, einzusehen, sich im Gegensatz Bourgeosie/Proleriat zu verorten, weil sie sich weder im einen noch im anderen sahen?
Dass der materialistische Progressivismus so manchem einfach nichts gesagt hat (und es auch heute nicht tut) ?


Eine eventuelle objektive Funktion des Faschismus im Rahmen des von ihm als absolut gesetzten Klassenkampfes kann der Kommunismus erklären.
Was er bislang nicht erklärt hat, ist der Geist, aus dem der Faschismus nicht seine Anführer, sondern seine vielen, vielen Anhänger schöpfte.

Und das ist kein Zufall, denn täte er es, müsste er zwar keineswegs alle, aber doch einige seiner Grundannahmen zur Disposition stellen.

Vollkommen richtig. Psychologisch scheint mir die faschistische Ideologie auf dem Selbstwertgefühl, einem Gemeinschaftsgefühl und einen von Natur aus gegebenen Freund/Feind-Denken zu basieren.

cajadeahorros
05.03.2008, 23:22
Der eigentliche Tod der Revolution lag in ihr selbst beschlossen, insofern sie selbst erst (mit Gewalt) quasikapitalisitsche Verhältnisse herstellen musste, die sie theoretisch ja bereits voraussetzen musste. So dass sie -danach- im Grunde eine zweite Revolution gegen sich selbst hätte führen müssen. Wie aber hätte das irgendjemand, geschweige denn der einfache russische Arbeiter oder vielmehr noch Bauer begreifen sollen?

Bei diesem Problem halte ich es ausnahmsweise mit dem Reaktionär Caesar: Wenn Recht gebrochen wird so sei das Ziel ein Königreich, sonst sollst du achten das Gesetz (Caesar zitiert hier irgendeinen Griechen aber ich hab jetzt keinen Bock den Namen nachzuschlagen). Oder, wie einige echte 68er einmal sagten: "Ihr habt Scheu vor der Gewalt aber die Bullen wenden sie an".

Man darf, wenn man eine wirkliche, das größtmögliche Glück der größten Zahl herstellende Revolution anstrebt, gelegentlich nicht zimperlich sein. Womit wir wieder, wie unten schon gesagt, beim ungelösten Problem der Menschheit wären: Wo findet man eine ausreichend große Zahl intelligenter, geschulter, absolut altruistischer aber dennoch kompromissloser Revolutionäre?

-jmw-
06.03.2008, 11:09
Und wie nennen wir dann die Kategorie von Bewegungen, zu der Mussolini, Hitler, Franco, Mosley und Konsorten gehören?
Oder bestreiten wir grundsätzlich die Sinnhaftigkeit einer solchen kategorialen Zuordnung?
Ey, Alda, hab isch vorlesungsfreie Zeit oda was? :)

Aber ernsthaft:
Nein, die Sinnhaftigkeit einer Kategorialisierung bestreite ich sicher nicht.
Allein, die Probleme, die dieser Versuch mit sich bringt, werden mE schon deutlich bei den Namen Hitler und Franco: Deren Gemeinsamkeiten waren ja nun nicht gerade viele.

Der Rest teilt zwar einiges in seinen Hauptströmungen: antiliberal; antitraditionalistisch; populistisch, aber nicht demokratisch; Neigungen zu Technokratie und Modernismus, gerne aber auch mal das Gegenteil (Nazis: Bauerntum) usw. usw.;
aber das auf einen Begriff zu bringen?
Puh...
Mal gucken, vielleicht kommt mir ja eine Erleuchtung bis heute Abend.

Oder haste selber 'ne Idee?

Lichtblau
23.03.2008, 17:18
Ich träume von einer Welt, in der nur noch der Faschismus Faschismus genannt wird...

Der Begriff "Nationalsozialismus" dient in der bürgerlichen Geschichtsschreibung dazu, den Faschismus in Deutschland als eine einmalige Erscheinung hinzustellen um so den Klassencharakter des Faschismus zu verschleiern.

leuchtender Phönix
23.03.2008, 17:44
Der Begriff "Nationalsozialismus" dient in der bürgerlichen Geschichtsschreibung dazu, den Faschismus in Deutschland als eine einmalige Erscheinung hinzustellen um so den Klassencharakter des Faschismus zu verschleiern.

Der kommt wohl eher von der Bezeichnung der Partei NSDAP (National-Sozialistische-Deutsche-Arbeiterpartei) und deren Ziel (nationaler Sozialismus).

Nationalismus+Sozialismus=Nationalsozialismus.

Was ist Klassencharakter des Faschismus?

Lichtblau
23.03.2008, 17:59
Der kommt wohl eher von der Bezeichnung der Partei NSDAP (National-Sozialistische-Deutsche-Arbeiterpartei) und deren Ziel (nationaler Sozialismus).

Eine Propagandabezeichnung eignet sich nicht als wissenschaftlicher Begriff, für eine allgemeine Erscheinung im Europa der dreissiger Jahre.


Was ist Klassencharakter des Faschismus?

Wenn man von der marxschen Klassenanalyse der Gesellschaft ausgeht, ist die kommunistische Bewegung die Bewegung der Arbeiterklasse und die faschistische Bewegung, die Gegenbewegung der herrschenden oberen Klasse.

-jmw-
23.03.2008, 18:46
Der Begriff "Nationalsozialismus" dient in der bürgerlichen Geschichtsschreibung dazu, den Faschismus in Deutschland als eine einmalige Erscheinung hinzustellen um so den Klassencharakter des Faschismus zu verschleiern.
Der italienische Faschismus war zwar keine einmalige Erscheinung, will sagen: Er mag sich durchaus wiederholen irgendwann;
aber er war eine Erscheinung, die über Italien hinausgriff nur nach Iberien, Ostmittel- und Südosteuropa.
Ohne Zweifel war der NS dem Faschismus ähnlich, ebenso anderen Regimen dieser Zeit (Portugal, Spanien, Japan, Litauen...), aber es gibt auch deutliche Unterschiede, beispielsweise in den Ansichten über die Bedeutung von Staat, Volkstum, Rasse in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Lichtblau
06.05.2008, 21:21
Ich habe wieder ein nettes Zitat gefunden:

Der Generaldirektor und Mitglied des Präsidiums des Reichsverbands der Deutschen Industrie(RDI) Albert Vögler in einer Rede auf einer Tagung des RDI im März 1924:

„In den kommenden schweren Zeiten müssen unsere Arbeiter und Angestellten fest zu ihren Betrieben halten. Sie müssen und werden zu der Überzeugung kommen, dass in der Privatwirtschaft auch für sie die ertragreichste Wirtschaftsform gebildet ist. Es muß unsere Aufgabe sein, die Arbeiterschaft wieder mit nationalen Geiste zu erfüllen. Die Auseinandersetzungen über Lohn- und Tariffragen werden bleiben. Aber sind sie beendet, dann wollen wir uns finden im gemeinsamen nationalen Denken.“

Quelle: Veröffentlichungen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Heft 21, April 1924, S. 38

Vögler wurde zu einem der eifrigsten Förderer Hitlers.

Damit beweist sich immer mehr das der Nationalismus eine Ideologie der Bourgeoisie im Klassenkampf ist.

leuchtender Phönix
07.05.2008, 07:10
Eine Propagandabezeichnung eignet sich nicht als wissenschaftlicher Begriff, für eine allgemeine Erscheinung im Europa der dreissiger Jahre.

Die Bezeichnung haben die nicht einfach so. Die NSDAP hatte, besonders zu ihrer Gründerzeit, starke sozialistische Elemente.


Wenn man von der marxschen Klassenanalyse der Gesellschaft ausgeht, ist die kommunistische Bewegung die Bewegung der Arbeiterklasse und die faschistische Bewegung, die Gegenbewegung der herrschenden oberen Klasse.

Da hast du, dank Marx ein schönes und einfaches Weltbild. Auf der einen Seite die Kommunisten und auf der anderen die Faschisten. Und Anarchisten, Sozialdemokraten, Liberale, Konservative, Grüne und die anderen? Wo gehören die hin? Sind die nur ein Produkt der Systempresse, um den wahren Klassenkampf zwischen Gut und Böse .... äh Kommunismus und Faschismus zu verschleiern?

leuchtender Phönix
07.05.2008, 07:17
Ich habe wieder ein nettes Zitat gefunden:

Der Generaldirektor und Mitglied des Präsidiums des Reichsverbands der Deutschen Industrie(RDI) Albert Vögler in einer Rede auf einer Tagung des RDI im März 1924:

„In den kommenden schweren Zeiten müssen unsere Arbeiter und Angestellten fest zu ihren Betrieben halten. Sie müssen und werden zu der Überzeugung kommen, dass in der Privatwirtschaft auch für sie die ertragreichste Wirtschaftsform gebildet ist. Es muß unsere Aufgabe sein, die Arbeiterschaft wieder mit nationalen Geiste zu erfüllen. Die Auseinandersetzungen über Lohn- und Tariffragen werden bleiben. Aber sind sie beendet, dann wollen wir uns finden im gemeinsamen nationalen Denken.“

Quelle: Veröffentlichungen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Heft 21, April 1924, S. 38

Vögler wurde zu einem der eifrigsten Förderer Hitlers.

Damit beweist sich immer mehr das der Nationalismus eine Ideologie der Bourgeoisie im Klassenkampf ist.

Nein eben nicht. In der Rede ist nichts von einem Klassenkampf zu lesen. Im Gegenteil. Die einzigen die Klassenkampfparolen von sich geben sind Kommunisten.

Die Unterschiede zwischen Faschismus und Kommunismus sind gering. Man muss nur ein paar paar Wörter austauschen.

Faschismus beinhaltet (selbst definierte) Rassen, wo die Gute (eigene) gegen die anderen kämpfen muss.

Faschismus beinhaltet (selbst definierte) Klassen, wo die Gute (eigene) gegen die anderen kämpfen muss.

Lichtblau
07.05.2008, 08:59
Die Bezeichnung haben die nicht einfach so. Die NSDAP hatte, besonders zu ihrer Gründerzeit, starke sozialistische Elemente.

Sie hat immer sozialistische Parolen von sich gegeben. Wenn man die Aufgabe hat die bürgerliche faschistische Ideologie in die Arbeiterklasse zu tragen, muss man soziale Forderungen der Arbeiter aufnehmen, um nicht gänzlich unglaubwürdig zu sein.




Da hast du, dank Marx ein schönes und einfaches Weltbild. Auf der einen Seite die Kommunisten und auf der anderen die Faschisten. Und Anarchisten, Sozialdemokraten, Liberale, Konservative, Grüne und die anderen? Wo gehören die hin? Sind die nur ein Produkt der Systempresse, um den wahren Klassenkampf zwischen Gut und Böse .... äh Kommunismus und Faschismus zu verschleiern?

Anarchismus ist eine Splitterbewegung die nie Bedeutung erlangt haben
Sozialdemokratie ist ein Teil der Arbeiterbewegung
Liberalismus ist eine andere Herrschaftsform der oberen Klasse, wenn ihre Herrschaft nicht unmittelbar bedroht ist
Konservatismus, ist bloß eine Spielart zwischen Liberalismus und Faschismus
Grüne, unpolitische Ökologiebewegung, politisch sind sie liberal

Sozialdemokratie/Kommunismus = Arbeiterbewegung
Liberalismus/Konservatismus/Faschismus = Formen bürgerlicher Herrschaft



Nein eben nicht. In der Rede ist nichts von einem Klassenkampf zu lesen. Im Gegenteil. Die einzigen die Klassenkampfparolen von sich geben sind Kommunisten.

Na denkst du die geben offen zu, das es Klassenkampf gibt? Dann würden die Leute ja ihre Klassenposition erkennen und anfangen zu kämpfen!



Die Unterschiede zwischen Faschismus und Kommunismus sind gering. Man muss nur ein paar paar Wörter austauschen.

Faschismus beinhaltet (selbst definierte) Rassen, wo die Gute (eigene) gegen die anderen kämpfen muss.

Kommunismus beinhaltet (selbst definierte) Klassen, wo die Gute (eigene) gegen die anderen kämpfen muss.

Richtig, aber der Kommunismus war zuerst da, der Faschismus ist Gegenreaktion, also ist die faschistische Ideologie als Antwort auf die kommunistische enstanden.
Z.B werden mit dem Antisemitismus statt die Kapitalisten die Juden für Armut, Ausbeutung und Kriege verantwortlich gemacht. Daher die Ähnlichkeit.

3 mal darfst du raten wo die Industrie steht.

So schrieb die „Deutsche Arbeitgeberzeitung“ am 13. April 1913:

„Nicht Klassenkämpfe, wie Marx und seine Anhänger wollen, sondern Rassenkämpfe machen den wichtigsten Inhalt der Geschichte aus.“


Quelle: Fritz Fischer, Krieg der Illusionen, Die deutsche Politik von 1911 bis 1914, Düsseldorf 1969, S. 279

leuchtender Phönix
07.05.2008, 14:07
Sie hat immer sozialistische Parolen von sich gegeben. Wenn man die Aufgabe hat die bürgerliche faschistische Ideologie in die Arbeiterklasse zu tragen, muss man soziale Forderungen der Arbeiter aufnehmen, um nicht gänzlich unglaubwürdig zu sein.

Ja klar. Die Sozialdemokraten verfolgten keine sozialistische Politik und hatten trotzdem viel mehr Rückhalt bei den Arbeitern, als Sozialisten und Kommunisten.


Anarchismus ist eine Splitterbewegung die nie Bedeutung erlangt haben

Und wiederlegen dein Simples Schwarz-Weiß-Weltbild. Denn die gehören zu keinem.


Sozialdemokratie ist ein Teil der Arbeiterbewegung

Führen die einen Klassenkampf? Nö. Es ist eine Beleidigung für die Sozialdemokraten, sie mit Kommunisten in einen Topf geworfen zu werden.


Liberalismus ist eine andere Herrschaftsform der oberen Klasse, wenn ihre Herrschaft nicht unmittelbar bedroht ist

Liberalismus bedeutet Freiheit. Der politische Liberalismus brachte Demokratie und der wirtschaftliche die Marktwirtschaft.Somit ist es die Herrschaft von Unten statt von Oben.


Konservatismus, ist bloß eine Spielart zwischen Liberalismus und Faschismus

So ein Unsinn. Informier dich mal, was Konservativ bedeutet. Nur ein Tip. Er hat nichts mit Faschismus zu tun.


Grüne, unpolitische Ökologiebewegung, politisch sind sie liberal

Weder Kommunisten noch Faschisten.


Sozialdemokratie/Kommunismus = Arbeiterbewegung

Falsch falsch falsch. Sozialdemokratie = demokratische Arbeiterbewegung.

Sozialismus/Kommunismus=Diktatur der unfehlbaren Arbeiterpartei (In Wirklichkeit folgt denen nur ein kleiner Teil der Arbeiterpartei)


Liberalismus/Konservatismus/Faschismus = Formen bürgerlicher Herrschaft

Faschismus ist in dieser Aufzählung fehl am Platz.


Na denkst du die geben offen zu, das es Klassenkampf gibt? Dann würden die Leute ja ihre Klassenposition erkennen und anfangen zu kämpfen!

Es gibt keinen Klassenkampf. Der größte Teil der Nichtkommunisten hat es erkannt.


Richtig, aber der Kommunismus war zuerst da, der Faschismus ist Gegenreaktion, also ist die faschistische Ideologie als Antwort auf die kommunistische enstanden.

Stimmt nicht. Faschismus ist die übersteigerung des Nationalismus. Und den gab es schon, bevor es den Kommunismus gab.


Z.B werden mit dem Antisemitismus statt die Kapitalisten die Juden für Armut, Ausbeutung und Kriege verantwortlich gemacht. Daher die Ähnlichkeit.

Und das stimmt in beiden Fällen nicht. Aber in beiden Fällen gibt es millionen Doofe, die solchem Propagandamist folgen.


3 mal darfst du raten wo die Industrie steht.

So schrieb die „Deutsche Arbeitgeberzeitung“ am 13. April 1913:

„Nicht Klassenkämpfe, wie Marx und seine Anhänger wollen, sondern Rassenkämpfe machen den wichtigsten Inhalt der Geschichte aus.“


Quelle: Fritz Fischer, Krieg der Illusionen, Die deutsche Politik von 1911 bis 1914, Düsseldorf 1969, S. 279

Also echt. Du brauchst für meinen Beitrag nicht noch Beweise sammeln. Aber dennoch danke. Das ein Klassenkampf nur für Kommunisten (und keinen anderen) jemals eine Rolle spielte, ist ja nichts neues.