Don Pacifico
28.01.2008, 14:39
Gestern kaufte ich mir die Printausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung"und fand diesen Artikel: "Deutschland, du Opfer". Link: http://www.faz.net/s/RubEE09E608C77044EA826B80D9D043981B/Doc~E44A65989440E46E4BB5E0301CF7674B4~ATpl~Ecommon ~Scontent.html
Wer Zeit hat, dem empfehle ich wirklich, den Text mal zu lesen. Verfasser: Sascha Lehnartz.
Um ehrlich zu sein: Ich war ziemlich erschüttert danach über die seltsamen Gänge der Argumentation des Verfassers. Ob das eine Intellektualisierung der Jens-Jessen-Argumentation ist? Ich weiß es wirklich nicht und möchte nichts unterstellen. Urteilt bitte selbst.
Der Verfasser benennt am Anfang glasklar die Probleme:
Deutsche-Dissen ist ein übelst angesagter Trendsport. Jedenfalls unter Jugendlichen mit „MH“. „MH“ steht im Behördendeutsch für Migrationshintergrund. Seit zwei Jugendliche mit türkischem und griechischem „MH“ einen urdeutschen Rentner in der Münchner U-Bahn brutal zusammenschlugen und ihn dabei als „Scheiß-Deutscher“ titulierten, steht die Frage im Raum, ob es mitten in Deutschland „Deutschenfeindlichkeit“ gibt
Sodann bezieht er sich auf die US-amerikanische Philosophin Judith Butler. Diese habe herausgearbeitet, daß eine Verhetzung unter Umständen keine Verhetzung sei:
In dem Buch setzt Mrs. Butler recht hübsch auseinander, dass Worte nicht per se als verhetzend zu definieren sind.
Worte erlangen ihre Bedeutung immer erst durch ihre Geschichte, die Intention des Sprechers und vor allem den Kontext, in dem sie fallen.
Danach zitiert der verfasser einen Berliner Integrationsbeauftragten, der meine, daß solche Beleidigungen als "Prozesse zur Identitätsbildung" angesehen werden könnten.
Weiter geht es: "Der Deutsche" werde angegriffen, weil die Migranten in ihm - wenn ich das richtig verstehe - ein Übertragungsopfer sehen.
Im „Scheiß-Deutschen“ wird der Einzelne als Deutscher isoliert und bekommt stellvertretend Prügel für die herrschende Schicht, die er verkörpert. Auf diese Weise wird er seinerseits von den Ausgegrenzten ausgegrenzt.
Hier angekommen, führt der Artikelverfasser den Gedankengang so weiter:
"Der Deutsche" sei Opfer eines unterbewußten Selbsthasses, der ihn dazu treibe, die Opferrolle anzunehmen.
Bevor der Deutsche Opfer fremden Hasses werden kann, ist er immer schon Opfer seines Selbsthasses geworden. Seine Nazi-Vergangenheit und neuerdings das wachsende schlechte Gewissen über integrationspolitische Versäumnisse veranlassen manchen, dem Beleidiger im Grunde noch recht zu geben, während dieser ihm auf die Mütze haut.
Genau hier kommt ein überraschender Schwenk. Der Verfasser spricht plötzlich davon:
Diese Haltung führt dann zu eigenartigen Apologie-Bewegungen wie jener, die jugendlichen Täter „mit MH“ könnten gar nicht anders als zuschlagen, weil sie seit Jahr und Tag von deutschen Ex-Nazi-Spießern malträtiert würden.
Anschließend kritisiert er eben diese Apologie (Verteidigung) und meint, die Migranten würden prügeln, als seien sie von der SA ausgebildet worden.
Seine vorläufige Schlußfolgerung (meine Hervorhebung):
Zum Lieblingsopfer wird der Deutsche auch deshalb, weil er kein gesundes Selbstbewusstsein hat. Daher ist er auch nicht in der Lage, eigene Interessen - beispielsweise eine intelligente und schlüssige Integrationspolitik - zu formulieren. Das Resultat ist fehlender Respekt.
Weil "der Deutsche" sich selbst hasst, kann er nicht gut andere integrieren. Habe ich das richtig verstanden?
Hier am Ende des Artikels angekommen, bezieht sich der Verfasser plötzlich auf das Wahlplakat von der Hessen-CDU, jenes mit den Worten "Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten.stoppen". Er spricht von der Salonfähigkeit der "herrschenden Rhetorik der Exklusion".
Genau hier kommt er zu dieser Schlußpointe, die ich jetzt ganz bewußt mit zweifarbigen Hervorhebungen versehe:
Das rechtfertigt Gewalttaten nicht im Geringsten, aber es erklärt manche spontane Entgleisung. Und lässt ahnen, warum mancher Zugewanderte sich gelegentlich des Eindrucks nicht erwehren kann, er habe es mitunter auch mit „Scheiß-Deutschen“ zu tun.
Wer Zeit hat, dem empfehle ich wirklich, den Text mal zu lesen. Verfasser: Sascha Lehnartz.
Um ehrlich zu sein: Ich war ziemlich erschüttert danach über die seltsamen Gänge der Argumentation des Verfassers. Ob das eine Intellektualisierung der Jens-Jessen-Argumentation ist? Ich weiß es wirklich nicht und möchte nichts unterstellen. Urteilt bitte selbst.
Der Verfasser benennt am Anfang glasklar die Probleme:
Deutsche-Dissen ist ein übelst angesagter Trendsport. Jedenfalls unter Jugendlichen mit „MH“. „MH“ steht im Behördendeutsch für Migrationshintergrund. Seit zwei Jugendliche mit türkischem und griechischem „MH“ einen urdeutschen Rentner in der Münchner U-Bahn brutal zusammenschlugen und ihn dabei als „Scheiß-Deutscher“ titulierten, steht die Frage im Raum, ob es mitten in Deutschland „Deutschenfeindlichkeit“ gibt
Sodann bezieht er sich auf die US-amerikanische Philosophin Judith Butler. Diese habe herausgearbeitet, daß eine Verhetzung unter Umständen keine Verhetzung sei:
In dem Buch setzt Mrs. Butler recht hübsch auseinander, dass Worte nicht per se als verhetzend zu definieren sind.
Worte erlangen ihre Bedeutung immer erst durch ihre Geschichte, die Intention des Sprechers und vor allem den Kontext, in dem sie fallen.
Danach zitiert der verfasser einen Berliner Integrationsbeauftragten, der meine, daß solche Beleidigungen als "Prozesse zur Identitätsbildung" angesehen werden könnten.
Weiter geht es: "Der Deutsche" werde angegriffen, weil die Migranten in ihm - wenn ich das richtig verstehe - ein Übertragungsopfer sehen.
Im „Scheiß-Deutschen“ wird der Einzelne als Deutscher isoliert und bekommt stellvertretend Prügel für die herrschende Schicht, die er verkörpert. Auf diese Weise wird er seinerseits von den Ausgegrenzten ausgegrenzt.
Hier angekommen, führt der Artikelverfasser den Gedankengang so weiter:
"Der Deutsche" sei Opfer eines unterbewußten Selbsthasses, der ihn dazu treibe, die Opferrolle anzunehmen.
Bevor der Deutsche Opfer fremden Hasses werden kann, ist er immer schon Opfer seines Selbsthasses geworden. Seine Nazi-Vergangenheit und neuerdings das wachsende schlechte Gewissen über integrationspolitische Versäumnisse veranlassen manchen, dem Beleidiger im Grunde noch recht zu geben, während dieser ihm auf die Mütze haut.
Genau hier kommt ein überraschender Schwenk. Der Verfasser spricht plötzlich davon:
Diese Haltung führt dann zu eigenartigen Apologie-Bewegungen wie jener, die jugendlichen Täter „mit MH“ könnten gar nicht anders als zuschlagen, weil sie seit Jahr und Tag von deutschen Ex-Nazi-Spießern malträtiert würden.
Anschließend kritisiert er eben diese Apologie (Verteidigung) und meint, die Migranten würden prügeln, als seien sie von der SA ausgebildet worden.
Seine vorläufige Schlußfolgerung (meine Hervorhebung):
Zum Lieblingsopfer wird der Deutsche auch deshalb, weil er kein gesundes Selbstbewusstsein hat. Daher ist er auch nicht in der Lage, eigene Interessen - beispielsweise eine intelligente und schlüssige Integrationspolitik - zu formulieren. Das Resultat ist fehlender Respekt.
Weil "der Deutsche" sich selbst hasst, kann er nicht gut andere integrieren. Habe ich das richtig verstanden?
Hier am Ende des Artikels angekommen, bezieht sich der Verfasser plötzlich auf das Wahlplakat von der Hessen-CDU, jenes mit den Worten "Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten.stoppen". Er spricht von der Salonfähigkeit der "herrschenden Rhetorik der Exklusion".
Genau hier kommt er zu dieser Schlußpointe, die ich jetzt ganz bewußt mit zweifarbigen Hervorhebungen versehe:
Das rechtfertigt Gewalttaten nicht im Geringsten, aber es erklärt manche spontane Entgleisung. Und lässt ahnen, warum mancher Zugewanderte sich gelegentlich des Eindrucks nicht erwehren kann, er habe es mitunter auch mit „Scheiß-Deutschen“ zu tun.