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Vollständige Version anzeigen : Didaktik bei naturwissenschaftlichen Fächern, insbesondere Mathematik und Physik



Don Pacifico
23.01.2008, 20:42
Zur Zeit läuft im Flugscheiben-Strang eine interessante Diskussion, ob Antigravitation dereinst mal möglich sein könnte. Die Vertreter der Physik beantworten die Frage mit nein. Einzelne interessierte Laien sehen das nicht als letztgültigen Spruch an. Jedoch hängt alles davon ab, inwieweit man extrem schwierige Gebiete der Physik verstanden hat.

Als eine Art off-spin dieser Diskussion stellt sich hier für mich die Frage: Wie steht es eigentlich um die Didaktik insbesondere in der Physik und Mathematik?

Viele sagen ja: "In Mathe war ich immer schwach." Andere halten dagegen: "Mathe (sinngemäß auch Physik usw.) ist eine reine Lernsache. Wer das nicht schafft und rafft, ist halt eben faul."

Selbst gehöre ich zu denjenigen, die in diesem Fächern genau dann gute bis sehr gute Noten hatten, wenn die Lehrer nicht nur Physiker und Mathematiker, sondern eben auch gute Pädagogen waren. Ein Pädagoge zeichnet sich dadurch aus, daß er Kinder und Jugendliche mitnimmt und führt, denn das meint das Wort ja. Sie/er muß die Wißbegier der Kinder positiv aufnehmen und weiterführen. (Wobei ich zu meiner Zeit auf zwei Gymnasien nicht eine einzige Mathematik- bzw. Physiklehrerin vorfand, nur eine Chemielehrerin.)

Nun hängt aber nicht alles an den pädagogischen Fähigkeiten, sondern auch an didaktisch gut aufbereiteten Lehrbüchern. Hier sah es zu meiner Zeit (habe Ende der 70er Abitur gemacht) ziemlich trüb aus. Kann mich noch erinnern, daß ich über meinem Mathebuch saß, fünfmal einen Beweis las und ihn immer noch nicht kapierte. Dabei darf ich ruhigen Gewissens behaupten, daß ich nicht zu den Denkfaulen zähle. Das Problem war, daß vieles nur abstrakt, mit ganz schlechten Skizzen und dazu noch in einer abschreckend verquasten Sprache erklärt wurde.

Später interessierte mich Mathe rein privat und ich erwarb ein US-Lehrbuch. Das war eine ganz andere Welt! Es wurde alles viel besser dargestellt.
In dem Zusammenhang mal ein großes Lob von einem Wessi an die Mathematiker der DDR: Im Jahr 1991 erwarb ich in Heidelberg ein Original-Lehrbuch noch aus der DDR für den Oberstufenunterricht. (Nein, es war nicht der Smirnow, weiß den Titel leider nicht mehr.) Auch das war super vom Erklären her.
Einzelbeispiele dafür, warum etwas eingängiger und besser dargestellt wird als anderswo, kann ich hier jetzt nicht anführen, würde dennoch gerne mal eine Diskussion starten.

Was ist eure Meinung, daß Schüler/innen sich oft so schwer mit Mathe tun?
Man bedenke hier auch, daß in Qualitätszeitungen immer wieder gewarnt wird: Uns fehlen Ingenieure. Also ist die Rede von der Angst vor Mathe wohl doch kein Humbug.
Stimmt das mit der schlechten Didaktik? Eigene Erfahrungen? Wie könnte man es besser machen?

Kreuzbube
23.01.2008, 21:53
Ich denke, es gehört etwas Naturtalent dazu, welches man bei entsprechendem Interesse aber auch kompensieren kann! Mathematik ist nicht nur abstraktes Zahlendenken, sondern z.B. in den Bereichen Geometrie und Prozentrechnung auch räumliches und sinnbildliches Vorstellungs-Vermögen. Ich hatte mit diesem Fach, ebenso mit Physik nie größere Probleme und hielt mich ohne zusätzliche Anstrengungen zwischen 1- und 2+; eher hakelte es schon bei Chemie, wegen der endlosen unlogischen Formeln!:(

politisch Verfolgter
23.01.2008, 22:18
Man sollte viel Klavier spielen, z.B. J.S. Bach. Mathe hat mit Zahlen ebensowenig zu tun wie Noten mit Zahlen zu tun haben - da nimmt man zwar links und rechts bzw. am Blatt oben und unten je 5 Zeilen und etliches drüber und drunter wahr, aber man setzt keine Zahlen um, sondern man transformiert taktile Abbildungsvorschriften,die man zeitl. und räumlich virtuell vorverdichtet. Müßte eigentlich gut fürs mentale Handlungsprofil sein, wovon ich allerdings nix merke. Kopfrechnen mit Zahlen ist mir ein Graus.
Partituren spielen ist anstrengend und bringt wohl nix. Es gibt ja zudem Klavierauszüge für fast alles.
Als Dirigent nur mitlesen stelle ich mir einfach vor.
Aber am Klavier sich Mathe erschließen mag ein guter Weg sein.
Ich hatte wohl damit vor Mathe nie Angst, auch nie dafür gebüffelt.

Und Text sollte man viell. vermeiden, Ableitungen direkt hinschreiben, ohne Text. Text kann verwirren. Sich bei Formeln fragen, wie man da wohl dazu gekommen sein mag - reicht, wenn mans nur ahnen will. GGf. auch da Entstehungskomponenten mal direkt anschreiben.

Textfaulheit hat mir die Klage eines $ständlers von damals bis zu 170 TDM eingebracht. Er wollte sourcecode umfänglich kommentiert bekommen. Doch seine Klage wurde abgewiesen.

diesel
25.01.2008, 13:56
eher hakelte es schon bei Chemie, wegen der endlosen unlogischen Formeln!:(

Es gibt in der Chemie keine unlogischen Formeln, und Chemie/Physik beruhen auf der Hilfswissenschaft Mathematik.
Chemie zugegebenermaßen weniger.
Das von Dir beschriebene ist reine Ansichtssache, und bestätigt eigentlich, daß das Heranführen an die Naturwissenschaften entscheidend für den Umgang damit ist.

politisch Verfolgter
25.01.2008, 15:14
Für Chemie solls diverse Internet-Bastelanleitungen aus engagierten Islamkreisen geben, die das Verständnis ungemein fördern, dazu wohl heranführen wollen ;-)
Didaktisch viell. etwas überarbeitungsbedürftig ;-)

Don
26.01.2008, 12:14
Es gibt in der Chemie keine unlogischen Formeln, und Chemie/Physik beruhen auf der Hilfswissenschaft Mathematik.
Chemie zugegebenermaßen weniger.
Das von Dir beschriebene ist reine Ansichtssache, und bestätigt eigentlich, daß das Heranführen an die Naturwissenschaften entscheidend für den Umgang damit ist.


Mathematik ist keine Hilfswissenschaft.

Rheinlaender
26.01.2008, 12:45
Zur Zeit läuft im Flugscheiben-Strang eine interessante Diskussion, ob Antigravitation dereinst mal möglich sein könnte. Die Vertreter der Physik beantworten die Frage mit nein. Einzelne interessierte Laien sehen das nicht als letztgültigen Spruch an. Jedoch hängt alles davon ab, inwieweit man extrem schwierige Gebiete der Physik verstanden hat.

Als eine Art off-spin dieser Diskussion stellt sich hier für mich die Frage: Wie steht es eigentlich um die Didaktik insbesondere in der Physik und Mathematik?

Viele sagen ja: "In Mathe war ich immer schwach." Andere halten dagegen: "Mathe (sinngemäß auch Physik usw.) ist eine reine Lernsache. Wer das nicht schafft und rafft, ist halt eben faul."

Das ist eben falsch: Mathematik ist keine Lernsache, sondern ein "Verstehsache". Um eine Sprache zu lernen, muss man Vokalbeln lernen, immer wiiederholen, Texte lesen etc. Vei Mathematik muss "nur" ein Prinzip jeweils verstehen. Pauken nutzt dort ueberhaupt ichts, was nutzt ist sich des Prinzips der Idee klar zu werden und dieses dann anzuwenden. Im prinzip ist Mathematik "nur" eine hochformalisierte Logik.


Das Problem war, daß vieles nur abstrakt, mit ganz schlechten Skizzen und dazu noch in einer abschreckend verquasten Sprache erklärt wurde.

Mathematik ist nunmal abstrakt - eine mathematische Begabung ist die Begabung hoechst abstrakt zu denken, sich von der konkrten Vorstellung zu loesen.


Was ist eure Meinung, daß Schüler/innen sich oft so schwer mit Mathe tun?

Weil Mathematik von Anfang an zu konkret dargestellt wird; die Schueler werden schon in der Grundschule mit dem abstrakten Konzepten vertrautgemacht, sondern viel zu spaet erst in der Oberstufe. Ich selber kann mich erinnern, wie in Geometrie mit Zirkel und Lineal traktiert wurde und abstrakte Vectorgeometrie mir wie eine Erloesung vorkam, weil endlich ein einfache logisches System zu erkennen war.

Rheinlaender
26.01.2008, 12:46
Mathematik ist keine Hilfswissenschaft.

Mathematik ist eine Hilfwissenschaft fuer die Naturwissenschaften, aber auch eine Wissenschaft aus eigenem Recht heraus.

Wahabiten Fan
26.01.2008, 12:50
.



Mathematik ist nunmal abstrakt - eine mathematische Begabung ist die Begabung hoechst abstrakt zu denken, sich von der konkrten Vorstellung zu loesen.





:top:

Typisches Beispiel dafür ist "Mcp"! Der denkt in Bezug auf seinen "Schöpfer" schon so abstrakt, daß er den Wald vor lauter Bäumen nichtmehr sieht!!:]

politisch Verfolgter
27.01.2008, 15:47
Mathe ist was für lernfaule Denkbegabte. Schon längst habe ich mich damit von der konkreten Vorstellung gelöst, den Affen zu schieben ;-)

RDX
27.01.2008, 16:56
Was ist eure Meinung, daß Schüler/innen sich oft so schwer mit Mathe tun?
Man bedenke hier auch, daß in Qualitätszeitungen immer wieder gewarnt wird: Uns fehlen Ingenieure. Also ist die Rede von der Angst vor Mathe wohl doch kein Humbug.
Stimmt das mit der schlechten Didaktik? Eigene Erfahrungen? Wie könnte man es besser machen?


Der Unterricht in den mathematisch und naturwissenschaftlichen Fächern ist so spannend, wie "theoretisches" Essen oder " theoretischer" Sex.

Der Unterricht, in diesen abstrakten Fächern, muss viel problemorientierter und projektorientierter sein.

Wenn man sieht, dass man mit Formeln die Bewegung der Planeten berechnen kann, dass man für die Architektur jede Menge Geometrie braucht, dass man mit in Algorithmen umgesetzten Formeln eine Maschine (Fischertechnik) steuern kann, wird der Unterricht in den MTNI-Fächern ( MTNI: mathematisch-technisch-naturwissenschaftlich-informatisch) interessant.

Natürlich braucht man ersteinmal gewisse Grundlagen, um überhaupt die Fähigkeiten zu haben, ein Problem des MTNI-Komplexes lösen zu können, aber man kann dies auf ein notwendiges Minimum reduzieren.

Die Finnen und auch viele amerikanische Schulen, sind längst auf dieses System umgetiegen, weil es auch der späteren Arbeit in diesem Bereich entspricht.

Dazu braucht man aber kleinere Klassen, mehr Lehrer, Ganztagsschulen und eine teure technische Ausstattung der Schulen, also jede Menge Geld für die Schulen.

Also, mehr problemorientierter, praktischer Unterricht in diesen Fächern.

politisch Verfolgter
27.01.2008, 17:52
Uns fehlt Profit aus Wertschöpfung, weil wir nix dazu tun dürfen.
Damit haben wir eine verheerende Eink./Verm.-Verteilung, die deswegen in keiner Weise mit der mentalen Verteilung übereinstimmt.
Wir haben also eine Leistungsunterbindungsgesellschaft.
Dabei hätten wir für Villa&Porsche und noch weit mehr unermeßlich viel zu tun.

Besser gehts per user value, auch für komfortable Entwicklungsumgebungen der nächsten Generation - eben durch kapitalkräftige Elternhäuser.
Mit einem Wort: uns fehlt Profit.