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Vollständige Version anzeigen : Existentialismus praktisch angewandt?!



Heinrich_Kraemer
04.01.2008, 23:37
Eine Grundfigur des Existentialismuses ist das entschlossene in die Hand nehmen des eigenen Lebens in Situationen, in denen es einem bewußt um die eigene Existenz geht. Dadurch wird die wahre Bestimmtheit der Existenz freigelegt und somit erfahrbar, im Gegensatz zum Erkenntnis verschüttenden Alltag.

Sofern wird erst FREIHEIT erzeugt, weil durch das spielerische in die Hand nehmen des eigenen Lebens dessen tiefste unumgängliche Möglichkeit bewußt erfahrbar wird, das Vorlaufen zum Tod. Folge davon ist die Entlarvung des unfreien, spießbürgerlichen "liberalen" Alltagslebens.

In diesem Zshg. dieses Bsp.video, wobei das konservative Denken - i.Ggs. zum linken Fortschrittswahn - selbstverständlich das Beherrschen der Technik durch den Menschen voraussetzt:

http://de.youtube.com/watch?v=r6sTnMURJ0o&NR=1

Badener3000
05.01.2008, 11:58
Was willst Du damit aussagen?
Daß die Anziehungskraft lebensgefährlicher Extremsportarten ein Resultat der Wohlstandsübersättigung und Enge des pseudoliberalen Gesellschaft ist ?

Heinrich_Kraemer
05.01.2008, 15:15
Was willst Du damit aussagen?
Daß die Anziehungskraft lebensgefährlicher Extremsportarten ein Resultat der Wohlstandsübersättigung und Enge des pseudoliberalen Gesellschaft ist ?

Ja und nein. Ich setzte tiefer an, vor dem jeweiligen Gesellschaftsmodell. Die Grundbestimmtheit des Menschen ist seine Vergänglichkeit - eine anthropologische Konstante -. Das Wissen (durch wiederholte direkte persönliche Erfahrung geprägt) um diese bestimmt die Kultur des Menschen, abhängig von der jeweiligen bedrohlichen Umwelt. Aufgrund dieser ausschließlichen persönlichen Konfrontation - man erfährt es am eigenen Leib - wird das Freiheitsmoment erzeugt: Das bewußte Entscheiden um die eigene Existenz, bei dem Verantwortlichkeit nicht mehr abgeschoben werden kann. Es ist die eigene (!) Freiheit.

Zum übersättigtem 'liberalen' Wohlstandsmodell hier: Es versklavt den Menschen (unbewußt), indem ihm Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortung abgenommen wird. Es gibt für alles irgendwelche Institutionen, abstrakte Verantwortlichkeiten, auf die Verantwortung abgewälzt wird. Man glaubt an einen Fortschritt, der dem Menschen das Paradies auf Erden sichern soll. Der sättigende Materialismus ist angenehm, Entscheidungsbefreitheit ebenso, solange brav der geplante (Arbeits-) Alltag richtig befolgt wird. D.h. dieser ('liberale') Alltag verschüttet die Grundlagen des menschlichen Daseins, läßt ihn in seiner geistigen Armut und Konsum dahindümpeln, bis er endgültig beim Sterben mit seinem wirklichen Leben konfrontiert wird. Z.B.: Man interessiert sich stets für das was andere Tun - Klatschpresse -, was noch besser konsumiert werden kann usw..

Dieses Zeitalter ist wohl das geistig ärmste, welches die Menschheit je hervorgebracht hat.

Zu Deiner sehr interessanten Hypothese: Ja. Es scheint dennoch heutzutage etwas im entfremdeten Automaten-Menschen tief zu lodern - beim einen mehr, beim anderen weniger -. Etwas, was sich durch Wahrheit, durch Streben nach Reinheit, durch eigene zu erreichende Freiheit verzehrt. Die Form ist dabei wurscht, jedoch die bewußte (!) Umsetzung macht den Unterschied zum Schwachsinnigen aus.

Gruß HK

p.s. Meine Leidenschaft diesbzgl. ist das Bergsteigen (meinen eher durchschnittlichen Fähigkeiten diesbzgl. nach), gegen alle Vernunft alleine, um selbstverantwortlich zu entscheiden in aller Konsequenz. Der Blick auf die Unwichtigkeiten des Alltags verändert sich darauf enorm.

Badener3000
05.01.2008, 17:18
Spricht man mit alten Bauern im Schwarzwald , welche ihr Leben lang hart arbeiten mußten und nur sehr bescheiden leben durften, über die heutigen Zustände in den Städten, dann kommt meist folgender Satz:
"Den Menschen gehts heutzutag einfach zu gut!"

Ich glaube wir alle fühlen diese Leere in uns und die Enge um uns herum, die daher rührt, daß die Freiheit jeden tag kämpfen zu dürfen für den Fortgang des eigenen Lebens, und das seiner engsten Vertrauten uns weggenommen wurde, von unserer renditeträchtigen "Rundumversorgungs AG".

Jeder sucht und findet so seinen Weg, die Leere wieder aufzufüllen:

Sei es Bergsteigen
Mittelalterfeste
oder 68er Träume von der unberührten Welt des 1. tages.

Klopperhorst
05.01.2008, 17:52
...
Zum übersättigtem 'liberalen' Wohlstandsmodell hier: Es versklavt den Menschen (unbewußt), indem ihm Entscheidungsfreiheit und Selbstverantwortung abgenommen wird. Es gibt für alles irgendwelche Institutionen, abstrakte Verantwortlichkeiten, auf die Verantwortung abgewälzt wird. Man glaubt an einen Fortschritt, der dem Menschen das Paradies auf Erden sichern soll. Der sättigende Materialismus ist angenehm, Entscheidungsbefreitheit ebenso, solange brav der geplante (Arbeits-) Alltag richtig befolgt wird. D.h. dieser ('liberale') Alltag verschüttet die Grundlagen des menschlichen Daseins, läßt ihn in seiner geistigen Armut und Konsum dahindümpeln, bis er endgültig beim Sterben mit seinem wirklichen Leben konfrontiert wird. Z.B.: Man interessiert sich stets für das was andere Tun - Klatschpresse -, was noch besser konsumiert werden kann usw..

Dieses Zeitalter ist wohl das geistig ärmste, welches die Menschheit je hervorgebracht hat.
....

Sehr richtig. Wer die Gelegenheit hatte, noch mit Alten zu sprechen, also Ur-Ur-Großeltern aus dem vorletzten Jahrhundert, der kann in etwa nachvollziehen, wie lebensfremd die heutige Zivilisation ist.

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Heinrich_Kraemer
05.01.2008, 23:18
Spricht man mit alten Bauern im Schwarzwald , welche ihr Leben lang hart arbeiten mußten und nur sehr bescheiden leben durften, über die heutigen Zustände in den Städten, dann kommt meist folgender Satz:
"Den Menschen gehts heutzutag einfach zu gut!"

Ich glaube wir alle fühlen diese Leere in uns und die Enge um uns herum, die daher rührt, daß die Freiheit jeden tag kämpfen zu dürfen für den Fortgang des eigenen Lebens, und das seiner engsten Vertrauten uns weggenommen wurde, von unserer renditeträchtigen "Rundumversorgungs AG".


Zum 1. Abs.: Ja. Es ist die Freiheit und Erkenntnis, die durch die Einsicht in die absolute Notwendigkeit des eigenen Handelns für die Erhaltung der eigenen Existenz erzeugt wurde. Ein absolut lebensbejahendes und erkennendes Prinzip.

zum 2. Abs.: Mir gefällt bei diesem Video besonders der metaphorische Anfang (wahrscheinlich nicht so von den Herrn dort beabsichtigt): Der Herr läßt sich von einer Rolltreppe von der Oberfläche der Stadt in's UG fahren (ohne selbst einen Schritt zu tun), setzt sich auf seine Maschine, verläßt das UG, um darauf die Stadt(oberfläche) als eigenes Spielfeld für seine existentielle Fahrt zu nutzen und sich insofern das vernünfitg (!) durchrationalisierte Verkehrssystem zugunsten seiner eigenen Freiheit zu unterwerfen. - Den Parkschein für's UG hat dieser selbstverständlich auch nicht bezahlt. -

Badener3000
06.01.2008, 00:58
Sehr richtig. Wer die Gelegenheit hatte, noch mit Alten zu sprechen, also Ur-Ur-Großeltern aus dem vorletzten Jahrhundert, der kann in etwa nachvollziehen, wie lebensfremd die heutige Zivilisation ist.

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vermutlich ist die heutige Zivilisation gar nicht so lebensfremd, wie sie uns erscheint. Der abstrakte Lebensstil ist wohl vielmehr die Hürde eines neuen Evolutionssprunges.

Badener3000
06.01.2008, 01:03
Zum 1. Abs.: Ja. Es ist die Freiheit und Erkenntnis, die durch die Einsicht in die absolute Notwendigkeit des eigenen Handelns für die Erhaltung der eigenen Existenz erzeugt wurde. Ein absolut lebensbejahendes und erkennendes Prinzip.

zum 2. Abs.: Mir gefällt bei diesem Video besonders der metaphorische Anfang (wahrscheinlich nicht so von den Herrn dort beabsichtigt): Der Herr läßt sich von einer Rolltreppe von der Oberfläche der Stadt in's UG fahren (ohne selbst einen Schritt zu tun), setzt sich auf seine Maschine, verläßt das UG, um darauf die Stadt(oberfläche) als eigenes Spielfeld für seine existentielle Fahrt zu nutzen und sich insofern das vernünfitg (!) durchrationalisierte Verkehrssystem zugunsten seiner eigenen Freiheit zu unterwerfen. - Den Parkschein für's UG hat dieser selbstverständlich auch nicht bezahlt. -


Wohlstandsübersättigung führt zu Lebensverdruß. Die Lebensleere aufzufüllen, indem man lebensmüde mit 240 km/h auf dem Motorrad durch die Stadt rast, zeigt, daß einem die Natur eher zu den nicht Überlebensfähigen aussortiert hat.
Eine ordentliche Bergwanderung kann genauso zum erwünschten Effekt der "Freiheit durch Überlebenstrainig" führen.

Klopperhorst
06.01.2008, 11:11
vermutlich ist die heutige Zivilisation gar nicht so lebensfremd, wie sie uns erscheint. Der abstrakte Lebensstil ist wohl vielmehr die Hürde eines neuen Evolutionssprunges.

Der heutige Mensch ist prinzipiell der Gleiche wie vor 500 oder 5.000 Jahren, von seiner genetischen Ausstattung und Anthropologie her.

Allerdings existiert in der westlichen Zivilisation seit 100 Jahren ein verändertes Lebensumfeld, bedingt durch die technisch/industrielle Entwicklung. Dieses Umfeld wirkt sich zweifellos über die Generationen betrachtet als Selektionskriterium aus und bevorzugt Menschen, die sich in diesem Umfeld besonders gut zurechtfinden, wie auch immer das aussehen mag.

Daneben bedeutet es aber auch, daß Selektion im Sinne von negativer Auslese alter Eigenschaften erfolgt. Beispiel: Heute ist die Kindersterblichkeit aufgrund guter medizinischer Bedingungen sehr niedrig. Dies bedeutet, daß viele Menschen, die vor 100 Jahren noch im Kindesalter gestorben wären, heute alt werden. Es überleben also auch Menschen mit schlechteren (gesundheitlichen) Anlagen und pflanzen sich fort.

Wohin das im Laufe der Evolution führt, kann man noch nicht erahnen.

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Meister Lampe
06.01.2008, 13:15
Daneben bedeutet es aber auch, daß Selektion im Sinne von negativer Auslese alter Eigenschaften erfolgt. Beispiel: Heute ist die Kindersterblichkeit aufgrund guter medizinischer Bedingungen sehr niedrig. Dies bedeutet, daß viele Menschen, die vor 100 Jahren noch im Kindesalter gestorben wären, heute alt werden. Es überleben also auch Menschen mit schlechteren (gesundheitlichen) Anlagen und pflanzen sich fort.

Wohin das im Laufe der Evolution führt, kann man noch nicht erahnen.

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Mal ne persönliche Frage:
Hast du eigentlich Kinder, Klopperhorst?

Klopperhorst
06.01.2008, 13:51
Mal ne persönliche Frage:
Hast du eigentlich Kinder, Klopperhorst?

Ja, und du?


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Meister Lampe
06.01.2008, 13:55
Ja, und du?


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Ich hab keine Kinder, kann die Blagen nicht leiden.
Aber danke für die Antwort.

miname
07.01.2008, 15:51
Spricht man mit alten Bauern im Schwarzwald , welche ihr Leben lang hart arbeiten mußten und nur sehr bescheiden leben durften, über die heutigen Zustände in den Städten, dann kommt meist folgender Satz:
"Den Menschen gehts heutzutag einfach zu gut!"

Ich glaube wir alle fühlen diese Leere in uns und die Enge um uns herum, die daher rührt, daß die Freiheit jeden tag kämpfen zu dürfen für den Fortgang des eigenen Lebens, und das seiner engsten Vertrauten uns weggenommen wurde, von unserer renditeträchtigen "Rundumversorgungs AG".

Jeder sucht und findet so seinen Weg, die Leere wieder aufzufüllen:

Sei es Bergsteigen
Mittelalterfeste
oder 68er Träume von der unberührten Welt des 1. tages.

ja "diese rechnung die, da einige aufmachen, es kann uns allen viel besser gehen, wir müssen nur weniger arbeiten, ist dumm, ist absurd, ist töricht"(helmut kohl), den krempel von kohl nochmal aufwärmen ist auch das einzige was die konservative rechte noch gebacken kriegt.
ansonsten sind eure themen immer die gleichen und eure lösungsansätze veraltet.
eine ideologische todesanzeige für euch, aber leider die wahrheit.

Badener3000
07.01.2008, 16:58
ja "diese rechnung die, da einige aufmachen, es kann uns allen viel besser gehen, wir müssen nur weniger arbeiten, ist dumm, ist absurd, ist töricht"(helmut kohl), den krempel von kohl nochmal aufwärmen ist auch das einzige was die konservative rechte noch gebacken kriegt.
ansonsten sind eure themen immer die gleichen und eure lösungsansätze veraltet.
eine ideologische todesanzeige für euch, aber leider die wahrheit.


was willst du denn sagen ?

Heinrich_Kraemer
16.01.2008, 23:47
Wohlstandsübersättigung führt zu Lebensverdruß. Die Lebensleere aufzufüllen, indem man lebensmüde mit 240 km/h auf dem Motorrad durch die Stadt rast, zeigt, daß einem die Natur eher zu den nicht Überlebensfähigen aussortiert hat.
Eine ordentliche Bergwanderung kann genauso zum erwünschten Effekt der "Freiheit durch Überlebenstrainig" führen.

In allen Epochen gab es Männer, die Außergewöhnliches bei Gefahr für Leib und Leben leisteten. Die Form ist dabei wurscht.

Ob es der jeweiligen Gesellschaft nutzt, sei dahingestellt.

Was dieser Herr aber auf jeden Fall kann, ist Motorradfahren. Wenngleich hier in einem äußerst radikalen, gefährlichen Stil.