PDA

Vollständige Version anzeigen : Private Söldnerarmeen - der Anfang vom Ende der Globalisierung?



Beverly
28.11.2007, 22:41
Das Geschäft mit Krieg und Krisen und sogar mir flatterte vor einigen Jahren eine Werbemail eines privaten Sicherheitsdienstes ins Postfach :rolleyes: Private Sicherheitsdienste sind an den Krisenschauplätzen der Welt präsent und es werden immer mehr. Siehe zum Beispiel diesen Artikel über Sicherheitsdienste im Irak, wo 100 000 private Söldner stationiert sein sollen:

http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/682/140385/?page=13&CMP=ILC-SDE-Community

Sogar die UNO will private Söldnerarmeen in Krisengebieten einsetzen, siehe

http://www.monde-diplomatique.de/pm/2003/04/11/a0009.text.name,askOiqUfl.n,2

Da steht auch:


Die Zeiten, in denen ein Staat dem anderen den Krieg erklärte, der dann auf den Schlachtfeldern ausgefochten wurde, gehören offenbar der Vergangenheit an. Aber auch bei zwischenstaatlichen Kriegen, und der Irakkrieg gehört zweifellos zu diesem Typ, ist schon seit Jahren ein Prozess im Gang, der bei den so genannten Low Intensity Conflicts begonnen hatte: die Privatisierung des Krieges mittels spezialisierter Subauftragnehmer. Pionier dieser Entwicklung war Executive Outcomes, ein von ehemaligen südafrikanischen Militärs gegründetes Söldnerunternehmen. Inzwischen werden an private Sicherheitsfirmen eine ganze Reihe von Dienstleistungen delegiert: die Sicherung von Ölförderanlagen und die Sicherheitsüberprüfung potenzieller Unternehmensstandorte, Verhandlungen mit Geiselnehmern und die Ausbildung von NGO-Mitarbeitern für die Minenräumung. Diese Firmen arbeiten oft in einer rechtlichen und moralischen Grauzone. Wenn künftig immer mehr Staaten Söldnerfirmen in Anspruch nehmen, müssen angemessene Regeln entwickelt werden, um ein minimales "Berufsethos" zu garantieren.

Bis an die Zähne bewaffnet und mit 10 000-12 000 Euro im Monat sind private Söldner etwa im Irak oder in Afghanistan im Einsatz. Als "Security" kann man sie auch in deutschen Innenstädten in Aktion erleben, wobei am unteren Ende der Lohnskala den "Wachschützern" 3 Euro die Stunde gezahlt werden.

Neoliberale und neokonservative Hardliner werden die Privatarmeen wohl als Sieg der Marktwirtschaft und kostengünstige Alternative zum staatlichen Militär feiern. Ich als Linke finde die Söldnerarmeen allenfalls feiernswert, wenn sie zum Untergang von Zuständen beitragen, deren Protagonisten gar nicht wissen, dass sie mit Feuereifer an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen.

Meine Gründe:

1. Was ist mit dem staatlichen Gewaltmonopol, dass gegen randalierende Demonstranten immer so eifrig verteidigt wird? Ist es auf einmal kein Kernbestand moderner Staatlichkeit mehr? Wie soll ein Staat Ordnung stiften, der auf sein Gewaltmonopol verzichtet?

2. Das Militär ist über eine Befehlskette an die politische Führung - egal ob Zivilisten oder Militärs - gebunden und so auch in den Staat integriert. Egal ob in einer liberalen Demokratie im Zweifelsfall die Kontrolle der Öffentlichkeit wirkt oder in einem autoritärem System drakonische Strafen unerwünschtes Verhalten ahnden - letztendlich ist der Soldat untergeordnet und hat zu gehorchen.
Das Verhältnis Staat-Privatarmee dagegen ähnelt mehr dem zwischen am Markt gleichberechtigten Kunden und Auftragnehmer. Wobei wohl schon viele Kunden erlebt haben, dass ihre Aufträge nicht so ausgeführt wurden, wie sie das wollten :rolleyes: Bauen reguläre Soldaten nach Ansicht der Führung Mist, hat diese ein weit gefächertes Arsenal an Sanktionsmöglichkeiten. Baut eine Privatarmee Mist, kann ihr der Kunde weitere Aufträger verweigern - das war es aber auch schon.

3. Man stelle sich nun in Anlehnung an 2. vor, die jetzt schon börsennotierten privaten Sicherheitsdienste erlangen eine etwa den Energiekonzernen in Deutschland vergleichbare marktbeherrschende Stellung. Wenn Sicherheitskonzern A schlecht und teuer ist, ist Konzern B vielleicht schlecht und billig, aber das war's auch schon. Wechseln bringt nicht viel, weil alle sich ähneln es vielleicht sogar einen "Tarifdschungel" vergleichbar dem in der Telekommunikation gibt.
Was für Deutschland mit seiner Bundeswehr noch pure Fantasie ist, kann für viele kleinere Staaten, die z. B. das Pech haben, über Rohstoffquellen zu verfügen, bittere Wirklichkeit werden. Die eigene Armee ist schlecht, vielleicht unzuverlässig, also vertraut man sich privaten Sicherheitskonzernen an.

4. In einer Doku über Söldnerarmeen wurde auch gezeigt, was mit Söldnern ganz schnell passieren kann: sie werden umgebracht :rolleyes: Womit wir beim Thema Legitimation sind.
Ich denke, in jedem Gemeinwesen selbst wenn es sich dem Anarchismus verschrieben hätte, muss es Menschen geben, die im Zweifelsfall mit Androhung und Anwendung von Gewalt Konflikte "bearbeiten". Idealerweise treten sie so auf, dass sie nicht bei jeder Gelegenheit den Knüppel schwingen oder gar die Pistole ziehen müssen. Also respektiert, notfalls gefürchtet, aber nie gehasst und verachtet. Deswegen sollten die jeweiligen Ordnungskräfte von der zu ordnenden Gesellschaft als ein Teil von ihnen angesehen werden. So gesehen ist der gewählte Sheriff in US-Provinzkäffern gar nicht mal so schlecht. Selbst Linke haben sich Gedanken darüber gemacht, wie man die Polizei besser in die Gesellschaft intergrieren könnte.
Mit Söldnern und Security wird der entgegengesetzte Weg gegangen. Die Ordnungskräfte kommen von außerhalb der Gesellschaft, sind oft Landesfremde. Nicht gesellschaftliche, soziale oder staatspolitische Kriterien bestimmen ihren Einsatz, sondern allein eine ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung. Die oft nicht aufgeht - mit fatalen Folgen für beide Seiten. Der fremde Söldner kann in einer Gesellschaft nicht Ordnung schaffen und die Menschen profitieren nicht von ihm. Dafür ist er im Zweifelsfall nicht mehr als eine lebende Zielscheibe, deren Tod sch...egal ist. Siehe die Bilder ermordeter Söldner aus dem Irak.

5. Ich bin selbst gegenüber staatlichem Militär skeptisch bis ablehnend und glaube nicht, dass staatlicher Zwang - d. h. Polizei und Justiz - allein irgendwelche gesellschaftlichen Probleme lösen kann. Doch Militär und Polizei sind selbst in übelsten Diktaturen dadurch "kontrolliert", dass irgendwann der Erosionsprozess einer Tyrannei auch seine Armee und seine Polizisten erfasst. Irgendwann ist ein Punkt erreicht wo ein Tyrann so am Ende ist, dass in seinem Land keiner mehr für ihn kämpfen will.
In einer Welt mit privaten Sicherheitskonzernen kann sich jeder Tyrann aber so lange halten, wie er noch Geld hat, um sich den Machterhalt mittels "externer Kräfte" zu erkaufen. Wenn die eigenen Leute nicht mehr für ihn kämpfen wollen, weil er keine Legitimation mehr hat, kommen die Söldner. Einen Umsturz verhindert das vielleicht nicht, doch er wird blutiger und teurer, weil wahrscheinlich die Nachfolgeregierung noch die Rechnung des privaten Sicherheitskonzerns bezahlen muss.

6. Söldnerarmeen sind in der Geschichte nichts Neues, aber waren sie jemals etwas Gutes? So heißt es über Rom, dass sein Niedergang begann, als die Bürgerheere etwa in den Kriegen mit Karthago immer mehr ausbluteten und Rom zunehmend auf Söldner zurückgriff. Zuerst waren es einheimische Soldaten, die sich aber mehr ihrem Feldherrn als etwa dem Senat verpflichtet fühlten, in der Kaiserzeit waren es Söldner aus nichtrömischen Völkern, etwa von den Germanen.
In der frühen Neuzeit waren die "Landsknechte" wohl eher berüchtigt als berühmt - wäre der Dreißigjährige Krieg ohne plündernde Söldner so entsetzlich verlaufen? Um 1800 sollen die Menschen in Deutschland die Wehrpflicht nicht als Belastung, sondern als Befreiung empfunden haben - einfach weil sie die Söldnerarmeen ihrer absolutistischen Herrscher satt hatten und lieber selbst zur Waffe griffen.

7. Und jetzt? Wozu braucht man eigentlich Staaten, die sich sozusagen mit Wonne selbst all ihrer Funktionen entledigen? Ein Staat, der sein Gewaltmonopol abschafft, der sein Militär privatisiert - warum kann man den nicht auch abschaffen? Womit dann aber die ach so tolle weil so beliebige Globalisierung eine neue Qualität erreicht. Vielleicht die ihrer Selbstabschaffung resp. Transformation in etwas Anderes, Neues, was immer das sein mag.

malnachdenken
28.11.2007, 22:50
Ende der Globaliserung? Ja bestimmt :vogel:

HackePeter
28.11.2007, 23:00
War auch Söldner :(

Sorry dafür, ich war jung und brauchte das Geld :rolleyes:

Achsel-des-Bloeden
29.11.2007, 07:41
Mit ihren verweibten Armeen könne die abendländischen Staaten zwar "Knöpfchen drücken", der Kampf "Mann gegen Mann" heißt aber weiterhin nicht nur so ...

Beverly
29.11.2007, 09:04
War auch Söldner :(

Sorry dafür, ich war jung und brauchte das Geld :rolleyes:

Das klingt so, als ob der Beruf des Söldners nicht zu empfehlen ist :rolleyes:

twoxego
29.11.2007, 09:09
was macht es für einen unterschied, wie krieg organisiert ist ?
wenn überall nur noch söldner kämpften, könnte der agressiver veranlagte teil der menschheit sich gegenseitig erheblich reduzieren.
dies wäre sehr begrüssenswert.

GnomInc
29.11.2007, 09:16
Das klingt so, als ob der Beruf des Söldners nicht zu empfehlen ist :rolleyes:

Für Leute mit schwachen Nerven und sensibler Wahrnehmung ist er sogar
extrem gesundheitsschädlich.:cool2:

Achsel-des-Bloeden
29.11.2007, 09:39
was macht es für einen unterschied, wie krieg organisiert ist ?
wenn überall nur noch söldner kämpften, könnte der agressiver veranlagte teil der menschheit sich gegenseitig erheblich reduzieren.
dies wäre sehr begrüssenswert.
Söldnerarmeen waren bis zum Alten Fritz/ Napoleon das Übliche. Sehr viel weniger Kriege gab es meines Wissens damals nicht. Eher im Gegenteil.

Da das Nationale durch das Multikulturelle und Globalkapital immer mehr marginalisiert wird, sind Söldnerheere aber wohl wieder im Kommen.

twoxego
29.11.2007, 09:47
auch die griechen bedienten sich sehr oft der hilfe von söldnern. es gab allerdings doch einen unterschied.

Heller meinte:
" das sympathischste an den ewigen kriegen der antike war, da jene, die sie am heftigsten befürworteten, häufig darin umkamen."

dies sollte erneut eingeführt werden.

Beverly
29.11.2007, 10:32
was macht es für einen unterschied, wie krieg organisiert ist ?
wenn überall nur noch söldner kämpften, könnte der agressiver veranlagte teil der menschheit sich gegenseitig erheblich reduzieren.
dies wäre sehr begrüssenswert.

Wenn es die Söldner und ihre Auftraggeber untereinander ausmachen würden und der Rest nur zuschauen oder schlimmstenfalls über Steuern die Söldner zahlen müsste, wäre es mir auch egal.

Beverly
29.11.2007, 10:33
Für Leute mit schwachen Nerven und sensibler Wahrnehmung ist er sogar
extrem gesundheitsschädlich.:cool2:

es kann aber auch Leute mit starken Nerven erwischen wie der Bericht auf 3sat gezeigt hat

Walter Hofer
29.11.2007, 11:34
Heller meinte:
" das sympathischste an den ewigen kriegen der antike war, da jene, die sie am heftigsten befürworteten, häufig darin umkamen."

dies sollte erneut eingeführt werden.

Das ist eine solide und alle Seiten zufriedenstellende Lösung des Problems! :)

Achsel-des-Bloeden
29.11.2007, 12:00
... Womit dann aber die ach so tolle weil so beliebige Globalisierung eine neue Qualität erreicht. Vielleicht die ihrer Selbstabschaffung resp. Transformation in etwas Anderes, Neues, was immer das sein mag.
Neues?
Der Cyberpunk hat die Auflösung der Nationen und die Machtübernahme der Konzerne bereits in den 80igern beschrieben.
Worin Weltanschauungsgemeinschaften ebenfalls wieder höheren Stellenwert erhileten.

EinDachs
29.11.2007, 16:37
Meine Gründe:

1. Was ist mit dem staatlichen Gewaltmonopol, dass gegen randalierende Demonstranten immer so eifrig verteidigt wird? Ist es auf einmal kein Kernbestand moderner Staatlichkeit mehr? Wie soll ein Staat Ordnung stiften, der auf sein Gewaltmonopol verzichtet?

Aber ist die Ersetzung des Staates durch privatwirtschaftliche Akteure nicht gerade ein Kennzeichen wirtschaftlicher Liberalisierung (vulgo Globalisierung)?
Das man das staatliche Gewaltmonopol gegen eine Gruppe von Globalisierungsgegnern verteidigt, macht es ja noch nicht zu einem besonderen Gut der Globalisierung. Im großen und ganzen trifft ja eher das Gegenteil zu.



2. Das Militär ist über eine Befehlskette an die politische Führung - egal ob Zivilisten oder Militärs - gebunden und so auch in den Staat integriert. Egal ob in einer liberalen Demokratie im Zweifelsfall die Kontrolle der Öffentlichkeit wirkt oder in einem autoritärem System drakonische Strafen unerwünschtes Verhalten ahnden - letztendlich ist der Soldat untergeordnet und hat zu gehorchen.
Das Verhältnis Staat-Privatarmee dagegen ähnelt mehr dem zwischen am Markt gleichberechtigten Kunden und Auftragnehmer. Wobei wohl schon viele Kunden erlebt haben, dass ihre Aufträge nicht so ausgeführt wurden, wie sie das wollten :rolleyes: Bauen reguläre Soldaten nach Ansicht der Führung Mist, hat diese ein weit gefächertes Arsenal an Sanktionsmöglichkeiten. Baut eine Privatarmee Mist, kann ihr der Kunde weitere Aufträger verweigern - das war es aber auch schon.


Dieses Aufweichen der Verantwortlichkeiten ist aber heutzutage mitunter auch ein Vorteil. Die USA profitieren ja etwa davon, dass es "nur" irgendwelche Söldner sind, die dieses oder jenes Verbrechen begehen oder dort und da fallen. Ein toter Blackwatermitarbeiter scheint nicht in der Statistik gefallener GIs auf. Ich denke, dieses spezielle Dienstverhältnis ist ja durchaus erwünscht, auch wenn es die mühsame Einhegung des Militärapparates durch den Staat rückgängig macht.



3. Man stelle sich nun in Anlehnung an 2. vor, die jetzt schon börsennotierten privaten Sicherheitsdienste erlangen eine etwa den Energiekonzernen in Deutschland vergleichbare marktbeherrschende Stellung. Wenn Sicherheitskonzern A schlecht und teuer ist, ist Konzern B vielleicht schlecht und billig, aber das war's auch schon. Wechseln bringt nicht viel, weil alle sich ähneln es vielleicht sogar einen "Tarifdschungel" vergleichbar dem in der Telekommunikation gibt.
Was für Deutschland mit seiner Bundeswehr noch pure Fantasie ist, kann für viele kleinere Staaten, die z. B. das Pech haben, über Rohstoffquellen zu verfügen, bittere Wirklichkeit werden. Die eigene Armee ist schlecht, vielleicht unzuverlässig, also vertraut man sich privaten Sicherheitskonzernen an.


Marktversagen kanns natürlich auch auf einem Gewaltmarkt geben, da geb ich dir recht.



4. In einer Doku über Söldnerarmeen wurde auch gezeigt, was mit Söldnern ganz schnell passieren kann: sie werden umgebracht :rolleyes: Womit wir beim Thema Legitimation sind.
Ich denke, in jedem Gemeinwesen selbst wenn es sich dem Anarchismus verschrieben hätte, muss es Menschen geben, die im Zweifelsfall mit Androhung und Anwendung von Gewalt Konflikte "bearbeiten". Idealerweise treten sie so auf, dass sie nicht bei jeder Gelegenheit den Knüppel schwingen oder gar die Pistole ziehen müssen. Also respektiert, notfalls gefürchtet, aber nie gehasst und verachtet. Deswegen sollten die jeweiligen Ordnungskräfte von der zu ordnenden Gesellschaft als ein Teil von ihnen angesehen werden. So gesehen ist der gewählte Sheriff in US-Provinzkäffern gar nicht mal so schlecht. Selbst Linke haben sich Gedanken darüber gemacht, wie man die Polizei besser in die Gesellschaft intergrieren könnte.
Mit Söldnern und Security wird der entgegengesetzte Weg gegangen. Die Ordnungskräfte kommen von außerhalb der Gesellschaft, sind oft Landesfremde. Nicht gesellschaftliche, soziale oder staatspolitische Kriterien bestimmen ihren Einsatz, sondern allein eine ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung. Die oft nicht aufgeht - mit fatalen Folgen für beide Seiten. Der fremde Söldner kann in einer Gesellschaft nicht Ordnung schaffen und die Menschen profitieren nicht von ihm. Dafür ist er im Zweifelsfall nicht mehr als eine lebende Zielscheibe, deren Tod sch...egal ist. Siehe die Bilder ermordeter Söldner aus dem Irak.

Das muss gar nicht sein, dass die Söldner aus dem Ausland kommen müssen. Gerade in unterentwickelten Gebieten stellen oft lokale Stammesfürsten und Warlords die Söldner. Eine feine Pointe ist ja, dass der amerikanische Sicherheitskonzern viel Zeit damit verbringt, afghanische Warlords zu bekämpfen, die ja im Grunde nichts anderes sind als er: Private Kriegsteilnehmer die aus ökonomischen Motiven Gewalt ausüben.



5. Ich bin selbst gegenüber staatlichem Militär skeptisch bis ablehnend und glaube nicht, dass staatlicher Zwang - d. h. Polizei und Justiz - allein irgendwelche gesellschaftlichen Probleme lösen kann. Doch Militär und Polizei sind selbst in übelsten Diktaturen dadurch "kontrolliert", dass irgendwann der Erosionsprozess einer Tyrannei auch seine Armee und seine Polizisten erfasst. Irgendwann ist ein Punkt erreicht wo ein Tyrann so am Ende ist, dass in seinem Land keiner mehr für ihn kämpfen will.
In einer Welt mit privaten Sicherheitskonzernen kann sich jeder Tyrann aber so lange halten, wie er noch Geld hat, um sich den Machterhalt mittels "externer Kräfte" zu erkaufen. Wenn die eigenen Leute nicht mehr für ihn kämpfen wollen, weil er keine Legitimation mehr hat, kommen die Söldner. Einen Umsturz verhindert das vielleicht nicht, doch er wird blutiger und teurer, weil wahrscheinlich die Nachfolgeregierung noch die Rechnung des privaten Sicherheitskonzerns bezahlen muss.

Dein Szenario geht von einer vollständigen Kapitalisierung der Gewalt aus. Das ist aber mehr als unrealistisch. Ich kann so zusagen ganz privat Gewalt produzieren und verschenken. Und einfach mehr Geld in den Sicherheitsbereich zu pumpen erhöht irgendwann die Sicherheit nicht mehr wesentlich, sondern subventioniert nur zusätzliche Gammeldienste und bläht den Apparat auf. Ich seh hier keine so große Gefahr.



6. Söldnerarmeen sind in der Geschichte nichts Neues, aber waren sie jemals etwas Gutes? So heißt es über Rom, dass sein Niedergang begann, als die Bürgerheere etwa in den Kriegen mit Karthago immer mehr ausbluteten und Rom zunehmend auf Söldner zurückgriff. Zuerst waren es einheimische Soldaten, die sich aber mehr ihrem Feldherrn als etwa dem Senat verpflichtet fühlten, in der Kaiserzeit waren es Söldner aus nichtrömischen Völkern, etwa von den Germanen.
In der frühen Neuzeit waren die "Landsknechte" wohl eher berüchtigt als berühmt - wäre der Dreißigjährige Krieg ohne plündernde Söldner so entsetzlich verlaufen? Um 1800 sollen die Menschen in Deutschland die Wehrpflicht nicht als Belastung, sondern als Befreiung empfunden haben - einfach weil sie die Söldnerarmeen ihrer absolutistischen Herrscher satt hatten und lieber selbst zur Waffe griffen.


Söldnerarmeen sind zu jeder Zeit ein Unsicherheitsfaktor gewesen, in der sie aktiv waren. Jemand wird dafür bezahlt zu kämpfen, oft auch mal um wieder damit aufzuhören und hat daher ein Interesse daran, dass der Krieg sich in die Länge zieht. Da wirklicher Frieden nur dann herrscht, wenn alle bewaffneten Mächte ihn akkzeptieren, ist es sehr viel schwieriger, einen Frieden mit kleinen Söldnerverbänden zu schließen.



7. Und jetzt? Wozu braucht man eigentlich Staaten, die sich sozusagen mit Wonne selbst all ihrer Funktionen entledigen? Ein Staat, der sein Gewaltmonopol abschafft, der sein Militär privatisiert - warum kann man den nicht auch abschaffen? Womit dann aber die ach so tolle weil so beliebige Globalisierung eine neue Qualität erreicht. Vielleicht die ihrer Selbstabschaffung resp. Transformation in etwas Anderes, Neues, was immer das sein mag.

Etwa der Anarchokapitalismus?
Ehrlich gesagt, seh ich da drinen die größte Gefahr der Globalisierung. Sie schwächt den Staat, vor allem in seinem Gewaltmonopol. Und ich halte den Staat dann doch für eine sehr sinnvolle und bewährte Organisationseinheit. Sie leifert ein gewisses Maß an Kontrolle, Verantwortung und Transparenz, die bei einer marktwirtschaftlichen Bearbeitung politischer Probleme einfach nicht gegeben sein kann. Außerdem arbeitet Politk und Wirtschaft nach sehr unterschiedlichen Funktionslogiken. Darum denke und hoffe ich, dass dieser Auswuchs nur ein vorrübergehendes Phänomen bleibt.

Beverly
30.11.2007, 13:59
Etwa der Anarchokapitalismus?
Ehrlich gesagt, seh ich da drinen die größte Gefahr der Globalisierung. Sie schwächt den Staat, vor allem in seinem Gewaltmonopol. Und ich halte den Staat dann doch für eine sehr sinnvolle und bewährte Organisationseinheit. Sie leifert ein gewisses Maß an Kontrolle, Verantwortung und Transparenz, die bei einer marktwirtschaftlichen Bearbeitung politischer Probleme einfach nicht gegeben sein kann. Außerdem arbeitet Politk und Wirtschaft nach sehr unterschiedlichen Funktionslogiken. Darum denke und hoffe ich, dass dieser Auswuchs nur ein vorrübergehendes Phänomen bleibt.

@Ein Dachs,

wenn der Staat so als Ordnungsfaktor arbeiten würde, wie du es sagst, hätte ich auch nichts dagegen und würde z. B. eine Wehrpflichtarmee jeder Art von Söldnertruppe vorziehen.
Du hast auch Recht damit, dass zumindest in einer offenen und demokratischen Gesellschaft staatliches und öffentliches Handeln transparenter und oft menschengerechter abläuft als es auf dem "freien Markt" der Fall ist. Siehe die Privatisierung öffentlicher Leistungen, die in der Mehrzahl der Fälle diese Leistungen verschlechtert hat.
Nur was soll ich mit einem Staat machen, der vorzugsweise zwei Zustände kennt:

a. den nach innen und außen Amok laufenden Kollektivismus und Totalitarismus, wie im Deutschen Reich, der SU unter Stalin, China unter Mao

b. seinem Ausverkauf eben an die "Privaten", dem Rückzug aus der Ordnung stiftenden Funktion, das sich Reduzieren zum Büttel der ökonomisch Mächtigen

Ich sehe kaum Kräfte, die dem entgegenwirken wollen. Die Rechten wollen entweder den totalitären, autoritär-kollektivistischen Staat - NPD - oder sie marschieren beim Ausverkauf des Staates Seit an Seit mit den Neoliberalen - jene, die der NPD "Sozialismus" vorwerfen.
Die Mitte betreibt den Ausverkauf des Staates.

So ******* ich Söldnerarmeen auch finde und so verlogen sogar jene, welche die Wehrpflicht nur deshalb abschaffen wollen, damit Bürgersöhnchen nicht mehr selbst im Krieg die Haut zu Markte tragen müssen - so muss ich mich wohl damit abfinden, dass derzeit die "Privaten" im Militärgewerbe ein Indiz dafür sind, dass nun Zustände kaputt gehen, die nicht mehr zu halten sind.
Lieber die Söldnertruppe als das Millionenheer der Wehrmacht, dass die NPD wieder einführen will. Lieber den Anarchismus als Staaten die sich vor ihrer Ordnung stiftenden Aufgabe drücken. Selbst wenn Ordnung notwendig ist und ein richtungsloser und beliebiger Anarchismus keine Lösung ist - Staaten die durch ihre Existenz mehr und mehr zum Hindernis für lebbare Ordnungen werden, sind dann nicht nur nutzlos, sondern schädlich.

EinDachs
30.11.2007, 16:49
@Ein Dachs,

wenn der Staat so als Ordnungsfaktor arbeiten würde, wie du es sagst, hätte ich auch nichts dagegen und würde z. B. eine Wehrpflichtarmee jeder Art von Söldnertruppe vorziehen.
Du hast auch Recht damit, dass zumindest in einer offenen und demokratischen Gesellschaft staatliches und öffentliches Handeln transparenter und oft menschengerechter abläuft als es auf dem "freien Markt" der Fall ist. Siehe die Privatisierung öffentlicher Leistungen, die in der Mehrzahl der Fälle diese Leistungen verschlechtert hat.
Nur was soll ich mit einem Staat machen, der vorzugsweise zwei Zustände kennt:

a. den nach innen und außen Amok laufenden Kollektivismus und Totalitarismus, wie im Deutschen Reich, der SU unter Stalin, China unter Mao

b. seinem Ausverkauf eben an die "Privaten", dem Rückzug aus der Ordnung stiftenden Funktion, das sich Reduzieren zum Büttel der ökonomisch Mächtigen

Ich denke, es gibt da dann doch noch einen Haufen Spielraum zwischen diesen beiden Extremen, in denen sich ja auch der Großteil der Staaten der Menschheitsgeschichte befindet.
Der freiwillige(?) Rückzug des Staates und die Dominanz der Wirtschaft ist ja auch ein relativ junges Phänomen, ganz besonders in der sehr heiklen Frage des Gewaltmonopols.
Und es muss auch nicht unbedingt Wehrpflicht sein, ein Berufsheer ist ebenso eine mögliche Lösung, allerdings eben unter direkter starker staatlicher Kontrolle und nicht mit Unternehmensstruktur und Profitmaximierung. Das Ziel eines Sicherheitsappartes soll die Herstellung von Sicherheit und nicht die von Gewinnen sein.



Ich sehe kaum Kräfte, die dem entgegenwirken wollen. Die Rechten wollen entweder den totalitären, autoritär-kollektivistischen Staat - NPD - oder sie marschieren beim Ausverkauf des Staates Seit an Seit mit den Neoliberalen - jene, die der NPD "Sozialismus" vorwerfen.
Die Mitte betreibt den Ausverkauf des Staates.


Ich seh da schon sehr viele Kräfte, die ein Wiederauftauchen von Kriegsdienstleistern kritisieren und aufhalten wollen. Es wird wohl nicht mal in der FDP wahrnehmbare Stimmen geben, die eine solche Entwicklung als überaus positiv auffassen.



So ******* ich Söldnerarmeen auch finde und so verlogen sogar jene, welche die Wehrpflicht nur deshalb abschaffen wollen, damit Bürgersöhnchen nicht mehr selbst im Krieg die Haut zu Markte tragen müssen - so muss ich mich wohl damit abfinden, dass derzeit die "Privaten" im Militärgewerbe ein Indiz dafür sind, dass nun Zustände kaputt gehen, die nicht mehr zu halten sind.
Lieber die Söldnertruppe als das Millionenheer der Wehrmacht, dass die NPD wieder einführen will. Lieber den Anarchismus als Staaten die sich vor ihrer Ordnung stiftenden Aufgabe drücken. Selbst wenn Ordnung notwendig ist und ein richtungsloser und beliebiger Anarchismus keine Lösung ist - Staaten die durch ihre Existenz mehr und mehr zum Hindernis für lebbare Ordnungen werden, sind dann nicht nur nutzlos, sondern schädlich.

Das kommt sehr auf die Art des Anarchismus drauf an.
Ist er eher emanzipatorischer Art in der Macht sehr ausgeklügelt aufgeteilt ist, dann ist er wohl die bessere Lösung.
Ich empfehl dir Leopold Kohrs "Die überentwickelte Nation", ich denke, der könnte dir gefallen.