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Vollständige Version anzeigen : Warum führen wir nicht die Schweizer Verfassung ein?



Beverly
06.11.2007, 11:37
Mir ist schon oft folgende Idee durch den Kopf gegangen:

Alle sind mit der akuten BRD unzufrieden. Den Linken ist sie zu rechts, den Rechen ist sie zu links. Den Konservativen ist sie zu liberal, den gesellschaftlich Fortschrittlichen zu konservativ. Den Sozialisten ist sie zu kapitalistisch, den Freunden überbordenden Kapitalismus zu sozialistisch.

Obwohl sich die Argumente der Unzufriedenen scheinbar widersprechen, treffen sie sich vielleicht darin, dass die BRD am Ende ist oder kurz davor. So wie Weimar, wo zum bösen Schluss niemand mehr Lust auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" hatte, weil er für alle unbefriedigend war.

Doch das was nach Weimar kam, ist ein Argument dafür, so etwas nicht nochmal zu tun. Braun pur spricht angesichts der Folgen eindeutig gegen sich. Doch auch "rot pur" hatten wir in Form der DDR und es war auch nicht haltbar.

Mein Gedanke ist da, dass wir bei einem Neuanfang kein zum Scheitern verurteiltes holistisches Experiment machen, sondern auf etwas Bewährtes zurück greifen. Also eine Verfassung nach dem Vorbild der Schweiz.

Das bedeutet:

1. Direkte Demokratie mit Volksabstimmungen auf allen Ebenen
2. Kleine Bundesländer in der Art der Schweizer Kantone, die aber über große Befugnisse verfügen. Zu groß geratene und anonyme Länder der BRD also in kleinere Einheiten auflösen - ich denke da an Bayern, NRW und Baden-Württemberg.

Ferner sollte eine neue Verfassung Folgendes enthalten:

3. Die strikte Trennung der Kompetenzen von Zentralregierung und Ländern. Die Länder mögen mehr Befugnisse haben als jetzt, aber sie dürfen der Zentralregierung nicht hinein regieren - kein Bundesrat mehr, keine "konkurrierende Gesetzgebung", keine "Staatsverträge" der Länder mehr, mit denen sie jetzt Kompetenzen der Bundesregierung usurpieren.

4. Abschaffung der 5-Prozent-Hürde bei Wahlen. Personen- und Listenwahl wird kombniniert, indem man auf seiner Parteiliste den Kandidaten ankreuzen kann, der einem gefällt - egal wo im Wahlgebiert er wohnt.

5. Direktwahl des Staatsoberhauptes. Funktionieren Plebiszite und Parlament, hat er nur repräsentative Aufgaben. Funktionieren sie nicht, kann er mit "Präsidialkabinetten" und "Notverordnungen" regieren.

Inhaltliche Festlegungen:

Eigentlich gibt eine Verfassung nur die Regeln vor, nach denen Entscheidungen getroffen werden sollen. Wo sich dann Rote, Schwarze und Braune, Sozialisten und Kapitalisten dann munter zanken können, anstatt - wie in der BRD - frustriert abseits zu stehen.
Doch wenn die Rahmenbedingungen vorm Arsch sind, taugt auch die beste Verfassung nichts - so hatte IMHO Weimar eine gute Verfassung, doch soziale, wirtschaftliche und außenpolitische Rahmenbedingungen waren so katastrophal, dass das Ende kaum abzuwenden gewesen wäre.

Wirtschaft: man kommt nicht darum, die Macht der Konzerne und des "Kapitals" zu brechen, selbst wenn man nicht wie im Staatssozialismus mit Enteignungen Amok gegen die Wirtschaft laufen will. Das "Kapital", seine Ideologen und Vollstrecker würden auch eine reformierte Verfassung untergraben und aushöhlen.
Ganz davon zu schweigen, dass der derzeitige Zustand der Wirtschaft den sozialen Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt untergräbt, weil "dank" ihr die Menschen verarmen und sie keine Perspektiven haben.

Parteien und politische Organisationen: die bestehenden Parteien liegen wie Mehltau über dem Land. Hier ist es auf alle Fälle angebracht, ein Plebiszit über ihre Auflösung zu machen - wobei unter "Parteien" auch deutsche Ableger ausländischer Parteien oder ausländischer politischer Organisationen zu verstehen sind. Alles auflösen und neu anfangen scheint mir geboten!

Bildung: Bildung sollte zum vorrangigen Staatsziel erklärt werden. Am besten die Schulen in ihrer bestehenden Form für beendet erklären und ganz neu anfangen. Sätze wie "Bildung ist Ländersache" darf es nicht mehr geben - die Länder mögen da viel gestalten können, doch nicht mehr im Sinne eines Hoheitsrechtes, sondern in der Erfüllung einer der vorrangignsten gesellschaftlichen Aufgaben.

Medien: dass der Herr Chavez in Venezuela einen Sender hat schließen lassen, kann ich irgendwie verstehen :rolleyes: Hier muss die Dominanz der privaten Medienkonzerne - die zu allem Übel nix auf die Reihe kriegen, siehe ihre unterirdischen Eigenproduktionen - gebrochen werden. Die Zentralregierung, die Länder, weltanschauliche Strömungen und gesellschaftliche Gruppen - alle sollen auf Sendung gehen können. Wenn Privatunternehmen dann noch Lust haben (die haben sie derzeit nicht), können sie es auch.
Ebenso bei Print: ein Plebiszit darf nicht dazu führen, dass so abgestimmt wird, wie es Springer oder Bertelsmann wollen.

Staat und Volk: Deutschland ist ein Staat der Deutschen mit gleichberechtigten ethnischen Minderheiten. Anstatt diese Realität zu leugnen oder zu meinen, da würde sich alles "von selbst" im "freien Spiel der Kräfte" regeln, sollte man offensiv und konstruktiv damit umgehen. So haben ethnische Minderheiten weder das Recht, der Mehrheitsgesellschaft die Zustände ihrer Herkunftsländer - oder der USA - aufzuzwingen, noch darf man sie nach Lust und Laune diskriminieren oder deportieren.
Ferner sollte Deutschland mit Österreich und der Vorbild gebenden Schweiz über eine Konföderation verhandeln. Die "Wiedervereinigung" mit Österreich haben wir ja schon dadurch, dass beide Länder in der EU sind. Aber die gibt es vielleicht nicht ewig und die Schweiz will eh nicht hinein.

Einwanderung & Staatsbürgerschaft: bei einem Neuanfang sollen alle mitmachen können, die derzeit in Deutschland leben - auch die geschätzten eine Million Illegalen. Aber wer Rechte hat, hat auch Pflichten. Obwohl ich von Zwangsveranstaltungen nichts halte, wäre es eine Überlegung wert, die Inanspruchnahme recht großer Mitwirkungsrechte mit einem Eid auf die Verfassung zu verbinden. Jeder Bürger leistet diesen Eid und wer ihn verweigert, darf auch nicht an Volksabstimmungen oder Wahlen teilnehmen. Wobei dieser Eid einerseits verbindlich sein müsste, andererseits so weit offen, dass ihn sowohl ein Moslem als auch ein Atheist leisten kann. Also Beschränkung auf das Wesentliche.
Angesichts der chaotischen Diskussionen im Migration denke ich, es wäre am besten, nur so viel Einwanderung zuzulassen, wie es auch Auswanderung gibt. Darüber hinaus nur Familiennachzug. So eine Politik, die auf halber Strecke zwischen "offene Grenzen" und "Ausländerrückführung" liegt, wäre eine gute Ausgangsbasis.
Wenn die neue, Schweizer Ordnung sich konsolidiert hat, kann man ja auch in der Einwanderung weitersehen, sofern dann überhaupt noch Handlungsbedarf ist.

Wie bei allen anderen inhaltlichen Vorgaben: ich halte sie für notwendig, damit das Projekt "Schweizer Verfassung für Deutschland" nicht schon im Ansatz zum Rohrkrepierer wird - andere mögen das anders sehen und in der direkten Demokratie entscheidet die Mehrheit.

Biskra
06.11.2007, 11:42
@Beverly: Was hat das jetzt mit der Schweizer Verfassung zu tun, außer daß die auch föderal ist?

Felidae
06.11.2007, 11:42
Mir wäre eine nach dem US-Vorbild lieber. Starke Abwehrrechte gegen den Staat, nur schwer änderbar, föderalistisch.

Biskra
06.11.2007, 11:43
Mir wäre eine nach dem US-Vorbild lieber. Starke Abwehrrechte gegen den Staat, nur schwer änderbar, föderalistisch.

Eindeutig ein Unterschied zur Schweizer Verfassung. Ich persönlich mag das Grundgesetz lieber. :]

Felidae
06.11.2007, 11:45
Eindeutig ein Unterschied zur Schweizer Verfassung. Ich persönlich mag das Grundgesetz lieber. :]

Das Grundgesetz liefert dem Gesetzgeber auch nur immer neue Legitimationen, sich an den Grundfreiheiten zu vergreifen.

Beverly
06.11.2007, 11:49
@Beverly: Was hat das jetzt mit der Schweizer Verfassung zu tun, außer daß die auch föderal ist?

dass die Menschen mehr Mitwirkungsrechte haben - oder dürfen sie nur dann an Volksabstimmungen teilnehmen, wenn sie - wie in der Schweiz - überwiegend konservativ geprägt sind?

Beverly
06.11.2007, 11:53
Mir wäre eine nach dem US-Vorbild lieber. Starke Abwehrrechte gegen den Staat, nur schwer änderbar, föderalistisch.

In den ursprünglichen Intentionen unterschieden sich die Schweizer und die US-Amerikaner nicht einmal so sehr. Föderalismus auf halbem Wege zwischen Staatenbund und Bundesstaat. Der Hauptunterschied liegt wohl in der Größe ;)

Allerdings hat es meines Erachtens die herrschende Oligarchie in den USA geschafft, ihre Verfassung und v. a. den föderalen Aspekt gründlich auszuhöhlen. Die herrschenden Familien und Klüngel, die beiden Systemparteien Republikaner und Demokraten, die Mega-Reichen und Konzerne, diverse ideologische Klüngel - so viel Mehltau verträgt keine noch so gute oder föderale Verfassung.

Beverly
06.11.2007, 11:56
Eindeutig ein Unterschied zur Schweizer Verfassung. Ich persönlich mag das Grundgesetz lieber. :]

Außer den Sätzen "politisch Verfolgte genießen Asylrecht" und "die Todesstrafe ist abgeschafft" kann ich am Grundgesetz nicht viel finden, was es so besonders macht. Sowohl in der Weimarer Republik als auch in Österreich und der Schweiz haben die Menschen mehr Mitwirkungsrechte.

Pandulf
06.11.2007, 11:58
Die Schweizer Demokratie ist nicht praktikabel, da über jeden Mist eine Volksabstimmung abgehalten wird. Das ist überflüssig. Es würde reichen, wenn wir in den wesentlichen Dingen eine Volksabstimmung machen könnten. Sprich das GG bleibt, erweitert um ein plebizitäres Element, das sich auf die Kernfragen des Gemeinwesens beschränkt.

Biskra
06.11.2007, 12:00
Das Grundgesetz liefert dem Gesetzgeber auch nur immer neue Legitimationen, sich an den Grundfreiheiten zu vergreifen.

Seltsame Argumentation angesichts der Schutzwirkung der im Grundgesetz verbürgten Individualrechte.

Felidae
06.11.2007, 12:04
Seltsame Argumentation angesichts der Schutzwirkung der im Grundgesetz verbürgten Individualrechte.

Die Individualrechte des GG kannst du dir aufs Brot schmieren, die sind nämlich nichts wert.

Biskra
06.11.2007, 12:04
dass die Menschen mehr Mitwirkungsrechte haben - oder dürfen sie nur dann an Volksabstimmungen teilnehmen, wenn sie - wie in der Schweiz - überwiegend konservativ geprägt sind?

Verstehe, du willst das plebiszitäre Element stärken. Das will ich auch (wie auch die FDP übrigens ;) ). In Berlin und Bayern ist das auf Landesebene ja schon möglich. Art. 20 des GG erlaubt dies auch ausdrücklich. Dafür bräuchte man keine neue Verfassung, lediglich eine Abwahl der CDU/CSU, die sich als einzige Fraktion offiziell dagegen stemmt. :]

Biskra
06.11.2007, 12:05
Die Individualrechte des GG kannst du dir aufs Brot schmieren, die sind nämlich nichts wert.

Woraus schließt du das?

Felidae
06.11.2007, 12:08
Woraus schließt du das?

Wir haben hier ja nicht mal Meinungsfreiheit. Nahezu jedes Freiheitsrecht enthält Gesetzesvorbehalte. Eigentumsrecht? Fehlanzeige. Der Staat bestimmt selbstherrlich, wie viel von deinem Geld er dir per Steuer abnehmen darf. Nichtmal die Menschenwürde ist so unantastbar, wie uns Art. 1 gerne glauben machen will. Wer sich mal Art. 12 a, vor allem im Licht von Art. 79 Abs. 3 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG genau ansieht, wird das feststellen.

Schwarzer Rabe
06.11.2007, 12:10
Eine richtige Demokratie (direkt) und die Abschaffung der 5%-Hürde wären auf jeden Fall eine Verbesserung!

Felidae
06.11.2007, 12:12
Eine richtige Demokratie (direkt) und die Abschaffung der 5%-Hürde wären auf jeden Fall eine Verbesserung!

Eine repräsentative Demokratie ist bei einem 72 Millionen-Volk notwendig. Ansonsten hätten wir vermutlich fast jeden Sonntag eine Abstimmung über irgendwelchen Nonsens. Genauso die 5%-Hürde. Ansonsten käme jede kleine Splitterpartei in den Bundestag, und das Ding wäre so zersplittert, dass Italien vor Neid erblassen würde.

Biskra
06.11.2007, 12:12
Wir haben hier ja nicht mal Meinungsfreiheit. Nahezu jedes Freiheitsrecht enthält Gesetzesvorbehalte. Eigentumsrecht? Fehlanzeige. Der Staat bestimmt selbstherrlich, wie viel von deinem Geld er dir per Steuer abnehmen darf. Nichtmal die Menschenwürde ist so unantastbar, wie uns Art. 1 gerne glauben machen will. Wer sich mal Art. 12 a, vor allem im Licht von Art. 79 Abs. 3 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG genau ansieht, wird das feststellen.

Was wird man dann feststellen? Art 79 Abs. 3 legt fest, daß die Art. 1 und 20 unabänderlich sind.

Und warum bitteschön haben wir keine Meinungsfreiheit? Weil man den Holocaust nicht öffentlich leugnen darf?

Biskra
06.11.2007, 12:14
PS: Bestimmt der Staat nicht auch in den USA wie viele Steuern er erheben darf?

Felidae
06.11.2007, 12:19
Was wird man dann feststellen? Art 79 Abs. 3 legt fest, daß die Art. 1 und 20 unabänderlich sind.

Nicht unabänderlich. Ihre Grundsätze dürfen durch keine Verfassungsänderung berührt werden, steht dort. Die Einführung eines Art. 1 a, in dem stünde, dass Art. 1 Abs. 1 aber nicht für lästige Kritiker gilt, wäre ebenso verboten, wie eine entsprechende Änderung des Art. 1 selbst.

Um auf mein Beispiel zurückzukommen:

Die Wehrpflicht kann niemals mit der Menschenwürde unter einen Hut gebracht werden. Denn die Wehrpflicht impliziert einen staatlichen Verfügungsanspruch über den Menschen selbst, dem der junge Mann sich nicht wirklich entziehen kann. Der Staat bestimmt Dauer, Art und Weise und auch die ganze restliche Gestaltung des Wehrdienstes, der wehrpflichtige Mann hat dem nur Folge zu leisten, selbst aber, obwohl es im Zweifel um sein Leben geht, nichts mehr mitzureden. Ist das der richtige Umgang mit einem angeblich freien, sich selbst gehörenden Menschen? Nein, das ist der Umgang mit Besitz, mit einem Sklaven. Die Menschenwürde verbietet nun angeblich Sklaverei. Dann müsste aber zwingend die Einführung des Wehrpflichtgesetzes und des Art. 12a wegen Verstoßes gegen Art. 1 GG nichtig sein. Ist es aber laut BVerfG nicht.

Felidae
06.11.2007, 12:20
Und warum bitteschön haben wir keine Meinungsfreiheit? Weil man den Holocaust nicht öffentlich leugnen darf?

Auch. Mir würde Holocaustleugnung auch nicht gefallen aber mir missfallen so viele Meinungen und dennoch tolererie ich sie.

Felidae
06.11.2007, 12:23
PS: Bestimmt der Staat nicht auch in den USA wie viele Steuern er erheben darf?

Sicher. Aber dort ist er weit eingeschränkter.

Biskra
06.11.2007, 12:27
Nicht unabänderlich. Ihre Grundsätze dürfen durch keine Verfassungsänderung berührt werden, steht dort. Die Einführung eines Art. 1 a, in dem stünde, dass Art. 1 Abs. 1 aber nicht für lästige Kritiker gilt, wäre ebenso verboten, wie eine entsprechende Änderung des Art. 1 selbst.

Ja, genau dadurch ist der Artikel unabänderlich! Was wolltest du also mit Verweis auf Artikel 79 Abs. 3 sagen?



Um auf mein Beispiel zurückzukommen:

Die Wehrpflicht kann niemals mit der Menschenwürde unter einen Hut gebracht werden. Denn die Wehrpflicht impliziert einen staatlichen Verfügungsanspruch über den Menschen selbst, dem der junge Mann sich nicht wirklich entziehen kann. Der Staat bestimmt Dauer, Art und Weise und auch die ganze restliche Gestaltung des Wehrdienstes, der wehrpflichtige Mann hat dem nur Folge zu leisten, selbst aber, obwohl es im Zweifel um sein Leben geht, nichts mehr mitzureden. Ist das der richtige Umgang mit einem angeblich freien, sich selbst gehörenden Menschen? Nein, das ist der Umgang mit Besitz, mit einem Sklaven. Die Menschenwürde verbietet nun angeblich Sklaverei. Dann müsste aber zwingend die Einführung des Wehrpflichtgesetzes und des Art. 12a wegen Verstoßes gegen Art. 1 GG nichtig sein. Ist es aber laut BVerfG nicht.

Art 12, Absatz 2:


(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

Das beinhaltet die Wehrpflicht. Den Dienst an der Waffe kann man übrigens, das weißt du sicherlich, durch Berufung auf Art. 4, Abs 3:


(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

verweigern. Sowohl die USA als auch die Schweiz haben übrigens eine Wehrpflicht! Was ist dort besser? Daß in den USA die Wehrpflicht inzwischen ruht?

Lord Solar Plexus
06.11.2007, 12:27
Die Schweizer drehen ihr Ding, wir unseres. Bestände Deutschland nur aus Banken, Kühen und Alpen, könnten wir es genauso machen.


Wir haben hier ja nicht mal Meinungsfreiheit.


Selbstverständlich haben wir die. Du machst den klassischen Fehler und denkst an unbegrenzte, absolute Freiheit. Die gibt es jedoch in keinem Staatswesen, oder nur für einige wenige oder nur für sehr begrenzte Zeit. Du kannst ja gerne ein Beispiel für einen Staat nennen, der nicht in irgendeiner Weise in das Zusammenleben der Individuen eingreift.

Gesetzesvorbehalte tragen dem Faktum Rechnung, dass Wertekollisionen unausweichlich sind. Sie zeigen Grenzen auf, über die man diskutieren kann, nicht aber, dass es keine Meinungsfreiheit gibt.



Eigentumsrecht? Fehlanzeige. Der Staat bestimmt selbstherrlich, wie viel von deinem Geld er dir per Steuer abnehmen darf.


Ohne Steuern kein Staat. Ohne Staat keine Sicherung von Freiheiten. Der sich selbst beschränkende demokratische Rechtsstaat ist Garant für Freiheiten. Dazu benötigt er Ressourcen. Ein Staat, der keine Einschränkungen vornehmen würde, würde höchstens einer kleinen Minderheit gewisse Privilegien garantieren.

Du kannst natürlich gerne eine nicht-staatliche Verfassung oder Institution anführen, die Freiheit garantiert und nicht in das Zusammenleben eingreift.

Biskra
06.11.2007, 12:27
Sicher. Aber dort ist er weit eingeschränkter.

Inwiefern?

Felidae
06.11.2007, 12:28
Ja, genau dadurch ist der Artikel unabänderlich! Was wolltest du also mit Verweis auf Artikel 79 Abs. 3 sagen?




Art 12, Absatz 2:



Das beinhaltet die Wehrpflicht. Den Dienst an der Waffe kann man übrigens, das weißt du sicherlich, durch Berufung auf Art. 4, Abs 3:



verweigern. Sowohl die USA als auch die Schweiz haben übrigens eine Wehrpflicht! Was ist dort besser? Daß in den USA die Wehrpflicht inzwischen ruht?

Art. 12 Abs. 2 beinhaltet sog. Hand- und Spanndienste, keine Wehrpflicht. Denn dann müsste sie auch für Frauen gelten, was sie aber nicht tut. Von daher verstößt die Wehrpflicht auch noch gegen Art. 3 Abs. 2 GG.

Doc Gyneco
06.11.2007, 12:29
Die Schweizer Demokratie ist nicht praktikabel, da über jeden Mist eine Volksabstimmung abgehalten wird. Das ist überflüssig. Es würde reichen, wenn wir in den wesentlichen Dingen eine Volksabstimmung machen könnten. Sprich das GG bleibt, erweitert um ein plebizitäres Element, das sich auf die Kernfragen des Gemeinwesens beschränkt.

Doch !

Oder ist es Dir leiber wenn Du nichtgefragt wirst ?

Ihr habt es ja schon so in Deutschland !

Und das in wesendlichen Dinge, würden die Politiker so hinbiegen, das ihr überhaupt nie abzustimmen hättet !

Bei uns kann man nocht mit, bzw dagegenstimmen !

:rolleyes: :rolleyes: :rolleyes:

Felidae
06.11.2007, 12:30
Ohne Steuern kein Staat. Ohne Staat keine Sicherung von Freiheiten. Der sich selbst beschränkende demokratische Rechtsstaat ist Garant für Freiheiten. Dazu benötigt er Ressourcen. Ein Staat, der keine Einschränkungen vornehmen würde, würde höchstens einer kleinen Minderheit gewisse Privilegien garantieren.

Du kannst natürlich gerne eine nicht-staatliche Verfassung oder Institution anführen, die Freiheit garantiert und nicht in das Zusammenleben eingreift.

Sicher. Nur entspricht es nicht mehr dem Freiheitsrechten, wenn der Staat dir mehr die Hälfte deines Geldes wegnehmen darf.

Felidae
06.11.2007, 12:31
Selbstverständlich haben wir die. Du machst den klassischen Fehler und denkst an unbegrenzte, absolute Freiheit. Die gibt es jedoch in keinem Staatswesen, oder nur für einige wenige oder nur für sehr begrenzte Zeit. Du kannst ja gerne ein Beispiel für einen Staat nennen, der nicht in irgendeiner Weise in das Zusammenleben der Individuen eingreift.

Gesetzesvorbehalte tragen dem Faktum Rechnung, dass Wertekollisionen unausweichlich sind. Sie zeigen Grenzen auf, über die man diskutieren kann, nicht aber, dass es keine Meinungsfreiheit gibt.


Inwiefern kann es mit reinen Meinungsäußerungen Wertekollisionen geben?

Schwarzer Rabe
06.11.2007, 12:33
Eine repräsentative Demokratie ist bei einem 72 Millionen-Volk notwendig. Ansonsten hätten wir vermutlich fast jeden Sonntag eine Abstimmung über irgendwelchen Nonsens.

In der Schweiz funktioniert dies aber auch!

...


Wie kommst du auf 72 Millionen?


Genauso die 5%-Hürde. Ansonsten käme jede kleine Splitterpartei in den Bundestag, und das Ding wäre so zersplittert, dass Italien vor Neid erblassen würde.

Auch dies wäre nicht wirklich schlimm, oder mit welchem Recht werden z.B. Parteien, die 3-4% der Stimmen bekommen nicht weiter beachtet? Schließlich repräsentieren sie mit ihren Stimmen auch einige Zehntausend Bürger!

Felidae
06.11.2007, 12:35
In der Schweiz funktioniert dies aber auch!

...


Wie kommst du auf 72 Millionen?



Auch dies wäre nicht wirklich schlimm, oder mit welchem Recht werden z.B. Parteien, die 3-4% der Stimmen bekommen nicht weiter beachtet? Schließlich repräsentieren sie mit ihren Stimmen auch einige Zehntausend Bürger!

Die Schweiz hat ca. 8 Millionen Einwohner, davon musst du noch den hohen Ausländeranteil abziehen. Deutschland hat 80 Millionen Einwohner, davon 10 % Ausländer, macht ca. 72 Millionen Deutsche.

Meine Güte, wer nicht mal 1 von 20 Stimmen bekommt, sollte auch nicht drinsitzen.

Biskra
06.11.2007, 12:36
Auch. Mir würde Holocaustleugnung auch nicht gefallen aber mir missfallen so viele Meinungen und dennoch tolererie ich sie.

Auch? Was denn noch? Die Meinungsfreiheit hat dort ihre Grenzen, wo sie andere Grundrechte tangiert. Das ist normal. Die wenigsten Grundrechte können absolut sein. Wer z.B. den Holocaust öffentlich leugnet in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, der tangiert die Menschenwürde anderer. Wer jemanden beleidigt, der tangiert dessen Menschenwürde. Auch in den USA ist Beleidigung nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, Stichwort slander und libel oder auch defamation per se.

Felidae
06.11.2007, 12:39
Auch? Was denn noch? Die Meinungsfreiheit hat dort ihre Grenzen, wo sie andere Grundrechte tangiert. Das ist normal. Die wenigsten Grundrechte können absolut sein. Wer z.B. den Holocaust öffentlich leugnet in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, der tangiert die Menschenwürde anderer. Wer jemanden beleidigt, der tangiert dessen Menschenwürde. Auch in den USA ist Beleidigung nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, Stichwort slander und libel oder auch defamation per se.

Mich stört es wenig, wenn irgendein Dummkopf behauptet, in Auschwitz hätte es keine Gaskammer gegeben. Es sagt einiges über seine mangelnde Bildung und über seinen mangelnden Respekt vor anderen aus. Aber ich halte es dennoch für eine Ansicht, die, so dumm und verschroben sie auch sein mag, den Schutz der Meinungsfreiheit verdient.

Der kritische Denker
06.11.2007, 12:39
Mir wäre eine nach dem US-Vorbild lieber. Starke Abwehrrechte gegen den Staat, nur schwer änderbar, föderalistisch.

Auf europäischer Ebene wäre das US-System ideal.

Fängt schon bei den machtausübenden Organen an: Im europäischen Parlament werden die Abgeordneten nach der Bevölkerungszahl verteilt (1 Abgeordneter pro 500.000 Einwohnern) und im Senat wären alle Mitgliedsstaaten gleich stark vertreten. Der europäische Präsident wird direkt gewählt, als Person.

Biskra
06.11.2007, 12:41
Art. 12 Abs. 2 beinhaltet sog. Hand- und Spanndienste, keine Wehrpflicht. Denn dann müsste sie auch für Frauen gelten, was sie aber nicht tut. Von daher verstößt die Wehrpflicht auch noch gegen Art. 3 Abs. 2 GG.

Das BVerfG. sieht das anders.

Biskra
06.11.2007, 12:42
Mich stört es wenig, wenn irgendein Dummkopf behauptet, in Auschwitz hätte es keine Gaskammer gegeben. Es sagt einiges über seine mangelnde Bildung und über seinen mangelnden Respekt vor anderen aus. Aber ich halte es dennoch für eine Ansicht, die, so dumm und verschroben sie auch sein mag, den Schutz der Meinungsfreiheit verdient.

Was dich persönlich stört ist da aber nicht von Interesse.

Felidae
06.11.2007, 12:43
Das BVerfG. sieht das anders.

Das BVerfG ist für die Bildung meiner Ansichten nicht relevant.

Felidae
06.11.2007, 12:43
Was dich persönlich stört ist da aber nicht von Interesse.

Also, was stört daran jetzt genau den öffentlichen Frieden?

Biskra
06.11.2007, 12:51
Also, was stört daran jetzt genau den öffentlichen Frieden?

Das wird jeweils fallspezifisch von den jeweiligen Gerichten geklärt. Wir können ja mal ein nicht so brisantes Thema nehmen: Pornographie. Meinungsäußerung / künstlerische Freiheit, also gerechtfertigt oder aber wiegt u.U. der Jugendschutz höher?

Beverly
06.11.2007, 12:56
Seltsame Argumentation angesichts der Schutzwirkung der im Grundgesetz verbürgten Individualrechte.

Individualrechte resp. Abwehrrechte sind keine Mitwirkungsrechte ...

... wozu noch kommt, dass Individualrechte und Abwehrrechte nur dann wirklich greifen, wenn man sie nicht nur gegenüber den Staat und der Gesellschaft hat - wo sie mehr oder weniger gut ausgebaut sind - sondern auch gegenüber der Wirtschaft. Wer die Individualrechte so toll findet, dem muss klar sein, dass zu ihrem Kernbestand auch das Recht auf Faulheit gehört. Wer sein Leben als Couch-Potatoe mit Bier und Chips vor der Glotze verbringen will, dem muss es nicht nur der Staat, sondern auch die Wirtschaft ermöglichen. Also her mit dem Bürgergeld und dem bedingungsfreien Grundeinkommen ;)

Felidae
06.11.2007, 12:58
Individualrechte resp. Abwehrrechte sind keine Mitwirkungsrechte ...

... wozu noch kommt, dass Individualrechte und Abwehrrechte nur dann wirklich greifen, wenn man sie nicht nur gegenüber den Staat und der Gesellschaft hat - wo sie mehr oder weniger gut ausgebaut sind - sondern auch gegenüber der Wirtschaft. Wer die Individualrechte so toll findet, dem muss klar sein, dass zu ihrem Kernbestand auch das Recht auf Faulheit gehört. Wer sein Leben als Couch-Potatoe mit Bier und Chips vor der Glotze verbringen will, dem muss es nicht nur der Staat, sondern auch die Wirtschaft ermöglichen. Also her mit dem Bürgergeld und dem bedingungsfreien Grundeinkommen ;)

Mitwirkungsrechte sind abzulehnen.

Felidae
06.11.2007, 12:58
Das wird jeweils fallspezifisch von den jeweiligen Gerichten geklärt. Wir können ja mal ein nicht so brisantes Thema nehmen: Pornographie. Meinungsäußerung / künstlerische Freiheit, also gerechtfertigt oder aber wiegt u.U. der Jugendschutz höher?

Pornographie ist Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und der Jugendschutz hat ohnehin nicht zu interessieren. Jugendschutz ist auch nur Argument, Freiheit zu nehmen.

Lord Solar Plexus
06.11.2007, 13:00
Doch !

Oder ist es Dir leiber wenn Du nichtgefragt wirst ?


Mir ist es lieber, wenn die anderen nicht gefragt werden. Okay, das war jetzt böse...

Auf wen sollen wir denn schimpfen, wenn die lieben Mitbürger eine bescheuerte Entscheidung treffen? Man mache nicht den Fehler und glaube, das Volk würde weniger kurzsichtig oder wesentlich schlauer entscheiden. Es ist überhaupt nicht so einfach, eine Abstimmung zu organisieren - die Art der Fragestellung kann oft den Ausgang beeinflussen. In diesem Fall hätte derjenige, der den Fragebogen entwirft und abnickt, gewaltigen Einfluss. Ist das transparenter?

Es ist auch nicht so, dass in repräsentativen Demokratien keine Mitspracherechte bestünden. Das reicht von Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene über Verbändeanhörungen, Petitionen, den Rechtsweg bis zur aktiven Mitarbeit.


Sicher. Nur entspricht es nicht mehr dem Freiheitsrechten, wenn der Staat dir mehr die Hälfte deines Geldes wegnehmen darf.

Sorry, aber in dem Fall würde ich mal den Steuerberater wechseln. Prinzipiell stimme ich Dir sogar zu, dass das ein Unding ist, aber die Theorie, dass der Staat den Aldi-Brüdern (oder meinethalben dem erfolgreichen Softwareentwickler) die freie Wahl seiner Lebensgestaltung beschneidet halte ich für etwas abwegig.


Inwiefern kann es mit reinen Meinungsäußerungen Wertekollisionen geben?

Ganz einfach, indem die reine Meinungsäußerung etwa aggressiver Natur ist.

Freiheit ist ein hoher Wert (in allen konkreten Ausformungen wie Meinungsfreiheit etc).

Die Unversehrtheit der Person ist ein hoher Wert, die öffentliche Ordnung ebenfalls.

Nun stell Dir eine Demo und Gegendemo in beliebiger Konstellation vor. Wie lange glaubst Du bleibt es bei "reiner Meinungsäußerung" ohne staatliche Aufsicht? An welchem Punkt führt die Meinungsäußerung der einen Seite zur Verletzung anderer Werte? Ist doch nicht weit hergeholt, oder?

Anderes Beispiel: Jemand vertritt die Meinung, Sex mit Kindern sollte erlaubt sein. Inwieweit könnte diese Auffassung wohl mit anderen Werten (Kinderrechte, Sittlichkeit, whatever..) kollidieren? Weit hergeholt? In den Niederlanden gibt es so einen Verein ("Martijn").

Nächstes Beispiel: Eine Gruppe vertritt aufgrund ihrer Weltanschauung die Meinung, Shakespeare sei gewaltverherrlichend und solle nicht an Schulen gelesen werden. Leicht zu erkennen, wie das mit dem Zensurverbot kollidiert. Undenkbar? Gabs 1999 an der Windsor Forest High School, Savannah, an allen Schulen in Merrimack, NH etc.

P.S.: Jugendschutz ist ein Instrument zur Sicherung von Freiheit. Du verwechselst Beliebigkeit mit Freiheit.

Biskra
06.11.2007, 13:02
Wer die Individualrechte so toll findet, dem muss klar sein, dass zu ihrem Kernbestand auch das Recht auf Faulheit gehört.

Wo ist das denn verankert? :)) Nun ja, es gibt sicherlich ein Recht auf Faulheit, aber daraus lässt sich kein Recht auf Versorgung ableiten.

"Das ist der Weisheit letzter Schluss:
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muss."

:]

Biskra
06.11.2007, 13:03
Pornographie ist Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und der Jugendschutz hat ohnehin nicht zu interessieren. Jugendschutz ist auch nur Argument, Freiheit zu nehmen.

Pornographie darf auch in den hochgelobten USA nicht an Minderjährige gelangen. :]

Beverly
06.11.2007, 13:04
Die Wehrpflicht kann niemals mit der Menschenwürde unter einen Hut gebracht werden. Denn die Wehrpflicht impliziert einen staatlichen Verfügungsanspruch über den Menschen selbst, dem der junge Mann sich nicht wirklich entziehen kann. Der Staat bestimmt Dauer, Art und Weise und auch die ganze restliche Gestaltung des Wehrdienstes, der wehrpflichtige Mann hat dem nur Folge zu leisten, selbst aber, obwohl es im Zweifel um sein Leben geht, nichts mehr mitzureden. Ist das der richtige Umgang mit einem angeblich freien, sich selbst gehörenden Menschen? Nein, das ist der Umgang mit Besitz, mit einem Sklaven. Die Menschenwürde verbietet nun angeblich Sklaverei. Dann müsste aber zwingend die Einführung des Wehrpflichtgesetzes und des Art. 12a wegen Verstoßes gegen Art. 1 GG nichtig sein. Ist es aber laut BVerfG nicht.

Die Schweiz verbindet meines Wissens ein Milizsystem mit einer ziemlich rigiden Wehrpflicht mit einem großen Maß an Partizipation und Teilhabe am Entscheidungsprozess.
Vor den Schweizern haben das die alten Römer gemacht. Meines Wissens auch die Griechen und Germanen. Verpflichtung zum Kriegsdienst und Teilhabe an den Entscheidungen über Krieg und Frieden gingen immer Hand in Hand.

Die Wehrpflicht in einem System, wo man nicht mit darüber entscheiden kann, ob es Krieg geben soll, ist in der Tat für den Arsch. Bestenfalls klaut der Staat den Menschen Lebenszeit, schlimmstenfalls das Leben :rolleyes:

Doch halte ich die Alternative Söldnerarme für ebenso verfehlt. Und nichts anderes ist eine Berufsarmee.
Jeder muss über Krieg und Frieden mit entscheiden und die Konsequenzen seiner Entscheidung auch selbst ausbaden.

Felidae
06.11.2007, 13:05
Pornographie darf auch in den hochgelobten USA nicht an Minderjährige gelangen. :]

Auch die USA machen Fehler, sicher. Aber ich halte eben den Ersten Verfassungszusatz für sehr gelungen, der da lautet:


Der Kongress darf kein Gesetz erlassen, das die Einführung einer Staatsreligion zum Gegenstand hat, die freie Religionsausübung verbietet, die Rede- oder Pressefreiheit oder das Recht des Volkes einschränkt, sich friedlich zu versammeln und die Regierung durch Petition um Abstellung von Missständen zu ersuchen.

Felidae
06.11.2007, 13:05
Die Schweiz verbindet meines Wissens ein Milizsystem mit einer ziemlich rigiden Wehrpflicht mit einem großen Maß an Partizipation und Teilhabe am Entscheidungsprozess.
Vor den Schweizern haben das die alten Römer gemacht. Meines Wissens auch die Griechen und Germanen. Verpflichtung zum Kriegsdienst und Teilhabe an den Entscheidungen über Krieg und Frieden gingen immer Hand in Hand.

Die Wehrpflicht in einem System, wo man nicht mit darüber entscheiden kann, ob es Krieg geben soll, ist in der Tat für den Arsch. Bestenfalls klaut der Staat den Menschen Lebenszeit, schlimmstenfalls das Leben :rolleyes:

Doch halte ich die Alternative Söldnerarme für ebenso verfehlt. Und nichts anderes ist eine Berufsarmee.
Jeder muss über Krieg und Frieden mit entscheiden und die Konsequenzen seiner Entscheidung auch selbst ausbaden.

Wenn ich gegen einen Krieg bin, muss ich auch das Recht haben, mich ihm zu entziehen.

Lord Solar Plexus
06.11.2007, 13:07
Pornographie ist auch keine Meinung, ebensowenig wie Autos, Bananen oder Neoklassik. Da hat jemand etwas gründlich falsch verstanden.

Ich denke, die Frage nach der Existenz von Meinungsfreiheit dürfte sich nach einem kursorischen Blick auf die Fülle divergenter Publikationen in jeder größeren Buchhandlung rasch erübrigen.

Beverly
06.11.2007, 13:09
Auf europäischer Ebene wäre das US-System ideal.

das kriegen wir doch, nur ist es alles andere als ideal

Biskra
06.11.2007, 13:10
Auch die USA machen Fehler, sicher. Aber ich halte eben den Ersten Verfassungszusatz für sehr gelungen, der da lautet:

Tja, Jugendschutz scheint also Rede- oder Pressefreiheit nicht zu tangieren. :)) Ad usum delphini war ja gerade in den USA sehr beliebt, davon blieb nicht mal Alice im Wunderland verschont. :D

Der kritische Denker
06.11.2007, 13:10
Pornographie ist Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und der Jugendschutz hat ohnehin nicht zu interessieren. Jugendschutz ist auch nur Argument, Freiheit zu nehmen.

Ja, weil es schlicht eine Aufgabe der Eltern ist.

Lord Solar Plexus
06.11.2007, 13:11
Wenn ich gegen einen Krieg bin, muss ich auch das Recht haben, mich ihm zu entziehen.

Letztlich laufen alle Deine Argumente darauf hinaus, dass jeder alles darf, wenns grad nicht so passt. So berechtigt Kritik im Einzelfall sein mag, das führt in letzter Konsequenz dazu, dass es keinen Staat und keine Gesellschaft, keine Regeln, Normen und Pflichten mehr gibt.


Ja, weil es schlicht eine Aufgabe der Eltern ist.

Du redest Blödsinn. Eltern können noch so aufpassen, sie können ihr Kind aber nicht wegschließen und 24/7 beaufsichtigen. Sie können auch nicht verhindern, dass es bestimmte Bücher, CDs, Filme oder Interwebseiten gibt, die nicht für Kinder geeignet sind. Dazu fehlen ihnen schlicht die Ressourcen, wie jeder (außer Dir offensichtlich) weiß.

Felidae
06.11.2007, 13:12
Ja, weil es schlicht eine Aufgabe der Eltern ist.

Sehr richtig. Die Eltern sollten endlich mal den Hintern hochkriegen und sich um ihrer Lenden Frucht kümmern, statt ständig nach dem Staat zu schreien.

Felidae
06.11.2007, 13:13
Letztlich laufen alle Deine Argumente darauf hinaus, dass jeder alles darf, wenns grad nicht so passt. So berechtigt Kritik im Einzelfall sein mag, das führt in letzter Konsequenz dazu, dass es keinen Staat und keine Gesellschaft, keine Regeln, Normen und Pflichten mehr gibt.

Also, wenn ich gegen etwas bin, dass mein Leben gefährdet, ist der logische Schluss daraus, dass ich nicht verpflichtet bin, mein Leben zu gefährden, nur weil eine Mehrheit aber dafür ist.

Biskra
06.11.2007, 13:14
Wenn ich gegen einen Krieg bin, muss ich auch das Recht haben, mich ihm zu entziehen.

Hast du ja in Deutschland, anders als z.B. in den USA. Dort ist im Notfall jeder verpflichtet. :]

Beverly
06.11.2007, 13:14
Wo ist das denn verankert? :)) Nun ja, es gibt sicherlich ein Recht auf Faulheit, aber daraus lässt sich kein Recht auf Versorgung ableiten.

Genau das muss es in einer Überflussgesellschaft, die zu allem Überfluss noch auf dem Markt basiert aber sein: jeder hat ein Recht auf Versorgung. 800 Euro im Monat atehen jedem zu, auch der Couch-Potato, nur Bier und Chips muss man selbst vom Supermarkt holen.


"Das ist der Weisheit letzter Schluss:
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muss."

:]

Dass mit der Weisheit solltest du lieber lassen :rolleyes: - du feierst da nämlich eine so perfide Negation von Freiheit, wie sie auch ein Extremist nicht ohne Anlauf zustande kriegen würde.

Felidae
06.11.2007, 13:15
Hast du ja in Deutschland, anders als z.B. in den USA. Dort ist im Notfall jeder verpflichtet. :]

Nein, in den USA ist im Augenblick niemand verpflichtet, weil die Wehrpflicht ausgesetzt ist.

Beverly
06.11.2007, 13:22
Wenn ich gegen einen Krieg bin, muss ich auch das Recht haben, mich ihm zu entziehen.

Jemanden, dem sein Gewissen das Töten verbietet, in die Armee zu pressen, halte ich für ein Verbrechen und Schwachsinn gleichermaßen.

Auch sonst bringt Kriegsdienst unter Zwang nicht viel - so führen die Araber ihre Niederlagen gegen Israel darauf zurück, dass die israelische "Bürgerarmee" motivierter war als ihre Zwangsverpflichteten, die zudem noch mit einer unfähigen Führung geschlagen waren.

Aber wie auch immer, man kommt um das Problem nicht herum, dass zu einem Gemeinwesen nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten gehören.

Wer da sagt: "Ich will nicht, dass der Staat mich in den Krieg schickt", muss eine Politik betreiben, die Kriege vermeidet und dem Bellizismus den Boden entzieht.

Deswegen weiß ich auch nicht, ob ich die Abschaffung der Wehrpflicht so gut finden soll - sie ermöglicht es qua "Berufsarmee" den Menschen, die nicht in den Krieg ziehen wollen, andere dahin zu schicken und weiterhin eine bellizistische Politik zu unterstützen.

Lord Solar Plexus
06.11.2007, 13:56
Also, wenn ich gegen etwas bin, dass mein Leben gefährdet, ist der logische Schluss daraus, dass ich nicht verpflichtet bin, mein Leben zu gefährden, nur weil eine Mehrheit aber dafür ist.

Äh...nö. Da Du nur eine Prämisse nennst, ist der einzige logische Schluss ebendiese Prämisse. In Deinem Beispiel: Wenn Du gegen etwas bist, dass Dein Leben gefährdet, ist der logische Schluss daraus, dass Du gegen etwas bist, dass Dein Leben gefährdet.

Und das ist eine aussagelose Tautologie. Sie sagt nur aus, dass Du gegen X bist. Sie leitet keine Begründung logisch aus anderen Prämissen ab.

Du musst argumentieren, dass eine solch tiefgreifende Verpflichtung ein Eingriff in Freiheitsrechte ist. Aus genau diesem Grunde gibt es ihn auch nur in Extremsituationen, die Dich vor die Wahl stellen, diesen teifen Eingriff zu erdulden oder noch mehr Freiheiten einzubüßen (a la "Die Russen kommen"). Im Frieden wird hierzulande niemand gezwungen.



800 Euro im Monat atehen jedem zu, auch der Couch-Potato, nur Bier und Chips muss man selbst vom Supermarkt holen.


Wo hast Du denn die Zahl her?!?

Anarchist
06.11.2007, 14:00
das würde unsere Demokratie auf jeden Fall verbessern

Der kritische Denker
06.11.2007, 14:04
das kriegen wir doch, nur ist es alles andere als ideal

Schau dir mal die jetzigen Organe der EU an, ein Parlament das nur ein Zierobjekt ist und die Gesetze machen Leute die nie ein Mensch gewählt hat.

Biskra
06.11.2007, 14:15
Nein, in den USA ist im Augenblick niemand verpflichtet, weil die Wehrpflicht ausgesetzt ist.

Im Notfall wird die dort einfach wieder eingeführt, genau das habe ich geschrieben, es gibt schon jetzt Überlegungen, weil sich nicht genug Freiwillige für die Schlachtbank Irak finden lassen. Und da gibt es dann keine Möglichkeit der Verweigerung, anders als bei uns. :]

Biskra
06.11.2007, 14:18
Genau das muss es in einer Überflussgesellschaft, die zu allem Überfluss noch auf dem Markt basiert aber sein: jeder hat ein Recht auf Versorgung. 800 Euro im Monat atehen jedem zu, auch der Couch-Potato, nur Bier und Chips muss man selbst vom Supermarkt holen.

Das hättest du gerne, das ist mir schon klar. Aber dieses Recht kannst du nirgendwo ableiten. Der Sozialstaat ist für unverschuldete Armut da, nicht für faule Menschen. :]



Dass mit der Weisheit solltest du lieber lassen :rolleyes: - du feierst da nämlich eine so perfide Negation von Freiheit, wie sie auch ein Extremist nicht ohne Anlauf zustande kriegen würde.

Behalte deine Unterstellungen für dich.

Der kritische Denker
06.11.2007, 14:30
Im Notfall wird die dort einfach wieder eingeführt, genau das habe ich geschrieben, es gibt schon jetzt Überlegungen, weil sich nicht genug Freiwillige für die Schlachtbank Irak finden lassen. Und da gibt es dann keine Möglichkeit der Verweigerung, anders als bei uns. :]

Es herrscht Wehrpflicht. Sie wird nur nicht angewand. Auch wenns dementiert wird, sollte es zu einem Krieg mit dem iran kommen, muß sie wahrscheinlich wieder angewand werden.

Beverly
06.11.2007, 14:59
Das hättest du gerne, das ist mir schon klar. Aber dieses Recht kannst du nirgendwo ableiten.

Das Recht auf Versorgung kann man so gut oder so schlecht ableiten wie jedes andere Recht auch. Wenn du es negierst, kannst du dir deine andere "Rechte" gleich auch in den Allerwertesten stecken und wir betreiben die Rechteableitung am besten mit der guten alten AK 47 - schließlich können Millionen Erschossene nicht irren ;)


Der Sozialstaat ist für unverschuldete Armut da, nicht für faule Menschen. :]

Jedes Recht gilt unabhängig von "Verdienst", "Würdigkeit" oder "Trefflichkeit" eines Menschen. Es mag nicht uferlos sein und seine Schranken im Recht anderer finden. Aber innerhalb dieser Schranken gilt es uneingeschränkt und ohne Bedigungen. "Rechte", die an Bedingungen geknüpft sind, sind keine Rechte mehr, sondern machen die Menschen zum Objekt von Willkür.

Beverly
06.11.2007, 15:05
Schau dir mal die jetzigen Organe der EU an, ein Parlament das nur ein Zierobjekt ist und die Gesetze machen Leute die nie ein Mensch gewählt hat.

Ja, sicher - und in den USA sorgen Republikaner und Demokraten für eine so große politische Vielfalt, dass man da gern von dem Kakao trinkt, durch den man in der EU nur widerwillig gezogen wird :rolleyes:

Tut mir Leid, aber EU und USA sind in vieler Hinsicht nur Ausgeburten desselben Übels. Scheindemokratisch, Turbokapitalistisch, die Paarung von Supermacht-Ambitionen mit gnadenloser Borniertheit. Beide hinter der Fassade von Föderalismus Superstaaten wie in Orwells "1984", die sich zur Verschönerung der Fassade eine Portion von Huxleys "Schöner neuer Welt" gönnen.

Das einzig wirklich Gute an den beiden Gebilden ist ihr Beitrag zur Raumfahrt und Raumforschung. Doch das ist nur ein Argument dafür, ESA und NASA mögen den Zusammenbruch der sie jetzt tragenden Staaten überleben.

Biskra
06.11.2007, 16:36
Recht gilt unabhängig von "Verdienst", "Würdigkeit" oder "Trefflichkeit" eines Menschen. Es mag nicht uferlos sein und seine Schranken im Recht anderer finden. Aber innerhalb dieser Schranken gilt es uneingeschränkt und ohne Bedigungen. "Rechte", die an Bedingungen geknüpft sind, sind keine Rechte mehr, sondern machen die Menschen zum Objekt von Willkür.

Natürlich werden Rechte an Bedingungen geknüpft. Was redest du denn? :))
Erzähl mir erst mal wo 800 EUR im Monat fürs Nichtstun ein verbürgtes Grundrecht ist. :cool2:

SteveFrontera
06.11.2007, 18:22
Die Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland oder Österreich sind ziemlich gering. Man verdient mehr, aber dafür ist fast alles teurer.
Die Schweiz lebt vom Tourismus und vom nicht immer seriösen Bankwesen.

Felidae
06.11.2007, 18:28
Natürlich werden Rechte an Bedingungen geknüpft. Was redest du denn? :))
Erzähl mir erst mal wo 800 EUR im Monat fürs Nichtstun ein verbürgtes Grundrecht ist. :cool2:

In der kranken linken Phantasie.

Beverly
06.11.2007, 21:33
Natürlich werden Rechte an Bedingungen geknüpft. Was redest du denn? :))
Erzähl mir erst mal wo 800 EUR im Monat fürs Nichtstun ein verbürgtes Grundrecht ist. :cool2:

Du führst mit deinem Diskurs nur vor, dass Doppelmoral, Bigotterie und das Negieren der eigenen Prämissen intergraler Bestandteil des "Liberalismus" sind.
Nervt den Konservativen die radikale Inanspruchnahme von "Abwehrrechten" durch Menschen, die lieber Individuen als Teil einer Gruppe sein wollen, sagt ihr, das ist Freiheit. Zieht man daraus den Schluss, dass Rechte - selbst wenn sie ihre Schranken haben - zumindest innerhalb dieser Schranken uneingeschränkt und ohne Bedinungen gelten, lehnt ihr das plötzlich ab.
Fordern die Menschen Sinn und Ordnung, schreit ihr auf, weil das eure "Freiheit" untergräbt. Fügen sich die Menschen in eure Freiheit, in dem sie halt als Couch Potatoe in den Tag hineinleben, schreit ihr plötzlich nach Ordnung.

Langsam glaube ich, ihr seid nur Konservative, die sich aller Sitten, Normen, Bindungen und Verpflichtungen des herkömmlichen Konservatismus entledigt haben, um dem eigenen Egoismus zu frönen. Für euch wollt ihr den Konservatismus nicht, weil zu anstrengend. Doch bei anderen macht ihr auf "konservativ", das man nur staunen kann.

Salazar
06.11.2007, 22:59
, ein Parlament das nur ein Zierobjekt

Diese Zeiten sind vorbei.

Rheinlaender
07.11.2007, 03:18
Der Staat bestimmt selbstherrlich, wie viel von deinem Geld er dir per Steuer abnehmen darf.

Die US-Verfassung sagt hierzu aus

"Amendment 16

The Congress shall have power to lay and collect taxes on incomes, from whatever source derived, without apportionment among the several States, and without regard to any census or enumeration."

Die Erklaerung der Menschenrecht 1789 sagt aus:

"Art. 13. Für den Unterhalt der Streitmacht und für die Kosten der Verwaltung ist eine allgemeine Abgabe unumgänglich. Sie muß gleichmäßig auf alle Bürger unter Berücksichtigung ihrer Vermögensumstände verteilt werden.

Art. 14. Alle Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Abgeordneten die Notwendigkeit der öffentlichen Abgabe festzustellen, sie frei zu bewilligen, ihre Verwendung zu überprüfen und ihre Höhe, ihre Veranlagung, ihre Eintreibung und Dauer zu bestimmen. "

[QUOTE=Adora;1741293] Nichtmal die Menschenwürde ist so unantastbar, wie uns Art. 1 gerne glauben machen will. Wer sich mal Art. 12 a, vor allem im Licht von Art. 79 Abs. 3 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG genau ansieht, wird das feststellen.

Die Menschenwuerde ist ein philosohischer Begriff und hat zwei Saeulen: Die eine istdas chrisliche Menshcenbild und die andere Philosophie (Kant, Stoa). Es sit sehr schwierig aus ihr konkrete Forderung jeweils zu schliessen (sonst braeuchte man auch den ganzen Menschenrechtskatalog, der in seiner Substanz "nur" das "Kleingedrucke" zu diesem Begriff liefert). Soie hat eher die Funktion eine deklamatorische Begruendung und gleichzeitige Begrenzung der staatlichen Herrschaft zu liefern.

Beverly
07.11.2007, 07:31
@Walter Hofer,

mich interessiert, warum du der Umfrage zufolge die Schweizer Verfassung für eine Verschlechterung hältst. Mit ihren kleinen, überschaubaren Kantonen und den Volksabstimmungen entspricht sie doch zwei urgrünen Forderungen: dezentral und basisdemokratisch und du bist doch Grüner, oder?

Dass die Schweizer in ihrem System ab und zu Mist bauen, mag ja sein - gesellschaftlich zu konservativ, wirtschaftlich zu liberal. "Große Berge, kleine Leute", hat Dürrenmatt mal gesagt.
Aber schließlich gilt: nobody is perfect.

Felidae
07.11.2007, 07:53
@Rheini

Nur, das wir heute durch den umfangreichen Staatsapparat und vor allem den Sozial- und Solidarstaat weit übers Ziel hinausschießen. Denn die Frage ist: Ist es wirklich notwendig, dass der Staat z. B. sozialen Wohnungsbau betreibt? Das der Staat für díes, das und jenes Programme anbietet? In vielen Fällen meine ich: Nein. Da muss strenger geprüft werden.

Rheinlaender
07.11.2007, 08:01
@Rheini

Nur, das wir heute durch den umfangreichen Staatsapparat und vor allem den Sozial- und Solidarstaat weit übers Ziel hinausschießen. Denn die Frage ist: Ist es wirklich notwendig, dass der Staat z. B. sozialen Wohnungsbau betreibt?

Dann wenn der Markt versagt - bleiben wir beim Beispiel London. Die Mietpreise sind hier in solchen astronomischen Hoehe, dass selbst Lehrer oder Uni-Professoren Probleme habe hier sich eine Wohnun leisten zu koennen, das gilt auch Krankenschwestern und andere "Keyworkers"; wenn man keine staatliche Verwaltungswirtschaft einfuehren moechte, so muss man einen Wohnungsmarkt einfuehren, der in der Lage ist zumindest hier eine teilweise Entlastung zu schaffen - eben ein sozialer Wohnungsmarkt neben dem freien Wohnungsmarkt, da das Grundproblem des hiesigenWohnungsmarkts, zuwenig Platz, zuviele Nachfrager nicht geregelt werden kann.

Das gleiche gilt fuer ein Minimum der sozialen Absicherung - wenn man Leute motivieren will, Risiken zu ergreifen, muss man ihnen ein minimales soziales Netz zur Verfuegung stellen.

---

Um mich nicht zu verstehen - ich bin grundsaetzliuch dafuer den freien Mrkt walten zu lassen, aber in Ausnahmen versagt er und dort muss der Staat als Staat eingreifen.

Felidae
07.11.2007, 08:05
Dann wenn der Markt versagt - bleiben wir beim Beispiel London. Die Mietpreise sind hier in solchen astronomischen Hoehe, dass selbst Lehrer oder Uni-Professoren Probleme habe hier sich eine Wohnun leisten zu koennen, das gilt auch Krankenschwestern und andere "Keyworkers"; wenn man keine staatliche Verwaltungswirtschaft einfuehren moechte, so muss man einen Wohnungsmarkt einfuehren, der in der Lage ist zumindest hier eine teilweise Entlastung zu schaffen - eben ein sozialer Wohnungsmarkt neben dem freien Wohnungsmarkt, da das Grundproblem des hiesigenWohnungsmarkts, zuwenig Platz, zuviele Nachfrager nicht geregelt werden kann.

Das gleiche gilt fuer ein Minimum der sozialen Absicherung - wenn man Leute motivieren will, Risiken zu ergreifen, muss man ihnen ein minimales soziales Netz zur Verfuegung stellen.

---

Um mich nicht zu verstehen - ich bin grundsaetzliuch dafuer den freien Mrkt walten zu lassen, aber in Ausnahmen versagt er und dort muss der Staat als Staat eingreifen.

Sicher. Aber der Eingriff muss auch so gestaltet werden, dass er dem freien Markt dient, das er den Markt freier macht. Ich bin z. B. durchaus der Auffassung, dass der Staat die Stromnetze in Deutschland enteignen sollte - gegen angemessene Entschädigung natürlich -, um den Wettbewerb zu fördern.

Rheinlaender
07.11.2007, 08:10
Sicher. Aber der Eingriff muss auch so gestaltet werden, dass er dem freien Markt dient, das er den Markt freier macht. Ich bin z. B. durchaus der Auffassung, dass der Staat die Stromnetze in Deutschland enteignen sollte - gegen angemessene Entschädigung natürlich -, um den Wettbewerb zu fördern.

Richtig - wenn das Stromnetz privaten Firmen gehoert, man aber aus technishcen Gruendne natuerlich nicht drei oder vier Netze in einem Land oder Stadt installieren kann, dann ist von Natur aus ein Monopol und soetwas gehoert in oeffentliche Hand, wer den Strom dann liefert, ist wiederum eine ganz andere Frage.

Felidae
07.11.2007, 08:13
Richtig - wenn das Stromnetz privaten Firmen gehoert, man aber aus technishcen Gruendne natuerlich nicht drei oder vier Netze in einem Land oder Stadt installieren kann, dann ist von Natur aus ein Monopol und soetwas gehoert in oeffentliche Hand, wer den Strom dann liefert, ist wiederum eine ganz andere Frage.

Richtig. Monopole sind marktschädlich und gefährlich.

Beverly
07.11.2007, 08:20
Dann wenn der Markt versagt(...)

Tut er das nicht in den allermeisten Lebensbereichen?

Felidae
07.11.2007, 08:21
Tut er das nicht in den allermeisten Lebensbereichen?

Nein, tut er nicht. Der Markt reguliert sich selbst, er bringt uns Freiheit, in dem er uns ermöglicht, den Dingen frei einen Wert zu geben und Preise zu vergleichen.

Bierbaron
07.11.2007, 09:17
Habe für nein gestimmt.
Das GG wird nicht umsonst oft als eine der fortschrittlichsten Verfassungen bezeichnet, so dass ich keinen Grund sehe ebendiese Verfassung abzuschaffen.
Der parlamentarische Rat hat die Schwächen der Weimarer Reichsverfassung ausgemerzt und so das GG geschaffen. Heraussteche Resultate sind die weitesgehende Abschaffung von Plesbisziten, Einführung der 5%-Hürde, eine Schwächung des Amtes des Reichs/Bundespräsidenten und die Einführung der Ewigkeitsgarantie in Art. 79 III GG.

Grüße
Bierbaron

Lord Solar Plexus
07.11.2007, 10:02
Das Recht auf Versorgung kann man so gut oder so schlecht ableiten wie jedes andere Recht auch.


Halte ich für ein Gerücht. Von welchen Prämissen willst Du es denn ableiten?



Wenn du es negierst, kannst du dir deine andere "Rechte" gleich auch in den Allerwertesten stecken und wir betreiben die Rechteableitung am besten mit der guten alten AK 47 -


Das verstehe ich nicht. Was hat denn das eine Recht mit dem anderen zu tun? Warum soll das Freiheitsrecht nichts mehr wert sein, wenn das "Versorgungsrecht" abgelehnt wird und warum sollte das in Gewalt ausarten?



Jedes Recht gilt unabhängig von "Verdienst", "Würdigkeit" oder "Trefflichkeit" eines Menschen.


Du meinst wohl jedes Grundrecht. Wie dem auch sei, damit etwas zu einem Grundrecht werden kann, muss es zunächst einmal begründet werden. Wenn diese Begründung keine Akzeptanz findet, hast Du auch ken Grundrecht.

Biskra
07.11.2007, 12:26
...

Geh halt auf meine Argumentation ein oder lass es einfach mir zu antworten, indem du da nur deine antiliberalen Beissreflexe einbringst.

Nochmal: Wo haben Rechte keine Bedingungen? Ich führe dir das mal an dem so ziemlich bedingungslosesten Recht auf, daß wir haben:




(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Bedingung Art. 1: Der Träger der Rechte ist ein Mensch.

Klar soweit?

Beverly
07.11.2007, 16:58
Nein, tut er nicht. Der Markt reguliert sich selbst, er bringt uns Freiheit, in dem er uns ermöglicht, den Dingen frei einen Wert zu geben und Preise zu vergleichen.

Der Science-Fiction-Autor Philipp K. Dick hat mal gesagt, er habe nicht so sehr Angst vor einer Machtübernahme von Robotern und Supercomputern. Sein Horrorszenario sah so aus: Man kommt nichtsahnend nach Hause und der Toaster erklärt einem, dass man jetzt aussortiert sei. Im Toaster gibt es ein Thermostat, das regelt, wie lange der Toaster toastet und wie braun der Toast wird. Den Markt, der in lebbaren Ordnungen nicht mehr ist als so ein Thermostat, in den Rang einer Ordnung stiftenden Instanz zu erheben, entspricht ziemlich genau der Machtübernahme durch den Toaster. Ebenso absurd und gerade wegen seiner Absurdität so destruktiv.

Beverly
07.11.2007, 17:17
Habe für nein gestimmt.
Das GG wird nicht umsonst oft als eine der fortschrittlichsten Verfassungen bezeichnet, so dass ich keinen Grund sehe ebendiese Verfassung abzuschaffen.
Der parlamentarische Rat hat die Schwächen der Weimarer Reichsverfassung ausgemerzt und so das GG geschaffen. Heraussteche Resultate sind die weitesgehende Abschaffung von Plesbisziten, Einführung der 5%-Hürde, eine Schwächung des Amtes des Reichs/Bundespräsidenten und die Einführung der Ewigkeitsgarantie in Art. 79 III GG.

Grüße
Bierbaron

Die Weimarer Republik endete in einem Desaster, aber das lag nicht an ihrer Verfassung. Ohne die WRV wäre das Desaster nur früher eingetreten, weil

1. nach 1929 ohne die Möglichkeiten der Notverordnungen die Regierung handlungsunfähig gewesen wäre

2. ohne die Direktwahl des Reichspräsidenten wäre es Hitler erspart geblieben, dabei gegen Hindenburg den kürzeren zu ziehen und er hätte sich ganz ungestört darauf konzentrieren können, durch Intrigen unter Umgehung des Volkswillens an die Macht zu kommen

3. eine Fünf-Prozent-Hürde hätte kleinere Parteien aus dem Reichstag fern gehalten und den zur stärksten Partei aufgestiegenen Nazis so ein noch größeres Gewicht verschafft

Das GG hätte die unsägliche Praxis der Todesstrafe unterbunden, aber das wäre auch sein einziger Vorteil. Ansonsten wären unter dem GG die Nazis im Bunde mit bürgerlich-reaktionären Kräften aus dem System nur schneller an die Macht gekommen.

Last but not least kann ich mir die Frage nicht verkneifen, warum sowohl Rechtsextreme als auch Apologeten der BRD "Weimar" so unablässig und v. a. mit grundfalschen Argumenten diffamiren. Weil die Weimarer Verfassung mehr Mitwirkungsrechte bot als es beiden Gruppen genehm ist und weil die analog zur römischen Republik institutionalisierte Diktatur es erschwerte, im Fall der Fälle eine offene Diktatur zu errichten?