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Vollständige Version anzeigen : Wann bildeten sich Söldnerarmeen?



Alevi_Playa
21.10.2007, 12:37
Ich habe leider eine sehr inkompetenten Text eines gewissen Reinhard Pohls gelesen. Um nur eine Unsachlichkeit seiner Arbeit herauszugreifen möchte ich hier näheres über die Bildung von Söldnerarmeen sprechen erfahren und diskutieren.


Das änderte sich etwa um die Zeit, in der der Dreißigjährige Krieg nicht nur halb Europa verwüstete, sondern auch die Kriegsführung revolutionierte. Die Europäer setzten auf Söldner-Armeen, die in Konkurrenz zueinander sich nicht nur an Grausamkeit überboten, sondern auch neue Waffen einführten.
Aus dem:
Gegenwind Heft 219, Dezember 2006
Rezension zu:
Reinhard Pohl Wolfgang Gust: Das Imperium der Sultane. Eine Geschichte des Osmanischen Reichs. Carl Hanser Verlag, München 1995, 415 Seiten, 24,90 Euro


Hier mal ganz allgemein zum Söldnerwesen:



Schon in der Antike wurden Söldnertruppen eingesetzt. So kämpften griechische Hopliten regelmäßig in Diensten der Achämeniden und bildeten oft den Kern von persischen Armeen.

Söldnerheere tauchten im Spätmittelalter auf, als es sich erwies, dass disziplinierte Söldner in der Schlacht den Rittern überlegen waren, obwohl letztere im Zweifel tapferer kämpften. Besonders augenfällig wurde das in der Schlacht von Crécy.

Schweizer Söldner, sogenannte Reisläufer, galten bis ins 16. Jahrhundert als besonders effektive Kampfkräfte, bis ihre Formationen durch Artillerie, die in dieser Zeit entwickelt wurde, verwundbar wurden. Die päpstliche Schweizergarde entstammt noch dieser Tradition.

Die deutschen Landsknechte begannen gegen die Schweizer nach der Schlacht bei Marignano, als in vielen Gegenden der Schweiz die Reisläuferei erschwert oder gar verboten wurde, zu konkurrieren, und wurden eine gefragte Truppe des späten 15. und des 16. Jahrhunderts. Sie wurden von allen Mächten Europas angeheuert und wechselten – wie vormals die Schweizer – häufig die Seiten. Der Dreißigjährige Krieg wurde auf beiden Seiten hauptsächlich von Söldnern ausgefochten. Das Söldnerwesen setzte sich in Europa seit dem 14. Jahrhundert allmählich und regional mit unterschiedlichem Tempo gegenüber dem feudalen Kriegswesen durch.
http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%B6ldner#S.C3.B6ldner_in_der_europ.C3.A4ischen _Geschichte

EinDachs
21.10.2007, 17:49
Ich habe leider eine sehr inkompetenten Text eines gewissen Reinhard Pohls gelesen. Um nur eine Unsachlichkeit seiner Arbeit herauszugreifen möchte ich hier näheres über die Bildung von Söldnerarmeen sprechen erfahren und diskutieren.


Aus dem:
Gegenwind Heft 219, Dezember 2006
Rezension zu:
Reinhard Pohl Wolfgang Gust: Das Imperium der Sultane. Eine Geschichte des Osmanischen Reichs. Carl Hanser Verlag, München 1995, 415 Seiten, 24,90 Euro


Hier mal ganz allgemein zum Söldnerwesen:



http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%B6ldner#S.C3.B6ldner_in_der_europ.C3.A4ischen _Geschichte

Der Wikiartikel deckt schon recht viel ab, aber ich vermisse etwa die italienischen Condottieri, die italienischen Söldner des Spätmittelalters und der Frühneuzeit.
Das waren Söldernverbände die zeitlich ungefähr gleich oder noch früher als die schweizerischen Reisläufer existierten und im Gegensatz zu ihnen in einer ausgeklügeltes Vertragsbeziehung (Vertragstexte vielfach erhalten) zu ihren Herren stehen.

Biskra
22.10.2007, 13:09
Kommt ganz drauf an wie man Söldner definiert. Nimmt man die bei Definition aus den Genfer Konventionen, dann wird es teilweise selbst bei den Condottieri schwierig. Nimmt man die alternative Definition auf Wikipedia, dann sind fast alle, die nicht zur Wehrpflicht gezwungen wurden oder nicht aus patriotischen Motiven handeln, Söldner.

EinDachs
22.10.2007, 13:18
Kommt ganz drauf an wie man Söldner definiert. Nimmt man die bei Definition aus den Genfer Konventionen, dann wird es teilweise selbst bei den Condottieri schwierig.

Ich denke, es muss nicht jeder Unterpunkt erfüllt sein, um als Söldner zu gelten.


Nimmt man die alternative Definition auf Wikipedia, dann sind fast alle, die nicht zur Wehrpflicht gezwungen wurden oder nicht aus patriotischen Motiven handeln, Söldner.

Die Wiki-definition ist nicht recht umfangreich und präzise (häufiger mal ein Problem bei Wiki), aber als Daumenregel würd ich sie verwenden.
Ich wüßte auch nicht, warum ich jemanden der aus finanziellen Motiven in den Krieg zieht, anders als Söldner nennen sollte.

Biskra
22.10.2007, 13:42
Ich denke, es muss nicht jeder Unterpunkt erfüllt sein, um als Söldner zu gelten.

Doch, das ist keine Entweder-oder-Aufzählung. Sonst wären alle Nicht-Wehrpflicht-Armeen schon Söldnerheere.



Die Wiki-definition ist nicht recht umfangreich und präzise (häufiger mal ein Problem bei Wiki), aber als Daumenregel würd ich sie verwenden.
Ich wüßte auch nicht, warum ich jemanden der aus finanziellen Motiven in den Krieg zieht, anders als Söldner nennen sollte.

Ja, letzteres wäre dann die Volksmund-Definition.

EinDachs
22.10.2007, 13:56
Doch, das ist keine Entweder-oder-Aufzählung. Sonst wären alle Nicht-Wehrpflicht-Armeen schon Söldnerheere.

Schon klar, aber ich denke nicht, dass jemand kein Söldner ist, nur weil er keinen Vertrag hat oder weil er Staatsbürger einer Konfliktnation ist.
Wenn ein Afghane sich auf die Warlordseite schlägt, die am besten zahlt, ist er kein regulärer Soldat. Die Condottieri waren häufig auch die Bürger der Stadt die sie beschützten (natürlich sehr oft auch nicht), trotzdem sind sie ein klassisches Beispiel für Söldner.



Ja, letzteres wäre dann die Volksmund-Definition.

Ich halt die für ganz brauchbar.

adama55
22.10.2007, 14:13
Sind Soldaten im Auftrag der UNO dann Söldnerarmeen?

In Visier erschien 2003 ein Artikel, der sich mit der Frage beschäftigte, ob Söldnerarmeen für die UNO effektiver agieren könnten und wurde mit Beispielen in Angola und Sierra Leone belegt

Tatsächlich scheinen "Söldnerarmeen" eine größere Bedeutung zu erlangen. Viele Aufgaben werden inzwischen privatwirtschaftlich organisiert. Der Irak ist nur ein Beispiel.

EinDachs
22.10.2007, 14:22
Sind Soldaten im Auftrag der UNO dann Söldnerarmeen?


Interessante Frage.
Im Grunde nicht, es handelt sich um, wie bereits gesagt, Soldaten.
Widerspricht den Punkten e und f der Genfer Definition.

e)
wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und
f)
wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.



In Visier erschien 2003 ein Artikel, der sich mit der Frage beschäftigte, ob Söldnerarmeen für die UNO effektiver agieren könnten und wurde mit Beispielen in Angola und Sierra Leone belegt

Effektiver: Ja, aber in einem eher unangenehmen Sinn.
Der große Unterschied ist ja, dass die staatliche Verantwortung für das Tun der Söldner denkbar gering ist. Abgesehen vom Dienstverhältnis besteht ja keinerlei politische Zusammengehörigkeit bzw keinerlei gegenseitige Verpflichtung.
Bei Soldaten sieht dies anders aus.


Tatsächlich scheinen "Söldnerarmeen" eine größere Bedeutung zu erlangen. Viele Aufgaben werden inzwischen privatwirtschaftlich organisiert. Der Irak ist nur ein Beispiel.

Blackwater war doch nur ein "Sicherheitsdienstleister" ;)

Ich geb dir natürlich vollkommen Recht. Afghanistan ist in dieser Hinsicht sogar noch eine Spur extremer, aber da merkt man es nicht so. Warlords die wie Wirtschaftsunternehmen agieren sind dort nach wie vor sehr einflussreich.

Biskra
22.10.2007, 14:47
Schon klar, aber ich denke nicht, dass jemand kein Söldner ist, nur weil er keinen Vertrag hat oder weil er Staatsbürger einer Konfliktnation ist.

Einen Vertrag muss er ja nicht schriftlich haben.


Wenn ein Afghane sich auf die Warlordseite schlägt, die am besten zahlt, ist er kein regulärer Soldat. Die Condottieri waren häufig auch die Bürger der Stadt die sie beschützten (natürlich sehr oft auch nicht), trotzdem sind sie ein klassisches Beispiel für Söldner.

Wenn ein Afghane sich dort auf eine Seite schlägt, dann ist er im Sold einer der Konfliktparteien, aber noch kein Söldner. Sind denn die Warlords für dich Söldnerführer?




Ich halt die für ganz brauchbar.

Ich halte die für nicht brauchbar, was ist z.B. ein deutscher Zeitsoldat in Afghanistan?

EinDachs
22.10.2007, 14:55
Einen Vertrag muss er ja nicht schriftlich haben.


Was ist mit Staatsbürgern der Konfliktnation, die gegen Bezahlung kämpfen.


Wenn ein Afghane sich dort auf eine Seite schlägt, dann ist er im Sold einer der Konfliktparteien, aber noch kein Söldner. Sind denn die Warlords für dich Söldnerführer?


Das ist ein Teil, der Natur eines Warlords.
Im großen und ganzen seh ich in einem Warlord einen Kriegsunternehmer. Ein privater Akteur also, der meist aus einer Kombination von wirtschaftlichen und ideologischen (letzteres wird denk ich meist überschätzt) Gründen eine kleine Armee unterhält und ein Gebiet kontrolliert.
Söldner führen ist da quasi systemimmanent.



Ich halte die für nicht brauchbar, was ist z.B. ein deutscher Zeitsoldat in Afghanistan?

Stimmt schon, der ist ein Soldat.

Biskra
22.10.2007, 15:07
Was ist mit Staatsbürgern der Konfliktnation, die gegen Bezahlung kämpfen.

Da dürfte man dann ja nur noch kostenlos kämpfen, oder was meinst du damit?


Das ist ein Teil, der Natur eines Warlords.
Im großen und ganzen seh ich in einem Warlord einen Kriegsunternehmer. Ein privater Akteur also, der meist aus einer Kombination von wirtschaftlichen und ideologischen (letzteres wird denk ich meist überschätzt) Gründen eine kleine Armee unterhält und ein Gebiet kontrolliert.
Söldner führen ist da quasi systemimmanent.

Einverstanden, aber hat so ein Warlord nicht schon die drei Elemente der staatlichen Definition Jellineks unter sich (Volk, Gebiet, Armee)?



Stimmt schon, der ist ein Soldat.

Soldat kommt vom Sold. :]

EinDachs
22.10.2007, 15:16
Da dürfte man dann ja nur noch kostenlos kämpfen, oder was meinst du damit?

Das hab ich unklar ausgedrückt:
Was ist mit Söldnern, die eigentlich die Staatsbürgerschaft haben?
Sowas wäre ja durch diese Definition nicht möglich, was ich als eine Schwäche einer allzu rigiden Auffassung dieser Def. ansehe.


Einverstanden, aber hat so ein Warlord nicht schon die drei Elemente der staatlichen Definition Jellineks unter sich (Volk, Gebiet, Armee)?

In gewisser Weise schon, aber ihm fehlt dann doch noch ein Schritt in Richtung Staatlichkeit. So ist sein Volk recht schwammig begrenzt und sein Gebiet wird auch eher unscharf umrissen sein.
Wenn man einen Warlord als staatlichen Akteuer beshcreiben will, sollte man eher von einem Personenverbandsstaat ausgehen als von einem modernen Flächenstaat.



Soldat kommt vom Sold. :]

Das ist richtig.
Ebenso wie Söldner.
Geld alleine ist wohl ein schlechtes Beispiel. Ich denke das Ausmass an Vernetzung mit Staatlichkeit ist wohl der Schlüssel.

adama55
22.10.2007, 15:24
Effektiver: Ja, aber in einem eher unangenehmen Sinn.
Der große Unterschied ist ja, dass die staatliche Verantwortung für das Tun der Söldner denkbar gering ist. Abgesehen vom Dienstverhältnis besteht ja keinerlei politische Zusammengehörigkeit bzw keinerlei gegenseitige Verpflichtung.
Bei Soldaten sieht dies anders aus.



Muss aber nicht sein. Reguläre Truppen, "Todesschwadronen" können brutaler sein als Söldner. Die Verantwortung liegt in meinen Augen trotzdem immer beim Auftraggeber. Ich könnte mir auch liberale, rote und faschistische Söldner Gruppen vorstellen, um eine politische Zusammengehörigkeit darzustellen. Aber die Auswirkung wäre wahrscheinlich eine fanatisierte Kriegsführung, wie wir sie schon kennengelernt haben.

Einen neutralen Berufssoldaten halte ich für die beste Lösung. (Ein Ideal ;) )

Aber schauen wir die Praxis der UN Einsätze an.
Hier werden 10000 Soldaten mühsam aus verschiedenen Nationen zusammengesucht, in irgendein Land geschickt, und sollen dann dort innerhalb eines begrezten Mandats ihren Auftrag erfüllen. Dabei unterliegen diese Truppen dann einer Kommandostruktur des kleinsten gemeinsamen Nenners. Sie müssen die Interessen des Einsatzlandes, der UNO und des Entsendelandes gleichermaßen beachten. Das führt dann dazu, dass die Truppen nur Checkpoints errichten und ansonsten in den Kasernen verbleiben. Nach Abzug der Truppen wäre kein Problem gelöst.

Langfristige Verträge mit "Söldnern", die je nach KnowHow, auch zivile Aufgaben übernehmen könnten, wären nur dem Auftraggeber unterstellt und könnten (zugegeben demensprechend Partei) wirksamer vorgehen.
Letztendlich kommt es aber auf die Integrität der Menschen an, die beauftragt werden.


Übrigens bekommen die UN Soldaten alle eine Auslandszulage und die Länder werden von der UNO dafür entschädigt (Wie die Hessen die nach Amerika verkauft wurden?). Unsere sind sogar "freiwillig" dort. Das riecht mir sehr nach Söldner!

Skald
22.10.2007, 16:56
Vielleicht können wir die ganze Angelegenheit ungefähr auf die Weise definieren, daß zwischen einem nationalen bzw. staatlichen Berufsheer und einem privat organisierten Söldnerheer unterschieden werden kann, und sollte.

adama55
22.10.2007, 22:48
Vielleicht können wir die ganze Angelegenheit ungefähr auf die Weise definieren, daß zwischen einem nationalen bzw. staatlichen Berufsheer und einem privat organisierten Söldnerheer unterschieden werden kann, und sollte.

Würde ich nicht machen. Historsich gesehen waren die Römischen Heere eigentlich auch Privatarmeen im Auftrag des Senats. Auch im Amerikanischen Bürgerkrieg gab es privat ausgerüstete Truppen. Im Unabhängigkeitskrieg sowieso. Es gab eine Kanadische Freiwilligeneinheit, privat aufgestellt, die in Südafrika gegen die Buren kämpfte. OK, man kann da immer einen staatlichen Auftrag sehen. Darum:

Sobald sich eine private Armee oder ein Söldner in den Dienst eines Staates stellt, oder wie der UNO, einer überstaatlichen Organisation, sollte man diese als reguläre Soldaten bezeichnen.
Agiert diese Truppe gegen eine gewählte ( oder legale?) Regierung, oder im Auftrag von Minderheitsinteressen ( irgendeine Firma), also eigentlich illegal, dann sollte man diese als Söldner bezeichnen, unabhängig ob eine "gute Absicht" dahinter stehen mag. Beispiel hierfür sind private Befreiungsaktionen oder Umstürze.