Alevi_Playa
05.10.2007, 15:35
Eines Besseren belehrt
Im Jemen versuchen Religionsgelehrte, inhaftierte Islamisten von einem gemäßigten Islam zu überzeugen
AUS SANAA KRISTIN HELBERG
Anzeige
"Nichtmuslime sind Ungläubige und müssen getötet werden." - "Und warum?" - "Weil Mohammed gesagt hat: Verfolgt und tötet sie, bis sie sich zu Gott bekennen." - "Das stimmt aber nicht." - "Wieso denn nicht?" - "Weil das Verhältnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen auf Sicherheit und Frieden beruht. Im Koran gibt es 124 Suren dazu. Nur eine einzige sagt: Bekämpft sie, wenn sie euch bekämpfen."
Was Hamoud al-Hitar hier beschreibt, ist eine typische Diskussion zwischen Gefangenem und Gelehrtem. Seit September 2002 hat der Leiter des "Komitees für Dialog" solch hitzige Auseinandersetzungen oft gehört. Mit religiösen Argumenten versuchen im jemenitischen Sanaa er und 30 Imame, inhaftierte Islamisten von ihren radikalen Positionen abzubringen und sie von der Friedensbotschaft des Islam zu überzeugen. Ihr Motto ist: Reden hilft, auch gegen Terror. "Hinter jedem Anschlag steckt eine Ideologie", so Al-Hitar, "und Ideologien lassen sich nur mit Argumenten bekämpfen, nicht mit Gewalt."
Der Vorsitzende des Berufungsgerichts der Provinz Sanaa ist zu einem Hoffnungsträger seines Landes geworden. Al-Hitar soll eine Brücke schlagen zwischen gewaltbereiten Islamisten und einem konservativen, aber friedlichen Islam, wie er im Jemen offiziell propagiert und von der Mehrheit der Bevölkerung gelebt wird.
Der Richter sitzt im Besucherraum seines Hauses, auf dem Kopf eine weiße Kappe, auf den Lippen ein Lächeln. "So wie ein Arzt einen kranken Körper behandelt, so wollen wir einen kranken Geist heilen", erklärt er. Dafür müssen al-Hitars Leute - respektierte und moderate Islamgelehrte - den Hass, den radikale Prediger in den jungen Leuten gesät haben, in Toleranz und Respekt umwandeln.
Ein hehres Ziel. Aber ist das so einfach - lassen sich jahrelang indoktrinierte Extremisten mit ein paar Diskussionsrunden bekehren? "Nicht alle", antwortet al-Hitar, "aber viele." Schließlich gehe es nicht darum, die Leute von ihrem Glauben abzubringen, sondern darum, diesem eine andere Richtung zu geben. "Ihr starker Glaube an Gott und den Propheten Mohammed hilft uns. Denn dadurch haben sie großen Respekt vor theologischen Argumenten", sagt al-Hitar. Islamisten hätten lediglich ein paar Dinge im Islam falsch verstanden, daher ihre radikalen Ansichten.
Während der etwa acht Monate dauernden Dialogrunden treffen sich Gelehrte und Gefangene fast täglich zu Gesprächen. Meist geht es dabei um drei Themen: das Konzept des Dschihad (des heiligen Krieges), den Umgang mit Nichtmuslimen und die Vorstellungen von einem islamischen Staat. Beide Seiten argumentieren mit Koransuren sowie den Aussprüchen und Taten des Propheten Mohammed. Die Imame bekämpfen die Islamisten also mit ihren eigenen Waffen: dem Koran und seiner Auslegung.
zum weiterlesen (http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2005/03/10/a0165)
----------------------------------
Sehr interessant und wichtig.
Im Jemen versuchen Religionsgelehrte, inhaftierte Islamisten von einem gemäßigten Islam zu überzeugen
AUS SANAA KRISTIN HELBERG
Anzeige
"Nichtmuslime sind Ungläubige und müssen getötet werden." - "Und warum?" - "Weil Mohammed gesagt hat: Verfolgt und tötet sie, bis sie sich zu Gott bekennen." - "Das stimmt aber nicht." - "Wieso denn nicht?" - "Weil das Verhältnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen auf Sicherheit und Frieden beruht. Im Koran gibt es 124 Suren dazu. Nur eine einzige sagt: Bekämpft sie, wenn sie euch bekämpfen."
Was Hamoud al-Hitar hier beschreibt, ist eine typische Diskussion zwischen Gefangenem und Gelehrtem. Seit September 2002 hat der Leiter des "Komitees für Dialog" solch hitzige Auseinandersetzungen oft gehört. Mit religiösen Argumenten versuchen im jemenitischen Sanaa er und 30 Imame, inhaftierte Islamisten von ihren radikalen Positionen abzubringen und sie von der Friedensbotschaft des Islam zu überzeugen. Ihr Motto ist: Reden hilft, auch gegen Terror. "Hinter jedem Anschlag steckt eine Ideologie", so Al-Hitar, "und Ideologien lassen sich nur mit Argumenten bekämpfen, nicht mit Gewalt."
Der Vorsitzende des Berufungsgerichts der Provinz Sanaa ist zu einem Hoffnungsträger seines Landes geworden. Al-Hitar soll eine Brücke schlagen zwischen gewaltbereiten Islamisten und einem konservativen, aber friedlichen Islam, wie er im Jemen offiziell propagiert und von der Mehrheit der Bevölkerung gelebt wird.
Der Richter sitzt im Besucherraum seines Hauses, auf dem Kopf eine weiße Kappe, auf den Lippen ein Lächeln. "So wie ein Arzt einen kranken Körper behandelt, so wollen wir einen kranken Geist heilen", erklärt er. Dafür müssen al-Hitars Leute - respektierte und moderate Islamgelehrte - den Hass, den radikale Prediger in den jungen Leuten gesät haben, in Toleranz und Respekt umwandeln.
Ein hehres Ziel. Aber ist das so einfach - lassen sich jahrelang indoktrinierte Extremisten mit ein paar Diskussionsrunden bekehren? "Nicht alle", antwortet al-Hitar, "aber viele." Schließlich gehe es nicht darum, die Leute von ihrem Glauben abzubringen, sondern darum, diesem eine andere Richtung zu geben. "Ihr starker Glaube an Gott und den Propheten Mohammed hilft uns. Denn dadurch haben sie großen Respekt vor theologischen Argumenten", sagt al-Hitar. Islamisten hätten lediglich ein paar Dinge im Islam falsch verstanden, daher ihre radikalen Ansichten.
Während der etwa acht Monate dauernden Dialogrunden treffen sich Gelehrte und Gefangene fast täglich zu Gesprächen. Meist geht es dabei um drei Themen: das Konzept des Dschihad (des heiligen Krieges), den Umgang mit Nichtmuslimen und die Vorstellungen von einem islamischen Staat. Beide Seiten argumentieren mit Koransuren sowie den Aussprüchen und Taten des Propheten Mohammed. Die Imame bekämpfen die Islamisten also mit ihren eigenen Waffen: dem Koran und seiner Auslegung.
zum weiterlesen (http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2005/03/10/a0165)
----------------------------------
Sehr interessant und wichtig.