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Vollständige Version anzeigen : "Der Adolf in uns" - haben die Nazis der Welt den Spiegel vorgehalten?



Beverly
30.09.2007, 18:43
Wenn ich besonders finster auf die Welt und die Menschen in ihr blicke, denke ich, dass die Nazis da nur das ausgesprochen und bis zum Exzess praktiziert haben, was doch insgeheim "alle" denken und tun.
Das soll keine Entschuldigung oder auch nur Relativierung der Verbrechen der Nazis sein. Das waren Verbrecher X( ! Doch die Reaktion der Welt auf die Nazis kommt mir immer mehr so vor, als ob sich da die einen Verbrecher scheinheilig über die anderen, ertappten und bloßgestellten Verbrecher echauffieren. Nur nicht mit dem braunen Gelumpe in Zusammenhang gebracht werden. Immer schön auf Distanz zum Österreicher und seinen Spießgesellen gehen, damit die eigenen Leichen im Keller tunlichst in Vergessenheit geraten.

Mir kommen die 12 Jahre Nazi-Barbarei aber manchmal so vor, wie sozusagen eine schnelle und harte und zutiefst böse Demonstration in der Ausübung politischer Macht. Und zwar so, wie sie immer ausgeübt wird, nur halt nicht so exzessiv und im Rückblick quasi demonstrativ wie bei den Nazis.

Was haben Adolf und seine Paladine denn da für Lektionen gegeben?

Lektion 1: Mit einem Gemisch aus abgrundtiefen Lügen und Wahrheiten den Menschen den Kopf zu verdrehen.

Die Nazis hatten aus der Sicht ihrer Zeitgenossen wohl Recht, wenn sie das Elend in der Weimarer Republik anprangerten und auf ihren Wahlplakaten verhärmte Menschen abbildeten. Sie hatten auch Recht, das Gemeinschaftliche zu betonen. Aber alle von ihnen ausgesprochenen Wahrheiten dienten nur dazu, ihre Lügen um so wirksamer zu machen. Einem Demagogen, der zu Recht auf chaotische Zustände hinweist, glaubt man leichter, wenn er unschuldige Menschen als Verantwortliche für das Chaos diffamiert.


Lektion 2: Sich von den wirklich Mächtigen kaufen zu lassen.

Wie auch immer man das Machtgefüge zwischen Staat, NS-Herrschaft und Kapital im Faschismus sehen mag, uns Adolf war zweifellos ein Meister darin, sich bei den Eliten in Gesellschaft und Wirtschaft einzuschleimen. Hat er sie eingeseift oder haben sie ihn benutzt? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, das ändert aber nichts am didaktischen Wert von Lektion 2.



Lektion 3: Eine Fehlentscheidung nach der anderen treffen

Vermutlich werden sich auch Zeitgenossen, die zu Anfang mit dem NS-System sympathisierten, irgendwann gefragt haben: "warum tun die das?" Heile Welt mit KdF, Aufmärschen und HJ hätte vielen Spießerseelen wohl gereicht, auf die härteren Sachen hatten nicht alle unbedingt Lust. Man hatte doch jüdische Mitschüler, war vielleicht mit einer Jüdin verheiratet oder der jüdische Arzt war besser als der Arier, der seine Praxis "übernahm" :rolleyes:
Nach dem Krieg sahen viele Deutsche im NS eine gute Idee, die schlecht umgesetzt wurden. Wobei sie übersahen, dass die schlechte Umsetzung den Kern des Systems ausmachte. Fragt sich natürlich, warum aus Fackelzügen Bücherverbrennungen wurden, warum aus Aufbruchstimmung 1933 der Untergang 1945 :rolleyes:


Lektion 4: Den Menschen die Wahrheit zu verschweigen

Die einzige Wahrheit, welche die Nazis der Welt hätten geben können, war die Einsicht, dass die Welt und die Menschen Scheiße sind. Das wäre vielleicht eine heilsame Schocktherapie gewesen, stände aber im Widerspruch zu Lektion 1 - Propaganda - und Lektion 2 - Anbiedern bei den Mächtigen. Der Nazi trat eben nicht in die Fußstapfen der Nihilisten, welche diese Wahrheit aussprachen. Er verschwieg sie und machte auf Biedermann. Es war halt ein "Lehrgang" der ganz harten Sorte, den viele nicht überleben sollten :rolleyes: - denn wir kommen zu


Lektion 5: In der Maske des Biedermannes Verbrechen begehen

Sind Leute, die offen sagen, dass Welt und Menschen Scheiße sind, eine Gefahr, die über zynische Provokationen und die eine oder andere Schlägerei hinaus geht? In einem Aufsatz über den Nihilismus stand, dass der Nihilist alte Werte hinwegfegt und dadurch Platz für neue Werte schafft. Wer als Nihlist im Spiegel ein Monster erblickt ist darüber so entsetzt, dass er diesem Monster keine Freiheiten über "alles ist Scheiße"-Schreien hinaus gönnt.
Die Nazis haben beim Blick in den Spiegel nur Dutzendgesichter gesehen, keine Monster :rolleyes: Alle waren sie brav und bieder, hatten Familie - braucht es den schönen Schein der Wohlanständigkeit, um zum erfolgreichen Massenmörder zu werden :rolleyes:?

Hilfreich dabei ist

Lektion 6: Hetzdiskurse

Bei den Nazis waren Opfer ihrer Hetzdiskurse

- politische Gegner
- Juden
- Behinderte
- Homosexuelle
- Sinti und Roma
- die Slawen (Polen und Russen)

Vermutlich hat keine ihrer Opfergruppen 1933 geahnt, was die Nazis mit ihnen vorhatten. Vielleicht wussten damals nicht einmal alle Nazis, was aus den als minderwertig betrachteten Menschen werden würde - nämlich Aschehäufchen.
Stück für Stück wurden Schikanen, diskriminierende Gesetze, Terrormaßnahmen gesteigert. Gewöhnten sich die Opfer an den Terror, wurde die Schraube wieder angezogen. Begriffen die Opfer, was die Täter vorhatten, war es zu spät.
Analog zur Viktimisierung der Opfer die Brutalisierung der Täter. Vermutlich musste der harte Kern der Nazi-Verbrecher auch deshalb den Vernichtungsdiskurs Stück für Stück steigern, weil sonst in den eigenen Reihen zu viele abgesprungen wären.


Lektion 7: Krieg, Eroberung, Ausrottung

Gerade weil die Pläne zur Errichtung eines Mordreiches schon nach 6 Jahren scheiterten, kommen sie mir sozusagen lehrbuchhaft vor. So als ob die Nazis da andere Imperien nachgeahmt hätten, bei der Nachahmung aber so viele Fehler gemacht haben, dass sie jämmerlich scheiterten. Das ist IMHO das Motiv des gesamten "nachholenden Imperialismus" des Deutschen Reiches seit der Zeit um 1900. Die Deutschen sahen, dass die Welt schon aufgeteilt war, da beschlossen sie, ihre Hegemonie in Europa, v. a. Osteuropa zu errichten. Ist bekanntlich gescheitert, doch das führt zu


Lektion 8: Alles wieder vergessen

Ist natürlich ein "interessanter" Lehrgang, bei dem die Teilnehmer einen Sch... nach dem anderen machen, das Leben von Millionen Menschen zerstören und zum Schluss alles wieder vergessen. Am 8. Mai 1945 gab es in Deutschland keine Nazis mehr und die diesbezügliche Amnesie machte einen Besatzungsoffizier so erbittert, dass er einem ehrlichen Ex-Nazi die Hand gegeben hätte.
Ich selbst habe in meiner Jugend viel über das Dritte Reich gelesen und auch mit Zeitzeugen gesprochen. Aber ich kann mich nicht entsinnen, dass einer derjenigen, die nahe beim Regime waren oder sogar zu ihm gehörten, wirklich ehrlich "ausgepackt" hätte. Zur Kultur des Verbreches gehört auch die Kultur des Verschweigens und die Nazis waren in beidem Meister.

Die Welt nun, wo so viele scheinheilig gackern, wenn mal wieder das Reizwort "Nazi" oder "Drittes Reich" fällt, scheint den Nazis aber für ihr Schweigen nicht gram zu sein. Ein Nazi, der hätte auspacken wollen, wäre von dieser Welt vielleicht schneller nach Walhalla befördert worden als dass er einen Verleger für eine aufrichtige Biografie gefunden hätte. Denn diese Welt funktioniert doch politisch genau so, wie es die Nazis vorgeführt haben

- mit einem Gemisch aus Wahrheit und Lügen die Menschen verdummen
- vor den wirklich Mächtigen kuschen
- so lange Fehlentscheidungen treffen, bis das System zusammenbricht
- den Menschen die Wahrheit verschweigen
- als Biedermann Verbrechen begehen
- Hetzdiskurse führen
- Menschen unterjochen
- hinterher alles vergessen

Haben die Nazis der Welt da den Spiegel vorgehalten und ist die Welt deshalb so böse auf sie :rolleyes: ?

Volyn
30.09.2007, 20:48
Die Userin Beverly sollte lebenslang gesperrt werden.´

Grund:

Nazivergleich!

Sauerländer
30.09.2007, 20:51
Warum wohl wird von allen Beteiligten gerade das Wenige, in dem der Nationalsozialismus seinesgleichen nicht findet, nämlich eine spezifische Methodik der Extermininierung, geradezu mythengleich immer und immer wieder (den Propagandarichtlinien Hitlers zur Propaganda folgend...:rolleyes: ) zum wesentlichsten Zug dieses Regimes erklärt, und jeder, der das auch nur annähernd in Frage stellt, als diesem Regime zugehörig gebrandmarkt?

Weil es für alle ungemein praktisch ist, wenn einer der Arsch ist, auf den man zeigen kann, wenn die eigenen Sauereien ins Licht gerissen zu werden drohen.
Laut der Church of Satan müssen die christlichen Kirchen doch eigentlich dankbarfür die Figur des Teufels sein - was sollte ihnen sonst qua Furcht so viele Anhänger zutreiben?
Es hat mehr als nur ein wenig den Anschein, dass das Verhältnis der etablierten Mächte zum Nationalsozialismus ein ähnliches ist.


Bekanntlich ist Geschichte die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.

Volyn
30.09.2007, 20:57
Die Nazis haben zumindest den Bolschewismus vernichtet.

Damit haben sie ihr eigentliches Ziel erreicht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte die Sowjetunion überwiegend im Vergleich zur Vorkriegszeit menschliche Züge.

Die Nazis haben die deutsche Ostkolonisation aufgegeben.

Ihnen war klar, daß Multikulti immer nur zu Bürgerkriegen führt.

Die von ihnen ins Reich umgesiedelten Deutschen lebten von da an in friedlicheren Verhältnissen - sofern sie nicht wieder "repatriiert" wurden.

Sie kämpften gegen das, was du auf diesem Film siehst:


http://www.youtube.com/watch?v=K5zvSR38MSA

torun
30.09.2007, 20:59
Die Userin Beverly sollte lebenslang gesperrt werden.´

Grund:

Nazivergleich!

Heute ist mal wieder Großkampftag in Sachen Addi !

Volyn
30.09.2007, 21:00
Juden gab es im Dritten Reich ohnehin nur 500.000, die größtenteils in Berlin und Frankfurt wohnten.

Jüdische Mitschüler oder Ärzte gehörten somit nicht wirklich zum Alltag.


Das Verschwinden von Menschen konnte man dagegen im bolschewistischen Machtbereich viel schöner und deutlicher beobachten als in Deutschland.

In Polen und der Tschechoslowakei übrigens auch, Madame.

Das Ende
30.09.2007, 21:01
Da fällt mir ein Lied ein, dass das relativ gut beschreibt. Das fett geschriebene ist am besten.


Und sie predigen von Liebe, wenn es sein muss mit Gewalt

Mit dem Schwert und Buch vertrieben und die Asche wird schon kalt

Und im Glauben an das Gute lassen sie dich losmarschiern

Hier im heißen Sand verbluten, dort im kalten Schnee erfriern



Weiß der Teufel warum einer, der die Wahrheit kennt, nur lügt

Weiß der Teufel warum einer, der den Schmerz kennt, ihn zufügt

Weiß der Teufel warum keiner weiß: Wir sind vom Tod erwacht

Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht



Und das alles sag ich offen, weil du stets zum Schlechten neigst

Während du empört, betroffen mit dem Finger auf mich zeigst



Ich bin ein wahrer Satan, komm und fass mich an

Die Wahrheit ist mein Ziegenhuf, meine Hörner und mein Plan

Ja ich bin ein echter Teufel, hör gut zu, du wirst verstehn

Und ich bringe dir das Feuer um die Dunkelheit zu sehn

Beverly
30.09.2007, 21:05
(...)Weil es für alle ungemein praktisch ist, wenn einer der Arsch ist, auf den man zeigen kann, wenn die eigenen Sauereien ins Licht gerissen zu werden drohen.(...)

Aber irgendwann kann der Schuss auch mal nach hinten losgehen. So haben mich diverse Hetzdiskurse unserer Tage (gegen Moslems, gegen Erwerbslose) zu diesem Strang inspiriert, weil man sie als verfeinerte Version eben jener Methoden interpretieren kann, mit denen der Gröfaz und seine Helfershelfer zu Werke gegangen sind. Geht es da wirklich um das "Thema an sich" oder um das feinsinnig vorbereitete Ausgrenzen, Stigmatisieren, Viktimisieren, Ex .... :rolleyes: von ökonomisch funktionslos gewordenen Menschengruppen? Lustig auch immer wie die Urheber dieser Diskurse jede Parallele zu den Diskursen von vor 70 Jahren leugnen, alldiweil mir ihre "Kritik" oft so abstrus und am Thema vorbei vorkommt und dabei so knallhart diffamierend ist, wie eben jene ... älteren Diskurse.

Volyn
30.09.2007, 21:05
Da fällt mir ein Lied ein, dass das relativ gut beschreibt. Das fett geschriebene ist am besten.

Und inwiefern paßt das jetzt zum Eingangsbeitrag? ?(

Volyn
30.09.2007, 21:07
Heute ist mal wieder Großkampftag in Sachen Addi !


Richtig! :) :) :)

Volyn
30.09.2007, 21:12
Aber irgendwann kann der Schuss auch mal nach hinten losgehen. So haben mich diverse Hetzdiskurse unserer Tage (gegen Moslems, gegen Erwerbslose) zu diesem Strang inspiriert, weil man sie als verfeinerte Version eben jener Methoden interpretieren kann, mit denen der Gröfaz und seine Helfershelfer zu Werke gegangen sind. Geht es da wirklich um das "Thema an sich" oder um das feinsinnig vorbereitete Ausgrenzen, Stigmatisieren, Viktimisieren, Ex .... :rolleyes: von ökonomisch funktionslos gewordenen Menschengruppen? Lustig auch immer wie die Urheber dieser Diskurse jede Parallele zu den Diskursen von vor 70 Jahren leugnen, alldiweil mir ihre "Kritik" oft so abstrus und am Thema vorbei vorkommt und dabei so knallhart diffamierend ist, wie eben jene ... älteren Diskurse.



Wieso leugnen?

Ich z.B. leugne gar nichts, auch keine Parallelen.

Allerdings sehe ich auch Parallelen zwischen der deutschenfeindlichen Propaganda von heute und der im Polen der Zwanziger und Dreißiger Jahre.

Oder zwischen der Einschüchterung der Presse bzw. der faktischen Aufhebung der Pressefreiheit, die sich gegenwärtig vollzieht, und der Gleichschaltung der Presse im Dritten Reich.

Nur diente die Gleichschaltung der Presse damals der Bewahrung der europäischen Völker vor dem Bolschewismus.

Heute dient sie der Vernichtung der europäischen Völker durch die Moslems und andere vermehrungsfreudige Zuwanderer.

Das Ende
30.09.2007, 21:12
Und inwiefern paßt das jetzt zum Eingangsbeitrag? ?(

Dann überleg mal. :)

Sagen wir es ist eine Ergänzung zum Beitrag 3 von Sauerländer.

Sauerländer
30.09.2007, 21:14
Aber irgendwann kann der Schuss auch mal nach hinten losgehen. So haben mich diverse Hetzdiskurse unserer Tage (gegen Moslems, gegen Erwerbslose) zu diesem Strang inspiriert, weil man sie als verfeinerte Version eben jener Methoden interpretieren kann, mit denen der Gröfaz und seine Helfershelfer zu Werke gegangen sind. Geht es da wirklich um das "Thema an sich" oder um das feinsinnig vorbereitete Ausgrenzen, Stigmatisieren, Viktimisieren, Ex .... :rolleyes: von ökonomisch funktionslos gewordenen Menschengruppen? Lustig auch immer wie die Urheber dieser Diskurse jede Parallele zu den Diskursen von vor 70 Jahren leugnen, alldiweil mir ihre "Kritik" oft so abstrus und am Thema vorbei vorkommt und dabei so knallhart diffamierend ist, wie eben jene ... älteren Diskurse.
Ich würde zumindest der großen Mehrheit derer, die heute solches unternehmen, zubilligen, dass ihnen die Parallele in keiner Weise bewusst ist, und dass sie auch nicht in der Lage sind, sie zu erkennen. Um sich aus den Denkstrukturen eines Systems zu lösen (vor allem, wenn diese umfassend, um nicht zu sagen total sind), muss man Entfremdung von ihm gespürt haben, muss man Fremdheit wahrgenommen haben, die im System selbst liegt. Und das gelingt den Wenigsten, bevor sie selbst in der einen oder anderen Form Opfer werden.
Vielen nichtmal dann. Womit wir wieder bei 1984 wären und der Feststellung, dass es Gegenwart beschreibt, nicht Zukunft.
Bewusst lügen und aufhetzen tun von unseren Hardcoreliberalen (bzw "Konservativen" Marke Mißfelder) in meinen Augen die Allerwenigsten. Die Masse glaubt wirklich an das, was sie da erzählt. Was es nicht besser macht.

Sauerländer
30.09.2007, 21:18
Die Nazis haben zumindest den Bolschewismus vernichtet.

Indem sie ihn vordergründig siegen ließen und so in die politische Überdehnung lockten?
Das ist ein Ansatz von geradezu Tetzlaff´scher Qualität...:D

Volyn
30.09.2007, 21:27
Indem sie ihn vordergründig siegen ließen und so in die politische Überdehnung lockten?
Das ist ein Ansatz von geradezu Tetzlaff´scher Qualität...:D


Die Bolschewisten konnten sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr lange halten.

Seit den Fünfziger Jahren zeigte die Sowjetunion ein eher menschliches Gesicht - jedenfalls verglichen mit der Zeit vor dem Krieg.

Insofern kann man durchaus sagen, daß der Bolschewismus vernichtet worden ist.

Es ging ja nicht darum, möglichst viel Land zu erobern.

Es ging darum, die Bolschewisten zu schlagen.

Und genau das haben die Nazis getan.

Volyn
30.09.2007, 21:30
Dann überleg mal. :)

Sagen wir es ist eine Ergänzung zum Beitrag 3 von Sauerländer.

Alles klar, hatte ich überlesen. :) :) :)

Sauerländer
30.09.2007, 21:35
Die Bolschewisten konnten sich nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr lange halten.
Seit den Fünfziger Jahren zeigte die Sowjetunion ein eher menschliches Gesicht - jedenfalls verglichen mit der Zeit vor dem Krieg.
Insofern kann man durchaus sagen, daß der Bolschewismus vernichtet worden ist.
Es ging ja nicht darum, möglichst viel Land zu erobern.
Es ging darum, die Bolschewisten zu schlagen.
Und genau das haben die Nazis getan.
Die Bolschewisten zu schlagen...
Wer hat den Krieg nochmal gewonnen? Wer hat sein Imperium dabei erheblich ausbauen können?
Ach ja, und vergessen wir nicht, dass Stalin, zuvor im Westen alles andere als beliebt, zumindest zeitweise durch unsere depperten Volksgenossen in eine Position gebracht wurde, wo ihn kaum ein Westler moralisch kritisieren konnte, im Gegenteil, man gab gerade den Stalinisten die Möglichkeit, sich als Retter der Zivilisation zu präsentieren. Von diesem moralischen Bonus zehren sie bis heute.
Weiterhin hat man dem Bolschewismus einen propagandistischen Bonus beschert, der darin besteht, dass alle Fehler, die man dort begangen hat, zu Auswirkungen der schweren eigenen Verluste gegen die Deutschen umgemünzt werden konnten.
Weiterhin: Hat man durch eine zurüclhaltende Politik im Westen eine vereinte europäisch-antiöstliche Allianz vorbereitet? Nein, hat man nicht.
Ist man zurückgescheut davor, sich phasenweise mit Stalin zu verbünden? Nein.
Weil man sich eben NICHT als vor allem antikommunistisch und dann lange gar nichts definiert hat.

Volyn
30.09.2007, 21:43
Die Bolschewisten zu schlagen...
Wer hat den Krieg nochmal gewonnen? Wer hat sein Imperium dabei erheblich ausbauen können?
Ach ja, und vergessen wir nicht, dass Stalin, zuvor im Westen alles andere als beliebt, zumindest zeitweise durch unsere depperten Volksgenossen in eine Position gebracht wurde, wo ihn kaum ein Westler moralisch kritisieren konnte, im Gegenteil, man gab gerade den Stalinisten die Möglichkeit, sich als Retter der Zivilisation zu präsentieren. Von diesem moralischen Bonus zehren sie bis heute.
Weiterhin hat man dem Bolschewismus einen propagandistischen Bonus beschert, der darin besteht, dass alle Fehler, die man dort begangen hat, zu Auswirkungen der schweren eigenen Verluste gegen die Deutschen umgemünzt werden konnten.
Weiterhin: Hat man durch eine zurüclhaltende Politik im Westen eine vereinte europäisch-antiöstliche Allianz vorbereitet? Nein, hat man nicht.
Ist man zurückgescheut davor, sich phasenweise mit Stalin zu verbünden? Nein.
Weil man sich eben NICHT als vor allem antikommunistisch und dann lange gar nichts definiert hat.


Man hat sich nicht als antikommunistisch, sondern als antibolschewistisch definiert.

Auch das ist ein Unterschied.

Volyn
30.09.2007, 21:45
Frankreich war zu einer Schutzmacht der Bolschewisten verkommen.

Genau wie heute die europäischen Dhimmistaaten Schutzmächte des Islam sind.

Die Situation war damals genau so unerklärlich wie heute.

Sauerländer
30.09.2007, 21:50
Man hat sich nicht als antikommunistisch, sondern als antibolschewistisch definiert.
Auch das ist ein Unterschied.
Das ist ein Unterschied, ohne Zweifel.
Ob der allerdings in der NSDAP bewusst gezogen worden ist, wage ich zu bezweifeln.

Es bleibt jedenfalls festzuhalten, dass Stalin hinterher mächtiger war denn je.
Und dass der Terrorapparat sich dann irgendwann auch mal ein wenig zurückgehalten hat - mag es daran liegt, dass man im Angesicht des Sieges auch anderes erfolgreich Propaganda treiben konnte und die wesentlichen politischen Gegner mittlerweile schlicht und einfach alle tot waren?
Hat in dieser Hinsicht das Dritte Reich Onkel Josef möglicherweise sogar einige Arbeit abgenommen?

Der war nicht besiegt - der hat sich ins Fäustchen gelacht.

Sauerländer
30.09.2007, 21:53
Frankreich war zu einer Schutzmacht der Bolschewisten verkommen.
Genau wie heute die europäischen Dhimmistaaten Schutzmächte des Islam sind.
Die Situation war damals genau so unerklärlich wie heute.
Ging es da möglicherweise um schlichte nationalstaatlich-machtpolitische Konkurrenz, die mit Bolschewismus nichts zu tun hatte?

Kann es sein, dass es einen Grund hat, dass sich gerade unter den Nationalisten der Weimarer Zeit Wesentliches um einen Waffengang gegen Frankreich drehte, häufig gedacht als im Rahmen einer Anlehnung an den Osten?

Volyn
30.09.2007, 21:57
Das ist ein Unterschied, ohne Zweifel.
Ob der allerdings in der NSDAP bewusst gezogen worden ist, wage ich zu bezweifeln.

Es bleibt jedenfalls festzuhalten, dass Stalin hinterher mächtiger war denn je.
Und dass der Terrorapparat sich dann irgendwann auch mal ein wenig zurückgehalten hat - mag es daran liegt, dass man im Angesicht des Sieges auch anderes erfolgreich Propaganda treiben konnte und die wesentlichen politischen Gegner mittlerweile schlicht und einfach alle tot waren?
Hat in dieser Hinsicht das Dritte Reich Onkel Josef möglicherweise sogar einige Arbeit abgenommen?

Der war nicht besiegt - der hat sich ins Fäustchen gelacht.



Tja, hat halt nicht geklappt.

Kann man dann auch nicht mehr ändern.

Ich weiß aber nun nicht, warum man Menschen verteufeln sollte, die gegen den verbrecherischen Bolschewismus gekämpft haben, nur weil sie am Ende eben doch letztendlich verloren haben.

Sie haben viel erreícht, und innerhalb der Sowjetunion hat sich auch einiges geändert.

Die Tatsachen, die diese Veränderungen nach sich zogen, haben die Nazis geschaffen.

So war das eben.

Vril
30.09.2007, 22:01
Man hat sich nicht als antikommunistisch, sondern als antibolschewistisch definiert.

Auch das ist ein Unterschied.

Ähm was ist denn der Unterschied zwischen antikommunistisch und antibolschewistisch ? ?(

Für mich besteht da kein großer Unterschied , der Begriff Bolschewismus ist nur die etwas Altertümliche Bezeichnung für den Kommunismus Sowjetischer Prägung von der Oktoberrevolution der Bolschewisten unter Lenin 1917 bis zum Tode Stalins 1953 .

Und " Neudeutsch " bezeichnen sich die (meisten) Kommunisten (Bolschewisten) mittlerweile auch nicht mehr als Kommunisten oder nach diversen Unterarten Marxisten,Leninisten,Stalinisten,Maoisten,Trotzkis ten,Titoisten usw. sondern meist als Linke wobei die Gesinnung und die Politische Überzeugung immer noch die selbe geblieben ist egal unter welcher Etikette oder unter welcher Bezeichnung es läuft.

Volyn
30.09.2007, 22:04
Ging es da möglicherweise um schlichte nationalstaatlich-machtpolitische Konkurrenz, die mit Bolschewismus nichts zu tun hatte?

Kann es sein, dass es einen Grund hat, dass sich gerade unter den Nationalisten der Weimarer Zeit Wesentliches um einen Waffengang gegen Frankreich drehte, häufig gedacht als im Rahmen einer Anlehnung an den Osten?

Irgendwie drehte sich ohnehin sehr viel um einen Waffengang mit Frankreich.

Hing wohl mit dem Versailler Vertrag zusammen.

Aber es war auch so, daß Frankreich eher die Sowjetunion protegierte. Und das war eben doch ein wenig seltsam.

Man hat bspw. den französischen Ministerpräsidenten Blum dafür verantwortlich gemacht.

Aber wenn ich das wieder weiter ausführe, werde ich wieder gesperrt.

Also erzähle ich lieber von Jean - Paul Sartre.

Ein Linker, der mit seinen linken Büchern gut im Geschäft war.

Er wußte damals genau über die Dinge in der Ukraine bescheid, die heute dort als Holodomor bezeichnet werden.

Doch auch er leugnete ihn damals - und zwar bewußt und wider besseren Wissens.

Und zwar nur, um seine Büchlein weiter verkaufen zu können.

Mit denen er durchaus gut verdiente.

Nein, die Franzosen - und zwar auch das gemeine Volk - liebte den Bolschewismus.

Genau so wie heutzutage das linke Gutmenschtum den Islam.


So, schon wieder eine der Parallelen von Beverly gefunden.:) :) :)

Sauerländer
30.09.2007, 22:07
Tja, hat halt nicht geklappt.
Kann man dann auch nicht mehr ändern.
Ich weiß aber nun nicht, warum man Menschen verteufeln sollte, die gegen den verbrecherischen Bolschewismus gekämpft haben, nur weil sie am Ende eben doch letztendlich verloren haben.

Ähem, ähem...
...
...möglicherweise, weil das, was sie dem entgegensetzten...auch nicht das Gelbe vom Ei war? So ganz dezent formuliert?
Möglicherweise, weil nicht alle Menschen so besessen sind vom Bolschewismus, dass sie alles heilig sprechen, solange es nur gegen den Bolschewismus gerichtet ist?

Sie haben viel erreícht, und innerhalb der Sowjetunion hat sich auch einiges geändert.
Die Tatsachen, die diese Veränderungen nach sich zogen, haben die Nazis geschaffen.
So war das eben.
Sie haben viel erreicht? Oh ja, VERDAMMT viel. Großdeutschland in Klump gelegt, territoriale und Volkstumsverluste ungekannten Ausmaßes produziert, den Verlust souveräner deutscher Staatlichkeit verbockt, strategisch so ziemlich ALLES falsch gemacht, was man falsch machen kann. Sie haben das Reich ruiniert - und damit möglicherweise Deutschlands, ja möglicherweise ganz Europas Chance auf einen eigenen Weg zwischen West und Ost, jedenfalls unterschieden von West.
Und nicht zuletzt haben sie zu verschulden, dass es heute nur unter größten Schwierigkeiten möglich ist, eine deutsche nationalistische Position zu entwickeln, die in sich noch irgendeinen Sinn hat.
Das ist keine Positivbilanz, es sei denn, man ist so besessen vom Hass auf den "Bolschewismus", dass man sich nicht vorstellen kann, etwas, was Bolschewisten umbringt, könnte schlecht sein.
Und die Veränderungen in der Sowjetunion - hat die möglicherweise Stalin ermöglicht, indem er die Freundlichkeit besaß, zu sterben?

Volyn
30.09.2007, 22:09
Ging es da möglicherweise um schlichte nationalstaatlich-machtpolitische Konkurrenz, die mit Bolschewismus nichts zu tun hatte?



Anbetrachts der Tatsache, daß von Anfang an antibolschewistische Exilianten aus der Sowjetunion wie Skoropadski, Rosenberg und Nikuradze den Nationalsozialismus regelrecht aus der Taufe gehoben hatten - mit allen Spirenzchen wie Hakenkreuz, Arier und SS - Orden, denke ich daß der Antibolschewismus der Hauptgrund für den Nationnalsozialismus war.

Der Versailler Vertrag war natürlich ein weiterer Beweggrund.

Aber für die Männer der ersten Stunde wie Rosenberg war die Motivation die Niederschlagung der Oktoberrevolution.

Leo Navis
30.09.2007, 22:10
Was die Nazis in erster Linie stark gemacht hat, war, die Lüge mit einer Wahrheit zu verknüpfen. So haben sie den Menschen vorgegaukelt, die Familie zu stärken - was sie auch gemacht haben - aber haben verschwiegen, dass sie damit die Kinder zu kleinen Hilfsnazis machen und später in den Krieg schicken. Sie haben die Autobahnen gebaut aber verschwiegen, dass es ihnen scheißegal ist, ob die Menschen dann besser von A nach B kommen und sie lediglich damit ihre Panzer durch die Gegend fahren wollten. Sie haben die Armee ausgebaut und somit Deutschland Respekt und Ansehen im Ausland gebracht; doch nicht, damit Deutschland Respekt und Ansehen im Ausland genießt, sondern damit der wahnwitzige Eroberungsplan aufgehen kann. Sie haben den Soldaten gesagt, dass sie ihr Leben dadurch schützen können, dass diese Partisanen erschießen und nebenbei alle Menschen, die ihnen unangenehm erschienen, zu Partisanen erklärt.

Das nur ein paar Beispiele. Diese Taktik gibt es heute durchaus immer noch. Wer weiß, welcher Zweck hinter den "Anti-Terror" Maßnahmen steckt.

Volyn
30.09.2007, 22:11
Ähm was ist denn der Unterschied zwischen antikommunistisch und antibolschewistisch ? ?(

Für mich besteht da kein großer Unterschied , der Begriff Bolschewismus ist nur die etwas Altertümliche Bezeichnung für den Kommunismus Sowjetischer Prägung von der Oktoberrevolution der Bolschewisten unter Lenin 1917 bis zum Tode Stalins 1953 .

Und " Neudeutsch " bezeichnen sich die (meisten) Kommunisten (Bolschewisten) mittlerweile auch nicht mehr als Kommunisten oder nach diversen Unterarten Marxisten,Leninisten,Stalinisten,Maoisten,Trotzkis ten,Titoisten usw. sondern meist als Linke wobei die Gesinnung und die Politische Überzeugung immer noch die selbe geblieben ist egal unter welcher Etikette oder unter welcher Bezeichnung es läuft.


Es soll ein Buch mit dem Namen "Die mißbrauchte Revolution" aus dem Hause Goebbels geben.

Es soll sehr verbreitet gewesen sein.

Das könnte dir etwas weiterhelfen.

Der Bolschewismus wurde als die pervertierte Form des Kommunismus angesehen.

War er ja wohl auch.

Leo Navis
30.09.2007, 22:12
Anbetrachts der Tatsache, daß von Anfang an antibolschewistische Exilianten aus der Sowjetunion wie Skoropadski, Rosenberg und Nikuradze den Nationalsozialismus regelrecht aus der Taufe gehoben hatten - mit allen Spirenzchen wie Hakenkreuz, Arier und SS - Orden, denke ich daß der Antibolschewismus der Hauptgrund für den Nationnalsozialismus war.

Der Versailler Vertrag war natürlich ein weiterer Beweggrund.

Aber für die Männer der ersten Stunde wie Rosenberg war die Motivation die Niederschlagung der Oktoberrevolution.
Nein. Der Grund für den Nationalsozialismus war, dass die Nazis die geschicktesten und doch offensichtlichsten Lügner waren. Die Zeit war scheiße, die Regierungen haben nur Mist gebaut und die KPD hatte nur ein System anzubieten, in dem es den Leuten noch dreckiger ging, da kam ein neues System mit lauter Versprechungen doch gerade recht.

Sauerländer
30.09.2007, 22:15
Irgendwie drehte sich ohnehin sehr viel um einen Waffengang mit Frankreich.
Hing wohl mit dem Versailler Vertrag zusammen.
Ach? :rolleyes:

Aber es war auch so, daß Frankreich eher die Sowjetunion protegierte. Und das war eben doch ein wenig seltsam.
Man hat bspw. den französischen Ministerpräsidenten Blum dafür verantwortlich gemacht.
Aber wenn ich das wieder weiter ausführe, werde ich wieder gesperrt.
Also erzähle ich lieber von Jean - Paul Sartre.
Ein Linker, der mit seinen linken Büchern gut im Geschäft war.
Er wußte damals genau über die Dinge in der Ukraine bescheid, die heute dort als Holodomor bezeichnet werden.
Doch auch er leugnete ihn damals - und zwar bewußt und wider besseren Wissens.
Und zwar nur, um seine Büchlein weiter verkaufen zu können.
Mit denen er durchaus gut verdiente.
Nein, die Franzosen - und zwar auch das gemeine Volk - liebte den Bolschewismus.
Genau so wie heutzutage das linke Gutmenschtum den Islam.
So, schon wieder eine der Parallelen von Beverly gefunden.:) :) :)
Wir erinnern uns möglicherweise, dass schon früh (22) mit dem Rapallo-Vertrag Sowjets und Deutsche eine Annäherung betrieben, gegen die nicht zuletzt Frankreich randalierte, weil das Deutschlands Stellung gegenüber Frankreich schwächte?
Wir erinnern uns, dass nach dem Ersten Weltkrieg es praktisch IMMER Frankreich war, mit dem es Ärger gab, und erst spät in der Hitlerphase die Sowjtunion?

Sauerländer
30.09.2007, 22:18
Nein. Der Grund für den Nationalsozialismus war, dass die Nazis die geschicktesten und doch offensichtlichsten Lügner waren. Die Zeit war scheiße, die Regierungen haben nur Mist gebaut und die KPD hatte nur ein System anzubieten, in dem es den Leuten noch dreckiger ging, da kam ein neues System mit lauter Versprechungen doch gerade recht.
Zumal eines, das aussenpolitisch Revanche versprach.

Volyn
30.09.2007, 22:21
Ähem, ähem...
...
...möglicherweise, weil das, was sie dem entgegensetzten...auch nicht das Gelbe vom Ei war? So ganz dezent formuliert?
Möglicherweise, weil nicht alle Menschen so besessen sind vom Bolschewismus, dass sie alles heilig sprechen, solange es nur gegen den Bolschewismus gerichtet ist?

Sie haben viel erreicht? Oh ja, VERDAMMT viel. Großdeutschland in Klump gelegt, territoriale und Volkstumsverluste ungekannten Ausmaßes produziert, den Verlust souveräner deutscher Staatlichkeit verbockt, strategisch so ziemlich ALLES falsch gemacht, was man falsch machen kann. Sie haben das Reich ruiniert - und damit möglicherweise Deutschlands, ja möglicherweise ganz Europas Chance auf einen eigenen Weg zwischen West und Ost, jedenfalls unterschieden von West.
Und nicht zuletzt haben sie zu verschulden, dass es heute nur unter größten Schwierigkeiten möglich ist, eine deutsche nationalistische Position zu entwickeln, die in sich noch irgendeinen Sinn hat.
Das ist keine Positivbilanz, es sei denn, man ist so besessen vom Hass auf den "Bolschewismus", dass man sich nicht vorstellen kann, etwas, was Bolschewisten umbringt, könnte schlecht sein.
Und die Veränderungen in der Sowjetunion - hat die möglicherweise Stalin ermöglicht, indem er die Freundlichkeit besaß, zu sterben?



Die Moralvorstellungen im Osteuropa der damaligen Zeit, in dem ja eigentlich schon jahrzehntelang Krieg, Bürgerkrieg und Terror herrschten, und in dem es auch in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg viel Bandenkriminalität gab, unterschieden sich eben sehr von den Moralvorstellungen der heutigen Westeuropäer.

Daher sollte man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Stell dir vor, die Türken ergreifen hier die Macht.

Und um sich Waffen zu kaufen, lassen sie 5 Millionen Deutsche, die sie vorher natürlich gewaltsam unterworfen und enteignet haben, verhungern.

Dann kommt Frankreich unter Sarkozy und führt Krieg gegen Deutschland.

Wie sähe es dann wohl hier aus?

Was würde man nun wohl von den Truppen Sarkozys erwarten?

Sicher nicht, daß sie zu Walter Hofer und seinen Türken nett sind.

Eher das Gegenteil.

Und für die Türken würden schwere Zeiten beginnen.



Ich hoffe, damit den ersten Teil deiner Frage beantwortet zu haben.

Zum zweiten Teil möchte ich sagen, daß das zum einen wohl zutrifft, zum anderen aber Stalin ja kein Einzeltäter war - auch wenn dies so dargestellt wird.

Und wenn er eben nicht mehr über dieselbe Komplizenschaft verfügte, wie vor dem Krieg, dann werden sich eben auch die Verhältnisse geändert haben.

Bärwolf
30.09.2007, 22:22
Das mit der Lüge habe ich auch nicht so ganz verstanden. Es herrschte doch eine geradezu stählerne Offenheit was die Ziele betraf. Wer Mein Kampf gelesen hatte, wußte doch wo er dran war. Auch das Programm der NSDAP war doch keine Lüge, bzw. was davon umgesetzt wurde, usw. usw. Man mag den Nazis ja viel vorwerfen können, aber wohl kaum, dass sie nicht angekündigt hätten, was sie dann umsetzten.
Aber die psychologische Frage: wieviel Adolf in einem selbst (oder wieviel Goebbels) ist schon interessant. Vor allem die Linken und Antifas sollten sich die mal stellen. Die Rechten können sich das sparen, die sind ja sowieso alle Adis *lol*

Volyn
30.09.2007, 22:25
Was die Nazis in erster Linie stark gemacht hat, war, die Lüge mit einer Wahrheit zu verknüpfen. So haben sie den Menschen vorgegaukelt, die Familie zu stärken - was sie auch gemacht haben - aber haben verschwiegen, dass sie damit die Kinder zu kleinen Hilfsnazis machen und später in den Krieg schicken. Sie haben die Autobahnen gebaut aber verschwiegen, dass es ihnen scheißegal ist, ob die Menschen dann besser von A nach B kommen und sie lediglich damit ihre Panzer durch die Gegend fahren wollten. Sie haben die Armee ausgebaut und somit Deutschland Respekt und Ansehen im Ausland gebracht; doch nicht, damit Deutschland Respekt und Ansehen im Ausland genießt, sondern damit der wahnwitzige Eroberungsplan aufgehen kann. Sie haben den Soldaten gesagt, dass sie ihr Leben dadurch schützen können, dass diese Partisanen erschießen und nebenbei alle Menschen, die ihnen unangenehm erschienen, zu Partisanen erklärt.

Das nur ein paar Beispiele. Diese Taktik gibt es heute durchaus immer noch. Wer weiß, welcher Zweck hinter den "Anti-Terror" Maßnahmen steckt.



Man fährt nicht mit Panzern auf der Autobahn, sonder transportiert sie mit der Bahn.

Auch dann, wenn man eine Autobahn hat.

Wegen Spritverbrauch, Abnutzung usw.



Eine primitiver Propagandaphrase der Nachkriegszeit.

hagelschauer
30.09.2007, 22:30
Man fährt nicht mit Panzern auf der Autobahn, sonder transportiert sie mit der Bahn.

Auch dann, wenn man eine Autobahn hat.

Wegen Spritverbrauch, Abnutzung usw.


Richtig, die Dinger sind nicht gebaut um hunderte Kilometer über die Autobahn gefahren zu werde. Sieht man ja selbst heutzutage nicht (auch bei Radpanzern) das die über die Bahn gescheucht werden..

Beverly
30.09.2007, 22:31
Was die Nazis in erster Linie stark gemacht hat, war, die Lüge mit einer Wahrheit zu verknüpfen. So haben sie den Menschen vorgegaukelt, die Familie zu stärken - was sie auch gemacht haben - aber haben verschwiegen, dass sie damit die Kinder zu kleinen Hilfsnazis machen und später in den Krieg schicken. Sie haben die Autobahnen gebaut aber verschwiegen, dass es ihnen scheißegal ist, ob die Menschen dann besser von A nach B kommen und sie lediglich damit ihre Panzer durch die Gegend fahren wollten. Sie haben die Armee ausgebaut und somit Deutschland Respekt und Ansehen im Ausland gebracht; doch nicht, damit Deutschland Respekt und Ansehen im Ausland genießt, sondern damit der wahnwitzige Eroberungsplan aufgehen kann. Sie haben den Soldaten gesagt, dass sie ihr Leben dadurch schützen können, dass diese Partisanen erschießen und nebenbei alle Menschen, die ihnen unangenehm erschienen, zu Partisanen erklärt.

Das nur ein paar Beispiele. Diese Taktik gibt es heute durchaus immer noch. Wer weiß, welcher Zweck hinter den "Anti-Terror" Maßnahmen steckt.

Mir ist gestern im U-Bahnhof ein Plakat unangenehm aufgefallen, wo die "Rente mit 67" als Zukunftssicherung für ein junges Mädchen ausgegeben wurde. Goebbels wäre auf so eine dreiste Lüge, die eben aus der Vermischung von Wahrheit - die Zukunft von Kindern muss gesichert werden - und Lüge - die Rente mit 67 wurde zwechs dieser Zukunftssicherung eingeführt - resultiert.

Aldebaran
30.09.2007, 22:31
Die Bolschewisten zu schlagen...
Wer hat den Krieg nochmal gewonnen? Wer hat sein Imperium dabei erheblich ausbauen können?
Ach ja, und vergessen wir nicht, dass Stalin, zuvor im Westen alles andere als beliebt, zumindest zeitweise durch unsere depperten Volksgenossen in eine Position gebracht wurde, wo ihn kaum ein Westler moralisch kritisieren konnte, im Gegenteil, man gab gerade den Stalinisten die Möglichkeit, sich als Retter der Zivilisation zu präsentieren. Von diesem moralischen Bonus zehren sie bis heute.
Weiterhin hat man dem Bolschewismus einen propagandistischen Bonus beschert, der darin besteht, dass alle Fehler, die man dort begangen hat, zu Auswirkungen der schweren eigenen Verluste gegen die Deutschen umgemünzt werden konnten.
Weiterhin: Hat man durch eine zurüclhaltende Politik im Westen eine vereinte europäisch-antiöstliche Allianz vorbereitet? Nein, hat man nicht.
Ist man zurückgescheut davor, sich phasenweise mit Stalin zu verbünden? Nein.
Weil man sich eben NICHT als vor allem antikommunistisch und dann lange gar nichts definiert hat.

De facto war 1945 tatsächlich das Ende sowohl des Bolschewismus als auch des Kommunismus besiegelt, weil die Nazis - natürlich ungewollt - die USA nach Europa geholt hatten. Eine Ausbreitung des Kommunismus in Westeuropa mittels Wahlen oder Revolutionen war da nicht mehr möglich und die militärische Expansion wegen der amerikanischen Nuklearwaffen keine Option mehr.

Die Sowjetunion ließ sich auf einen Wettbewerb ein, den sie nicht gewinnen konnte. Das Ergebnis ist bekannt.

Volyn
30.09.2007, 22:32
Das mit der Lüge habe ich auch nicht so ganz verstanden. Es herrschte doch eine geradezu stählerne Offenheit was die Ziele betraf. Wer Mein Kampf gelesen hatte, wußte doch wo er dran war. Auch das Programm der NSDAP war doch keine Lüge, bzw. was davon umgesetzt wurde, usw. usw. Man mag den Nazis ja viel vorwerfen können, aber wohl kaum, dass sie nicht angekündigt hätten, was sie dann umsetzten.
Aber die psychologische Frage: wieviel Adolf in einem selbst (oder wieviel Goebbels) ist schon interessant. Vor allem die Linken und Antifas sollten sich die mal stellen. Die Rechten können sich das sparen, die sind ja sowieso alle Adis *lol*

"Mein Kampf" enthält keinen einzigen Hinweis auf den Polenfeldzug.

Es enthält die vorsichtige, ja sich seitenlang dahinquälende Überlegung über eine Expansion in Richtung Osten.

Und gleichzeitig wird über einen Krieg mit England nachgedacht, das für zu stark eingestuft wird.

Allerdings gab es solche Überlegungen eigentlich bei allen.

Bei deutschen Politikern, bei Polen, egal bei wem.

Daher hat man das damals natürlich anders eingestuft als heute.

Und wenn sich England, das damals die halbe Welt unterworfen hatte und ausplünderte, sich über die - in mein Kampf doch sehr vorsichtig geäußerten - Kriegsabsichten Hitlers gegenüber Rußland mockierte, dann ist das ja wohl absolut lächerlich.

Als hätte es keinen Krimkrieg gegeben.



Der Kampf gegen den Bolschewismus durchzog die gesamte Nazipropaganda, und eben auch die Aufklärung über dessen Verbrechen, das stimmt.

hagelschauer
30.09.2007, 22:32
Aber zum Thema. Ich denke das in jedem von uns ein Adolf steckt. Da können wir meinen noch so schlau zu sein und noch soviel aus der Geschichte gelernt zu haben.

Aldebaran
30.09.2007, 22:35
Mir ist gestern im U-Bahnhof ein Plakat unangenehm aufgefallen, wo die "Rente mit 67" als Zukunftssicherung für ein junges Mädchen ausgegeben wurde. Goebbels wäre auf so eine dreiste Lüge, die eben aus der Vermischung von Wahrheit - die Zukunft von Kindern muss gesichert werden - und Lüge - die Rente mit 67 wurde zwechs dieser Zukunftssicherung eingeführt - resultiert.

Sagen wir mal so: Die Zukunfstsicherung für die Kinder ist ein Effekt der Rente mit 67, ob nun der primär intendierte oder nicht.

Das durchschnittliche Verrentungsalter ist in den letzten Jahren bereits deutlich gestiegen und die Arbeitslosigkeit unter den 55+ jährigen deutlich gefallen. Solche Änderungen brauchen Zeit, aber sie sind bereits im Gang.

Das aber nur nebenbei. Man kann es mit den Parallelen auch übertreiben.

Sauerländer
30.09.2007, 22:36
Stell dir vor, die Türken ergreifen hier die Macht.
Und um sich Waffen zu kaufen, lassen sie 5 Millionen Deutsche, die sie vorher natürlich gewaltsam unterworfen und enteignet haben, verhungern.
Dann kommt Frankreich unter Sarkozy und führt Krieg gegen Deutschland.
Wie sähe es dann wohl hier aus?
Was würde man nun wohl von den Truppen Sarkozys erwarten?
Sicher nicht, daß sie zu Walter Hofer und seinen Türken nett sind.
Eher das Gegenteil.
Und für die Türken würden schwere Zeiten beginnen.
Wenn nun aber Sarkozys Truppen die Machtergreifung der Türken in der BRD wesentlich als Vorwand Nutzen, um nach ihrem Einmarsch deutschen Boden bis zur Elbe zu annektieren, vierzig Millionen Deutsche als Arbeiter am Leben zu lassen, und den Rest...umzusiedeln, und das, nachdem die Türken -bei aller Anmaßung- zumindest versucht haben, hier sowas wie ein anständiges Verteilungssystem zu etablieren, dann stellt sich die Frage, ob man diese heldenhafte Aktion der Franzosen in irgendeiner Weise beklatschen sollte.
Genauer betrachtet stellt sich sich eigentlich nochtnichtmal.

Zum zweiten Teil möchte ich sagen, daß das zum einen wohl zutrifft, zum anderen aber Stalin ja kein Einzeltäter war - auch wenn dies so dargestellt wird.
Und wenn er eben nicht mehr über dieselbe Komplizenschaft verfügte, wie vor dem Krieg, dann werden sich eben auch die Verhältnisse geändert haben.
Werden sie wohl?
Haben sie tatsächlich?

Natürlich haben sich die Verhältnisse geändert. Weil die Leute selbst in der KPdSU die Schnauze voll hatten und man nach Stalins Tod zumindest vorsichtige Kritik wenigstens im Hinblick auf parteiinterne Säuberungen wagen konnte.
Und das ist nicht das Verdienst der Deutschen, sondern der Parteimitglieder, die dezent angemerkt haben, dass man vielleicht aufhören sollte, jeden zu deportieren, der griesgrämig guckt.

Sauerländer
30.09.2007, 22:39
De facto war 1945 tatsächlich das Ende sowohl des Bolschewismus als auch des Kommunismus besiegelt, weil die Nazis - natürlich ungewollt - die USA nach Europa geholt hatten. Eine Ausbreitung des Kommunismus in Westeuropa mittels Wahlen oder Revolutionen war da nicht mehr möglich und die militärische Expansion wegen der amerikanischen Nuklearwaffen keine Option mehr.
Die Sowjetunion ließ sich auf einen Wettbewerb ein, den sie nicht gewinnen konnte. Das Ergebnis ist bekannt.
Das ist aber letztlich das Ergebnis interner sowjetischer Fehlentscheidungen (unter anderem der, den Rüstungswettlauf mit allem technischen Schnickschnack mitzumachen).

Beverly
30.09.2007, 22:41
De facto war 1945 tatsächlich das Ende sowohl des Bolschewismus als auch des Kommunismus besiegelt, weil die Nazis - natürlich ungewollt - die USA nach Europa geholt hatten. Eine Ausbreitung des Kommunismus in Westeuropa mittels Wahlen oder Revolutionen war da nicht mehr möglich und die militärische Expansion wegen der amerikanischen Nuklearwaffen keine Option mehr.

Die Sowjetunion ließ sich auf einen Wettbewerb ein, den sie nicht gewinnen konnte.

Hätten sich die USA in Westeuropa so aufgeführt wie in Lateinamerika, wäre ganz Europa heute kommunistisch. Nicht die USA haben eine weitere Ausbreitung des Kommunismus verhindert, sondern der nie gekannte Wohlstand der Jahrzehnte nach 1945. Damit konnte der Ostblock nicht konkurrieren ... nur nahm er innerhalb der kapitalistischen Welt immer mehr ab, je weiter man sich vom Eisernen Vorhang entfernte. Komisch, was :rolleyes:


Das Ergebnis ist bekannt.

Noch nicht ganz :rolleyes: uns so kaputt wie die Welt zwanzig Jahre nach dem Ende des Ostblock-Sozialismus ausschaut, würde ich auf die vollständige Bekanntgabe des Ergebnisses gern verzichten.

Volyn
30.09.2007, 22:45
Wenn nun aber Sarkozys Truppen die Machtergreifung der Türken in der BRD wesentlich als Vorwand Nutzen, um nach ihrem Einmarsch deutschen Boden bis zur Elbe zu annektieren, vierzig Millionen Deutsche als Arbeiter am Leben zu lassen, und den Rest...umzusiedeln, und das, nachdem die Türken -bei aller Anmaßung- zumindest versucht haben, hier sowas wie ein anständiges Verteilungssystem zu etablieren, dann stellt sich die Frage, ob man diese heldenhafte Aktion der Franzosen in irgendeiner Weise beklatschen sollte.
Genauer betrachtet stellt sich sich eigentlich nochtnichtmal.




Die Nazis sind in der Ukraine eben nicht gegen Ukrainer vorgegangen, sondern gegen Juden und sonstige Bolschewisten.

Hierzu wurden sie von den einheimischen Milizen unterstsützt.

Die UPA wandte sich zwischendurch gegen die Deutschen, weil diese die Westukraine bei Polen belassen wollten. Denn dorthin wurden ja die Polen aus dem Warthegau verfrachtet.

Nach dem Zusammenbruch der Ostfront kämpfte die UPA wieder auf Seiten der Wehrmacht.

Das hätte sie nicht getan, wenn massenhaft Ukrainer ermordet worden wären.

Es wurden massenhaft Juden und sonstige Bolschewisten ermordet.

Aber eher selten Ukrainer.

In der Propaganda hieß es natürlich "Sowjetbürger".

Sauerländer
30.09.2007, 22:50
Die Nazis sind in der Ukraine eben nicht gegen Ukrainer vorgegangen, sondern gegen Juden und sonstige Bolschewisten.
Hierzu wurden sie von den einheimischen Milizen unterstsützt.
Die UPA wandte sich zwischendurch gegen die Deutschen, weil diese die Westukraine bei Polen belassen wollten. Denn dorthin wurden ja die Polen aus dem Warthegau verfrachtet.
Nach dem Zusammenbruch der Ostfront kämpfte die UPA wieder auf Seiten der Wehrmacht.
Das hätte sie nicht getan, wenn massenhaft Ukrainer ermordet worden wären.
Es wurden massenhaft Juden und sonstige Bolschewisten ermordet.
Aber eher selten Ukrainer.
In der Propaganda hieß es natürlich "Sowjetbürger".

"Juden und sonstige Bolschewisten"...:rolleyes:

Und wenn es mit Ukrainern nur selten vorkommt, also nur so abundzu - sicher, wer hätte dann als Ukrainer noch ernsthaft ein Problem damit?
Abgesehen davon, dass es jede Hoffnung auf die Deutschen als Befreier in die Irre ging, denn eine unabhängige Ukraine war nie geplant. (Dummerweise, denn damit hätte man hau-fen-weise Freiwilligen rekrutieren können. Stattdessen macht man lieber das gesamte Hinterland zu Partisanen....)

Und damit sind wir noch gar nicht bei den russischen Teilen der Sowjetunion.

Aldebaran
30.09.2007, 22:50
Aber zum Thema. Ich denke das in jedem von uns ein Adolf steckt. Da können wir meinen noch so schlau zu sein und noch soviel aus der Geschichte gelernt zu haben.

Das gilt auch und erst recht für die erklärten Antifaschisten.

Hier ein heute in der FAS erschienener Artikel von Sibylle Tönnies - eiegntlich also eher von links -, der ein wenig in diese Richtung geht, wenn man vom Anlass (Eva Herman) absieht:



Eine Last, die keiner sieht

Von Sibylle Tönnies

Ihre Äußerungen lösten eine heftige Debatte aus: Eva Herman
30. September 2007
Die Debatte um Eva Herman ist weniger wegen der anstößigen Äußerungen interessant als wegen der Heftigkeit der Ablehnung, auf die sie gestoßen sind. Warum hat die Öffentlichkeit so stark reagiert? Es gibt zwei Gründe; nehmen wir erst den schlechten und dann den guten: Die Ablehnung gibt die Gelegenheit, sich vom Nationalsozialismus abzugrenzen. Selbst junge Leute fallen dieser Versuchung anheim. Sie lehnen den Nationalsozialismus von ganzem Herzen ab - und davon wird tatsächlich ihr ganzes Herz beansprucht. Im Übrigen haben sie nämlich kein Herz - jedenfalls dürfen sie sich nicht dazu bekennen.

Es ist ja keineswegs modern, ein guter Mensch zu sein, im Gegenteil: Es ist verdächtig. Unter den Stichworten Gutmensch und Helfersyndrom steht es unter Soupçon. Man will heute kein Gutmensch sein, und man hat auch kein Helfersyndrom; man denkt heute ordnungsgemäß nur an sich selbst. Ist man also korrekterweise ein Schwein? Nein! Man ist insofern kein Schwein, als man schlecht über die Nazis denkt. Man ist ein dezidierter Gegner des Nationalsozialismus. Das stellt man dadurch unter Beweis, dass man immer neue Nazigreuel in der Vergangenheit aufdeckt und rastlos Naziideen in der Gegenwart nachspürt.

http://www.faz.net/s/Rub867BF88948594D80AD8AB4E72C5626ED/Doc~E6819C851E81B498682B9776278F28896~ATpl~Ecommon ~Scontent.html?rss_gesellschaft

Bei manchen Nazihassern drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass sie vor 70 Jahren auf der anderen Seite gestanden hätten. Nicht umsonst beschränkt man sich auf die Inhalte des NS und bekämpft seine Symbole, anstatt sich auch mit der "Psychologie" des NS zu beschäftigen, die allerdings gar nicht so NS-spezifisch ist, wie es die Antifaschisten glauben mögen.

Im übrigen ist die Anti-NS-Ideologie (oder -Hysterie?) eine ebenso ewiggestrige Angelegenheit wie ihr ideologischer Widerpart. Sie verhindert nur die Erkenntnis, dass wir uns längst im 21. Jahrhundert befinden und sich die Welt radikal von derjenigen der 1930er Jahre unterscheidet.

Ihr wesentliches "Verdienst" ist es wohl, ihren Widerpart am Leben zu erhalten. Sie sorgt dafür, dass der NS mit seinen Symbolen die Ausdrucksform all jener bleibt, die vielleicht nur provozieren wollen, vielelicht auch schon wirklich im Hass vergraben sind.

Beverly
30.09.2007, 22:53
Sagen wir mal so: Die Zukunfstsicherung für die Kinder ist ein Effekt der Rente mit 67, ob nun der primär intendierte oder nicht.

Das durchschnittliche Verrentungsalter ist in den letzten Jahren bereits deutlich gestiegen und die Arbeitslosigkeit unter den 55+ jährigen deutlich gefallen. Solche Änderungen brauchen Zeit, aber sie sind bereits im Gang.

Tut mir Leid, aber das sind genau die Lügen, auf die der Goebbels in der Hölle jetzt vermutlich so neidisch ist. Ihm hat seine Lügenmärchen nach 12 Jahren keiner mehr geglaubt und er hat es vorgezogen, sich per Selbstmord davonzustehlen. Die Lügen der Neoliberalen dagegen zirkulieren schon seit einer Generation um den Globus.

Wobei "Rente mit 67" beweist, wie neoliberale Lügen "funktionieren":

Angesichts wachsender Lebenserwartung und Vitalität bis ins hohe Alter ist es natürlich sinnvoll, wenn die Menschen heute länger als früher arbeiten können. In einer SF-Zukunftswelt wie bei "Perry Rhodan" oder "Star Trek" sind dann vielleicht nocht Leute mit 100 aktiv und das ist angesichts eines Ernst Jünger oder einer Leni Riefenstahl keine pure Utopie mehr.

Soweit die Wahrheit an der Rente mit 67.

Nun kommen wir aber zu den dreisten Lügen. Damit die Menschen bis ins hohe Alter aktiv sein können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. es muss genügend Stellen da sein
2. sie müssen angemessen sein - weder HiWi-Jobs, die für Heranwachsende und junge Menschen gut sein mögen um Erfahrungen zu sammeln aber nix für Ältere noch darf man es den Alten erlauben, jahrzehntelang wichtige Positionen zu blockieren und den Nachwuch auszubremsen. Also "mittlere Ebene", hohe Positionen nur bei hoher Leistung
3. Die Wochenarbeitszeit muss sich in Grenzen halten, Stichwort "Altersteilzeit"

Diese drei Voraussetzungen sehe ich unter der Fuchtel der Neoliberalen nicht als gegeben an. Sie drohen in Filmen wie "Aufstand der Alten" den älter werdenden Menschen schon jetzt mit einem entwürdigendem Überlebenskampf bis ans Lebensende. Mit 70 bei McDonald kellnern, weil das Management den Pensionsfond verspekuliert hat - ist leider wohl Realität.

Tut mir Leid, aber angesichts dieser "Perspektiven" wünsche ich einigen zeitgenössischen Propagandisten so ein Ende in Schimpf und Schande wie dem Herrn Goebbels.

Sauerländer
30.09.2007, 22:57
Tut mir Leid, aber angesichts dieser "Perspektiven" wünsche ich einigen zeitgenössischen Propagandisten so ein Ende in Schimpf und Schande wie dem Herrn Goebbels.
Goebbels starb nicht in Schimpf und Schande, sondern unter den letzten treuen Gefolgsleuten. Dafür hat er gesorgt.

Fuchs
30.09.2007, 23:07
Die Nazis haben zumindest den Bolschewismus vernichtet.

haben sie nicht.


Damit haben sie ihr eigentliches Ziel erreicht.

das eigentliche ziel des ns war in erster linie die vernichtung
der europäischen juden und der lebensraumgewinn im osten.



Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte die Sowjetunion überwiegend im Vergleich zur Vorkriegszeit menschliche Züge.

nach dem tod stalins 1953. also 8 jahre nach dem krieg.



Die Nazis haben die deutsche Ostkolonisation aufgegeben.

Ihnen war klar, daß Multikulti immer nur zu Bürgerkriegen führt.

du hast die absichten der ns außenpolitik nicht verstanden.

Aldebaran
30.09.2007, 23:46
Das ist aber letztlich das Ergebnis interner sowjetischer Fehlentscheidungen (unter anderem der, den Rüstungswettlauf mit allem technischen Schnickschnack mitzumachen).

Doch war diese Entscheidung - von den ideologischen Faktoren abgesehen - nicht vielleicht das Ergebnis des Traumas von 1941?

Aldebaran
30.09.2007, 23:53
Nun kommen wir aber zu den dreisten Lügen. Damit die Menschen bis ins hohe Alter aktiv sein können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1. es muss genügend Stellen da sein
2. sie müssen angemessen sein - weder HiWi-Jobs, die für Heranwachsende und junge Menschen gut sein mögen um Erfahrungen zu sammeln aber nix für Ältere noch darf man es den Alten erlauben, jahrzehntelang wichtige Positionen zu blockieren und den Nachwuch auszubremsen. Also "mittlere Ebene", hohe Positionen nur bei hoher Leistung
3. Die Wochenarbeitszeit muss sich in Grenzen halten, Stichwort "Altersteilzeit"

Diese drei Voraussetzungen sehe ich unter der Fuchtel der Neoliberalen nicht als gegeben an. Sie drohen in Filmen wie "Aufstand der Alten" den älter werdenden Menschen schon jetzt mit einem entwürdigendem Überlebenskampf bis ans Lebensende. Mit 70 bei McDonald kellnern, weil das Management den Pensionsfond verspekuliert hat - ist leider wohl Realität.

Tut mir Leid, aber angesichts dieser "Perspektiven" wünsche ich einigen zeitgenössischen Propagandisten so ein Ende in Schimpf und Schande wie dem Herrn Goebbels.

Diese Voraussetzungen werden aber in Zukunft erfüllt werden, und zwar weil sie es müssen. Weder der Gesellschaft insgesamt noch der Wirtschaft wird etwas anderes übrigbleiben.

Außerdem baue ich darauf, dass die Deutschen immer noch ziemlich folgsam sind, wenn die "Propaganda" von "oben" nur hartnäckig genug auf sie herabrieselt. Die Deutschen haben sich zu guten Europäern, Mülltrennern und Atomangsthasen erziehen lassen, also werden sie auch dazu zu bringen sein, bis 67 zu arbeiten bzw. genügend Stellen für über 60jährige zur Verfügung zu stellen. Man sieht es ja jetzt schon, wie plötzlich "Familienfreundlichkeit" in der Wirtschaft zum Thema wird.

Sauerländer
01.10.2007, 00:07
Doch war diese Entscheidung - von den ideologischen Faktoren abgesehen - nicht vielleicht das Ergebnis des Traumas von 1941?
Der Knackpunkt liegt in meinen Augen früher. Und genauso, wie am Nationalsozialismus vielleicht etwas konstruktives zu retten gewesen wäre, hätte man den Hitlerflügel rechtzeitig liquidiert, hängt es auf sowjetischer Seite bei Stalin.
Lenin wusste noch, dass man zwar die Macht im Staat konsolidieren musste, dass dieser Staat aber dennoch nur Instrument war, und es galt, das nie zu vergessen. Unter Stalin hingegen wurde der Sowjetstaat zum Selbstzweck, und es dienen eher die KPs in den diversen Ländern den Machtinteressen Moskaus, als dass die Sowjetunion dem weltweiten Kommunismus dienen würde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hätte man natürlich ein Atomwaffenpotential benötigt und eine ansatzweise brauchbare Armee - aber hätte das Land eine derartige Festung sein müssen. Wäre nur ein Teil des sowjetischen Rüstungspotentials stattdessen in die Produktion von Konsumgütern und allgemeinem zivilen Bedarf gegangen, und hätte man die Propaganda entsprechend umgestellt - der Kommunismus hätte zivilisatorisch überzeugen können.
Im Grunde hat man nichts anderes betrieben als eine kommunistisch bemäntelte Fortsetzung des Zarenreiches.
Das ist nicht in jeder Hinsicht schlecht, etwa im Hinblick auf die Wahrung nationaler Eigenheit. Aber dann hätte man von Anfang an die Propaganda anders konzipieren, viel stärker die nationalkommunistische Karte spielen müssen (mit der etwa die deutsche KP es durchaus weit hätte bringen können).

Isquierda
01.10.2007, 07:03
Haben die Nazis der Welt da den Spiegel vorgehalten und ist die Welt deshalb so böse auf sie :rolleyes: ?

Nein, nur den Eltern und der schlimmsten Version ihrer selbst. Faschismus ist erprügelte Autorität- nicht nur darum ist man so sauer auf die "68er": Sie haben sich das Einbleuen deutscher Tugenden und brutale Methoden verbeten!

Beverly
01.10.2007, 08:14
Same procedure, denn


Diese Voraussetzungen werden aber in Zukunft erfüllt werden, und zwar weil sie es müssen. Weder der Gesellschaft insgesamt noch der Wirtschaft wird etwas anderes übrigbleiben.

Das setzt aber unter der nicht selbstverständlichen Prämisse der Beibehaltung von Staatlichkeit eine Kursänderung allermindestens in Richtung "Technokratie" voraus. Technokratie mag kein Staatssozialismus wie gehabt sein, aber mit der jetzigen Konzernherrlichkeit, Privatisiererei und Geld-Geld-Heckerei wird es dann auch vorbei sein. Mit dem Neoliberalismus sowieso.


Außerdem baue ich darauf, dass die Deutschen immer noch ziemlich folgsam sind, wenn die "Propaganda" von "oben" nur hartnäckig genug auf sie herabrieselt. Die Deutschen haben sich zu guten Europäern, Mülltrennern und Atomangsthasen erziehen lassen, also werden sie auch dazu zu bringen sein, bis 67 zu arbeiten bzw. genügend Stellen für über 60jährige zur Verfügung zu stellen. Man sieht es ja jetzt schon, wie plötzlich "Familienfreundlichkeit" in der Wirtschaft zum Thema wird.

Derzeit ist es nach Aussagen von Insidern so, dass Menschen jenseits der 40 in ein tiefes Loch fallen. Für die festen Stellen werden Jüngere eingestellt, wird Alter und Erfahrung gebraucht, wird die Belegschaft durch rüstige Rentner so um 60 ergänzt. Ehrlicherweise müsste man das Rentenalter auf 45 senken und die Frühpensionierten auf Arbeitsmöglichkeiten in der Größenordnung von 10 bis 20 Stunden die Woche verweisen - mehr ist nicht drin und Lügen werden durch pausenlose Wiederholgung nicht wahrer, nur peinlicher.

Ach ja, "Familienfreundlichkeit": wie sieht es mit der Kinderarmut aus. Sind das nun 1,5 oder 2 Millionen? Ich erlebe die neue Familienpolitik daran, dass die Jugend darauf verwiesen wird, ungestört von Perspektiven und Visionen, dabei unkritisiert und unsanktioniert verblöden zu dürfen :rolleyes:
Angesichts der akuten Lügen über einen Aufschwung, der nur in der Statistik stattfindet, und intakter Familie nur für die gehobenen Kreise frage ich mich, wieviel davon schon bei den Nazis nach 1933 erstunken und erlogen war. Der Blick auf die Lügen der Gegenwart mag den Blick für die Lügen der Vergangenheit schärfen.

Beverly
01.10.2007, 09:17
Zitat von Beverly
Aber irgendwann kann der Schuss auch mal nach hinten losgehen. So haben mich diverse Hetzdiskurse unserer Tage (gegen Moslems, gegen Erwerbslose) zu diesem Strang inspiriert, weil man sie als verfeinerte Version eben jener Methoden interpretieren kann, mit denen der Gröfaz und seine Helfershelfer zu Werke gegangen sind. Geht es da wirklich um das "Thema an sich" oder um das feinsinnig vorbereitete Ausgrenzen, Stigmatisieren, Viktimisieren, Ex .... von ökonomisch funktionslos gewordenen Menschengruppen? Lustig auch immer wie die Urheber dieser Diskurse jede Parallele zu den Diskursen von vor 70 Jahren leugnen, alldiweil mir ihre "Kritik" oft so abstrus und am Thema vorbei vorkommt und dabei so knallhart diffamierend ist, wie eben jene ... älteren Diskurse.

Ich würde zumindest der großen Mehrheit derer, die heute solches unternehmen, zubilligen, dass ihnen die Parallele in keiner Weise bewusst ist, und dass sie auch nicht in der Lage sind, sie zu erkennen. Um sich aus den Denkstrukturen eines Systems zu lösen (vor allem, wenn diese umfassend, um nicht zu sagen total sind), muss man Entfremdung von ihm gespürt haben, muss man Fremdheit wahrgenommen haben, die im System selbst liegt. Und das gelingt den Wenigsten, bevor sie selbst in der einen oder anderen Form Opfer werden.
Vielen nichtmal dann. Womit wir wieder bei 1984 wären und der Feststellung, dass es Gegenwart beschreibt, nicht Zukunft.
Bewusst lügen und aufhetzen tun von unseren Hardcoreliberalen (bzw "Konservativen" Marke Mißfelder) in meinen Augen die Allerwenigsten. Die Masse glaubt wirklich an das, was sie da erzählt. Was es nicht besser macht.

Nein, das macht es nicht besser und so wie die heutige ... Prosa der Merkel zu Aufschwung und "Familie" mich fragen lassen, ob es gleichartige Märchen schon vor 70 Jahren gab, so sehe ich umgekehrt Parallelen zwischen dem Aufkommen des Faschismus und den heutigen Diskursen.

So gab es in der Zeit zwischen Ende des 19. Jhs. bis 1918 zahlreiche Strömungen und Diskurse, die als Vorläufer des Faschismus gehandelt werden bzw. denen gar Wegbereiterschaft vorgeworfen wird. Von Nietzsche zu Hitler? Von der "Judenzählung" im Kaiserreich zu Auschwitz? Schon im ersten Weltkrieg wollte Deutschland Hegemonie im Osten, doch ein ukrainischer Jude hatte die einmarschierenden Deutschen damals nocht als "zivilisiert" erlebt und ahnte deshalb nicht, wie es im Zweiten Weltkrieg sein könnte.
Ja, und unter Mussolini fuhren die Züge punktlich; den mögen seine Zeitgenossen schlimmstenfalls für einen Tyrannen und Großmaul gehalten haben. Einen Möchtegern-Cäsar mit der Betonung auf Möchtegern, wo aber meines Wissens viele Juden sogar in der faschistischen Staatspartei waren. Der ließ auch nicht ahnen, was dann unter Adolf kommen würde :rolleyes:

Der "heutige" Diskurs fing zumindest in Deutschland ganz, ganz harmlos an. Das Unheil, dass "Monetaristen" in Lateinamerika (Chile, Uruguay) unter rabiaten Militärdiktaturen anrichteten war weit weg. Waren die da untern nicht immer ein bisschen komisch, Machos und Gauchos? Dass Argentinien einmal das siebtreichste Land der Welt gewesen war, wusste kaum einer und wer es wusste, gab halt den komischen Machos und Gauchos selbst die Schuld am Niedergang. Kein Grund, etwa nach der Rolle der "Chicago Boys" um Milton Friedman zu fragen :rolleyes: und wenn der kritische Zeitgenosse sich wundert, warum er von deren Elaboraten kein Wort versteht, denkt er, er sei halt zu dumm für Ökonomie. Bis man darauf kommt, dass man die nicht begriffen hat, weil sie blanken Unsinn reden, dauert es dann einige Zeit.

In Deutschland fing ging es doch so um 1980 nur ums "Sparen" und die Papiere der Herren Lambsdorff und Albrecht zur Zerstörung des Sozialstaates und Herabdrücken der abhängig Beschäftigten nahm keiner ernst. War es nicht eine gute Sache, von selbst verdientem Geld anstatt von staatlichen Zuwendungen zu leben? Dass Zeiten kommen würden, wo immer mehr Menschen auf staatliche Zuwendungen angewiesen sind, weil es immer weniger zum selbst verdienen gab, ahnten wohl nicht einmal die meisten Urheber solcher Sprüche.
Das Erstarken linksradikaler und rechtsradikaler Parteien war damals für mich ein Gedankenexperiment im Gemeinschaftskundeunterricht. Fünf Millionen Arbeitslose war noch in den 1980er Jahren ein fiktives Szenario im Fernsehfilm :rolleyes:
Noch in den 1990ern waren viele Menschen zwar unzufrieden, richteten sich aber in der Unzufriedenheit häuslich ein. Es gab keine richtigen Visionen mehr, aber man konnte - zumindest in Deutschland - auch ohne sie leben.

Doch jetzt ... ich glaube, dass wir bei dem akuten Diskurs so von den 1970ern bis 2005 nur die "Vorlaufzeit" erlebt haben und sich das "Endprodukt" schlimmstenfalls so massiv von den Vorläufern unterscheiden könnte, wie sich das Verhalten der Deutschen in der Ukraine in WK I und II unterschieden hat. Frag doch mal einen Neoliberalen, ob ein mittelloser Krebskranker, der sich vielleicht noch "illegal" aufhält, Recht auf die teure Chemotherapie hat.
Selbst im "besten" Fall, wenn Dinge wie Auschwitz auch in Zukunft ausbleiben, ist da ein Diskurs über die Welt gekommen, der so perfekt wie kein anderer vor ihm dazu geeignet ist, jede Art von Gemeinschaftlichkeit und Solidarität, jede Art von Sinn und Ordnung zu zerstören und in allen Lebenswelten die Menschen gegeneinander aufzuhetzen.

Es kann natürlich gut sein, dass dieser Diskurs längst zum Selbstläufer geworden ist, wie du angedeutet hast. Einer plappert vor, die anderen plappern nach, irgenwann glauben alle ihr Geplapper und dann kommen "Erfolge" heraus, die den Vergleich mit Schilda nicht zu scheuen brauchen. Die Pest des 21. Jahrhunderts halt, die sich wie die Pest im 14. Jh. hauptsächlich durch Dummheit, Unwissenheit und Fahrlässigkeit ausbreitet.

Ich habe aber oft die Fantasie, dass dieser Diskurs so etwas ist wie die ultimate Waffe zur Zerstörung einer Gesellschaft, vielleicht einer ganzen Zivilisation. Jeder Angriff, der vom Opfer als solcher erkannt wird, provoziert irgendwie Gegenreaktionen, stärkt vielleicht unbeabsichtigt sogar das Opfer oder treibt den Preis für seine Vernichtung so hoch, dass es für den Angreifer zum Verlustgeschäft wird. Da ist es doch viel einfacher, dem Angegriffenen einzureden, er müsse nun "sparen", "Haushalt konsolidieren", seine Bürger zu "größtmöglicher Flexibilität" und Überlebenskampf bis ans Lebensende anhalten, alldiweil die Wirtschaft sich immer mehr darauf reduziert, säckeweise bedrucktes Papier um den Globus zirkulieren zu lassen.

Bärwolf
01.10.2007, 10:58
Ich würde zumindest der großen Mehrheit derer, die heute solches unternehmen, zubilligen, dass ihnen die Parallele in keiner Weise bewusst ist, und dass sie auch nicht in der Lage sind, sie zu erkennen. Um sich aus den Denkstrukturen eines Systems zu lösen (vor allem, wenn diese umfassend, um nicht zu sagen total sind), muss man Entfremdung von ihm gespürt haben, muss man Fremdheit wahrgenommen haben, die im System selbst liegt. Und das gelingt den Wenigsten, bevor sie selbst in der einen oder anderen Form Opfer werden.
Vielen nichtmal dann. Womit wir wieder bei 1984 wären und der Feststellung, dass es Gegenwart beschreibt, nicht Zukunft.
Bewusst lügen und aufhetzen tun von unseren Hardcoreliberalen (bzw "Konservativen" Marke Mißfelder) in meinen Augen die Allerwenigsten. Die Masse glaubt wirklich an das, was sie da erzählt. Was es nicht besser macht.

Das ist sehr gut auf den Punkt gebracht! Was den letzten Satz betrifft ist m. e. das Schlimme, das die meisten Hardcoreliberalen und LiberalKonservativen wirklich an diesen Mist glauben, wären sie nur lügenhafte Zyniker müßte man ihnen ja sowas wie Intelligenz zugestehen.:D

Bärwolf
01.10.2007, 11:12
Ich sehe eine tiefe, fast mystisch-spirituelle, Verbundenheit zwischen dem russischen und deutschen Volk, aber ich will das jetzt nicht näher ausführen, eben nur sagen, dass sich die volklichen Wesenzüge sehr gut ergänzen und historisch eigentlich zu höherem berufen waren. In meinen Augen haben das Hitler und Stalin verhindert, indem sie das eigne Volk für ihre Egomanien geschunden haben, da muß ich gar nicht die Abzeichen Bolschewismus und Nationalsozialismus bemühen. Das man beide Völker aufeinander gehetzt hat, das ist in meinen Augen das eigentlich Tragische (und nicht der Frankreichfeldzug).

Sauerländer
01.10.2007, 12:20
Ich sehe eine tiefe, fast mystisch-spirituelle, Verbundenheit zwischen dem russischen und deutschen Volk, aber ich will das jetzt nicht näher ausführen, eben nur sagen, dass sich die volklichen Wesenzüge sehr gut ergänzen und historisch eigentlich zu höherem berufen waren. In meinen Augen haben das Hitler und Stalin verhindert, indem sie das eigne Volk für ihre Egomanien geschunden haben, da muß ich gar nicht die Abzeichen Bolschewismus und Nationalsozialismus bemühen. Das man beide Völker aufeinander gehetzt hat, das ist in meinen Augen das eigentlich Tragische (und nicht der Frankreichfeldzug).
Unterschreibe ich zu Hundert Prozent.
Erinnern wir uns an den Hitler/Stalin-Pakt: Das war ein Donnerschlag in der Welt.
Ungeachtet der Tatsache, dass beide Führer alles andere als ideale Repräsentanten der jeweiligen Volksseele waren (wobei Stalin ja auch kein Russe war, aber mit der Einbindung der Kleinvölker läuft im Osten sowieso alles anders als hier).
Wann immer beide Völker einander kooperativ begegneten, war es beiden zum Heil. Wann immer Deutschland sich dem Osten ab-und dem Westen zuwandte, bekam ihm das letztlich schlecht.

Beide Völker kennen eine Geistestradition, nach der die heiligen Götzen des Westens (etwa Materialismus, Pragmatismus und dergleichen) bestenfalls banal sind. Beide Völker haben einen eher ernsten, mitunter schwermütigen Charakter.
Beide sind im Kern nie See- sondern immer Landmacht gewesen.
Beide sind Ergebnis einer germanisch-slawischen Begegnung.
Natürlich gibt es auch Unterschiede.
Dugin betont ja massiv, dass Russland eben kein primär ethnisches, sondern ein Geistiges, ja staatssakrales Phänomen sei. Auf Deutschland trifft das seit dem Niedergang des Altreiches nur sehr bedingt zu, hier hat sich letztlich doch das ethnische Moment durchgesetzt.
Und Deutschland hat keine nennenswerte orthodoxe Kirche.
Andererseits ist es vielleicht kein Zufall, dass es ein deutscher Papst ist, der den Protestantismus (immerhin einer der geistigen Grundlagen des "Westens") gnadenlos schneidet, aber bei aller Differenz den Ostkirchen immer sehr psitiv gegenübersteht.
Auch heute noch zuckt alles zusammen, wenn sich Berlin und Moskau zu gut verstehen (im Fall der Polen ist das ja auch rein strategisch begreifbar).

Darauf gilt es aufzubauen.

Beverly
01.10.2007, 13:33
Das ist sehr gut auf den Punkt gebracht! Was den letzten Satz betrifft ist m. e. das Schlimme, das die meisten Hardcoreliberalen und LiberalKonservativen wirklich an diesen Mist glauben, wären sie nur lügenhafte Zyniker müßte man ihnen ja sowas wie Intelligenz zugestehen.:D

Aber der Liberalismus hat doch ganz offensichtlich Recht und alle Tatsachen sprechen für ihn. Tatsachen wie die alltägliche Beobachtung von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sprechen aber auch dafür, dass die Sonne um die Erde kreist.

politisch Verfolgter
01.10.2007, 13:40
Ein ÖD-Politologe hat den Adolf in mir scheints geortet, womit er seine Klientel nicht kaputtreiten wollte.

Beverly
01.10.2007, 13:46
Unterschreibe ich zu Hundert Prozent.
Erinnern wir uns an den Hitler/Stalin-Pakt: Das war ein Donnerschlag in der Welt.
Ungeachtet der Tatsache, dass beide Führer alles andere als ideale Repräsentanten der jeweiligen Volksseele waren (wobei Stalin ja auch kein Russe war, aber mit der Einbindung der Kleinvölker läuft im Osten sowieso alles anders als hier).
Wann immer beide Völker einander kooperativ begegneten, war es beiden zum Heil. Wann immer Deutschland sich dem Osten ab-und dem Westen zuwandte, bekam ihm das letztlich schlecht.

Beide Völker kennen eine Geistestradition, nach der die heiligen Götzen des Westens (etwa Materialismus, Pragmatismus und dergleichen) bestenfalls banal sind. Beide Völker haben einen eher ernsten, mitunter schwermütigen Charakter.
Beide sind im Kern nie See- sondern immer Landmacht gewesen.
Beide sind Ergebnis einer germanisch-slawischen Begegnung.
Natürlich gibt es auch Unterschiede.
Dugin betont ja massiv, dass Russland eben kein primär ethnisches, sondern ein Geistiges, ja staatssakrales Phänomen sei. Auf Deutschland trifft das seit dem Niedergang des Altreiches nur sehr bedingt zu, hier hat sich letztlich doch das ethnische Moment durchgesetzt.
Und Deutschland hat keine nennenswerte orthodoxe Kirche.
Andererseits ist es vielleicht kein Zufall, dass es ein deutscher Papst ist, der den Protestantismus (immerhin einer der geistigen Grundlagen des "Westens") gnadenlos schneidet, aber bei aller Differenz den Ostkirchen immer sehr psitiv gegenübersteht.
Auch heute noch zuckt alles zusammen, wenn sich Berlin und Moskau zu gut verstehen (im Fall der Polen ist das ja auch rein strategisch begreifbar).

Darauf gilt es aufzubauen.

Ich sehe die mich interessierende geistige Verwandtschaft zwischen Deutschen und Russen im Modernen, vielleicht nicht platt aber immerhin dialektischem Materialismus. Die Lehren des Herrn Marx fielen nicht in den USA, sondern in Russland auf fruchtbaren Boden. Wie in der Weimarer Republik probte Russland in den 1920er Jahren Moderne, Emanzipation und künstlerische Avantgarde. In der Raumfahrt ließ sich Russland wohl auch von den Deutschen inspirieren und war 1957 mit dem ersten Satelliten und 1961 mit dem ersten Menschen im Weltraum zweimal vor den USA erfolgreich. Ideen zur Besiedlung des Weltraums hat als Erster der Russe Konstantin Ziolkowski entwickelt. Und wer die machtgeilen Bolschewiki nicht mag - in Russland gab es auch die Anarchisten.

Bärwolf
01.10.2007, 15:08
"Juden und sonstige Bolschewisten"...:rolleyes:

Und wenn es mit Ukrainern nur selten vorkommt, also nur so abundzu - sicher, wer hätte dann als Ukrainer noch ernsthaft ein Problem damit?
Abgesehen davon, dass es jede Hoffnung auf die Deutschen als Befreier in die Irre ging, denn eine unabhängige Ukraine war nie geplant. (Dummerweise, denn damit hätte man hau-fen-weise Freiwilligen rekrutieren können. Stattdessen macht man lieber das gesamte Hinterland zu Partisanen....)

Und damit sind wir noch gar nicht bei den russischen Teilen der Sowjetunion.

Das war die große Idiotie der blöden Nazibande, das sie die Ostvölker, die sie willkommen geheißen haben als Befreier, so arogant in den Arsch getreten und diese als Untermenschen betrachtet haben. Und das waren Leute die selber nicht gerade wie germanisch-blauäugige Recken aussahen, eher wie Aufblas-und Schrumpfgrmanen :D
Diese Idioten hatten es verdient den Krieg zu verlieren, aber nicht das Deutsche Volk!

Bärwolf
01.10.2007, 15:26
Nein, nur den Eltern und der schlimmsten Version ihrer selbst. Faschismus ist erprügelte Autorität- nicht nur darum ist man so sauer auf die "68er": Sie haben sich das Einbleuen deutscher Tugenden und brutale Methoden verbeten!


...Und dann selber angewandt: als biedere Lehrerbeamte, Terroristen in der RAF oder RZ, oder als verspießerte MultiKultiPCler :D

Volyn
01.10.2007, 16:08
"Juden und sonstige Bolschewisten"...:rolleyes:

Und wenn es mit Ukrainern nur selten vorkommt, also nur so abundzu - sicher, wer hätte dann als Ukrainer noch ernsthaft ein Problem damit?
Abgesehen davon, dass es jede Hoffnung auf die Deutschen als Befreier in die Irre ging, denn eine unabhängige Ukraine war nie geplant. (Dummerweise, denn damit hätte man hau-fen-weise Freiwilligen rekrutieren können. Stattdessen macht man lieber das gesamte Hinterland zu Partisanen....)

Und damit sind wir noch gar nicht bei den russischen Teilen der Sowjetunion.

Das mit dem Rekrutieren klappte dennoch ganz gut.

Und zwar nicht nur anfangs, sondern bis zuletzt.

Die SS - Division Galizien wurde ja auch erst recht spät aufgestellt.

Trotzdem hatte sie achtmal soviele Bewerber wie Plätze.

Volyn
01.10.2007, 16:12
"Juden und sonstige Bolschewisten"...:rolleyes:

Und wenn es mit Ukrainern nur selten vorkommt, also nur so abundzu - sicher, wer hätte dann als Ukrainer noch ernsthaft ein Problem damit?
Abgesehen davon, dass es jede Hoffnung auf die Deutschen als Befreier in die Irre ging, denn eine unabhängige Ukraine war nie geplant. (Dummerweise, denn damit hätte man hau-fen-weise Freiwilligen rekrutieren können. Stattdessen macht man lieber das gesamte Hinterland zu Partisanen....)

Und damit sind wir noch gar nicht bei den russischen Teilen der Sowjetunion.


Das gesamte Hinterland war sowieso im wesentlichen von den verschiedenen Milizen beherrscht.

So viele Deutsche gab es nun auch nicht, daß sie die gesamten besetzten Gebiete kontrollieren konnten.

Heute ist es ja auch nicht anders. Denk mal an den Irak oder Afghanistan.

Da liegt ein Großteil der Macht auch in der Hand der Milizen.

Manche waren bei den von den Sowjets eingeschleusten Partisanen, andere bei den Milizen, wieder andere bei der Wehrmacht oder SS.

elas
01.10.2007, 16:16
Wenn ich besonders finster auf die Welt und die Menschen in ihr blicke, denke ich, dass die Nazis da nur das ausgesprochen und bis zum Exzess praktiziert haben, was doch insgeheim "alle" denken und tun.
Das soll keine Entschuldigung oder auch nur Relativierung der Verbrechen der Nazis sein. Das waren Verbrecher X( ! Doch die Reaktion der Welt auf die Nazis kommt mir immer mehr so vor, als ob sich da die einen Verbrecher scheinheilig über die anderen, ertappten und bloßgestellten Verbrecher echauffieren. Nur nicht mit dem braunen Gelumpe in Zusammenhang gebracht werden. Immer schön auf Distanz zum Österreicher und seinen Spießgesellen gehen, damit die eigenen Leichen im Keller tunlichst in Vergessenheit geraten.

Mir kommen die 12 Jahre Nazi-Barbarei aber manchmal so vor, wie sozusagen eine schnelle und harte und zutiefst böse Demonstration in der Ausübung politischer Macht. Und zwar so, wie sie immer ausgeübt wird, nur halt nicht so exzessiv und im Rückblick quasi demonstrativ wie bei den Nazis.

Was haben Adolf und seine Paladine denn da für Lektionen gegeben?

Lektion 1: Mit einem Gemisch aus abgrundtiefen Lügen und Wahrheiten den Menschen den Kopf zu verdrehen.

Die Nazis hatten aus der Sicht ihrer Zeitgenossen wohl Recht, wenn sie das Elend in der Weimarer Republik anprangerten und auf ihren Wahlplakaten verhärmte Menschen abbildeten. Sie hatten auch Recht, das Gemeinschaftliche zu betonen. Aber alle von ihnen ausgesprochenen Wahrheiten dienten nur dazu, ihre Lügen um so wirksamer zu machen. Einem Demagogen, der zu Recht auf chaotische Zustände hinweist, glaubt man leichter, wenn er unschuldige Menschen als Verantwortliche für das Chaos diffamiert.


Lektion 2: Sich von den wirklich Mächtigen kaufen zu lassen.

Wie auch immer man das Machtgefüge zwischen Staat, NS-Herrschaft und Kapital im Faschismus sehen mag, uns Adolf war zweifellos ein Meister darin, sich bei den Eliten in Gesellschaft und Wirtschaft einzuschleimen. Hat er sie eingeseift oder haben sie ihn benutzt? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, das ändert aber nichts am didaktischen Wert von Lektion 2.



Lektion 3: Eine Fehlentscheidung nach der anderen treffen

Vermutlich werden sich auch Zeitgenossen, die zu Anfang mit dem NS-System sympathisierten, irgendwann gefragt haben: "warum tun die das?" Heile Welt mit KdF, Aufmärschen und HJ hätte vielen Spießerseelen wohl gereicht, auf die härteren Sachen hatten nicht alle unbedingt Lust. Man hatte doch jüdische Mitschüler, war vielleicht mit einer Jüdin verheiratet oder der jüdische Arzt war besser als der Arier, der seine Praxis "übernahm" :rolleyes:
Nach dem Krieg sahen viele Deutsche im NS eine gute Idee, die schlecht umgesetzt wurden. Wobei sie übersahen, dass die schlechte Umsetzung den Kern des Systems ausmachte. Fragt sich natürlich, warum aus Fackelzügen Bücherverbrennungen wurden, warum aus Aufbruchstimmung 1933 der Untergang 1945 :rolleyes:


Lektion 4: Den Menschen die Wahrheit zu verschweigen

Die einzige Wahrheit, welche die Nazis der Welt hätten geben können, war die Einsicht, dass die Welt und die Menschen Scheiße sind. Das wäre vielleicht eine heilsame Schocktherapie gewesen, stände aber im Widerspruch zu Lektion 1 - Propaganda - und Lektion 2 - Anbiedern bei den Mächtigen. Der Nazi trat eben nicht in die Fußstapfen der Nihilisten, welche diese Wahrheit aussprachen. Er verschwieg sie und machte auf Biedermann. Es war halt ein "Lehrgang" der ganz harten Sorte, den viele nicht überleben sollten :rolleyes: - denn wir kommen zu


Lektion 5: In der Maske des Biedermannes Verbrechen begehen

Sind Leute, die offen sagen, dass Welt und Menschen Scheiße sind, eine Gefahr, die über zynische Provokationen und die eine oder andere Schlägerei hinaus geht? In einem Aufsatz über den Nihilismus stand, dass der Nihilist alte Werte hinwegfegt und dadurch Platz für neue Werte schafft. Wer als Nihlist im Spiegel ein Monster erblickt ist darüber so entsetzt, dass er diesem Monster keine Freiheiten über "alles ist Scheiße"-Schreien hinaus gönnt.
Die Nazis haben beim Blick in den Spiegel nur Dutzendgesichter gesehen, keine Monster :rolleyes: Alle waren sie brav und bieder, hatten Familie - braucht es den schönen Schein der Wohlanständigkeit, um zum erfolgreichen Massenmörder zu werden :rolleyes:?

Hilfreich dabei ist

Lektion 6: Hetzdiskurse

Bei den Nazis waren Opfer ihrer Hetzdiskurse

- politische Gegner
- Juden
- Behinderte
- Homosexuelle
- Sinti und Roma
- die Slawen (Polen und Russen)

Vermutlich hat keine ihrer Opfergruppen 1933 geahnt, was die Nazis mit ihnen vorhatten. Vielleicht wussten damals nicht einmal alle Nazis, was aus den als minderwertig betrachteten Menschen werden würde - nämlich Aschehäufchen.
Stück für Stück wurden Schikanen, diskriminierende Gesetze, Terrormaßnahmen gesteigert. Gewöhnten sich die Opfer an den Terror, wurde die Schraube wieder angezogen. Begriffen die Opfer, was die Täter vorhatten, war es zu spät.
Analog zur Viktimisierung der Opfer die Brutalisierung der Täter. Vermutlich musste der harte Kern der Nazi-Verbrecher auch deshalb den Vernichtungsdiskurs Stück für Stück steigern, weil sonst in den eigenen Reihen zu viele abgesprungen wären.


Lektion 7: Krieg, Eroberung, Ausrottung

Gerade weil die Pläne zur Errichtung eines Mordreiches schon nach 6 Jahren scheiterten, kommen sie mir sozusagen lehrbuchhaft vor. So als ob die Nazis da andere Imperien nachgeahmt hätten, bei der Nachahmung aber so viele Fehler gemacht haben, dass sie jämmerlich scheiterten. Das ist IMHO das Motiv des gesamten "nachholenden Imperialismus" des Deutschen Reiches seit der Zeit um 1900. Die Deutschen sahen, dass die Welt schon aufgeteilt war, da beschlossen sie, ihre Hegemonie in Europa, v. a. Osteuropa zu errichten. Ist bekanntlich gescheitert, doch das führt zu


Lektion 8: Alles wieder vergessen

Ist natürlich ein "interessanter" Lehrgang, bei dem die Teilnehmer einen Sch... nach dem anderen machen, das Leben von Millionen Menschen zerstören und zum Schluss alles wieder vergessen. Am 8. Mai 1945 gab es in Deutschland keine Nazis mehr und die diesbezügliche Amnesie machte einen Besatzungsoffizier so erbittert, dass er einem ehrlichen Ex-Nazi die Hand gegeben hätte.
Ich selbst habe in meiner Jugend viel über das Dritte Reich gelesen und auch mit Zeitzeugen gesprochen. Aber ich kann mich nicht entsinnen, dass einer derjenigen, die nahe beim Regime waren oder sogar zu ihm gehörten, wirklich ehrlich "ausgepackt" hätte. Zur Kultur des Verbreches gehört auch die Kultur des Verschweigens und die Nazis waren in beidem Meister.

Die Welt nun, wo so viele scheinheilig gackern, wenn mal wieder das Reizwort "Nazi" oder "Drittes Reich" fällt, scheint den Nazis aber für ihr Schweigen nicht gram zu sein. Ein Nazi, der hätte auspacken wollen, wäre von dieser Welt vielleicht schneller nach Walhalla befördert worden als dass er einen Verleger für eine aufrichtige Biografie gefunden hätte. Denn diese Welt funktioniert doch politisch genau so, wie es die Nazis vorgeführt haben

- mit einem Gemisch aus Wahrheit und Lügen die Menschen verdummen
- vor den wirklich Mächtigen kuschen
- so lange Fehlentscheidungen treffen, bis das System zusammenbricht
- den Menschen die Wahrheit verschweigen
- als Biedermann Verbrechen begehen
- Hetzdiskurse führen
- Menschen unterjochen
- hinterher alles vergessen

Haben die Nazis der Welt da den Spiegel vorgehalten und ist die Welt deshalb so böse auf sie :rolleyes: ?

Eines muss man den Nazis lassen:

Die haben in 12 Jahren ganz Europa umgepflügt ...............in der gleichen Zeit schafft unsere Demokratie kaum die Änderung des Erbschaftsgesetzes.

Volyn
01.10.2007, 16:23
haben sie nicht.


das eigentliche ziel des ns war in erster linie die vernichtung
der europäischen juden und der lebensraumgewinn im osten.



nach dem tod stalins 1953. also 8 jahre nach dem krieg.



du hast die absichten der ns außenpolitik nicht verstanden.




Du kennst nur die BRD - Propaganda.

Ich kenne sowohl die BRD - Propaganda, als auch die NS - Propaganda und interessiere mich darüberhinaus für weiteres an Hintergrundwissen.

Mir ist halt aufgefallen, daß die BRD - Propaganda immer von Lebensraum im Osten redet, und die NS - Propaganda vom Kampf gegen die Bolschewisten, wobei deren Verbrechen in den Vordergrund gerückt werden.

Die Lebensraumargumentation habe ich nur in Verbindung mit dem dem Reich angegliederten Warthegau gefunden.

Sonst halt nicht.

Es mag ja sein, daß die Nazis tatsächlich insgeheim nur auf Landraub auswaren.

Aber der NS - Propaganda konnte man es nunmal nicht entnehmen.

"Mein Kampf" gibt auch nicht viel dazu her.

Vielmehr schreibt Hitler darin, daß Deutschland zu klein sei um es zu verteidigen.

Andere Reiche könnten in ihre Kolonien ausweichen, sich dort sammeln und dann ihre besetzte Heimat zurückerobern.

Von Lebensraum steht auch was drin, aber Mein Kampf ist ja auch ziemlich dick.

Viel findet sich dort nicht.


Wenn die Lebensraumpolitik nur mit den Generalplan Ost begründet wird, dann ist das tatsächlich eine sehr dürftige Argumentation.

Denn erstens war der Generalplan Ost ja streng geheim, und zweitens von einem völlig unbedeutenden Agrarbeamten erstellt worden.

Wahrscheinlich waren das eben nur die Spinnereien eines unterbeschäftigten Beamten.

elas
01.10.2007, 16:31
Unterschreibe ich zu Hundert Prozent.
Erinnern wir uns an den Hitler/Stalin-Pakt: Das war ein Donnerschlag in der Welt.
Ungeachtet der Tatsache, dass beide Führer alles andere als ideale Repräsentanten der jeweiligen Volksseele waren (wobei Stalin ja auch kein Russe war, aber mit der Einbindung der Kleinvölker läuft im Osten sowieso alles anders als hier).
Wann immer beide Völker einander kooperativ begegneten, war es beiden zum Heil. Wann immer Deutschland sich dem Osten ab-und dem Westen zuwandte, bekam ihm das letztlich schlecht.

Beide Völker kennen eine Geistestradition, nach der die heiligen Götzen des Westens (etwa Materialismus, Pragmatismus und dergleichen) bestenfalls banal sind. Beide Völker haben einen eher ernsten, mitunter schwermütigen Charakter.
Beide sind im Kern nie See- sondern immer Landmacht gewesen.
Beide sind Ergebnis einer germanisch-slawischen Begegnung.
Natürlich gibt es auch Unterschiede.
Dugin betont ja massiv, dass Russland eben kein primär ethnisches, sondern ein Geistiges, ja staatssakrales Phänomen sei. Auf Deutschland trifft das seit dem Niedergang des Altreiches nur sehr bedingt zu, hier hat sich letztlich doch das ethnische Moment durchgesetzt.
Und Deutschland hat keine nennenswerte orthodoxe Kirche.
Andererseits ist es vielleicht kein Zufall, dass es ein deutscher Papst ist, der den Protestantismus (immerhin einer der geistigen Grundlagen des "Westens") gnadenlos schneidet, aber bei aller Differenz den Ostkirchen immer sehr psitiv gegenübersteht.
Auch heute noch zuckt alles zusammen, wenn sich Berlin und Moskau zu gut verstehen (im Fall der Polen ist das ja auch rein strategisch begreifbar).

Darauf gilt es aufzubauen.


Mit Verlaub.....das ist doch alles Gesülze.

Die Gene des Affen sind mit 99,x % identisch mit den Genen des Menschen.

Wie hoch wird da die Abweichung von Russen zu Deutschen oder zu Indern etc. sein?

Menschen sind gleichartig und spätestens in einer Generation können sie bei intensiver Behandlung umerzogen werden vom Lamm zum Wolf und vice versa.

Volyn
01.10.2007, 16:32
Das war die große Idiotie der blöden Nazibande, das sie die Ostvölker, die sie willkommen geheißen haben als Befreier, so arogant in den Arsch getreten und diese als Untermenschen betrachtet haben. Und das waren Leute die selber nicht gerade wie germanisch-blauäugige Recken aussahen, eher wie Aufblas-und Schrumpfgrmanen :D
Diese Idioten hatten es verdient den Krieg zu verlieren, aber nicht das Deutsche Volk!


Mit Untermenschen waren aber nunmal die Bolschewisten gemeint, und diese Bezeichnung erscheint mir durchaus als passend.

In der Regel sprach man damals auch vom jüdisch - asiatischen Untermenschen.

Der Begriff vom slawischen Untermenschen, der offenbar nur sehr selten benutzt wurde, taucht ja im wesentlichen in der Nachkriegspropaganda auf.

Es wäre ja auch unsinnig gewesen, wenn Hitler ständig Slawen als Untermenschen bezeichnet hätte.

Schließlich war ja nicht nur sein Nachfolger Großadmiral Karl Dönitz zumindest vom Namen her ein Slawe, und mit ihm der Großteil der Pommern, Schlesier und Sachsen.

Und die Preußen waren eben Balten, wie die Letten und die Litauer. Sie haben ja noch heute häufig litauische und lettische Nachnamen.

Sauerländer
01.10.2007, 16:44
Mit Verlaub.....das ist doch alles Gesülze.
Die Gene des Affen sind mit 99,x % identisch mit den Genen des Menschen.
Wie hoch wird da die Abweichung von Russen zu Deutschen oder zu Indern etc. sein?
Menschen sind gleichartig und spätestens in einer Generation können sie bei intensiver Behandlung umerzogen werden vom Lamm zum Wolf und vice versa.
Wer sagt, dass der wesentliche Unterschied ein genetischer sei? Ich nicht.
Das ist was für Rassentheoritiker. Über die drei menschlichen Großrassen hinausgehend sind mir Rassenfragen tendenziell egal, es geht um einen kulturellen Komplex.
Und da weisen sich die Menschen eben als klar ungleich aus, was auch gut so ist.
Denn wie könnte es ohne ein Aussen ein Innen, wie ohne "Die" ein "Wir" geben?

Einmal abgesehen davon, dass man den Menschen natürlich mit aller Erziehung nicht zum pazifistischen Lamm macht. Man kann das Böse lenken und kanalisieren - um es abzuschaffen, müsste man den Mensch abschaffen.


Wenn kulturelle Umerziehung so einfach wäre, hätten wir viele Probleme nicht.

Sauerländer
01.10.2007, 16:47
Eines muss man den Nazis lassen:

Die haben in 12 Jahren ganz Europa umgepflügt ...............in der gleichen Zeit schafft unsere Demokratie kaum die Änderung des Erbschaftsgesetzes.
Das ist die rein ästhetizistische Betrachtungsweise:
Der Nationalsozialismus war wenigstens noch beeindruckend.
Die BRD ist nichtmal das.

Sauerländer
01.10.2007, 16:49
Das war die große Idiotie der blöden Nazibande, das sie die Ostvölker, die sie willkommen geheißen haben als Befreier, so arogant in den Arsch getreten und diese als Untermenschen betrachtet haben. Und das waren Leute die selber nicht gerade wie germanisch-blauäugige Recken aussahen, eher wie Aufblas-und Schrumpfgrmanen :D
Diese Idioten hatten es verdient den Krieg zu verlieren, aber nicht das Deutsche Volk!
Nur konnte man eben in dieser Zeit schwer auf Nazis schießen, ohne Deutsche zu treffen.
Verdient oder unverdient - über solche Fragen walzt die Geschichte hinweg, ohne innezuhalten.
Leider. Aber so war es immer.

Sauerländer
01.10.2007, 16:52
Das gesamte Hinterland war sowieso im wesentlichen von den verschiedenen Milizen beherrscht.

So viele Deutsche gab es nun auch nicht, daß sie die gesamten besetzten Gebiete kontrollieren konnten.

Heute ist es ja auch nicht anders. Denk mal an den Irak oder Afghanistan.

Da liegt ein Großteil der Macht auch in der Hand der Milizen.

Manche waren bei den von den Sowjets eingeschleusten Partisanen, andere bei den Milizen, wieder andere bei der Wehrmacht oder SS.
Sowas passiert eben, wenn man keine konstruktiven Entwürfe hat, um die Leute einzubinden.
Mit "wer für uns kämpft, darf am Leben bleiben" kommt man vielleicht ein Stück weiter - aber eine Truppe mit eiserner Moral und Glaube an ihre Mission schafft man so nicht. Hätte Stalin sich da nur ein wenig geschickter (weniger rachsüchtig) verhalten - der Wehrmacht wäre alles um die Ohren geflogen, mehr noch als es ohnehin der Fall war.

elas
01.10.2007, 16:55
Wer sagt, dass der wesentliche Unterschied ein genetischer sei? Ich nicht.
Das ist was für Rassentheoritiker. Über die drei menschlichen Großrassen hinausgehend sind mir Rassenfragen tendenziell egal, es geht um einen kulturellen Komplex.
Und da weisen sich die Menschen eben als klar ungleich aus, was auch gut so ist.
Denn wie könnte es ohne ein Aussen ein Innen, wie ohne "Die" ein "Wir" geben?

Einmal abgesehen davon, dass man den Menschen natürlich mit aller Erziehung nicht zum pazifistischen Lamm macht. Man kann das Böse lenken und kanalisieren - um es abzuschaffen, müsste man den Mensch abschaffen.


Wenn kulturelle Umerziehung so einfach wäre, hätten wir viele Probleme nicht.


Das es nicht leicht ist weiss ich auch.
Aber dass es leicht möglich ist wenn sich der "Richtige" findet beweist unsere Vergangenheit aber nicht nur unsere.

Im wesentlichen besteht ein Unterschied von Individualisten und Herdenmenschen.(Hinz und Kunz oder Dick, Tom and Harry)

Mit letzteren kann man Europa umpflügen wie gehabt.
Ein geeigneter "........ismus" und los gehts.

dimu
01.10.2007, 16:57
- mit einem Gemisch aus Wahrheit und Lügen die Menschen verdummen
- vor den wirklich Mächtigen kuschen
- so lange Fehlentscheidungen treffen, bis das System zusammenbricht
- den Menschen die Wahrheit verschweigen
- als Biedermann Verbrechen begehen
- Hetzdiskurse führen
- Menschen unterjochen
- hinterher alles vergessen

Haben die Nazis der Welt da den Spiegel vorgehalten und ist die Welt deshalb so böse auf sie :rolleyes: ?
so werden wir also von nazis regiert. das heißt, ihre methoden wurden ausnahmslos übernommen, so, wie die methoden der stasi übernommen wurden,- natürlich auf die feine englische art.
man lernt ja dazu!
.

Bärwolf
01.10.2007, 17:00
Mit Untermenschen waren aber nunmal die Bolschewisten gemeint, und diese Bezeichnung erscheint mir durchaus als passend.

In der Regel sprach man damals auch vom jüdisch - asiatischen Untermenschen.

Der Begriff vom slawischen Untermenschen, der offenbar nur sehr selten benutzt wurde, taucht ja im wesentlichen in der Nachkriegspropaganda auf.

Es wäre ja auch unsinnig gewesen, wenn Hitler ständig Slawen als Untermenschen bezeichnet hätte.

Schließlich war ja nicht nur sein Nachfolger Großadmiral Karl Dönitz zumindest vom Namen her ein Slawe, und mit ihm der Großteil der Pommern, Schlesier und Sachsen.

Und die Preußen waren eben Balten, wie die Letten und die Litauer. Sie haben ja noch heute häufig litauische und lettische Nachnamen.

Man war sich im NS diesbezüglich nicht immer ganz einig, es gab auch dort den Kampf verschiedener Linien. SS-Heydrich sah die Slawen ganz sicher mit anderen Augen als sein Vorgesetzter SS-Himmler.

Sauerländer
01.10.2007, 17:07
Ich sehe die mich interessierende geistige Verwandtschaft zwischen Deutschen und Russen im Modernen, vielleicht nicht platt aber immerhin dialektischem Materialismus. Die Lehren des Herrn Marx fielen nicht in den USA, sondern in Russland auf fruchtbaren Boden. Wie in der Weimarer Republik probte Russland in den 1920er Jahren Moderne, Emanzipation und künstlerische Avantgarde. In der Raumfahrt ließ sich Russland wohl auch von den Deutschen inspirieren und war 1957 mit dem ersten Satelliten und 1961 mit dem ersten Menschen im Weltraum zweimal vor den USA erfolgreich. Ideen zur Besiedlung des Weltraums hat als Erster der Russe Konstantin Ziolkowski entwickelt. Und wer die machtgeilen Bolschewiki nicht mag - in Russland gab es auch die Anarchisten.

Das Problem ist, dass Marx eigentlich zwingend einen bereits entwickelten Kapitalismus und dessen Infrastruktur voraussetzt, von dem aus der Kommunismus sich entwickeln kann. In jener Zeit hätte man vermutlich Russland für so ziemlich das letzte Land gehalten, in dem die Revolution ausbrechen würde.
Da lag dann auch eines der Probleme der Bolschewiki: Die Infrastruktur, die der Revolutionär andernorts nur der Bougeosie hätte aus der Hand nehmen müssen (Marx schrieb für Deutschland, England, Frankreich und Konsorten), musste hier erst noch geschaffen werden, und zwar im Eiltempo.
Das bedeutet: Die Kommunisten mussten im Zeitraffer den Kapitalismus "miterledigen", und zwar mit all seinen Umbrüchen und auch Zumutungen, Stichwort Zwangsindustrialisierung. Damit konnte man eine Macht aus dem Boden stampfen - aber man nahm sich politisch die Möglichkeit, als Kämpfer gegen die kapitalistische Inhumanität aufzutreten, indem man sie selber vollzog.
Das Zarentum wurde rot, aber letztlich blieb es ein Zarentum.
Lenin war der Ansicht, das russische Volk habe einen so starken Gemeinschaftssinn (gebildet in der bäuerlichen Kleingemeinschaft), dass es in der Lage sei, das Stadium des Kapitalismus zu überspringen - hat dann aber exakt durch dieses Überspringen die Grundlage dieses Gemeinschaftssinns (man vergesse hier auch nicht die orthodoxe Kirche) zielstrebig attackiert.

Wie hat Niekisch so schön gesagt? Leninismus ist das, was vom Marxismus übrigbleibt, wenn ihn ein richtiger Staatsmann ergreift und daraus eine politische Handlungslehre macht.

Andere Strömungen waren da volksverwurzelter.
In jedem Fall hatte man dort wenig über für bürgerlichen Kosmopolitismus, selbst unter Anarchisten. Bakunin etwa war ja phasenweise starkt verstrikt in nationalistische und panslawische Gefilde. Und auch die Machnobewegung ist ja ebenso ukrainisch-nationaler wie anarchistischer Aufstand.
Dagegen wirkt das, was sich heute so "Anarchist" nennt, häufig eher... bürgerlich-klugscheisserisch-kosmopolitisch, volksabgewandt.
Auch kann heute kaum ein Mensch begreifen, wie anarchistische Tendenzen mit tiefer Frömmigkeit einhergehen sollen. Tolstoi hat es vorgemacht.

Die Russen waren es darüberhinaus, die eine permanente Station im Orbit zustandebrachten. Über den westlichen Äquivalenzversuch schweigen wir lieber.:D

Sauerländer
01.10.2007, 17:17
Das es nicht leicht ist weiss ich auch.
Aber dass es leicht möglich ist wenn sich der "Richtige" findet beweist unsere Vergangenheit aber nicht nur unsere.
Im wesentlichen besteht ein Unterschied von Individualisten und Herdenmenschen.(Hinz und Kunz oder Dick, Tom and Harry)
Mit letzteren kann man Europa umpflügen wie gehabt.
Ein geeigneter "........ismus" und los gehts.
Ja, mittlerweile, dank der Lehren des Individualismus, der über die Einebnung aller Kollektivbindungen die gesichtslosen Massen derAustauschbarkeit und ökonomischen Verwurstbarkeit erst hervorgebracht hat.

Niemand ist nur Herdenmensch. Und niemand nur Individualist.
Menschen mit stärkerem Individualismus sind es häufig, die die großen Führer der Massen stellen.

Bärwolf
01.10.2007, 17:18
Nur konnte man eben in dieser Zeit schwer auf Nazis schießen, ohne Deutsche zu treffen.
Verdient oder unverdient - über solche Fragen walzt die Geschichte hinweg, ohne innezuhalten.
Leider. Aber so war es immer.

Stimmt auch wieder:wink:

Fuchs
01.10.2007, 18:52
Du kennst nur die BRD - Propaganda.







ja es ist natürlich einfach tatsachen als propaganda
zu bezeichnen wenn sie einem nicht gefallen.
wenn ich dir jetzt sage, dass ich eigentlich
nur englische und amerikanische literatur über
das thema konsumiere, sagst du wieder, dass die
sieger die geschichte schreiben und alles natürlich
nur propaganda ist.

Beverly
01.10.2007, 19:05
so werden wir also von nazis regiert. das heißt, ihre methoden wurden ausnahmslos übernommen, so, wie die methoden der stasi übernommen wurden,- natürlich auf die feine englische art.
man lernt ja dazu!
.

Heute hat Bundespräsident Köhler wieder gefordert, mit den "Reformen" weiter zu machen und die "Erfolge" der "mutigen Reformpolitik" gelobt. Tut mir Leid, aber das ist einfach nur eine Vatiante zum Thema "Volksaufklärung und Propaganda". Die heutigen Lügner wunden sich allenfalls, dass der Goebbels so ehtlich war, diese Bezeichnung im Ministertitel zu führen. Ohne so ein Reichsministerium, dafür mit einem perfekt orchestrierten Diskurs, werden die Lügen doch viel besser geschluckt und sind viel allgegenwärtiger.

Beverly
01.10.2007, 19:07
Das ist die rein ästhetizistische Betrachtungsweise:
Der Nationalsozialismus war wenigstens noch beeindruckend.
Die BRD ist nichtmal das.

sie ist aber auf dem "besten" Wege, ein totalitäres System zu schaffen, das keine Angriffsflächen bietet und so sehr als Naturkraft - "das Leben ist halt so" - daherkommt, dass die Nazis diesbezüglich nur noch altbacken sind

politisch Verfolgter
01.10.2007, 19:30
Es sind säuisch perverse Gesetze geiselgangsterischer Zuhälter.

Aldebaran
01.10.2007, 19:34
Der Knackpunkt liegt in meinen Augen früher. Und genauso, wie am Nationalsozialismus vielleicht etwas konstruktives zu retten gewesen wäre, hätte man den Hitlerflügel rechtzeitig liquidiert, hängt es auf sowjetischer Seite bei Stalin.
Lenin wusste noch, dass man zwar die Macht im Staat konsolidieren musste, dass dieser Staat aber dennoch nur Instrument war, und es galt, das nie zu vergessen. Unter Stalin hingegen wurde der Sowjetstaat zum Selbstzweck, und es dienen eher die KPs in den diversen Ländern den Machtinteressen Moskaus, als dass die Sowjetunion dem weltweiten Kommunismus dienen würde.

Aber wurde mit der Ausrufung des "Vaterländischen Krieges" nicht doch wieder eine Kehrtwende vollzogen, zumindest propagandistisch?

Außerdem muss man sich fragen, ob sich ein kommunistischer oder sozialistscher Staat letztlich nicht zwangsläufig zu einem "Leviathan" entwickeln muss, da es in ihm keine vom Staat unabhängige Sphäre geben kann.



Nach dem Zweiten Weltkrieg hätte man natürlich ein Atomwaffenpotential benötigt und eine ansatzweise brauchbare Armee - aber hätte das Land eine derartige Festung sein müssen. Wäre nur ein Teil des sowjetischen Rüstungspotentials stattdessen in die Produktion von Konsumgütern und allgemeinem zivilen Bedarf gegangen, und hätte man die Propaganda entsprechend umgestellt - der Kommunismus hätte zivilisatorisch überzeugen können.

Ohne die Besetzung Deutschlands hätte die Sowjetunion nicht daran denken können, den amerikanischen Vorsprung in der Nukleartechnologieso schnell einzuholen. Man darf nicht vergessen, dass nicht nur ein Teil des know hows und der Entwickler, sondern auch das Uran für die ersten sowjetischen Kernwaffen aus Deutschland stammten.

Außerdem hatte der so schwer erkämpfte Sieg natürlich auch einen enormen Prestigegewinn der Armee und überhaupt eine Militarisierung der Gesellschaft gebracht, die kaum wieder rückgängig zu machen war.

Es war 1945 für die sowjetische Führung im Grunde undenkbar, zurückzustecken und die amerikanische Vormacht zu akzeptieren. Der Gewinn eines Teils des deutschen Potentials, die vorhandene Militärmaschine und der ideologische Optimisimus konnten nur zu diesem Ergebnis führen. Dann zeigte auch noch der (allgemein übrigens unterschätzte) Koreakrieg, dass die Amerikaner doch aufzuhalten waren - wenn auch unter Opferung von Millionen Chinesen und Koreanern.


Im Grunde hat man nichts anderes betrieben als eine kommunistisch bemäntelte Fortsetzung des Zarenreiches.
Das ist nicht in jeder Hinsicht schlecht, etwa im Hinblick auf die Wahrung nationaler Eigenheit.

Ich denke eher, dass die Sowjetunion beinahe das Grab der russischen Nation geworden wäre.


Aber dann hätte man von Anfang an die Propaganda anders konzipieren, viel stärker die nationalkommunistische Karte spielen müssen (mit der etwa die deutsche KP es durchaus weit hätte bringen können).

Das hängt eben mit der damals auf der Hand liegenden Entscheidung zusammen, eine Weltmacht sein zu wollen.

Aldebaran
01.10.2007, 19:43
Das ist sehr gut auf den Punkt gebracht! Was den letzten Satz betrifft ist m. e. das Schlimme, das die meisten Hardcoreliberalen und LiberalKonservativen wirklich an diesen Mist glauben, ...

... weil er richtig ist, insofern er (der "Mist") sich auf die Wirtschaft bezieht.

Der moderne Kapitalismus, ob er nun sein 500 Jahren (laut Wallerstein) oder erste seit dem Ende des 18. Jhs. existiert, war nun einmal ungeheuer erfolgreich.

Niemals zuvor gab es so viele Menschen auf der Erde, war die Lebenserwartung so hoch, die Ernährung so gut und der materielle Lebensstandard so hoch wie heute. Das sind nun einmal Tatsachen.



... wären sie nur lügenhafte Zyniker müßte man ihnen ja sowas wie Intelligenz zugestehen.:D

Verlierer, die etwas zu meckern haben, gibt es immer.

Volyn
01.10.2007, 20:04
Man war sich im NS diesbezüglich nicht immer ganz einig, es gab auch dort den Kampf verschiedener Linien. SS-Heydrich sah die Slawen ganz sicher mit anderen Augen als sein Vorgesetzter SS-Himmler.


Tja, das ist ja auch klar.

Nur hat man in der Nachkriegspropaganda natürlich immer nur die Extremfälle aufgegriffen.

Und diese dann zum Normalfall erklärt.

In Kriegszeiten häufen sich übrigens ohnehin die extremen Ansichten.

Das ist ja allgemein bekannt.

Vielleicht wäre dem noch hinzuzufügen, daß sich offenbar in Friedenszeiten die Gleichgültigkeit breitmacht.

Volyn
01.10.2007, 20:07
Mit Verlaub.....das ist doch alles Gesülze.

Die Gene des Affen sind mit 99,x % identisch mit den Genen des Menschen.

Wie hoch wird da die Abweichung von Russen zu Deutschen oder zu Indern etc. sein?

Menschen sind gleichartig und spätestens in einer Generation können sie bei intensiver Behandlung umerzogen werden vom Lamm zum Wolf und vice versa.




Du kannst ja gerne eine Affendame heiraten.

Volyn
01.10.2007, 20:14
Sowas passiert eben, wenn man keine konstruktiven Entwürfe hat, um die Leute einzubinden.
Mit "wer für uns kämpft, darf am Leben bleiben" kommt man vielleicht ein Stück weiter - aber eine Truppe mit eiserner Moral und Glaube an ihre Mission schafft man so nicht. Hätte Stalin sich da nur ein wenig geschickter (weniger rachsüchtig) verhalten - der Wehrmacht wäre alles um die Ohren geflogen, mehr noch als es ohnehin der Fall war.

Die Auswüchse gegen russische Gefangene und Zivilisten gingen aber überwiegend von den unteren Rängen entgegen der Befehle der Wehrmachtsleitung und des Kriegsministeriums aus.

Dies wird dir klar werden, wenn du in einer Buchhandlung den dort derzeit erhältlichen Ausstellungskatalog von Reemtsmas Wehrmachtsausstellung, Ausgabe von 2005, durchblätterst.

Dort sind nämlich - als wäre Reemtsma zum Revisionismus konvertiert - auch Schreiben des Kriegsministeriums abgedruckt, die eben jene Vorfälle - keine Lebensmittel für Gefangene, Nächtigen im Freien, Gewalttaten - wiederholt rügen und eben genau deine Meinung propagieren.

Diese ausgerechnet im Wehrmachtsausstellungskatalog abgedruckten Briefe von höchster Stelle widerlegen mal wieder einen weitern Betonpfeiler der Nachkriegspropaganda.

Lies sie dir doch mal durch!:) :) :)

So findest du wieder zurück in die Normalität.

Volyn
01.10.2007, 20:28
ja es ist natürlich einfach tatsachen als propaganda
zu bezeichnen wenn sie einem nicht gefallen.
wenn ich dir jetzt sage, dass ich eigentlich
nur englische und amerikanische literatur über
das thema konsumiere, sagst du wieder, dass die
sieger die geschichte schreiben und alles natürlich
nur propaganda ist.

Eben grade habe ich den Katalog von Reemtsmas Wehrmachtsausstellung empfohlen.

Dort ist ausnahmsweise mal auch ein wenig des durchaus vorhandenen die Reichsregierung erheblich entlastenden Materials abgedruckt.

Mich hat sowas doch sehr nachdenklich gestimmt.

Es ist nicht viel, aber es reicht aus, weite Teile der Nachkriegspropaganda zu widerlegen.

Und auch weite Teile der Texte in eben jenem Buch.

Es gibt in dieser Angelegenheit dermaßen viele Widersprüche, daß sie wirklich sehr sehr interessant ist.

Da sie abe auch gleichzeitig für die meisten Menschen eine Religion ist, ist die breite Masse aber für diese Tatsache blind.

Ich für meinen Teil habe ja sehr wenig über den Nationalsozialismus gelesen, vor allem wenig von Nachkriegsliteratur.

Aber wenn ich etwas lese, dann fallen mir immer sofort die Ungereimtheiten ins Auge.

Auch habe ich sehr sehr viel von meinem Vater gehört.

Daß das was er sagte anders war als das was ín anderen Familien erzählt wurde, war mir schon recht früh klar.

Daß aber wir die Nazis waren und nicht die derben Oppas meiner Nachbarn, die stolz erzählten wie sie Russen abgeknallt haben, das war mir damals gar nicht bewußt.

Denn daß Nazis etwas schlechtes sind, wurde mir eben auch eingetrichtert. Durch die Schule und die Medien.

Und irgendwie ist mein Vater nie direkt dagegen angegangen.

Aber er hat mir stets das an Wissen und Richtigstellungen mit auf den Weg gegeben, daß ich eigentlich gar nicht mehr anders kann als mich nun zu diesem Thema zu äußern.


Die Nazis waren eben anders.

Sie waren nicht so wie wir sie aus dem Fernsehen kennen.

Volyn
01.10.2007, 20:32
Das gilt auch und erst recht für die erklärten Antifaschisten.

Hier ein heute in der FAS erschienener Artikel von Sibylle Tönnies - eiegntlich also eher von links -, der ein wenig in diese Richtung geht, wenn man vom Anlass (Eva Herman) absieht:




http://www.faz.net/s/Rub867BF88948594D80AD8AB4E72C5626ED/Doc~E6819C851E81B498682B9776278F28896~ATpl~Ecommon ~Scontent.html?rss_gesellschaft

Bei manchen Nazihassern drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass sie vor 70 Jahren auf der anderen Seite gestanden hätten. Nicht umsonst beschränkt man sich auf die Inhalte des NS und bekämpft seine Symbole, anstatt sich auch mit der "Psychologie" des NS zu beschäftigen, die allerdings gar nicht so NS-spezifisch ist, wie es die Antifaschisten glauben mögen.

Im übrigen ist die Anti-NS-Ideologie (oder -Hysterie?) eine ebenso ewiggestrige Angelegenheit wie ihr ideologischer Widerpart. Sie verhindert nur die Erkenntnis, dass wir uns längst im 21. Jahrhundert befinden und sich die Welt radikal von derjenigen der 1930er Jahre unterscheidet.

Ihr wesentliches "Verdienst" ist es wohl, ihren Widerpart am Leben zu erhalten. Sie sorgt dafür, dass der NS mit seinen Symbolen die Ausdrucksform all jener bleibt, die vielleicht nur provozieren wollen, vielelicht auch schon wirklich im Hass vergraben sind.



Genau das denke ich auch.

Wer sich schon allein deshalb, weil er keine Juden vergast hat, für einen besseren Menschen hält, der hat sonst ja wohl nicht viel zu bieten.

Es ist das Kernproblem unserer Gesellschaft.

Antifant zu sein allein ist keine Tugend.

Sauerländer
01.10.2007, 21:12
sie ist aber auf dem "besten" Wege, ein totalitäres System zu schaffen, das keine Angriffsflächen bietet und so sehr als Naturkraft - "das Leben ist halt so" - daherkommt, dass die Nazis diesbezüglich nur noch altbacken sind
Weil sie ohne jeden Mythos die Menschen in die reine Masse auflöst, die nichtmal irgendeine Ausrichtung erfährt.

Beverly
01.10.2007, 21:34
Weil sie ohne jeden Mythos die Menschen in die reine Masse auflöst, die nichtmal irgendeine Ausrichtung erfährt.

mir würde "technokratisch- utilitaristisch" mit Perspektive, Vision und etwas Utopie schon reichen, aber selbst das wird durch den geistigen Fleischwolf des "Liberalismus" gedreht, bis wirklich nichts mehr übrig bleibt

Sauerländer
01.10.2007, 22:13
mir würde "technokratisch- utilitaristisch" mit Perspektive, Vision und etwas Utopie schon reichen, aber selbst das wird durch den geistigen Fleischwolf des "Liberalismus" gedreht, bis wirklich nichts mehr übrig bleibt
Vision und Utopie sind und bleiben eben: Mythos.
Helmut Schmidt erwies sich als konsequenter Aufklärer mit der Aussage, wer Visionen habe, der solle zum Arzt gehen.

Beverly
02.10.2007, 14:26
Vision und Utopie sind und bleiben eben: Mythos.
Helmut Schmidt erwies sich als konsequenter Aufklärer mit der Aussage, wer Visionen habe, der solle zum Arzt gehen.

mit solchen Sprüchen hat er zu den Zuständen beigetragen, wie sie jetzt sind

Bärwolf
02.10.2007, 17:44
...



Verlierer, die etwas zu meckern haben, gibt es immer.

Stimmt. Das zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte. Aber diese heutigen "Verlierer" (ich schreibe das bewußt in Anführungszeichen!), die sog. Globalisierungsverlierer meine ich, sind doch oft von einer zähen Genügsamkeit (auch wenn sie meckern; und nicht alle meckern!). Schon Fallada hat diesen Typus (eher liebevoll) beschrieben. Viele waren und sind auf ihre Weise doch sehr überlebensstark. Was man von Leuten, die eine zeitlang auf der Gewinnerspur waren und dann abstürzen, nicht immer behaupten kann. Wenn die mal auf Hartz IV kommen, nehmen sie sich das Leben, weil so ein Leben für sie halt schlimmer als der Tod ist. Aber ist das Stärke? Es zeigt doch nur, das sie lediglich auf einem bestimmten Niveau lebensfähig sind. Das ist in meinen Augen eher kläglich; und da zeigt sich, das sie schon Verlierer waren, als sie sich noch als Gewinner fühlten.
Ein anderes Beispiel fällt mir ein: neulich las ich einen Artikel eines polnischen Journalisten. Der jammerte nun wirklich kläglich darüber, das er sein Polen nicht wieder erkennt, nachdem er einige Jahre nicht dort war. Die sog. einstige weltoffene Stimmung sei dahin, alle Fähigen ausgewandert und die Globalisierungsverlierer würden nun die Politik bestimmen. Er meinte die Kaczynski Brüder und ihre nationalpatriotische Politik. Ihm war gar nicht bewußt, das er und seines Gleichen nun die Verlierer waren und die armen Hungerleider sich als Gewinner empfinden könnten, da ja denjenigen, die ihrer Meinung nach dafür verantwortlich sind (also die Globalisierungsgewinner) der garaus gemacht wird. Die jammern aber jetzt lediglich, wie andere Verlierer auch, haben aber noch den Habitus des Gewinners. Die armen Polenverlierer, die ja nun objektiv ihre Leute an der Macht haben, haben aber nicht den Habitus des Gewinners.:D
Schon psychologisch sehr interessant das ;)

EUROFREUND
02.10.2007, 18:18
Wenn ich besonders finster auf die Welt und die Menschen in ihr blicke, denke ich, dass die Nazis da nur das ausgesprochen und bis zum Exzess praktiziert haben, was doch insgeheim "alle" denken und tun.
Das soll keine Entschuldigung oder auch nur Relativierung der Verbrechen der Nazis sein. Das waren Verbrecher X( ! Doch die Reaktion der Welt auf die Nazis kommt mir immer mehr so vor, als ob sich da die einen Verbrecher scheinheilig über die anderen, ertappten und bloßgestellten Verbrecher echauffieren. Nur nicht mit dem braunen Gelumpe in Zusammenhang gebracht werden. Immer schön auf Distanz zum Österreicher und seinen Spießgesellen gehen, damit die eigenen Leichen im Keller tunlichst in Vergessenheit geraten.

Mir kommen die 12 Jahre Nazi-Barbarei aber manchmal so vor, wie sozusagen eine schnelle und harte und zutiefst böse Demonstration in der Ausübung politischer Macht. Und zwar so, wie sie immer ausgeübt wird, nur halt nicht so exzessiv und im Rückblick quasi demonstrativ wie bei den Nazis.

Was haben Adolf und seine Paladine denn da für Lektionen gegeben?

Lektion 1: Mit einem Gemisch aus abgrundtiefen Lügen und Wahrheiten den Menschen den Kopf zu verdrehen.

Die Nazis hatten aus der Sicht ihrer Zeitgenossen wohl Recht, wenn sie das Elend in der Weimarer Republik anprangerten und auf ihren Wahlplakaten verhärmte Menschen abbildeten. Sie hatten auch Recht, das Gemeinschaftliche zu betonen. Aber alle von ihnen ausgesprochenen Wahrheiten dienten nur dazu, ihre Lügen um so wirksamer zu machen. Einem Demagogen, der zu Recht auf chaotische Zustände hinweist, glaubt man leichter, wenn er unschuldige Menschen als Verantwortliche für das Chaos diffamiert.


Lektion 2: Sich von den wirklich Mächtigen kaufen zu lassen.

Wie auch immer man das Machtgefüge zwischen Staat, NS-Herrschaft und Kapital im Faschismus sehen mag, uns Adolf war zweifellos ein Meister darin, sich bei den Eliten in Gesellschaft und Wirtschaft einzuschleimen. Hat er sie eingeseift oder haben sie ihn benutzt? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen, das ändert aber nichts am didaktischen Wert von Lektion 2.



Lektion 3: Eine Fehlentscheidung nach der anderen treffen

Vermutlich werden sich auch Zeitgenossen, die zu Anfang mit dem NS-System sympathisierten, irgendwann gefragt haben: "warum tun die das?" Heile Welt mit KdF, Aufmärschen und HJ hätte vielen Spießerseelen wohl gereicht, auf die härteren Sachen hatten nicht alle unbedingt Lust. Man hatte doch jüdische Mitschüler, war vielleicht mit einer Jüdin verheiratet oder der jüdische Arzt war besser als der Arier, der seine Praxis "übernahm" :rolleyes:
Nach dem Krieg sahen viele Deutsche im NS eine gute Idee, die schlecht umgesetzt wurden. Wobei sie übersahen, dass die schlechte Umsetzung den Kern des Systems ausmachte. Fragt sich natürlich, warum aus Fackelzügen Bücherverbrennungen wurden, warum aus Aufbruchstimmung 1933 der Untergang 1945 :rolleyes:


Lektion 4: Den Menschen die Wahrheit zu verschweigen

Die einzige Wahrheit, welche die Nazis der Welt hätten geben können, war die Einsicht, dass die Welt und die Menschen Scheiße sind. Das wäre vielleicht eine heilsame Schocktherapie gewesen, stände aber im Widerspruch zu Lektion 1 - Propaganda - und Lektion 2 - Anbiedern bei den Mächtigen. Der Nazi trat eben nicht in die Fußstapfen der Nihilisten, welche diese Wahrheit aussprachen. Er verschwieg sie und machte auf Biedermann. Es war halt ein "Lehrgang" der ganz harten Sorte, den viele nicht überleben sollten :rolleyes: - denn wir kommen zu


Lektion 5: In der Maske des Biedermannes Verbrechen begehen

Sind Leute, die offen sagen, dass Welt und Menschen Scheiße sind, eine Gefahr, die über zynische Provokationen und die eine oder andere Schlägerei hinaus geht? In einem Aufsatz über den Nihilismus stand, dass der Nihilist alte Werte hinwegfegt und dadurch Platz für neue Werte schafft. Wer als Nihlist im Spiegel ein Monster erblickt ist darüber so entsetzt, dass er diesem Monster keine Freiheiten über "alles ist Scheiße"-Schreien hinaus gönnt.
Die Nazis haben beim Blick in den Spiegel nur Dutzendgesichter gesehen, keine Monster :rolleyes: Alle waren sie brav und bieder, hatten Familie - braucht es den schönen Schein der Wohlanständigkeit, um zum erfolgreichen Massenmörder zu werden :rolleyes:?

Hilfreich dabei ist

Lektion 6: Hetzdiskurse

Bei den Nazis waren Opfer ihrer Hetzdiskurse

- politische Gegner
- Juden
- Behinderte
- Homosexuelle
- Sinti und Roma
- die Slawen (Polen und Russen)

Vermutlich hat keine ihrer Opfergruppen 1933 geahnt, was die Nazis mit ihnen vorhatten. Vielleicht wussten damals nicht einmal alle Nazis, was aus den als minderwertig betrachteten Menschen werden würde - nämlich Aschehäufchen.
Stück für Stück wurden Schikanen, diskriminierende Gesetze, Terrormaßnahmen gesteigert. Gewöhnten sich die Opfer an den Terror, wurde die Schraube wieder angezogen. Begriffen die Opfer, was die Täter vorhatten, war es zu spät.
Analog zur Viktimisierung der Opfer die Brutalisierung der Täter. Vermutlich musste der harte Kern der Nazi-Verbrecher auch deshalb den Vernichtungsdiskurs Stück für Stück steigern, weil sonst in den eigenen Reihen zu viele abgesprungen wären.


Lektion 7: Krieg, Eroberung, Ausrottung

Gerade weil die Pläne zur Errichtung eines Mordreiches schon nach 6 Jahren scheiterten, kommen sie mir sozusagen lehrbuchhaft vor. So als ob die Nazis da andere Imperien nachgeahmt hätten, bei der Nachahmung aber so viele Fehler gemacht haben, dass sie jämmerlich scheiterten. Das ist IMHO das Motiv des gesamten "nachholenden Imperialismus" des Deutschen Reiches seit der Zeit um 1900. Die Deutschen sahen, dass die Welt schon aufgeteilt war, da beschlossen sie, ihre Hegemonie in Europa, v. a. Osteuropa zu errichten. Ist bekanntlich gescheitert, doch das führt zu


Lektion 8: Alles wieder vergessen

Ist natürlich ein "interessanter" Lehrgang, bei dem die Teilnehmer einen Sch... nach dem anderen machen, das Leben von Millionen Menschen zerstören und zum Schluss alles wieder vergessen. Am 8. Mai 1945 gab es in Deutschland keine Nazis mehr und die diesbezügliche Amnesie machte einen Besatzungsoffizier so erbittert, dass er einem ehrlichen Ex-Nazi die Hand gegeben hätte.
Ich selbst habe in meiner Jugend viel über das Dritte Reich gelesen und auch mit Zeitzeugen gesprochen. Aber ich kann mich nicht entsinnen, dass einer derjenigen, die nahe beim Regime waren oder sogar zu ihm gehörten, wirklich ehrlich "ausgepackt" hätte. Zur Kultur des Verbreches gehört auch die Kultur des Verschweigens und die Nazis waren in beidem Meister.

Die Welt nun, wo so viele scheinheilig gackern, wenn mal wieder das Reizwort "Nazi" oder "Drittes Reich" fällt, scheint den Nazis aber für ihr Schweigen nicht gram zu sein. Ein Nazi, der hätte auspacken wollen, wäre von dieser Welt vielleicht schneller nach Walhalla befördert worden als dass er einen Verleger für eine aufrichtige Biografie gefunden hätte. Denn diese Welt funktioniert doch politisch genau so, wie es die Nazis vorgeführt haben

- mit einem Gemisch aus Wahrheit und Lügen die Menschen verdummen
- vor den wirklich Mächtigen kuschen
- so lange Fehlentscheidungen treffen, bis das System zusammenbricht
- den Menschen die Wahrheit verschweigen
- als Biedermann Verbrechen begehen
- Hetzdiskurse führen
- Menschen unterjochen
- hinterher alles vergessen

Haben die Nazis der Welt da den Spiegel vorgehalten und ist die Welt deshalb so böse auf sie :rolleyes: ?


Lektion 9: Die Zukunft.

Die Nazis waren ein Phänomen des frühen 20. Jh mit einer Massenkultur
von Radio und Großaufmärschem. Ihre quasi religiöse Ideologie und
Lügenkultur sind genauso Kind ihrer Zeit wie der Massenmord mit Giftgas.
Die Kreuzzüge waren ein Phänomen des 13 Jh, die Inquisition eines des
17 Jh. Die Frage ist nur was das 21 Jh. bereithält. Die Menschen haben
sich in den letzten Jahrhunderten wohl nicht wesentlich gebessert, wohl
aber die Waffentechnik.

Volyn
02.10.2007, 20:17
Lektion 9: Die Zukunft.

Die Nazis waren ein Phänomen des frühen 20. Jh mit einer Massenkultur
von Radio und Großaufmärschem. Ihre quasi religiöse Ideologie und
Lügenkultur sind genauso Kind ihrer Zeit wie der Massenmord mit Giftgas.
Die Kreuzzüge waren ein Phänomen des 13 Jh, die Inquisition eines des
17 Jh. Die Frage ist nur was das 21 Jh. bereithält. Die Menschen haben
sich in den letzten Jahrhunderten wohl nicht wesentlich gebessert, wohl
aber die Waffentechnik.

Für mich symbolisiert die Userin Ingeborg die friedliche, schöne und gesunde Zeit der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Alles was sie sagt ist sehr zutreffend.

Sie kommentiert das Ende der friedlichen Zeiten und den mutwillig herbeigeführten Übergang in eine Phase der Konflikte und Bürgerkriegsgefahr.

Doch was mir an ihr auffällt, ist, daß sie irgendwie von den anderen Usern hier im Forum regelrecht ignoriert wird.

Sie wird kaum zitiert.

Irgendwie habe ich den Eindruck, als hätte es in den Augen meiner Zeitgenossen die friedlichen und gesunden Phasen der Bundesrepublik Deutschland nie gegeben.

Oder als würde man diese Phasen der Stabilität nicht wirklich wollen.

Sie scheinen den meisten hier wohl nichts zu bedeuten.

Beverly
02.10.2007, 21:26
Für mich symbolisiert die Userin Ingeborg die friedliche, schöne und gesunde Zeit der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Alles was sie sagt ist sehr zutreffend.

Sie kommentiert das Ende der friedlichen Zeiten und den mutwillig herbeigeführten Übergang in eine Phase der Konflikte und Bürgerkriegsgefahr.

Doch was mir an ihr auffällt, ist, daß sie irgendwie von den anderen Usern hier im Forum regelrecht ignoriert wird.

Sie wird kaum zitiert.

Irgendwie habe ich den Eindruck, als hätte es in den Augen meiner Zeitgenossen die friedlichen und gesunden Phasen der Bundesrepublik Deutschland nie gegeben.

Oder als würde man diese Phasen der Stabilität nicht wirklich wollen.

Sie scheinen den meisten hier wohl nichts zu bedeuten.

Um von diesen "ruhigen und friedlichen" Phasen zu profitieren, muss man rechtzeitig auf die Welt gekommen sein und sich im Berufsleben etabliert haben, ehe es da nur noch "Jobs" oder gar nichts mehr gab. Das fiel von Generation zu Generation schwerer und immer mehr blieben dabei auf der Strecke. Was sollen den Aussortieren oder Zu-spät-Geborenen Zeiten bedeuten, von denen sie nicht mehr profitieren, aber für deren Fehler SIE die Zeche zahlen dürfen.
Nicht zu vergessen, dass sich diese Zeiten mit dem Aufkommen von "Monetarismus"/Neoliberalismus selbst erledigt haben. In den 1970ern hat Hoimar von Dithfurt noch das Modell eines Marsraumschiffes gezeigt, in den 1980ern feierten alle plötzlich die Postmoderne :rolleyes:

Beverly
02.10.2007, 21:32
Lektion 9: Die Zukunft.

Die Nazis waren ein Phänomen des frühen 20. Jh mit einer Massenkultur
von Radio und Großaufmärschem. Ihre quasi religiöse Ideologie und
Lügenkultur sind genauso Kind ihrer Zeit wie der Massenmord mit Giftgas.
Die Kreuzzüge waren ein Phänomen des 13 Jh, die Inquisition eines des
17 Jh. Die Frage ist nur was das 21 Jh. bereithält. Die Menschen haben
sich in den letzten Jahrhunderten wohl nicht wesentlich gebessert, wohl
aber die Waffentechnik.

Der logische Endpunkt ist, den Menschen ganz allgemein als Individuen und als Menschheit das Recht auf Leben abzusprechen. Ihren Tod bagatellisieren, gar "billigend in Kauf" nehmen, wenn man anonyme Umstände dafür verantwortlich machen kann. Nicht allen natürlich, denn die Urheber solcher Diskurse wollen ja nicht am eigenen Ast sägen :rolleyes:

Daniel3
03.10.2007, 07:06
Wenn ich besonders finster auf die Welt und die Menschen in ihr blicke, denke ich, dass die Nazis da nur das ausgesprochen und bis zum Exzess praktiziert haben, was doch insgeheim "alle" denken und tun.

Das soll keine Entschuldigung oder auch nur Relativierung der Verbrechen der Nazis sein. Das waren Verbrecher X( ! Doch die Reaktion der Welt auf die Nazis kommt mir immer mehr so vor, als ob sich da die einen Verbrecher scheinheilig über die anderen, ertappten und bloßgestellten Verbrecher echauffieren. Nur nicht mit dem braunen Gelumpe in Zusammenhang gebracht werden. Immer schön auf Distanz zum Österreicher und seinen Spießgesellen gehen, damit die eigenen Leichen im Keller tunlichst in Vergessenheit geraten.

Mir kommen die 12 Jahre Nazi-Barbarei aber manchmal so vor, wie sozusagen eine schnelle und harte und zutiefst böse Demonstration in der Ausübung politischer Macht. Und zwar so, wie sie immer ausgeübt wird, nur halt nicht so exzessiv und im Rückblick quasi demonstrativ wie bei den Nazis.

(....)



Ich habe deinen Beitrag mal gestrafft......gehts nächstes Mal nicht etwas kürzer??

Zum Inhalt:

Schon dein erster Satz ist extrem falsch oder zumindest extrem missverständlich ausgedrückt.

Denn die Nazis haben nicht das getan, was "alle" insgeheim denken....!!!

Denn das wäre in der Tat eine unzulässige moralische Entschuldigung ihrer Verbrechen. Auch wenn das nicht deine Absicht war.

Es entspricht einfach nicht der Wahrheit, dass "alle" so menschenverachtend denken wie die Nazis gehandelt haben.

Wenn du dies wirklich glaubst, lebst du auf einem einsamen Mond in einer anderen Galaxis.

Nur die wenigsten Menschen denken heutzutage so extrem rassistisch wie die Nazis gehandelt haben.

Und auch seinerzeit war es eine Minderheit, die so extrem rassistisch war wie die Nazis.

Die Nazis konnten die Verbreitung ihrer rassistischen Propaganda mehr oder weniger nur durch eine Diktatur "erzwingen".

"Freiwillig" hätten die wenigsten Deutschen - und Menschen allgemein - diesen brutalen Rassismus mitgemacht.

Richtig ist an deinem Beitrag nur der Gedanke, dass alle Völker mehr oder weniger große Verbrechen begangen haben in ihrer Geschichte.....ich denke zB an die Massenmorde in den Gulags der Russen oder an den Indianer-Genozid der Amerikaner.

Richtig ist insofern auch dein Gedanke, dass "viele" Menschen böses in sich tragen oder zu großen Verbrechen fähig sind.

Aber das bedeutet auf gar keinen Fall, dass "alle" Menschen so extrem denken würden. Vor allem nicht nach der Aufklärung im 17./18. Jahrhundert, die den Völkern nochmal ausdrücklich beigebracht hat, dass jeder Mensch gleiche Rechte hat, egal aus welchem Land er stammt.

Volyn
03.10.2007, 08:58
Um von diesen "ruhigen und friedlichen" Phasen zu profitieren, muss man rechtzeitig auf die Welt gekommen sein und sich im Berufsleben etabliert haben, ehe es da nur noch "Jobs" oder gar nichts mehr gab. Das fiel von Generation zu Generation schwerer und immer mehr blieben dabei auf der Strecke. Was sollen den Aussortieren oder Zu-spät-Geborenen Zeiten bedeuten, von denen sie nicht mehr profitieren, aber für deren Fehler SIE die Zeche zahlen dürfen.
Nicht zu vergessen, dass sich diese Zeiten mit dem Aufkommen von "Monetarismus"/Neoliberalismus selbst erledigt haben. In den 1970ern hat Hoimar von Dithfurt noch das Modell eines Marsraumschiffes gezeigt, in den 1980ern feierten alle plötzlich die Postmoderne :rolleyes:



Hm, tja, also so ist das.

Irgendwie sind doch ein paar auf der Strecke geblieben, und darum ist diese Phase dann doch nichts wert.

Ich denke allerdings eher, daß es zu viele gab, die das was wir damals in den Achtzigern waren nicht zu schätzen wußten.

Stattdessen mußten die verfluchten Sozen für ihre scheiß 35 - Stunden - Woche streiken und für sonstigen Piß.

Heute arbeiten die meisten über 40 Stunden die Woche.

Nur im ÖD schiebt man die ruhige Kugel.

Nun ja.

Ich habe das Zeckenvolk vor allem damals nicht verstanden.

Na klar dachte ich, darf es auch geben, wär ja auch sonst zu langweilig.

Aber ich hatte schon immer die Befürchtung, daß den ihr Schuß nach hinten losgehen würde.

Und daß sie nicht ein einziges mal mit dem zufrieden sein konnten, was sie haben und um das sie damals noch mit Recht von anderen beneidet wurden, na das sagt doch schon alles aus über das linke Pack, oder nicht?

Beverly
03.10.2007, 11:59
Ich habe deinen Beitrag mal gestrafft......gehts nächstes Mal nicht etwas kürzer??

Zum Inhalt:

Schon dein erster Satz ist extrem falsch oder zumindest extrem missverständlich ausgedrückt.

Denn die Nazis haben nicht das getan, was "alle" insgeheim denken....!!!

Denn das wäre in der Tat eine unzulässige moralische Entschuldigung ihrer Verbrechen. Auch wenn das nicht deine Absicht war.

Es entspricht einfach nicht der Wahrheit, dass "alle" so menschenverachtend denken wie die Nazis gehandelt haben.

Wenn du dies wirklich glaubst, lebst du auf einem einsamen Mond in einer anderen Galaxis.

Nur die wenigsten Menschen denken heutzutage so extrem rassistisch wie die Nazis gehandelt haben.

Und auch seinerzeit war es eine Minderheit, die so extrem rassistisch war wie die Nazis.

Die Nazis konnten die Verbreitung ihrer rassistischen Propaganda mehr oder weniger nur durch eine Diktatur "erzwingen".

"Freiwillig" hätten die wenigsten Deutschen - und Menschen allgemein - diesen brutalen Rassismus mitgemacht.

Richtig ist an deinem Beitrag nur der Gedanke, dass alle Völker mehr oder weniger große Verbrechen begangen haben in ihrer Geschichte.....ich denke zB an die Massenmorde in den Gulags der Russen oder an den Indianer-Genozid der Amerikaner.

Richtig ist insofern auch dein Gedanke, dass "viele" Menschen böses in sich tragen oder zu großen Verbrechen fähig sind.

Aber das bedeutet auf gar keinen Fall, dass "alle" Menschen so extrem denken würden. Vor allem nicht nach der Aufklärung im 17./18. Jahrhundert, die den Völkern nochmal ausdrücklich beigebracht hat, dass jeder Mensch gleiche Rechte hat, egal aus welchem Land er stammt.

@Daniel,

ich glaube auch nicht, dass alle Menschen so extrem denken und handeln, wie es die Nazis demonstriert haben.
Aber wie kommt es dann, dass sich nur zu oft die durchsetzen, die genau so sind wie die Nazis, es im Gegensatz zu diesen nur besser verbergen?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen eigentlich verblüffend friedlich sind, aber das gesellschaftliche Klima eines Landes, einer Region, einer Stadt oder eines Stadtviertels nur zu oft von der Minderheit bestimmt wird, die nicht friedlich ist?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen wohl eher Pazifisten denn Bellizisten sind und von sich aus nie einen "Krieg" angefangen hätten, der über Beschimpfungen, Schlägereien und Zweikämpfe oder "Panzer rollen lassen und pöbeln an der Grenze" hinausgegangen wäre, wir aber trotzdem immer wieder jahrelange Kriege mit Millionen Toten zu beklagen haben?

Ich denke, die Nazis geben aufgrund ihrer Herrschaftspraxis Antworten auf derartige Fragen. Weil sie ihre Herrschaft und ihre Verbrechen so ... demonstrativ und provokativ ausgeübt haben, sind sie in einschlägigen Kreisen verhasst. Diese Kreise sind wohl nicht weniger unmenschlich als die Nazis, aber wer aus der Schule plaudert ... :rolleyes:

Aldebaran
03.10.2007, 12:27
Stimmt. Das zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte. Aber diese heutigen "Verlierer" (ich schreibe das bewußt in Anführungszeichen!), die sog. Globalisierungsverlierer meine ich, sind doch oft von einer zähen Genügsamkeit (auch wenn sie meckern; und nicht alle meckern!). Schon Fallada hat diesen Typus (eher liebevoll) beschrieben. Viele waren und sind auf ihre Weise doch sehr überlebensstark. Was man von Leuten, die eine zeitlang auf der Gewinnerspur waren und dann abstürzen, nicht immer behaupten kann. Wenn die mal auf Hartz IV kommen, nehmen sie sich das Leben, weil so ein Leben für sie halt schlimmer als der Tod ist. Aber ist das Stärke? Es zeigt doch nur, das sie lediglich auf einem bestimmten Niveau lebensfähig sind. Das ist in meinen Augen eher kläglich; und da zeigt sich, das sie schon Verlierer waren, als sie sich noch als Gewinner fühlten.
Ein anderes Beispiel fällt mir ein: neulich las ich einen Artikel eines polnischen Journalisten. Der jammerte nun wirklich kläglich darüber, das er sein Polen nicht wieder erkennt, nachdem er einige Jahre nicht dort war. Die sog. einstige weltoffene Stimmung sei dahin, alle Fähigen ausgewandert und die Globalisierungsverlierer würden nun die Politik bestimmen. Er meinte die Kaczynski Brüder und ihre nationalpatriotische Politik. Ihm war gar nicht bewußt, das er und seines Gleichen nun die Verlierer waren und die armen Hungerleider sich als Gewinner empfinden könnten, da ja denjenigen, die ihrer Meinung nach dafür verantwortlich sind (also die Globalisierungsgewinner) der garaus gemacht wird. Die jammern aber jetzt lediglich, wie andere Verlierer auch, haben aber noch den Habitus des Gewinners. Die armen Polenverlierer, die ja nun objektiv ihre Leute an der Macht haben, haben aber nicht den Habitus des Gewinners.:D
Schon psychologisch sehr interessant das ;)

Da stellt sich die Frage: Wer ist überhaupt ein Verlierer (der Globalisierung und überhaupt)?

Ist der SED-Rentner mit Zusatzversorgung, dem es besser geht, als es selbst ihm als damals Privilegierten heute ginge, wenn die DDR noch existierte, ein Verlierer? Oftmals ist der Habitus des Verlierers sowieso nur ein Zeichen für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Die wirklichen Verlierer sind still.

Aldebaran
03.10.2007, 12:46
@Daniel,

ich glaube auch nicht, dass alle Menschen so extrem denken und handeln, wie es die Nazis demonstriert haben.
Aber wie kommt es dann, dass sich nur zu oft die durchsetzen, die genau so sind wie die Nazis, es im Gegensatz zu diesen nur besser verbergen?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen eigentlich verblüffend friedlich sind, aber das gesellschaftliche Klima eines Landes, einer Region, einer Stadt oder eines Stadtviertels nur zu oft von der Minderheit bestimmt wird, die nicht friedlich ist?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen wohl eher Pazifisten denn Bellizisten sind und von sich aus nie einen "Krieg" angefangen hätten, der über Beschimpfungen, Schlägereien und Zweikämpfe oder "Panzer rollen lassen und pöbeln an der Grenze" hinausgegangen wäre, wir aber trotzdem immer wieder jahrelange Kriege mit Millionen Toten zu beklagen haben?

Ich denke, die Nazis geben aufgrund ihrer Herrschaftspraxis Antworten auf derartige Fragen. Weil sie ihre Herrschaft und ihre Verbrechen so ... demonstrativ und provokativ ausgeübt haben, sind sie in einschlägigen Kreisen verhasst. Diese Kreise sind wohl nicht weniger unmenschlich als die Nazis, aber wer aus der Schule plaudert ... :rolleyes:

Es mag nicht gerade überzeugt demokratisch klingen, aber de facto zählen die meisten Menschen gar nicht, wenn es darum geht, das gesellschaftliche Klima oder die politische Richtung einer Gesellschaft zu bestimmen.

Die meisten Menschen sind nicht friedlich aus Überzeugung, sondern weil sie sich wenig für die weitere Welt interessieren und 99% ihrer Energie für die Beförderung ihres persönlichen Wohlergehens verwenden. Das heißt nicht, das sie anderen nichts gönnen würden, ja sie spenden manchmal sogar und wollen für die Welt nur das Beste. Ich will diese Haltung nicht einmal für moralisch verwerflich erklären - zumal ich ohnehin für Moral nicht zuständig bin.

Sie haben aber nicht wirklich eine Überzeugung, sind nicht wirklich bereit, dafür Abstriche an ihrem persönlichen Wohlergehen zu machen und schon gar nicht bereit, politisch zu handeln.

Deswegen hat es m.E. überhaupt keinen Sinn, auf vermeintlich oder sogar tatsächlich friedliebende Mehrheiten zu verweisen, sei es im Deutschland der Jahre 1933-45 oder bei den Moslems heute. Für mich zählt die Position und Marschrichtung derer, die politisch etwas wollen und bereit sind, etwas dafür zu tun. Wer dazu gehört und wer nicht, zeigt sich letztendlich aber nur in Krisenzeiten.

Bärwolf
03.10.2007, 14:16
Da stellt sich die Frage: Wer ist überhaupt ein Verlierer (der Globalisierung und überhaupt)?

Ist der SED-Rentner mit Zusatzversorgung, dem es besser geht, als es selbst ihm als damals Privilegierten heute ginge, wenn die DDR noch existierte, ein Verlierer? Oftmals ist der Habitus des Verlierers sowieso nur ein Zeichen für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Die wirklichen Verlierer sind still.

Ja, scheint mir auch so. Das Beispiel DDR-Rentner finde ich gut. Viele, sehr viele!, gehören doch ganz klar zu den Gewinnern. Zu DDR-Zeiten hätte ihnen Alteraarmut gedroht. Aber jetzt haben sie mehr Kohle als die meisten West-Rentner (mal abgesehen von den wenigen absoluten Spitenverdienstrentnern im Westen). Ich kenne dutzende von Beispielen, u. a. aus der Verwandtschaft, die drei bis vier mal (manchmal öfter) sich große Reisen in die Welt leisten und trotzdem noch Geld haben für so manches andere Schöne im Leben. Es sei ihnen gegönnt. Was ich aber so richtig beschissen finde, wenn ein Teil von denen noch SED-PDS wählt und meint, zu DDR-Zeiten sei alles besser und menschlicher gewesen. Dafür würde ich sie in so einem Momment gerne auf Sozialhilfe setzen, wenn ich die Macht hätte, für den Rest ihres daseins. Ich bringe sie dann aber nur auf die Palme und sage ihnen, das sie ihre Renten eigentlich unrechtmäßig beziehen, da sie nie in den Westrententopf eingezahlt hätten und damit die Westrentner beschissen wurden. Meist kommt dann die klägliche Gegenfrage, woher den ihre Renten kommen sollten, da ja alles zusammengebrochen war, in der DDR? Ich sage dann: allein aus dem ehemaligen Treuhandvermögen, hätte es kommen dürfen, also dem was Kohl und Co., dank der Wiederwahl durch die ehemaligen DDR-Bürger, so schön verprasst haben. Und man hätte von vornherrein die Rententöpfe trennen müsssen, in Ost und West. Das wäre einzig gerecht gewesen, jedenfalls für dreißig Jahre des Übergangs.
damit ich nicht falsch verstanden werde, ich bin ansonsten sehr für die Ossis:] , aber in dieser Frage sind die Westler beschissen worden!

Beverly
03.10.2007, 14:54
Es mag nicht gerade überzeugt demokratisch klingen, aber de facto zählen die meisten Menschen gar nicht, wenn es darum geht, das gesellschaftliche Klima oder die politische Richtung einer Gesellschaft zu bestimmen.

Die meisten Menschen sind nicht friedlich aus Überzeugung, sondern weil sie sich wenig für die weitere Welt interessieren und 99% ihrer Energie für die Beförderung ihres persönlichen Wohlergehens verwenden. Das heißt nicht, das sie anderen nichts gönnen würden, ja sie spenden manchmal sogar und wollen für die Welt nur das Beste. Ich will diese Haltung nicht einmal für moralisch verwerflich erklären - zumal ich ohnehin für Moral nicht zuständig bin.

Sie haben aber nicht wirklich eine Überzeugung, sind nicht wirklich bereit, dafür Abstriche an ihrem persönlichen Wohlergehen zu machen und schon gar nicht bereit, politisch zu handeln.

Deswegen hat es m.E. überhaupt keinen Sinn, auf vermeintlich oder sogar tatsächlich friedliebende Mehrheiten zu verweisen, sei es im Deutschland der Jahre 1933-45 oder bei den Moslems heute. Für mich zählt die Position und Marschrichtung derer, die politisch etwas wollen und bereit sind, etwas dafür zu tun. Wer dazu gehört und wer nicht, zeigt sich letztendlich aber nur in Krisenzeiten.

Um das mal auf die Spitze zu treiben und ich haben den Nazi-Stang nicht eröffnet, um hier mal wieder Halbheiten belabern zu lassen oder mir gar Lügen erzählen zu lassen:

Auf dem Planeten Erde zählen nur die diversen Eliten und ihr Anhang, der gewöhnlichen Angehörige der Spezies homo sapiens ist völlig rechtlos und nur "Menschenmaterial". Das darf man natürlich nicht so erzählen, dann wird die Mehrheit vielleicht irgendwann sauer, weil sie nicht zu Unrecht ihre Existenz in den Machtspielchen der Eliten bedroht sieht.
Deshalb arbeiten die Eliten mit einer Mischung aus scheinheiligen "Werten", die nur ihre eigene Amoralität ggfs. Bestialität verschleiern sollen und Psychoterror, der ihre Opfer in die Apathie und Resignation, gar Verzweifung und Selbstmord treibt.
Das Wertegedöns ist dazu gut, die Menschen im positiven Sinne für absolut sinnlose Aktionen zu motivieren - "Sterben für Führer und Vaterland", "der Aufschwung".
Der Psychoterror oder auch pessimistische Diskurse sind dazu gut, den Widerstand derjenigen zu brechen, die auf die Werte-Lügen nicht mehr hereinfallen.
Je nach Laune erzählen die herrschenden Großverbrecher ihrem Menschenvieh dann, sie seien die größten Helden und Heroen oder sie seien nichtswürdige Dummbatzen. Die Nazis haben den Deutschen beides zugleich erzählt - "arische Herrenrasse" und "du bist nichts, dein Volk ist alles".

Adolf ist tot, aber er hatte nicht nur Vorgänger, sondern auch zahlreiche Jünger und Nachfolger. Irgendwie schäbig dass sich da außer einigen Außenseitern keiner zu seinem Lehrmeister bekennen mag. Aber Schäbigkeit gehört ebenso dazu ;) wie das empörte Gegacker bei Nazi-Vergleichen. So nach dem Motto: "Handle wie ein Nazi, aber lass dich nicht dabei erwischen und leugne stets, ein Nazi zu sein."

Volyn
03.10.2007, 19:21
@Daniel,

ich glaube auch nicht, dass alle Menschen so extrem denken und handeln, wie es die Nazis demonstriert haben.
Aber wie kommt es dann, dass sich nur zu oft die durchsetzen, die genau so sind wie die Nazis, es im Gegensatz zu diesen nur besser verbergen?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen eigentlich verblüffend friedlich sind, aber das gesellschaftliche Klima eines Landes, einer Region, einer Stadt oder eines Stadtviertels nur zu oft von der Minderheit bestimmt wird, die nicht friedlich ist?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen wohl eher Pazifisten denn Bellizisten sind und von sich aus nie einen "Krieg" angefangen hätten, der über Beschimpfungen, Schlägereien und Zweikämpfe oder "Panzer rollen lassen und pöbeln an der Grenze" hinausgegangen wäre, wir aber trotzdem immer wieder jahrelange Kriege mit Millionen Toten zu beklagen haben?

Ich denke, die Nazis geben aufgrund ihrer Herrschaftspraxis Antworten auf derartige Fragen. Weil sie ihre Herrschaft und ihre Verbrechen so ... demonstrativ und provokativ ausgeübt haben, sind sie in einschlägigen Kreisen verhasst. Diese Kreise sind wohl nicht weniger unmenschlich als die Nazis, aber wer aus der Schule plaudert ... :rolleyes:




Gemach, Beverly, gemach.

Immer dran denken: Nicht alle sind so!

Und: Es gibt auch andere!

Die überwiegende Mehrheit ist friiiiieeeeedlich!

Daniel3
04.10.2007, 06:57
@Daniel,

ich glaube auch nicht, dass alle Menschen so extrem denken und handeln, wie es die Nazis demonstriert haben.
Aber wie kommt es dann, dass sich nur zu oft die durchsetzen, die genau so sind wie die Nazis, es im Gegensatz zu diesen nur besser verbergen?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen eigentlich verblüffend friedlich sind, aber das gesellschaftliche Klima eines Landes, einer Region, einer Stadt oder eines Stadtviertels nur zu oft von der Minderheit bestimmt wird, die nicht friedlich ist?

Wie kommt es, dass die meisten Menschen wohl eher Pazifisten denn Bellizisten sind und von sich aus nie einen "Krieg" angefangen hätten, der über Beschimpfungen, Schlägereien und Zweikämpfe oder "Panzer rollen lassen und pöbeln an der Grenze" hinausgegangen wäre, wir aber trotzdem immer wieder jahrelange Kriege mit Millionen Toten zu beklagen haben?

Ich denke, die Nazis geben aufgrund ihrer Herrschaftspraxis Antworten auf derartige Fragen. Weil sie ihre Herrschaft und ihre Verbrechen so ... demonstrativ und provokativ ausgeübt haben, sind sie in einschlägigen Kreisen verhasst. Diese Kreise sind wohl nicht weniger unmenschlich als die Nazis, aber wer aus der Schule plaudert ... :rolleyes:

Dein letzter Satz gefällt mir wieder gar nicht.

Du relativierst damit wieder die Nazis, obwohl du gleichzeitig immer dazu sagst, dass du nicht relativieren willst.

Kannst du dich mal entscheiden??

Du behauptest, die Kreise, die die Nazis hassen, sind wohl nicht weniger unmenschlich als Nazis.

Wie kommst du auf solche Aussagen???

Du redest sehr abstrakt (unkonkret), was wahrscheinlich der Grund ist, wieso du auf so verallgemeinernde Aussagen kommst.

Der "Stalinismus" war sicher ähnlich menschenverachtend wie der Nationalsozialismus, aber daraus kannst du nicht den Schluss ziehen, dass all diejenigen, die die Nazis hassen, ebenso "unmenschlich" wären.

Ich zB "hasse" Nazis, habe aber nichts mit Stalinismus oder unmenschlichen Gesinnungen zu tun. Ich hasse Nazis aber nicht unebdingt an sich, sondern deren gefährliche unmenschliche Einstellung. Es kommt darauf an, wie überzeugt derjenige Nazi ist.

Ich glaube, dass man auch Nazis vom Gegenteil überzeugen kann......nicht umsonst gibt es einige Nazi-Aussteiger in der Szene!

Einige rutschen in die Nazi-Szene ab, weil sie kein anderes Umfeld kennengelernt haben in ihrem Leben oder weil sie verzweifelt sind.

Was ist dir eigentlich nicht klar??

Worauf zielen deine Fragen?

Willst du wissen, wieso die Nazis sich durchgesetzt haben zwischen 1933-45?

Das steht in jedem Geschichtsbuch, wie es dazu kommen konnte.

Meine Kurzform:

Die Nazis haben sich langsam über mehrere Jahre - spätestens ab 1920 - aufgebaut und sie haben die instabilen wirtschaftlichen Zeiten (Weltwirtschafts-Krise) und "Versailler Fesseln" damals ausgenutzt für eine einfache nationalistische Sündenbock-Propaganda, die bei einem Teil des Volkes Beifall finden konnte.

(Nationalismus war damals im Volk verständlicherweise noch höher bewertet als heute)

Zeitgleich haben die Nazis gewalttätige Abteilungen (SS, SA) eingerichtet, die alle Oppositionelle und Andersdenkende eingeschüchtert und verfolgt hat. Die Pressefreiheit und Meinungsfreiheit wurde kontinuierlich eingeschränkt.

So läuft das in vielen Diktaturen ab, dass eine gewalttätige Minderheit die Mehrheit einschüchtert und belügt, um sie zu beherrschen.

Die Nazis haben ja zu keinen Zeiten mehr als 40 % bei den legalen Wahlergebnissen gehabt. Nur durch gewaltsame Aktionen (zB Reichtagsbrand, Verfhaftung Oppositioneller) mit gleichzeitiger Dauer-Propaganda und den richtigen Umständen (Wirtschaftskrise) konnten die Nazis an die Macht kommen.

Sogar mit diesen Gewaltaktionen und später mit illegalen Wahlen ( KPD und SPD Anhänger wurden verhaftet und später verboten) haben die Nazis auf der Spitze ihrer Wahlergebnisse nur 43,9 % bekommen.

Somit war eine beachtliche Merheit der Deutschen "immer" gegen die Nazis gewesen, bevor es zur NS-Diktatur kam.
Und das trotz aller Einschüchterung, Gewalt und Propaganda und trotz getürkter Wahlergebnisse.

Hans von Dach
04.10.2007, 07:02
Doch die Reaktion der Welt auf die Nazis kommt mir immer mehr so vor, als ob sich da die einen Verbrecher scheinheilig über die anderen, ertappten und bloßgestellten Verbrecher echauffieren. Nur nicht mit dem braunen Gelumpe in Zusammenhang gebracht werden. Immer schön auf Distanz zum Österreicher und seinen Spießgesellen gehen, damit die eigenen Leichen im Keller tunlichst in Vergessenheit geraten.
Wahrscheinlich das einzig Wahre an Deinem Beitrag.

SteveFrontera
04.10.2007, 14:09
Warum wohl wird von allen Beteiligten gerade das Wenige, in dem der Nationalsozialismus seinesgleichen nicht findet, nämlich eine spezifische Methodik der Extermininierung, geradezu mythengleich immer und immer wieder (den Propagandarichtlinien Hitlers zur Propaganda folgend...:rolleyes: ) zum wesentlichsten Zug dieses Regimes erklärt, und jeder, der das auch nur annähernd in Frage stellt, als diesem Regime zugehörig gebrandmarkt?

Weil es für alle ungemein praktisch ist, wenn einer der Arsch ist, auf den man zeigen kann, wenn die eigenen Sauereien ins Licht gerissen zu werden drohen.
Laut der Church of Satan müssen die christlichen Kirchen doch eigentlich dankbarfür die Figur des Teufels sein - was sollte ihnen sonst qua Furcht so viele Anhänger zutreiben?
Es hat mehr als nur ein wenig den Anschein, dass das Verhältnis der etablierten Mächte zum Nationalsozialismus ein ähnliches ist.


Bekanntlich ist Geschichte die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.


Die Nazis sind Geschichte. Ihre Verbrechen kennen die meisten.
Weniger wichtig ist es, in Details herum zu bohren. Viel wichtiger ist es, aus der Geschichte zu lernen. Die meisten jungen Deutschen haben aus der Geschichte gelernt.

Beverly
04.10.2007, 14:39
Die Nazis sind Geschichte. Ihre Verbrechen kennen die meisten.
Weniger wichtig ist es, in Details herum zu bohren. Viel wichtiger ist es, aus der Geschichte zu lernen. Die meisten jungen Deutschen haben aus der Geschichte gelernt.

Hätten die Völker und ihre Führer wirklich "aus der Geschichte gelernt", wäre sie nach 1945 entschieden anders verlaufen. Das, was wirklich passierte, hat ein Pakistani mal so beschrieben: "Das, was da in Europa passierte, wurde danach in der Dritten Welt gemacht."

Sauerländer
06.10.2007, 17:42
Die Nazis sind Geschichte. Ihre Verbrechen kennen die meisten.
Weniger wichtig ist es, in Details herum zu bohren. Viel wichtiger ist es, aus der Geschichte zu lernen. Die meisten jungen Deutschen haben aus der Geschichte gelernt.
Ja, die meisten jungen Deutschen haben in der Tat ihre Lektion gelernt. Sie wählen ihren Bezug entweder kosmopolitisch-europäisch, oder interessieren sich für nichts als ihre Individualexistenz, in der sie dann natürlich auch nicht mehr mit der nervtötenden "Verantwortung vor der Geschichte" zu packen sind. (Das ist dann die Stelle, an der der ZdJ interveniert und mehr Patriotismus fordert...:rolleyes: )

Aus der Geschichte des Dritten Reichs hätte es EINIGES zu lernen gegeben. Aber das war ja gar nicht erwünscht. "Lernen" impliziert Auseinandersetzung mit dem Thema. Das dauert, und dabei kommt womöglich was anders als das Gewünschte raus. Die Siegermächte jedoch wünschten brauchbare Satellitenbürger. Da konnte man ein Lernen aus dem Nationalsozialismus, das potentiell NICHT in den Kommunismus oder den westlich Liberaldemokratismus geführt hätte, nicht dulden.

Liegnitz
06.10.2007, 17:49
Die Userin Beverly sollte lebenslang gesperrt werden.´

Grund:

Nazivergleich!

Ja und ihre Rivalin Kugelfisch gleich mit.:D

Bärwolf
06.10.2007, 18:59
Ja, die meisten jungen Deutschen haben in der Tat ihre Lektion gelernt. Sie wählen ihren Bezug entweder kosmopolitisch-europäisch, oder interessieren sich für nichts als ihre Individualexistenz, in der sie dann natürlich auch nicht mehr mit der nervtötenden "Verantwortung vor der Geschichte" zu packen sind. (Das ist dann die Stelle, an der der ZdJ interveniert und mehr Patriotismus fordert...:rolleyes: )

Aus der Geschichte des Dritten Reichs hätte es EINIGES zu lernen gegeben. Aber das war ja gar nicht erwünscht. "Lernen" impliziert Auseinandersetzung mit dem Thema. Das dauert, und dabei kommt womöglich was anders als das Gewünschte raus. Die Siegermächte jedoch wünschten brauchbare Satellitenbürger. Da konnte man ein Lernen aus dem Nationalsozialismus, das potentiell NICHT in den Kommunismus oder den westlich Liberaldemokratismus geführt hätte, nicht dulden.

E. Niekisch hat mal von der deutschen Daseinsverfehlung gesprochen. Nach 1968 hat das nochmal eine ganz besondere Bedeutung erlangt!

Warschau
06.10.2007, 19:15
Ja und ihre Rivalin Kugelfisch gleich mit.:D

…warum bist DU noch in diesem Forum?

leuchtender Phönix
06.10.2007, 19:23
Hätten die Völker und ihre Führer wirklich "aus der Geschichte gelernt", wäre sie nach 1945 entschieden anders verlaufen. Das, was wirklich passierte, hat ein Pakistani mal so beschrieben: "Das, was da in Europa passierte, wurde danach in der Dritten Welt gemacht."

Was meinte der denn?

Weltkrieg, Völkermord, Führerkult, Judenmorde oder etwas ganz anderes?

Aldebaran
06.10.2007, 22:47
Ja, scheint mir auch so. Das Beispiel DDR-Rentner finde ich gut. Viele, sehr viele!, gehören doch ganz klar zu den Gewinnern. Zu DDR-Zeiten hätte ihnen Alteraarmut gedroht. Aber jetzt haben sie mehr Kohle als die meisten West-Rentner (mal abgesehen von den wenigen absoluten Spitenverdienstrentnern im Westen). Ich kenne dutzende von Beispielen, u. a. aus der Verwandtschaft, die drei bis vier mal (manchmal öfter) sich große Reisen in die Welt leisten und trotzdem noch Geld haben für so manches andere Schöne im Leben. Es sei ihnen gegönnt. Was ich aber so richtig beschissen finde, wenn ein Teil von denen noch SED-PDS wählt und meint, zu DDR-Zeiten sei alles besser und menschlicher gewesen. Dafür würde ich sie in so einem Momment gerne auf Sozialhilfe setzen, wenn ich die Macht hätte, für den Rest ihres daseins. Ich bringe sie dann aber nur auf die Palme und sage ihnen, das sie ihre Renten eigentlich unrechtmäßig beziehen, da sie nie in den Westrententopf eingezahlt hätten und damit die Westrentner beschissen wurden. Meist kommt dann die klägliche Gegenfrage, woher den ihre Renten kommen sollten, da ja alles zusammengebrochen war, in der DDR? Ich sage dann: allein aus dem ehemaligen Treuhandvermögen, hätte es kommen dürfen, also dem was Kohl und Co., dank der Wiederwahl durch die ehemaligen DDR-Bürger, so schön verprasst haben. Und man hätte von vornherrein die Rententöpfe trennen müsssen, in Ost und West. Das wäre einzig gerecht gewesen, jedenfalls für dreißig Jahre des Übergangs.
damit ich nicht falsch verstanden werde, ich bin ansonsten sehr für die Ossis:] , aber in dieser Frage sind die Westler beschissen worden!

Diese Leute gehören zu den schlimmsten Spaltern in diesem Land. Auf der einen Seite schüren sie die Negativstimmung im Osten. auf der anderen Seite die Abneigung gegen den Osten im Westen - und dann wählen sie noch SED/PDS.

Ich wünsche ihnen die Lebenserwartung, die in der DDR 1989 üblich war.

Aldebaran
06.10.2007, 23:02
Um das mal auf die Spitze zu treiben und ich haben den Nazi-Stang nicht eröffnet, um hier mal wieder Halbheiten belabern zu lassen oder mir gar Lügen erzählen zu lassen:

Auf dem Planeten Erde zählen nur die diversen Eliten und ihr Anhang, der gewöhnlichen Angehörige der Spezies homo sapiens ist völlig rechtlos und nur "Menschenmaterial". Das darf man natürlich nicht so erzählen, dann wird die Mehrheit vielleicht irgendwann sauer, weil sie nicht zu Unrecht ihre Existenz in den Machtspielchen der Eliten bedroht sieht.
Deshalb arbeiten die Eliten mit einer Mischung aus scheinheiligen "Werten", die nur ihre eigene Amoralität ggfs. Bestialität verschleiern sollen und Psychoterror, der ihre Opfer in die Apathie und Resignation, gar Verzweifung und Selbstmord treibt.
Das Wertegedöns ist dazu gut, die Menschen im positiven Sinne für absolut sinnlose Aktionen zu motivieren - "Sterben für Führer und Vaterland", "der Aufschwung".
Der Psychoterror oder auch pessimistische Diskurse sind dazu gut, den Widerstand derjenigen zu brechen, die auf die Werte-Lügen nicht mehr hereinfallen.
Je nach Laune erzählen die herrschenden Großverbrecher ihrem Menschenvieh dann, sie seien die größten Helden und Heroen oder sie seien nichtswürdige Dummbatzen. Die Nazis haben den Deutschen beides zugleich erzählt - "arische Herrenrasse" und "du bist nichts, dein Volk ist alles".

Adolf ist tot, aber er hatte nicht nur Vorgänger, sondern auch zahlreiche Jünger und Nachfolger. Irgendwie schäbig dass sich da außer einigen Außenseitern keiner zu seinem Lehrmeister bekennen mag. Aber Schäbigkeit gehört ebenso dazu ;) wie das empörte Gegacker bei Nazi-Vergleichen. So nach dem Motto: "Handle wie ein Nazi, aber lass dich nicht dabei erwischen und leugne stets, ein Nazi zu sein."

Mit denen, die bereit sind zu handeln, meine ich übrigens nicht die "Eliten". Die sind meistens nicht einmal bereit, ihre eigenen Privilegien zu verteidigen, wenn sie mal gerade keinen finden, den sie dafür bezahlen können. Sie packen dann meistens ganz schnell die Koffer.

Die Kunst einer Elite ist es, die politisch Handlungsbereiten teils durch Ideologie an sich zu binden, teils zu kaufen. Gelingt ihr das nicht, weil sie gar zu gierig ist und nicht teilen will oder einfach unfähig und den ganzen Karren in den Dreck gefahren hat, bekommt sie ein Problem mit diesen Leuten.

Aber ist das überhaupt vermeidbar? Ein Oben und Unten in der Gesellschaft gibt es wahrscheinlich mindestens seit der Einführung des Ackerbaus. Kaum vermeidbar ist auch, dass die Position in der Gesellschaft nicht gerade perfekt mit den Fähigkeiten der Menschen korreliert, da es immer so etwas wie soziale Vererbung gibt.

Aber im langfristigen Vergleich schneidet das Heute nicht so schlecht ab. Was auch immer Dich so zornig macht: Du brauchst nicht zu hungern, kannst offenbar frei kommunizieren und Deine spezielle Neigung ausleben. Die Verhältnisse waren schon einmal schlechter, und damit meine ich nicht nur den NS.

Bärwolf
06.10.2007, 23:28
Diese Leute gehören zu den schlimmsten Spaltern in diesem Land. Auf der einen Seite schüren sie die Negativstimmung im Osten. auf der anderen Seite die Abneigung gegen den Osten im Westen - und dann wählen sie noch SED/PDS.

Ich wünsche ihnen die Lebenserwartung, die in der DDR 1989 üblich war.

Leider werden viele von denen sehr alt, dank der guten Westnahrung.:puke:

listener
07.10.2007, 00:01
Ja, die Stigmatisierung einzelner Gruppen hat System, schon lange vor Hitler und nicht nur in Deutschland. Es ist das Ablenken von eignen Schwierigkeiten oder der Glaube an die eigene kulturelle Größe, es ist das Leben in Illusionen.

Den vermeintlichen Gegner entmenschlichen im Denken, ihn als 'unwertes Leben' bezeichnen um dann jede Grausamkeit rechtfertigen zu können im eigenen Verlust jeder Empathie und Menschlichkeit. Im Namen Deutschlands wurde schon vor Hitler ein Genozid verübt.
Nazi-Deutschland hat uns in gewisser Weise die Macht des Schweigens vorgelebt. Irgendwann fängt sowas an, es kommt nicht von heute auf morgen. Und irgendwann ist es dann zu spät, ohne den Märtyrertod zu sterben, sozusagen.
Und selbst ohne Multikulti gibt es keinen Frieden in einer Nation, solange das Denken vorherrscht, daß irgendeine Gruppe der anderen kulturell/intellektuell oder was auch immer überlegen sei. Es gab die Hexenverfolgungen etc.
Es ist die Gier nach Macht, die Menschen unmenschlich werden läßt, und nicht der Nachbar, der eben nicht immer so aussieht wie das vermeintlich vertraute und ungefährliche

Beverly
07.10.2007, 11:27
E. Niekisch hat mal von der deutschen Daseinsverfehlung gesprochen. Nach 1968 hat das nochmal eine ganz besondere Bedeutung erlangt!

Ein Gegenstück zu "68" hätte es auch gegeben, wenn Deutschland 1945 nicht zerstört und in zwei Satellitenstaaten aufgeteilt worden wäre. Die nach 1933 von den Nazis durchgedrückten und unter Adenauer ff. beibehaltenen Vorstellen von Leben, Familie und Sexualität waren schlicht und einfach zu weltfremd, um auf Dauer Bestand zu haben. Auch nicht "natürlich", sondern das Produkt historischer Entwicklungen, die von anderen historischen Entwicklungen revidiert werden.

Was ihr Konservativen bei "68" immer verwechselt, ist das notwendige "Ding an sich" und seine Rahmenbedingungen in der BRD, die es IMHO an den Rand des Scheiterns gebracht haben. Dieses System ist so sehr auf Falschheit, Käuflichkeit, Intrige und Lügerei aufgebaut und so "flexibel" dabei, alle Versuche zu seiner Lebbar-Machung ins Leere laufen zu lassen, dass es mit den Flower-Power-Methoden der 68er kaum reformierbar ist. Dass es Leuten, die es wie die RAF mit Kugel und Sprengstoff "verbessern" wollen, gnadenlos bekämpft, liegt noch in der jedem System innewohnenden Natur. Doch das BRD-System bekämpft auch Leute, die im naiven Glauben an seine Reformierbarkeit handeln und sich mit ihm in Einklang wähnen.

Beverly
07.10.2007, 11:35
Was meinte der denn?

Weltkrieg, Völkermord, Führerkult, Judenmorde oder etwas ganz anderes?

Muss ich wirklich all die Massaker herbeten, die sich abgespielt haben, kaum dass die Asche in den Krematorien kalt war und sich der Staub über der Reichskanzlei gelegt hat? Schon mal was vom "Korea-Krieg" gehört? Vom Algerien-Krieg?

Sauerländer
07.10.2007, 11:35
Ein Gegenstück zu "68" hätte es auch gegeben, wenn Deutschland 1945 nicht zerstört und in zwei Satellitenstaaten aufgeteilt worden wäre.
Das ist nicht unwahrscheinlich. Allerdings hätte ein solches 68 eine andere Form angenommen, und hätte sich -obgleich einem ähnlichen Grundimpuls folgend- auch andere Inhalte gegeben. So kann ich mir unter der Prämisse eines noch bestehenden, vielleicht abgemilderten Nationalsozialismus (oder auch nur einer konservativen Militärdiktatur, vielleicht hatte Stauffenberg ja Erfolg, und man hat den Krieg noch irgendwie gewendet...:rolleyes: ) schwerlich offen ausgetragene Kampagnen a la "Mein Bauch gehört mir" vorstellen.

Was mich dann ausnahmsweise mal nicht gegen den Nationalsozialismus einnimmt.


Ich nehme eher an, dass sich ein solches 68 wesentlich konzentriert hätte auf eine Rücketablierung der Möglichkeit politischer Partizipation, eine Aufweichung der Allgegenwart der NSDAP. Die möglicherweise geschehen wäre - aber sehr, sehr langsam.

Beverly
07.10.2007, 12:05
Ja, die meisten jungen Deutschen haben in der Tat ihre Lektion gelernt. Sie wählen ihren Bezug entweder kosmopolitisch-europäisch,(...)

IMHO steckt psychologisch dahinter die Sehnsucht nach einer Größe, die nicht mit Verbrechen und Machtpolitik besudelt ist. Oder auch die Sehnsucht nach Verbundenheit anstelle Abgrenzung.

Wobei die Welt nach 1945 diese Sehnsüchte nicht auf Dauer stillen konnte, die Globalisierung mit ihrem Konkurrenz- und Überlebenkampf auf weltwirtschaftlicher Ebene ihnen sogar diametral entgegensteht.


oder interessieren sich für nichts als ihre Individualexistenz, in der sie dann natürlich auch nicht mehr mit der nervtötenden "Verantwortung vor der Geschichte" zu packen sind. (Das ist dann die Stelle, an der der ZdJ interveniert und mehr Patriotismus fordert...:rolleyes: )

Wenn dem so ist, hat dann der ZdJ nicht nur auf die gängige deutsche Herrschaftspraxis Bezug genommen? Die einfachen Menschen haben stets die Suppe auszulöffeln, die ihnen ihre strunzdummen Herren eingebrockt haben. Und auf politikforum.de hat eine Teilnehmerin darauf hingewiesen, dass der Holocaust diesbezüglich eine säkularisierte Form des christlichen Konzeptes der Erbsünde ist. So nach dem Prinzip, dass der Mensch schon als Baby schuldig geboren wird und sich sein ganzen Leben damit abstrampeln muss, der Herrschaft - wen denn sonst? - seine Unschuld zu beweisen.


Aus der Geschichte des Dritten Reichs hätte es EINIGES zu lernen gegeben. Aber das war ja gar nicht erwünscht. "Lernen" impliziert Auseinandersetzung mit dem Thema. Das dauert, und dabei kommt womöglich was anders als das Gewünschte raus. Die Siegermächte jedoch wünschten brauchbare Satellitenbürger. Da konnte man ein Lernen aus dem Nationalsozialismus, das potentiell NICHT in den Kommunismus oder den westlich Liberaldemokratismus geführt hätte, nicht dulden.

Wenn ich mir das Deutschland der Damen und Herren Merkel, Schröder, Hartz und co. so ansehe, dass bestenfalls neoliberal, kaum noch demokratisch und zu 0 Prozent kommusitisch ist, würde ich es so formulieren:

Größenwahn, Militarismus und Bellizismus, Selbstüberschätzung und Überheblichkeit gepaart mit gnadenlosem Obrigkeitsstaat und schrankenloser Menschenverachtung sind dann eine schlimme Sache, wenn man da auf eigene Rechnung agiert. Die Staatsideologie ist vor allem dann ein von Kleingeistern zum Zwecke der Volksverdummung ersonnenes abstruses Gemisch aus Sinn und Unsinn, wenn sie auf dem eigenen Mist gewachsen ist.

All diese Unarten werden zu leuchtenden, geradezu demokratischen Tugenden, wenn man als Teil der einschlägigen Wertegemeinschaft agiert und sich seit den Tagen des Milton Friedman - Monetarismus - Diskurse aufschwatzen lässt, die mir geradezu zum Zwecke der Zerstörung ersonnen scheinen.

Beverly
07.10.2007, 12:09
Das ist nicht unwahrscheinlich. Allerdings hätte ein solches 68 eine andere Form angenommen, und hätte sich -obgleich einem ähnlichen Grundimpuls folgend- auch andere Inhalte gegeben. So kann ich mir unter der Prämisse eines noch bestehenden, vielleicht abgemilderten Nationalsozialismus (oder auch nur einer konservativen Militärdiktatur, vielleicht hatte Stauffenberg ja Erfolg, und man hat den Krieg noch irgendwie gewendet...:rolleyes: ) schwerlich offen ausgetragene Kampagnen a la "Mein Bauch gehört mir" vorstellen.

Die Kontroverse um ungewollte Schwangerschaften und die Abtreibung resp. den Beginn eigenständigen menschlichen Lebens gab es schon in der Weimarer Republik und sie wäre so oder so wieder hochgekommen. So endenten unmittelbar nach 1945 viele Schwangerschaften in Deutschland mit Abreibung, einfach weil die Mütter nicht wussten, wie sie den Nachwuchs ernähren sollten.


Ich nehme eher an, dass sich ein solches 68 wesentlich konzentriert hätte auf eine Rücketablierung der Möglichkeit politischer Partizipation, eine Aufweichung der Allgegenwart der NSDAP. Die möglicherweise geschehen wäre - aber sehr, sehr langsam.

Das wären Parallelen zu Spanien nach 1945, wo es ja unter Franco die "konservative Diktatur" gab. Nach seinem Tod waren die meisten Spanier wohl froh, ihn und sein System loszusein. Endlich Demokratie! Endlich Freiheit! Endlich Emanzipation! Nur zu verständlich - doch sie bekamen spätestens in den 1980er Jahren mit der PSOE und Felipe Gonzales den Neoliberalismus :rolleyes:
Ein "Modell", das landesweit bis zu 20 Prozent Arbeitslosigkeit generierte, in Andalusien sogar bis zu 50 Prozent. Freiheit und Emanzipation hatten sich für viele Jugendliche erledigt, weil sie mangels Job gar nicht die materiellen Möglichkeiten dafür hatten. Letztens habe ich gehört, dass sie ein Gegenstück zu Hartz IV haben, wo die Menschen noch viel mehr terrorisiert werden als hier. Es gibt Räumungen von Arbeitslosen, welch die Miete nicht zahlen können und hohe Obdachlosigkeit.

Da fragt man sich, wofür sich Falangisten und Republikaner 1936 bis 39 eigentlich bis aufs Messer bekämpft haben. Die Geschichte hat beide betrogen, Spanien ist weder eigenständig noch frei :rolleyes:

Bärwolf
07.10.2007, 12:11
Das ist nicht unwahrscheinlich. Allerdings hätte ein solches 68 eine andere Form angenommen, und hätte sich -obgleich einem ähnlichen Grundimpuls folgend- auch andere Inhalte gegeben. So kann ich mir unter der Prämisse eines noch bestehenden, vielleicht abgemilderten Nationalsozialismus (oder auch nur einer konservativen Militärdiktatur, vielleicht hatte Stauffenberg ja Erfolg, und man hat den Krieg noch irgendwie gewendet...:rolleyes: ) schwerlich offen ausgetragene Kampagnen a la "Mein Bauch gehört mir" vorstellen.

Was mich dann ausnahmsweise mal nicht gegen den Nationalsozialismus einnimmt.


Ich nehme eher an, dass sich ein solches 68 wesentlich konzentriert hätte auf eine Rücketablierung der Möglichkeit politischer Partizipation, eine Aufweichung der Allgegenwart der NSDAP. Die möglicherweise geschehen wäre - aber sehr, sehr langsam.

So ähnlich sehe ich das auch. Eine Rebellion gegen erstarrte Gesellschaftsformen hätte die Jugend wahrscheinlich auf den Rückgriff zur Jugendbewegung (Bündische, Wandervogel, Freikörperkultur, etc.) geführt oder auch zur nationalrevolutionären Gruppen und frühen SA (wie sie vor Hitler bestanden), damit wäre auch mehr Freizügigkeit im sexuellen Bereich verbunden gewesen.
Übrigens: auch 68 hatte durchaus nationalrevolutionäre Komponenten, die sich aber nicht durchgesetzt haben, schließlich im linken K-Gruppen-Maoismus (teilweise) wieder aufkeimten und in den Siebziger zu einer neuen eigenständigen kleinen Bewegung führten (wie z.B. die Zeitschriften "Wir Selbst", "Junges Forum"etc. belegen).

Beverly
07.10.2007, 12:26
So ähnlich sehe ich das auch. Eine Rebellion gegen erstarrte Gesellschaftsformen hätte die Jugend wahrscheinlich auf den Rückgriff zur Jugendbewegung (Bündische, Wandervogel, Freikörperkultur, etc.) geführt oder auch zur nationalrevolutionären Gruppen und frühen SA (wie sie vor Hitler bestanden), damit wäre auch mehr Freizügigkeit im sexuellen Bereich verbunden gewesen.
Übrigens: auch 68 hatte durchaus nationalrevolutionäre Komponenten, die sich aber nicht durchgesetzt haben, schließlich im linken K-Gruppen-Maoismus (teilweise) wieder aufkeimten und in den Siebziger zu einer neuen eigenständigen kleinen Bewegung führten (wie z.B. die Zeitschriften "Wir Selbst", "Junges Forum"etc. belegen).

Wie ich in einem anderen Post schon mal geschrieben habe: schon in der Weimarer Republik gab es all die Konzepte, die ich für den Kern der Moderne halte - von sexueller Emanzipation (Magnus Hirschfeld) bis zu Raumfahrt und Besiedlung des Weltraums. Ganz davon zu schweigen, dass deutsche Denker und Philosophen vielleicht von allen am meisten zu Aufklärung und Moderne beigetragen haben.
Ein "68" hätte da auch unter Berufung auf die eigene Geschichte ebenso radikal-emanzipatorisch sein können wie in unserer Welt.

Beverly
07.10.2007, 13:16
(..)Aber im langfristigen Vergleich schneidet das Heute nicht so schlecht ab. Was auch immer Dich so zornig macht: Du brauchst nicht zu hungern, kannst offenbar frei kommunizieren und Deine spezielle Neigung ausleben. Die Verhältnisse waren schon einmal schlechter, und damit meine ich nicht nur den NS.

@Aldebaran,

eine interessante und berechtigte Frage nicht nur an mich, sondern an alle Unzufriedenen. Und die Gründe für meinen "Zorn" sind gerade angesichts des unbestreitbaren materiellen Fortschrittes und auch individueller Freiheit komplizierter und abstrakter, als sie es etwa in der WR (nichts zu beißen, Nazi-Schläger auf den Straßen) gewesen wären.

Sagen dir Begriffe wie Perspektivlosigkeit, Orientierungslosigkeit oder Sinnlosigkeit etwas? Das Ganze noch gepaart mit Existenzängsten, von denen ich nicht einmal sagen kann, ob sie berechtigt sind. Aber sie sind da :rolleyes: Dazu noch ein ständiger alltäglicher Kleinkrieg und ein abartiger Bürokratismus, der von privatwirtschaftlichen Instanzen noch stärker forciert wird als den oft zu Unrecht geschmähten Beamten.

Fangen wir mal ganz oben an:

Sinn- und Orientierungslosigkeit

So in den 1970er Jahren gab es noch den "Mythos der Moderne" in Gestalt des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts. Es gab zwar auch berechtigte Kritik daran aus der Umweltbewegung, aber das stellte ihn nicht grundsätzlich in Frage. Vielleicht war die Kritik sogar ein Zeichen gesunder Zustände, denn nichts ist perfekt und die Abwesenheit von Kritik ist nur zu oft ein Zeichen für ganz schlimme Zustände.
Eine Kindheitserinnerung war damals Hoimar von Dithfurt, der in der Sendung Querschnitte das Modell eines Marsraumschiffes präsentierte. Sein Atomreaktor ale Energiequelle störte mich zwar, aber im Großen und Ganzen war es OK. So war die Zukunft, nach dem Mond würde die Menschheit zu den Planeten und den Sternen fliegen. Wissenschaft und Technik waren zwar nicht alles, aber sie würden ihren Beitrag zur Verbesserung der Zustände leisten. Irgendwann wäre auch der entsetzliche Ostblock weg und Westen und Osten würde zu einer lebbaren Synthese verschmelzen. Wem als Umweltbewegter die großtechnische, urbane Schiene nicht gefiel, der würde in Gestalt ländlicher Kommunen mit auf das Notwendigste und an die Umwelt angepasste Technik einen Gegenentwurf realisieren.
Irgenwann wird die Menschheit auch ihre sinnlose Selbstzerfleischung lassen und sich vereinen - Kästner hat das schon in "Konferenz der Tiere" vorausgesehen.

Überflüssig zu sagen, dass davon bis jetzt kaum etwas eingetreten ist. Wir sind sind zum Mars geflogen und auf dem Lande gibt es so gut wie keine Öko-Kommunen. Der Ostblock ist weg, aber er hat Zuständen Platz gemacht, die oft schlimmer als zuvor sind. Der Westen hat sich in blinder Arroganz und Selbstüberschätzung einer Synthese mit dem Ostblock verweigert und es zieht es vor, sich zu Tode zu siegen.
Ja, die Menschheit ist vereint - aber in der Globalisierung, wo sich alle im Zeichen wirtschaftlicher Konkurrenz ggfs. bis aufs Messer bekämpfen.

Schon da stellt sich die Frage, wofür das Leben nicht Sinn macht, doch es kommt noch "besser", d. h. schlimmer:

Perspektivlosigkeit

Unsere akute Welt hat eines bewiesen: ohne Visionen und Utopien können Menschen nicht menschenwürdig existieren und das postmoderne Verwerfen der modernen Mythen hat ein Vakuum hinterlassen, das nicht zu füllen ist. Dabei glaube ich nicht einma, dass Visionen und Utopien zu 100 Prozent zu verwirklichen sind. Sie geben vielmehr Orientierungen für das, was zu verwirklichen ist: die Lebensperpektive, das konkrete Konzept. Auch Visionen und Utopien verhindern nicht Konflikte, kleinliche Intrigen und grenzwetige Händel, aber sie verhindern, dass die überborden und orientierungslose Zeitgenossen irgendwann aus purer Lust und Sinnlosgikeit aufeinander eindreschen, bis alle am Boden liegen.

So würde die Utopie einer geeinten Menschheit in der Realversion kaum zu mehr als einer handlungsfähigen UNO und einer alljährlichen Zeremonie in der Großen Halle der Völker in der Welthauptstadt führen. Aber sie würde uns z. B. den Schwachsinn von Bundeswehreinsätzen am Hindukusch ersparen, weil das im Zweifelsfall der Job der Weltpolizei wäre. Auch in einer geeinten Welt würden sich irgendwelche Schwachmathen am Grenzfluss mit Knüppeln oder schwererem Gerät so ankläffen wie das die SU und die VR China am Ussuri vorgeführt haben. Aber es würden nicht mehr hirnamputiert hohe Beträge für Rüstung verschleudert werden.

Die Utopie einer Erschließung des Weltraums würde es den allermeisten Menschen kaum ernöglichen, demnächst auf den Mond oder den Mars auszuwandern (selbst wenn sie das wollten). Aber sie würde schon jetzt Menschen Aufgaben und Betätigungsfelder geben, die sie ohne sie nicht hätten und sie z. T. auch davon ablenken, sich gegenseitig zu zerfleischen. Bei den Konservativen hieß es immer, Krieg oder zumindest der gemeinsame Feind halten eine Gesellschaft zusammen. War nie eine gute Lösung und hat sich IMHO auch erleidgt. Wenn wir als Gesamtheit - Volk, Gemeinwesen, gar Menschheit - eine existenzielle Herausforderung brauchen, sehe ich da zur Raumfahrt keine Alternative.
Ach ja: ganz ohne Raumfahrt sind wir ja nicht und ich habe gerade angesichts der Entdeckung extralorer Planeten die Hoffnung, dass sie nicht so eingestampft wird, wie sich das postmoderne Zeitgeister wohl wünschen. Dann wären auch all die arbeitslos, die jetzt einen Beruf oder Studiengang mit Schwerpunkt Raumfahrt gewählt haben :rolleyes:

Ganz allgemein hängen die dem Menschen näheren Lebensperspektiven nur zu oft an abstraktionen Visionen und Utopien. Der "Realist" hält sie für Mumpitz und unnötig. Aber wenn er es schafft, sie so zu canceln, wie das heute geschehen ist, brechen damit auch viele, wenn nicht die meisten Lebensperspektiven zusammen.

Wie sieht denn "Leben" in der Abwesenheit von Visionen und Utopien aus?

1. Such dir eine Nische in der Kleingruppe - Familie, Freunde - und sieh zu, dass du es dir danicht durch eigene Blödheit mit den Nischengenossen verdirbst?

2. Verzichte am besten ganz auf noch so bescheidene Lebensentwürfe - und sei es nur die Partnerschaft - und beschränke dich ganz auf das, was das Leben dir zuweist. Denn

2a. Lebensentwürfe, die nach '45 noch jeder Depp realisieren konnte, schaffen heute selbst kluge und intelligente Menschen nicht mehr. Es ist halt alles voll, überlaufen, übersättigt :rolleyes: und du kannst froh sein, wenn

3. Du einen Job hast. Hetze dann nicht gegen Erwerblsose oder Rentner, denn

4. Du könntest jederzeit selbst auf Transferleistungen angewiesen sein. Dann sollst du

5. Bemühungen unternehmen, wieder "Tritt zu fassen", aber wundere dich nicht, wenn all diese Bemühungen keinen Erfolg haben. Es liegt NICHT an dir und sei froh, wenn

6. Du nicht zu den gehörst, die das System vollkommen aussortiert hat, die obdachlos sind, keine Unterstützung kriegen und nicht krankenversichert sind und denen nur die Wahl zwischen

7. Betteln, Prostitution und Kriminalität bleibt. Wunder dich also nicht darüber wie es in den Innenständten oder Nahverkehrszügen oder auch der Kriminalstatistik aussieht. Wer das alles nicht mehr erträgt, hat die Wahl zwischen

8. stillen Suizid und Amoklauf. Verachte die Amokläufer und lege meinetwegen Gestalten, die sowas vorhaben, den stillen Suizid nahe (rettet das Leben Unschuldiger) aber wunder dich nicht über sie.

Bärwolf
07.10.2007, 14:39
Wie ich in einem anderen Post schon mal geschrieben habe: schon in der Weimarer Republik gab es all die Konzepte, die ich für den Kern der Moderne halte - von sexueller Emanzipation (Magnus Hirschfeld) bis zu Raumfahrt und Besiedlung des Weltraums. Ganz davon zu schweigen, dass deutsche Denker und Philosophen vielleicht von allen am meisten zu Aufklärung und Moderne beigetragen haben.
Ein "68" hätte da auch unter Berufung auf die eigene Geschichte ebenso radikal-emanzipatorisch sein können wie in unserer Welt.

Mir ging es in meinem Beitrag eher um die AntiModerne!:D
Also Freiheitsbewegungen (um 1900 herum) gegen die neue Versklavung infolge durch die Moderne und ihre falschen Versprechen,- letztlich führend hin zum emanzipatorischen Totalitarismus. Die Verharmlosung durch eine sog. "Dialektik der Aufklärung" (Horkheimer/Adorno), die zwar die negativen Seiten der Moderne nicht unklug benennt, aber sie doch retten will, zeigt den Eiertanz, den Modernisten aufführen müssen, um ihren Schmarn philosohisch zu begründen.:))

Beverly
07.10.2007, 16:17
(...)Die Verharmlosung durch eine sog. "Dialektik der Aufklärung" (Horkheimer/Adorno), die zwar die negativen Seiten der Moderne nicht unklug benennt, aber sie doch retten will(...)

Wobei ich mir die Vermutung erlaube, dass das, wovor die Moderne gerettet werden soll, noch schlimmer ist als sie. Sehr viel schlimmer und das will schon was heißen :rolleyes:

Wie sähe denn ein lebbarer Gegenentwurf zur heutigen Moderne aus?

Eine ländliche Gesellschaft, wo Privatautos verboten sind und es nur öffentliche Verkehrmittel, Fahrräder oder Schusters Rappen gibt. Die Mechansierung beschränkt sich auf Traktoren, Mähdrescher und andere Landmaschinen, weil mit Nahrungsmittelproduktion mit Muskelkraft zu ineffektiv ist. Dann noch ein paar Fabriken für Konsumgüter, wo ein bisschen High-Tech drin ist, um auch bei kleinen Stückzahlen effizient zu produzieren. Wobei soooo viel gar nicht produziert wird, denn bei Kleidern, Möbeln und dergleichen wird Wert auf lange Haltbarkeit gelegt. Wer seine alten Pullover nicht mehr sehen kann, bringt sie zum Recycling-Fundus - irgendwer wird sie schon haben wollen.
Werbung wie wir sie kennen, ist verboten, weil sie über das materiell oder auch Ästhetisch - schöne Kleider, Schmuck - Notwendige hinaus gehende Bedürfnisse weckt. Selbstverständlich können alle Lesen und Schreiben und die Bücherei führt alle Titel der Weltliteratur gedruck oder als Hörbuch. Aber gibt es Fernsehen? Ein Kino mit mehreren Vorführsälen würde ausreichen, um das Bedürfnis nach bewegten Bildern zu stillen und verbraucht weniger Ressourcen als das Heimkino für jeden. Vermutlich stehen Fernseher und Internetanschluss nur in der Bücherei, wo sie mit 10 bis 20 Minuten Fußweg oder Fahrrad für jeden zu erreichen sind. Schließlich möchte man ja auch mit Leuten außerhalb des eigenen Umfeldes kommunizieren. Um schnell Verabredungen zu treffen, ist etwas in der Art unseres Telefons doch recht nützlich.
Elektronisches Papier wird als willkommener, weil Ressourcen schonender Ersatz für Papier aus Holz angesehen.
Fernhandel ist wieder Fernhandel und nur für exotische Dinge zuständig resp sorgt für Abwechslung. Hat man sich an den eigenen Kartoffeln über gegessen, tauscht man sie gegen Reis ein, weil auch die Reisesser mal Abwechslung wollen. Über die Vorstellung, sich selbst für die zum Überleben notwendigen Dinge von so etwas wie der "Globalisierung" abhängig zu machen, würde die Menschen in der fiktiven Gemeinschaft wohl nur den Kopf schütteln.

Möglicherweise reicht Energie aus dem nächstgelegenen Staudamm plus Wind, Sonne und Biomasse dann wirklich aus. Geburtenkontroll muss allerdings dafür sorgen, dass die Anzahl der Verbraucher nicht wächst.

Glauben die Menschen in so einer "Anti-Moderne" an exponenziellen Fortschritt? Vermutlich nicht, an seine Stelle tritt eine eher geistige als materielle Höherentwicklung. "Wir leben im goldenen Nachmittag der Menschheit", heißt es dazu in dem Roman "Truillon" von Jack Vance, der in so einer ländlichen Gesellschaft spielt. Die Moderne unserer Tage war für sie vielleicht ein finsteres und chaotischen Zwischen-Stadium, doch die Epochen davor nur trübe Dämmerung.

Ist es das, was dir vorschwebt?

Teile davon - Verzicht auf Autos, Regionalisierung der Grundversorgung, haltbare und dauerhafte Konsumgüter - wären vielleicht sogar in einer Millionenstadt sinnvoll. Etwa in Berlin, was ja in vielem eine Ansammlung von Dörfern und kleineren Städten ist.

Oder wollen die Anti-Moderner in Wirklichkeit nur eine besonders zynische, entfremdete und kranke Moderne. Ein System, wo der materielle Gehalt der Moderne, die Menschenmassen und das Menschenmaterial beibehalten wird, wo der Moderne aber weiter ihr eigener, authentischer "Mythos" verwehrt wird und wo sich die Milliardenmassen weiter unter das geistige Joch orientalischer Viehnomaden beugen müssen. Eben jene postmoderne Barbarei, die ich in meinem letzten Post angedeutet habe.
Man unterlässt jede substanzielle technische und wissenschaftliche Weiterentwicklung. Man nutzt aber auch nicht die oft bitteren Erkenntnisse und Erfahrungen der Moderne und vormoderner Epochen um z. B. eine lebbare Dorfgesellschaft aufzubauen, die sich auch unabhängig von der Weltwirtschaft selbst reproduzieren kann.
Nein, man friert den Wahnsinn für die nächsten 300 Jahre exakt auf dem jetzigen Level ein. Das Öl ist alle? - Es gibt doch Gas, kein Grund, über neue und saubere Energiequellen nachzudenken oder den Energieverbrauch auch durch haltbare Konsumgüter zu reduzieren. Raumfahrt? Natürlich nicht, die Milliardensummen dafür sind beim Spekulieren und dem gegenseitigen Aufkaufen der "Weltkonzerne" doch viel besser angelegt :rolleyes: Wieder Fahrrad und Schusters Rappen? Da sei die Automobilindustrie vor :rolleyes:

Mit Verlaub, aber die postmodernen Prachtexemplarer dieser Sorte Fortschrittskritiker nutzen für sich all ihre materiellen Vorteile bis zum Anschlag. Schließlich haben selbst Grünen-Minister die Vorteile des Dienstwagens entdeckt. Was stört es sie, wenn sich die Moderne, ihres geistigen Gehaltes beraubt, zum Alptraum entwickelt. Schließlich ist daran nicht die Geistlosigkeit Schuld, gelle :rolleyes: und nichts hilft Idioten so sehr dabei, länger zu leben als für die Gesellschaft gut ist, als die Errungenschaften moderner Medizin. Auf die man dann nach dem Arzttermin wieder kräftig schimpfen kann :rolleyes:

Bärwolf
07.10.2007, 17:10
Wobei ich mir die Vermutung erlaube, dass das, wovor die Moderne gerettet werden soll, noch schlimmer ist als sie. Sehr viel schlimmer und das will schon was heißen :rolleyes:

Wie sähe denn ein lebbarer Gegenentwurf zur heutigen Moderne aus?

Eine ländliche Gesellschaft, wo Privatautos verboten sind und es nur öffentliche Verkehrmittel, Fahrräder oder Schusters Rappen gibt. Die Mechansierung beschränkt sich auf Traktoren, Mähdrescher und andere Landmaschinen, weil mit Nahrungsmittelproduktion mit Muskelkraft zu ineffektiv ist. Dann noch ein paar Fabriken für Konsumgüter, wo ein bisschen High-Tech drin ist, um auch bei kleinen Stückzahlen effizient zu produzieren. Wobei soooo viel gar nicht produziert wird, denn bei Kleidern, Möbeln und dergleichen wird Wert auf lange Haltbarkeit gelegt. Wer seine alten Pullover nicht mehr sehen kann, bringt sie zum Recycling-Fundus - irgendwer wird sie schon haben wollen.
Werbung wie wir sie kennen, ist verboten, weil sie über das materiell oder auch Ästhetisch - schöne Kleider, Schmuck - Notwendige hinaus gehende Bedürfnisse weckt. Selbstverständlich können alle Lesen und Schreiben und die Bücherei führt alle Titel der Weltliteratur gedruck oder als Hörbuch. Aber gibt es Fernsehen? Ein Kino mit mehreren Vorführsälen würde ausreichen, um das Bedürfnis nach bewegten Bildern zu stillen und verbraucht weniger Ressourcen als das Heimkino für jeden. Vermutlich stehen Fernseher und Internetanschluss nur in der Bücherei, wo sie mit 10 bis 20 Minuten Fußweg oder Fahrrad für jeden zu erreichen sind. Schließlich möchte man ja auch mit Leuten außerhalb des eigenen Umfeldes kommunizieren. Um schnell Verabredungen zu treffen, ist etwas in der Art unseres Telefons doch recht nützlich.
Elektronisches Papier wird als willkommener, weil Ressourcen schonender Ersatz für Papier aus Holz angesehen.
Fernhandel ist wieder Fernhandel und nur für exotische Dinge zuständig resp sorgt für Abwechslung. Hat man sich an den eigenen Kartoffeln über gegessen, tauscht man sie gegen Reis ein, weil auch die Reisesser mal Abwechslung wollen. Über die Vorstellung, sich selbst für die zum Überleben notwendigen Dinge von so etwas wie der "Globalisierung" abhängig zu machen, würde die Menschen in der fiktiven Gemeinschaft wohl nur den Kopf schütteln.

Möglicherweise reicht Energie aus dem nächstgelegenen Staudamm plus Wind, Sonne und Biomasse dann wirklich aus. Geburtenkontroll muss allerdings dafür sorgen, dass die Anzahl der Verbraucher nicht wächst.

Glauben die Menschen in so einer "Anti-Moderne" an exponenziellen Fortschritt? Vermutlich nicht, an seine Stelle tritt eine eher geistige als materielle Höherentwicklung. "Wir leben im goldenen Nachmittag der Menschheit", heißt es dazu in dem Roman "Truillon" von Jack Vance, der in so einer ländlichen Gesellschaft spielt. Die Moderne unserer Tage war für sie vielleicht ein finsteres und chaotischen Zwischen-Stadium, doch die Epochen davor nur trübe Dämmerung.

Ist es das, was dir vorschwebt?

Teile davon - Verzicht auf Autos, Regionalisierung der Grundversorgung, haltbare und dauerhafte Konsumgüter - wären vielleicht sogar in einer Millionenstadt sinnvoll. Etwa in Berlin, was ja in vielem eine Ansammlung von Dörfern und kleineren Städten ist.

Oder wollen die Anti-Moderner in Wirklichkeit nur eine besonders zynische, entfremdete und kranke Moderne. Ein System, wo der materielle Gehalt der Moderne, die Menschenmassen und das Menschenmaterial beibehalten wird, wo der Moderne aber weiter ihr eigener, authentischer "Mythos" verwehrt wird und wo sich die Milliardenmassen weiter unter das geistige Joch orientalischer Viehnomaden beugen müssen. Eben jene postmoderne Barbarei, die ich in meinem letzten Post angedeutet habe.
Man unterlässt jede substanzielle technische und wissenschaftliche Weiterentwicklung. Man nutzt aber auch nicht die oft bitteren Erkenntnisse und Erfahrungen der Moderne und vormoderner Epochen um z. B. eine lebbare Dorfgesellschaft aufzubauen, die sich auch unabhängig von der Weltwirtschaft selbst reproduzieren kann.
Nein, man friert den Wahnsinn für die nächsten 300 Jahre exakt auf dem jetzigen Level ein. Das Öl ist alle? - Es gibt doch Gas, kein Grund, über neue und saubere Energiequellen nachzudenken oder den Energieverbrauch auch durch haltbare Konsumgüter zu reduzieren. Raumfahrt? Natürlich nicht, die Milliardensummen dafür sind beim Spekulieren und dem gegenseitigen Aufkaufen der "Weltkonzerne" doch viel besser angelegt :rolleyes: Wieder Fahrrad und Schusters Rappen? Da sei die Automobilindustrie vor :rolleyes:

Mit Verlaub, aber die postmodernen Prachtexemplarer dieser Sorte Fortschrittskritiker nutzen für sich all ihre materiellen Vorteile bis zum Anschlag. Schließlich haben selbst Grünen-Minister die Vorteile des Dienstwagens entdeckt. Was stört es sie, wenn sich die Moderne, ihres geistigen Gehaltes beraubt, zum Alptraum entwickelt. Schließlich ist daran nicht die Geistlosigkeit Schuld, gelle :rolleyes: und nichts hilft Idioten so sehr dabei, länger zu leben als für die Gesellschaft gut ist, als die Errungenschaften moderner Medizin. Auf die man dann nach dem Arzttermin wieder kräftig schimpfen kann :rolleyes:

Also einen gesamtgesellschaftlichen antimodernistischen Gesellschaftszustand mal eben hervorzaubern geht wohl nicht;) , das ist mir klar. Als Einzelner oder in kleiner Gemeinschaft kann man sich den einen oder anderen Lebensentwurf sicher relativ umsetzen, weniger in Deutschland aber in größerflächigen Ländern mit viel Natur schon. Ich bin da ganz illusionslos, sehe es etwa so wie Davila (Kämpfer auf verlorenem Posten) oder Ernst Jünger (seine Figur des Anarch -nicht Anarchisten!- im Roman Eumeswill) in der Rezeption Stirners (Der Einzige und sein Eigentum) , das man das nur mit einer inneren Haltung des Abstandnehmens und geistigen freiseins vom Modernismus, also die innere Nichtunterwerfung unter DasSystem, zelebriert:cool2: . Das bedeute m. e. nicht das man gewisse "Erungenschaften" neuester Technik nicht nutzt, aber man muß dem ja keine Liebe entgegenbringen. Ganz im Gegenteil: ich nutze die moderne Technik wie eine Hure. Andererseits muß ich das Zeugs auch nicht unbedingt haben. Es gibt gewisse Auszeiten, manchmal über 3 Monate, wo es bei mir kein Internet, TV, Radio etc. gibt, und ich es in der Zeit auch nicht vermisse: da reicht mir meine Hütte, Bücher, kleines Boot, Angel, Jagdgewehr und die Natur:)
Wollte man das Umsetzen, was du oben umschreibst, müßte man schon so radikal wie der ÖkoAnarchist und Survivalist Theodore J. Kaczynski (Die Industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft) sein,
hier im Netz: http://www.eurocron.de/domains/telepathie/forum/edocs/unabomber.html
Wobei seine psychologische Kritik an der Linken brilliant ist! Aber das nur nebenbei.
Wie ist das nun mit Jüngers Anarch zu verstehen? Ich hatte mir mal die Mühe gemacht seine wesentlichen Aussagen dazu zusammen zu tragen, hier sind sie:

ERNST JÜNGER: DER ANARCH

«... denn anarchisch ist jeder; das eben ist das Normale an ihm. Allerdings wird es vom ersten Tag an durch Vater und Mutter, durch Staat und Gesellschaft beschränkt. Das sind Beschneidungen, Anzapfungen der Urkraft, denen keiner entgeht. Man muss sich damit abfinden. doch das Anarchische bleibt auf dem Grunde als Geheimnis, meist selbst dem Träger unbewusst. Es kann als Lava aus ihm hervorbrechen, kann ihn vernichten, ihn befreien.
Hier ist zu differenzieren: die Liebe ist anarchisch, die Ehe nicht. Der Krieger ist anarchisch, der Soldat nicht. Der Totschlag ist anarchisch, der Mord nicht. Christus ist anarchisch, Paulus nicht. Da freilich das Anarchische das Normale, so ist es auch in Paulus vorhanden und bricht zuweilen mächtig aus ihm hervor. Das sind nicht Gegensätze, sondern Stufungen. Die Weltgeschichte wird durch Anarchie bewegt. In summa: der freie Mensch ist anarchisch, der Anarchist nicht.
Wäre ich Anarchist und nichts weiter, so hätten sie mich mühelos entlarvt. Auf Existenzen, die sich in der Schräge. "den Dolch im Gewande", den Mächtigen zu nähern suchen, sind sie besonders geeicht. Der Anarch kann einsam leben; der Anarchist ist ein Sozialer und muss sich mit Gleichen zusammentun.»

«Der Anarchist ist abhängig — einmal von seinem unklaren Wollen, zweitens von der Macht. Er folgt dem Mächtigen als sein Schatten; der Fürst ist vor ihm immer auf der Hut ...
Der Anarchist ist der Gegenspieler des Monarchen, auf dessen Vernichtung er sinnt. Er trifft die Person und festigt die Erbfolge...
Die positive Entsprechung des Anarchisten ist der Anarch. Dieser ist nicht der Gegenspieler des Monarchen, sondern der am weitesten von ihm Entfernte, der von ihm Unberührte, wenngleich gefährlich auch er. Er ist nicht der Gegner des Monarchen, sondern sein Pendant.
Der Monarch will viele, ja alle beherrschen; der Anarch nur sich allein. Das gibt ihm ein objektives, auch skeptisches Verhältnis zur Macht, deren Figuren er an sich vorüberziehen lässt — wohl unberührt, jedoch im Inneren nicht unbewegt, nicht ohne historische Leidenschaft.» «Der Anarch ist ... souverän wie jener und dazu freier, da er nicht zu regieren braucht.»

«... Unterschied zum Anarchisten: das Verhältnis zur Herrschaft, zur gesetzgebenden Macht. Der Anarchist ist ihr Todfeind, während der Anarch sie nicht anerkennt. Er sucht sie weder zu ergreifen, noch zu stürzen, noch zu ändern — ihre Stoßrichtung geht an ihm vorbei. nur mit ihren Wirbeln muss er sich abfinden.»

«Der Anarch unterscheidet sich auch dadurch vom Anarchisten, dass er einen ausgesprochenen Sinn für Vorschriften besitzt. Insofern und in dem Maß, in dem er sie beachtet, fühlt er sich vom Denken dispensiert. Das entspricht dem normalen Verhalten: Jeder, der in die Eisenbahn steigt, rollt über Brücken und durch Tunnels, die Ingenieure für ihn ersonnen und an denen hunderttausend Hände gewerkt haben ... So auch der Anarch — nur dass ihm das Verhältnis stets bewusst bleibt und er sein Thema, das der Freiheit, was draußen auch an Berg und Tal vorüber fliege, nie aus den Augen lässt. Er kann jederzeit aussteigen, nicht nur aus dem Zuge, sondern aus jedem Anspruch, den Staat, Gesellschaft, Kirche an ihn stellen, auch aus der Existenz. Sie dem Sein zu spenden, nicht nur aus zwingenden Gründen, sondern nach Belieben, sei es aus Übermut oder Langeweile, steht ihm frei.»

«... der Anarchist erinnert an einen Fußgänger der [die Verkehrsregeln] nicht anerkennt und prompt überfahren wird. Ihm wird schon eine Passkontrolle verhängnisvoll. — "Noch keinen sah ich fröhlich enden", so weit ich auch in der Geschichte zurückblicke.»

«... was ist ihr Leiden? Ein unterentwickelter Freiheitsbegriff. Er wird durch Fakten korrigiert ... würden sie ... sich als Anarchen erkennen, so bliebe ihnen viel erspart. Sie würden die Freiheit in sich und nicht im Kollektiv suchen.»

«Wie in einem jeden, wie in uns allen, ist der Anarch auch im Anarchisten verborgen, der einem Bogenschützen gleicht, dessen Pfeil das Zentrum verfehlt.»

«Worauf beruht der Irrtum, dem Unzählige zum Opfer fielen und der endlos fortwirken wird? Wenn ich den Vater töte, falle ich dem Bruder in die Hand. Von der Gesellschaft ist ebenso wenig zu erhoffen wie vom Staat. Das Heil liegt im Einzelnen.»

«Zwei Klippen türmen sich vor dem Anarchisten auf: Die erste, die des Staates, ist zu überwinden, vor allem im Orkan, wenn die Wellen hoch gehen. Unfehlbar scheitert er an der zweiten, der Gesellschaft, an eben der, deren Bild ihm vorschwebte. Es gibt ein kurzes Intermezzo zwischen dem Sturz der legitimen Mächte und der neuen Legalität. Zwei Wochen nach Krapotkins Leichenzug hinter den Schwarzen Fahnen wurden die Kronstädter Matrosen liquidiert ...»

«Für den Anarchen ändert sich wenig, wenn er eine Uniform abstreift, die er teil als Narrenkittel, teils als Tarnanzug trug. Sie deckt seine innere Freiheit, die er bei solchen Übergängen versachlichen will. Das unterscheidet ihn vom Anarchisten, der, sachlich unfrei, zu toben beginnt, bis man ihn in eine Zwangsjacke steckt.»

«Der Anarch führt seine eigenen Kriege, selbst wenn er in Reih und Glied marschiert.»

«Obwohl Anarch, bin ich deshalb nicht antiautoritär. Ich bin im Gegenteil autoritätsbedürftig, wenn auch nicht autoritätsgläubig.»

«Der Anarch ist auch nicht Individualist. Er will sich weder als Großer Mensch noch als Freigeist vorstellen. Sein Maß genügt ihm; die Freiheit ist nicht sein Ziel; sie ist sein Eigentum. Er tritt nicht als Feind oder Veränderer auf: man wird in Hütten und Palästen gut mit ihm auskommen. Das Leben ist zu kurz und zu schön, um es für Ideen aufzuopfern, obwohl sich die Ansteckung nicht immer vermeiden lässt. Doch Hut ab vor den Märtyrern.»

«Der Anarch kann zwar jeden töten, darauf beruht sein Selbstbewusstsein, doch er tötet nur, wo und wann es ihm gefällt — — — immerhin viel seltener als der Verbrecher, der Chauffeur und der Staat. Ihm ist die archaische Figur des Söldners gemäßer als die des Eingezogenen, der sich zur Musterung stellt und husten muss, wenn der Arzt ihm an die Hoden greift.» «... unwichtig ist dagegen, ob er jemals die Tötung vollzieht. Vielleicht wird er sie nie in Tat umsetzen. Zu betonen ist auch, dass er sie jedem anderen zubilligt. Jeder ist Mittelpunkt der Welt, und seine unbedingte Freiheit schafft den Abstand, in dem sich Achtung und Selbstachtung abgleichen.»

(alle Zitate aus "Eumeswil")

Wer will kann das Buch ja trotzdem noch lesen:D

Übrigens die frühen Faschisten und ihre Künstlerfreunde (Futurismsus!) waren wohl die Vertreter einer sehr radikalen Moderne! Und der NS hatte auch u. a. einen radikalmodernistischen Aspekt;) Ja er war sogar zeitweise führend im Bereich von Technologie und Entwicklung.

Aldebaran
07.10.2007, 21:28
@Aldebaran,

eine interessante und berechtigte Frage nicht nur an mich, sondern an alle Unzufriedenen. Und die Gründe für meinen "Zorn" sind gerade angesichts des unbestreitbaren materiellen Fortschrittes und auch individueller Freiheit komplizierter und abstrakter, als sie es etwa in der WR (nichts zu beißen, Nazi-Schläger auf den Straßen) gewesen wären.

Sagen dir Begriffe wie Perspektivlosigkeit, Orientierungslosigkeit oder Sinnlosigkeit etwas? Das Ganze noch gepaart mit Existenzängsten, von denen ich nicht einmal sagen kann, ob sie berechtigt sind. Aber sie sind da :rolleyes: Dazu noch ein ständiger alltäglicher Kleinkrieg und ein abartiger Bürokratismus, der von privatwirtschaftlichen Instanzen noch stärker forciert wird als den oft zu Unrecht geschmähten Beamten.

Mir durchaus nicht unbekannt. Es läuft jetzt ganz gut, aber es war auch schon einmal ganz anders.

Nur das Letzte kann ich nicht bestätigen, aber da magst Du andere Erfahrungen haben.


Fangen wir mal ganz oben an:

Sinn- und Orientierungslosigkeit

So in den 1970er Jahren gab es noch den "Mythos der Moderne" in Gestalt des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts. Es gab zwar auch berechtigte Kritik daran aus der Umweltbewegung, aber das stellte ihn nicht grundsätzlich in Frage. Vielleicht war die Kritik sogar ein Zeichen gesunder Zustände, denn nichts ist perfekt und die Abwesenheit von Kritik ist nur zu oft ein Zeichen für ganz schlimme Zustände.
Eine Kindheitserinnerung war damals Hoimar von Dithfurt, der in der Sendung Querschnitte das Modell eines Marsraumschiffes präsentierte. Sein Atomreaktor ale Energiequelle störte mich zwar, aber im Großen und Ganzen war es OK. So war die Zukunft, nach dem Mond würde die Menschheit zu den Planeten und den Sternen fliegen. Wissenschaft und Technik waren zwar nicht alles, aber sie würden ihren Beitrag zur Verbesserung der Zustände leisten. Irgendwann wäre auch der entsetzliche Ostblock weg und Westen und Osten würde zu einer lebbaren Synthese verschmelzen. Wem als Umweltbewegter die großtechnische, urbane Schiene nicht gefiel, der würde in Gestalt ländlicher Kommunen mit auf das Notwendigste und an die Umwelt angepasste Technik einen Gegenentwurf realisieren.
Irgenwann wird die Menschheit auch ihre sinnlose Selbstzerfleischung lassen und sich vereinen - Kästner hat das schon in "Konferenz der Tiere" vorausgesehen.

Überflüssig zu sagen, dass davon bis jetzt kaum etwas eingetreten ist. Wir sind sind zum Mars geflogen und auf dem Lande gibt es so gut wie keine Öko-Kommunen. Der Ostblock ist weg, aber er hat Zuständen Platz gemacht, die oft schlimmer als zuvor sind. Der Westen hat sich in blinder Arroganz und Selbstüberschätzung einer Synthese mit dem Ostblock verweigert und es zieht es vor, sich zu Tode zu siegen.
Ja, die Menschheit ist vereint - aber in der Globalisierung, wo sich alle im Zeichen wirtschaftlicher Konkurrenz ggfs. bis aufs Messer bekämpfen.

Vereint im Zeichen der Gier sozusagen - aber wehe, der Kuchen wächst nicht mehr!

Dem kann ich zum größten Teil zustimmen. Der Verlust der wissenschaftlichen Utopie - übrigens auch sichtbar an der Verschiebung der literarischen Nachfrage von der Hardcore-SF zur Fantasy - ist eine Tragödie.

Allerdings sehe ich den Grund dafür nicht oder nicht nur im "Neoliberalismus".

Auch wenn man es nicht gern hören mag, aber die Weltraumfahrt war in ihrer hohen Zeit letztlich immer ein Kind des Militärs, bestenfalls eine weiteres Feld der Prestigekonkurrenz der Blöcke und Mächte - und nur als solche wird sie wohl eine Renaissance erleben können, wie die Ankündigungen aus China und den USA zeigen.

Das Gros der Menschheit wird sich dafür kaum begeistern lassen, es sei denn als Ausdruck des Nationalstolzes. Eine "Weltregierung" würde das Gegenteil bewirken. Vergleiche doch nur mal die "geistige Produktion" des klassischen und hellenistischen Griechenlands mit der des römischen Reiches und warum wohl war das zerstrittene Europa mit seinen Kriegen für viele Jahrhunderte die geistig und technisch fortschrittlichste Region in der Welt? Der Wettbewerb ist nun einmal eine Haupttriebfeder menschlichen Handelns.

Ich will aber nicht abschweifen. Die Ökobewegung war im Hinblick auf die Raumfahrt eher ein geringerer Hemmschuh. Was aber selten genannt wird, ist die zunehmende politische Mitsprache der Frauen, denn die Raumfahrt ist eine weitgehend männliche Veranstaltung. Wer liest SF, wer studiert Luft- und Raumfahrttechnik, wer fährt nach Florida und schaut sich einen Raketenstart an? Die Raumfahrt passt nicht in das weit stärker vom Aspekt des praktischen Nutzen geprägte weibliche Denken.


Schon da stellt sich die Frage, wofür das Leben nicht Sinn macht, doch es kommt noch "besser", d. h. schlimmer:

Perspektivlosigkeit

Unsere akute Welt hat eines bewiesen: ohne Visionen und Utopien können Menschen nicht menschenwürdig existieren und das postmoderne Verwerfen der modernen Mythen hat ein Vakuum hinterlassen, das nicht zu füllen ist. Dabei glaube ich nicht einma, dass Visionen und Utopien zu 100 Prozent zu verwirklichen sind. Sie geben vielmehr Orientierungen für das, was zu verwirklichen ist: die Lebensperpektive, das konkrete Konzept. Auch Visionen und Utopien verhindern nicht Konflikte, kleinliche Intrigen und grenzwetige Händel, aber sie verhindern, dass die überborden und orientierungslose Zeitgenossen irgendwann aus purer Lust und Sinnlosgikeit aufeinander eindreschen, bis alle am Boden liegen.

"Menschen" können schon ohne Utopien menschenwürdig leben. Es ist eine bestimmte Fraktion, die solches braucht. Diese Kategorie überschneidet sich allerdings sehr stark mit derjenigen der von mir so bezeichneten Handlungs- und Opferbereiten.


So würde die Utopie einer geeinten Menschheit in der Realversion kaum zu mehr als einer handlungsfähigen UNO und einer alljährlichen Zeremonie in der Großen Halle der Völker in der Welthauptstadt führen. Aber sie würde uns z. B. den Schwachsinn von Bundeswehreinsätzen am Hindukusch ersparen, weil das im Zweifelsfall der Job der Weltpolizei wäre. Auch in einer geeinten Welt würden sich irgendwelche Schwachmathen am Grenzfluss mit Knüppeln oder schwererem Gerät so ankläffen wie das die SU und die VR China am Ussuri vorgeführt haben. Aber es würden nicht mehr hirnamputiert hohe Beträge für Rüstung verschleudert werden.

Im Grunde genommen eine Horrorvision. Ich denke da an die sanfte, "vernünftige" Diktatur der "Sophotekten", die P. Andersons in seinen Romanen beschrieben hat, die letztendlich zum langsamen Aussterben der Menschheit führt, da ja die menschliche Existenz an sich "unvernünftig", weil ökologisch belastend ist.

Die Kunst ist es, die Menschheit in einem System zu organisieren, dass genügend chaotisch und flexibel ist, um Wettbewerb zu ermöglichen, aber geordnet genug, um wenigstens die schlimmsten Kriege zu verhindern. Die "pax americana" ist m.E. zwar besser als ihr Ruf, aber längst nicht ausreichend und bald ohnehin am Ende.


Die Utopie einer Erschließung des Weltraums würde es den allermeisten Menschen kaum ernöglichen, demnächst auf den Mond oder den Mars auszuwandern (selbst wenn sie das wollten). Aber sie würde schon jetzt Menschen Aufgaben und Betätigungsfelder geben, die sie ohne sie nicht hätten und sie z. T. auch davon ablenken, sich gegenseitig zu zerfleischen. Bei den Konservativen hieß es immer, Krieg oder zumindest der gemeinsame Feind halten eine Gesellschaft zusammen. War nie eine gute Lösung und hat sich IMHO auch erleidgt. Wenn wir als Gesamtheit - Volk, Gemeinwesen, gar Menschheit - eine existenzielle Herausforderung brauchen, sehe ich da zur Raumfahrt keine Alternative.

Ich glaube schon, dass die Raumfahrt während des Kalten Krieges sehr viel Energie gebunden hat, die sonst wohl sehr unheilvolle Effekte gehabt hätte. Vielleicht hat sie sogar dazu beigetragen, den ganz großen Krieg zu verhindern.



Ach ja: ganz ohne Raumfahrt sind wir ja nicht und ich habe gerade angesichts der Entdeckung extralorer Planeten die Hoffnung, dass sie nicht so eingestampft wird, wie sich das postmoderne Zeitgeister wohl wünschen. Dann wären auch all die arbeitslos, die jetzt einen Beruf oder Studiengang mit Schwerpunkt Raumfahrt gewählt haben :rolleyes:

Nimm mir nicht die letzten Hoffnungen!

Übrigens hat dieses Thema für mich auch einen großen Bezug zum Islamthema (Nein, nicht schon wieder!... Aber warte erst mal ab!)

Ich denke, man kann ruhigen Gewissens behaupten, dass dem Islam eine wissenschaftliche Vision völlig fehlt. Hat jemals ein saudischer Prinz die Welt im Ballon umrundet oder ein privates Projekt mit Weltraumbezug mitfinanziert? Gibt es in einem islamischen Land ein großes optisches oder Radioteleskop - von Froschungssatelliten ganz zu schweigen? Selbst lateinamerikanische Länder beteiligen sich mit beschränkten Mitteln an der Weltraumforschung, und sei es auch nur als Standort.

Die Ausbreitung des Islam und übrigens auch die Ansammlung immer größerer Kapitalien in der Hand der "Ölscheichs" sehe ich in dieser Hinsicht als ein Unglück an. Ein - nicht sehr wahrscheinlicher - Sieg des Islam wäre wohl das Ende aller Visionen und vielleicht auch, angesichts der Probleme der Menschheit, die nur mit Hilfe von Wissenschaft und Technik gelöst werden können, die Fahrkarte für den Rückfall in eine vortechnische Zivilisation. Es heißt ja, dass zwar 20% der Menschen, aber nur 1% der Wissenschaftler Moslems seien...

Selbst die indirekte Wirkung des Islam könnte verheerend für die Raumfahrt sein. Wenn Gregory Benford recht hat, dass es in den USA ein finanzielles "Fenster" bis etwa 2025 gebe, wonach Überalterung und Alzheimer die großen Themen der Gesellschaft würden, dann ist es tragisch, dass ausgerechnet jetzt enorme Mittel in den "Kampf gegen den Terror" fließen.


Ganz allgemein hängen die dem Menschen näheren Lebensperspektiven nur zu oft an abstraktionen Visionen und Utopien. Der "Realist" hält sie für Mumpitz und unnötig. Aber wenn er es schafft, sie so zu canceln, wie das heute geschehen ist, brechen damit auch viele, wenn nicht die meisten Lebensperspektiven zusammen.

Leider nicht sehr viele, fürchte ich.

Beverly
08.10.2007, 10:56
Mir durchaus nicht unbekannt. Es läuft jetzt ganz gut, aber es war auch schon einmal ganz anders.

Nur das Letzte kann ich nicht bestätigen, aber da magst Du andere Erfahrungen haben.



Vereint im Zeichen der Gier sozusagen - aber wehe, der Kuchen wächst nicht mehr!

Dem kann ich zum größten Teil zustimmen. Der Verlust der wissenschaftlichen Utopie - übrigens auch sichtbar an der Verschiebung der literarischen Nachfrage von der Hardcore-SF zur Fantasy - ist eine Tragödie.

Allerdings sehe ich den Grund dafür nicht oder nicht nur im "Neoliberalismus".

Auch wenn man es nicht gern hören mag, aber die Weltraumfahrt war in ihrer hohen Zeit letztlich immer ein Kind des Militärs, bestenfalls eine weiteres Feld der Prestigekonkurrenz der Blöcke und Mächte - und nur als solche wird sie wohl eine Renaissance erleben können, wie die Ankündigungen aus China und den USA zeigen.

Das Gros der Menschheit wird sich dafür kaum begeistern lassen, es sei denn als Ausdruck des Nationalstolzes. Eine "Weltregierung" würde das Gegenteil bewirken. Vergleiche doch nur mal die "geistige Produktion" des klassischen und hellenistischen Griechenlands mit der des römischen Reiches und warum wohl war das zerstrittene Europa mit seinen Kriegen für viele Jahrhunderte die geistig und technisch fortschrittlichste Region in der Welt? Der Wettbewerb ist nun einmal eine Haupttriebfeder menschlichen Handelns.

Ich will aber nicht abschweifen. Die Ökobewegung war im Hinblick auf die Raumfahrt eher ein geringerer Hemmschuh. Was aber selten genannt wird, ist die zunehmende politische Mitsprache der Frauen, denn die Raumfahrt ist eine weitgehend männliche Veranstaltung. Wer liest SF, wer studiert Luft- und Raumfahrttechnik, wer fährt nach Florida und schaut sich einen Raketenstart an? Die Raumfahrt passt nicht in das weit stärker vom Aspekt des praktischen Nutzen geprägte weibliche Denken.



"Menschen" können schon ohne Utopien menschenwürdig leben. Es ist eine bestimmte Fraktion, die solches braucht. Diese Kategorie überschneidet sich allerdings sehr stark mit derjenigen der von mir so bezeichneten Handlungs- und Opferbereiten.



Im Grunde genommen eine Horrorvision. Ich denke da an die sanfte, "vernünftige" Diktatur der "Sophotekten", die P. Andersons in seinen Romanen beschrieben hat, die letztendlich zum langsamen Aussterben der Menschheit führt, da ja die menschliche Existenz an sich "unvernünftig", weil ökologisch belastend ist.

Die Kunst ist es, die Menschheit in einem System zu organisieren, dass genügend chaotisch und flexibel ist, um Wettbewerb zu ermöglichen, aber geordnet genug, um wenigstens die schlimmsten Kriege zu verhindern. Die "pax americana" ist m.E. zwar besser als ihr Ruf, aber längst nicht ausreichend und bald ohnehin am Ende.



Ich glaube schon, dass die Raumfahrt während des Kalten Krieges sehr viel Energie gebunden hat, die sonst wohl sehr unheilvolle Effekte gehabt hätte. Vielleicht hat sie sogar dazu beigetragen, den ganz großen Krieg zu verhindern.




Nimm mir nicht die letzten Hoffnungen!

Übrigens hat dieses Thema für mich auch einen großen Bezug zum Islamthema (Nein, nicht schon wieder!... Aber warte erst mal ab!)

Ich denke, man kann ruhigen Gewissens behaupten, dass dem Islam eine wissenschaftliche Vision völlig fehlt. Hat jemals ein saudischer Prinz die Welt im Ballon umrundet oder ein privates Projekt mit Weltraumbezug mitfinanziert? Gibt es in einem islamischen Land ein großes optisches oder Radioteleskop - von Froschungssatelliten ganz zu schweigen? Selbst lateinamerikanische Länder beteiligen sich mit beschränkten Mitteln an der Weltraumforschung, und sei es auch nur als Standort.

Die Ausbreitung des Islam und übrigens auch die Ansammlung immer größerer Kapitalien in der Hand der "Ölscheichs" sehe ich in dieser Hinsicht als ein Unglück an. Ein - nicht sehr wahrscheinlicher - Sieg des Islam wäre wohl das Ende aller Visionen und vielleicht auch, angesichts der Probleme der Menschheit, die nur mit Hilfe von Wissenschaft und Technik gelöst werden können, die Fahrkarte für den Rückfall in eine vortechnische Zivilisation. Es heißt ja, dass zwar 20% der Menschen, aber nur 1% der Wissenschaftler Moslems seien...

Selbst die indirekte Wirkung des Islam könnte verheerend für die Raumfahrt sein. Wenn Gregory Benford recht hat, dass es in den USA ein finanzielles "Fenster" bis etwa 2025 gebe, wonach Überalterung und Alzheimer die großen Themen der Gesellschaft würden, dann ist es tragisch, dass ausgerechnet jetzt enorme Mittel in den "Kampf gegen den Terror" fließen.



Leider nicht sehr viele, fürchte ich.

@Aldebaran,

gerade beim Islam bin ich mir nicht sicher. In der Armen- und Irrenhausvariante mag er wissenschaftsfeindlich sein, aber gilt das auch für die eher reiche und gut situierte Variante? So soll es in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Raumfahrtzentrum geben und Malaysia will in die bemannte Raumfahrt einsteigen. Prestige halt, wie bei anderen aufstrebenden Nationen auch.

Eigentlich hoffe ich auf die erste Entdeckung einer zweiten Erde. Den ersten Planten, wo es flüssiges Wasser geben kann, haben wir ja schon gefunden, doch sein Stern ist zu rot und die Schwerkraft auf ihm wohl zu hoch, dass er als zweite Erde durchgehen kann (von den dürftigen Daten mal abgesehen).
Vielleicht sind Mars und v. a. Venus zu sehr planetare Missgeburten, um die Menschen wirklich zu reizen und es müssen erst Daten und zumindest verpixelte Bilder über eine Welt wie unsere her, um die menschliche Imagination anzuregen. Die enorme Entfernung schreckt dann vielleicht weniger als der knochentrockene Mars oder die glutheiße Venus. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg ...

Sonst ... der weitgehende Verzicht auf Raumfahrt macht das Leben nicht einmal für die erträglich, die wenig bis keinen Nutzen von ihr hätten. Im Gegenteil :rolleyes: wenn ich an der "Postmoderne" eines hasse, dann ist es ihre falsche Bescheidenheit. Wenn die "Postmoderne" uns eines nicht bringen wird, dann ist es das Dorf-Idyll mit Fahrrad und dauerhaften Konsumgütern, dass ich in einem Post skizziert habe. Selbst dieses Idyll funktioniert besser, wenn sich da einige für den Weltraum interessieren, so wie es die Menschen seit Anbeginn der Zivilisation getan haben. Oder es findet erst auf einem anderen Planeten statt.

Schatten
08.10.2007, 11:37
Volksretter gesucht .....

http://tbn0.google.com/images?q=tbn:xhjdsT2bbQBIMM:http://www.gralswissen.de/