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Vollständige Version anzeigen : Frisst uns die Bürokratie auf?



Beverly
26.09.2007, 14:42
"Von der Wiege bis zur Bahre - Formulare, Formulare" - das gilt heute mehr denn je. Verwaltung wird immer mehr zum Alptraum, weil sie mit sinnlosen, unverständlichen oder gewollt schikanösen Prozeduren und Prozessen überlastet ist.

Die Privatisierung vieler öffentlicher Leistungen macht den Wahn eher noch schlimmer - so nach dem Motto: ein staatlicher Sachbearbeiter wird überflüssig, fünf "private" Vollpfosten rücken in seine Stelle nach.

Das elektronische Zeitalter mit Computer und Internet macht es eher noch schlimmer - anstelle menschlicher Sachbearbeiter hat man es nun mit oft hirnrissig gestalteten anonymen Systemen zu tun.

Wegen der Steigerung der Produktivität müssen die Menschen immer weniger arbeiten - doch der Gewinn an Lebenszeit wird von einer nach Formularen und Informationen gierenden Bürokratie - wohlgemerkt privatwirtschaftlich eher noch schlimmer als staatlich - aufgefressen.

Erwerbslose sind den ganzen Tag damit beschäftigt, für das Jobcenter irgendwelche Formulare auszufüllen, manche Unternehmen müssen für die Gier der Bürokratie nach Informationen extra Vollzeit-Stellen einrichten.

Die Neoliberalen, die angeblich einen schlanken Staat schaffen wollen, haben viele ordnungstiftende Funtionen des Staates zerstört, doch zugleich mit ihren "Konzepten" maßgeblich zur Aufblähung der Bürokratie beigetragen.

Für sich genommen sind die Anforderungen dieser oder jener Instanz harmlos, doch in der Summe machen sie das Leben zum Alptraum.

Ein Sozialwissenschaftler schrieb mal über Syrien - "ehrliche" Hardcore-Diktatur und Polizeistaat -, dass da die Bürokratie die tragende Grundlage des Systems sei. Wenn man staatliche und privatwirtschaftliche Bürokratie zusammenrechnet plus die Funktionärsapparate in Parteien und Verbänden ist das in Deutschland mittlerweile auch nicht anders.

Also: frisst uns die Bürokratie auf?

Freiherr
26.09.2007, 16:25
Schon Bismarck hatte nach Einführung der Selbstverwaltung die Befürchtung, dass die Bürokratie überhand nehmen könnte.
100 Jahre später sind alle Befürchtungen wahr geworden.

Dalayah
26.09.2007, 16:39
Die Privatisierung vieler öffentlicher Leistungen macht den Wahn eher noch schlimmer - so nach dem Motto: ein staatlicher Sachbearbeiter wird überflüssig, fünf "private" Vollpfosten rücken in seine Stelle nach.

Der Unterschied ist, die fünf privatwirtschaftlichen Bürokraten müssen andere zahlen, den staatlichen ich. Wo wird es also mehr Bestrebungen geben, Bürokratie abzubauen ?

Felidae
26.09.2007, 16:41
Bürokratieabbau ginge nur mit Einschränkungen bei Selbstverwaltung und vor allem: Alles online ermöglichen.

politisch Verfolgter
26.09.2007, 17:34
Niemand darf zum Inhaberinstrument deklariert werden, womit der Feudaldrecksformularismus entfällt.
Sozialstaat und ÖD um mind. 90 % abbauen, die Arbeitsgesetzgebung entsorgen. Schlank und rank den value bezahlender user bezwecken.
Profit statt zwangsverarmende Zwangsbewirtschaftung zur Zwangsarbeit Anstehender, statt Enteignung, Lehnswesen und Berufsverbot.

Beverly
26.09.2007, 20:17
Der Unterschied ist, die fünf privatwirtschaftlichen Bürokraten müssen andere zahlen, den staatlichen ich. Wo wird es also mehr Bestrebungen geben, Bürokratie abzubauen ?

Die privatwirtschaftlichen Bürokraten müssen wir ebenso und noch mehr mit durchfüttern wie die staatlichen - z. B. als "Kunde", der sich nicht wehren kann, weil es keine Konkurrenz gibt oder die ebenso schlimm ist (Monopole, Oligopole). Oder als einer derjenigen, die noch halbwegs produktiv arbeiten und deren Mehrwert dazu benutzt wird, die Parasiten fett zu machen. Vergleiche doch mal die BAT-Gehälter mit dem, was die "Manager" genannten Spitzen der privatwirtschaftlichen Bürokratie so verdienen.

Beverly
26.09.2007, 20:19
(...)Alles online ermöglichen.

das setzt voraus, dass da nicht länger Hirnamputierte am Werk sind - die IT-Branche hat bestenfalls menschliche durch elektronische Bürokratie ersetzt, es dabei aber oft schlimmer gemacht

Beverly
26.09.2007, 20:27
Schon Bismarck hatte nach Einführung der Selbstverwaltung die Befürchtung, dass die Bürokratie überhand nehmen könnte.
100 Jahre später sind alle Befürchtungen wahr geworden.

Kommunen "pflegen" die lokale Identität, in dem sie nach Willkür unterschiedliche Gebüren für Eheschließungen oder auch die "eingetragene Partnerschaft" der Homos erheben. Jedes Finanzamt handhabt Steuersachen im Rahmen der Gesetze nach eigenem Ermessen und ich kenne einen Fall, wo jemand nach einem Umzug Steuern nachzahlen musste, weil "sein" neues Finanzamt bestimmte Dinge nicht so kulant handhabte wie das alte. Ein Finanzamt, wohin Beamte strafversetzt werden, die zuvor Mist gebaut haben, ist berüchtigt für seine Pingeligkeit, weil sich die Strafversetzten ja "bewähren" wollen. Einer Freundin von mir hat eine Beamtin im Berliner Oberschulamt kackfrech gesagt: "Sie glauben doch nicht, dass Sie in Berlin Lehrerin werden." Grund: Berlin erkennt ihre Abschlüsse aus einem anderen Bundesland nicht an. Ich bin noch immer bei der AOK eines Bundeslandes gemeldet, in dem ich nicht mehr wohne, einfach weil die Ummeldung wohl ein zu großer bürokratischer Krampf wäre.
Fazit: unsere Gebietskörperschaften pflegen nicht regionale Eigenarten oder schaffen "von unten" lebbare Verhältnisse, sie pflegen die Bürokratie.

Beverly
26.09.2007, 20:29
Hatten wir eigentlich schon eine Umfrage, bei der über 90 Prozent eine Frage bejaht, sie keiner verneint und sich nur wenige enthalten haben. Dass das Ergebnis beim Thema Bürokratie so eindeutig ist, sollte zu denken geben :rolleyes:

Beverly
26.09.2007, 20:31
Bürokratieabbau ginge nur mit Einschränkungen bei Selbstverwaltung

Wer verwaltet sich denn da selbst? Haben die, für die die Selbstverwaltung da sein sollte - die Bürger von Städten und Gemeinden - überhaupt Einfluss auf das, was da geschieht?

Dalayah
26.09.2007, 20:32
Die privatwirtschaftlichen Bürokraten müssen wir ebenso und noch mehr mit durchfüttern wie die staatlichen - z. B. als "Kunde", der sich nicht wehren kann, weil es keine Konkurrenz gibt

Du musst aber die Leistungen eines Unternehmens nicht in Anspruch nehmen. Der staatlichen Bürokratie kannst Du hingegen nicht entgehen, da bist Du zwangs-Kunde. :)


Oder als einer derjenigen, die noch halbwegs produktiv arbeiten und deren Mehrwert dazu benutzt wird, die Parasiten fett zu machen.

Es zwingt Dich auch niemand, Dich unter Wert zu verkaufen. Es ist doch Deine freie Entscheidung, Dich nach Tarif bezahlen zu lassen, statt Dich selbstständig zu machen.

Volkov
26.09.2007, 20:39
Nun, eindeutig ja.

Die sind vor lauter Papierberg doch nicht mehr am klaren Sehen beteiligt.
Dem Arbeitsamt Weimar gingen mal intern für mich wichtige Papiere im Haus selbst verloren weil vor lauter Unübersichtlichkeit die Liederlichkeit sich einmischte.

Naja, und es wird nicht weniger, jeder hängt in gewisser Weise am Arbeistamt und damit auch am Staat. Es ist echt erbärmlich geworden.

Der gute alte Bismarck hat da recht behalten.

politisch Verfolgter
26.09.2007, 21:02
"Arbeitsamt" ist zu entsorgen, da grundrechtswidrig - womit massig Bürokratismus entfällt. Wertschöpfung statt Bürokratie, value statt Zwangsbewirtschaftung politisch Verfolgter.

Beverly
26.09.2007, 21:54
Du musst aber die Leistungen eines Unternehmens nicht in Anspruch nehmen. Der staatlichen Bürokratie kannst Du hingegen nicht entgehen, da bist Du zwangs-Kunde. :)

es gibt auch viele privat geführte Unternehmen, bei denen man qua Monopolstellung oder Fehlen besserer Alternativen Zwangskunde ist

Beverly
26.09.2007, 21:57
Nun, eindeutig ja.

Die sind vor lauter Papierberg doch nicht mehr am klaren Sehen beteiligt.
Dem Arbeitsamt Weimar gingen mal intern für mich wichtige Papiere im Haus selbst verloren weil vor lauter Unübersichtlichkeit die Liederlichkeit sich einmischte.

Bei einem Freund hatte das Arbeitsamt seine Akten plötzlich nicht mehr. Er fuhr selbst hin und fand seinen Aktenordner in einem jetzt leeren Zimmer - sie waren vergessen worden, als das Arbeitsamt umzog.

Dalayah
26.09.2007, 22:02
es gibt auch viele privat geführte Unternehmen, bei denen man qua Monopolstellung oder Fehlen besserer Alternativen Zwangskunde ist

Da kenne ich höchstens ein paar ehemalige Staatsunternehmen, die ihre Monopolstellung sozusagen "geerbt" haben.

Misteredd
26.09.2007, 22:19
Du musst aber die Leistungen eines Unternehmens nicht in Anspruch nehmen. Der staatlichen Bürokratie kannst Du hingegen nicht entgehen, da bist Du zwangs-Kunde. :)



Es zwingt Dich auch niemand, Dich unter Wert zu verkaufen. Es ist doch Deine freie Entscheidung, Dich nach Tarif bezahlen zu lassen, statt Dich selbstständig zu machen.

Der Hauptanteil der Bürokratiekosten fällt nicht beim Staat an, sondern in der Wirtschaft, die dem Staat alles mögliche und unmögliche melden muss. Das schafft unproduktive Arbeitplätze die wir alle bezahlen müssen, die der Wirtschaft über mittelbar höhere Preise.

Jede Last lastet auf den Schultern der Produktiven .

Dalayah
26.09.2007, 22:30
Der Hauptanteil der Bürokratiekosten fällt nicht beim Staat an, sondern in der Wirtschaft, die dem Staat alles mögliche und unmögliche melden muss. Das schafft unproduktive Arbeitplätze die wir alle bezahlen müssen, die der Wirtschaft über mittelbar höhere Preise.

Jede Last lastet auf den Schultern der Produktiven .

Das stimmt. Aber zumindest hat die Wirtschaft einen triftigen Grund, Bürokratie so effizient wie möglich zu gestalten, weil es eben ein Kostenfaktor ist. Die staatliche Bürokratie kann sogar locker noch ausgebaut werden, weil sie ja durch Steuern finanziert wird.

Beverly
26.09.2007, 23:09
Das stimmt. Aber zumindest hat die Wirtschaft einen triftigen Grund, Bürokratie so effizient wie möglich zu gestalten, weil es eben ein Kostenfaktor ist. Die staatliche Bürokratie kann sogar locker noch ausgebaut werden, weil sie ja durch Steuern finanziert wird.

Du postulierst hier einen Unterschied, den es gar nicht gibt. Unter Effizienzgesichtspunkten hätten sowohl Staat als auch Wirtschaft ein Interesse an einer effizienten, mit einem Minimum an Prozeduren auskommenden Bürokratie. Beide haben Einnahmen, die nach logischen Gesichtspunkten nicht allesamt für die Verwaltung draufgehen sollen.

Doch unter Machtgesichtspunkten wuchert die Bürokratie in Privatunternehmen ebenso wie beim Staat. Sinnlose Prozeduren gedeihen, egal ob die Verantwortlichen Teil eines staatlichen oder privaten Apparates sind. So habe ich einige meiner schlimmsten Erfahrung bezüglich bürokratischer Schikane nicht mit staatlichen Instanzen gemacht - da wollen die Sachbearbeiter oft ihre Ruhe haben - sondern mit Früchtchen, die ihre Sessel in der Wirtschaft verschleißen. Beim Staat hilft im Zweifelsfall eine Dienstaufsichtsbeschwerde, bei den "Privaten" habe ich schon über eine Anzeige wegen Nötigung nachgedacht.

FranzKonz
26.09.2007, 23:19
...
Also: frisst uns die Bürokratie auf?
Sie hat uns schon lange gefressen.

So, nun geh und hole Deinen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars. :]

Beverly
26.09.2007, 23:24
Sie hat uns schon lange gefressen.

So, nun geh und hole Deinen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars. :]

Wir gründen einen Ausschuss mit nachgegliederten Arbeitsgruppen zum Abbau der Bürokratie, der als erstes Vorschriften zur Vereinfachtung diverser Verwaltungsvorschriften erarbeitet.

Dalayah
26.09.2007, 23:25
Du postulierst hier einen Unterschied, den es gar nicht gibt. Unter Effizienzgesichtspunkten hätten sowohl Staat als auch Wirtschaft ein Interesse an einer effizienten, mit einem Minimum an Prozeduren auskommenden Bürokratie. Beide haben Einnahmen, die nach logischen Gesichtspunkten nicht allesamt für die Verwaltung draufgehen sollen.

Ein Unternehmen macht Verluste, wenn es keine Kosten einspart, und wenn es Verluste macht, geht es irgendwann zu Grunde. Der Staat dagegen muss keine Kosten einsparen, er kann nicht wirklich bankrott gehen, da er immer die Möglichkeit hat Kredite aufzunehmen, also Schulden bei seinen Bürgern zu machen.
Und wenn der Staat die Schulden irgendwann nicht mehr zurückzahlen kann, dann kann er den Bürgern vorjammern, es sehe dürftig aus mit den Staatsfinanzen, er müsse Leistungen zurücknehmen, oder Steuern erhöhen. Diese Optionen hat ein Unternehmen nicht.

tommy3333
26.09.2007, 23:51
Aktenzeichen Amtsschimmel - Der frustrierende Kampf gegen die Bürokratie

»Kommentar:

Bonn, Institut für Mittelstandsforschung. ... Sie haben berechnet, wie teuer überflüssige Bürokratie wirklich ist. Tausende von Daten wurden ausgewertet, in Modellrechnungen eingespeist, und heraus kam eine gigantische Summe: 46 Milliarden Euro verschwinden jedes Jahr im Paragraphendschungel.
0-Ton Gunter Kayser (Inst. f. Mittelstandsforschung):
„Das Geld wird verschlungen durch das Ausstellen von Bescheinigungen, durch die Abgabe von Erklärungen, durch das permanente Erheben eigentlich relativ einfacher Statistiken, durch das Nachsuchen nach Genehmigungen für einen Sachverhalt, je nach Schwere des Sachverhaltes bei bis zu acht verschiedenen Stellen, die dann auch noch fünf verschiedene Öffnungszeiten und sechs verschiedene Standorte haben. Das heißt, es ist ein Rennen von Pontius zu Pilatus.“ ...«

aus: PANORAMA Nr. 634 vom 13.11.2003 (Quelle (http://home.arcor.de/m_enning/politik/buerokratie.htm))


In diesem PDF File (http://de.wrs.yahoo.com/_ylt=A0geumls4PpGM3UBGhozCQx.;_ylu=X3oDMTExN3BqYWM wBHNlYwNzcgRwb3MDMgRjb2xvA2FjMgR2dGlkAwRsA1dTMQ--/SIG=12cruvn1v/EXP=1190932972/**http%3A//daserste.ndr.de/container/file/t_cid-2901000_.pdf) oder auch hier (http://p198.ezboard.com/fwtwtafrm2.showNextMessage?topicID=588.topic) finden sich viele Stilblüten bürokratischer Vorschriftenlyrik in D.

Misteredd
27.09.2007, 00:42
Aktenzeichen Amtsschimmel - Der frustrierende Kampf gegen die Bürokratie

»Kommentar:

Bonn, Institut für Mittelstandsforschung. ... Sie haben berechnet, wie teuer überflüssige Bürokratie wirklich ist. Tausende von Daten wurden ausgewertet, in Modellrechnungen eingespeist, und heraus kam eine gigantische Summe: 46 Milliarden Euro verschwinden jedes Jahr im Paragraphendschungel.
0-Ton Gunter Kayser (Inst. f. Mittelstandsforschung):
„Das Geld wird verschlungen durch das Ausstellen von Bescheinigungen, durch die Abgabe von Erklärungen, durch das permanente Erheben eigentlich relativ einfacher Statistiken, durch das Nachsuchen nach Genehmigungen für einen Sachverhalt, je nach Schwere des Sachverhaltes bei bis zu acht verschiedenen Stellen, die dann auch noch fünf verschiedene Öffnungszeiten und sechs verschiedene Standorte haben. Das heißt, es ist ein Rennen von Pontius zu Pilatus.“ ...«

aus: PANORAMA Nr. 634 vom 13.11.2003 (Quelle (http://home.arcor.de/m_enning/politik/buerokratie.htm))


In diesem PDF File (http://de.wrs.yahoo.com/_ylt=A0geumls4PpGM3UBGhozCQx.;_ylu=X3oDMTExN3BqYWM wBHNlYwNzcgRwb3MDMgRjb2xvA2FjMgR2dGlkAwRsA1dTMQ--/SIG=12cruvn1v/EXP=1190932972/**http%3A//daserste.ndr.de/container/file/t_cid-2901000_.pdf) oder auch hier (http://p198.ezboard.com/fwtwtafrm2.showNextMessage?topicID=588.topic) finden sich viele Stilblüten bürokratischer Vorschriftenlyrik in D.


Sehr guter Link!

Felidae
27.09.2007, 08:02
Wer verwaltet sich denn da selbst? Haben die, für die die Selbstverwaltung da sein sollte - die Bürger von Städten und Gemeinden - überhaupt Einfluss auf das, was da geschieht?

Wenig. Insgesamt - und ich kenne mich da aus - ist die Selbstverwaltung keine gute Sache.

Mauser98K
27.09.2007, 08:21
Ich kenne den Polizeibürokratismus zu Genüge.

Felidae
27.09.2007, 08:24
Ich kenne den Polizeibürokratismus zu Genüge.

Naja, hinzu kommt ja noch die Arbeit, die der Bürger nicht sieht und von der er auch nichts mitkriegt.

derRevisor
27.09.2007, 08:44
Vielliecht kann man das ganze ja auch physikalisch betrachten.

Nehmen wir mal an die Gesellschaft ist eine Maschine.
Diese Maschine hat nun einen Energieinput x und einen Energeioutput y.

y ist immer kleiner x da die Maschine Reibungsverluste usw. hat. Diese differenz zwischen x und y sind die Bürokratiekosten. Es geht also nicht ohne Bürokratie. Man kann nur dafür sorge tragen das der Energieverlust möglichst gering ist.

Beverly
27.09.2007, 09:31
Ich kenne den Polizeibürokratismus zu Genüge.

Ich kannte mal eine Polizistin, die sagte, dass ihre Arbeit zum größten Teil aus Schreibarbeiten bestehe. An einer Krimiserie fand sie gut, weil realistisch, dass da die Ermittler immer mit einer tragbaren Schreibmaschine erschienen - weil das dem Polizei(schreib)alltag besser entspricht als etwa "Derrick".

Beverly
27.09.2007, 09:40
Insgesamt - und ich kenne mich da aus - ist die Selbstverwaltung keine gute Sache.

IMHO ist der einstmals so gerühmte Föderalismus der BRD auf den Hund gekommen, weil die Gebietskörperschaften (Länder, Kreise, Städte und Gemeinden) immer weniger Geldmittel haben, um in ihrem Bereich gestaltend zu wirken. Viele Kommunen müssen ihre Einrichtungen dicht machen, Preise erhöhen, Leistungen einschränken.

Oder kommunale Leistungen werden gleich privatisiert und dadurch oft schlechter.

Da wo es nichts kostet - eben bei Verwaltungsvorschriften und Bürokratie - haben die Gebietskörperschaften dagegen viel zu viel Spielraum.
Dazu kommt noch, dass sich auch nicht-staatliche Einrichtungen - Kreissparkasse, Volksbank, AOK - "regionalisieren". So nach dem Motto: es gehört alles zum gleichen Unternehmen, aber jede Filiale ist zugleich ein eigenes Unternehmen.

Beverly
27.09.2007, 09:43
Vielliecht kann man das ganze ja auch physikalisch betrachten.

Nehmen wir mal an die Gesellschaft ist eine Maschine.
Diese Maschine hat nun einen Energieinput x und einen Energeioutput y.

y ist immer kleiner x da die Maschine Reibungsverluste usw. hat. Diese differenz zwischen x und y sind die Bürokratiekosten. Es geht also nicht ohne Bürokratie. Man kann nur dafür sorge tragen das der Energieverlust möglichst gering ist.

Unter solchen systemtheoretischen Gesichtspunkten müssten wir aber alles, wirklich alles tun, um Komplexität zu reduzieren. Wobei "Komplexität" ganz konkret für den alltäglichen Wahnsinn steht. Sonst läuft die Maschine irgendwann heiß und fällt ganz auseinander, weil die Bürokratie die meiste Energie aufzehrt.

Felidae
27.09.2007, 09:43
Es gibt teilweise auch zuviele kommunale Dienstleistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden.

Daniel3
27.09.2007, 09:43
"Von der Wiege bis zur Bahre - Formulare, Formulare" - das gilt heute mehr denn je. Verwaltung wird immer mehr zum Alptraum, weil sie mit sinnlosen, unverständlichen oder gewollt schikanösen Prozeduren und Prozessen überlastet ist.

Die Privatisierung vieler öffentlicher Leistungen macht den Wahn eher noch schlimmer - so nach dem Motto: ein staatlicher Sachbearbeiter wird überflüssig, fünf "private" Vollpfosten rücken in seine Stelle nach.

Das elektronische Zeitalter mit Computer und Internet macht es eher noch schlimmer - anstelle menschlicher Sachbearbeiter hat man es nun mit oft hirnrissig gestalteten anonymen Systemen zu tun.

Wegen der Steigerung der Produktivität müssen die Menschen immer weniger arbeiten - doch der Gewinn an Lebenszeit wird von einer nach Formularen und Informationen gierenden Bürokratie - wohlgemerkt privatwirtschaftlich eher noch schlimmer als staatlich - aufgefressen.

Erwerbslose sind den ganzen Tag damit beschäftigt, für das Jobcenter irgendwelche Formulare auszufüllen, manche Unternehmen müssen für die Gier der Bürokratie nach Informationen extra Vollzeit-Stellen einrichten.

Die Neoliberalen, die angeblich einen schlanken Staat schaffen wollen, haben viele ordnungstiftende Funtionen des Staates zerstört, doch zugleich mit ihren "Konzepten" maßgeblich zur Aufblähung der Bürokratie beigetragen.

Für sich genommen sind die Anforderungen dieser oder jener Instanz harmlos, doch in der Summe machen sie das Leben zum Alptraum.

Ein Sozialwissenschaftler schrieb mal über Syrien - "ehrliche" Hardcore-Diktatur und Polizeistaat -, dass da die Bürokratie die tragende Grundlage des Systems sei. Wenn man staatliche und privatwirtschaftliche Bürokratie zusammenrechnet plus die Funktionärsapparate in Parteien und Verbänden ist das in Deutschland mittlerweile auch nicht anders.

Also: frisst uns die Bürokratie auf?


Iwo....

Die Kapitalisten fressen uns auf, weil sie den Hals nicht voll kriegen...!

Armutslöhne, sinkende Löhne, 1-Euro-Jobs nehmen immer mehr zu........und der Wähler lässt sich das alles gefallen und wählt weiter dumm die CDU!

Die Merkel-CDU ist gegen Mindestlöhne und für Armutslöhne!

Bürokratie ist zwar auch ein Problem, aber verglichen mit dem oben beschriebenen Problem ein Luxus-Problem.

Beverly
27.09.2007, 09:51
Iwo....

Die Kapitalisten fressen uns auf, weil sie den Hals nicht voll kriegen...!

Armutslöhne, sinkende Löhne, 1-Euro-Jobs nehmen immer mehr zu........und der Wähler lässt sich das alles gefallen und wählt weiter dumm die CDU!

Bürokratie ist zwar auch ein Problem, aber verglichen mit dem oben beschriebenen Problem ein Luxus-Problem.

Das sehe ich anders. Bürokratie ist eben kein Luxus-Problem, weil sich die Reichen und Mächtigen ihr entziehen können.
Wer sich das leisten kann, für den ist es am Gescheitesten, er stellt sich jemanden ein, der ihm den "Papierkrieg" abnimmt. Allenfalls Quittungen sammeln und sie dem Buchhalter geben, der sie an das externe Steurbüro weiter reicht - verursacht zwar (Bürokratie-)Kosten, aber schont letztendlich die Nerven.
Im Extremfall führt das dann dazu, dass bei Großkonzernen ganze Abteilungen damit beschäftigt sind, zu eruieren, wo es denn "Fördergelder" gibt ;)

Bürokratie ist sowohl in kapitalistischen als auch nichtkapitalistischen Systemen ein Unterdrückungsinstrument, dass sich nur zu oft gezielt gegen die einfachen Menschen richtet. Sie haben nicht die Ressourcen, den Papierkrieg an Spezialisten zu delegieren, sie können sich keinen Anwalt leisten und sie haben auch keinen Einfluss, um der Bürokratie zu entgehen.
Fazit: zeige mir eine Diktatur und ich zeige dir eine Bürokratie. Zeige mir eine Bürokratie und ich zeige dir eine Diktatur :rolleyes:

elas
27.09.2007, 09:51
Bürokratieabbau ginge nur mit Einschränkungen bei Selbstverwaltung und vor allem: Alles online ermöglichen.

Diese verbieten sich auf Grund des:

Parkinsonsches Gesetz

von dem britischen Soziologen Cyril Northcote Parkinson formuliertes Gesetz über das Wachstum der Bürokratie; danach weisen hierarchisch aufgebaute Verwaltungen (auch in Unternehmen) die Tendenz zur Selbstaufblähung auf. Dadurch wächst die Gefahr der Unwirtschaftlichkeit, des Leerlaufs und letztlich des Zusammenbrechens.

Ähnlich ist das Peterprinzip zu sehen. Das nach dem kanadischen Bildungsforscher Laurence J. Peter benannte Prinzip besagt, dass in einer Organisation jeder Beschäftigte solange aufsteigen wird, bis er die Stelle seiner eigenen Unfähigkeit erreicht hat.

Beverly
27.09.2007, 09:58
Parkinsonsches Gesetz

von dem britischen Soziologen Cyril Northcote Parkinson formuliertes Gesetz über das Wachstum der Bürokratie; danach weisen hierarchisch aufgebaute Verwaltungen (auch in Unternehmen) die Tendenz zur Selbstaufblähung auf. Dadurch wächst die Gefahr der Unwirtschaftlichkeit, des Leerlaufs und letztlich des Zusammenbrechens.

die Bürokratie frisst nicht nur die Ressourcen der Institution auf, in der sie angesiedelt ist, sondern auch die der Menschen, die ihre Anforderungen erfüllen müssen


Ähnlich ist das Peterprinzip zu sehen. Das nach dem kanadischen Bildungsforscher Laurence J. Peter benannte Prinzip besagt, dass in einer Organisation jeder Beschäftigte solange aufsteigen wird, bis er die Stelle seiner eigenen Unfähigkeit erreicht hat.

Ich kenne das Peter-Prinzip anders: ein "Chef" wird nie jemanden fördern, der so klug wie er oder noch klüger ist. Der wäre ja eine Bedrohung. Ein "Chef" umgibt sich daher immer mit Leuten, die dümmer als er sind, weil die für ihn ungefährlich sind. Wenn er dann doch abtritt, wird dadurch einer Nachfolger, der dümmer als er ist. Der neue "Chef" ... :rolleyes:

Wie auch immer ... warum habe ich nach dem Lesen deines Posts das Gefühl, dass alle hochrangigen Politiker, Wirtschaftsbosse oder auch Bürokraten und Journalisten "Peter Parkinson" heißen? Oder im Zuge der Emanzipation auch "Petra Parkinson" ?( ?

derRevisor
27.09.2007, 10:16
Unter solchen systemtheoretischen Gesichtspunkten müssten wir aber alles, wirklich alles tun, um Komplexität zu reduzieren. Wobei "Komplexität" ganz konkret für den alltäglichen Wahnsinn steht. Sonst läuft die Maschine irgendwann heiß und fällt ganz auseinander, weil die Bürokratie die meiste Energie aufzehrt.

so siehts aus

Mauser98K
27.09.2007, 11:40
Ich kannte mal eine Polizistin, die sagte, dass ihre Arbeit zum größten Teil aus Schreibarbeiten bestehe. An einer Krimiserie fand sie gut, weil realistisch, dass da die Ermittler immer mit einer tragbaren Schreibmaschine erschienen - weil das dem Polizei(schreib)alltag besser entspricht als etwa "Derrick".

Ja, das entspricht den Tatsachen.

Man kann als Polizist draußen den größten Mist bauen, aber wehe dem, der ein falsches Formular benutzt.

Beverly
27.09.2007, 13:09
(...)wehe dem, der ein falsches Formular benutzt.

so geht es nicht nur Polizisten :rolleyes: