Siran
06.08.2004, 09:37
Kettenbrief: Schröder muss gehen
Die SPD-Basis warnt vor der Sozialpolitik des Kanzlers. Generalsekretär Klaus Uwe Benneter bezeichnet das Papier indes als "niveaulos und unverschämt"
An der SPD-Basis wird mit einem elektronischen Kettenbrief gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder Front gemacht. Nach Medienberichten wird darin offen zum möglichst schnellen Sturz Schröders aufgerufen. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter wies die „üblen Diffamierungen“ zurück. „Das Papier ist niveaulos und unverschämt.“
In dem Kettenbrief unter dem Titel „Alarmruf“, über den die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ und andere Medien berichteten, ist von einem „verantwortungslosen Starrsinn“ des Kanzlers die Rede. „Schröder muss gehen - Kurswechsel sofort“, heißt es darin. Auf die SPD-Kandidaten bei den anstehenden Landtags- und Kommunalwahlen solle eingewirkt werden, damit sie sich zur Ablehnung der Agendapolitik bekennen.
Wir lehnen uns auf gegen den unfassbaren sozialen Rückschritt, der über uns hereinbrechen soll“, heißt es in dem Schreiben. Durch den „verantwortungslosen Starrsinn“ Schröders sei die SPD „unausweichlich zum Untergang“ verurteilt, daher müsse es sofort einen „Kurswechsel“ geben.
Die Initiative für den Aufruf ging von einem regionalen Treffen aus, zu dem die regionale Redaktion der Zeitung „Soziale Politik & Demokratie“ am 10. Juli in Köln eingeladen hatte. Unterzeichnet ist der Aufruf von Eva Gürster, einem Kölner SPD-Mitglied. In Nordrhein-Westfalen finden am 26. September Kommunalwahlen statt.
Das Papier „zeugt von der Enttäuschung, selbst in der SPD keine Rolle spielen zu können“, erklärte Benneter in Berlin. „Wer so redet und schreibt, betätigt sich als Helfershelfer von Merkel und Westerwelle und sabotiert die Arbeit der deutschen Sozialdemokratie“, warf er den Initiatoren vor. Er schade besonders den Ortsvereinen und Landesverbänden, die jetzt im Wahlkampf stünden.
„Wer sich auf Parteitagen nicht durchsetzen konnte, sollte jetzt nicht als Querulant die Arbeit von Regierung und Partei zu diffamieren versuchen.“Benneter betonte, Schröder und die SPD-Führung seien „auf mehreren Parteitagen mit ihrer Politik ausdrücklich und einmütig bestätigt worden“. Diese Politik sei „anspruchsvoll, aber sie führt Schritt für Schritt in die richtige Richtung“.
"Großer Graben" zwischen Erwartungen und praktischer Politik
In Stellungnahmen zu einem Brief von SPD-Chef Franz Müntefering distanzierten sich die Spitzen der Gewerkschaften IG Metall und ver.di erneut klar von der Reformpolitik der Bundesregierung. IG-Metall-Chef Jürgen Peters schrieb in einem Brief an Müntefering, der Vertrauensverlust und die Wahlniederlagen der SPD seien nicht auf handwerkliche Pannen oder Kommunikationsschwächen zurückzuführen.
„Es ist der große Graben zwischen den Erwartungen eines großen Teils der SPD-Anhängerschaft und der praktischen Politik ihrer Partei, der dafür verantwortlich ist.“ Dieser Graben habe sich durch die Agenda 2010 aufgetan.
Die Erfolglosigkeit der Reformpolitik habe in Verbindung mit der Zunahme sozialer Ungerechtigkeit dazu geführt, „dass die Agenda 2010 bei immer mehr Menschen gerade aus der Anhängerschaft der SPD auf Unverständnis und Wut stößt“, schrieb ver.di-Chef Frank Bsirske in einem Brief an führende Gewerkschaftsmitglieder.
Beide Gewerkschaftsvorsitzenden erklärten aber ihre Dialogbereitschaft in der Reformpolitik. „Dort, wo Dinge konstruktiv aufgegriffen werden können, tun wir dies“, schrieb Bsirske. „Dort wo Kritik geboten ist, werden wir sie auch in Zukunft zum Ausdruck bringen.“
Beide Briefe, sind eine Reaktion auf ein Schreiben, das Müntefering Mitte Juli an Gewerkschafter gerichtet hatte. Anfang Juli hatten sich SPD-Führung und Gewerkschaften darauf verständigt, zu einem „kritischen, aber konstruktiven Dialog“ zurückfinden. Für den 5. Oktober ist ein neues Treffen des SPD-Gewerkschaftsrats angesetzt, bei dem es um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gehen soll.
http://www.welt.de/data/2004/08/05/315268.html
Die SPD-Basis warnt vor der Sozialpolitik des Kanzlers. Generalsekretär Klaus Uwe Benneter bezeichnet das Papier indes als "niveaulos und unverschämt"
An der SPD-Basis wird mit einem elektronischen Kettenbrief gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder Front gemacht. Nach Medienberichten wird darin offen zum möglichst schnellen Sturz Schröders aufgerufen. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter wies die „üblen Diffamierungen“ zurück. „Das Papier ist niveaulos und unverschämt.“
In dem Kettenbrief unter dem Titel „Alarmruf“, über den die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ und andere Medien berichteten, ist von einem „verantwortungslosen Starrsinn“ des Kanzlers die Rede. „Schröder muss gehen - Kurswechsel sofort“, heißt es darin. Auf die SPD-Kandidaten bei den anstehenden Landtags- und Kommunalwahlen solle eingewirkt werden, damit sie sich zur Ablehnung der Agendapolitik bekennen.
Wir lehnen uns auf gegen den unfassbaren sozialen Rückschritt, der über uns hereinbrechen soll“, heißt es in dem Schreiben. Durch den „verantwortungslosen Starrsinn“ Schröders sei die SPD „unausweichlich zum Untergang“ verurteilt, daher müsse es sofort einen „Kurswechsel“ geben.
Die Initiative für den Aufruf ging von einem regionalen Treffen aus, zu dem die regionale Redaktion der Zeitung „Soziale Politik & Demokratie“ am 10. Juli in Köln eingeladen hatte. Unterzeichnet ist der Aufruf von Eva Gürster, einem Kölner SPD-Mitglied. In Nordrhein-Westfalen finden am 26. September Kommunalwahlen statt.
Das Papier „zeugt von der Enttäuschung, selbst in der SPD keine Rolle spielen zu können“, erklärte Benneter in Berlin. „Wer so redet und schreibt, betätigt sich als Helfershelfer von Merkel und Westerwelle und sabotiert die Arbeit der deutschen Sozialdemokratie“, warf er den Initiatoren vor. Er schade besonders den Ortsvereinen und Landesverbänden, die jetzt im Wahlkampf stünden.
„Wer sich auf Parteitagen nicht durchsetzen konnte, sollte jetzt nicht als Querulant die Arbeit von Regierung und Partei zu diffamieren versuchen.“Benneter betonte, Schröder und die SPD-Führung seien „auf mehreren Parteitagen mit ihrer Politik ausdrücklich und einmütig bestätigt worden“. Diese Politik sei „anspruchsvoll, aber sie führt Schritt für Schritt in die richtige Richtung“.
"Großer Graben" zwischen Erwartungen und praktischer Politik
In Stellungnahmen zu einem Brief von SPD-Chef Franz Müntefering distanzierten sich die Spitzen der Gewerkschaften IG Metall und ver.di erneut klar von der Reformpolitik der Bundesregierung. IG-Metall-Chef Jürgen Peters schrieb in einem Brief an Müntefering, der Vertrauensverlust und die Wahlniederlagen der SPD seien nicht auf handwerkliche Pannen oder Kommunikationsschwächen zurückzuführen.
„Es ist der große Graben zwischen den Erwartungen eines großen Teils der SPD-Anhängerschaft und der praktischen Politik ihrer Partei, der dafür verantwortlich ist.“ Dieser Graben habe sich durch die Agenda 2010 aufgetan.
Die Erfolglosigkeit der Reformpolitik habe in Verbindung mit der Zunahme sozialer Ungerechtigkeit dazu geführt, „dass die Agenda 2010 bei immer mehr Menschen gerade aus der Anhängerschaft der SPD auf Unverständnis und Wut stößt“, schrieb ver.di-Chef Frank Bsirske in einem Brief an führende Gewerkschaftsmitglieder.
Beide Gewerkschaftsvorsitzenden erklärten aber ihre Dialogbereitschaft in der Reformpolitik. „Dort, wo Dinge konstruktiv aufgegriffen werden können, tun wir dies“, schrieb Bsirske. „Dort wo Kritik geboten ist, werden wir sie auch in Zukunft zum Ausdruck bringen.“
Beide Briefe, sind eine Reaktion auf ein Schreiben, das Müntefering Mitte Juli an Gewerkschafter gerichtet hatte. Anfang Juli hatten sich SPD-Führung und Gewerkschaften darauf verständigt, zu einem „kritischen, aber konstruktiven Dialog“ zurückfinden. Für den 5. Oktober ist ein neues Treffen des SPD-Gewerkschaftsrats angesetzt, bei dem es um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gehen soll.
http://www.welt.de/data/2004/08/05/315268.html