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Vollständige Version anzeigen : Schwerstkranke Töten?



Norbert Sanftmann
01.08.2004, 10:56
Freitag, 30. Juli 2004
Motiv: Mitleid
Pfleger tötet zehn Kranke
http://www.n-tv.de/5369300.html

Was meint ihr dazu?
Angenommen, die Betroffenen waren einverstanden, war das ganze dann moralisch verwerflich?
Außerdem hätte die Weiterbehandlung Unsummern verschlungen...ohne Aussicht auf Erfolg.

Fars
01.08.2004, 11:11
Hallo, Norbert Sanftmann !

Ich bin gegen Sterbehilfe. Auch wenn ich Mitleid als Motiv sehr gut nachvollziehen kann, man kommt als Mediziner schneller auf das juristische Glatteis als einem lieb wäre. Sie kann nun mal gut zur Vertuschung von Mord dienen. Dazu kommt noch die zunehmende Relativität der Unheilbarkeit hinsichtlich der Schnelligkeit des medizinischen Fortschritts.

Gruß Fars

Gärtner
01.08.2004, 14:36
Heftige Ablehnung.

Allein schon aufgrund der Unmöglichkeit, eine allgemeingültige Grenze zu definieren, ab wann man "schwerstkrank" oder doch nicht ist, um von Staats wegen eingeschläfert zu werden.

Es wäre dies nichts weiter als Mord.

Schrapsel
01.08.2004, 15:06
Da ich im Krankentransport tätig bin, habe ich Kontak zu allerlei kranken Menschen. Bei einigen bettlägerigen Patienten, die nur noch vor sich hin vegetieren, sei es aufgrund des Alters oder einer Krankheit, frage ich mich dann auch, ob es sich überhaupt lohnt, diese noch zu pflegen. Es ist ein wirklich schweres Thema, bei der es mir schwerfällt eine deutliche Position einzunehmen.
Derzeit würde ich die Sterbehilfe ablehnen.

kangal
01.08.2004, 15:16
grundsätzlich denke ich, dass jeder das recht hat über sein leben und seinen tod selbst zu bestimmen.

aaaaaber:

Außerdem hätte die Weiterbehandlung Unsummern verschlungen...ohne Aussicht auf Erfolg.
wenn ich sowas lese wird mir schlecht und ich könnte meine meinung evtl. nochmal überdenken. :(
weiterbehandlung? eher einen weitestgehend schmerzfreien tod ermöglichen.
und dafür können ruhig "unsummen" ausgegeben werden.

in der schweiz ist es m.e. ganz gut geregelt, kurz gesagt wird dem patienten lediglich das material zur verfügung gestellt, den letzten schritt muss er selber gehen.

Roter engel
01.08.2004, 17:17
Ich bin für aktive Sterbehilfe...nur der betroffene sollte es schriftlich festhalten

es geht hier doch um aktive sterbehilfe???

Total grausam finde ich, wenn der Arzt nicht einmal schmerzmildernde mittel gibt oder geben darf, weil diese lebensverkürzend sind...ich bin für Qualität statt Quantität... Was ist das für ein Leben und dass es gottgewollt ist, ist sowieso schwachsinn

übrigens, kaum ein arzt wird gegen einen anderen Arzt aussagen, also ist das Thema erledigt

kangal
01.08.2004, 17:33
hi Roter engel,

Ich bin für aktive Sterbehilfe...nur der betroffene sollte es schriftlich festhalten
wann? mit 20? mit 40? mit 80? und wer trifft dann die endscheidung aktiv zu werden?
die erben? der arzt? die krankenkasse (kosten!)? und was ist, wenn ich meine meinung geändert habe und lieber im morphiumrausch sterben möchte, mich aber nicht mehr artikulieren kann?


Total grausam finde ich, wenn der Arzt nicht einmal schmerzmildernde mittel gibt oder geben darf, weil diese lebensverkürzend sind...
ist das so? ich dachte immer, dinge wie schmerzbehandlung würden im vordergrund stehen. haste da ne quelle?


ich bin für Qualität statt Quantität
volle zustimmung, nur wer sagt, was qualität ist?

viele grüsse
kangal

Roter engel
01.08.2004, 17:49
Du kannst festlegen, wann aktive Sterbehilfe eintritt...zum beispiel wenn du längere zeit im koma liegst und es keine oder geringe lebenserwartungen gibt...etc...
du hattest genug zeit...
der arzt ist nichtndazu gezwungen dir morphium zu geben, das ist entscheidung deiner angehörigen...sei nett zu denen:-)
Jeder kann es selbst festlegen...ein tief religiöser mensch wird aktive sterbehilfe ablehnen(totaler schhwachsinn), aber es ist ja seine entscheidung

Manfred_g
01.08.2004, 20:17
hi Roter engel,

wann? mit 20? mit 40? mit 80? und wer trifft dann die endscheidung aktiv zu werden?
die erben? der arzt? die krankenkasse (kosten!)? und was ist, wenn ich meine meinung geändert habe und lieber im morphiumrausch sterben möchte, mich aber nicht mehr artikulieren kann?
viele grüsse
kangal


Die Tatsache, dass es gesetzlich schwer umsetzbar ist, ist für mich kein Grund nicht mehr darüber nachzudenken.

Es werden weit unsinnigere Gesetze um(durch)gesetzt, ohne Rücksicht darauf wie kompliziert es im Detail wird. Das ist doch eine deutsche "Spezialität" viel Gesetze wenig Sinn dahinter ;)
Ich lasse prinzipiell nicht gelten, daß ein langes furchtbares Leben in jedem Falle einem kürzeren guten Leben vorgezogen werden muß.
Da ist ein Knick in der Logik.
Sowohl passive als auch aktive Sterbehilfe verdienen rational diskutiert zu werden. Besser gesagt: die Menschen verdienen es!

Gruß
Manfred

kangal
01.08.2004, 20:44
hallo Roter engel,

Du kannst festlegen, wann aktive Sterbehilfe eintritt...zum beispiel wenn du längere zeit im koma liegst und es keine oder geringe lebenserwartungen gibt...etc...
du hattest genug zeit...

ich hatte ja nicht gefragt in welchem fall, sondern wann ich diese entscheidung für mich persönlich treffe. hab ich sie mit 20 nicht getroffen und erleide dann einen unfall der mich ins koma bringt, entscheide ja nicht ich, sondern andere, oder?

was die eigene entscheidung und lebensqualität angeht:
inge meisel hat zu klaren zeiten öffentlich und sehr deutlich gesagt, dass sie nicht so sterben möchte, wie sie im endeffekt gestorben ist und auch ganz deutlich ein vorzeitiges (mit hilfe) ableben erbeten. hättest du die spritze gegeben oder den becher gereicht?


der arzt ist nicht dazu gezwungen dir morphium zu geben, das ist entscheidung deiner angehörigen...sei nett zu denen:-)

ich bin zwar weder mediziner noch jurist, aber ich denke, das ist ziemlicher blödsinn. der arzt ist verpflichtet mit allem ihm zur verfügung stehenden mitteln zum einen ein leben zu erhalten und zum anderen einen "humanen" tod zu gewährleisten. das steht erstmal im vordergrund. ich selber habe die möglichkeit einzuwirken (patiententestament-lebenerhaltende massnahmen usw.). angehörige müssen sich schon ziemlich anstrengen, um die gabe von schmerzmitteln zu verhindern (ich denke, das funktioniert überhaupt nicht)


Jeder kann es selbst festlegen...ein tief religiöser mensch wird aktive sterbehilfe ablehnen(totaler schhwachsinn), aber es ist ja seine entscheidung
ziemlich anmassend, entscheidungen eines einzelnen, seinen eigenen tod betreffend als totalen schwachsinn zu bezeichnen.

hi Manfred_q

Die Tatsache, dass es gesetzlich schwer umsetzbar ist, ist für mich kein Grund nicht mehr darüber nachzudenken.
natürlich nicht, ich bin ja auch kein grundsätzlicher gegner, habe allerdings noch zu viele unbeantwortete fragen und lehne zur zeit jedenfalls eine aktive sterbehilfe ab. ich bin aber gleichzeitig dafür, dass die beihilfe zur selbsttötung legal sein sollte.

Kaiser
01.08.2004, 21:19
Was meint ihr dazu?
Angenommen, die Betroffenen waren einverstanden, war das ganze dann moralisch verwerflich?
Außerdem hätte die Weiterbehandlung Unsummern verschlungen...ohne Aussicht auf Erfolg.

Jeder sollte selbst über sein Leben entscheiden können. Das schließt sein Ende mit ein. Wenn es mein Schicksal wäre unter Schmerzen dahinzuvegetieren, würde ich mir auch den Tod herbeisehnen.

Mit welchem Recht will man einen leidenden Menschen ohne Hoffnung zwingen weiterzuleben?

Fars
01.08.2004, 21:28
Hallo, kangal !

Ich bin aber gleichzeitig dafür, dass die beihilfe zur selbsttötung legal sein sollte.
Nein. Das halte ich für juristisch und kriminologisch genauso bedenklich wie die Sterbehilfe. Fremdtötung darf nicht legal sein, was nicht heißen soll, dass das Umbringen eines Menschen (durch nicht-staatliche Hand) nicht legitim sein kann.

Jeder Mensch sollte für seine Mitmenschen rechtzeitig für Klarheit sorgen, damit sie in keine Gewissensbedrouille geraten.

Gruß Fars

kangal
02.08.2004, 07:38
hallo Fars,

ich sprach von beihilfe zur selbsttötung. in diesem fall beschränkt sich der fremdeinfluss auf logistische dinge und einer art medizinische kontrolle.

die schweiz hat damit ganz gute erfahrungen gemacht. bei entsprechender mehrfach überprüfter diagnose, stellt man dem betroffenen die nötigen mittel zur verfügung. die tat selber wird ausschliesslich von dem betroffenen begangen.

es ist ja nicht die rede davon, dass sowas im privatbereich zugelassen werden soll.

Siran
02.08.2004, 07:59
Der Arzt hat die Aufgabe, dein Leben so lang wie möglich zu erhalten.

Gerade bei Krebskranken, bei denen es abzusehen ist, dass der Tod nicht aufzuhalten ist, gibt es häufig die Entscheidung: Wir geben ihm jetzt ordentliche Schmerzmittel und schicken ihn heim, dann hat er noch einen Monat zu leben, ist aber größtenteils schmerzfrei und kann den Monat noch genießen. oder: Wir geben ihm jetzt die volle Chemo, Bestrahlungen, etc. Dann wird es ihm wesentlich schlechter gehen, weil er mit den Nebenwirkungen zu kämpfen hat, dafür hat er noch vier Monate zu leben.

Der Arzt ist, soweit ich weiß zumindest, dazu verpflichtet, die letzte Methode durchzuführen, wobei in diesem Fall die endgültige Entscheidung beim Patienten liegt.

Ich nehme mal an, so in etwa sieht die Frage auch aus bei Schmerzmitteln, die dich zwar komplett betäuben, aber dein Leben stark verkürzen.

derNeue
02.08.2004, 08:34
wann? mit 20? mit 40? mit 80? und wer trifft dann die endscheidung aktiv zu werden?
die erben? der arzt? die krankenkasse (kosten!)? und was ist, wenn ich meine meinung geändert habe und lieber im morphiumrausch sterben möchte, mich aber nicht mehr artikulieren kann?

Das sind, glaub ich, die entscheidenden Fragen. Es geht immer um die Grenzziehung. Grundsätzlich finde ich den Gedanken nicht falsch, die Menschen in gößerem Umfang als bisher über ihr eigenes Leben selbst bestimmen zu lassen.
Es müßte dann aber genau formulierte und eng gefaßte Kriterien geben, deren Gültigkeit im Einzelfall von unabhängiger Seite überprüft wird.Daß diese Diskussion in Deutschland so kontrovers und mit hohen moralischen Maßstäben geführt wird, ist zu begrüßen. Andererseits verwundert es, daß die gleichen Maßstäbe in der Frage der Abtreibung nicht zu gelten scheinen. Da steht dann plötzlich die Selbstverwirklichung der Interessengruppen im Vordergrund.

Roter engel
02.08.2004, 16:44
Wenn sie es festgehalten hätte und ich ihr arzt wäre hätte ich ihr die spritze gegeben oder den becher hingehalten, wenn es niht gesetzlich verboten wäre...
Aber ganz erlich, wenn mich meine beste Freundin bitten würde um aktive sterbehilfe, ich würds machen...

kangal
02.08.2004, 16:46
aber sie war doch nicht totkrank (jedenfalls keine lange schwere krankheit) - sie war lediglich dement. und eben diese altersdemens stellte für sie eine solch grosse einschränkung der lebensqualität da, dass so nicht leben wollte.

immer noch? wo ziehst du die grenze?

Hakan
02.08.2004, 16:47
Wenn sie es festgehalten hätte und ich ihr arzt wäre hätte ich ihr die spritze gegeben oder den becher hingehalten, wenn es niht gesetzlich verboten wäre...
Aber ganz erlich, wenn mich meine beste Freundin bitten würde um aktive sterbehilfe, ich würds machen...

Ich auch

fryfan
02.08.2004, 16:50
ich finde bei leuten die unbedingt bitten das sie umgebracht werden sollen oder bei welchen die vorher festgehalten haben das wenn ihnen etwas zustöst (also bestimmte dinge, ganzkörper lähmung usw. usw.) das sie dan auch umgebracht werden dürfen dan finde ich das ihre letzte bitte auch erfült werden soll

Siran
02.08.2004, 18:15
Wobei hier, nach allem, was ich bisher gelesen habe, die Bitte um Sterbehilfe gar nicht vorlag...

Roter engel
02.08.2004, 18:52
Was ist das für ein Leben???
Ich ziehe keine Grenzen, jeder mensch hat seinen persönlichen Wunsch...

fryfan
02.08.2004, 20:03
Wobei hier, nach allem, was ich bisher gelesen habe, die Bitte um Sterbehilfe gar nicht vorlag...

es geht ja hier (oder zumindest bei mir) nicht um den einen speziellen fall, sondern um den allgemeinen sterbewunsch

Norbert Sanftmann
02.08.2004, 20:15
ich finde bei leuten die unbedingt bitten das sie umgebracht werden sollen oder bei welchen die vorher festgehalten haben das wenn ihnen etwas zustöst (also bestimmte dinge, ganzkörper lähmung usw. usw.) das sie dan auch umgebracht werden dürfen dan finde ich das ihre letzte bitte auch erfült werden soll
So sehe ich es auch, es kann doch nicht sein, dass die Frage des Todes wegen den Kirchen immer noch tabuisiert wird. (Mit der Begründung nur Gott allein kann das Leben nehmen usw.)
Es gibt ein Recht auf Leben und somit auch ein Recht zu entscheiden wann diese Leben enden soll. Dies ist kein Widerspruch sondern eine konsequente Folgerung.

Siran
02.08.2004, 20:41
Ich bezweifle, dass die Kirche heute noch der hemmende Faktor bei der Frage nach Sterbehilfe ist. Eher spielen da schlechte Erfahrungen mit dem Euthanasieprogramm mit rein. Mal ganz abgesehen von der Frage, wer das wann wie entscheiden soll.

walfiler
02.08.2004, 21:51
Schlechte Erfahrungen? Du meinst den Tod der Patienten? Ja, das soll dabei vorkommen. Die Frage wer es entscheiden soll ist sehr leicht zu beantworten: Der Betroffene oder jemand den er davor dazu bemächtigt hat.

Manfred_g
03.08.2004, 02:48
Hallo, kangal !

Nein. Das halte ich für juristisch und kriminologisch genauso bedenklich wie die Sterbehilfe.



Ich halte es für einen Fehler, juristische, kriminologische oder gar irgendwann noch verwaltungstechnische Probleme als die Argumente der höchsten Gewichtung anzuführen.
Ethische und moralische Dinge sind maßgeblich, die Gesetze haben sich nach dem Bedarf der Menschen (in der Gesamtheit) zu richten, nicht umgekehrt.

Ich bin auch gegen Banküberfälle, aber doch nicht deswegen, weil der Dieb evtl. in eine juristich heikle Lage kommen könnte.

Gruß,
Manfred

Siran
03.08.2004, 07:25
Schlechte Erfahrungen? Du meinst den Tod der Patienten?

Ich meine vor allem den Tod von Leute, die nie ihre Einwilligung gegeben hatten.


Ja, das soll dabei vorkommen. Die Frage wer es entscheiden soll ist sehr leicht zu beantworten: Der Betroffene oder jemand den er davor dazu bemächtigt hat.

Was machst du, wenn die Person im Koma liegt? Oder aufgrund eines Schlaganfalls nicht mehr in der Lage ist, sich mitzuteilen?

kangal
03.08.2004, 10:53
@ Siran


Wobei hier, nach allem, was ich bisher gelesen habe, die Bitte um Sterbehilfe gar nicht vorlag...

stimmt! sie hat soweit ich weiss nie jemanden direkt gebeten, allerdings war ihren öffentlichen äusserungen dieser wunsch "ganz klar" zu entnehmen.
da sehe ich ja gerade das problem.

@Roter Engel

Was ist das für ein Leben???
zumindest eins ohne grossartigen körperlichen schmerz. demens ist eine standart-krankheit bei alten menschen - soll das ein grund zur sterbehilfe darstellen? und nochmal, wann soll ich diese entscheidung für mich treffen? kann ich sie rückgängig machen?
und wer entscheidet wenn ich nicht mehr hundertprozentig geistig fit bin? bei welchem grad der demens tötest du mich? denk dran diese krankheit kommt nicht von heute auf morgen sondern geht teilweise über jahre schleichend ab und "helle" momente gibts zwischendurch auch immer mal wieder.

ich sehe nicht, wo man grenzen setzen kann. aber setzen muss man sie