cajadeahorros
02.08.2007, 22:35
Es war einmal ein freies Land, da konnte man vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen - wenn man Glück hatte. In letzter Zeit kam es allerdings eher vor, dass man vom Mittelstand zum "white trash" abstieg, aber das wurde etwas weniger gerne kommuniziert als das Märchen vom Tellerwäscher. Nach und nach wurde das auch für die Besitzenden zum Problem: Wie kann man einerseits dem Pöbel immer mehr verkaufen ohne ihm andererseits einen größeren Anteil am zu verteilenden Mehrwert zuzubilligen? Durch Kredite, klar. Aber langsam wurden den Banken mulmig, denn ein Ende der Fahnenstange war abzusehen. Früher reichte es bspw., wenn der Pöbel - egal ob man es Zins oder Tilgung nannte - nur die ursprüngliche Kreditsumme zurückzahlen konnte, bevor das Engagement in die Luft flog, den Ertrag für die Bank generierte man indirekt durch die Verwertung der unter dem eigentlichen Wert erworbenen und anschließend gewinnbringend veräußerten Sicherheiten, d.h. durch die Ausnutzung der Zwangslage des Schuldners (nirgendwo kauft man Häuser billiger als bei Zwangsversteigerungen, wenn man das Geld bar auf den Tisch legen kann).
Was aber, wenn keiner mehr die Sicherheiten kaufen will? Hilft nur eines, man muss den Kredit an sich loswerden. Verbriefung lautete das Zauberwort, d.h. ich schnüre ein Paket aus ein paar tausend Krediten und verkaufe sie mit einem gewissen Abschlag en bloc an risikobereite Investoren, zu Werbezwecken schaffe ich für diese Art von Krediten das Kunstwort subprime, zu deutsch "nicht ganz perfekt", in den ehrlicheren 80er Jahren nannte man es gleich "Müll". Unter der Hand beflegelte man die Schuldner aber als Ninjas, "No Income, No Job, no ASsets", also Habenichtse.
Zwei große Jungen spielen Karten, ein kleiner Junge der schaut zu, das bißchen Geld in seiner Tasche...
Auftritt: IKB AG
Es war einmal eine kleine, aber feine Bank, selbsternannter "Partner des Mittelstandes". Sie wurde vor 80 Jahren gegründet, um die deutsche Industrie bei der Zahlung der Reparationsverpflichtungen zu unterstützen (schon damals saßen US-Banker im Aufsichtsrat), auch im weiteren war ihr Geschäft gerade zu typisch für die Deutsche Geschichte, von der Vertreibung des jüdischen Vorstands Silverberg über die danach folgende Finanzierung der Aufrüstung im III. Reich bis zu der Tatsache, dass ein leitender Mitarbeiter im Zuge des 20. Juli hingerichtet wurde. Nach dem Krieg finanzierte die Bank den Wiederaufstieg der deutschen Industrie, die engen Verbindungen in die USA wurden durch den ersten Vorstand Fritz Berg aufrechterhalten. Nach und nach wurden die Bank internationaler, sie finanzierte Exportgeschäfte, eröffnete Auslandsniederlassungen und stieg in alle modernen (modischen?) Finanzgeschäfte ein, um den Mittelstand mit allen Finanzinnovationen der Neuzeit versorgen zu können. Die IKB war inzwischen börsennotiert, beliebt als wenig volatiler, aber ertragsstarker Nebenwert mit einem wechselnden, aber im Kern stabilen Aktionärskreis aus verschiedenen staatlichen oder privaten Banken und Versicherungen.
Im Juli 2007 stand die Bank hervorragend da, der Kurs war um die 30, die Analysten sagten 12 x Kaufen, 5 x Halten und nur 2 x Verkaufen (Glückwunsch an Bankhaus Metzler und Credit Agricole) und die größte europäische Privatbank Sal. Oppenheim hatte bekanntgegeben, dass sie sich mit 3% an der IKB beteiligt habe. Obwohl sich inzwischen im "subprime"-Sektor in den USA erste Risse zeigten, war eine Prüfung der IKB durch die KPMG ("Kinder prüfen mein Geschäft") erfolgreich verlaufen und so konnte der Vorstand am 20. Juli 2007 vermelden:
Die jüngste sehr umfassende Moody´s-Analyse für dieses Marktsegment hat im Hinblick auf IKB-Engagements in internationale Portfolioinvestments und auf die Beratungsmandate der IKB Credit Asset Management GmbH praktisch keine Auswirkung. Von den in diesem Zusammenhang von Moody´s auf die Watchlist gesetzten Tranchen ist die IKB lediglich mit einem einstelligen Millionen-Betrag betroffen. Von der jüngsten Analyse, die Standard & Poors für den CDO-Markt erstellt hat, ist die IKB in keinerlei Hinsicht betroffen, teilte der Konzern weiter mit.
http://aktien.wallstreet-online.de/7846/nachrichten.html?news_id=2118111&inst_id=7846&market_id=1&spid=ws
Ende des Märchens. Nun zur Realität. Während der Kurs der IKB schon in der Woche nach der "Bestätigung" der Ziele wie durch Zauberhand rund 15% auf etwa 21 eingebüßt hatte folgte am 30. 07. das Waterloo, der Vorstandsvorsitzende wurde abberufen, der Hauptaktionär, die KfW, sah sich zu diversen Garantien genötigt und als am 2. August die Einzelheiten des von mehreren Banken geschnürten Rettungspakets durchsickerten (man konnte daraus ablesen dass die IKB am 30.07. praktisch platt war) zeigte der Börsenhandel Auflösungserscheinungen und konnte nach einem Tief bei 10 erst durch einige beruhigende Worte der KfW bei etwa 12,50 Euro stabilisiert werden, in der Spitze waren 2 Milliarden Euro an Börsenwert eingedampft worden.
Nun, was war geschehen? Der "Partner des deutschen Mittelstandes" war ein wenig zu stark in zweifelhaften Krediten in den USA engagiert (WARUM AUCH IMMER), ein von der IKB gemanagter Fonds in den USA ("Rhineland Funding", har har) war in Schieflage und mindestens eine Milliarde Euro (bei in der Spitze knapp 3 Milliarden Euro Börsenwert der IKB!) war im sprichwörtlichen Arsch.
Wir wissen nicht, wie das ganze ausgeht (d.h. wir wissen es schon, der Bürger zahlt, entweder über Steuern oder über erhöhte Zinsen und Gebühren), aber wir möchten kurz die Riege der Kapitalisten vorstellen, die hier beteiligt sind:
Stefan Ortseifen (inzwischen abgelöster Vorstandsvorsitzender): 1.597.000 Euro Jahresgehalt, Pensionsanspruch 378.000 Euro p.a.
Hier der aufmerksame Aufsichtsrat (die prominentesten in Auswahl mit ihren anderen Mandaten und Vergütung, die "linken" Arbeitnehmervertreter lasse ich natürlich weg, da die ja laut Forum sowieso unfähig sind, da würde man sich ja nicht wundern):
Ulrich Hartmann (u.a. E.ON, Deutsche Bank, Münchner Rück, Lufthansa), 125.000 Euro
Hans Reich (HUK, Citigroup, Depfa Bank, Aareal Bank), 42.000 Euro
Dieter Ammer (Beiersdorf, Tchibo, Conergy), 45.000 Euro
Roland Oetker (Oetker, Post, VW), 45.000 Euro
Randolf Rodenstock (E.ON, Rodenstock Optik), 45.000 Euro
Michael Rogowski (Voith, Carl Zeiss, HDI, Klöckner, Talanx, EADS), 45.000 Euro
(alle Angaben gem. Geschäftsbericht, http://www.ikb.de/content/de/ir/finanzberichte/gb_2006_2007/IKB_komplett_dt.pdf)
Wir wünschen allen Arbeitnehmern mal wieder viel Spaß beim "Gürtel enger schnallen" und allen Diederichen viel Spaß beim Kläffen für ihre Herrchen.
Was aber, wenn keiner mehr die Sicherheiten kaufen will? Hilft nur eines, man muss den Kredit an sich loswerden. Verbriefung lautete das Zauberwort, d.h. ich schnüre ein Paket aus ein paar tausend Krediten und verkaufe sie mit einem gewissen Abschlag en bloc an risikobereite Investoren, zu Werbezwecken schaffe ich für diese Art von Krediten das Kunstwort subprime, zu deutsch "nicht ganz perfekt", in den ehrlicheren 80er Jahren nannte man es gleich "Müll". Unter der Hand beflegelte man die Schuldner aber als Ninjas, "No Income, No Job, no ASsets", also Habenichtse.
Zwei große Jungen spielen Karten, ein kleiner Junge der schaut zu, das bißchen Geld in seiner Tasche...
Auftritt: IKB AG
Es war einmal eine kleine, aber feine Bank, selbsternannter "Partner des Mittelstandes". Sie wurde vor 80 Jahren gegründet, um die deutsche Industrie bei der Zahlung der Reparationsverpflichtungen zu unterstützen (schon damals saßen US-Banker im Aufsichtsrat), auch im weiteren war ihr Geschäft gerade zu typisch für die Deutsche Geschichte, von der Vertreibung des jüdischen Vorstands Silverberg über die danach folgende Finanzierung der Aufrüstung im III. Reich bis zu der Tatsache, dass ein leitender Mitarbeiter im Zuge des 20. Juli hingerichtet wurde. Nach dem Krieg finanzierte die Bank den Wiederaufstieg der deutschen Industrie, die engen Verbindungen in die USA wurden durch den ersten Vorstand Fritz Berg aufrechterhalten. Nach und nach wurden die Bank internationaler, sie finanzierte Exportgeschäfte, eröffnete Auslandsniederlassungen und stieg in alle modernen (modischen?) Finanzgeschäfte ein, um den Mittelstand mit allen Finanzinnovationen der Neuzeit versorgen zu können. Die IKB war inzwischen börsennotiert, beliebt als wenig volatiler, aber ertragsstarker Nebenwert mit einem wechselnden, aber im Kern stabilen Aktionärskreis aus verschiedenen staatlichen oder privaten Banken und Versicherungen.
Im Juli 2007 stand die Bank hervorragend da, der Kurs war um die 30, die Analysten sagten 12 x Kaufen, 5 x Halten und nur 2 x Verkaufen (Glückwunsch an Bankhaus Metzler und Credit Agricole) und die größte europäische Privatbank Sal. Oppenheim hatte bekanntgegeben, dass sie sich mit 3% an der IKB beteiligt habe. Obwohl sich inzwischen im "subprime"-Sektor in den USA erste Risse zeigten, war eine Prüfung der IKB durch die KPMG ("Kinder prüfen mein Geschäft") erfolgreich verlaufen und so konnte der Vorstand am 20. Juli 2007 vermelden:
Die jüngste sehr umfassende Moody´s-Analyse für dieses Marktsegment hat im Hinblick auf IKB-Engagements in internationale Portfolioinvestments und auf die Beratungsmandate der IKB Credit Asset Management GmbH praktisch keine Auswirkung. Von den in diesem Zusammenhang von Moody´s auf die Watchlist gesetzten Tranchen ist die IKB lediglich mit einem einstelligen Millionen-Betrag betroffen. Von der jüngsten Analyse, die Standard & Poors für den CDO-Markt erstellt hat, ist die IKB in keinerlei Hinsicht betroffen, teilte der Konzern weiter mit.
http://aktien.wallstreet-online.de/7846/nachrichten.html?news_id=2118111&inst_id=7846&market_id=1&spid=ws
Ende des Märchens. Nun zur Realität. Während der Kurs der IKB schon in der Woche nach der "Bestätigung" der Ziele wie durch Zauberhand rund 15% auf etwa 21 eingebüßt hatte folgte am 30. 07. das Waterloo, der Vorstandsvorsitzende wurde abberufen, der Hauptaktionär, die KfW, sah sich zu diversen Garantien genötigt und als am 2. August die Einzelheiten des von mehreren Banken geschnürten Rettungspakets durchsickerten (man konnte daraus ablesen dass die IKB am 30.07. praktisch platt war) zeigte der Börsenhandel Auflösungserscheinungen und konnte nach einem Tief bei 10 erst durch einige beruhigende Worte der KfW bei etwa 12,50 Euro stabilisiert werden, in der Spitze waren 2 Milliarden Euro an Börsenwert eingedampft worden.
Nun, was war geschehen? Der "Partner des deutschen Mittelstandes" war ein wenig zu stark in zweifelhaften Krediten in den USA engagiert (WARUM AUCH IMMER), ein von der IKB gemanagter Fonds in den USA ("Rhineland Funding", har har) war in Schieflage und mindestens eine Milliarde Euro (bei in der Spitze knapp 3 Milliarden Euro Börsenwert der IKB!) war im sprichwörtlichen Arsch.
Wir wissen nicht, wie das ganze ausgeht (d.h. wir wissen es schon, der Bürger zahlt, entweder über Steuern oder über erhöhte Zinsen und Gebühren), aber wir möchten kurz die Riege der Kapitalisten vorstellen, die hier beteiligt sind:
Stefan Ortseifen (inzwischen abgelöster Vorstandsvorsitzender): 1.597.000 Euro Jahresgehalt, Pensionsanspruch 378.000 Euro p.a.
Hier der aufmerksame Aufsichtsrat (die prominentesten in Auswahl mit ihren anderen Mandaten und Vergütung, die "linken" Arbeitnehmervertreter lasse ich natürlich weg, da die ja laut Forum sowieso unfähig sind, da würde man sich ja nicht wundern):
Ulrich Hartmann (u.a. E.ON, Deutsche Bank, Münchner Rück, Lufthansa), 125.000 Euro
Hans Reich (HUK, Citigroup, Depfa Bank, Aareal Bank), 42.000 Euro
Dieter Ammer (Beiersdorf, Tchibo, Conergy), 45.000 Euro
Roland Oetker (Oetker, Post, VW), 45.000 Euro
Randolf Rodenstock (E.ON, Rodenstock Optik), 45.000 Euro
Michael Rogowski (Voith, Carl Zeiss, HDI, Klöckner, Talanx, EADS), 45.000 Euro
(alle Angaben gem. Geschäftsbericht, http://www.ikb.de/content/de/ir/finanzberichte/gb_2006_2007/IKB_komplett_dt.pdf)
Wir wünschen allen Arbeitnehmern mal wieder viel Spaß beim "Gürtel enger schnallen" und allen Diederichen viel Spaß beim Kläffen für ihre Herrchen.