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Vollständige Version anzeigen : Leistungsgesellschaft und Individualismus- ein Widerspruch?



01011001
19.07.2007, 13:39
Individualismus geht von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Eine Leistungsgesellschaft geht davon aus, dass jeder Mensch an seiner Leistung gemessen und entlohnt werden soll.

Um die Leistung eines Menschen zu messen braucht es einen Maßstab, der immer gleich sein muss.

Wenn ich alle Menschen mit ihren Unterschieden mit dem gleichen Maßstab behandle, ignoriere ich aber, dass sie Individuen mit einzigartigen Fähigkeiten und Schwächen sind.

Ergo: Leistungsgesellschaft (Meritokratie) steht dem Individualismus entgegen.

EinDachs
19.07.2007, 13:41
Individualismus geht von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Eine Leistungsgesellschaft geht davon aus, dass jeder Mensch an seiner Leistung gemessen und entlohnt werden soll.

Um die Leistung eines Menschen zu messen braucht es einen Maßstab, der immer gleich sein muss.

Wenn ich alle Menschen mit ihren Unterschieden mit dem gleichen Maßstab behandle, ignoriere ich aber, dass sie Individuen mit einzigartigen Fähigkeiten und Schwächen sind.

Ergo: Leistungsgesellschaft (Meritokratie) steht dem Individualismus entgegen.

Jein.
In einzelnen Fällen geht das sicher zusammen.Workaholics etwa können ihre Individualität und ihren Leistungswillen spielend kombinieren.

Prinzipiell ist es ein leichter Widerspruch.

Arminius66
26.07.2007, 01:32
Individualismus geht von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Eine Leistungsgesellschaft geht davon aus, dass jeder Mensch an seiner Leistung gemessen und entlohnt werden soll.

Um die Leistung eines Menschen zu messen braucht es einen Maßstab, der immer gleich sein muss.

Wenn ich alle Menschen mit ihren Unterschieden mit dem gleichen Maßstab behandle, ignoriere ich aber, dass sie Individuen mit einzigartigen Fähigkeiten und Schwächen sind.

Ergo: Leistungsgesellschaft (Meritokratie) steht dem Individualismus entgegen.

Das ist ja auch ein Hauptgrund, warum der - in seiner Grundidee nicht wirklich schlechte - Kommunismus versagt hat. Der Kommunismus leugnet das Individuum, ordnet es dem Allgemeinwohl unter.
Das Individuum aber hat Wünsche, charakterliche Unterschide etc., die mit dem Einheitsgedanken des Kommunismus nicht vereinbar sind.

McDuff
26.07.2007, 07:18
Nicht zu vergessen ist die Gesellschaft in der wir leben, die Erfolgsgesellschaft.
Hier zählt nur der Erfolg, messbar in Mio. Euro. Wie der Erfolg zustande kommt ist irrelevant, nur das Ergebnis zählt.

Roter Sturm
26.07.2007, 15:03
Eben, würde man Arbeitsleistungen nach ihrem (Kraft-)Aufwand entlohnen, würden einige Leute mit Schreibtischjobs nicht zigmalsoviel Gehalt wie ehrliche Arbeiter bekommen.
Als Feind des Liberalismus, obwohl ich die Gemeinschaft stark betone, bin ich kein erbitterter Feind des Individualismus. Jeder Mensch ist sich selbst erstmal am Nähesten. Doch der Mensch ist nicht in der Lage, autark zu überleben. Wer anderer Meinung ist soll in den Wald ziehen und sich dort alleine versorgen. Doch wer der Meinung ist, menschliches Überleben kann nur durch Arbeitsteilung funktionieren, der sollte einsehen, dass Egoismus nicht der sinnvolle Motor einer solchen Gemeinschaft sein kann, sondern ein sowohl egoistisch als auch altruistischer Wir-ismus her muss.

In der heutigen Welt wird zwar oftmals die Individualität betont, aber im Prinzip muss man sich im eigenen egoistischen Interesse trotzdem den Gesetzen der aktuell Erfolgreichen und Mächtigen anpassen, um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen.

Eisbrecher
27.07.2007, 04:02
Indisvidualismus ist dem Fortschritt und damit auch einem wirtschaftswachstum sehr förderlich, da die Wahrscheinlichkeit für die Entdeckung erfolgreicher Methoden steigt, je mehr Experimente stattfinden. Eine Homogene Masse in welcher die Menschen nicht neuen Pfaden folgen, wird sich nur sehr langsam fortentwickeln.
Jede Neuerung ist eben das Produkt einer kreativen Minderheit.

De facto aber gibt es auch keinen gemeinsamen Maßstab, mit welchem sich Leistung messen ließe. Der Mensch wird ja auch nicht nach Leistung bezahlt, sondern danach, was anderen Menschen eine bestimmte Tätigkeit wert ist. Und dieser Wertmaßstab anderer ist selbst nicht objektiv, sondern ziemlich variabel. Jeder hat eben einen anderen Geschmack und Güter werden unterschiedlich bewertet. Hip-Hop ist für mich nichts wünschenswertes, weswegen ich nicht bereit wäre für solche "Künstler" Geld auszugeben. Andere mögen hier eine völlig andere Meinung haben.

Des weiteren sollte man auch berücksichtigen, dass Leistung eben kein Selbstzweck ist, sondern ledilich ein notwendiges Übel, mit dessen Hilfe man an gewünsche Genüsse gelangt.

Monarchist1985
01.08.2007, 22:19
Individualismus geht von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Eine Leistungsgesellschaft geht davon aus, dass jeder Mensch an seiner Leistung gemessen und entlohnt werden soll.

Um die Leistung eines Menschen zu messen braucht es einen Maßstab, der immer gleich sein muss.

Wenn ich alle Menschen mit ihren Unterschieden mit dem gleichen Maßstab behandle, ignoriere ich aber, dass sie Individuen mit einzigartigen Fähigkeiten und Schwächen sind.

Ergo: Leistungsgesellschaft (Meritokratie) steht dem Individualismus entgegen.

Man müsste Benachteiligten, die insgesamt oder auf bestimmten Gebieten nicht die selben Fähigkeiten wie die Maße haben, Hilfe und Unterstützung geben. Und zwar so viel, dass es ihre Mängel komplett ausgleicht. Dann haben wir wirklich Chancengleichheit.

Rheinlaender
02.08.2007, 01:10
Eben, würde man Arbeitsleistungen nach ihrem (Kraft-)Aufwand entlohnen, würden einige Leute mit Schreibtischjobs nicht zigmalsoviel Gehalt wie ehrliche Arbeiter bekommen.

Nun folgenden Fall (nicht so aus den Finger gesogen): Das sitzt ein Statiker und ein Architekt tagelang zusammen und entwerfen z. B. ein Bruecke. Was taetten die hunderte oder tausende Arbeiter, die von Statik oder architektur keine Ahnung haben, ohne diese? Bekaemen sie jemals eine grosse Talbruecke zusammen?

Oder den naechsten Schritt: Das arbeiten ein paar SW-Enginieers an einem Programm, dass die statische Berechng der Talbruecke von einer mehrwoechigen Rechenarbeit zu einer Sache von Sekunden macht?

Soll nun der Architekt oder SW-Engineer nicht sehr viel besser bezahlt werden als der Arbeiter, leistet er doch entscheiden mehr an Wertschoepfung und koennte der Arbeiter ohne dessen Vorarbeit doch nciht tun?


Als Feind des Liberalismus, obwohl ich die Gemeinschaft stark betone, bin ich kein erbitterter Feind des Individualismus. Jeder Mensch ist sich selbst erstmal am Nähesten. Doch der Mensch ist nicht in der Lage, autark zu überleben.

Da empfehle ich zur Klaerung dieses Problems einen Klassiker, Adam Smith, The Wealth of Nations, 1776.

Kenshin-Himura
02.08.2007, 01:16
Individualismus geht von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Eine Leistungsgesellschaft geht davon aus, dass jeder Mensch an seiner Leistung gemessen und entlohnt werden soll.

Um die Leistung eines Menschen zu messen braucht es einen Maßstab, der immer gleich sein muss.

Wenn ich alle Menschen mit ihren Unterschieden mit dem gleichen Maßstab behandle, ignoriere ich aber, dass sie Individuen mit einzigartigen Fähigkeiten und Schwächen sind.

Ergo: Leistungsgesellschaft (Meritokratie) steht dem Individualismus entgegen.

Die Geschichte zeigt eindeutig, dass es kein Widerspruch ist, und diverse Staaten wunderbar mit Beidem existieren können, zum Beispiel die US.

Der Maßstab für Leistung ist Nachfrage und Angebot. Die Nachfrage richtet sich nach den Menschen, und diese sind auch einzigartig und somit auch die Leistung. Wenn ich also Musik mache, und mit dieser Musik vielleicht nicht in die Top 10 komme weil sie zu exotisch ist, also nicht in den ,,Leistungs-Maßstab" des Mainstreams reinpasst, kann ich trotzdem dann wenigstens ein paar Platten verkaufen. Individualismus heißt im Übrigen nicht, dass alle Menschen gleich sind oder gleich viel leisten, ganz im Gegenteil. Deine Prämisse ist also schon ungünstig.

Flakhelfer
02.08.2007, 01:23
Individualismus geht von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch einzigartig ist.

Eine Leistungsgesellschaft geht davon aus, dass jeder Mensch an seiner Leistung gemessen und entlohnt werden soll.

Um die Leistung eines Menschen zu messen braucht es einen Maßstab, der immer gleich sein muss.

Wenn ich alle Menschen mit ihren Unterschieden mit dem gleichen Maßstab behandle, ignoriere ich aber, dass sie Individuen mit einzigartigen Fähigkeiten und Schwächen sind.

Ergo: Leistungsgesellschaft (Meritokratie) steht dem Individualismus entgegen.
Mir gefallen deine Gedankengänge. Allgemeingültige Schlüsse lassen sich daraus allerdings nicht ziehen.

Theoderich
03.08.2007, 21:06
Nun folgenden Fall (nicht so aus den Finger gesogen): Das sitzt ein Statiker und ein Architekt tagelang zusammen und entwerfen z. B. ein Bruecke. Was taetten die hunderte oder tausende Arbeiter, die von Statik oder architektur keine Ahnung haben, ohne diese? Bekaemen sie jemals eine grosse Talbruecke zusammen?

Oder den naechsten Schritt: Das arbeiten ein paar SW-Enginieers an einem Programm, dass die statische Berechng der Talbruecke von einer mehrwoechigen Rechenarbeit zu einer Sache von Sekunden macht?

Soll nun der Architekt oder SW-Engineer nicht sehr viel besser bezahlt werden als der Arbeiter, leistet er doch entscheiden mehr an Wertschoepfung und koennte der Arbeiter ohne dessen Vorarbeit doch nciht tun?Es ist in der Tat ein verängnisvoller Grundirrtum vieler Linker, die meinen, Gerechtigkeit würde man durch Gleichmacherei bekommen. Dabei sagt bereits die einfachste Lebenserfahrung, daß Gerechtigkeit und Gleichheit sich in vielen Bereichen geradezu ausschließen.

Das ist ja gerade das Ungerechte am Kapitalismus, daß nicht jene, die die besten Leistungen für die Gesellschaft zustande bringen, am meisten persönlich davon profitieren, sondern zum großteils (halb-)kriminelle Betrügernaturen, Spekulanten, Menschenschinder oder schlicht jene, die über das nötige Vitamin B verfügen.

Der Sozialismus nun erstrebt also die Verwirklichung der Leistungsgesellschaft ("Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung."), keine Gleichmacherei, wie das linkskommunistische Sektierer und trotzkistische Arbeiterselbstverwaltungsphantasten sich das vorstellen.

Roter Sturm
08.08.2007, 14:38
Nun folgenden Fall (nicht so aus den Finger gesogen): Das sitzt ein Statiker und ein Architekt tagelang zusammen und entwerfen z. B. ein Bruecke. Was taetten die hunderte oder tausende Arbeiter, die von Statik oder architektur keine Ahnung haben, ohne diese? Bekaemen sie jemals eine grosse Talbruecke zusammen?

Oder den naechsten Schritt: Das arbeiten ein paar SW-Enginieers an einem Programm, dass die statische Berechng der Talbruecke von einer mehrwoechigen Rechenarbeit zu einer Sache von Sekunden macht?

Soll nun der Architekt oder SW-Engineer nicht sehr viel besser bezahlt werden als der Arbeiter, leistet er doch entscheiden mehr an Wertschoepfung und koennte der Arbeiter ohne dessen Vorarbeit doch nciht tun?

Ohne die harte Arbeit der praktischen Arbeiter gäbe es allerdings auch keine Brücke. Im Grunde finde ich deinen Einwand aber absolut diskutabel.
Aus humanistischer Sicht stellt sich auch die Frage, ob es der Gesellschaft nicht mehr Nutzen bringt, wenn ein hochqualifizierter Arbeiter (auch im Sinne geistiger Arbeit), der nicht annähernd so leicht verfügbar ist wie ein weniger oder gar unqualifizierter Arbeiter, mehr Geld verdient und aufgrund dieser Besserstellung in der Kaufkraft mehr gesellschaftliche Leistungen in Anspruch nehmen kann. Wenn der hochqualifizierte Arbeiter sich die Mühe spart, regelmäßig zu kochen, zu putzen oder sonstige häusliche Tätigkeiten zu verrichten und andere diese Arbeiten für ihn übernehmen lässt, hat er mehr Zeit und Kraft, sich der Wertschöpfung im Dienste der Gesellschaft zu widmen.

Absolut indiskutabel sind allerdings die heutigen bundesdeutschen Verhältnisse, in denen manche Arbeiter 30 oder 40 Wochenstunden für einen Hungerlohn schuften müssen! In denen eine Putzfrau nur wenige Euros, in manchen Extremfällen sogar nur 2,00 Euro pro Stunde erhält. In denen es hart arbeitende Menschen auf der einen Seite kaum schaffen ihre Familie durchzubringen, während Leute auf der anderen Seite mit weniger harter Arbeit und oft eben auch weniger benötigter Arbeit Unsummen verdienen und mit diesem Geld ungeniert die schlecht entlohnte Arbeitskraft anderer in Anspruch nehmen können! Das ist nicht nur Ausbeutung, das ist elendiges Sozialschmarotzertum im Pelzmantel! Und Arbeitslose, deren Arbeitskraft schlicht und einfach nicht benötigt wird und die deswegen trotz Mühen keine Arbeit finden, werden mit einem kläglichen Hungerlohn abgespeist!

Ansonsten kann ich mich Theoderich nur anschließen!

Rheinlaender
08.08.2007, 15:02
Ohne die harte Arbeit der praktischen Arbeiter gäbe es allerdings auch keine Brücke. Im Grunde finde ich deinen Einwand aber absolut diskutabel.
Aus humanistischer Sicht stellt sich auch die Frage, ob es der Gesellschaft nicht mehr Nutzen bringt, wenn ein hochqualifizierter Arbeiter ....

Es geht aber nicht nach "humanistischer Sicht", sondern nach der Sicht des Haifischbeckens, mit einem kl. Schutzraum.


Absolut indiskutabel sind allerdings die heutigen bundesdeutschen Verhältnisse, in denen manche Arbeiter 30 oder 40 Wochenstunden für einen Hungerlohn schuften müssen! In denen eine Putzfrau nur wenige Euros, in manchen Extremfällen sogar nur 2,00 Euro pro Stunde erhält. ...

Nun vergesse ich mal Adam Smith und finde dies schlicht skandaloes. Nur: Hole ich meinen Adam Smith wieder heraus und die Erfahrungen, die mit anderen Systemen, z. B. in der DDR, in der die Einkommensunterschiede nicht andeutungsweise so gross waren, muss ich feststellen, dass eben diese brutale Haifischbeckensystem mit Abstand das effektivste System ist.

Die Wuerde des Menschen, sein Menschsein, berechtig ihn sicher dazu, dass die gesellschaft ihn, ungeachtet anderer Umstaende, ein Mindestmass an Ueberleben garantiert, aber mehr auch nicht (das was ich oben "kl. Schutzraum"). Die als subjectiv empfundenen Ungerechtigkeiten muessen aber zugrunsten der objectiven Vorteile dieses Systems inkauf genommen werden.

"There is nothing like a free lunch" - Du kannst nicht gleichzeitig ein hocheffektives kapitalistisches System haben, mit all den Produktionkraeften, die entfesseln konnte, und gleichzeitig Dein Gerechtigkeitsempfinden befriedigen. Eines von beiden - ordenest Du den freien Markt einer "hoeheren Gerechtigkeit" unter, so wird er weniger effektiv und damit werden auch die Prodiktionskraefte im geringeren Masse entwickelt.

-jmw-
08.08.2007, 16:23
AW: Leistungsgesellschaft und Individualismus- ein Widerspruch?

Ich schlag vor, dass die, die das für einen Widerspruch halten, sich für das eine oder das andere entscheiden, sich zusammentun und es dann halt untereinander so handhaben.
Der Rest müsste selbstredend unbehelligt bleiben damit.

Roter Sturm
08.08.2007, 17:12
Es geht aber nicht nach "humanistischer Sicht", sondern nach der Sicht des Haifischbeckens, mit einem kl. Schutzraum.
Ich vertrete allerdings eine humanistische Weltanschauung, bin also dafür, den Haifischen eine Maulsperre zu verpassen.

Humanismus bezeichnet die Gesamtheit der Ideen von Menschlichkeit und des Strebens danach, das menschliche Dasein zu verbessern. Der Begriff leitet sich ab von den lateinischen Begriffen humanus (menschlich) und humanitas (Menschlichkeit). Das Glück und Wohlergehen des einzelnen Menschen und der Gesellschaft bilden den höchsten Wert, an dem sich jedes Handeln orientieren soll.

Der Humanismus beruht auf folgenden Grundüberzeugungen:

1. Die Würde des Menschen, seine Persönlichkeit und sein Leben müssen respektiert werden.

2. Der Mensch hat die Fähigkeit, sich zu bilden und weiter zu entwickeln.

3. Die schöpferischen Kräfte des Menschen sollen sich entfalten können.

4. Die menschliche Gesellschaft soll in einer fortschreitenden Höherentwicklung die Würde und Freiheit des einzelnen Menschen gewährleisten.



Humanität ist die praktische Umsetzung der Ideen des Humanismus.[2] Dazu gehören Güte, Freundlichkeit und ein Mitgefühl für die Schwächen der Menschen, seiner selbst inne und mächtig zu werden, sich im Mitmenschen selbst wieder zu finden.

(Von Wikipedia - Humanismus)


Nun vergesse ich mal Adam Smith und finde dies schlicht skandaloes. Nur: Hole ich meinen Adam Smith wieder heraus und die Erfahrungen, die mit anderen Systemen, z. B. in der DDR, in der die Einkommensunterschiede nicht andeutungsweise so gross waren, muss ich feststellen, dass eben diese brutale Haifischbeckensystem mit Abstand das effektivste System ist.
Über dieses Thema existierte viel Propaganda, von der einen wie von der anderen Seite, aber so schlecht war die DDR im Vergleich mit der BRD nun auch nicht. Es gab nicht so unzählig viele Luxus- und Konsumartikel, aber das wesentliche war für jeden vorhanden.


Die Wuerde des Menschen, sein Menschsein, berechtig ihn sicher dazu, dass die gesellschaft ihn, ungeachtet anderer Umstaende, ein Mindestmass an Ueberleben garantiert, aber mehr auch nicht (das was ich oben "kl. Schutzraum"). Die als subjectiv empfundenen Ungerechtigkeiten muessen aber zugrunsten der objectiven Vorteile dieses Systems inkauf genommen werden.
Die objektiven Vorteile dieses Systems werden generell völlig überhöht und halten sich in Wirklichkeit stark in Grenzen.


"There is nothing like a free lunch" - Du kannst nicht gleichzeitig ein hocheffektives kapitalistisches System haben, mit all den Produktionkraeften, die entfesseln konnte, und gleichzeitig Dein Gerechtigkeitsempfinden befriedigen. Eines von beiden - ordenest Du den freien Markt einer "hoeheren Gerechtigkeit" unter, so wird er weniger effektiv und damit werden auch die Prodiktionskraefte im geringeren Masse entwickelt.
Der freie Markt ist auch in der westlichen Welt einer höheren Gerechtigkeit untergeordnet. Es gibt Verbote von Kinderarbeit und vom Verkauf von Menschenfleisch, Arbeitsschutzgesetze, Umweltauflagen und so weiter. Wie du siehst, ist Kapitalismus in Reinform für viele Menschen die reinste Hölle, weshalb es unzählige Gesetze gibt, um ihn zu reglementieren.

Außerdem geht es im Kapitalismus nicht um den Nutzen einer Arbeit, sondern lediglich um den Profit. Deshalb gibt es auch so unglaublich viele unsinnige Wirtschaftszweige, gesundheitsschädliche Produkte, qualitativ minderwertige Produkte. Oftmals stehen die Profitinteressen auch im Gegensatz zu den Interessen des Fortschritts, weshalb unzählige Entwicklungen durch irgendwelche Konzerne behindert werden. Microsoft fällt mir da als Erstes ein.

-jmw-
08.08.2007, 19:04
Der freie Markt ist auch in der westlichen Welt
... nicht existent, weder jetzt noch gewesen.


Es gibt Verbote von Kinderarbeit und vom Verkauf von Menschenfleisch, Arbeitsschutzgesetze, Umweltauflagen und so weiter. Wie du siehst, ist Kapitalismus in Reinform für viele Menschen die reinste Hölle, weshalb es unzählige Gesetze gibt, um ihn zu reglementieren.
Stimmt einerseits, ist andererseits aber nur die halbe Wahrheit.

Nehmen wir Umweltauflagen:
Wusstest Du, dass bei der Einführung von Umweltschutzgesetzen in den V.S.A. ab der Mitte des 19ten Jahrhunderts vielfach Grossunternehmen federführend waren?
Der Grund ist einfach:
Jahr 1800 (Ohne solche Gesetze): Haus neben Fabrik, Frau hängt Wäsche raus, Fabrik verschmutzt Wäsche, Gericht verurteilt Fabrik wegen Eigentumsbeschädigung zu Schadensersatz.
Jahr 1900: Haus neben Fabrik, Frau hängt Wäsche raus, Fabrik verschmutzt Wäsche, Gericht erzählt Frau, Fabrik hätte sich an alle Gesetze gehalten und ausserdem müsse man ja "wettbewerbsfähig" bleiben.

Und die Moral von der Geschicht:
Reglementierungen, Regulierungen und Interventionen des Staates dienen zu einem nicht unerheblichen Teil Sonderinteressen (z.B. dem etablierten Kapital als Schutz vor Konkurrenz).

Wenn "reiner Kapitalismus" für irgendwen die Hölle wär, dann garantiert für Microsoft, Boeing und die Deutsche Bank!


(Zur Lektüre: K. Carson: Studies in Mutualist Political Economy (http://www.mutualist.org/id47.html), insb. Kapital 5: The State and Capitalism in the "Laissez-Faire" Era (http://www.mutualist.org/id72.html).)

Rheinlaender
09.08.2007, 04:16
Über dieses Thema existierte viel Propaganda, von der einen wie von der anderen Seite, aber so schlecht war die DDR im Vergleich mit der BRD nun auch nicht. Es gab nicht so unzählig viele Luxus- und Konsumartikel, aber das wesentliche war für jeden vorhanden.

Die DDR war nicht in der Lage die Menge Gueter pro Kopf zu erzeugen, wie die BRD.


Die objektiven Vorteile dieses Systems werden generell völlig überhöht und halten sich in Wirklichkeit stark in Grenzen.

Das eine System hat ueberlebt, das andere.


Der freie Markt ist auch in der westlichen Welt einer höheren Gerechtigkeit untergeordnet. Es gibt Verbote von Kinderarbeit und vom Verkauf von Menschenfleisch, Arbeitsschutzgesetze, Umweltauflagen und so weiter. Wie du siehst, ist Kapitalismus in Reinform für viele Menschen die reinste Hölle, weshalb es unzählige Gesetze gibt, um ihn zu reglementieren.

Richtig - und das ist der Versuch die Dynamik des kapitlismus mit einer gewssen Baeaendigung seiner Aufwirkungen zu verknuepfen.


Außerdem geht es im Kapitalismus nicht um den Nutzen einer Arbeit, sondern lediglich um den Profit.

Rihcitg un diese Gier nach profit ist der Motor.


Deshalb gibt es auch so unglaublich viele unsinnige Wirtschaftszweige, gesundheitsschädliche Produkte, qualitativ minderwertige Produkte.

Die Leute kaufen es!


Oftmals stehen die Profitinteressen auch im Gegensatz zu den Interessen des Fortschritts, weshalb unzählige Entwicklungen durch irgendwelche Konzerne behindert werden. Microsoft fällt mir da als Erstes ein.

Das ein anderes Problem - das der Monopolbildung.

Theoderich
09.08.2007, 20:50
Die DDR war nicht in der Lage die Menge Gueter pro Kopf zu erzeugen, wie die BRD.In der "armen" DDR gab es keine Armut, keine Bettler, keine Obdach- u. Arbeitslosen. In der "reichen" BRD gibt es all das und vieles andere mehr.

Rheinlaender
10.08.2007, 07:53
In der "armen" DDR gab es keine Armut, keine Bettler, keine Obdach- u. Arbeitslosen. In der "reichen" BRD gibt es all das und vieles andere mehr.

Wie gross waren die Exporterloese der DDR im $ (oder DM) pro Kopf?

Theoderich
10.08.2007, 10:07
Wie gross waren die Exporterloese der DDR im $ (oder DM) pro Kopf?Was nützen hohe Exporterlöse, wenn diese in die Taschen der Kapitalisten fließen? Da lob ich mir niedrigere, die dann aber den Werktätigen zugutekommen. Also lenk nicht so schäbig vom gescheiterten, menschenverachtenden Kapitalismus ab, der Kriege, Elend, Armut, Verrohung und Perspektivlosigkeit produziert.

Rheinlaender
10.08.2007, 11:02
Was nützen hohe Exporterlöse, wenn diese in die Taschen der Kapitalisten fließen? Da lob ich mir niedrigere, die dann aber den Werktätigen zugutekommen. Also lenk nicht so schäbig vom gescheiterten, menschenverachtenden Kapitalismus ab, der Kriege, Elend, Armut, Verrohung und Perspektivlosigkeit produziert.

OK - Wielange musste ein DDR-BUerger durchschnittlich arbeiten, um einen Trabnt oder einen Fernseher zu kaufen? Wie lange sein bundesdeutscher Kollege? Wieviel Telephonanschluesse gab es pro 100 Haushalten? Wieviele Geschirrspuelmaschinen? etc. ect. etc.

Theoderich
10.08.2007, 11:26
OK - Wielange musste ein DDR-BUerger durchschnittlich arbeiten, um einen Trabnt oder einen Fernseher zu kaufen? Wie lange sein bundesdeutscher Kollege? Wieviel Telephonanschluesse gab es pro 100 Haushalten? Wieviele Geschirrspuelmaschinen? etc. ect. etc.Ein gebrauchtes Auto war z. T. preiswert zu haben, ähnlich wie heute. Fernseher gabs auch in jedem Haushalt, Waschmaschinen und Kühlschränke auch. Telefonanschlüsse waren seltender, aber, man kann auch ohne leben, wenn sich das auch heuer keiner mehr so recht vorzustellen vermag. Was nützt auch heuet ein Telefon, wenn man nicht weiß, wie man die nächste Stromrechnung oder Wuchermiete bezahlen soll, die Schulspeisung für die Kinder usw. usf.?

Noch zu meiner Lehrzeit konnte ich mir ein Motorrad kaufen, damals gebraucht an die 2000 Mark. Verreisen tat ich nebenbei auch noch, auch ins sozialistische Ausland. Und die Wochenenden waren sowieso finanzierbar.

Ich hatte eine schöne Kindheit und Jugend, auch danach war alles in Ordnung. So erging es den meisten DDR-Bürgern, auch wenn ein Teil sich von den verlogenen Werbesendungen der kapitalistischen Schundmedien sich haben blenden lassen. Heute wissen sie, wie sie belogen und betrogen wurden.

Wer hier also etwas von Entbehrungen und Armut in der DDR daherredet, der hat entweder gar nicht in der DDR gelebt, wie Du, oder dreht sich das so zurecht, wie es in sein antikommunistisches Weltbild paßt. Wo es derlei gibt, das ist heute, in der BRD, wo Familien in Suppenküchen essen gehen müssen und nicht im Traum daran denken, sich auch nur einen Urlaub an der Ostsee leisten zu können, der in der DDR ganz normal war. Von den obligatorischen Ferienlagern für alle Kinder ganz zu schweigen, die ein Segen für die Kinder und Eltern damals war.

Im Kern geht es jedoch darum, daß Luxusgüter zwar teurer waren, man in der Regel länger dafür sparen mußte, vor allem als Alleinverdiener, jedoch hielten diese dann auch länger, als die Wegwerferzeugnisse, die heute produziert werden. Wesentlicher ist jedoch, daß alle Grundnahrungsmittel, die Mieten, Fahrpreise usw. billig waren, Schulbücher gabs kostenlos, die Schulspeisung war beinahe kostenlos, der Hort und Kindergarten sowieso - Stichwort "zweite Lohntüte".

DIESE Dinge prägen das soziale Leben, nicht, ob man sich, sofern man denn ein Besserverdiener heuer ist, Luxusgüter und teure Reise leisten kann. Und, DIESE Dinge waren für JEDERMANN in der DDR garantiert, nicht nur für wenige Menschen, siehe die nachfolgende Aufzählung sozialer Errungenschaften in der DDR durch Klaus Blessing.

Im Gegensatz zu Dir habe ich die DDR kennengelernt und die Realität in der BRD, kann also vergleichen. Halte also schlicht den Schnabel, wenn Du über ein Dir fremdes Land Dich ausläßt und darüber scheinheilig Dich ausläßt, wie schlecht es den Leuten in der DDR ging.


Reiche DDR? Arme BRD!
von Ralph Hartmann

Deutschlands Schuldenberg wächst und wächst. Seine Höhe wird in Wiesbaden gemessen. Dort, am Sitz des Bundes der Steuerzahler, läuft die Schuldenuhr. Pro Sekunde zeigt sie 1333 Euro mehr Schulden an. 1990 war an der Uhr erstmals ein Schuldenstand von über 1000 Milliarden Mark abzulesen. Am Abend des 2. Januar 2003, dem ersten Werktag des neuen Jahres, las man dort den gigantischen Betrag von 1 276 261 476 190 Euro (rund 2500 Milliarden Mark).

Des Bundeskanzlers Sparkommissar kann die Uhr nicht aufhalten. Hans Eichel mag, wie eine Panorama-Sendung im vorigen Jahr bildhaft zeigte, morgens noch so geschwind an seinen Arbeitsplatz eilen, in der knappen Minute seines Laufs vom Dienstwagen ins Büro sind die Schulden schon wieder um 80 000 Euro gewachsen. Jeden Tag muß er erwarten, auf seinem Schreibtisch neue Post aus Brüssel zu finden, in dem die EU-Kommission Deutschland wegen der Überschreitung der Drei-Prozent-Defizit-Grenze rügt. 2002 erreichte die Neuverschuldung nahezu vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Bundesrepublik, das ehemalige Wirtschaftswunderland, der arrogant-gestrenge Wächter der Euro-Stabilität, ist zum schwächelnden Sorgenkind der Währungshüter in der Frankfurter Europäischen Zentralbank geworden.

Die rot-grüne Regierung und die schwarz-gelbe Opposition liegen im Dauerstreit über die Ursachen der Finanzmisere. Gegenseitig schieben sie sich die Verantwortung zu. Nur in einem sind sie sich mehr oder weniger einig: Die hohe Staatsschuld ist vor allem das Ergebnis der deutschen Wiedervereinigung, ihr rasantes Wachstum eine Folge der enormen Transferleistungen aus den alten in die Bundesländer, die sie immer noch als neu bezeichnen. Hauptursache ist das DDR-Erbe, schuld ist der Osten.

Nun kann freilich niemand bestreiten, daß Ostdeutschland dem Bundesfinanzminister teuer zu stehen kommt. Die Aufwendungen für Investitionen wie z. B. für den staatlichen und kommunalen Straßenbau und öffentlich geförderte Häuserrenovierung sind beträchtlich, ihre Ergebnisse nicht zu übersehen. Viele Milliarden Euro müssen jährlich in östliche Richtung gelenkt werden, angeblich um doch noch den selbsttragenden »Aufschwung Ost« zu bewirken; in Wahrheit dienen sie vorrangig dazu, die schwerwiegenden sozialen Folgen der Anschlußpolitik und der Zerstörung der DDR-Industrie zu mildern.

Unlängst verbreitete die CDU-Bundesgeschäftsstelle zur Rechtfertigung der Waigelschen Finanzpolitik in den 90er Jahren eine Dokumentation, nach der die Bundesrepublik mit der Vereinigung »Schulden des SED-Regimes in Höhe von rund 500 Milliarden DM« übernommen habe. Mit dieser Behauptung bewegt sich die Merkel-Opposition exakt in den Fußstapfen der Kohl-Regierung, die es trotz gegenteiliger Bundestagsbeschlüsse stets abgelehnt hatte, eine Bestandsaufnahme des volkseigenen Gesamtvermögens der DDR vorzulegen. Angeblich hatte der ostdeutsche Staat nichts als einen Schuldenberg hinterlassen.

Alte Lügen werden, wie man weiß, durch Wiederholung noch lange keine Wahrheit.

In das gesamtdeutsche Bett ist die DDR wahrlich nicht als arme, mittellose Braut gezwungen worden. Zu ihrer ansehnlichen Mitgift gehörte ein volkseigenes Gesamtvermögen von rund 1,5 Billionen DM, von dem ein großer Teil bereits in den ersten Ehejahren zum Nutzen der Reichen und zu Lasten der Steuerzahler verschleudert wurde. Allein den Wert der volkseigenen Betriebe hatte Detlev Karsten Rohwedder, zweiter Chef der »Treuhand«-Anstalt, auf etwa 600 Milliarden DM geschätzt, und auch der in Finanzfragen nicht unbedarfte Oskar Lafontaine hatte den zu erwartenden Erlös aus der Privatisierungstätigkeit der Anstalt auf 500 bis 1000 Milliarden DM beziffert.

Rohwedders Nachfolgerin Birgit Breuel machte daraus dann in einer historisch einmaligen Umverteilungsaktion von unten nach oben, von Ost nach West ein Defizit von 270 Milliarden DM, das die Schuldenlast des Bundes um eben diese Summe schwerer machte. Und eben weil die »Treuhand« fast die gesamte DDR-Industrie zerstörte, ist jetzt Jahr für Jahr der Milliarden-Transfer nach Ostdeutschland erforderlich, um zum Beispiel für die Langzeitarbeitslosen eine kärgliche soziale Hilfe zu finanzieren.

Noch aufschlußreicher allerdings ist in diesem Zusammenhang ein Schuldenvergleich beider Teile Deutschlands zum Zeitpunkt der Währungsunion. Zum 1. Juli 1990 betrugen die internen Schulden des DDR-Staatshaushaltes (der auch die kommunalen Finanzen umfaßte) 28,0 Milliarden DM, die Wohnungsbaukredite – die hier angeführt werden, obwohl es gute Gründe gibt, sie nicht zu den Staatsschulden zu zählen – 38,0 Milliarden DM und die Verschuldung der DDR gegenüber dem Westen 20,3 Milliarden DM. Damit brachte die DDR eine Gesamtschuld von 86,3 Milliarden DM in die staatliche Einheit ein. Die gesamte Schuld der öffentlichen (staatlichen und kommunalen) Haushalte der Bundesrepublik belief sich zu diesem Stichtag auf 924 Milliarden DM. Allein im Jahrzehnt bis zur Währungsunion hatte sich die bundesdeutsche Staatsschuld verdoppelt, ein Wachstumstempo, das sich auch danach nicht änderte. Die ach so verschuldete ostdeutsche Braut hatte sich mit einem über beide Ohren Verschuldeten eingelassen.

Obwohl die DDR unvergleichlich weniger auf Pump gelebt hatte als die BRD, wurde die Verschuldung der öffentlichen Hand brüderlich und schwesterlich geteilt. Wenn schon nicht bei den Renten, Löhnen, Gehältern und schon gar nicht in den Köpfen, so wurde die Einheit wenigstens in der Pro-Kopf-Verschuldung herbeigeführt. Vor der Feier der Staatshochzeit lag sie im Osten bei 5298 DM und im Westen bei 16 586 DM. Danach betrug sie für alle Deutschen vom Rhein bis an die Oder, vom Säugling bis zum Greis 12 841 Mark. Statistisch gesehen übernahmen die neuen Bundesbürger pro Kopf 7543 Mark der BRD-Schulden. Auch in dieser Beziehung erwies sich das an die DDR-Bürger großzügig gezahlte 100-Mark-Begrüßungsgeld als eine vorteilhafte Investition.

Inzwischen ist das alles Geschichte. Die Pro-Kopf-Verschuldung im vereinten Deutschland beträgt mittlerweile 15 466 Euro (30 159 Mark).

Die reiche Bundesrepublik sieht sich noch weniger als früher imstande, das zu finanzieren, was sich einst die arme DDR geleistet hat. Dabei handelt es sich bei weitem nicht nur um das subventionierte Fünf-Pfennig-Brötchen oder die 20-Pfennig-Fahrkarte für Bus und Straßenbahn, U- und S-Bahn, den 14-Tage-Aufenthalt im FDGB-Ferienheim für 30 Mark oder die Zugverbindung in den letzten Winkel des Landes. Die wohlhabende Bundesrepublik kann das nicht leisten, was die von vorn herein weniger begüterte DDR sicherte, darunter: Vollbeschäftigung und keine Angst um den Arbeitsplatz; niedrige Mieten und keine Obdachlosigkeit; niedrige Tarife für Strom, Gas, Wärme, Wasser und Entwässerung; niedrige, langfristige Pachten für Wochenendgrundstücke und Kleingärten; umfassende Fördermaßnahmen für Frauen und Jugendliche, junge Eheleute und kinderreiche Familien; Abgabe von Medikamenten und Krankenhausaufenthalte ohne Zuzahlung, vorbildliche Betreuung von Schwangeren; ein dichtes Netz von Theatern, Orchestern, Museen, Bibliotheken, Kulturhäusern und Klubs für die Jugend; niedrige Preise für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sowie für die Benutzung von Bibliotheken, für Kino-, Theater-, Konzert- und Museumsbesuche; weitgehende Chancengleichheit im Bildungswesen, unentgeltlicher Besuch aller staatlichen Bildungseinrichtungen, Stipendien für alle Studenten unabhängig vom Einkommen der Eltern; unentgeltliche Kinderbetreuung, minimale Preise für Essen und Milch in Kinderkrippen und -gärten sowie für Schulspeisung und Teilnahme an Ferienlagern; ein entwickeltes System der Berufsausbildung ohne Mangel an Ausbildungsplätzen und nahtloser Übergang in den erlernten Beruf.

Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Trotz dieser Leistungen hatte der ostdeutsche Staat – bei niedrigerer Arbeitsproduktivität mit all ihren negativen Auswirkungen auf die Infrastruktur des Landes und die Investitionsrate in der Wirtschaft – weniger Schulden als der westdeutsche. In der Bundesrepublik gibt es derartige soziale und zivilisatorische Leistungen nicht, andere werden abgebaut, und doch wachsen die Schulden immer schneller. Wir kommen also nicht umhin, darüber nachzudenken, was und wer die Uhr in Wiesbaden antreibt, wofür die Milliarden ausgegeben werden, wer den Löwenanteil der Zinsen und Zinseszinsen einsteckt und wie lange diese Uhr so weiterlaufen kann.

Ralph Hartmann ist Verfasser des 1999 im Karl Dietz Verlag erschienenen, weiterhin empfehlenswerten Buches »Mit der DDR ins Jahr 2000« (http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3320019805/302-3839282-4831210), das – mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerecht und Menschenwürde, Wolfgang Richter, gesprochen – in der »besten Tradition der Enthüllungsliteratur« stehend »die außerordentliche Dimension der Einvernahme der DDR durch die Bundesrepublik veranschaulicht«.
(Quelle) (http://www.sopos.org/aufsaetze/3e4d4735245d9/1.phtml)

-jmw-
10.08.2007, 12:58
Warum lässt man die, die DDR wollen, nicht einfach DDR machen und die, die's nicht wollen, irgendwas anderes?

Wenn alle 100 Prozent fordern, kann man's nur auskämpfen.
Und soll das etwa die Lösung sein?