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Vollständige Version anzeigen : Was wäre wenn... Germanien.



Anarch
17.07.2007, 17:56
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt, oder wäre eine Eigenentwicklung denkbar? Wenn wir den Blick nach Skandinavien, insbesondere nach Island, Schweden und Finnland wenden (wobei letztere Nation aus einem finno-ugrischen Volk entstand), gab es hier größtenteils keine römischen Einflüsse und die Christanisierung war im Falle Schwedens z.B. erst im 12. Jahrhundert abgeschlossen.

Wäre eine Modernisierung des nordischen Heidentums, ähnlich wie in der antiken Welt, wo sich der heidnische Glaube durch Metaphysik und Philosophie verfeinerte, und einer weiter entwickelten Kulturstufe anpasste, denkbar? Hinzu kommt: In Schweden zeichnete sich eine Reichsbildung auf Grundlage der lose verbundenen , durch den Thing organisierten Stammesgesellschaften ab; hätte das heutige Deutschland eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, oder sich gar wie das "nordische Hellas" Island in eine aristokratische Demokratie verwandelt? Wäre sicherlich informativ Eure Ansichten zu lesen, nur los!

Efna
17.07.2007, 18:19
Die Frage ist natürlich wie jede andere Frage rein spekulativ. Nur machst du einen Fehler, die setzt Christlich mit römisch gleich und nimmst darauf hin an, das die römische Kultur mit dem Christentum nach Germanien kam. Die römische Kultur kam schon dann nach Germanien als die Römer ab den 1.jhd v.chr. in Nachbarschaft zu den Germanen lebten. Das beweissen Archäologische Funde und auch das was wir heute als das germanische Heidentum ist schon durchsetzt mit römischen Kulturgut. Eine entscheidenten Einfluss der römischen Kultur wäre auch ohne Christentum gekommen. Die römischen Kultur war am anfang sogar extrem abgeneigt gegenüber den Christentum.

Hexenhammer
17.07.2007, 18:52
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt, oder wäre eine Eigenentwicklung denkbar? Wenn wir den Blick nach Skandinavien, insbesondere nach Island, Schweden und Finnland wenden (wobei letztere Nation aus einem finno-ugrischen Volk entstand), gab es hier größtenteils keine römischen Einflüsse und die Christanisierung war im Falle Schwedens z.B. erst im 12. Jahrhundert abgeschlossen.

Wäre eine Modernisierung des nordischen Heidentums, ähnlich wie in der antiken Welt, wo sich der heidnische Glaube durch Metaphysik und Philosophie verfeinerte, und einer weiter entwickelten Kulturstufe anpasste, denkbar? Hinzu kommt: In Schweden zeichnete sich eine Reichsbildung auf Grundlage der lose verbundenen , durch den Thing organisierten Stammesgesellschaften ab; hätte das heutige Deutschland eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, oder sich gar wie das "nordische Hellas" Island in eine aristokratische Demokratie verwandelt? Wäre sicherlich informativ Eure Ansichten zu lesen, nur los!
Die nordischen Völker vor der Christinisierung als "Naturvölker" darzustellen, zeugt natürlich von kolosaler Geschichtskenntnis...

Efna
17.07.2007, 18:56
Und nochmal zum Thema wie es sich ausgewirkt, technologisch und Kulturel wäre der Verbleib im Heidentum weniger zu spüren. Die Lateinische Schrift wäre trotz alledem nach Germanien gekommen und hätte die Runenschrift. Alleine aus Handelsintressen die eine Schrift die viele Lesen und schreiben konnte brauchte man für einen funktionierenden Handel. Es wäre sogar besser gewesen weäre die Schrift durch Handelsintressen zu uns gekommen. Dadurch das die Kirche die Schrift nach germanien brachte war es im frühen und auch im hohen Mittelalter üblich das Schreiben und lesen lediglich bei Geistlichen wie in den Klöster verbreitet. Durch Händler wäre die Schrift bei einer grösseren Masse üblich geworden. Eine Einigung der Mitteleuropäischen stämme wäre trotz alledem zustande alleine aus der Tatsache des Gemeinsamen Abwehrkampfes gegen Wikinger, Magyeren, Slawen und dazu noch die christlichen Staaten wäre eine Vereinigung und somit eine bessere Schlagkraft definitiv zustande gekommen.
Allerdings niemals Kaiser gehabt oder einen adler als Wappentier und vielleicht wäre das Rheinland und Teile Südeutschlöand heute kein Deutschland.
Sicherlich wäre die Deutsche Gesellschaft nicht so Patriarchisch gewesen wie im Mittelalter und das Heidentum hätte sich sicherlich weiter entwickelt und wäre Slawisch beeinflusst wurden.

Efna
17.07.2007, 18:57
Die nordischen Völker vor der Christinisierung als "Naturvölker" darzustellen, zeugt natürlich von kolosaler Geschichtskenntnis...


Naturvölker bedeutet nicxht das diese Völker Primitiv sind genauso wenig wie Natureligionen primitiv sind.

Hexenhammer
17.07.2007, 18:59
Naturvölker bedeutet nicxht das diese Völker Primitiv sind genauso wenig wie Natureligionen primitiv sind.

Danke! Dann ziehe ich hiermit auch meinen Einwand zurück.

-jmw-
17.07.2007, 19:11
Interessante Frage!

Zunächst wäre wichtig, zu wissen, warum es diesen Kontakt in unserem alternativgeschichtlichen Szenario nicht gegeben hätte.
Denn wenn die Römer nicht nach Germanien gekommen wären, wären sie entweder woanders hingegangen oder nirgendwo;
und entsprechend wär wohl jemand anderes hergekommen.

Naja, wie dem auch sei, wir können uns ja die keltischen, baltischen und slawischen Völker anschauen, die es zu dieser Zeit gab.
Tun wir dies, sehen wir, dass zumindest bei Westslawen und Litauern die Entwicklung nur schleppend voranging.
Und da ich nicht an eine Überlegenheit der Germanen diesen Völkern gegenüber glaube (denn anthropologisch gesehen sind sie ziemlich eine Sülze), gehe ich davon aus, dass es zwar langfristig durchaus zu Staatenbildung und ökonomischer Entwicklung gekommen, dies beides jedoch deutlich zeitverzögert stattgefunden hätte ohne Christentum und römisches Rechts- und Verwaltungswesen als Katalysatoren.


oder sich gar wie das "nordische Hellas" Island in eine aristokratische Demokratie verwandelt?
Bei Island müssen wir berücksichtigen, dass die Eiwanderer aus dem Nichts ein Gemeinwesen aufbauen konnten (mit, das nur am Rande, interessanten Eigenarten in der Sicherheitsproduktion);
bei den Kontinentalgermanen war soetwas nicht mehr möglich.

Ausonius
17.07.2007, 19:13
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt, oder wäre eine Eigenentwicklung denkbar?

Da du dich wohl mehr oder weniger auf die in Mitteleuropa lebenden germanischen Völker beziehst: Selbst unter der Prämisse, dass dies ohnehin ein hypothetisches Szenario ist, halte ich die Frage für niemals beantwortbar. Nahezu alles, was wir über die Germanen wissen, stammt aus römischen Quellen. Die archäologische Forschung hierzu ist erstens noch nicht besonders weit und zweitens methodisch nicht in der Lage, Fragen zum Volkstum zu beantworten. Die ersten indigenen germanischen Schriftsteller tauchen erst im 7. Jahrhundert auf, waren als Geistliche alle zu einem gewissen Grad romanisiert und schließlich war es in Vergessenheit geraten, wie die Vorfahren noch 200 -300 Jahre zuvor lebten. Es fehlen derzeit noch die Möglichkeiten (zumindest im deutschen Raum; bei den Skandinaviern ist es anders), eine eigenständige germanische Vorstellungswelt zu rekonsturieren.

Kreuzbube
17.07.2007, 20:31
Im Landkreis meines Wohnortes wurde die Himmelsscheibe ( Arche Nebra ca.3500 Jahre alt ) und das Gosecker Sonnenobservatorium ( ca. 7000 Jahre alt ) entdeckt - das haben die alles ohne Kreuz und Bibel hinbekommen; und waren dabei noch die Vorfahren der Germanen....

Krauti
17.07.2007, 20:39
Im Landkreis meines Wohnortes wurde die Himmelsscheibe ( Arche Nebra ca.3500 Jahre alt ) und das Gosecker Sonnenobservatorium ( ca. 7000 Jahre alt ) entdeckt - das haben die alles ohne Kreuz und Bibel hinbekommen; und waren dabei noch die Vorfahren der Germanen....

Genau!
So wie's jetzt aussieht waren Mitteleuropäer selbst den bewunderten Ägyptern voraus!
Tja...das können viele Barbaren-Anhänger gar nich so richtig glauben! :)

Christentum = Fortschritt
ohne Christentum = kein Fortschritt

ist Quatsch.

Als ob eine Religion Leute klüger machen kann oder sie genetisch "besser macht".
Und das das Christentum auch viel Elend in die Welt gebracht hat ist jawohl unbestritten.

Wir wären ohne das Christentum besser dran gewesen...wir hätten unseren eigenen Weg schon gefunden! :]

(So haben wir ja doch immer nur adoptiert, importiert und adaptiert...)

Ausonius
17.07.2007, 20:43
Als ob eine Religion Leute klüger machen kann oder sie genetisch "besser macht".
Und das das Christentum auch viel Elend in die Welt gebracht hat ist jawohl unbestritten.


Letzteres - ja, eindeutig. Dennnoch - in der entscheidenden Phase, als das Christentum seine große Machtposition ausbaute (5. - 10. Jahrhundert) war die Kirche in der Tat die fortschrittlichste oder zumindest die gebildetste Institution in Europa. Sie war praktisch die einzige Institution, die in der Lage wahr, das Wissen der Antike zu konservieren und zu nutzen. Dazu kam noch, dass mit Ausnahme weniger gebildeter Zivilbeamter Mönche oft weit und breit die einzigen wahren, die lesen und schreiben konnten. Naturgemäß übernahmen Klöster und Bistümer rasch wichtige Verwaltungsaufgaben des Reiches. Dazu kam noch der Wohlstand der Bistümer - gerade unter den Ottonen etwa spielte der Aspekt eine wichtige Rolle, dass die Kirche relativ gut in der Lage war, die Aufstellung und Unterhaltung von Heeren zu gewährleisten.

Anarch
17.07.2007, 20:45
Interessante Frage!

Zunächst wäre wichtig, zu wissen, warum es diesen Kontakt in unserem alternativgeschichtlichen Szenario nicht gegeben hätte.
Denn wenn die Römer nicht nach Germanien gekommen wären, wären sie entweder woanders hingegangen oder nirgendwo;
und entsprechend wär wohl jemand anderes hergekommen.

Ich wollte lediglich auf die kulturelle, religiöse und politische Entwicklung eingehen. Das Warum spielt deshalb eine eher untergeordnete Rolle.


Naja, wie dem auch sei, wir können uns ja die keltischen, baltischen und slawischen Völker anschauen, die es zu dieser Zeit gab.
Tun wir dies, sehen wir, dass zumindest bei Westslawen und Litauern die Entwicklung nur schleppend voranging.

Wohl wahr, jedoch waren Balten, Slawen und Finnen, obwohl sie niemals, bzw. nur über Handelsgüter Kontakt zu den Römern hatten, im Laufe der Zeit keine "unterentwickelten" Völker mehr, sondern schufen zahlreiche Kulturgüter und Geistesheroen aus ihrem Volkstum, sodaß eine Entwicklung ohne Romanisierung möglich war, wenn auch, hier gebe ich Dir recht, langsamer. Es wirft aber ebenso die Frage auf, weshalb Griechen und Römer sich innerhalb kürzester Zeit von Natur- zu Kulturvölkern entwickelten, und wieso eine solche Entwicklung bei Germanen, Kelten und Slawen (weitestgehend) ausblieb.


Und da ich nicht an eine Überlegenheit der Germanen diesen Völkern gegenüber glaube (denn anthropologisch gesehen sind sie ziemlich eine Sülze), gehe ich davon aus, dass es zwar langfristig durchaus zu Staatenbildung und ökonomischer Entwicklung gekommen, dies beides jedoch deutlich zeitverzögert stattgefunden hätte ohne Christentum und römisches Rechts- und Verwaltungswesen als Katalysatoren.

Daß die Germanen weder dauerbesoffene Schwachköpfe, noch nordisch-arische Übermenschen waren, darüber sind wir uns wohl einig. Wohl hätte es in Mittel- und Nordeuropa kein römisches Recht gegeben; wie hätte wohl ein germanisches Recht, das sich im Laufe der Zeit modernisiert (vielleicht) hätte, ausgesehen? Eine Einigung der Stämme fand in Schweden, wie ich im Eingangsbeitrag schrieb, eher weniger durch das Christentum statt. Die Stämme waren, abgesehen vom König, der übrigens gewählt wurde, und deshalb durch die zahlreichen Regionen reisten musste, weitestgehend samt Adel noch heidnisch. Deshalb die Frage ob ein Weiterentwicklung der nordischen Religion möglich gewesen wäre (siehe Hellenismus).


Bei Island müssen wir berücksichtigen, dass die Eiwanderer aus dem Nichts ein Gemeinwesen aufbauen konnten (mit, das nur am Rande, interessanten Eigenarten in der Sicherheitsproduktion); bei den Kontinentalgermanen war soetwas nicht mehr möglich.

In Island wurde, was in Kontinentalgermanien nicht mehr der Fall sein konnte, auf einem höheren kulturellen Niveau (sagen wir lieber anderen, weil ich nicht an eine linear-fortschrittliche Geschichte glaube) ein neues Gemeinwesen aus dem Nichts errichtet. Dennoch ähnelt der isländische Thing dem der übrigen germanischen Stämme, was nur logisch ist, da er von dort kommt. Nur, wäre eine ähnliche Entwicklung, eben seeehr zeitverzögert, nicht auch in Mitteleuropa denkbar gewesen?

Krauti
17.07.2007, 20:47
Letzteres - ja, eindeutig. Dennnoch - in der entscheidenden Phase, als das Christentum seine große Machtposition ausbaute (5. - 10. Jahrhundert) war die Kirche in der Tat die fortschrittlichste oder zumindest die gebildetste Institution in Europa. Sie war praktisch die einzige Institution, die in der Lage wahr, das Wissen der Antike zu konservieren und zu nutzen. ...

Und du weißt auch warum, ja?
Die Kirche baute sehr schnell ein Monopol auf. SIE kontrollierte was wie wo verbreitet wurde. SIE war das uneingeschränkte Staatsmedium neben dem es nichts anderes geben durfte.
Heute nennt man das Totalitarismus!
Die Leute waren der Kirche doch ausgeliefert und mußten glauben was ihnen erzählt wurde...wehe dem der nicht!
Als ob eine Konkurrenz jemals eine Chance gehabt hätte.
Außerdem wurde auch sehr viel altes, germanisches Naturwissen verloren gegeben...weil es ja verbotenerweise heidnisch war!

2000 Jahre Kirche sind doch erst der Grund das wir so gut wie kaum etwas von unseren Wurzeln wissen!

Krauti
17.07.2007, 20:53
... Dennoch ähnelt der isländische Thing dem der übrigen germanischen Stämme, was nur logisch ist, da er von dort kommt. Nur, wäre eine ähnliche Entwicklung, eben seeehr zeitverzögert, nicht auch in Mitteleuropa denkbar gewesen?

Natürlich!

Und in nicht wenigen Bereichen war germanische Gesetzgebung und Sitte römischen zumindest gleichwertig wenn nicht überlegen (Frauenrechte zum Beispiel)....und wenn ein Thing mitsamt gewähltem König nicht ur-demokratisch ist dann weiß ich nich...

Kreuzbube
17.07.2007, 21:01
Der Fairness halber: Das einzig Anerkennenswerte, was ich dem Christentum abgewinnen kann, sind die grandiosen Bauwerke des Mittelalters - Dome, Kirchen und Kathedralen! Aber sonst bin ich auch der Meinung, daß Christentum und Islam zum Machterhalt Weniger die Entwicklung in Wissenschaft, Medizin, Technik usw. entscheidend gebremst bzw. negativ beeinflußt haben. Ich sage nur: ....und sie dreht sich doch!

Ausonius
17.07.2007, 21:41
Die Leute waren der Kirche doch ausgeliefert und mußten glauben was ihnen erzählt wurde...wehe dem der nicht!
Als ob eine Konkurrenz jemals eine Chance gehabt hätte.
Außerdem wurde auch sehr viel altes, germanisches Naturwissen verloren gegeben...weil es ja verbotenerweise heidnisch war!

Das ist alles richtig. Nur darf man nicht die Rolle der Herrscher vergessen, die die Macht der Kirche zementierten - ein wichtiges Dokument wie das Concilium Germanicum, dass quasi die heidnischen Bräuche rechts des Rheins unter Strafe stellte, wurde von einem der Karolinger, Karlmann erlassen. Kirche und Adel brauchten einander.

Krauti
17.07.2007, 22:14
Das ist alles richtig. Nur darf man nicht die Rolle der Herrscher vergessen, die die Macht der Kirche zementierten - ein wichtiges Dokument wie das Concilium Germanicum, dass quasi die heidnischen Bräuche rechts des Rheins unter Strafe stellte, wurde von einem der Karolinger, Karlmann erlassen. Kirche und Adel brauchten einander.

Ja das stimmt.

-jmw-
17.07.2007, 22:21
Genau!
So wie's jetzt aussieht waren Mitteleuropäer selbst den bewunderten Ägyptern voraus!
Na, na, nun wollen wir mal nicht übertreiben! :)
Klar, wir haben neue Erkenntnisse über das astronomische Wissen hierzulande in der damaligen Zeit gewonnen.
Doch daraus pauschal ein "voraus" zu machen, nee, das wär dann doch zuviel.
Ägypten hatte immerhin noch "Kleinigkeiten" wie ausgeklügelte Produktionsverfahren in Landwirtschaft und Handwerk, hatte ein umfangreiches Staats-, Rechts- und Verwaltungswesen, ein ausgebautes Militär, Infrastruktur usw. usw.


Wir wären ohne das Christentum besser dran gewesen
Nein.
Denn die, die besser dran gewesen wären, wenn sie's denn gewesen wären, wären nicht mehr wir gewesen, sondern andere, die uns heutigen verchristlichten und vergraecoromanisierten abendländischen Menschen wohl fremd vorkämen.

willy
17.07.2007, 22:33
Und du weißt auch warum, ja?
Die Kirche baute sehr schnell ein Monopol auf. SIE kontrollierte was wie wo verbreitet wurde. SIE war das uneingeschränkte Staatsmedium neben dem es nichts anderes geben durfte.
Heute nennt man das Totalitarismus!
Die Leute waren der Kirche doch ausgeliefert und mußten glauben was ihnen erzählt wurde...wehe dem der nicht!
Als ob eine Konkurrenz jemals eine Chance gehabt hätte.
Außerdem wurde auch sehr viel altes, germanisches Naturwissen verloren gegeben...weil es ja verbotenerweise heidnisch war!

2000 Jahre Kirche sind doch erst der Grund das wir so gut wie kaum etwas von unseren Wurzeln wissen!

Nicht alles.
Der Weihnachtsbaum geht eindeutig auf germanische Traditionen zurück.
Mit dem Wort Ostern ist es womöglich ähnlich ...

Ausonius
17.07.2007, 22:37
Aber sonst bin ich auch der Meinung, daß Christentum und Islam zum Machterhalt Weniger die Entwicklung in Wissenschaft, Medizin, Technik usw. entscheidend gebremst bzw. negativ beeinflußt haben.

Man darf nicht immer alles durch die heutige Brille sehen. Tatsächlich war im nicht-islamischen Bereich die Kirche der einzige Bereich, wo im Mittelalter eine Beschäftigung mit Wissenschaft und deren Weiterentwicklung überhaupt möglich war. Die ersten Universitäten im deutschen Reich gab es erst im Spätmittelalter (14. Jahrhundert), und sie dienten zunächst auch erst mal der Ausbildung von Theologen und allenfalls noch Juristen; weltliche Gelehrte konnte man mit der Lupe suchen (es gab einige wenige löbliche Ausnahmen im Adel wie Kaiser Friedrich II.). Klar, dass eine solche, nur über die Kirche transportierte Wissenschaft etwas einseitig war. Zum großen Crash zwischen den Weltbildern und Auffassungen kam es aber erst in der Neuzeit, im 16./17. Jahrhundert.

Kreuzbube
17.07.2007, 22:38
Na, na, nun wollen wir mal nicht übertreiben! :)
Klar, wir haben neue Erkenntnisse über das astronomische Wissen hierzulande in der damaligen Zeit gewonnen.
Doch daraus pauschal ein "voraus" zu machen, nee, das wär dann doch zuviel.
Ägypten hatte immerhin noch "Kleinigkeiten" wie ausgeklügelte Produktionsverfahren in Landwirtschaft und Handwerk, hatte ein umfangreiches Staats-, Rechts- und Verwaltungswesen, ein ausgebautes Militär, Infrastruktur usw. usw.


Nein.
Denn die, die besser dran gewesen wären, wenn sie's denn gewesen wären, wären nicht mehr wir gewesen, sondern andere, die uns heutigen verchristlichten und vergraecoromanisierten abendländischen Menschen wohl fremd vorkämen.

Die würden sich vermutlich köstlich amüsieren über Leute, die mit zusammengefalteten Händen ein Folter-bzw. Mordinstrument anbeten und hoffen, daß sie dadurch mehr Glück im Leben haben....

holyhoax
17.07.2007, 22:40
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt, oder wäre eine Eigenentwicklung denkbar? Wenn wir den Blick nach Skandinavien, insbesondere nach Island, Schweden und Finnland wenden (wobei letztere Nation aus einem finno-ugrischen Volk entstand), gab es hier größtenteils keine römischen Einflüsse und die Christanisierung war im Falle Schwedens z.B. erst im 12. Jahrhundert abgeschlossen.

Wäre eine Modernisierung des nordischen Heidentums, ähnlich wie in der antiken Welt, wo sich der heidnische Glaube durch Metaphysik und Philosophie verfeinerte, und einer weiter entwickelten Kulturstufe anpasste, denkbar? Hinzu kommt: In Schweden zeichnete sich eine Reichsbildung auf Grundlage der lose verbundenen , durch den Thing organisierten Stammesgesellschaften ab; hätte das heutige Deutschland eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, oder sich gar wie das "nordische Hellas" Island in eine aristokratische Demokratie verwandelt? Wäre sicherlich informativ Eure Ansichten zu lesen, nur los!

Ein interessanter Gedanke. Dazu hätte es kommen können, wenn Arminius Erfolg gehabt hätte und es geschafft hätte, die damaligen germanischen Völker zu vereinigen. Leider wollten die damaligen Warlords nicht mitmachen und er scheiterte folglich. Hätte er Erfolg gehabt, hätte durchaus ein germanischer Staat entstehen können. Zu einer Christianisierung wäre es aber m.M.n. dennoch gekommen, wenn auch vielleicht später Die lateinische Sprache hätte aber nicht den Stellenwert gehabt, den sie damals für die geistige Führungsschicht hatte. Es wären sicher mehr deutsche Eigenheiten entstanden, ähnlich wie bei den skandinavischen Völkern. Die Frage ist, ob es Deutschland dann geschafft hätte, sich von dem damals schon romanisierten Frankreich abzugrenzen.

-jmw-
17.07.2007, 22:48
Die würden sich vermutlich köstlich amüsieren über Leute, die mit zusammengefalteten Händen ein Folter-bzw. Mordinstrument anbeten und hoffen, daß sie dadurch mehr Glück im Leben haben....
Möglich.
Aber mir ist's doch lieber, die können sich nicht freuen, dafür aber bin ich da. :]

Anarch
17.07.2007, 23:31
Nein.
Denn die, die besser dran gewesen wären, wenn sie's denn gewesen wären, wären nicht mehr wir gewesen, sondern andere, die uns heutigen verchristlichten und vergraecoromanisierten abendländischen Menschen wohl fremd vorkämen.

Wohl hätte Europa anders ausgesehen. Vielleicht hätte der Geist des Hellenismus im Alten Kontinent seinen Siegeszug angetreten. Wir wissen es nicht, auf jeden Fall hätte es keine christliche Moral gegeben, keinen Monotheismus (vielleicht im gewissen Sinne eines Pantheismus der die verschiedenen Götter als Verkörperung des selben allumfassenden Seins anerkennt, wie es im griechischen Spätheidentum auch der Fall war), aber Erbmonarchie und religiöser Absolutheitsanspruch, also die Inquisition wären uns erspart geblieben.

Anarch
17.07.2007, 23:52
Ein interessanter Gedanke. Dazu hätte es kommen können, wenn Arminius Erfolg gehabt hätte und es geschafft hätte, die damaligen germanischen Völker zu vereinigen. Leider wollten die damaligen Warlords nicht mitmachen und er scheiterte folglich. Hätte er Erfolg gehabt, hätte durchaus ein germanischer Staat entstehen können. Zu einer Christianisierung wäre es aber m.M.n. dennoch gekommen, wenn auch vielleicht später Die lateinische Sprache hätte aber nicht den Stellenwert gehabt, den sie damals für die geistige Führungsschicht hatte. Es wären sicher mehr deutsche Eigenheiten entstanden, ähnlich wie bei den skandinavischen Völkern. Die Frage ist, ob es Deutschland dann geschafft hätte, sich von dem damals schon romanisierten Frankreich abzugrenzen.

Arminius Pläne sahen den Marsch nach Rom und die Eroberung römischen Gebietes in Gallien vor. Insofern wäre das heutige Frankreich eher germanisiert worden, genauso Italien. Möglicherweise hätte sich das "Germanische Reich Deutscher Nation" - wollen wir es mal so nennen - in Richtung der skandinavischen Länder entwickelt. Arminius hätte vielleicht, das ist anzunehmen, die römische Kaiserwürde übernommen. Da die Stämme eine zentralistische Bevormundung nicht hingenommen hätten, wäre das Thingsystem wohl erhalten geblieben. Eine Synthese aus regionaler Thinge und Imperatorenwürde, alles nur Theorie, aber denkbar.

Ausonius
17.07.2007, 23:59
Arminius Pläne sahen den Marsch nach Rom und die Eroberung römischen Gebietes in Gallien vor.

Wu hast du denn das her? Das geben die wenigen zeitgenössischen Quellen m.E. nicht her. Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.


Da die Stämme eine zentralistische Bevormundung nicht hingenommen hätten, wäre das Thingsystem wohl erhalten geblieben.

Es ist nicht gesichert, dass die germanischen Stämme im deutschen Raum überhaupt ein Thing besaßen. Selbst die Stämmeversammlung der Sachsen (die in den letzten Jahren intensiv diskutiert wurde) kann man ja nicht einfach mit dem isländischen Thing gleichsetzen.

Krauti
18.07.2007, 00:00
Arminius Pläne sahen den Marsch nach Rom und die Eroberung römischen Gebietes in Gallien vor. Insofern wäre das heutige Frankreich eher germanisiert worden, genauso Italien. Möglicherweise hätte sich das "Germanische Reich Deutscher Nation" - wollen wir es mal so nennen - in Richtung der skandinavischen Länder entwickelt. Arminius hätte vielleicht, das ist anzunehmen, die römische Kaiserwürde übernommen. Da die Stämme eine zentralistische Bevormundung nicht hingenommen hätten, wäre das Thingsystem wohl erhalten geblieben. Eine Synthese aus regionaler Thinge und Imperatorenwürde, alles nur Theorie, aber denkbar.

Arminius war von seiner römischen Erziehung geprägt.
Ich glaube schon das er die germanischen Stämme nach römischem Vorbild vereinigen wollte.
Stellt euch nur mal vor er hätte das geschafft!!!
Die ganze Geschichte Mitteleuropas müßte umgeschrieben werden...
Na ja...aber die unabhängigen, freiheitsliebenden Stämme haben nicht einen "Big Boss" bekämpft um sich jetzt einem anderen zu unterwerfen...das blieb ja dann fast 2000 Jahre später Bismarck vorbehalten...(und selbst das nur mit List und Tücke) :D

(Mer san scho a merkwürdges Völksche...:)))

Anarch
18.07.2007, 00:43
Wu hast du denn das her? Das geben die wenigen zeitgenössischen Quellen m.E. nicht her. Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Es wäre rein logisch, daß er versucht hätte die römische Hegemonie in Europa zu brechen, Macht verwandelt auch einen Germanen in einen machtpolitisch denkenden Imperatoren, somit ist es nur anzunehmen, daß er so gehandelt hätte, und keinen weiteren Angriff der Römer abgewartet, sie lieber vernichtet hätte.


Es ist nicht gesichert, dass die germanischen Stämme im deutschen Raum überhaupt ein Thing besaßen. Selbst die Stämmeversammlung der Sachsen (die in den letzten Jahren intensiv diskutiert wurde) kann man ja nicht einfach mit dem isländischen Thing gleichsetzen.

Natürlich war der kontinentalgermanische Thing durchaus mehr vom Vorrecht der Adeligen bestimmt, als auf Island, wo dessen Herrschaft praktisch gar nicht vorkam, außer, wie es germanische Sitte ist, im Kriege. Überhapt wählten die Germanen - überall - nur einen Führer wenn Krieg herrschte; es ist also anzunehmen, daß ähnliche Thinge existierten und die Fürsten durch des Volkes Macht eingeschränkt wurden. Republikanische Zustände herrschten im altertümlichen Mitteleuropa dennoch nicht. Mit der späteren Kaiser- und Fürstenherrschaft hatte es jedoch wenig zu tun.

Rheinlaender
18.07.2007, 00:54
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt,

Sie waeren auf ihren Baeumen sitzen geblieben, wie sie es die Jahrhunderte zuvor machten.

Ausonius
18.07.2007, 09:50
Es wäre rein logisch, daß er versucht hätte die römische Hegemonie in Europa zu brechen, Macht verwandelt auch einen Germanen in einen machtpolitisch denkenden Imperatoren, somit ist es nur anzunehmen, daß er so gehandelt hätte, und keinen weiteren Angriff der Römer abgewartet, sie lieber vernichtet hätte.

Das ist jetzt aber reines Wunschdenken. Im übrige hat Arminius ja gar nicht sofort nachgesetzt, als er die Chance hatte (in den Jahren 9-14). Die Varusschlacht zu gewinnen war eine Sache, dann aber noch das funktionierende Gefüge der Legionen am Rhein zu zerstören, eine andere. Ich denke auch, dass Arminius insgesamt nicht die strutkurellen Möglichkeiten hatte, um ein germanischer "Alexander" zu werden. Abgesehen davon ist der Schritt vom Germanenherrscher zum Imperator ein sehr weiter. Der erste germanische König war Theoderich, der erste germanische Imperator aber erst Karl der Große, der sich über 300 Jahre nach dem Untergang des weströmischen Reiches "getraut" hat.

Sauerländer
18.07.2007, 10:30
Wie schon erwähnt wurde: ein solcher Totalausfall des römischen Einflusses funktioniert nicht über schlichte militärische Ereignisse. Da muss man schon Rom als solches früh genug komplett aus der Gleichung nehmen.
Dann stellt sich die Frage nach der alternativen Macht, die das gegebenenfalls ausnutzt.
Eines dürfte klar sein: Ein geeintes germanisches Staatswesen haben wir für diesen Fall eher nicht zu erwarten.
Zweitens ist ebenfalls anzunehmen, dass eine technisch-politische Entwicklung OHNE Fremdeinfluss mindestens erheblich langsamer verlaufen wäre.
Vergessen wir nicht: Deutschland ist kein germanisches Eigengezücht, sondern ein Ergebnis germanisch-römischer Synthese, das Reichsideal ohne Rom und Katholizismus schwer denkbar.
Das hätte man sich knicken können.

Ob diese Vorstellung eines von zivilisatorischen Einflüssen unbeleckten germanischen Raumes sooooo schrecklich ist, ist eine andere Frage.

Aber man mache sich immer bewusst, was alles notwendig war, um das hervorzubringen, was einem selber selbstverständlich ist.

-jmw-
18.07.2007, 10:44
Was hätten ohne Rom wohl die Hunnen hier alles angestellt?

Sauerländer
18.07.2007, 10:47
Was hätten ohne Rom wohl die Hunnen hier alles angestellt?
Ich könnte jetzt natürlich sagen: Je nachdem, wie früh und auf welchem Weg wir Rom subtrahieren, tauchen im Zuge all der Wechselwirkungen die Hunnen gar nicht auf. :D

-jmw-
18.07.2007, 10:50
Meinste?
Was haben die Hunnen mit Rom denn zu tun?
Ob nun Aeneas in Troja verbrennt, ob die Zwillinge nicht gefüttert, sondern gefressen werden von der Wölfin, ob Hannibal die Mauern der Stadt nimmt - welche Auswirkungen auf die Hunnen, die zu diesen Zeiten noch irgendwo zwischen Kasachstan und der Mongolei hockten, hätte das haben können?

Sauerländer
18.07.2007, 10:56
Meinste?
Was haben die Hunnen mit Rom denn zu tun?
Ob nun Aeneas in Troja verbrennt, ob die Zwillinge nicht gefüttert, sondern gefressen werden von der Wölfin, ob Hannibal die Mauern der Stadt nimmt - welche Auswirkungen auf die Hunnen, die zu diesen Zeiten noch irgendwo zwischen Kasachstan und der Mongolei hockten, hätte das haben können?
An sich: Keine Ahnung. Ich nahm mir nur den Luxus des "ALLES wird anders sein" heraus. ;)
Aber wie gesagt, wird Rom aus der Gleichung genommen, besteht zumindest die Möglichkeit einer alternativen Großmacht. Je nachdem, wo genau die verortet ist, nimmt sie hinsichtlich ihrer räumlichen Dominanz möglicherweise eine ganz andere Richtung als Rom, bestrahlt ganz andere Räume mit einem Abglanz von Zivilisation.
Und bildet damit möglicherweise direkt oder indirekt einen Block, der die Hunnen aufhält oder sie qua Verlockung durch Reichtum eine andere Richtung einschlagen lässt.

-jmw-
18.07.2007, 11:00
Hmm...
Wär möglich?
Wer hätt's machen können?
Die Griechen?
Die haben's nach Alex ganz ohne Rom verbockt.
Perser? Parther?
Die hätten kaum noch Norden Richtung Schwarzmeer oder Zentralasien ausgegriffen.
Wer noch`
Karthago?
Hätte kein Interesse an sowas gehabt.
Die Kelten?
Hätten im Leben nienichtnimmer 'n Zentralstaat errichtet, so doof war'n die nicht.

So wie's aussieht, gab's da niemanden, der was hätte tun können.

EDIT: Die Goten haben's auch nicht geschafft.

Hexe
18.07.2007, 11:54
Irgendwie seid ihr sehr optimistisch. :rolleyes:

Ich meine, wieviele Germanen gab es denn, 1 Mio vielleicht.
Wieviele größere Siedlungen gab es (vergleichbar mit Rom oder Antiochia), keine.
Wie stand es mit den Handelswegen, Straßen, grottig.

Rheinlaender
18.07.2007, 12:15
Wieviele größere Siedlungen gab es (vergleichbar mit Rom oder Antiochia), keine.

Es gab auch keine vergleichbar mit Hippo Regius, Sardis und wie die mittleren und kleineren Staedte des roemischen Reiches auch alle hiesen ...

Sauerländer
18.07.2007, 12:30
Irgendwie seid ihr sehr optimistisch. :rolleyes:

Ich meine, wieviele Germanen gab es denn, 1 Mio vielleicht.
Wieviele größere Siedlungen gab es (vergleichbar mit Rom oder Antiochia), keine.
Wie stand es mit den Handelswegen, Straßen, grottig.

Aber exakt das macht doch den Reiz der Fragestellung aus: Zwei derart verschiedene Lebensweisen zu kontrastieren und von beiden auf den weiteren Verlauf zu schließen.

Krauti
18.07.2007, 14:57
Irgendwie seid ihr sehr optimistisch. :rolleyes:

Ich meine, wieviele Germanen gab es denn, 1 Mio vielleicht.
Wieviele größere Siedlungen gab es (vergleichbar mit Rom oder Antiochia), keine.
Wie stand es mit den Handelswegen, Straßen, grottig.

Warum denn auch?

Wie die gefundene Himmelsscheibe von Nebra beweist gab es schon for 3000 Jahren in Mitteleuropa weitverzweigten Handel (und Handelswege natürlich auch).
Das war natürlich kein zentralisiertes römisches Gebilde aber darum geht es ja...wozu denn eine Kopie?
Das die Germanen/Kelten keine Badehäuser bauten...auweia...dafür haben die Archäologen schon oft festgestellt das die Germanen niemals ohne "Kulturbeutel" die Hütte verließen, also Wert auf ein gepflegtes Äußeres legten...die Sitten waren denen in Rom mindestens gleichrangig....sie bauten keine festen Steinhäuser aber nutzten das Material was so unendlich um sie herum wuchs, Holz. Schade nur das Holz verwittert und so kaum Spuren hinterlassen hat. Heißt das das sie in Löchern lebten??? Quatsch.
Sie hatten eine ausgeprägte Mythen- und Sagenwelt, feste Gebräuche und Gesetze etc.

Nee, eine Kopie von Rom waren sie sicher nicht....und das ist auch gut so (finde ich)!

Hubba Bubba
18.07.2007, 15:05
Warum denn auch?

Wie die gefundene Himmelsscheibe von Nebra beweist gab es schon for 3000 Jahren in Mitteleuropa weitverzweigten Handel (und Handelswege natürlich auch).
Das war natürlich kein zentralisiertes römisches Gebilde aber darum geht es ja...wozu denn eine Kopie?
Das die Germanen/Kelten keine Badehäuser bauten...auweia...dafür haben die Archäologen schon oft festgestellt das die Germanen niemals ohne "Kulturbeutel" die Hütte verließen, also Wert auf ein gepflegtes Äußeres legten...die Sitten waren denen in Rom mindestens gleichrangig....sie bauten keine festen Steinhäuser aber nutzten das Material was so unendlich um sie herum wuchs, Holz. Schade nur das Holz verwittert und so kaum Spuren hinterlassen hat. Heißt das das sie in Löchern lebten??? Quatsch.
Sie hatten eine ausgeprägte Mythen- und Sagenwelt, feste Gebräuche und Gesetze etc.

Nee, eine Kopie von Rom waren sie sicher nicht....und das ist auch gut so (finde ich)!

Und was das Militär anging....
Wir waren nicht viele, aber was uns an Männern mangelte machten wir mit Kampfgeist wet.

Rheinlaender
18.07.2007, 15:58
Warum denn auch?

Wie die gefundene Himmelsscheibe von Nebra beweist gab es schon for 3000 Jahren in Mitteleuropa weitverzweigten Handel (und Handelswege natürlich auch).

... das aber wenig Bedeutung haette, sonst haette man auch ein entsprechendes Geldsystem gehabt, es daurte aber noch in das fruehe Mittelalter, bis Germanen Muenzen praegten.


Das die Germanen/Kelten keine Badehäuser bauten...

Thermen als "Basehaueser" zu bezeichnen, mag fuer die roemsiche republik bis zu einem bestimmten Zeitpukt gegolten haben, spaeter waren es soziale Treffpunkte mit Sportanlagen in Marmor und verschieden Raeumen und Becken unterschiedlicher Temperatur. Ein Nachbau wuerde wahrscheinlich heute noch als wahnsinniger Luxus angesehen werden.


...die Sitten waren denen in Rom mindestens gleichrangig....

Die "Sitten" eines primitiven Volkes halt - Dekandenz ist eine hohe Kulturstufe, die sich ein Volk ersteinmal erarbeiten muss.


sie bauten keine festen Steinhäuser aber nutzten das Material was so unendlich um sie herum wuchs, Holz. Schade nur das Holz verwittert und so kaum Spuren hinterlassen hat. Heißt das das sie in Löchern lebten??? Quatsch.

Nun, wenn sie keine Mamor fanden, warum importierten sie ihn nicht einfach - in Rom wurde Marmor und anderer Stein aus dem gesamten Imperium verbaut.


Sie hatten eine ausgeprägte Mythen- und Sagenwelt, feste Gebräuche und Gesetze etc.

Gesetze, die so primitiv waren, dass man sie niecht niederzuschreiben musste.


Nee, eine Kopie von Rom waren sie sicher nicht

Sicher nicht! Da fehlten ein paar Jahrhunderte Kulturentwicklung!

Krauti
18.07.2007, 16:01
Sach ma Rheini...hat dir jemand beigebracht deine Vorfahren so zu verachten
oder hast du das alles selber geschafft? :))

Rheinlaender
18.07.2007, 16:05
Sach ma Rheini...hat dir jemand beigebracht deine Vorfahren so zu verachten
oder hast du das alles selber geschafft? :))

Meine werten Vorfahren sahen die Roemer und wurden welche - das naehere in Caesars Gallischen Krieg nachzulesen.

Sauerländer
19.07.2007, 10:01
Die "Sitten" eines primitiven Volkes halt - Dekandenz ist eine hohe Kulturstufe, die sich ein Volk ersteinmal erarbeiten muss.

Und die arg daran zweifeln lässt, ob Hochkultur überhaupt so eine wünschenswerte Sache ist.


Gesetze, die so primitiv waren, dass man sie niecht niederzuschreiben musste.
Wie furchtbar - ein Rechtsempfinden, das noch so intakt ist, dass es sich nicht mit Geschreibsel behelfen muss....

Krauti
19.07.2007, 11:01
Meine werten Vorfahren sahen die Roemer und wurden welche - das naehere in Caesars Gallischen Krieg nachzulesen.

Deine Vorfahren haben vielleicht die Klamotten gewechselt und 'ne andere Sprache gelernt...aber Germanen blieben's trotzdem! :D

Rheinlaender
19.07.2007, 11:09
Deine Vorfahren haben vielleicht die Klamotten gewechselt und 'ne andere Sprache gelernt...aber Germanen blieben's trotzdem! :D

Es gab eine starke Romanisierung am Rhein - das kannst am ehsten z. B. an den koelner Beschofslisten sehen, die bis zur Merowingerherrschaft nur griechische und lateinische Namen enthalten.

Man sieht dies auch daran, dass es zwar immer wieder Uebergriffe aus dem unziviliserten Teilen Geramiens gab, aber die roemischen Teile Germaniens nie Aufstaende gegen die roemische Herrschaft sahen.

Krauti
19.07.2007, 18:15
Es gab eine starke Romanisierung am Rhein - das kannst am ehsten z. B. an den koelner Beschofslisten sehen, die bis zur Merowingerherrschaft nur griechische und lateinische Namen enthalten.

Man sieht dies auch daran, dass es zwar immer wieder Uebergriffe aus dem unziviliserten Teilen Geramiens gab, aber die roemischen Teile Germaniens nie Aufstaende gegen die roemische Herrschaft sahen.

Freiwillig den neuen Herrschern unterworfen und ihnen noch die Füße geküsst...ich bin viel stolzer auf unseren "wilden" Volksteil, kannste glauben! :]

Rheinlaender
19.07.2007, 18:26
Freiwillig den neuen Herrschern unterworfen und ihnen noch die Füße geküsst...ich bin viel stolzer auf unseren "wilden" Volksteil, kannste glauben! :]

Es war ein guter Deal: Sicherheit vor Ueberfaellen anderer Germanenstaemme, roemsiche Baeder, roemisches Recht, die Segnungen roemsicher Zivilisation: Oliven und Wein statt Baumrinde und Meet, mit etwas Glueck sogar Aussicht auf das Roemische Buergerrecht: Dafuer haette ich auch die rauchige Huette verlassen.

Krauti
19.07.2007, 18:28
Es war ein guter Deal: Sicherheit vor Ueberfaellen anderer Germanenstaemme, roemsiche Baeder, roemisches Recht, die Segnungen roemsicher Zivilisation: Oliven und Wein statt Baumrinde und Meet, mit etwas Glueck sogar Aussicht auf das Roemische Buergerrecht: Dafuer haette ich auch die rauchige Huette verlassen.


Kein bißchen Stolz! :=

linksmann
19.07.2007, 18:35
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt, oder wäre eine Eigenentwicklung denkbar? Wenn wir den Blick nach Skandinavien, insbesondere nach Island, Schweden und Finnland wenden (wobei letztere Nation aus einem finno-ugrischen Volk entstand), gab es hier größtenteils keine römischen Einflüsse und die Christanisierung war im Falle Schwedens z.B. erst im 12. Jahrhundert abgeschlossen.

Wäre eine Modernisierung des nordischen Heidentums, ähnlich wie in der antiken Welt, wo sich der heidnische Glaube durch Metaphysik und Philosophie verfeinerte, und einer weiter entwickelten Kulturstufe anpasste, denkbar? Hinzu kommt: In Schweden zeichnete sich eine Reichsbildung auf Grundlage der lose verbundenen , durch den Thing organisierten Stammesgesellschaften ab; hätte das heutige Deutschland eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, oder sich gar wie das "nordische Hellas" Island in eine aristokratische Demokratie verwandelt? Wäre sicherlich informativ Eure Ansichten zu lesen, nur los!

Meiner Meinung nach ist eine Modernisierung des Heidentums garnicht soo undenkbar. Es gibt ja heutzutage auch viele Neuheiden, und die Beispiele die du aufführst sagen den Rest :)

Anarch
19.07.2007, 21:13
Bisher unbeachtet, wenn nur angeschnitten, blieb die Kolonisation Islands, und die Expansion der Wikinger. Diese Völkerschaften, die größtenteils wenig Kontakt mit Christentum oder römischer Kultur hatten, können der Definition nach wohl als Kulturvölker betrachtet werden. Wenn sich einräumen läßt, daß die Kontinental-Germanen an der Schwelle zwischen Natur- und Kulturvolk verweilten, setzte um das 9. bis 10. Jahrhundert eine Entwicklung ein, die Spengler als das "Erwachen der faustischen Seele" bezeichnete. Hier ein rekonstruiertes Wikingerhaus in Dänemark:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e0/Wikingerhaus.jpg/800px-Wikingerhaus.jpg

Noch etwas: Bekanntlich gibt es die Theorie einiger Forscher und Laien, daß die germanischen Stämme einst ein Reich bildeten, ja die übrigen, nicht-antiken Völker Europas einst eine höhere Kulturstufe besaßen, jedoch ein Verlust Einzug hielt, der erst später wieder ausgeglichen wurde. Ähnliches läßt sich in manchen Bereichen beobachten, wenn wir den heidnisch-antiken Teil Europas mit dem späteren christlichen Mittelalter vergleichen; was ist dran an solch Theorie?

Rheinlaender
19.07.2007, 21:30
Bisher unbeachtet, wenn nur angeschnitten, blieb die Kolonisation Islands, und die Expansion der Wikinger. Diese Völkerschaften, die größtenteils wenig Kontakt mit Christentum oder römischer Kultur hatten, können der Definition nach wohl als Kulturvölker betrachtet werden. Wenn sich einräumen läßt, daß die Kontinentalgermanen an der Schwelle zwischen Natur- und Kulturvolk verweilten, setzte um das 9. bis 10. Jahrhundert eine Entwicklung ein, die Spengler als das "Erwachen der faustischen Seele" bezeichnete. Hier ein rekonstruiertes Wikingerhaus in Dänemark:

Nun, da sind die Ruinen des Unterbaues der Palaeste Palatine noch impressiver als diese Rekonstruktion (und das sind nur die Fundamente):

http://www.atspanishsteps.com/doc/immagini/palatino.jpg

Selbst die roemsiche Provinz, und das war Koeln damals, hatte dort Jahrunderte frueher, impresiveres zu bieten:

http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/staedte/mittelrhein/koeln/rgm/poblicius1.jpg

---

Zum Sprengler - Sprengler fabuliert da mal wieder. Was damals geschah war kein "Erwachen irgenteiner Seele", sondern ein Schwung Barabaren haben kapiert, was sie da eigentlich kaputtgeschlagen haben.


Noch etwas: Bekanntlich gibt es die Theorie einiger Forscher und Laien, daß die germanischen Stämme einst ein Reich bildeten,

Welcher denn? Die Ger manen hatten weder die Verwaltungs- noch sonstige Mittel ein Grossreich zu leiten und zu organisieren.


ja die übrigen, nicht-antiken Völker Europas einst eine höhere Kulturstufe besaßen, jedoch ein Verlust Einzug hielt, der erst später wieder ausgeglichen wurde. Ähnliches läßt sich in manchen Bereichen beobachten, wenn wir den heidnisch-antiken Teil Europas mit dem späteren christlichen Mittelalter vergleichen; was ist dran an solch Theorie?

Klar - aber aus der Antike haben jede Menge Bauten, Schriften, Wasserleitungen etc. Warum dann nicht von dieser "hoeheren Kulturstufe"?

-jmw-
19.07.2007, 21:30
was ist dran an solch Theorie?
Tja, schwierig zu sagen.
Die Fundlage gibt nix her dahingehend und die Hansel waren ja geradezu penetrant darin, nix aufzuschreiben. :(

Möglich ist alles und neuere Erkenntnisse und Ideen über die Besiedlungsgeschichte (z.B. die Theorie der altsteinzeitlichen Kontinuität) lassen mehr Raum für Spekulation.

Angesichts der Bevölkerungsdichte aber scheint es mir unwahrscheinlich, zumindest, was Zentraleuropa angeht, dass es Proto-Staaten gab, die über lokale Häuptlingstümer hinausgingen.
Reiche, nun ja...
Wenn man den Begriff weit auslegen will als miteinander durch Sprache, Kult und rechtsförmigen Verkehr verbundene Gemeinwesen, dann, ja, dann wär das möglich.

Ausonius
19.07.2007, 23:25
Bekanntlich gibt es die Theorie einiger Forscher und Laien, daß die germanischen Stämme einst ein Reich bildeten, ja die übrigen, nicht-antiken Völker Europas einst eine höhere Kulturstufe besaßen, jedoch ein Verlust Einzug hielt, der erst später wieder ausgeglichen wurde.

Mir wäre jetzt kein Forscher bekannt, der von einem einheitlichen germanischen Reich ausgegangen wäre. Es gab eine während des 3. Reiches populäre Denkrichtung, nach der die Germanen Kulturbringer in Europa gewesen wären, und zwar in der Form, dass sie die ethnisch-rassischen Urahnen für Griechen, Römer und auch Ägypter gestellt hätten. Diese Theorie war auch noch in der Nachkriegszeit populär, ein wichtiger Vertreter war Spanuth. Sie hat aber arge Schwächen: - sie geht von einer Verbreitung der Germanen über Europa in der Bronzezeit aus, einer Epoche, in der sich Ethnien schlichtweg noch nicht unterscheiden lassen
- es steht in starker Diskrepanz, dass die Germanen in ihren Heimatländern nicht so entwickelt waren, wie in den antiken Zivilisationen, die sie angeblich begründeten; selbst Hitler, ein Anhänger dieser Theorie, sagte über das Deutschland zur germanischen Zeit: "Dieses Land war ein Sauland."

Rheinlaender
19.07.2007, 23:39
Mir wäre jetzt kein Forscher bekannt, der von einem einheitlichen germanischen Reich ausgegangen wäre. Es gab eine während des 3. Reiches populäre Denkrichtung, nach der die Germanen Kulturbringer in Europa gewesen wären, und zwar in der Form, dass sie die ethnisch-rassischen Urahnen für Griechen, Römer und auch Ägypter gestellt hätten.

Findet sich bei Rosenberg, Mythus des 20. Jhrdt. - Motto etwa: "Alles was mir gefaellt ist nordisch, alles was mir nicht gefaellt ist semitisch". Die Griechen werden genauso zu Germanen gemacht, wie die Roemer. Ich habe die Schwarte hier liegen - inhaltlich ziemlicher Muell, Heine wird in einem Halbsatz abgetan und Rembrand bekommt eine 2+, aber mit abzug, da semitische Elemente zu erkennen sind. So etwa ist das ganze geschreiben, dazwischen noch jede Menge Geschwaffel ueber die "nordische Seele", was immer das genau sein mag.

Anarch
20.07.2007, 01:24
Nun, da sind die Ruinen des Unterbaues der Palaeste Palatine noch impressiver als diese Rekonstruktion (und das sind nur die Fundamente):

http://www.atspanishsteps.com/doc/immagini/palatino.jpg

Selbst die roemsiche Provinz, und das war Koeln damals, hatte dort Jahrunderte frueher, impresiveres zu bieten:

http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/staedte/mittelrhein/koeln/rgm/poblicius1.jpg


Was Sie für sich positiv empfinden ist rein subjektiv. Der frühe germanisch-faustische Stil, aus dem später das Deutschtum emporsteigen sollte, ist ein gänzlich anderer. Um Spengler ranzuziehen: Die Architektur des Hausbaus ist die Manifestation des jeweiligen Rassecharakters (der hier seelisch, nicht biologisch, zu verstehen ist). Der erwachende Germane ist weder ein Römer, noch ein Spanier oder Inka.

---


Zum Sprengler - Sprengler fabuliert da mal wieder. Was damals geschah war kein "Erwachen irgenteiner Seele", sondern ein Schwung Barabaren haben kapiert, was sie da eigentlich kaputtgeschlagen haben.

Rus (das spätere Russland) wurde reineweg aus germanischen Wikingern und slawischen Völkern gebildet, von antiken Einflüssen keine Spur. Es bedurfte nur eines äußeren Einflusses und unbestimmte innerliche Regungen eines Volkes, daß das germanische Volkstum staatsbildend wurde. Die ersten Anläufe dahin bildeten die Heraufkunft des Cheruskerfürsten Arminius und der Aufstand der Bataver unter Civilis, der abermals die Einigung der germanischen Stämme zum Ziel hatte.

Das Problem war nur, daß die verbindende Idee fehlte. Nun mag manch jemand einwenden, daß die Religion diese Funktion hätte übernehmen können, nur, mit Ausnahme von vier Hauptgottheiten war das germanische Heidentum von Region zu Region recht verschieden.

Was ein polytheistisch-pluralistischer Vorteil hätte sein können, artete in extremen Partikularismus aus. Eine Entwicklung der heidnischen Religion, wie sie in Griechenland stattfand, war aufgrund fehlender philosophischer Schulen in Germanien (noch) nicht denkbar.

Aber wenn wir den Blick nach Island wenden, das wir, ohne zu übertreiben, mit reinen Gewissen das nordische Hellas nennen können, sehen wir die schaffende germanischen Seele, wie sie den Geist der aristokratisch gestützten Volksherrschaft in die Realität umsetzt, ja sogar das faktisch genossenschaftliche Gemeineigentum kennt; ganz ohne Christentum und römischer Beeinflussung.


Welcher denn? Die Ger manen hatten weder die Verwaltungs- noch sonstige Mittel ein Grossreich zu leiten und zu organisieren.

Was sich später änderte, wie ich oben zeigte.


Klar - aber aus der Antike haben jede Menge Bauten, Schriften, Wasserleitungen etc. Warum dann nicht von dieser "hoeheren Kulturstufe"?

Wir wissen nicht, wenn es sie gab, wann die, von vielen Philosophen und Dichtern beschriebene, "Goldene Epoche" existierte. Vielleicht ist etwas von der Atlantis-Sage dran, so müssten wir die Geschichte umschreiben. Um 2500 v. Chr. sollen sich die Indoeuropäer in Einzelvölker geschieden haben, um 2000 v. Chr haben sich die indogermanischen Nomaden (waren sie es denn? Mein Stand ist jedenfalls so, laß mich aber auch gern eines besseren Belehren) mit den nordischen Großsteingräberleuten (Megalithbauten) verschmolzen. Also eine Synthese aus indogermanisch-östlichen Kriegernomaden und nordisch-alteuropäischen Bauern.

Kann sein ich lieg hier falsch oder die Wissenschaft hat bereits neuere Erkenntnisse erlangt, aber womöglich gab es bereits vor der Antike ein blühendes Europa, das später wieder "entartete". Nur eine Theorie, und weicht vom Thema ab, aber ich wollt es kurz anreißen.

Fragt sich wieso die Germanen erst relativ "spät" kulturschaffend und staatsbildend in die Geschichte eintraten, und Jahrhunderte zuvor stets im gleichen Lebensrhythmus den nord- und mitteleuropäischen Raum prägten.

Rheinlaender
20.07.2007, 02:05
Was Sie für sich positiv empfinden ist rein subjektiv. Der frühe germanisch-faustische Stil, aus dem später das Deutschtum emporsteigen sollte, ist ein gänzlich anderer. Um Spengler ranzuziehen: Die Architektur des Hausbaus ist die Manifestation des jeweiligen Rassecharakters (der hier seelisch, nicht biologisch, zu verstehen ist). Der erwachende Germane ist weder ein Römer, noch ein Spanier oder Inka.

Es ist kein "Rassecharacter" nicht mit Meissel, Hammer und Stein umgehen zu koennen, nicht die Materialienen zu haben, um grosse Bauten zu errichten, nicht wissen wie man ein Putz anruehrt - das ist schlichter Magel und Unvermoegen!

Im Uebrigen ist die "Architektur des Hausbaus" wohl Ausdruck des Klimas und der Geselslchaftstruktur.


Es bedurfte nur eines äußeren Einflusses und unbestimmte innerliche Regungen eines Volkes, daß das germanische Volkstum staatsbildend wurde.

Nix da "innerliche Regung" - man wurde nach der Voelkerwanderung wieder sesshaft und das bedeutte, dass man wieder Verwaltungstrukturen braucht - und was war naheliegeder, als jene zu verwenden, die man gerade kauptgehauen, die aber offensicht dem Roemischen Reich Jahrunderte gut gedient haeben.


Die ersten Anläufe dahin bildeten die Heraufkunft des Cheruskerfürsten Arminius und der Aufstand der Bataver unter Civilis, der abermals die Einigung der germanischen Stämme zum Ziel hatte.

Da diese Kulturtraeger nichts aufgeschrieben haben, wissen wir wohl nicht, was dort die Motive sind - aber nach roemischen Quellen waren es Barabren, die halt "Rabatz" machten. Jedenfalls sit von diplomatishen Kontakte zu Rom nichts bekannt.


Das Problem war nur, daß die verbindende Idee fehlte.

Nicht die Idee fehlte, es fehlte die Verwaltungspraxis und -technik. Die passende Idee wird scon spaeter nahc Bedarf geliefert.


Eine Entwicklung der heidnischen Religion, wie sie in Griechenland stattfand, war aufgrund fehlender philosophischer Schulen in Germanien (noch) nicht denkbar.

Warum? Weil es keine Zentrenen gab, inden Leute, in letzter Instanz zunaechst unproduktiv, auf dem marktplatz herumgehen konnten und Zeit hatten sich ueber die Natur der Goetter Gedanken machen. dazu bedarf es eines gewissen Luxus - und nicht einer Wirtschaftsform, wo das Uberleben des naechsten Winters schon unsicher ist; wie bei den Ger manen.,


Aber wenn wir den Blick nach Island wenden, das wir, ohne zu übertreiben, mit reinen Gewissen das nordische Hellas nennen können, sehen wir die schaffende germanischen Seele, wie sie den Geist der aristokratisch gestützten Volksherrschaft in die Realität umsetzt, ja sogar das faktisch genossenschaftliche Gemeineigentum kennt; ganz ohne Christentum und römischer Beeinflussung.

Klar - dann kannst mir doch auch sicher ein paar wichtige Philosophen von dort nennen, die etwa in klasse des Plato oder des Sokrates spielten? Wie heissen die grossartigen Theater auf Island? Man hat dort auch schon sicher ein Aquadukt gefunden?


Wir wissen nicht, wenn es sie gab, wann die, von vielen Philosophen und Dichtern beschriebene, "Goldene Epoche" existierte. Vielleicht ist etwas von der Atlantis-Sage dran, so müssten wir die Geschichte umschreiben.

Vielleicht ... vielleicht woltte uns Plato nur seinen Musterstaat zeigen und um den schmackhafter zu machen verkaufte er ihn in ein mythisches Zeitalter. Jedenfalls vor plato hat man von diesem Land nicht gelesen oder gehoert - weder bei den Griechen, noch bei den Aegyptern, in der Bibel kommt er auch nicht vor ... also: Wohl eine Kopfgeburt Platos.


Kann sein ich lieg hier falsch oder die Wissenschaft hat bereits neuere Erkenntnisse erlangt, aber womöglich gab es bereits vor der Antike ein blühendes Europa, das später wieder "entartete". Nur eine Theorie, und weicht vom Thema ab, aber ich wollt es kurz anreißen.

Klar - suche Hinweise, dann kommt wieder - ansonsten ist Deine Theorie so gut oder schlecht wie der Mormonen vom Jesus in Nordamerika.


Fragt sich wieso die Germanen erst relativ "spät" kulturschaffend und staatsbildend in die Geschichte eintraten, und Jahrhunderte zuvor stets im gleichen Lebensrhythmus den nord- und mitteleuropäischen Raum prägten.

Weil sie erst "spaet" mit der Zivilisation in Kontakt kamen - wie waere es mit dieser Theorie. Weil sie mit dem blossen Ueberleben genung beschaeftigt waren und mit stammeskriegen, und so garnicht die Resourchen hatten soetwas wie "Zivilisation" oder "Staaten" aufbauen. Bevor einen Beamten einstellen kann, der meine Uberschuesse verwaltet muss ich diese ersteinmal haben. Habe ich keine Beamten, brache ich auch keine komplexe Schrift., habe keine komplexe Schrift habe ich auch schriftliche Uberlieferung, habe diese nicht kann ich nicht das Wissen vermehren (jedes Buch merkt besser als der Kopf), entwickle ich auch keinen Fortschrittt - ergo: ich bleibe in rauchigen Huette.

Anarch
20.07.2007, 03:03
Im Uebrigen ist die "Architektur des Hausbaus" wohl Ausdruck des Klimas und der Geselslchaftstruktur.

Natürlich, das möchte ich auch gar nicht leugnen, aber gehört auch ein unbestimmter Drang hinzu eben jenes Haus, und kein anderes zu bauen. Die Formen sind hier ausschlaggebend. Die frühen römischen Rundbauten wurden später durch die eckigen Patrizierhäuser verdrängt. Nur ein Beispiel für den Wandel einer Volksseele.


Nix da "innerliche Regung" - man wurde nach der Voelkerwanderung wieder sesshaft und das bedeutte, dass man wieder Verwaltungstrukturen braucht - und was war naheliegeder, als jene zu verwenden, die man gerade kauptgehauen, die aber offensicht dem Roemischen Reich Jahrunderte gut gedient haeben.

Römische Verwaltungsstrukturen auf Island, Schweden und in Osteuropa? ?( Sorry, aber ich glaube hier stimmt etwas nicht. :rolleyes:


Da diese Kulturtraeger nichts aufgeschrieben haben, wissen wir wohl nicht, was dort die Motive sind - aber nach roemischen Quellen waren es Barabren, die halt "Rabatz" machten. Jedenfalls sit von diplomatishen Kontakte zu Rom nichts bekannt.

Einige Stämme hatten Kontakt mit dem Römischen Imperium und standen diesem nahe. Daß viele "Rabatz" machten, lag einfach daran, daß man sich von Rom nichts aufschwatzen lassen wollte, ganz einfach.


Nicht die Idee fehlte, es fehlte die Verwaltungspraxis und -technik. Die passende Idee wird scon spaeter nahc Bedarf geliefert.

Als der schwedische König im späten Altertum bzw. im anbrechenden Frühmittelalter die verschiedenen regionalen Thinge des losen Reichsverbandes bereiste, war die Verwaltungstechnik keinesfalls auf dem höchsten Stand und dennoch kristallisierte sich eine Einigung der Stämme heraus.


Warum? Weil es keine Zentrenen gab, inden Leute, in letzter Instanz zunaechst unproduktiv, auf dem marktplatz herumgehen konnten und Zeit hatten sich ueber die Natur der Goetter Gedanken machen. dazu bedarf es eines gewissen Luxus - und nicht einer Wirtschaftsform, wo das Uberleben des naechsten Winters schon unsicher ist; wie bei den Ger manen.,

Hier mag ich Dir recht geben; die harschen Lebensbedingungen führten nicht gerade zu philosophischen Höchstleistungen.


Klar - dann kannst mir doch auch sicher ein paar wichtige Philosophen von dort nennen, die etwa in klasse des Plato oder des Sokrates spielten? Wie heissen die grossartigen Theater auf Island? Man hat dort auch schon sicher ein Aquadukt gefunden?

Island wurde recht spät von Wikingern besiedelt. 874 läßt sich der erste wirkliche Siedler nieder. Die Landnahme fand ca. zwischen den Jahren 870 und 930 statt. Mit Beendigung der Kolonisation der unwirtlichen Insel im Jahre 930 findet der erste Alting, die gesetzgebende Versammlung des republikähnlichen Island statt. Im Jahre 1000 wurde die Christianisierung beschlossen.

Heidnische Kulte waren zwar weiterhin erlaubt, schwanden mit der Zeit aber immer mehr, das Christentum war Staatsreligion. In den gerade einmal 70 Jahren der heidnischen Zeit war eine Eigenentwicklung ohne christlicher Beeinflussung schwer denkbar.

Innerhalb Europas läßt sich das Phänomen des Synkretismus - so auch in Island - recht gut beobachten. Mit dem magischen Urchristentum haben die Schriften eines Meister Eckhart oder die philosophisch-religiösen Bekenntnisse eines Goethe oder Schiller (auch wenn diese in eine spätere Epoche fallen, die dennoch stark christlich geprägt war) wenig zu tun.


Vielleicht ... vielleicht woltte uns Plato nur seinen Musterstaat zeigen und um den schmackhafter zu machen verkaufte er ihn in ein mythisches Zeitalter. Jedenfalls vor plato hat man von diesem Land nicht gelesen oder gehoert - weder bei den Griechen, noch bei den Aegyptern, in der Bibel kommt er auch nicht vor ... also: Wohl eine Kopfgeburt Platos.

Eine nicht gerade haltbare Ansicht, die Du da lieferst.


Weil sie erst "spaet" mit der Zivilisation in Kontakt kamen - wie waere es mit dieser Theorie. Weil sie mit dem blossen Ueberleben genung beschaeftigt waren und mit stammeskriegen, und so garnicht die Resourchen hatten soetwas wie "Zivilisation" oder "Staaten" aufbauen. Bevor einen Beamten einstellen kann, der meine Uberschuesse verwaltet muss ich diese ersteinmal haben. Habe ich keine Beamten, brache ich auch keine komplexe Schrift., habe keine komplexe Schrift habe ich auch schriftliche Uberlieferung, habe diese nicht kann ich nicht das Wissen vermehren (jedes Buch merkt besser als der Kopf), entwickle ich auch keinen Fortschrittt - ergo: ich bleibe in rauchigen Huette.

Das Wort "Fortschritt" riecht zu sehr nach kindlich-naivem Optimistengejauchze der Aufklärung, aber nun gut.. hier kommen wir zu der Frage wieso Römer und Griechen einen solchen Sprung fertig brachten, das übrige Europa weitestgehend nicht.

-jmw-
20.07.2007, 09:37
Wir wissen nicht, wenn es sie gab, wann die, von vielen Philosophen und Dichtern beschriebene, "Goldene Epoche" existierte. Vielleicht ist etwas von der Atlantis-Sage dran, so müssten wir die Geschichte umschreiben.
So gut wie alle kulturell entwickelteren Völker der beiden Amerika legten ihren Ursprung in den Nordosten;
so gut wie alle entwickelten Völker Europa und des Mittelmeerraumes legten ihn nach Norden oder Westen.
Irgendetwas muss dran sein an der Atlantnis-Sage - oder wir haben es mit riesigen Zufall zu tun.


Um 2500 v. Chr. sollen sich die Indoeuropäer in Einzelvölker geschieden haben, um 2000 v. Chr haben sich die indogermanischen Nomaden (waren sie es denn? Mein Stand ist jedenfalls so, laß mich aber auch gern eines besseren Belehren) mit den nordischen Großsteingräberleuten (Megalithbauten) verschmolzen.
Soweit ich weiss, gibt die Fundlage nicht viel her von einer grossangelegten Einwanderung aus Osten um das Jahr 2500.
Sowohl Kurgan-Theorie als auch die Überlegung, die Indoeuropäer wären anatolische oder balkanische Bauern gewesen und hätten die Landwirtschaft gebracht, stehen auf wackligen Füssen.

Vielleicht haben ja doch die Leute recht, die sagen, dass wir "schon immer", d.h. seit zwanzig oder dreissig Tausend Jahren hier sind?


Fragt sich wieso die Germanen erst relativ "spät" kulturschaffend und staatsbildend in die Geschichte eintraten, und Jahrhunderte zuvor stets im gleichen Lebensrhythmus den nord- und mitteleuropäischen Raum prägten.
Vermutlich einfach nicht die "kritische Schwelle" aus Bevölkerungsüberschuss und sozioökonomische Veränderungen erzwingenden äusseren Ereignissen erreicht.

Ausonius
20.07.2007, 09:48
Rus (das spätere Russland) wurde reineweg aus germanischen Wikingern und slawischen Völkern gebildet, von antiken Einflüssen keine Spur.


So ganz stimmt das nicht, denn das frühe Reich der Kiewer Rus wäre nicht denkbar ohne den Einfluss von Byzanz. In den ersten hundert Jahren werden Russen ohnehin fast nur dann in den historischen Quellen erwähnt, wenn sie mit oder gegen Byzanz Kriege geführt haben. Dennoch vermeine ich auch stärker einen eigenständigen Weg zu erkennen, als bei den germanischen Nachfolgereichen. Eine entscheidende Figur dabei ist Svjatoslav I., der rasch ein Großreich in Südeuropa erobern wollte und den Kern seines Reiches nach Bulgarien verlegen. Ihm gelang es, eine kurzfristige Allianz aller nördlichen Nachbarvölker der Byzantiner zu schmieden (Ungarn, Petschenegen, Bulgaren, russen), und Konstantinopel anzugreifen. In der Schlacht von Arcadiopolis wurde er 971 vernichtend geschlagen und später von Verrätern geköpft. Diese Schlacht hätte einen bedeutenden Einschnitt in der Geschichte Europas bringen können; doch Svjatoslav ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, obwohl sein Leben einem Drama im Stile Shakespeares würdig wäre.


Es bedurfte nur eines äußeren Einflusses und unbestimmte innerliche Regungen eines Volkes, daß das germanische Volkstum staatsbildend wurde.

Ach, seid doch nicht immer so metaphysisch. Die germanische Staatenbildung war ein langer, schrittweiser und mitunter mühsamer Prozess, der mit der Bildung der Großstämme um 400 begann und erst viel später im Frühmittelalter um 700/800 abgeschlossen war.



Die ersten Anläufe dahin bildeten die Heraufkunft des Cheruskerfürsten Arminius und der Aufstand der Bataver unter Civilis, der abermals die Einigung der germanischen Stämme zum Ziel hatte.

Da sehe ich überhaupt keine Kontinuität. Die Cherusker verschwinden nach ihrer letzten Erwähnung um 100 im Nirvana. Der Civilis-Aufstand ist gänzlich anders zu bewerten. Unter den Germanenvölkern zählten die Bataver zu den frühesten römischen Verbündeten und lebten zum Teil ohnehin schon links des Rheins. Der Aufstand von Civilis war ein Aufstand alter einheimischer Eliten in der linksrheinischen Provinz, bezeichnenderweise zählten die wichtigsten weiteren Köpfe zu den gallischen Treverern. Es ging Civilis nicht um den rechtsrheinisch-germanischen Raum



Das Problem war nur, daß die verbindende Idee fehlte. Nun mag manch jemand einwenden, daß die Religion diese Funktion hätte übernehmen können, nur, mit Ausnahme von vier Hauptgottheiten war das germanische Heidentum von Region zu Region recht verschieden.

Das ist wahr. Aber auch der Naturraum - wg. dem letztendlich auch die römische Invasion scheiterte - und die gewaltige Ausdehnung germanischer Stämme standen dem im Wege. Abgesehen davon, sollte man sich hier komplett davon lösen, dass es in der Antike schon einen irgendwie gearteten germanischen Nationsgedanken gab. Es ist zweifelhaft, ob Sugambrer und Bastarner - um mal zwei der exponiertesten germanischen Stämme im Westen udn Osten zu nennen - die gegenseitige Existenz überhaupt bewusst war, geschweige denn, dass sie irgendeine gemeinsame Politik verfolgten. Zuallererst waren "Germanen" eine Sprachgemeinschaft.
Ab dem 3. Jahrhundert entwickelte sich dann aber durchaus eine "verbindende Idee", die zur Bildung der Großstämme führte. Schon seit langem wird davon ausgegangen, das die Bildung der Alemannen, Franken etc. deshalb erfolgte, weil sich die Jungmannschaften verschiedener Stämme zusammen taten, um gemeinsam das Kriegshandwerk für oder gegen Rom auszuüben.



Aber wenn wir den Blick nach Island wenden, das wir, ohne zu übertreiben, mit reinen Gewissen das nordische Hellas nennen können, sehen wir die schaffende germanischen Seele, wie sie den Geist der aristokratisch gestützten Volksherrschaft in die Realität umsetzt, ja sogar das faktisch genossenschaftliche Gemeineigentum kennt; ganz ohne Christentum und römischer Beeinflussung.

Hier verstehe ich nicht ganz, was du ausdrücken willst. Dass es germanische Gemeinschaften gab und dass diese nicht auf einem Jäger & Sammler-Niveau standen, ist ja klar und das gab es nicht nur in Island. Vielleicht willst du eher auf eine nichtrömisch, nicht-christlich beeinflusste germanische Staatenbildung hinaus. Die gab es ja auch woanders, bei den Dänen z.B. oder den bereits erwähnten Rus (die ja erst Ende des 10. Jahrhundert christianisiert wurden).



Wir wissen nicht, wenn es sie gab, wann die, von vielen Philosophen und Dichtern beschriebene, "Goldene Epoche" existierte. Vielleicht ist etwas von der Atlantis-Sage dran, so müssten wir die Geschichte umschreiben.

Welche Philosophen und Dichter meinst du denn hier? Was die Atlantis-Sage betrifft: selbst wenn man sich der Meinung nicht anschließt, dass es ein Ideengebilde Platons ist (was ich auch für am überzeugendsten halte), wieso sollte Platon ausgerechnet ein "germanisches" oder zumindest "nordisches" Reich gemeint haben? Es ist sogar eher unwahrscheinlich, da er Atlantis jenseits der Säulen des Herkules, also im Westen verortet.



Um 2500 v. Chr. sollen sich die Indoeuropäer in Einzelvölker geschieden haben,
um 2000 v. Chr haben sich die indogermanischen Nomaden (waren sie es denn? Mein Stand ist jedenfalls so, laß mich aber auch gern eines besseren Belehren) mit den nordischen Großsteingräberleuten (Megalithbauten) verschmolzen. Also eine Synthese aus indogermanisch-östlichen Kriegernomaden und nordisch-alteuropäischen Bauern.

Was du schreibst, gibt in etwa die nie ganz ausgestorbene, sehr romantisierende und völkische Hypothese Spanuths wieder. Wenn es dich ernsthaft interessiert, so würde ich doch eher mal neuere archäologische Studien zur Bronzezeit nachlesen. Auf jeden Fall ist die Megalithkultur nicht als einheitliche Kultur oder gar Zivilisation zu verstehen. Megalithbauten gibt es in weiten Teilen West- und Mitteleuropas, aber auch in Nordafrika und an der Levante. Geht man ins Detail, so können die Bauten sehr unterschiedlich sein. In ihnen spiegelt sich kein gemeinsames Volkstum, sondern ein Innovationssprung der Menschheit wieder: die Erfindung der Architektur. Nicht zuletzt sind es einfache Strukturen, aus denen die frühen Megalithbauten bestehen: der Pfeiler (Menhir), das Dach mit Stützsteinen.
Auch bei den Megalithen zeigt sich im übrigen, dass die ältesten davon im Mittelmeerraum entstanden - wie auch über Jahrtausende, letzlich noch bis ins Spätmittelalter hinein, Innovationen immer aus Italien, Griechenland und dem Nahen Osten kommen sollten.



Kann sein ich lieg hier falsch oder die Wissenschaft hat bereits neuere Erkenntnisse erlangt, aber womöglich gab es bereits vor der Antike ein blühendes Europa, das später wieder "entartete". Nur eine Theorie, und weicht vom Thema ab, aber ich wollt es kurz anreißen.

Nein. Bis zur Gründung der ersten Großreiche im bereits antiken Zeitraum (Assyrer, Perser, Griechen etc.) ist die Abfolge der Kulturen regional und komplex.
Zu sehr weit entwickelnden Kulturen wie dem minoischen Kreta - dessen Bewohner bereits einen sehr hohen Wohlstand und Lebensstandard erreicht hatten, etwa mit mehrstöckigen Wohnhäusern etc., oder auch der mykenischen Kultur - gibt es kein gleichermaßen entwickeltes Pendant in den westlichen, nördlichen oder nordöstlichen Teilen Europas.



Fragt sich wieso die Germanen erst relativ "spät" kulturschaffend und staatsbildend in die Geschichte eintraten, und Jahrhunderte zuvor stets im gleichen Lebensrhythmus den nord- und mitteleuropäischen Raum prägten.

Da sind sehr viele Faktoren; aber entscheidend ist zunächst einmal, dass sie keine leistungsfähigen politischen und damit auch administrativen Strukturen entwickeln konnten. Letztendlich konnten sie im Gegensatz zu Römern und Griechen nicht das gentile Prinzip überwinden, das letztendlich ja auch die Basis für den Feudalismus bildete, der aber dann im Mittelalter in Form der Kirche eine wichtige zweite Korsettstange bekam. Dann mag noch dazu kommen, dass der Naturraum nicht der günstigste war; Mittel- und Osteuropa war sehr unentschlossen und weit entfernt von den antiken Zentren. Dies markiert den Unterschied z.B. zu den Kelten, die sehr stark vom Handel mit dem Mittelmeerraum profitierten und bis zu ihrem Untergang eine prä-urbane Kultur entwickelt hatten.
Dies soll nicht bedeuten, dass alles schlecht war an der Kultur der Germanen; im Gegenteil: der archäologische Befund weist darauf hin, dass die dezentral verteilten Siedlungen der Germanen eine egalitäre Sozialstruktur mit flachen Hierarchien gehabt haben muss, und das die Siedlungen eine relativ friedliche Koexistenz pflegten.

Anarch
22.07.2007, 20:43
So ganz stimmt das nicht, denn das frühe Reich der Kiewer Rus wäre nicht denkbar ohne den Einfluss von Byzanz. In den ersten hundert Jahren werden Russen ohnehin fast nur dann in den historischen Quellen erwähnt, wenn sie mit oder gegen Byzanz Kriege geführt haben. Dennoch vermeine ich auch stärker einen eigenständigen Weg zu erkennen, als bei den germanischen Nachfolgereichen.

Stellt sich nur die Frage wieso hier eine Reichsbildung stattfand, in der übrigen germanischen Welt derartige Prozesse weitestgehend ausblieben. Außer wir zählen den Versuch des Arminius als Einigungsversuch hinzu; wenn wir gar annehmen wollen er hatte die Bildung eines Germanischen Reiches nach Muster des Römischen Imperiums im Kopf.


Ach, seid doch nicht immer so metaphysisch. Die germanische Staatenbildung war ein langer, schrittweiser und mitunter mühsamer Prozess, der mit der Bildung der Großstämme um 400 begann und erst viel später im Frühmittelalter um 700/800 abgeschlossen war.

Fragt sich nur wieso die Herausbildung größerer Stämme relativ spät erfolgte. Kann hier einer aushelfen? Und noch was: Wenn wir weiterhin den Blick nach Europa wenden, stellt sich manch einer die Frage ob das Hellenentum und Rom die ersten Anläufe zu einer imperialen Ordnung waren. Was sagt die neuere Forschung hierzu?


Ab dem 3. Jahrhundert entwickelte sich dann aber durchaus eine "verbindende Idee", die zur Bildung der Großstämme führte. Schon seit langem wird davon ausgegangen, das die Bildung der Alemannen, Franken etc. deshalb erfolgte, weil sich die Jungmannschaften verschiedener Stämme zusammen taten, um gemeinsam das Kriegshandwerk für oder gegen Rom auszuüben.

Abermals: Wieso erst im 3. Jahrhundert?


Hier verstehe ich nicht ganz, was du ausdrücken willst. Dass es germanische Gemeinschaften gab und dass diese nicht auf einem Jäger & Sammler-Niveau standen, ist ja klar und das gab es nicht nur in Island. Vielleicht willst du eher auf eine nichtrömisch, nicht-christlich beeinflusste germanische Staatenbildung hinaus. Die gab es ja auch woanders, bei den Dänen z.B. oder den bereits erwähnten Rus (die ja erst Ende des 10. Jahrhundert christianisiert wurden).

Trotz allem bleibt für mich die Frage offen im Raum stehen wieso nach (relativer) jahrhundertelanger Beibehaltung eines kulturellen Status eine plötzliche Entwicklung einsetzte die sich gen höhere Kultur richtete.


Welche Philosophen und Dichter meinst du denn hier? Was die Atlantis-Sage betrifft: selbst wenn man sich der Meinung nicht anschließt, dass es ein Ideengebilde Platons ist (was ich auch für am überzeugendsten halte), wieso sollte Platon ausgerechnet ein "germanisches" oder zumindest "nordisches" Reich gemeint haben? Es ist sogar eher unwahrscheinlich, da er Atlantis jenseits der Säulen des Herkules, also im Westen verortet.

Was ist mit der Insel Thule? Eine stark missbrauchte Theorie völkischer Grüppchen und Pytheas gibt auch nicht allzu viel her. Seine Beschreibungen der nördlichen Regionen und ihrer Menschen sind recht dürftig, gibts hier sonstige Quellen?


Was du schreibst, gibt in etwa die nie ganz ausgestorbene, sehr romantisierende und völkische Hypothese Spanuths wieder. Wenn es dich ernsthaft interessiert, so würde ich doch eher mal neuere archäologische Studien zur Bronzezeit nachlesen. Auf jeden Fall ist die Megalithkultur nicht als einheitliche Kultur oder gar Zivilisation zu verstehen. Megalithbauten gibt es in weiten Teilen West- und Mitteleuropas, aber auch in Nordafrika und an der Levante. Geht man ins Detail, so können die Bauten sehr unterschiedlich sein. In ihnen spiegelt sich kein gemeinsames Volkstum, sondern ein Innovationssprung der Menschheit wieder: die Erfindung der Architektur. Nicht zuletzt sind es einfache Strukturen, aus denen die frühen Megalithbauten bestehen: der Pfeiler (Menhir), das Dach mit Stützsteinen.
Auch bei den Megalithen zeigt sich im übrigen, dass die ältesten davon im Mittelmeerraum entstanden - wie auch über Jahrtausende, letzlich noch bis ins Spätmittelalter hinein, Innovationen immer aus Italien, Griechenland und dem Nahen Osten kommen sollten.

In welchem Verhältnis stehen Indo-Europäer und Megalithkultur? Wenn meine Informationen dahingehend falsch sind, inwiefern verlief hier eine Verschmelzung? Worauf ich hinaus will ist, daß die Menschheitsentwicklung, auch in Europa, womöglich ziemlich anders verlief als es uns die heutige Wissenschaft erzählt. Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein Beispiel dafür. Wenn die in Nord- und Mitteleuropa ansässigen Menschen bereits über größere astronomische und handwerkliche Fähigkeiten verfügten als wir vorher vermuteten, ist dann nicht anzunehmen, daß das von den Philosophen und Schriftstellern beschriebene "Goldene Zeitalter", die Mythen und Legenden einen Funken Wahrheit enthalten? Im Endeffekt ein Kulturverfall einsetzte, der nur noch einen schwachen Abglanz lieferte und erst in den Schaffenswerken Griechenlands und der Gründung Roms in Europa wiedergeboren wurde?


Da sind sehr viele Faktoren; aber entscheidend ist zunächst einmal, dass sie keine leistungsfähigen politischen und damit auch administrativen Strukturen entwickeln konnten. Letztendlich konnten sie im Gegensatz zu Römern und Griechen nicht das gentile Prinzip überwinden, das letztendlich ja auch die Basis für den Feudalismus bildete, der aber dann im Mittelalter in Form der Kirche eine wichtige zweite Korsettstange bekam.

Fragt sich abermals: Wieso konnten sie das nicht? Ich für meinen Teil denke, daß ohne Christianisierung der germanischen Völker der Feudalismus nicht denkbar gewesen wäre. Das germanische Religionswesen kannte keine Berufskaste von Priestern, daher konnte sich hier kein Machtstatus etablieren, das geschah erst als das frühkatholische Christentum mit seiner Priesterkaste die Macht übernahm, den Adel einspannte um seine Machtposition zu sichern, was zur feudalen Gesellschaft führte. Mag sein daß das germanische Gefolgschaftswesen hier eine kleine "Mitschuld" trug, im Großen und Ganzen läßt sich das aber nicht behaupten, was die Besiedlung Islands und die Entwicklung Nordeuropas beweist.


Dann mag noch dazu kommen, dass der Naturraum nicht der günstigste war; Mittel- und Osteuropa war sehr unentschlossen und weit entfernt von den antiken Zentren. Dies markiert den Unterschied z.B. zu den Kelten, die sehr stark vom Handel mit dem Mittelmeerraum profitierten und bis zu ihrem Untergang eine prä-urbane Kultur entwickelt hatten.

Es ist wirklich interessant die Frage aufkommen zu lassen wie sich Europa ohne Rom entwickelt hätte. Und hätte es eine Intellektualisierung des übrigen Europas gegeben, wenn die christlichen Missionare die Schrift nicht verbreitet hätten. Dennoch gelang es den Christen nie das heidnische Europa ganz zu vernichten, eher hielt eine synkretistische Entwicklung Einzug, vor allem im nördlichen Europa. Im kollektiven Unbewussten lebte die wahre Religion Europas stets fort. Wir können daher in gewisser Weise bestimmen wie sich der Paganismus im Zuge der Kulturentwicklung transformiert hätte. Aber egal, wollte ich nur mal am Rande erwähnen.


Dies soll nicht bedeuten, dass alles schlecht war an der Kultur der Germanen; im Gegenteil: der archäologische Befund weist darauf hin, dass die dezentral verteilten Siedlungen der Germanen eine egalitäre Sozialstruktur mit flachen Hierarchien gehabt haben muss, und das die Siedlungen eine relativ friedliche Koexistenz pflegten.

Der Thing ist ein Beweis dafür - der ja bis zur Christianisierung und der Völkerwanderung bestand. Abschließend, was ist hiervon zu halten?

Assur: „Die Assyrer eilten zum Idealfelde (das Land der Ahnen, Ultima Thule), die Tempeltürme erbauten; sie siedelten, bauten Bodenschätze ab; sie schufen Werkzeuge und andere Dinge. . .“ Ein weiterer Beleg für die Beziehung zwischen den Babyloniern und der nordischen Welt ist die Darstellung der Babil - Könige mit einem Hörnerhelm, wie beispielsweise auf der Naram Sin - Stele. Gleich aussehende, 3000 Jahre alte Hörnerhelme fand man auch im Norden Europas, wie zum Beispiel den Bronzehelm von Visko (Nord - Seeland), datiert auf circa 900 vor unserer Zeitrechnung. Auch trieb schon 1200 v.u.Z, nach der großen Naturkatastrophe im Norden, die atlantische Kriegsmacht gegen Ägypten und hinterlies dort ihre Spur, bevor sie sich im Mittelmeerraum niederließ. Die ägyptischen Inschriften des Ramses III. berichten:

„Die Nordvölker haben auf ihren Inseln eine Verschwörung gemacht. Sie (die Inseln) sind ausgerissen und fortgeweht im Sturm gleichzeitig. Nicht hielt stand irgend ein Land vor ihren Händen. Hatti (Hethiterreich), Kode, Karkemisch, Arzawa, Alasia (Zypern), wurden zerstört. Sie schlugen ihre Feldlager auf an einem Ort Amurru (Südsyrien). Sie richteten Land und Leute zugrunde, als wären sie nie gewesen. Sie waren im Anmarsch, während ein Feuer vor ihnen bereitet war, vorwärts auf Ägypten zu. Verbündet waren die Phrst, Sakar, Denen, vereint mit ihnen die Sekelesa und Vasasa. Wahrlich, sie legten ihre Hände auf die Länder bis zum Erdenrand, ihre Herzen waren voll Vertrauen und Gewißheit: unsere Pläne gelingen.“

Ebenso wird in der Ilu Ischtar die Urheimat Thale/Thule erwähnt (Kap. 9):

Sargon der aus dem Lande Gorm zurückkehrte wird von der Seherin gefragt:

„Habt ihr die lichten Wolken gesehen? Weißen Vögeln gleich ziehen sie dahin mit schweigenden Schwingen. Von Thale kommen Sie her- aus der Heimat der Ahnen.“ Und weiter beschreibt Irini den Wohnsitz der Ahnen: „Ein Gebirge aus silbernen eis zeige ich euch. Eine Stadt gebildet aus blauen Palästen, schimmernden Zinnen, ... von weiten Wasser umspült. Eine Insel auf der all dies Steht zeige ich euch – einsam im höchsten Norden. Die Spitze des Weltberges seht ihr von dort....Eine kalte Sonne will ferner ich euch zeigen. Blas hängt sie unter dem Himmel, kaum wärmt sie das Land...Zeit ist es nun zu bemannen die Schiffe, zu suchen das Meer, zu fliehen die Insel. Als weißer Berg bleibt Sie verschlossen zurück- keine Spur mehr des Lebens, kein Zeichen was einstmals war. Ein Geheimnis zeig’ ich euch so. Keiner findet es mehr auf. Der Wohnsitz der Ahnen war es gewesen.“

Krauti
22.07.2007, 21:45
Verfolgt jemand die Serie "Die Germanen" auf Arte?

Die ersten beiden Teile waren sehr vielversprechend!
Endlich mal ein Versuch die Germanen von einem objektiven Gesichtspunkt zu betrachten unter Heranziehung neuester wissenschaftlicher Untersuchungen.

Herausgestellt wurden die geachtete Stellung der Frau bei den Germanen, aber auch die gnadenlose Brutalität der römischen Eroberer...was mal die Frage aufwarf WER hier eigentlich die Barbaren waren.
Auch wurde darauf hingewiesen das die Germanen Holz als Baustoff benutzten und DAS der Grund ist das so wenig erhalten blieb. Das aber archäologische Ausgrabungen trotzdem mehr und mehr zur Erhellung unserer Geschichte beitragen.
Auch die Unterwerfung der rechts-rheinischen Stämme geschah ganz und gar nicht friedlich und freudig (wie unser Rheini das uns immer weißmachen will) sondern oft erst nach langem Kampf, als den Unterworfenen gar keine andere Wahl blieb.
Und selbst dann blieb Rom was es war und herrschte mit harter Hand was viele unschuldige Opfer forderte...was ja auch später Arminius half eine Koalition zu bilden.

Die Römer mal nicht als Retter der wilden Barbaren und Zivilisationsbringer sondern als brutale Zerstörer einer einheimischen Kultur! Sehr erfrischend das Ganze...:]

PS: Ganz besonders interessant fand ich die Vermutung einiger Archäologen und Historiker die (sich berufend auf Grabfunde) eine wachsende Militarisierung der Germanen erst NACH dem Kontakt mit den Römern festgestellt haben wollen.
Soll heißen das Stereotyp vom ewig kämpfenden Wilden (wie in kämpfen um des Kampfes willen) war nur römische Propaganda!

Odin
22.07.2007, 21:52
Folgende Frage: Was wäre wenn die germanischen Völker niemals mit den Römern und dem christlichen Glauben in Verbindung gekommen wären, hätten sie sich gar nicht erst über den Status eines Naturvolkes hinaus entwickelt, oder wäre eine Eigenentwicklung denkbar? Wenn wir den Blick nach Skandinavien, insbesondere nach Island, Schweden und Finnland wenden (wobei letztere Nation aus einem finno-ugrischen Volk entstand), gab es hier größtenteils keine römischen Einflüsse und die Christanisierung war im Falle Schwedens z.B. erst im 12. Jahrhundert abgeschlossen.

Wäre eine Modernisierung des nordischen Heidentums, ähnlich wie in der antiken Welt, wo sich der heidnische Glaube durch Metaphysik und Philosophie verfeinerte, und einer weiter entwickelten Kulturstufe anpasste, denkbar? Hinzu kommt: In Schweden zeichnete sich eine Reichsbildung auf Grundlage der lose verbundenen , durch den Thing organisierten Stammesgesellschaften ab; hätte das heutige Deutschland eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, oder sich gar wie das "nordische Hellas" Island in eine aristokratische Demokratie verwandelt? Wäre sicherlich informativ Eure Ansichten zu lesen, nur los!



Offenbar ist Dir entgangen, daß alle Kultur auf der Welt von den germanischen Nachfahren der Götter erschaffen wurde.

Anarch
22.07.2007, 22:11
Verfolgt jemand die Serie "Die Germanen" auf Arte?

Die ersten beiden Teile waren sehr vielversprechend!
Endlich mal ein Versuch die Germanen von einem objektiven Gesichtspunkt zu betrachten unter Heranziehung neuester wissenschaftlicher Untersuchungen.

Wann kommt die denn immer?


Herausgestellt wurden die geachtete Stellung der Frau bei den Germanen, aber auch die gnadenlose Brutalität der römischen Eroberer...was mal die Frage aufwarf WER hier eigentlich die Barbaren waren.

Im Buch "Die ersten Deutschen" von S.F. Fabian (das nebenbei bemerkt 1975 erschien) wird noch geschrieben, daß die germanische Gesellschaft höchst patriarchisch, die Stellung der Frau insofern keine gleichberechtigte war; die Friesen ihre Frauen den Römern sogar zum Verkauf anboten, als diese mit der Auslieferung von Vieh nicht zufrieden waren. Die Frauen also eher als "besserer Besitz" gehandhabt wurden, was die Hochhaltung ihrer Ehre erklärt. Dennoch gab es natürlich Seherinnen und die rechtliche Ungleichheit wurde im häuslichen Alltag oftmals gebrochen. Oder gibts da inzwischen auch schon wieder andere Forschungsansätze? ?(


Auch wurde darauf hingewiesen das die Germanen Holz als Baustoff benutzten und DAS der Grund ist das so wenig erhalten blieb. Das aber archäologische Ausgrabungen trotzdem mehr und mehr zur Erhellung unserer Geschichte beitragen.

Das sie vornehmlich Holz nutzten schrieb schon Tacitus in seiner Germania. Ein Baustil der sich im Norden desöfteren noch bis heute erhalten hat, wenn auch im Laufe der Zeit perfektioniert.


Auch die Unterwerfung der rechts-rheinischen Stämme geschah ganz und gar nicht friedlich und freudig (wie unser Rheini das uns immer weißmachen will) sondern oft erst nach langem Kampf, als den Unterworfenen gar keine andere Wahl blieb. Und selbst dann blieb Rom was es war und herrschte mit harter Hand was viele unschuldige Opfer forderte...was ja auch später Arminius half eine Koalition zu bilden.

Die Römer waren keineswegs die leuchtenden Kulturbringer, sondern traten oft als aggressive Eroberer auf, die sich durch eine ausgesprochene Arroganz und Überlegensheitsdünkel auszeichneten.


Die Römer mal nicht als Retter der wilden Barbaren und Zivilisationsbringer sondern als brutale Zerstörer einer einheimischen Kultur! Sehr erfrischend das Ganze...:]

Die Romanisierung Galliens ist ein Beispiel für die römische "Zivilisierung".


PS: Ganz besonders interessant fand ich die Vermutung einiger Archäologen und Historiker die (sich berufend auf Grabfunde) eine wachsende Militarisierung der Germanen erst NACH dem Kontakt mit den Römern festgestellt haben wollen. Soll heißen das Stereotyp vom ewig kämpfenden Wilden (wie in kämpfen um des Kampfes willen) war nur römische Propaganda!

Ist allerdings schon länger klar. Die Friedenszeit war oftmals - von einigen germanischen Raubzügen abgesehen - länger als die in der die Walstatt aufgesucht wurde. Größtenteils ging es den Germanen um freies Land das sie besiedeln konnten, nicht um Eroberungen.

Krauti
22.07.2007, 22:25
Wann kommt die denn immer?


Die ersten beiden Teile kamen letzten Samstag!

1.Teil:


Die Germanen

Barbaren gegen Rom
Doku-Reihe, Deutschland 2007
Autor: Von Judith Voelker und Schoko Okroy

Die vierteilige Dokumentationsreihe "Die Germanen" erzählt vom Aufstieg des "Volkes vieler Völker" von seiner "Erfindung" durch Julius Cäsar bis zur Taufe des Frankenkönigs Chlodwig Ende des fünften Jahrhunderts nach Christus, die die Ablösung Roms als vorherrschende Macht im europäischen Raum einläutet. In vier Folgen werden entscheidende Meilensteine der Germanengeschichte behandelt. Repräsentative Figuren der germanischen Traditionen wie die Priesterin und der Krieger geben der Geschichte ein plastisches Gesicht und lassen die historischen Ereignisse lebendig werden.


2. Teil:


Die Varusschlacht
Doku-Reihe, Deutschland 2007
Autor: Von Judith Voelker und Schoko Okroy

Der - historisch belegte - cheruskische Fürstensohn Arminius und sein - im zweiten Teil der Dokumentationsreihe als fiktiver Erzähler angelegter - Freund und Gefährte Notker sind als Faustpfand eines Friedensvertrages der Römer mit den Germanen in Rom erzogen und ausgebildet worden. Nachdem sie sich in Diensten Roms militärische Ehren erworben haben, werden sie in ihre Heimat geschickt, um den römischen Statthalter Varus bei der Verwaltung und Regierung Germaniens zu unterstützen.


:top:

Odin
22.07.2007, 22:35
Freiwillig den neuen Herrschern unterworfen und ihnen noch die Füße geküsst...ich bin viel stolzer auf unseren "wilden" Volksteil, kannste glauben! :]

Ja, verachtenswertes Gesindel hat schon immer gute Gründe für seinen widerlichen Verrat gefunden.

Ausonius
22.07.2007, 22:38
Stellt sich nur die Frage wieso hier eine Reichsbildung stattfand, in der übrigen germanischen Welt derartige Prozesse weitestgehend ausblieben.

Dazu kann ich leider nicht viel sagen, denn die Anfänge des Kiewer Reiches sind äußerst spärlich belegt und ich bin da keineswegs Experte. In den frühen Quellen, steht nicht mal ansatzweise, wann und warum die ersten Rus kamen; immerhin werden sie als Nordmannen identifziert.



Außer wir zählen den Versuch des Arminius als Einigungsversuch hinzu; wenn wir gar annehmen wollen er hatte die Bildung eines Germanischen Reiches nach Muster des Römischen Imperiums im Kopf.

Also, ich will es nicht annehmen: die Quellenlage gibt dafür nichts her.



Fragt sich nur wieso die Herausbildung größerer Stämme relativ spät erfolgte. Kann hier einer aushelfen?

Dazu später mehr; zu den gängigen Ethnogenese-Theorien gehört die u.a. von Steuer vertretene, dass sich die Jungmannschaften mehrerer germanischer Stämme zusammen taten, um in den Krieg zu ziehen bzw. Söldnerdienste für das römische Reich zu leisten. Aus diesen quasi "Gemeinschaftsmilizen" hätten sich dann die Großstämme entwickelt. Dies ist eine Theorie, die ich für nachvollziehbar halte. Angesichts des hohen Ansehens der Krieger bei den Germanen kamen über die Mannschaften zwangsläufig Anführer vieler verschiedener Stämme zusammen.


Und noch was: Wenn wir weiterhin den Blick nach Europa wenden, stellt sich manch einer die Frage ob das Hellenentum und Rom die ersten Anläufe zu einer imperialen Ordnung waren. Was sagt die neuere Forschung hierzu?

Hier darf man nicht die Perser vergessen, die bereits eine sehr ausgefeilte Verwaltung besaßen, ebenfalls verschiedene Völker beherrschten und gerade auf das Alexanderreich bzw. die Diadochenstaaten deutlichen Einfluss ausübten.



Abermals: Wieso erst im 3. Jahrhundert?

Soweit ich das sehe, entziehen sich die genauen Gründe noch der Forschung. Leider fehlen für das 2. Jahrhundert fast jegliche Schilderungen über Vorgänge aus dem Inneren Germaniens. Aber zumindest Archäologen wollen herausgefunden haben, das es aus unbekannten Wanderungsbewegungen aus dem elbgermanischen Raum in Richtung des Limes gab. Diese sind seit dem 2. Jahrhundert feststellbar. Elbgermanische Stämme bildeten sehr wahrscheinlich die Basis für die Alemannen. Bei den Franken ist es etwas anderes: sie formierten sich aus schon lange in der Region ansässigen Stämmen, und auch die Verbindung und Verwandschaft zu den späteren Sachsen ist sehr eng.
Auch wenn ich auf diese gute Frage keine prägnante Antwort weiß, so spielt sicherlich auch die Erosion des Imperiums an seiner Ostgrenze eine Rolle. Durch die innere Schwäche des Reiches (wg. der zahlreichen Bürgerkriege) ergaben sich ab 230 zunehmend die Möglichkeiten für Plünderungszüge in das Reich. Und schon wenig später, spätestens ab Konstantin, waren Germanen zudem bald unverzichtbar in der Armee und Reichsverteidigung. Bei allen Konflikten werden die Verbindungen zwischen Germanen und Römer enger - ob in positiven oder negativen Fällen. Ich denke, dass der Dienst in der Armee und der dabei errungene Wohlstand erst die Bildung aristokratischer Schichten förderte, die dann den Stammesbünden vorstanden.



Trotz allem bleibt für mich die Frage offen im Raum stehen wieso nach (relativer) jahrhundertelanger Beibehaltung eines kulturellen Status eine plötzliche Entwicklung einsetzte die sich gen höhere Kultur richtete.

Ich finde diese Entwicklung alles andere als plötzlich. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Veränderungen an den Höfen zu finden sind, und eben auch in der Staatenbildung, die zumindest in Westeuropa Hand in Hand mit der Kirche geht. Für die einfachen Menschen sollte die althergebrachte Lebensweise - mit Ausnahme der Religion vielleicht - sich noch jahrhundertelang kaum verändern.

Bei den Reichsgründungen in West- und Südeuropa wurden Germanen ohne Frage vom Imperiumsgedanken bzw. der Adaption römischen Wohlstands und Lebensstils beeinflusst. Ich denke, dass von den neuen Reichen letztendlich dann der Kultureinfluss auf die peripher gelegenen Gebiete ausstrahlte, zu den Sachsen, nach England oder Skandinavien.



Was ist mit der Insel Thule? Eine stark missbrauchte Theorie völkischer Grüppchen und Pytheas gibt auch nicht allzu viel her. Seine Beschreibungen der nördlichen Regionen und ihrer Menschen sind recht dürftig, gibts hier sonstige Quellen?

Nicht das ich wüßte. Letztendlich weiß man ja nicht mal, was er mit Thule meint. Die Kenntnisse des Nordens waren in der Antike nie sehr ausgeprägt; er gehörte nicht zur antiken Welt dazu, und noch im 6. Jahrhundert n. Chr. hielt man Skandinavien für eine Insel. Bezeichnend auch die Schilderungen der Fenni und anderer weit entfernter Stämme durch Tacitus, der so eine Art Urmenschen im Sinn zu haben scheint.
Platon schien mit Atlantis definitiv nichts nördliches im Sinn zu haben; er siedelt dort sogar Elfenaten an.



In welchem Verhältnis stehen Indo-Europäer und Megalithkultur? Wenn meine Informationen dahingehend falsch sind, inwiefern verlief hier eine Verschmelzung?

Mich hat immer viel mehr die archäologische Seite interessiert, daher kann ich nicht so viel dazu sagen. So weit ich weiß, dreht sich aber der Streit darum, ob es nur eine indogermanische Sprache oder auch eine gemeinsame indogermanische Ethnie gibt, wobei in der Forschung die rein linguistische Deutung überwiegt. Die Belege für die oft angenommene Einwanderungswelle am Ende des 3. Jt. v. Chr. sind eher schlecht. Auf jeden Fall solltest du dich dazu mit Marija Gimbutas und ihrer Kurgan-Hypothese beschäftigen; ich bin leider noch nicht dazu gekommen, eines ihrer Bücher zu lesen.
Thematisch sehe ich auf jeden Fall keinen direkten Zusammenhang zwischen Megalith-Kultur und Indo-Europäer; da je nach Hypothese die Erbauer der Megalithen schon "indoeuropäer" waren oder erst lange nach Anbruch der Kultur nach Europa kamen. Eins lässt sich aber sicher sagen: nicht überall, wo indoeuropäisch gesprochen wird, gibt es Megalithen.



Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein Beispiel dafür. Wenn die in Nord- und Mitteleuropa ansässigen Menschen bereits über größere astronomische und handwerkliche Fähigkeiten verfügten als wir vorher vermuteten,

Um die Himmelsscheibe entstand leider ein großer Hype, der zwei Dinge übertüncht: das leider die Fundumstände und damit auch die Datierung der Scheibe auch heute noch einige Fragen aufwerfen; und dass Archäologen eigentlich nie diese handwerklich-astronomischen Fähigkeiten bestritten hatten. Schon seit DDR-Zeiten ist etwa das sogenannte Henge-Monument von Quenstedt bekannt, konzentrische Kreise aus Palisaden, die auf best. astronomische Ereignisse ausgerichtet waren und aus dem 5. Jt. stammt.


ist dann nicht anzunehmen, daß das von den Philosophen und Schriftstellern beschriebene "Goldene Zeitalter", die Mythen und Legenden einen Funken Wahrheit enthalten?

Ich denke, dass dieses "goldene Zeitalter" eher ein religiös-mythischer Topos ist, der mit dem "Paradies" ja selbst in der Bibel zu finden ist.


Im Endeffekt ein Kulturverfall einsetzte, der nur noch einen schwachen Abglanz lieferte und erst in den Schaffenswerken Griechenlands und der Gründung Roms in Europa wiedergeboren wurde?

Wie ich schon in meinem letzten Posting schrieb, sind die Entwicklungen während der Bronzezeit komplex und das Zivilisationsgefälle von Süd nach Nord enorm (in Ägypten gibt es schon Pyramiden zu einer Zeit, als die Leute in Nordeuropa sich erst langsam mit der Metallverarbeitung vertraut machen). Aber gerade für Mitteleuropa lässt sich - im Gegensatz zum Mittelmeeraum - gegen Ende der Bronzezeit eine lange, progressive Phase feststellen, keineswegs einen Verfall.

P.S. Zum Rest komme ich morgen, sonst wird das jetzt zu lange.

Krauti
22.07.2007, 22:46
....
Um die Himmelsscheibe entstand leider ein großer Hype, der zwei Dinge übertüncht: das leider die Fundumstände und damit auch die Datierung der Scheibe auch heute noch einige Fragen aufwerfen; und dass Archäologen eigentlich nie diese handwerklich-astronomischen Fähigkeiten bestritten hatten. ....

Hierzu kann ich diese Sendung empfehlen:



Herr der Himmelsscheibe

Der Jahrtausendfund von Nebra
Dokumentation
Autor: Von Michael Gregor

Da liegt über dreieinhalb Tausend Jahre eine Weltsensation im lehmigen Waldboden auf dem Mittelberg in Sachsen-Anhalt. Die "Himmelsscheibe von Nebra" zieht die Menschen auf unwiderstehliche Weise in ihren Bann. Hunderttausende haben die Ausstellung über den "Geschmiedeten Himmel" besucht und waren begeistert. Dieses aus Bronze geschmiedete Kunstwerk erzählt von einer längst vergangenen Kultur mitten in Deutschland, zu einer Zeit, in der wir bisher allenfalls in Fell gehüllte Halbwilde bei der Wildschweinjagd vermutet hatten. Als die Scheibe 2002 vom Leiter des Museums für Vorgeschichte in Halle, Dr. Harald Meller, auf dramatische Weise aus den Händen von Grabräubern und Kunsthehlern gerettet wurde, konnte noch niemand ahnen, welche Geheimnisse dieser Jahrtausendfund aus Mitteldeutschland offenbaren sollte. Seit gut fünf Jahren haben Forscher nunmehr mit den neuesten und raffiniertesten wissenschaftlichen Methoden die 2,3 Kilogramm schwere Bronzescheibe untersucht. Was sie herausgefunden haben, hätte ein Krimiautor nicht besser schreiben können. Die "Himmelsscheibe von Nebra" offenbart uns - zusammen mit weiteren spektakulären Funden aus dem Raum Halle - den Blick auf eine faszinierende Lebenswelt, die, weit weg von den bekannten Zentren der Antike am Nil und am Euphrat, bereits erste Anzeichen einer Hochkultur verkörperte. Die Dokumentation verbindet dokumentarisch-wissenschaftliche Teile mit Inszenierungen, die durch Intensität und Glaubwürdigkeit überzeugen.


Wird öfter wiederholt....auf Phoenix...

Anarch
22.07.2007, 23:02
Wenn die Himmelsscheibe erstes Anzeichen einer Hochkultur ist, wie stimmt es dann mit der gängigen Theorie: Hochkultur im Süden - Barbaren im Norden überein? Was ist mit den in Sachsen gefundenen Bauten, die älter als die Pyramiden Ägyptens sind? Irgendwas scheint mir faul.

Krauti
22.07.2007, 23:06
Wenn die Himmelsscheibe erstes Anzeichen einer Hochkultur ist, wie stimmt es dann mit der gängigen Theorie: Hochkultur im Süden - Barbaren im Norden überein? ...

Gar nicht!

Das war die gängige Lehrmeinung für Jahrhunderte...aber sie bröckelt immer mehr.
Wäre nicht die erste die auf Grund veränderter Beweislage revidiert werden müßte! germane

(Ist sowieso ein Unikum das sich ein Volk ein Bild von seinen Vorfahren macht auf Grund von feindlicher Berichterstattung.)

Wer weiß was man noch alles findet...

Anarch
22.07.2007, 23:15
Gar nicht!

Das war die gängige Lehrmeinung für Jahrhunderte...aber sie bröckelt immer mehr.
Wäre nicht die erste die auf Grund veränderter Beweislage revidiert werden müßte! germane

(Wer weiß was man noch alles findet...)

Es ist halt nur komisch wie eine Völkergruppe, die an der Grenze vom Natur- zum Kulturvolk steht, in der Lage ist solch astronomische Aufzeichnungen zu meißeln. Es ist wirklich sehr schade, daß die Germanen keine Schrift nutzten, vieles konnte somit nicht festgehalten werden. Die Kernfrage ist dennoch: Wären die Kontinental-Germanen in der Lage gewesen ohne römisch-christliche Einflüsse im Laufe der Zeit ein modernes Gemeinwesen, oder gar einen Staat nach Muster der hellenischen Polis oder des Römischen Reiches zu begründen? Eine ziemlich schwierige "was wäre wenn.."-Frage, aber ich hör mir gern Eure Ansichten und Theorien an. ;)

Krauti
22.07.2007, 23:19
Es ist halt nur komisch wie eine Völkergruppe, die an der Grenze vom Natur- zum Kulturvolk steht, in der Lage ist solch astronomische Aufzeichnungen zu meißeln. Es ist wirklich sehr schade, daß die Germanen keine Schrift nutzten, vieles konnte somit nicht festgehalten werden. Die Kernfrage ist dennoch: Wären die Kontinental-Germanen in der Lage gewesen ohne römisch-christliche Einflüsse im Laufe der Zeit ein modernes Gemeinwesen, oder gar einen Staat nach Muster der hellenischen Polis oder des Römischen Reiches zu begründen? Eine ziemlich schwierige "was wäre wenn.."-Frage, aber ich hör mir gern Eure Ansichten und Theorien an. ;)

Ja natürlich...sie waren ja nicht doofer als die anderen...ganz im Gegenteil!
Sie lebten nicht nach den Gesetzen der Römer...hatten ihre eigenen...nicht mal
schlechte...das ist alles!

Gar keine Frage...

Im Gegenteil...ich könnte mir eine "un-christliche" germanische entwickelte Welt sehr gut vorstellen...:]

Anarch
22.07.2007, 23:28
Ja natürlich...sie waren ja nicht doofer als die anderen...ganz im Gegenteil!
Sie lebten nicht nach den Gesetzen der Römer...hatten ihre eigenen...nicht mal
schlechte...das ist alles!

Gar keine Frage...

Im Gegenteil...ich könnte mir eine "un-christliche" germanische entwickelte Welt sehr gut vorstellen...:]

Nur fragt sich halt wieso sich die antiken Völker innerhalb von ca. 300 Jahren rasant vom Natur- in den Kulturzustand entwickelten, das übrige Europa aus eigenem Antrieb nicht folgte, sondern erst Jahrhunderte später im Zuge der Völkerwanderung, nachdem der gesamte Kontinent (bis auf den Norden) christianisiert war. Das ist die Frage.. sind klimatische Bedingungen wirklich so ausschlaggebend gewesen?

Krauti
22.07.2007, 23:32
Nur fragt sich halt wieso sich die antiken Völker innerhalb von ca. 300 Jahren rasant vom Natur- in den Kulturzustand entwickelten, das übrige Europa aus eigenem Antrieb nicht folgte, und erst im Zuge der Völkerwanderung, nachdem der gesamte Kontinent (bis auf den Norden) christianisiert war. Das ist die Frage..

Es ist immer noch ein großes Puzzle wo viele wichtige Teile fehlen...
Zu viele um solche Fragen jetzt schon endgültig zu beantworten!
Deshalb sind solche Funde wie die Himmelsscheibe so wichtig...wer hätte so
etwas für möglich gehalten???
Mal abwarten was noch alles gefunden wird...:)

Ausonius
23.07.2007, 10:13
Fragt sich abermals: Wieso konnten sie das nicht?

Die Frage bezog sich ja auf die administrativen Strukturen. Eine gewichtige Rolle spielte dabei sicherlich das Analphabetentum der Germanen. Alle tiefergehenden Verwaltungsstrukturen benötigen Schriftgut, das letztendlich auch die Kommunikation über weite Strecken ermöglicht. Dazu kommt, dass die germanischen Siedlungen sehr dezentral gestreut und sehr klein waren; die großten mir bekannten Ortschaften der Kaiserzeit beherbergten gerade mal 500 Leute. Fast "verschämt" spricht man in der Forschung von "Hauptorten", keineswegs Städten etc. Diese Siedlungen waren zu klein, um entscheidend auf die Nachbarschaft auszustrahlen, so dass sich Verwaltungseinheiten gebildet hätten.


Ich für meinen Teil denke, daß ohne Christianisierung der germanischen Völker der Feudalismus nicht denkbar gewesen wäre.

Möglich; obwohl das Gefolgsschaftssystem eigentlich nichts spezifisch christliches hatte. Die enorme Rolle der Kirche lag im Frühmittelalter aber in der Beratung der Herrscher und als Informationszentren.



Das germanische Religionswesen kannte keine Berufskaste von Priestern, daher konnte sich hier kein Machtstatus etablieren, das geschah erst als das frühkatholische Christentum mit seiner Priesterkaste die Macht übernahm, den Adel einspannte um seine Machtposition zu sichern, was zur feudalen Gesellschaft führte.

Tatsächlich entstand ein Adel im Sinne von Erbadel erst relativ spät in Deutschland, wohl nicht vor dem 7. Jahrhundert. Dafür war aber sicher nicht allein das Christentum verantwortlich, sondern auch die Bürgerkriege im Merowingerreich, wo neue Machteliten alte ersetzen mussten, und der Erschließung der riesigen Gebiete rechts des Rheins für das Reich. Deiner Idee steht aber ein wenig die Religionspolitik der Hausmeier entgegen, die man als ersten Ansatz einer Trennung von Staat und Kirche werten kann (unter anderem wurde gegen die Erbbistümer (sic!) vorgegangen, auf denen sich Mitglieder bedeutender merowingischer Adelsfamilien durchsetzten).



Mag sein daß das germanische Gefolgschaftswesen hier eine kleine "Mitschuld" trug, im Großen und Ganzen läßt sich das aber nicht behaupten, was die Besiedlung Islands und die Entwicklung Nordeuropas beweist.

Mit der Geschichte Islands bin ich nicht so vertraut. Aber die Adelsstrukturen bildeten sich grundsätzlich ja auch in Skandinavien heraus. Die späteren Adelsstrukturen finden ihre Vorgänger sicherlich in der Kriegeraristokratie der Spätantike; am augenfälligsten ist dies bei den Merowingern, die nach ihrem Aufstieg auch das "Königsheil" ihrer Familie ersannen.



Es ist wirklich interessant die Frage aufkommen zu lassen wie sich Europa ohne Rom entwickelt hätte. Und hätte es eine Intellektualisierung des übrigen Europas gegeben, wenn die christlichen Missionare die Schrift nicht verbreitet hätten.

Tja; schwierig, hier zu spekulieren.



Dennoch gelang es den Christen nie das heidnische Europa ganz zu vernichten, eher hielt eine synkretistische Entwicklung Einzug, vor allem im nördlichen Europa.

Hier sei angefügt, dass nicht überall ein so heftiger Widerstand gegen die Christianisierung wie bei den Sachsen herrschte und dass auch viele der Stämme außerhalb des Reiches bereits im 4. und 5. Jahrhundert freiwllig das Christentum annahmen. Der Synkretismus hatte auch in Mitteleuropa noch lange Bedeutung, verschwindet aber im 8. Jahrhundert. Bonifatius war ein eifriger Streiter gegen den Synkretismus, aber letztendlich muss um 700 auch im Volk ein Bedürfnis hin zu einem orthodoxerem Christentum bestanden haben: um diese Zeit verschwinden die Grabbeigaben im Frankenreich fast völlig.



Im kollektiven Unbewussten lebte die wahre Religion Europas stets fort. Wir können daher in gewisser Weise bestimmen wie sich der Paganismus im Zuge der Kulturentwicklung transformiert hätte. Aber egal, wollte ich nur mal am Rande erwähnen.

Ich mag ja C.G. Jung schon, aber die Idee des "kollektiven Unbewußten" halte ich nicht für überzeugend. Meiner Meinung nach war der Paganismus lange Zeit komplett "tot". Das es ihn heute wieder - in letztlich bescheidenem Rahmen - gibt, hängt mit der Romantik und der Rückbesinnung auf Geschichte im 19. Jahrhundert zusammen.



Abschließend, was ist hiervon zu halten?



Assur: „Die Assyrer eilten zum Idealfelde (das Land der Ahnen, Ultima Thule), die Tempeltürme erbauten; sie siedelten, bauten Bodenschätze ab; sie schufen Werkzeuge und andere Dinge. . .“

Hier fehlt mir der Zusammenhang. Was ist das für eine Übersetzung? Warum wurde der griechische Begriff "Ultima Thule" als Synonym eingebracht?



Ein weiterer Beleg für die Beziehung zwischen den Babyloniern und der nordischen Welt ist die Darstellung der Babil - Könige mit einem Hörnerhelm, wie beispielsweise auf der Naram Sin - Stele. Gleich aussehende, 3000 Jahre alte Hörnerhelme fand man auch im Norden Europas, wie zum Beispiel den Bronzehelm von Visko (Nord - Seeland), datiert auf circa 900 vor unserer Zeitrechnung.

Mit dem Prinzip "sieht aus wie..." kommt man leider nicht sehr weit. Der Hörnerhelm ist nichts spezifisch germanisches; für die ersten paar germanischen Jahrhunderte (damit meine ich die Zeit von 200/100 v. Chr. bis 300 n. Chr.) fehlen ohnehin jegliche Helmfunde. Dazu sei erwähnt, dass die Naram Sin-Stele über 1000 Jahre älter ist als der Visko-Helm.


Auch trieb schon 1200 v.u.Z, nach der großen Naturkatastrophe im Norden, die atlantische Kriegsmacht gegen Ägypten und hinterlies dort ihre Spur, bevor sie sich im Mittelmeerraum niederließ. Die ägyptischen Inschriften des Ramses III. berichten:

@ Anarch: woraus zitierst du denn eigentlich? Eine "atlantische Kriegsmacht" ist eine sehr waghalsige Spekulation. Dazu:


Die Identität der meisten sogenannten „Seevölker“ ist bis heute ungeklärt. Viele Althistoriker, Sprachwissenschaftler und Archäologen gingen früher davon aus, dass es sich in der Mehrzahl um indogermanische Illyrer gehandelt habe. Ihr Vordringen führte nach Meinung einiger Forscher zum Niedergang der mykenischen Kultur in Griechenland (Pylos, Mykene u. a.) und besiegelte das Schicksal des Hethiterreichs Šuppiluliumaš' II.. Heute wird diese These – wenn überhaupt – nur noch in abgeschwächter Form vertreten. Die Theorie eines „Völkersturms“, der, vom Balkan oder gar noch weiter nördlich ausgehend die Kulturen Griechenlands und Anatoliens weggefegt haben soll, hält neueren Erkenntnissen nicht mehr stand.

Die am weitesten verbreitete Theorie besagt, dass der Ausgangspunkt der „Seevölker“-Unruhen der west- bzw. süd-kleinasiatische oder/und der ägäische Raum war. Dafür spricht auch die ägyptische Bezeichnung Haunebu für die Seevölker, die „Volk hinter den Inseln“ bedeutet und auf die Region um die Ägäis hinweist (im neuen Reich bezeichnete man in Ägypten die gesamte Ägäis mitsamt ihren Festlandküsten als die ‚Inseln‘). Zu den Bewohnern der angrenzenden Küsten zählen auch die u. a. in der Bibel erwähnten Philister (von ihnen stammt die Bezeichnung Palästina). Andere sehen die „Seevölker“ schlicht als Piraten.


http://de.wikipedia.org/wiki/Seev%C3%B6lker


Ebenso wird in der Ilu Ischtar die Urheimat Thale/Thule erwähnt (Kap. 9):


Behauptet wer? Ich will darauf hinaus, dass der Begriff "Thule" im Text nicht explizit erwähnt wird. Da muss man sehr scharf und genau sein.



Wenn die Himmelsscheibe erstes Anzeichen einer Hochkultur ist, wie stimmt es dann mit der gängigen Theorie: Hochkultur im Süden - Barbaren im Norden überein? Was ist mit den in Sachsen gefundenen Bauten, die älter als die Pyramiden Ägyptens sind? Irgendwas scheint mir faul.

Hier sollte man doch mal die Kirche im Dorf lassen. Ja, es gibt in Sachsen Bauten, die älter als die Pyramiden sind (aber auch im Rheinland, in Hessen etc.). Doch die Pyramiden als gewaltige und komplizierte Bauprojekte (die sicher auch heute noch sehr "teuer" kämen), sind halt schon ein anderes Kaliber als die Wall- und Palisadenbauten, die man aus der deutschen Jungsteinzeit kennt. Zudem sind diese älteren Bauten auch locker mal 3000 bis 4000 Jahre älter als die Himmelsscheibe. Und als die offenbar niedergelegt wurde, standen auf Kreta bereits Städte, die nicht mehr sehr weit entfernt vom Luxus und Wohlstand der Römer und Griechen waren.





(Ist sowieso ein Unikum das sich ein Volk ein Bild von seinen Vorfahren macht auf Grund von feindlicher Berichterstattung.)

Na, na, beschäftige dich schon mal bitte mit der realen Forschung, bevor du solche politisch motivierten Allgemeinplätze von dir gibst. Diese Forschung hat auch nichts mit germanophoben Spiegel-Titelstories wie jener vor kurzem über die Merowinger zu tun.

Drosselbart
23.07.2007, 10:29
Gar nicht!

Das war die gängige Lehrmeinung für Jahrhunderte...aber sie bröckelt immer mehr.
Wäre nicht die erste die auf Grund veränderter Beweislage revidiert werden müßte! germane

(Ist sowieso ein Unikum das sich ein Volk ein Bild von seinen Vorfahren macht auf Grund von feindlicher Berichterstattung.)

Wer weiß was man noch alles findet...

Wer noch das Glück hat die verbotenen Bücher aus den 20-er, 30-er und 40-er Jahren des 20. Jahrhunderts (Hermann Wirth, Hermann Wieland u.v.a.) auf dem Antiquariatswege zu ergattern, der sieht 1. vieles, was mit der heutigen Anschauung nicht völlig in Übereinstimmung zu bringen - aber hochinteressant - ist.

2. kann man aber auch sehr schön feststellen, daß bestimmte schon damals vertretene Forschungsansätze heute - mit großem Getöse - von der etablierten Wissenschaft als etwas völlig Neues und nie vorher dagewesenes präsentiert werden.

3. Sieht man nebenher auch noch die stillschweigende Übernahme einiger Positionen, ohne darauf zu verweisen wer sie erstmals formuliert hat.

Krauti
23.07.2007, 11:52
...
Na, na, beschäftige dich schon mal bitte mit der realen Forschung, bevor du solche politisch motivierten Allgemeinplätze von dir gibst...

Warum?
War es nicht so für eine lange Zeit?
Waren es nicht römische Quellen die deutsche Wissenschaftler hauptsächlich für ihre Forschung heranzogen für eine lange Zeit? (auch in Ermangelung anderer Quellen?)

Die Römer waren keine eingeladenen Gäste und sicher nicht unsere Freunde, sondern erbitterte Gegner auf dem Schlachtfeld für eine lange Zeit, die uns und unsere Lebensweise verachteten, haßten und fürchteten.
Und trotzdem nahmen wir alles was sie über uns erzählten für bare Münze.
Leute wie unser Rheinländer die auf Grund einer solchen Erziehung die Eindringlinge und Eroberer bewundern, das eigene Volk aber (das ja noch auf Bäumen lebte wie er selbst sagt) dagegen mißachten und geringschätzen sind doch der lebende Beweis dafür.
Sowas passiert doch sonst nur bei 2. und 3. klassigen kolonial Völkern wo die Einheimischen ihre Sprache verleugnen und und ihre Wurzeln vergessen um "englischer als die Engländer" sein zu wollen. Für dieses Syndrom gibt's sicher
auch einen Namen.

Und warum soll es nicht in Mitteleuropa Gebäude vergleichbar der Pyramiden gegeben haben? Ihr "Fehler" war es wahrscheinlich lediglich das sie aus vergänglichem Holz gebaut waren und somit heutzutage schwer nachzuweisen sind.
Auch das Germanen ungerne in engen, dichten, dreckigen Städten leben wollten sondern lieber in kleinen Dörfern soll ein Beweise für ihre geringere Kultur sein???
Wußtest du das die Germanen selbst in diesen kleinen Dörfern um jedes ihrer Häuser einen Freiraum ließen? Das sie NICHT dichtgedrängt nebeneinander leben wollten? Sie verabscheuten Städte...
Und haben nicht die Christen einige heidnische Bräuche übernehmen müssen weil sie einfach nicht "totzukriegen" waren??? Der Paganismus war NIE "völlig tot"...das haben sie nie geschafft!germane

Ausonius
23.07.2007, 13:28
Waren es nicht römische Quellen die deutsche Wissenschaftler hauptsächlich für ihre Forschung heranzogen für eine lange Zeit? (auch in Ermangelung anderer Quellen?)

Sorry, da habe ich dich falsch verstanden und dachte, du beziehst dich auf die moderne Zeit und nicht die römischen Geschichtsschreiber. So gesehen hast du Recht - es gibt für eine lange Zeit keine germanische Eigenüberlieferung. Andererseits gibt es nach wie vor auch keine Alternativen für die römischen (und auch ein paar griechische) Quellen.

Zum Rest:


Die Römer waren keine eingeladenen Gäste und sicher nicht unsere Freunde, sondern erbitterte Gegner auf dem Schlachtfeld für eine lange Zeit, die uns und unsere Lebensweise verachteten, haßten und fürchteten.

Na ja, das ist schon sehr viel komplizierter. Zwischen den großen Kriegen gab es immer wieder lange Phasen des Friedens an der Reichsgrenze. Es gab auch Aspekte der germanischen Lebensweise, die die Römer zu schätzen wusste - noch während der Germanenkriege wurde etwa die Leibwache des Kaisers aus Germanen formiert. Umgekehrt war es genauso: germanische Anführer umgaben sich gerne mit römischem Prunk, etwa wertvollen Trinkgefäßen.


Leute wie unser Rheinländer die auf Grund einer solchen Erziehung die Eindringlinge und Eroberer bewundern, das eigene Volk aber (das ja noch auf Bäumen lebte wie er selbst sagt) dagegen mißachten und geringschätzen sind doch der lebende Beweis dafür.

Man sollte nicht sagen, diese oder jene Lebensweise wäre besser gewesen. Tatsache ist, dass das römische Reich und die Germanen ein gespaltenes Verhältnis zueinander hatten. Dies zeigt sich besonders im 5. Jahrhundert, als sowohl die Verteidiger des untergehenden Reiches als auch seine Zerstörer hauptsächlich Germanen waren.
Es ist keine Frage, dass die römische Zivilisation technisch und kulturell weiter fortgeschritten war. Dies ist jedoch nicht mit einem moralischen Urteil zu verbinden, dass die Lebensweise der Germanen schlecht war.



Und warum soll es nicht in Mitteleuropa Gebäude vergleichbar der Pyramiden gegeben haben? Ihr "Fehler" war es wahrscheinlich lediglich das sie aus vergänglichem Holz gebaut waren und somit heutzutage schwer nachzuweisen sind.

Es ist ja nicht so, dass Holzgebäude überhaupt nicht nachweisbar sind - häufig findet man noch die Pfostenspuren, und bei besonders guten Erhaltungsbedingungen für Holz (Moor etc.) sind sogar die unteren Hauspartien zu erkennen. Und was man so an Gebäudetypen aus der mittleren Bronzezeit (sozusagen der Nebra-Epoche) kennt, kommt halt technisch nicht dem gleich, was in dieser Zeit im Mittelmeerraum und im Nahen Osten existiert.
Ich verstehe auch nicht, warum schon seit Jahrzehnten vergeblich etwas gesucht wird, was nicht da war - es gibt so viele erfolgreiche und weltgeschichtlich innovative Epochen der deutschen Geschichte (man denke nur an Luther, Gutenberg, die Spätphase der Aufklärung mit Kant etc.), da muss doch nicht krampfhaft versucht werden, eine Gleichwertigkeit zur mittelmeerischen Zivilisation in der Jungsteinzeit und Bronzezeit zu konstruieren.



Auch das Germanen ungerne in engen, dichten, dreckigen Städten leben wollten sondern lieber in kleinen Dörfern soll ein Beweise für ihre geringere Kultur sein???

Lese richtig: ich mache den Germanen nicht eine Art "Vorwurf" draus, dass sie in Dörfern lebten. Die Fragen von Anarch zielten nach bestimmten Mechanismen udn Erklärungsmustern; nicht danach, die Kultur der Germanen für "gering" zu erklären. Immerhin waren die Bezwinger und Erben des weströmischen Reiches.

Nur braucht es gewisse städtische Strukturen, um Wirtschafts- und Verwaltungszentren zu schaffen. Und die sehr dezentrale germanische Lebensweise trug dazu bei, dass es erst so spät zur germanischen Staatenbildung kam. Nachdem germanische Stämme römische Städte wie Köln, Tournai oder Paris erobert hatten, benutzten sie die im übrigen auch recht gerne.



Wußtest du das die Germanen selbst in diesen kleinen Dörfern um jedes ihrer Häuser einen Freiraum ließen?

Ja, wußte ich. Mir ist die Siedlungsforschung zu germanischen Ansiedlungen relativ gut bekannt.



Und haben nicht die Christen einige heidnische Bräuche übernehmen müssen weil sie einfach nicht "totzukriegen" waren??? Der Paganismus war NIE "völlig tot"...das haben sie nie geschafft!

Ersteres stimmt; einige christliche Feste stammten unter anderem von römischen heidnischen Kulthandlungen ab. Trotzdem: spätestens ab dem 14. Jahrhundert war Europa durchweg christianisiert. Der starke Bruch zeigt sich auch daran, dass es nur noch eine Handvoll Quellenüberlieferungen über den heidnischen Glauben aus Deutschland gibt. Wenn christliche Handlungen aus dem paganen Glauben entlehnt waren, so hatte man die Hintergründe längst vergessen. Es brauchte ein paar Jahrhunderte, ehe das Interesse am Heidentum wieder auflebt. Zum Beispiel zeigten "Klassiker" des 18. Jahrhunderts wie insbesondere Schiller und Hölderlin großes Interesse an der griechisch-römischen Mythologie.

Krauti
23.07.2007, 13:39
....
Es ist keine Frage, dass die römische Zivilisation technisch und kulturell weiter fortgeschritten war. Dies ist jedoch nicht mit einem moralischen Urteil zu verbinden, dass die Lebensweise der Germanen schlecht war.
....

Genau! :]


....Ich verstehe auch nicht, warum schon seit Jahrzehnten vergeblich etwas gesucht wird, was nicht da war - es gibt so viele erfolgreiche und weltgeschichtlich innovative Epochen der deutschen Geschichte (man denke nur an Luther, Gutenberg, die Spätphase der Aufklärung mit Kant etc.), da muss doch nicht krampfhaft versucht werden, eine Gleichwertigkeit zur mittelmeerischen Zivilisation in der Jungsteinzeit und Bronzezeit zu konstruieren...

Ich glaube das der Grund halt in der Vernachlässigung der Geschichte unserer Vorfahren für so lange Zeit liegt.
Vom einen Extrem: Alles halbwilde Barbaren zum
anderen Extrem: Gleichwertige Hochkultur!

Ich persönlich finde nicht das Rom das Gelbe vom Ei war und ich habe sehr viel übrig für die freie Lebensweise und die Sitten unserer Vorfahren...ich bin mit einem "Anders aber nicht schlechter!" schon sehr zufrieden.

Anarch
23.07.2007, 15:12
Ich verstehe auch nicht, warum schon seit Jahrzehnten vergeblich etwas gesucht wird, was nicht da war - es gibt so viele erfolgreiche und weltgeschichtlich innovative Epochen der deutschen Geschichte (man denke nur an Luther, Gutenberg, die Spätphase der Aufklärung mit Kant etc.), da muss doch nicht krampfhaft versucht werden, eine Gleichwertigkeit zur mittelmeerischen Zivilisation in der Jungsteinzeit und Bronzezeit zu konstruieren.

Ich glaube es liegt daran, daß sich sonst eingestanden werden müßte, daß die deutsche Kulturnation ohne Einflüsse des Römischen Imperiums nicht denkbar wäre. Zuallererst ist es m.M.n. ein Fehler die Germanen als die früheren Deutschen zu betrachten, genauso wenig wie die Gallier 1 zu 1 mit den Franzosen übereinstimmen, oder die Russen die Nachfahren der Wikinger sind. Das deutsche Volk entstand durch die Verschmelzung von nord- und westgermanischen Stämmen, sowie der Assimilation keltischer Völker im Süden und slawischer Volksgruppen im Osten, die damals im heutigen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern siedelten.

Kulturell betrachtet herrschte stets reger Austausch zwischen den europäischen Völkern, eine völlig autarke Entwicklung ist somit nicht nachweisbar, folglich ausgeschlossen. Mit den Russen sieht es ähnlich aus: Eine Synthese aus nordischen Wikingern, slawischen "Ureinwohnern" und einer kulturellen Beeinflussung durch Byzanz (weshalb die Russen Moskau als das Dritte Rom bezeichnen). Nicht zu vergessen die asiatischen Einflüsse in Sibirien. Die von der rassistischen Ideologie vertretene Mär der "reinen Rasse" ist eine Utopie, nichts weiter als Wunschdenken, dessen Wurzeln in den positivistische Tendenzen der Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts zu finden sind.

In diesem Thread soll(te) es nur darum gehen, wie ein nicht-römisch und nicht-christlich beeinflusstes Germanien in ein paar Jahrhunderten ausgesehen hätte; ob Stillstand die Zeit beherrscht, oder Entwicklung um sich gegriffen hätte. Daß die fehlende Schrift ein Kernpunkt der nicht aufkommen wollenden Staatlichkeit ist, das mag recht zutreffend sein. Es fragt sich aber weiter, ob die Runenschrift diese Funktion nicht irgendwann übernommen hätte. Natürlich schwer zu beantworten, aber ist halt ein fiktives Szenario.


Ersteres stimmt; einige christliche Feste stammten unter anderem von römischen heidnischen Kulthandlungen ab. Trotzdem: spätestens ab dem 14. Jahrhundert war Europa durchweg christianisiert. Der starke Bruch zeigt sich auch daran, dass es nur noch eine Handvoll Quellenüberlieferungen über den heidnischen Glauben aus Deutschland gibt. Wenn christliche Handlungen aus dem paganen Glauben entlehnt waren, so hatte man die Hintergründe längst vergessen. Es brauchte ein paar Jahrhunderte, ehe das Interesse am Heidentum wieder auflebt. Zum Beispiel zeigten "Klassiker" des 18. Jahrhunderts wie insbesondere Schiller und Hölderlin großes Interesse an der germanischen Mythologie.

Was Krauti (ich beziehen Ihn einfach mal ein) und ich mit Synkretismus meinen, erstreckt sich nicht über die Kulte; ich meinte damit explizit das religiöse und metaphysisch-philosophische Denken Europas. Schauen wir uns das Ur-Christentum an, erkennen wir eine Reformbewegung des orientalischen Judentums, die später nach Westen expandiert und in der Mittelmeer-Region Fuß fasst. Selbst hier formt es sich aber bereits um. Sehen wir uns die späteren Schriften des Meister Eckehart an, erkennen wir bereits eine pantheistische Gottesauffassung, die mit der ur-christlichen Vorstellung eines monotheistischen Gottes nicht vereinbar ist.

Der Katholizismus ist bereits ein anderes Christentum als es ursprünglich war, ebenso der Protestantismus. Mit Aufkommen Goethes, Herders, Fichtes, Schillers usw. erleben wir einen Prozess der Europa mehr und mehr in Richtung heidnischer Metaphysik bewegt. Fichtes "Anweisungen zum seligen Leben" sprechen hiervon Zeugnis.

Das öffentliche Bekenntnis mag christlich sein, ist es inhaltlich aber nicht. DAS meinte ich mit dem Begriff Synkretismus. Die Form war christlich, der Inhalt eine Pseudomorphose zwischen heidnischer Weltanschauung und christlicher Lehre. Allerdings entwickelte sich das Heidentum unter dem Prozess der Schriftverbreitung durch die christlichen Missionare unter falschem Mantel "schlafend" weiter.

Rheinlaender
23.07.2007, 17:38
In diesem Thread soll(te) es nur darum gehen, wie ein nicht-römisch und nicht-christlich beeinflusstes Germanien in ein paar Jahrhunderten ausgesehen hätte; ob Stillstand die Zeit beherrscht, oder Entwicklung um sich gegriffen hätte. Daß die fehlende Schrift ein Kernpunkt der nicht aufkommen wollenden Staatlichkeit ist, das mag recht zutreffend sein. Es fragt sich aber weiter, ob die Runenschrift diese Funktion nicht irgendwann übernommen hätte. Natürlich schwer zu beantworten, aber ist halt ein fiktives Szenario.

Wenn wir uns den "Urknall" der europaeischen Kultur im klassischen Griechenland anschauen, so kamen dort verschieden Dinge zusammen: Ein relativer Wohlstand und intensive Kontakte mit anderen Kulturen (auch kriegerisch wie durch den Handel - namendlich den Persern, Aegyptern und Phynikern). Aehnliches gilt fuer Rom, das eben auf etruskischen und griechischen Wurzeln basierte, aber mit den Phoenikern in Kontakt stand (sowohl Handel, als auch kriegerisch, wie auch technologisch).

Germanien fehlten diese Kontakte, es fehlte der entsprechende Wohlstand, es fehlte der intensive Handel, es fehlte einfach auch die Notwendigkeit sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen. Wenn ich die Notwendigkeit habe, eine grosse Stadt mit Wasser zu versorgen, brauche ich mich nicht um Notwendigkeit der Landvermessung zu kuemmern, muss also keine Dreiecke berechnen, brauche also keine Geometrie zu betreiben. Habe ich keine intensiven Handel, muss ich mich nicht um Buchfuehrung kuemmern, brauche keine Waehrung und benoetige keine Mathematik um Zinsen zu errechnen, ich benoetige kein komplexes Schuldrecht um Vorfinanzierung groesser Handelgeschaefte rechtlich absichern zu koennen, ich brauche auch keine staatliche Adminstration, um dieses Recht durchsetzen zu koennen, etc. etc. etc.

Es war nicht das Unvermoegen der Germanen keine Zivilsation zu entwickeln, es war einfach so, dass fuer sie die Notwendigkeit nicht bestand.

Anarch
23.07.2007, 18:06
@Rheinlaender. Ein Lob von mir; gut differenzierter Beitrag. Das belegt den Ausspruch Spenglers - um ihn mal wieder ranzuziehen^^- daß es "nicht auf die reine, sondern auf die starke Rasse" ankommt. Und oftmals haben sich "gesunde, ja zukunftsfähige Rassen jeher einen Unterworfenen einverleibt, wenn er 'von Rasse' war" (Spengler). Oder um es noch metaphysischer auszudrücken: "Ein Blut ohne Schicksal ist wie eine ungeladene Batterie, wie eine Magnetnadel ohne magnetischen Zug. Die Reinheit und Hochzucht des Blutes oder die Güte seiner Mischung ist ohne diese große Kraft bedeutungslos. Nur am Prüfstein des Schicksals beweist das Blut seinen Wert." (Ernst Jünger* ). Nicht nur die Völker schaffen die Geschichte, sondern die Geschichte schafft auch die Völker.



*[Für Jünger war das Blut das physische Adäquat zur Seele, und diese Auffassung trennte ihn nicht von seinen Zeitgenossen in Deutschland (etwa vom Thomas Mann der "Betrachtungen eines Unpolitischen") und Europa, ganz im Gegenteil: dieses Empfinden des Blutes als einer geistigen und Erfahrungsverbundenheit einte ihn mit europäischen Denkern ersten Ranges.]

Rheinlaender
23.07.2007, 18:26
@Rheinlaender. Ein Lob von mir; gut differenzierter Beitrag. Das belegt den Ausspruch Spenglers - um ihn mal wieder ranzuziehen^^- daß es "nicht auf die reine, sondern auf die starke Rasse" ankommt.

Es kommt nicht auf die "Rasse" an, dafuer ist menschliche Rasse zu homogen. Es kommt auf die Umstaende an, in der ein Gruppe sich befindet.