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Vollständige Version anzeigen : Europäische Einheit?



Anarch
11.06.2007, 22:32
Mit diesem Strang möchte ich ein paar Zeilen zur Idee der Einheit Europas loswerden. Sie sind eher lose gefasst, und machen noch lange kein gefasstes Gesamtbild aus, aber vielleicht besteht die Möglichkeit, daß sich eine Idee innerhalb eines (möglicherweise) folgenden Disputes herauskristallisiert.

Viele reden vom Wunsch nach europäischer Einheit. Gewissermaßen mag ein vereintes Europa machtpolitisch für alle Völker des Kontinentes vorteilhaft sein, nur benötigt eine solche Einigung eine signifikante Idee, ein Mythos. Wenn wir überlegen, welche könnte in Betracht kommen? Das Christentum? Kaum. Seit der Reformation bekriegen sich Katholiken und Protestanten, und überhaupt ist es zum Nihilismus verkommen, der christliche Gott am Ende, gelinde ausgedrückt.

Eine gemeinsame Kultur ist nicht drin; zu verschieden sind Germanen, Romanen, Kelten und Slawen. Und ein Bund nach Kulturkreis wäre für Deutschland geopolitisch schlichtweg unnütz (Bund mit Nordeuropa), außerdem sind die Deutschen eine kulturelle Synthese aus Germanen, Slawen und Kelten, unsere Mittellage versetzt uns in eine vielschichtige Situation.

Auch wenn ein Alain de Benoist sich ein föderales Frankreich wünscht, - was zu begrüßen ist - würden die französischen Nationalisten, die seit jeher Zentralisten sind, es nicht zulassen. Die Forderung nach Autonomie der Völker auf dem Staatsgebiet französischen Republik, würde Abwehrreaktionen, ja, bei einem deutschen Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, anti-deutsche Hetze hervorrufen, der Bevölkerung die Propagandaphrase aufgebrummt werden, die Deutschen würden versuchen die französische Nation zu spalten. Es gibt m.M.n. nur eine franz. Staatsnation, keine Kulturnation, aber das sehen die Franzmänner wohl anders.

Betrachten wir Osteuropa (wobei gestritten werden kann wo Osteuropa definitionsmäßig beginnt; ab Polen, oder der ukrainischen Westgrenze?), insbesondere, bzw. ausschließlich Russland, mag der sozialrevolutionäre Befreiungsnationalist hier zwar eine gewissermaßen anti-imperialistische Solidarität pflegen, aber innenpolitisch - obwohl es Angelegenheit der Russen ist - dürften dort kaum paradiesische Umstände gefeiert werden; zudem: wenn der Russe könnte wie er wollte, würde er ebenfalls expansiv handeln, das hat die Geschichte bewiesen, doch räume ich gern ein, daß sie uns Deutschen schon oftmals hilfreich zur Seite standen (z.B. in den Befreiungskriegen von 1813/15). Zusammengefasst: Trotz allem ist hier eine kritische Freundschaft zu wahren. Ein gesunder Abstand dürfte im beiderseitigen Interesse sein.

Aus jener Haltung, die sowohl Westeuropa (Frankreich, Großbritannien, - gesetzt den Fall es zerfällt in freie Völker, halt England, - eingeschränkt Spanien) als auch Russland kritisch gegenübersteht, bedarf es einer Zusammenfassung aller "kleineren" Nationen. Deutschlands Lage der Mitte ist hier nur förderlich.

Ein solches Reich, das Deutschland, Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Polen, Königsberg, Luxemburg, die Niederlande (vermutlich hinzufügend Flandern, wenn Belgien zerfällt) und Nordeuropa, darüber hinaus möglicherweise noch jene Völker "Zwischeneuropas", die sich der Föderation anschließen wollen, einschließt, würde ein derartiges übernationales Reich den politischen "Dritten Weg" auf geostrategischer Ebene wiederspiegeln.

Lassen wir Belorussland zum russischen Mutterland zurückkehren, womöglich auch den prorussischen Ostteil der Ukraine, bildet die Ostgrenze dieses neuen Reiches einen anti-imperialistischen Schirm, genauso wie im Westen. Das föderale Prinzip grenzt sich gegen die zentralistischen Staaten ab. Das könnte ein erster Schritt zur Neuordnung des Kontinentes sein. Im Einverständnis aller Völker, die sich der Reichsidee verbunden fühlen. Wie gesagt: Nur ein Gedankenspiel. Wer Ansätze oder Kritiken vorzubringen hat, kann dies gern tun. ;)

Lichtblau
11.06.2007, 22:56
Du vergist das die EU ein wirtschaftlicher Zusammenschluß ist.

Die EU entstand aus der 1951 gegründeten "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl".

Siehe: http://www.bmvbs.de/artikel-,302.981386/Eckpunkte-in-der-Entwicklung-d.htm

Anarch
11.06.2007, 23:14
Du vergist das die EU ein wirtschaftlicher Zusammenschluß ist.

Die EU entstand aus der 1951 gegründeten "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl".

Siehe: http://www.bmvbs.de/artikel-,302.981386/Eckpunkte-in-der-Entwicklung-d.htm

Ja, ein kapitalistisch, marktwirtschaftlich orientierter Bund, der keinerlei politische Souveränität verficht, und außerdem auf Kosten der Völker geht. Die Schaffung eines Einheitsmenschen nach Euromuster der Brüsseler Technokraten hat damit wenig zu tun. Letztendlich sind wir nichts anderes als ein Anhängsel der Amerikaner. Auf Euroamerika kann ich gern verzichten.

-jmw-
11.06.2007, 23:33
Zu so später/früher (In fünfeinhalb Stunden fährt mein Bus, verdammte Sch*****!) Stunde nur kurz:

Polen und Tschechen werden in den nächsten..., sagen wir: 4 Millionen Jahren sich keinem deutsch dominierten Staat noch 'Reich' anschliessen.

Vermutlich ebensowenig die Niederländer, denen die Idee des Anschlusses schon '40 bis '45 nicht sehr zusagte (- nichtmal dem NSB!)

Die Slowakei könnt man bekommen, die Ungarn vielleicht auch in lockerer Verbindung;
man könnt bekommen die Slowenen, Kroaten, Rumänen, Montenegriner;
bei nicht allzu moslemunfreundlicher Politik die Bosnier, Kosovaren und Albaner;
ggf. die Bulgaren und Westukrainer.

Nicht bekommen kann man, wie erwähnt, Polen und Tschechen, danebst Serben und ggf. Griechen.

Königsberg bekommt man nicht wegen weil einziger eisfreier Ostseehafen Russlands.

-jmw-
11.06.2007, 23:42
"L'Europe se fédérera ou elle se dévorera, ou elle sera dévorée."

(Pierre Drieu la Rochelle, 1922.)

Salazar
11.06.2007, 23:44
Du vergist das die EU ein wirtschaftlicher Zusammenschluß ist.



Ein ursprünglich wirtschaftlicher Zusammenschluss. Und selbst damals war der wirtschaftliche Zusammenschluss für Monnet nur Mittel zum Zweck (politische Vereinigung).


@ jmw: Jetzt strammer Flame? :)

Anarch
11.06.2007, 23:45
Zu so später/früher Stunde nur kurz:

Polen und Tschechen werden in den nächsten..., sagen wir: 4 Millionen Jahren sich keinem deutsch dominierten Staat noch 'Reich' anschliessen.


Das ist nicht gesagt, zudem ist das Reich kein Staat, sondern eine Föderation, und nicht deutsch dominiert. Jedes Mitglied hat gleiche Rechte, und gleiches Stimmrecht innerhalb des Reichsrates.


Vermutlich ebensowenig die Niederländer, denen die Idee des Anschlusses schon '40 bis '45 nicht sehr zusagte (- nichtmal dem NSB!)

Was daran lag, daß dieser Anschluß eine Annektion war; föderal organisiert würden sie ihre politische Autonomie behalten.


Nicht bekommen kann man, wie erwähnt, Polen und Tschechen, danebst Serben und ggf. Griechen.

Meiner Meinung nach ist es eine Frage der Generation. Bei Besinnung auf die gemeinsame Identität der europäischen Mitte, in Distanz zur Beeinflussung von Ost und West, wäre es nicht ganz unmöglich. Wie bereits betont beinhaltet ein wirkliches, auf dem föderalen Prinzip aufgebautes Reich keine Reglementierung der Mitglieder durch das deutsche Volk.


Königsberg bekommt man nicht wegen weil einziger eisfreier Ostseehafen Russlands.

Hier wäre vielleicht eine deutsch-russische Kooperation möglich, wie Mitrofanow einst vorschlug.

Tomsax
12.06.2007, 01:28
@ Anarch:

Das Problem ist ja nur das. Selbst wenn dieser Traum (ich rede bewußt von Traum) möglich wäre, weil Tschechen und Polen, sowie die Niederlande als auch Belgien, diesem Reich beitreten würden, so stellt sich doch die Frage, inwieweit Frankreich und England dieser, ihrer Isolation tatenlos zusehen würden oder ob sie nicht zusammen mit dem ausgeschlossenen Teil Europas, der dieses Reich umschließen würde, den Krieg provozieren würde. Natürlich mit Schützenhilfe von dem großen Bruder aus Übersee.
Wie gesagt, ich würde mich über eine föderale Idee, wie deine beschriebene freuen und könnte mich damit anfreunden. Und ich verstehe auch deine Argumentation mit Blick auf das Resteuropa wie Frankreich und England.
Doch leider sind wir hier in einer Zwickmühle. Mit Frankreich bzw. England können wir nicht, aber auch nicht ohne sie. Die Zeit rennt uns davon, der "Dritte Weg" steckt sowohl philosophisch wie auch theoretisch in den Kinderschuhen. Die praktische Umsetzung ist weit weg und es fehlen die Anhänger. Schließlich läuft uns die Zeit davon. Die deutschen sterben aus. Eine islamische Kultur macht sich in gesamt Europa breit, deren Geburtenraten die unsrigen bei weitem übersteigen.
Der Kampf muss mit der Wurzel begonnen werden damit der Baum wächst. Was du beschreibst sind die Früchte, die ich nur zu gerne genießen würde. Die leckeren Früchte der Freiheit, der Gemeinschaft und des menschenwürdigen Seins. Unabhängig von kapitalistischen Umtrieben, Diktaten aus Übersee und Schuldkult jedweder Art.
Deine Idee lässt mich träumen. Doch leider werde ich morgen wieder durch die Straßen meiner Stadt gehen und erwachen. Ich werde Polen und Tschechen sehen die uns hassen und kein Teil von uns sein wollen, sollte er auch noch so gleichberechtigt sein.

Es bedarf eines Schubs. Du sprachst davon, dass das Christentum diesen Schub nicht mehr leisten kann. Und ich stimme dir zu.
Es muss eine neue metaphysische Antriebskraft her. Ein Ideal, nach dem die Menschen streben können, mit dem sie sich vereinigen können. Eine metaphysische Grundlage, die den Zusammenschluss fordert und den die Menschen wollen. Alles hängt vom Willen hab. Wie Nietzsche sagte: "Wille zur Macht" Der Mensch muss den Willen haben, dieser Idee zur Macht zu verhelfen. Und als Nietzsche schrieb, "Gott ist tot" so wollte er nicht die Bestätigung nur niederschreiben sondern aufrütteln. Denn ist "Gott tot" war damit klar das die metaphysische Antriebskraft fehlte.
Und so fordere ich eine neue Antriebskraft, eine Kraft die sich aus dem Sinn und Zweck des Seins als Logik ergibt. Mit jugendlichen Antriebskräften.
Im Prinzip muss eine neue Kultur geboren werden. Eine Kultur, die sich entdeckt und die Welt um sich herum, die eine Jugend und damit Elan hat. So wie Oswald Spengler schon im "Untergang des Abendlandes" schrieb. Unsere Kultur stirbt. Doch der Tod bedeutet kein Ende, sondern einen Anfang. Es muss ein faustischer Mensch geboren werden. Einer der nach mehr strebt als nach Geld. Ein Kultur, die nach Erkenntnissen strebt. Und sich nicht von Mephisto in Form des Besitzes verführen lässt. Eine Kultur der Dichter und Denker. Eine Kultur die auf der Gemeinschaft aufbaut, die sozial, frei und naturverbunden ist. Eine Kultur, die einerseits stark ist und doch auch für die Schwachen Verantwortung übernimmt. Eine Kultur, in der Sozialismus nicht nur nehmen sondern auch geben bedeutet. Eine Kultur die auf dem Grundsatz aufgebaut ist, dass alles Zusammenleben sowohl von Rechten als auch von Pflichten gegenüber der Gemeinschaft getragen ist.
Und diese neue Kultur muss mit Begeisterung auf dieses Mitteleuropa, inklusive Niederlande, Polen und Tschechien zugeschnitten werden.
Mit dieser kulturellen Basis ist ein "Reich Mitteleuropa" möglich.

-jmw-
12.06.2007, 10:51
@ jmw: Jetzt strammer Flame? :)
Nee, ik ben geen Vlaming, maar ik wil mijn eensgezindheid uitwijzen mee det vlaamse onafhankelijkheidsbeweging. :)

-jmw-
12.06.2007, 11:10
Das ist nicht gesagt, zudem ist das Reich kein Staat, sondern eine Föderation, und nicht deutsch dominiert. Jedes Mitglied hat gleiche Rechte, und gleiches Stimmrecht innerhalb des Reichsrates.
Bei derzeit achtzig Millionen Bundesrepbulikanern ergäbe sich die deutsche Führung von selber.
Und die Vermutung ist berechtigt, dass die anderen diese Führung als Herrschaft sehen werden, wie sie schon zweimal aus Deutschland über sie gekommen ist.


Was daran lag, daß dieser Anschluß eine Annektion war; föderal organisiert würden sie ihre politische Autonomie behalten.
Tja, nur wissen sie das auch?


Meiner Meinung nach ist es eine Frage der Generation. Bei Besinnung auf die gemeinsame Identität der europäischen Mitte, in Distanz zur Beeinflussung von Ost und West, wäre es nicht ganz unmöglich. Wie bereits betont beinhaltet ein wirkliches, auf dem föderalen Prinzip aufgebautes Reich keine Reglementierung der Mitglieder durch das deutsche Volk.
's wär ein weiter Weg dahin.

Wo siehst Du heute die politischen Ansätze dazu?

-jmw-
12.06.2007, 11:32
Zwischen West und Ost - Engeres und weiteres Zwischeneuropa.

http://img526.imageshack.us/img526/7007/europaxb2.jpg

Tomsax
12.06.2007, 12:07
Zwischen West und Ost - Engeres und weiteres Zwischeneuropa.

http://img526.imageshack.us/img526/7007/europaxb2.jpg

In Etwa das was mir vorschweben würde als ein "Reich Mitteleuropa". Nur sind die Balten und Esten (gehören ja zu den finno-ugrischen Stämmen wie Finnen und Ungarn) eher mitteleuropäisch als russisch. So siehe z.B. den momentanen Konflikt in Estland mit dem Kriegsdenkmal sowie die Sonderstellung (Staatenlosenpass) von Russen in Estland.

Außerdem sollten die Grenzen des "Reiches Mitteleuropa" nicht starr sein, sondern fließend übergehen in die anderen "Reiche". Man vergleiche nur als Beispiel Elsaß-Lothringen, das sich weder französisch noch deutsch fühlt. In diesem Zusammenhang kann ich wieder nur auf die vernünftigste Form verweisen. Ein Rätesystem das sich regional verwaltet. Denn dann können in diesen Grenzgebieten die Völker frei entscheiden, inwieweit sie sich den Regeln des einen "Reiches" oder des anderen unterordnen wollen oder ob sie gar einen eigenen Weg gehen möchten.

-jmw-
12.06.2007, 12:20
Zur Erläuterung:

Dunkelgrau: Engeres Zwischeneuropa. Mitteleuropa;
hellgrau: Weiteres Zwischeneuropa;
dunkelrot: Russisch beherrschter Raum;
orange: Westeuropäische Staatsnationen;
hellgrau mit dunkelrot: zwischeneuropäisch-russische Streitgebiete.

Anarch
12.06.2007, 13:18
Zwischen West und Ost - Engeres und weiteres Zwischeneuropa.

http://img526.imageshack.us/img526/7007/europaxb2.jpg

Möglicherweise könnte die (vermeintliche) deutsche Dominanz durch eine Reichsmitgliedschaft der nordeuropäischen Völker, sowie Flanderns und der Niederlande kompensiert werden. Bei den Balten bin ich zweigeteilt. Letztlich sind sie fast immer den russischen Hegemoniebestrebungen ausgesetzt gewesen, entweder bilden sie eine eigene Föderation, oder schließen sich dem "Reich Mitteleuropa" an. Desweiteren kann ich mich Tomsax Ausführungen anschließen. Das Räteprinzip sollte den Schlußstein des Reiches bilden.

Anmerk: Island ist m.M.n Teil Nordeuropas, und nicht des Westens.

Salazar
12.06.2007, 14:25
Nee, ik ben geen Vlaming, maar ik wil mijn eensgezindheid uitwijzen mee det vlaamse onafhankelijkheidsbeweging. :)

Ich spreche zwar kein Flämisch, aber das hab ich gerade noch verstanden. :)
Und der Idee der flämischen Unabhängigkeit bin auch ich durchaus zugetan :].

-jmw-
12.06.2007, 17:02
Ich habe meine Zweifel, ob man sich in Skandinavien und in den Westmarken (;) ) für eine "Reichsmitgliedschaft" wird erwärmen können.
Dererlei Möglichkeiten haben die Germanentümler vor sechzig Jahren auf absehbare Zeit in den Sand gesetzt.
Übrigens ist genau dieses "Germanentum" ein Punkt, der ganz gegenteilig wirken kann zu einem Ausgleich angenommener deutscher Vorherrschaft:
Die West- und Südslawen werden dann halt keine deutsche, sondern eine germanische Dominanz fürchten.


Bei den Balten und Esten halte ich dafür, dass Russland gross genug ist und genügend Völkerschaften hat, die's drangsalieren kann.
Denen muss man nicht auch noch die Balten lassen. :)
In der Tat aber sieht man in Russland das Baltikum traditionelle als Einflussphäre;
da müsste in modus vivendi gefunden werden.

Ausserdem sind die Balten Katholiken (Litauer) und Protestanten (Letten, Esten) und daher Mitteleuropa wohl mehr verbunden als z.B. orthodoxe Rumänen oder Serben oder muslimische Bosnier es sein können.


Island ist deshalb dem Westen zugerechnet, weil die Lieben Leut sich keinen Deut interessieren brauchen für Mitteleuropareien irgendwelcher Art. :)

Anarch
12.06.2007, 17:07
Das sind alles schlüssige Argumente, die ich gern anerkenne, und manch Unbedachtheit mag ich einräumen. Nur: In der aufkommenden Epoche der multipolaren Welt, der Reiche und Großräume, wie sollten eine inner- oder gesamteuropäische Neuordung Deines Erachtens dann aussehen? Denn klar sollte sein, daß die Nationalstaaten im 21. Jahrhundert sowohl zu groß und bürokratisch sind die "kleinen" Probleme des Volkes zu lösen, und zu klein, um sich den internationalen Konflikten zu stellen (Imperialismus, multinationale Unternehmen, Konzernherrschaft usw). Wäre demnach ein "Reich Europa" realistischer, bzw. möglicher? Selbst wenn, welcher einende Mythos sollte dem zugrunde liegen?

-jmw-
12.06.2007, 19:06
Eine klare Vision eines neuen Europa habe ich nicht.
Die Gestaltung des Kontinents ist derzeit unter ungutem Vorzeichen in Gange und davon, wann und wie sie scheitert, davon wird eine neue Ordnung abhängen müssen.
Das derzeitige Europa, die EU, ist nicht viel mehr als das Resultat eines rein instrumentellen Aktes, der staatlichen Schaffung einer den Frieden sichernden Wirtschafts- und Sozialunion.
Da steckt wenig Idee hinter, ein Mythos schon garnicht.
Europa kann so nicht geschaffen werden;
was so geschaffen wird, kann nicht Europa sein.
Denn es fehlt das innere Bewusstsein, Europa als etwas anderes wahrzunehmen als einen hauptsächlich bloss nützlichen Verbund.
Und es fehlt das Gefühl dafür, was Europa in seiner historischen Realität ist und was Europa in seiner Zukunft sein will.
Europa geht daran zugrunde, dass es ohne Legende, ohne Mysterium, ohne Grösse ist (L.F. Céline).
Dies muss erst dasein, bevor man beginnen kann mit einer Neuordnung:
"Das Bewusstsein der Einheit schafft das Programm der Einheit". (C.E. Ferri)
Bewusst werden muss man sich über das, was Europa ausmacht, über unsere Zivilisation und Kultur und die Notwendigkeit der Verteidigung dieser, denn nur aus diesem gemeinsamen Prinzip kann das Gefühl der Einheit des Kontinents erwachsen, kann Europa ein "object d'amour" und damit materiell auch wieder Subjekt der Weltpolitik werden.


EDIT: Eigentlich alles Blabla, aber was soll's...

Anarch
12.06.2007, 19:19
@jmw: Genau das ist es was ich meine. Was wir brauchen ist ein verbindender Mythos, eine neue Idee, diese zu finden sollte Aufgabe sein, wenn wir unsere Völker erhalten wollen.

-jmw-
12.06.2007, 19:50
Der Mythos muss das sein, was ich bei "Ort" stehen habe: Europa, Herz der Welt.

Tomsax
13.06.2007, 11:51
Es muss ein Bewußtsein für sich Selbst, als ein Selbstbewußtsein, geschaffen werden. Das bedeutet zunächst einmal sämtliche Schuldkomplexe abzulegen und die Vergangenheit als Reifeprozess zu begreifen und die Zukunft als Chance. Als nächstes ist nach den gemeinsamen Wurzeln, die sich vorallem in einem metaphysischen Urglauben wiederfinden, zu erkennen. Die "Götter"welt der Griechen, Germanen, Kelten, Slaven und Balten ähneln sich sehr. Doch man sollte dies auch wieder nur als Basis sehen, sondern vielmehr etwas neues aus der Grundidee erschaffen. Einen Glauben daran, dass die Europäer nicht nur die "Bösen" in der Welt sind (sei es Deutschland durch seine Kriege, oder andere Nationen durch ihren Imperialismus). Sondern man müßte auch die positiven Eigenschaften wieder hervorheben, wie große Künste, große Entdeckungen, große Denker, große Musiker usw. Und dort ansetzen. Daraus müßte sich ein "Wir"-Gefühl entwickeln. Um ein "Wir"-Gefühl entwickeln zu können, ist es aber auch erforderlich, ein "Die"-Gefühl zu kennen.
Doch aus der Differenzierung "Die" und "Wir" darf nicht geschlossen werden, das "Die" schlechter sind als "Wir" sondern nur anders. Ich spreche in diesem Zusammenhang gerne davon, wir sind nicht gleich, aber gleichwertig. Und mit diesem Gleichwertigen anderen sollte man, nein muss man versuchen in Freundschaft zu leben. Freundschaft macht aber aus, dass man akzeptiert, das die anderen anders sind. Aber von den anderen auch verlangt, dass man selber seinen eigenen Weg geht. Diese Wege sind die sogenannte "Kultur". Und diese ist den Europäern genauso eigen wie z.B. den Muslimen oder den asiatischen Völkern.
Kern ist also, sich der eigenen Kultur bewußt zu werden, selbstbewußt zu ihr zu stehen und zu vertreten und ihre Wurzeln in einer Ur-Metaphysik zu suchen und zu erklären. Losgelöst vom Christentum, das letztlich erst zu den Konflikten führte.

Tomsax
13.06.2007, 13:25
In diesem Zusammenhang könnte auch Huntingtons Einteilung der Welt in Kulturkreise einen ersten Anhaltspunkt geben. Seine Einteilung Europas stimmt mit der meinigen nicht wirklich überein. Doch wenn wir ehrlich sind, sind meine nur Träumereien ("wie es sein sollte") und seine Einteilungen die, die der Realität entsprechen ("wie es ist")

http://img518.imageshack.us/img518/5791/clashofcivilizationsworlm9.png

Sauerländer
13.06.2007, 13:38
In diesem Zusammenhang könnte auch Huntingtons Einteilung der Welt in Kulturkreise einen ersten Anhaltspunkt geben. Seine Einteilung Europas stimmt mit der meinigen nicht wirklich überein. Doch wenn wir ehrlich sind, sind meine nur Träumereien ("wie es sein sollte") und seine Einteilungen die, die der Realität entsprechen ("wie es ist")
Zustandsbeschreibungen können aber nie Handlungsrichtlinien sein. Dass Europa hier wesentlich als Teil des "Westens", also als Bestandteil des amerikanischen Imperiums erscheint, kann unmöglich bedeuten, dass wir konstruktiv mit einem Fortbestehen dieser Konstellation planen. Vielmehr muss uns das Ansporn zum Ausbrechen sein, gegebenenfalls auch zum Durchbrechen der Grenzen, die hier gezogen werden.
Der Kampf um die Welt, sei er nun ein geistig-kultureller, ein wirtschaftlicher oder tatsächlich ein militärischer, wird in Eurasien entschieden, nicht in Afrika oder den Amerikas.

Das bedeutet als ersten Schritt wieder die schon so oft beschworene Achse Paris-Berlin-Moskau, möglicherweise dereinst weitert zu Paris-Berlin-Moskau-Peking.
Auf diesem Stand wird der klassische Nationalstaat (mag die Analyse Anarchs hinsichtlich dessen Unzulänglichkeiten auch durchaus zutreffend sein) noch benötigt, weil keine handlungsfähigen Alternativen bestehen.

Tomsax
13.06.2007, 13:48
Zustandsbeschreibungen können aber nie Handlungsrichtlinien sein. Dass Europa hier wesentlich als Teil des "Westens", also als Bestandteil des amerikanischen Imperiums erscheint, kann unmöglich bedeuten, dass wir konstruktiv mit einem Fortbestehen dieser Konstellation planen. Vielmehr muss uns das Ansporn zum Ausbrechen sein, gegebenenfalls auch zum Durchbrechen der Grenzen, die hier gezogen werden.
Der Kampf um die Welt, sei er nun ein geistig-kultureller, ein wirtschaftlicher oder tatsächlich ein militärischer, wird in Eurasien entschieden, nicht in Afrika oder den Amerikas.

Das bedeutet als ersten Schritt wieder die schon so oft beschworene Achse Paris-Berlin-Moskau, möglicherweise dereinst weitert zu Paris-Berlin-Moskau-Peking.
Auf diesem Stand wird der klassische Nationalstaat (mag die Analyse Anarchs hinsichtlich dessen Unzulänglichkeiten auch durchaus zutreffend sein) noch benötigt, weil keine handlungsfähigen Alternativen bestehen.


Keine Frage. Wie gesagt ist es nicht mein Ideal. Doch ich bin zwiespältig hinsichtlich Frankreichs, aber auch Polens und Tschechiens. Doch wie Anarch so schön schreibt, muss es möglich sein, dass man autark leben kann. Dies wird ohne die genannten "Problemeländer" nicht möglich sein. Mithin ist die Achse Paris-Berlin-Moskau nötig. Allerdings mehr in Verbund einer engen Freundschaft. Vielmehr zeigst du damit die drei Kulturkreise (bzw. mit Peking 4) auf, die kaum vereinbar sind. Doch problematisch erscheint der Kulturkörper, bzw. welche Länder ein "Mitteleuropäisches Reich" umfassen soll. In diesem Zusammenhang stellt sich wiederum die Frage, wie in den Diskussionen voran dargestellt, auf welche Basis man dies stellen soll.
Was sein sollte ist lediglich ein Ziel, welches angestrebt werden kann. Fraglich ist nur der Weg dorthin, der noch im Dunkeln liegt. Und dabei sind jedenfalls die von Huntington aufgezeigten Kulturkreise ein erster Ansatz. Sicher, noch nicht ausgereift, aber eben ausarbeitbar.

Anarch
13.06.2007, 15:02
In der bisherigen Diskussion sind wir zu der Analyse gekommen, daß ein mitteleuropäisches Reich möglicherweise daran scheitern würde, weil eine deutsche Dominanz die flächenmäßig kleineren, und von der Bevölkerungszahl geringeren Völker, nicht auf freiwilliger Basis einbinden könnte. Sie würden sich wahrscheinlich benachteiligt und beherrscht vorkommen, selbst wenn alle gleichberechtigt agieren könnten. Das muss nicht sein, ist aber, wie jmw aufzeigte, für die nächsten Jahrzehnte, oder gar Jahrhunderte anzunehmen.

Betrachten wir die Konzeption eines Europäischen Reiches, kann von einer deutschen Hegemoniebestrebung kaum mehr die Rede sein, aufgrund der recht ausgeglichenen Verhältnisse zwischen den Völkern, jedoch liegt vor uns das Problem der völkerintegrierenden Idee. Während des Bestands des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, bot der Katholizismus eine solche Idee, welche ein übernationales Band knüpfte; doch ist das Christentum, egal in welcher Ausführung, m.M.n. dazu nicht mehr in der Lage.

Es fehlt schlichtweg der Mythos, bzw. ich sehe keinen, der fruchtbar wäre. Der Mythos des "Herz der Welt" mag verlockend klingen, doch trägt er vielleicht die Gefahr eines Eurozentrismus in sich, den ich für meinen Teil gern überwunden sehen möchte. Das Argument, daß die unterschiedlichen Kulturkreise der Germanen, Romanen, Kelten, Slawen, und Finno-Ugren nicht miteinander auskommen, halte ich für unbegründet. Es fragt sich lediglich wie ein Reich Europa die unterschiedlichen Kulturräume verbindet, ohne ihre Vielfalt zu zerstören, und doch eine starke Einheit bildet.

Dahingehend kann ich mich größtenteils Sauerländers Vorschlag der Achse Paris-Berlin-Moskau anschließen, auch wenn ich Russland kulturhistorisch, im Sinne Spenglers, nicht wirklich zu Europa zähle, und ebenso die Macht des Ostens imperiale Ambitionen hegt, die für uns nicht allzu positiv sind. Wobei mit Russland eine kritische Freundschaft gepflegt werden sollte. Womöglich nimmt Europa im 21. Jahrhundert den Platz ein, den Deutschland im 20. Jahrhundert inne hatte. Die Macht der Mitte gegen die Imperien des Westens und des Ostens.

Beverly
13.06.2007, 17:31
In diesem Zusammenhang könnte auch Huntingtons Einteilung der Welt in Kulturkreise einen ersten Anhaltspunkt geben. Seine Einteilung Europas stimmt mit der meinigen nicht wirklich überein. Doch wenn wir ehrlich sind, sind meine nur Träumereien ("wie es sein sollte") und seine Einteilungen die, die der Realität entsprechen ("wie es ist")

http://img518.imageshack.us/img518/5791/clashofcivilizationsworlm9.png

Das ist nur die reale Version der schon von Orwell in "1984" vorausgesehenen Einteilung der Welt in einander befehdende totalitäre Superstaaten (Ozeanien, Eurasien, Ostasien). Wobei fiktiv wie real die Menschen von verbrecherischen Eliten gegeneinander aufgehetzt werden.

Sauerländer
13.06.2007, 19:01
In der bisherigen Diskussion sind wir zu der Analyse gekommen, daß ein mitteleuropäisches Reich möglicherweise daran scheitern würde, weil eine deutsche Dominanz die flächenmäßig kleineren, und von der Bevölkerungszahl geringeren Völker, nicht auf freiwilliger Basis einbinden könnte. Sie würden sich wahrscheinlich benachteiligt und beherrscht vorkommen, selbst wenn alle gleichberechtigt agieren könnten. Das muss nicht sein, ist aber, wie jmw aufzeigte, für die nächsten Jahrzehnte, oder gar Jahrhunderte anzunehmen.
Davon abgesehen sollten wir auch unser eigenes nationales Interesse nicht aus den Augen verlieren. Ein Zustand völliger Gleichberechtigung im Sinne einer Gleichverteilung der herrschaft in Europa KANN nicht in unserem Sinne sein. Das würde nämlich den Deutschen als Angehörigen des stärksten europäischen Volkes (wenn wir die Russen als aussereuropäisch abhandeln) relativ entwerten.
Deutschland ist die Mittelmacht in Europa, weist das zahlenmäßig eindeutig stärkste Volk auf. Noch deutlicher, wenn man Österreich noch hinzuzählt.
Das ist so, und das wird so bleiben.
Wir sollten uns niemandem aufzwingen, aber wir sollten uns auch nicht kleiner machen, als wir sind.
Eine Europakonzeption, die dem keine Rechnung trägt, in der wir nicht irgendeine Art von Vorrecht besitzen, ist für uns witzlos.
Das darf selbstverständlich nicht in Herrschaft ausarten. Das würde niemand mit sich machen lassen.

Es fehlt schlichtweg der Mythos, bzw. ich sehe keinen, der fruchtbar wäre. Der Mythos des "Herz der Welt" mag verlockend klingen, doch trägt er vielleicht die Gefahr eines Eurozentrismus in sich, den ich für meinen Teil gern überwunden sehen möchte. Das Argument, daß die unterschiedlichen Kulturkreise der Germanen, Romanen, Kelten, Slawen, und Finno-Ugren nicht miteinander auskommen, halte ich für unbegründet. Es fragt sich lediglich wie ein Reich Europa die unterschiedlichen Kulturräume verbindet, ohne ihre Vielfalt zu zerstören, und doch eine starke Einheit bildet.

Der Mythos könnte bestehen im "Anti-Westen", in der Verteidigung der Kultur gegen die individiualistisch-liberaldemokratische Einebnung. Unterschwellig ist ein Unbehagen gegen den "American way of life" bei sehr, sehr vielen Menschen zu finden. Das muss letztlich nur präzise formuliert werden.
Begreifen wir die Bezeichnung als "Altes Europa" nicht als Beleidigung, sondern als Ehrentitel.

Dahingehend kann ich mich größtenteils Sauerländers Vorschlag der Achse Paris-Berlin-Moskau anschließen, auch wenn ich Russland kulturhistorisch, im Sinne Spenglers, nicht wirklich zu Europa zähle, und ebenso die Macht des Ostens imperiale Ambitionen hegt, die für uns nicht allzu positiv sind. Wobei mit Russland eine kritische Freundschaft gepflegt werden sollte. Womöglich nimmt Europa im 21. Jahrhundert den Platz ein, den Deutschland im 20. Jahrhundert inne hatte. Die Macht der Mitte gegen die Imperien des Westens und des Ostens.
Es wird abzuwarten sein, wie Russland das Problem der Abwesenheit der imperialen Idee löst, nachdem Zarismus wie Sowjetunion sich erledigt haben. Wird kein Ersatz gefunden (und diese Gefahr sehe ich gegenwärtig sehr massiv), wird man den Staat letztlich nonimperial-nationalistisch konstituieren. Und das wird naturgemäß intern und mit all den nichtrussischen Völkerschaften erhebliche Probleme mit sich bringen.
Ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob die Ausgliederung Russlands aus Europa zutreffend ist, oder ob es nicht eher als Europas Vorposten in Asien zu sehen ist.
Und selbst wenn wir russische Differenz zu uns betonen, sollten wir überlegen, ob das nicht angesichts unserer derzeitigen geistig-kulturellen Verfassung eher für als gegen Russland spricht (ganz im Sinne Niekischs).
Dass man auch da auf der Hut sein muss und nicht kritiklos alles hinnehmen darf, versteht sich von selbst, das bringt allein schon Russlands Größe mit sich.

Anarch
13.06.2007, 19:11
Vielleicht brauch es zur Schaffung eines europäischen Bewusstseins einen externen "Schub". Ein Erlebnis, das die Völker mehr zusammenschweißt. Daß wir unser Eigeninteresse dabei nicht aus den Augen verlieren sollten, ist klar, aber ein Rückfall in den nationalen Egoismus, der nur eine kollektivierte Form des liberalen Individualismus ist, sollte nicht in Betracht gezogen werden. Gehen wir davon aus, Europa würde nach dem Räteprinzip strukturiert sein, sollten hier gewisse Regeln getroffen werden, wann der nächsthöhere Rat einsetzt, und welche Regionen und Nationen vertreten sind; das würde womöglich auch die Frage des Eigeninteresses klären, und in welchem Verhältnis die anderen Souveränitätsebenen stehen.

Einerseits hätten wir eine subsidiarische Selbstverwaltung, und andererseits die gewünschte Kompetenzhierachie. In Sachen Russland bin ich, wie bereits geschrieben, geteilter Meinung. Sollten wir es zu Europa hinzurechnen, oder als eigene Macht sehen? Würde es nicht eine viel zu starke dominante Rolle einnehmen? Um dies zu kompensieren, müsste sich Russland ebenfalls föderal organisieren, was zu bezweifeln ist, aufgrund jahrhundertealter zentralistischer Traditionen. Wie könnte hier ein Mittelweg aussehen? Wenn jemand eine Idee hat, bringe er sie doch vor. :D

Pandulf
13.06.2007, 21:17
@ Anarch:
Es bedarf eines Schubs. Du sprachst davon, dass das Christentum diesen Schub nicht mehr leisten kann. Und ich stimme dir zu.
Es muss eine neue metaphysische Antriebskraft her. Ein Ideal, nach dem die Menschen streben können, mit dem sie sich vereinigen können. Eine metaphysische Grundlage, die den Zusammenschluss fordert und den die Menschen wollen. Alles hängt vom Willen hab. Wie Nietzsche sagte: "Wille zur Macht" Der Mensch muss den Willen haben, dieser Idee zur Macht zu verhelfen. Und als Nietzsche schrieb, "Gott ist tot" so wollte er nicht die Bestätigung nur niederschreiben sondern aufrütteln. Denn ist "Gott tot" war damit klar das die metaphysische Antriebskraft fehlte.
Und so fordere ich eine neue Antriebskraft, eine Kraft die sich aus dem Sinn und Zweck des Seins als Logik ergibt. Mit jugendlichen Antriebskräften.
Im Prinzip muss eine neue Kultur geboren werden. Eine Kultur, die sich entdeckt und die Welt um sich herum, die eine Jugend und damit Elan hat. So wie Oswald Spengler schon im "Untergang des Abendlandes" schrieb. Unsere Kultur stirbt. Doch der Tod bedeutet kein Ende, sondern einen Anfang. Es muss ein faustischer Mensch geboren werden. Einer der nach mehr strebt als nach Geld. Ein Kultur, die nach Erkenntnissen strebt. Und sich nicht von Mephisto in Form des Besitzes verführen lässt. Eine Kultur der Dichter und Denker. Eine Kultur die auf der Gemeinschaft aufbaut, die sozial, frei und naturverbunden ist. Eine Kultur, die einerseits stark ist und doch auch für die Schwachen Verantwortung übernimmt. Eine Kultur, in der Sozialismus nicht nur nehmen sondern auch geben bedeutet. Eine Kultur die auf dem Grundsatz aufgebaut ist, dass alles Zusammenleben sowohl von Rechten als auch von Pflichten gegenüber der Gemeinschaft getragen ist.
Und diese neue Kultur muss mit Begeisterung auf dieses Mitteleuropa, inklusive Niederlande, Polen und Tschechien zugeschnitten werden.
Mit dieser kulturellen Basis ist ein "Reich Mitteleuropa" möglich.

Ein großartiger Beitrag!

Also nach dem Untergang des alten, jüdisch-christlichen Europas, die Wiedergeburt eines neuen, europäischen Europas. So wie Nietzsche es erhofft hatte, der dem jüdisch-christlichlichen Europa die heutige Entwicklung prophezeit hatte ("letzter Mensch"), wo Materialismus und Nihilismus zu einer nie gekannten seelischen und kulturellen Tiefe führen wird und hat.

Ich hoffe auch auf eine Wiedergeburt Europas, nur ich sehe heute zu starke Parallen zur Spätantike. In der Spätantike herrschten zwei Kräfte vor. Zum einen das Christentum bei der Unterschicht und zum anderen der Individualismus nach Epikur bei der städtischen Oberschicht. Beide Kräfte führten einen permanenten, nihilistischen Kampf gegen die Grundlagen der Antiken Kultur. Diese waren verkürzt die Dominanz des rechten Prinzips.

In der Antike galt zum einen, dass das Gute immer schön ist. Es gab ein Primat der Schönheit und das Ziel war, alles zu verschönern. Jeder strebte danach, schöner zu werden, sowohl körperlich, als auch geistig durch Bildung und Wissenschaft, um die Welt um sich zu verschönern, da das Gute schön ist.

Ferner gehörten zur Antiken Kultur der Heroismus. Da Menschen nun mal ein kurzes Leben haben und keines nach dem Tod auf einem wartet, ist die einzige Möglichkeit bleibend zu sein durch heroische Taten, so daß der Name und die Taten weitererzählt werden, so wie bei "Alexander dem Großen". Christentum und der Individualismus der städtischen Oberschicht zerstörten diese Werte und brachten die Antike zu Fall. Danach kam keine verjüngte Antike, sondern die Dunkelheit des jüdisch-christlichen Mittelalters.

Und heute? Die dominierenden Kräfte in Europa sind die Liberalen, die im Kern reinrassige Individualisten nach Epikur sind (Epikurs "pursuit of happiness") und die Linken. Die Linken sind nichts anderes als säkularisierte Christen. Sprich die Unterwelt, die die Antike zu Fall gebracht hat, ist heute wieder an der Macht und beerdigt das sanfte Pflänzchen eines aufgeklärten Europas, daß durch Reformation, Renaissance und Aufklärung auf der Jauchegrube des jüdisch-christlichen Mittelalters gewachsen ist.

Der Nutzniesser des Falles von Europa wird der Islam sein, der so wie das Christentum das "Erbe" der Antike angetreten hat, das "Erbe" "Europas antreten wird.

Wilhelm
13.06.2007, 21:30
In Sachen Russland bin ich, wie bereits geschrieben, geteilter Meinung. Sollten wir es zu Europa hinzurechnen, oder als eigene Macht sehen? Würde es nicht eine viel zu starke dominante Rolle einnehmen?

Die dominante Rolle Russlands in Europa wäre durch die Bevölkerung von 140 Millionen gerechtfertigt.
Das entscheidende Problem bei der Sach ist der Verflechtung Russlands mit Asien. Russland hat viele politische und wirtschaftliche Verpflichtungen in Asien. Diese Verpflichtungen würden sich dann auf Europa übertragen und dann wäre es kein Europa mehr, sondern schon ein Eurasien.
Meiner Meinung nach, sollte man erst klein anfangen und sich von den ehemaligen Sowjetrepubliken (bis auf das Baltikum), in Sachen geeintes Europa, distanzieren.
Da es (wie man sieht) schon schwer genug ist Westeuropa zueinen.

Tomsax
13.06.2007, 21:31
Davon abgesehen sollten wir auch unser eigenes nationales Interesse nicht aus den Augen verlieren. Ein Zustand völliger Gleichberechtigung im Sinne einer Gleichverteilung der herrschaft in Europa KANN nicht in unserem Sinne sein. Das würde nämlich den Deutschen als Angehörigen des stärksten europäischen Volkes (wenn wir die Russen als aussereuropäisch abhandeln) relativ entwerten.
Deutschland ist die Mittelmacht in Europa, weist das zahlenmäßig eindeutig stärkste Volk auf. Noch deutlicher, wenn man Österreich noch hinzuzählt.
Das ist so, und das wird so bleiben.
Wir sollten uns niemandem aufzwingen, aber wir sollten uns auch nicht kleiner machen, als wir sind.
Eine Europakonzeption, die dem keine Rechnung trägt, in der wir nicht irgendeine Art von Vorrecht besitzen, ist für uns witzlos.
Das darf selbstverständlich nicht in Herrschaft ausarten. Das würde niemand mit sich machen lassen.


Genau hier liegt einer der Knackpunkte der gesamten Diskussion, auch in der Gesamtdiskussion innerhalb Nationaler bzw. national-freundlicher Kreise und Regionalisten.
Inwieweit ist die, wie Anarch so schön schreibt, wenn er von "Rückfall in den nationalen Egoismus" spricht, Nation überhaupt nötig, gegeben oder gar exisitenziell.
Zum einen muss geklärt werden, wenn man sich am ersten Reich als Idee orientiert, nicht zu beschränkt denkt, wenn man sich auf die Deutschen als Volk beschränkt. Schließlich hat innerhalb des deutschen Reiches auch Böhmen immer eine bedeutende Rolle gespielt und war gerade wegen seiner "Böhmischen Dörfer" nicht komplett deutsch(sprachig).
Hinzukommt, dass ein Österreicher oder Bayer mit einem Holsteiner, außer der Sprache wenige kulturelle Gemeinsamkeiten hat.
Hinzu kommt, dass insbesondere im Osten viele Vermischungen mit Slaven, Balten usw. stattgefunden haben, während dies im Westen weniger der Fall war.
In diesem Zusammenhang also allein auf das "Deutschtum" abzustellen ist schwierig.
Zumindest in gewissen Grenzen müssen andere Völker innerhalb des Reiches gleichberechtigt sein und sich diesem verbunden fühlen.
Trotz all meiner Vorbehalte würde ich dieses Recht Tschechien zubilligen. Genau wie den Niederlanden. Auch Elsaß-Lothringen mit seinem hohen französischen Anteil zählt hierzu.
Klar zu stellen ist, das zu einem "Reich Mitteleuropa" nie die Balkanländer gehören könnten, da diese nie Teil einer deutschen Kultur waren. Und auch Kernfrankreich und England trifft insoweit eine Sonderstellung.
Bezüglich Polen müsste viel geklärt werden. Weniger von deutscher, als von polnischer Seite besteht eine Abneigung, in irgendeinem Zusammenhang mit Deutschen genannt zu werden (hier quält offenbar das schlechte Gewissen wegen der völkerrechtswidrigen Vertreibung mit der Angst, dass die Deutschen eines Tages doch wieder Anspruch erheben könnten, ohne die Chance für beide Seiten in einem friedlichen Zusammenschluss in einem Reich Mitteleuropa zu sehen).





Der Mythos könnte bestehen im "Anti-Westen", in der Verteidigung der Kultur gegen die individiualistisch-liberaldemokratische Einebnung. Unterschwellig ist ein Unbehagen gegen den "American way of life" bei sehr, sehr vielen Menschen zu finden. Das muss letztlich nur präzise formuliert werden.
Begreifen wir die Bezeichnung als "Altes Europa" nicht als Beleidigung, sondern als Ehrentitel.


Ich stimme dir insoweit hier zu. Doch allein aus einer ablehnenden Haltung gegenüber einem anderen System kann sich kein Mythos entwickeln. Hinzutreten muss ein positiver gemeinsamer Nenner. Ich nannte ihn schon. Das "Selbstbewußtsein begründet in den gemeinsamen mythischen Wurzeln einer ursprünglichen Metaphysik"




Es wird abzuwarten sein, wie Russland das Problem der Abwesenheit der imperialen Idee löst, nachdem Zarismus wie Sowjetunion sich erledigt haben. Wird kein Ersatz gefunden (und diese Gefahr sehe ich gegenwärtig sehr massiv), wird man den Staat letztlich nonimperial-nationalistisch konstituieren. Und das wird naturgemäß intern und mit all den nichtrussischen Völkerschaften erhebliche Probleme mit sich bringen.
Ansonsten bin ich mir nicht sicher, ob die Ausgliederung Russlands aus Europa zutreffend ist, oder ob es nicht eher als Europas Vorposten in Asien zu sehen ist.
Und selbst wenn wir russische Differenz zu uns betonen, sollten wir überlegen, ob das nicht angesichts unserer derzeitigen geistig-kulturellen Verfassung eher für als gegen Russland spricht (ganz im Sinne Niekischs).
Dass man auch da auf der Hut sein muss und nicht kritiklos alles hinnehmen darf, versteht sich von selbst, das bringt allein schon Russlands Größe mit sich.

Russland steht am Scheideweg. Die Thesen Spenglers zu Russland sind in weite Ferne gerückt. Es besteht die Gefahr, wie du es gesagt hast, in einer nonimperial-nationalistischen Wandlung mit der Folge, dass es Russland ähnlich ergeht wie einst Rom. Ein zerfallen in seine völkischen Bestandteile. In deren Osten wird China dankbar einrücken. Schon heute schauen die Menschen im östlichen Sibirien heimlich nach China und sehen, wie vergessen sie von Moskau sind.

Tomsax
13.06.2007, 21:38
Ein großartiger Beitrag!

Also nach dem Untergang des alten, jüdisch-christlichen Europas, die Wiedergeburt eines neuen, europäischen Europas. So wie Nietzsche es erhofft hatte, der dem jüdisch-christlichlichen Europa die heutige Entwicklung prophezeit hatte ("letzter Mensch"), wo Materialismus und Nihilismus zu einer nie gekannten seelischen und kulturellen Tiefe führen wird und hat.

Ich hoffe auch auf eine Wiedergeburt Europas, nur ich sehe heute zu starke Parallen zur Spätantike. In der Spätantike herrschten zwei Kräfte vor. Zum einen das Christentum bei der Unterschicht und zum anderen der Individualismus nach Epikur bei der städtischen Oberschicht. Beide Kräfte führten einen permanenten, nihilistischen Kampf gegen die Grundlagen der Antiken Kultur. Diese waren verkürzt die Dominanz des rechten Prinzips.

In der Antike galt zum einen, dass das Gute immer schön ist. Es gab ein Primat der Schönheit und das Ziel war, alles zu verschönern. Jeder strebte danach, schöner zu werden, sowohl körperlich, als auch geistig durch Bildung und Wissenschaft, um die Welt um sich zu verschönern, da das Gute schön ist.

Ferner gehörten zur Antiken Kultur der Heroismus. Da Menschen nun mal ein kurzes Leben haben und keines nach dem Tod auf einem wartet, ist die einzige Möglichkeit bleibend zu sein durch heroische Taten, so daß der Name und die Taten weitererzählt werden, so wie bei "Alexander dem Großen". Christentum und der Individualismus der städtischen Oberschicht zerstörten diese Werte und brachten die Antike zu Fall. Danach kam keine verjüngte Antike, sondern die Dunkelheit des jüdisch-christlichen Mittelalters.

Und heute? Die dominierenden Kräfte in Europa sind die Liberalen, die im Kern reinrassige Individualisten nach Epikur sind (Epikurs "pursuit of happiness") und die Linken. Die Linken sind nichts anderes als säkularisierte Christen. Sprich die Unterwelt, die die Antike zu Fall gebracht hat, ist heute wieder an der Macht und beerdigt das sanfte Pflänzchen eines aufgeklärten Europas, daß durch Reformation, Renaissance und Aufklärung auf der Jauchegrube des jüdisch-christlichen Mittelalters gewachsen ist.

Der Nutzniesser des Falles von Europa wird der Islam sein, der so wie das Christentum das "Erbe" der Antike angetreten hat, das "Erbe" "Europas antreten wird.

Danke zunächst für das Lob.

Auch kann ich mich voll und ganz deinen Befürchtungen anschließen. Auch ich sehe die Gefahr, dass der Islam die Rolle des einstigen Christentums übernimmt in Europa. Und auch liegt die Gefahr und diese Realität viel näher, als "unsere" Tagträumereinen von einem "neuen und starken Reich Mitteleuropa"

Doch ich Optimist und werde, solange ich dazu fähig bin, mit allen Kräften für meinen Traum kämpfen. Und vielleicht ist uns Irmin troi und verhilft uns durch einen Zufall oder eine heute noch unvorstellbare Tat, dessen Kraft aus dem mitteleuropäischen Völkern erwächst, zu einer Wendung und damit Abwendung der Islamisierung Europas.

-jmw-
13.06.2007, 21:58
Vielleicht brauch es zur Schaffung eines europäischen Bewusstseins einen externen "Schub". Ein Erlebnis, das die Völker mehr zusammenschweißt.
Das erste, was mir dabei einfällt, ist ein kommender "Mitbürgerkrieg" (wie's so nett heisst).
"Wir gegen sie" war schon immer erfolgreich, wenn es darum ging, zusammenzubringen.
Um's zusammenzuhalten reicht das 'türlich nicht.