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Vollständige Version anzeigen : Stalins Rache



franek
11.06.2007, 09:38
Heute vor 70 Jahren begann in der Sowjetunion die beisspiellose Säuberung von Führungskräften der Roten Armee.



Vor 70 Jahren wurde der sowjetische Vize-Verteidigungsminister Michail Tuchatschewski aus fadenscheinigen Gründen von einem Moskauer Sondergericht zum Tode verurteilt. Mit der Liquidation seines Widersachers begann Josef Stalin eine bis heute unvergleichbaren Massenmord von Offizieren der Roten Armee.


Michail Tuchatschewski, Marschall der Roten Armee, Vizeverteidigungsminister, wurde am 11. Juni 1937 neben weiteren hohen Militärs von einem Sondergericht in Moskau zum Tode verurteilt. Sie waren angeklagt worden, sich zur Beseitigung der sowjetischen Machtspitze im Interesse eines anderen Staates verschworen zu haben. Beweise gab es nicht, stattdessen "Geständnisse", die den Beschuldigten während der Haft abgepresst worden waren. Die Verurteilten wurden in der Nacht zum 12. Juni erschossen.

Für diese Entwicklung hatte es Wochen vorher schon Anzeichen gegeben. Die Deutsche Botschaft Moskau telegrafierte Anfang Mai 1937 nach Berlin.

"Tuchatschewski angeblich erkrankt, war aber bei der Maiparade noch anwesend. Durch diese Erkrankung erhalten Gerüchte, dass Stellung Tuchatschewskis erschüttert, neue Nahrung."

Außer einem sehr kleinen Kreis Eingeweihter konnte damals noch niemand wissen, dass Hitler Dokumente hatte fälschen lassen, die ein Komplott Tuchatschewskis gegen die Kreml-Führung belegen sollten. Diese Dokumente waren aus Berlin dem ohnehin argwöhnischen Stalin geschickt zugespielt worden.

Im Juni 1937 konnte die Öffentlichkeit ohne diese Kenntnis nur die Eile des geheimen Gerichtsverfahrens wie die offizielle, wenig konkrete Begründung, nämlich Sabotage und Landesverrat, überraschen. Schier unfassbar war für Beobachter am Fall Tuchatschewski aber das Sicherheitsrisiko, dem sich Moskau mit der "Enthauptung der Armeespitze" aussetzte.

"Tuchatschewskis Verhaftung kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er war unser glänzender Stellvertretender Volkskommissar für die Verteidigung. Er verstand etwas von militärischen Neuerungen, und ich bin überzeugt, dass unsere Armee viel besser ausgebildet und ausgerüstet Hitler hätte entgegentreten können, wäre Tuchatschewski nicht hingerichtet worden."

Das sagte Nikita Chruschtschow, Chef der Kommunistischen Partei, der im Jahre 1956 die Vorwürfe gegen Tuchatschewski für unbewiesen erklärte. Tuchatschewski wurde voll rehabilitiert.

Michail Tuchatschewski,1893 als Kind eines verarmten Landadligen und einer einfachen Bäuerin geboren, nahm am Ersten Weltkrieg in einem traditionsreichen Regiment des Zaren teil, geriet in Gefangenschaft, kehrte nach Sowjetrussland zurück, das nach Lenins Oktober-Umsturz durch Aufstände und ausländische Truppen tödlich bedroht war. Früh Mitglied der Kommunistischen Partei stellte er sich zeitlebens, selbst wenn es gegen notleidende Bauern und enttäuschte Arbeiter ging, widerspruchslos als Militär in den Dienst der Sowjetmacht. Tuchatschewskis Name war verbunden mit dem Scheitern eines Feldzugs, der die Revolution 1921 nach Westen tragen sollte. Freilich ging dieser Misserfolg Tuchatschewskis in Polen zurück auf eine Befehlsverweigerung Stalins, der daraufhin von Lenin abkommandiert wurde. Das hieß: Ende der militärischen Laufbahn Stalins, der das nie verwunden hat.

Tuchatschewski betrieb später die Modernisierung der Roten Armee, warnte seit Hitlers Machtantritt vor einer deutschen Bedrohung nachdem er unkonventionell noch mit der Reichswehr zusammengearbeitet hatte. Das Ausland respektierte Tuchatschewski, er war anerkannt in der Armee, kultiviert, sah gut aus, und er war in der Bevölkerung sogar populär.

Stalin war nicht nur eifersüchtig, sondern er fürchtete in Tuchatschewski den einzigen, der die Macht gehabt hätte, ihn selbst zu stürzen. (...)

Die gefälschten - übrigens nicht erhaltenen - Dokumente über ein Komplott Tuchatschewskis müssen für Stalin den Ausschlag gegeben haben. Vor der Entscheidung, seine eigene Macht zu schützen oder die Sicherheit der Sowjetunion aufs Spiel zu setzen, zögerte er nicht. Er befahl die Beseitigung der Militärführung.

(...)



Am 22. Mai 1937 wurde Tuchatschewski auf direkten Befehl Stalins und des NKWD (http://de.wikipedia.org/wiki/Volkskommissariat_f%C3%BCr_innere_Angelegenheiten)-Chefs Jeschow (http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolai_Iwanowitsch_Jeschow) ohne gerichtliche oder staatsanwaltliche Grundlage verhaftet und der "Leitung antisowjetischer und trotzkistischer Organisationen innerhalb der Roten Armee" sowie der "Spionage für eine fremde Macht" (Deutschland) angeklagt. Nach dem geflohenen GPU-Agenten Orlow (http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Michailowitsch_Orlow) soll der NKWD mit Hilfe der Armee Stalins Sturz geplant haben, da dieser Agent der Ochrana (http://de.wikipedia.org/wiki/Ochrana) gewesen sei. Laut Walter Schellenberg (http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Schellenberg) lieferte der deutsche Geheimdienst gefälschtes Belastungsmaterial gegen Tuchatschewski und seine Mitarbeiter. Am 11. Juni wurden ihm im vierten Moskauer Prozess (http://de.wikipedia.org/wiki/Moskauer_Prozesse) von einem Militärtribunal, dem unter anderem die Marschälle Blücher (http://de.wikipedia.org/wiki/Wassili_Konstantinowitsch_Bl%C3%BCcher) und Budjonny (http://de.wikipedia.org/wiki/Semjon_Michailowitsch_Budjonny) angehörten, seine militärischen Ränge und Titel aberkannt und er wurde zum Tode verurteilt.
Der Prozess gegen Tuchatschewski war der Auftakt der blutigen Säuberungen innerhalb der Roten Armee, in deren Verlauf drei Marschälle, 13 Generäle sowie ca. 5000 Offiziere hingerichtet wurden. Im Falle Tuchatschewskis soll diesem unter anderem die Niederlage der von ihm geführten Roten Armee im Krieg gegen Polen (http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Polens#Der_Polnisch-Sowjetische_Krieg) vorgeworfen worden sein, die schließlich zur Unterzeichnung des Friedens von Riga 1921 führte.


Vermutlich ausgelöst durch ein geschickte Intrige Berlins, stellte Stalin somit sein Landesverteidigung bloß. Der Russlandfeldzug Hitlers hätte mit einer erfahrenen Rote-Armee-Führung durchaus anders ausgesehen.

http://tbn0.google.com/images?q=tbn:PlS_QLWIPZkKBM:http://www.ica-d.de/srv/chr/pic/p0484d.jpg (http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.ica-d.de/srv/chr/pic/p0484d.jpg&imgrefurl=http://www.weltchronik.de/dch/dch_2996.htm&h=300&w=217&sz=12&hl=de&start=1&um=1&tbnid=PlS_QLWIPZkKBM:&tbnh=116&tbnw=84&prev=/images%3Fq%3Dtuchatschewski%26svnum%3D10%26um%3D1% 26hl%3Dde%26cr%3DcountryDE%26sa%3DN)

In Erinnerung an Michail Tuchatschewski, der in der Nacht zum 12.7. hingerichtet wurde.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kalenderblatt/632403/

http://de.wikipedia.org/wiki/Tuchatschewski

EinDachs
11.06.2007, 13:26
Heute vor 70 Jahren begann in der Sowjetunion die beisspiellose Säuberung von Führungskräften der Roten Armee.





Vermutlich ausgelöst durch ein geschickte Intrige Berlins, stellte Stalin somit sein Landesverteidigung bloß. Der Russlandfeldzug Hitlers hätte mit einer erfahrenen Rote-Armee-Führung durchaus anders ausgesehen.

http://tbn0.google.com/images?q=tbn:PlS_QLWIPZkKBM:http://www.ica-d.de/srv/chr/pic/p0484d.jpg (http://images.google.de/imgres?imgurl=http://www.ica-d.de/srv/chr/pic/p0484d.jpg&imgrefurl=http://www.weltchronik.de/dch/dch_2996.htm&h=300&w=217&sz=12&hl=de&start=1&um=1&tbnid=PlS_QLWIPZkKBM:&tbnh=116&tbnw=84&prev=/images%3Fq%3Dtuchatschewski%26svnum%3D10%26um%3D1% 26hl%3Dde%26cr%3DcountryDE%26sa%3DN)

In Erinnerung an Michail Tuchatschewski, der in der Nacht zum 12.7. hingerichtet wurde.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kalenderblatt/632403/

http://de.wikipedia.org/wiki/Tuchatschewski

Stalin war in seiner Paranoia durchaus in der Lage, auch ohne Intrige so ein Gemetzel auszulösen.
Aber Hitlers Anfangsefolge wären mit einer vernünftigen, erfahrenen Führung der Roten Armee nicht so einfach möglich gewesen. Als die Rote Armee ihre Lernphase hinter sich hatte, wars mit Hitlers Erfolgen ja eh vorbei.

MorganLeFay
11.06.2007, 13:33
Oder: Als Stalin endlich anfing, auf die Experten zu hoeren.

Und abgesehen von den eigentlichen Kriegs- und minlitaerischen Entscheidungen hat Stalin vor allem ueberhaupt gar nicht geglaubt, dass die Deutschen so frueh angreifen wuerden - vollkommen schnurz, dass er von allen Seiten das gegenteil hoerte.

Lichtblau
11.06.2007, 19:42
"Stalins Rache"

primitivste personalistische Geschichtsschreibung

Biskra
11.06.2007, 19:47
"Stalins Rache"

primitivste personalistische Geschichtsschreibung

Du willst damit bestimmt sagen, daß wir Stalin als Handlanger des Großkapitals begreifen müssen. :))

Lichtblau
11.06.2007, 20:16
Du willst damit bestimmt sagen, daß wir Stalin als Handlanger des Großkapitals begreifen müssen. :))

Macht ist eine zweiseitige Sache, sie wird immer vergeben so lange sie gesellschaftlich nützlich ist. Ein Herrscher kann wohl kaum seine privaten Gefühle ausleben.

Biskra
11.06.2007, 20:47
Macht ist eine zweiseitige Sache, sie wird immer vergeben so lange sie gesellschaftlich nützlich ist. Ein Herrscher kann wohl kaum seine privaten Gefühle ausleben.

Da täuschst du dich aber gewaltig. Ein Staat ist kein direktdemokratisches Wählerkollektiv.

Lichtblau
11.06.2007, 21:15
Da täuschst du dich aber gewaltig. Ein Staat ist kein direktdemokratisches Wählerkollektiv.

Es gibt keine Macht ohne Gefolgschaft.

Stechlin
11.06.2007, 21:21
...und er hat den Krieg dennoch gewonnen.

Biskra
11.06.2007, 21:28
Es gibt keine Macht ohne Gefolgschaft.

Ja und? Du solltest mal zwischen gezwungener und freiwilliger Gefolgschaft unterscheiden lernen.

Lichtblau
11.06.2007, 21:35
Ja und? Du solltest mal zwischen gezwungener und freiwilliger Gefolgschaft unterscheiden lernen.

Wie kann Stalin jemand zwingen ihm zu folgen? Kraft seiner Fäuste?

Biskra
12.06.2007, 02:18
Wie kann Stalin jemand zwingen ihm zu folgen? Kraft seiner Fäuste?

Dafür hat er seinen Terrorapparat namens NKWD. Du bist mir ja echt ein lustiger.

MorganLeFay
12.06.2007, 09:30
...und er hat den Krieg dennoch gewonnen.

Ja, mit enormen Verlusten.

Lichtblau
12.06.2007, 09:40
Dafür hat er seinen Terrorapparat namens NKWD. Du bist mir ja echt ein lustiger.

Selbst wenn seine Macht ausschließlich auf Terror beruhen würde, muss er im NKWD Gefolgschaft für seine Befehle finden.

herberger
12.06.2007, 10:22
Selbst wenn seine Macht ausschließlich auf Terror beruhen würde, muss er im NKWD Gefolgschaft für seine Befehle finden.

Das Prinzip des stalinistichen Terrors war um so mehr du tötest um so länger bleibst du am Leben.

MorganLeFay
12.06.2007, 10:44
Selbst wenn seine Macht ausschließlich auf Terror beruhen würde, muss er im NKWD Gefolgschaft für seine Befehle finden.

Stalin hat es geschafft, alle gegeneinander auszuspielen und in Schach zu halten.

Meine Guete, Molotov hat selbst gesagt, dass er kurz vor Stalins Tod sicher war, er waere eines der naechsten Opfer - und er hat ncihts getan, so uebermaechtig war Stalin.

Lichtblau
12.06.2007, 12:04
Stalin hat es geschafft, alle gegeneinander auszuspielen und in Schach zu halten.

Meine Guete, Molotov hat selbst gesagt, dass er kurz vor Stalins Tod sicher war, er waere eines der naechsten Opfer - und er hat ncihts getan, so uebermaechtig war Stalin.

Na klar Stalin der Superman - durch Intrigen schafft er es sich ein ganzes Land zu unterwerfen...

MorganLeFay
12.06.2007, 12:15
Na klar Stalin der Superman - durch Intrigen schafft er es sich ein ganzes Land zu unterwerfen...

Nein, die Elite. Das reicht erstmal. Und wer da nciht spurte, verschwand.

Fuer den Rest gab's notfalls den Gulag. Und selbst dort wurde indoktriniert und "erzogen"

Setz Dich mal mit Stalins Tod auseinander - der Mann lag sabbernd, durchgepinkelt und vollkommen hilflos in seiner Dacha, und tagelang hat es keiner gewagt, auch nur einen Arzt zu rufen (oder ihn abzumurksen). Die Leibwaechter haben ihn auf seinen Diwan gepackt - nicht mal beruehren wollte diese ach so maechtigen Maenner ihn, weil sie vor Angst gelaehmt waren.

houndstooth
12.06.2007, 19:12
Setz Dich mal mit Stalins Tod auseinander - der Mann lag sabbernd, durchgepinkelt und vollkommen hilflos in seiner Dacha, und tagelang hat es keiner gewagt, auch nur einen Arzt zu rufen (oder ihn abzumurksen). .

Igitt..X(

Umweltverseuchung in mehr als einem Sinn :))

leuchtender Phönix
12.06.2007, 19:29
Stalin war in seiner Paranoia durchaus in der Lage, auch ohne Intrige so ein Gemetzel auszulösen.
Aber Hitlers Anfangsefolge wären mit einer vernünftigen, erfahrenen Führung der Roten Armee nicht so einfach möglich gewesen. Als die Rote Armee ihre Lernphase hinter sich hatte, wars mit Hitlers Erfolgen ja eh vorbei.

Stalins Unfähigkeit richtige militärische Entscheidungen hat auch einen immensen anteil an den gigantischen Verlusten 1941. Diesselbe Unfähigkeit (nur bei Hitler), hat 1941 (vor Moskau) und 1942 (Stalingrad) dem Krieg eine entgültige Wendung zu geben. Danach hat sie das Ende nur beschleunigt.

leuchtender Phönix
12.06.2007, 19:34
Wie kann Stalin jemand zwingen ihm zu folgen? Kraft seiner Fäuste?

Klar. Die heißen Gulag, KPDSU, Volkserziehung (um schon den kleinen Kindern zu sagen, was für ein Held Stalin war und....) und Propaganda (für die blindgläubigen Sozialisten). Aber das siond schon 4 Fäuste.

Der Titel: 4 Fäuste für Stalin.