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Vollständige Version anzeigen : Lässt sich der Irrsinn noch stoppen?



Beverly
04.06.2007, 13:08
Wie viele Menschen habe ich mittlerweile mehr Angst vor der Zukunft als Hoffnung auf ein sicheres Leben oder gar etwas Besseres / Interessantes / Spannendes.
Die Gründe für Zukunftsangst sind wohl verschieden, aber sie lassen sich in diese Gruppen einteilen:

1. Perspektivlosigkeit

Beispiel: eine Bekannte sagte, in der Klasse ihrer Tochter (Realschule) hat kein einziger Schüler eine Lehrstelle.

2. globale Tristesse

Ein Freund von mir sagte, er finde die Welt so schlimm nicht weil so viele entsetzliche Dinge geschehen würden, sondern weil die Menschen die Chancen für ein gutes und spannendes Leben verspielen würden. Eine "Zukunft", wo wirklich Böses nur ein Randphänomen ist, aber die Menschheit auch alles Gute, was das Leben erst lebenswert macht, wegrationalisiert hat.
Ein SF-Roman, in dem es eigentlich um Cybersex geht, illustrierte das für mich. In der da bis 2200 geschilderten Welt erlebt die Menschheit keine Katastrophen, aber auch keine Triumphe. Die NPD kriegt weder bei den Wahlen 70 Prozent noch wird z. B. der Weltraum erobert. Im Jahr 2200 ist Deutschland dann Teil von "Eurasien", Neo-Christen randalieren auf den Straßen und zum Grillen geht man wegen der Schadstoffe mit der Gasmaske. Horror pur.

3. handfeste Katastrophen?

Da halte ich viele Szenarios - Klima, Kampf der Kulturen - für übertrieben, um nicht zu sagen, von interessierter Seite erfunden. Die eigentliche Katastrophe liegt nicht in äußeren Herausforderungen, an denen wir sogar wachsen könnten, sondern in der entsetzlich kleinkarierten Art der Politik, darauf zu reagieren. Von A wie Asteroid bis Ü wie Überbevölkerung sehe ich nichts, was die Existenz der Menschheit wirklich bedrohen.

Allerdings ist P wie Politik existenzbedrohend und das reichlich. Wir haben da

1. das pseudo-konservative Aufwärmen so alter wie fragwürdiger Traditionen lustigerweise gepaart mit

2. einem im "liberalen" Gewande daherkommenden erbärmlichen Nihilismus

3. eine pathologische Menschenverachtung, die unter Hinweis auf "die menschliche Natur" jeden Dreck rechtfertigt, was gepaart ist mit

4. Denken in Nullsummenspielen. Der Satz "es wird Gewinner und Verlierer" geben, ist dafür paradigmatisch. Das Spiele ohne Sieger und Lösungen mit möglichst vielen Gewinnern besser sind, entgeht solchen Leuten, denn sie leiden

5. an entsetzlicher Fantasielosigkeit

Oft glaube ich, dass uns nur eine Katastrophe rettet, die zur Abwechslung mal die richtigen trifft, ein wie immer geartetes Ereignis, dass die verkrusteten Herrschaftsstrukturen aufbricht und insbesondere destruktive durch konstruktive Diskurse ersetzt. Ein Ende mit laut krachendem Schrecken, das leisem Schrecken ohne Ende allemal vorzuziehen ist.

Am liebsten wäre mir aber ein Ende des Schreckens ohne irgendwelche blutrünstigen Begleiterscheinungen. Diesbezüglich freue ich mich über alles, was dazu führen könnte und will hier mögliche Auswege diskutieren:

Liberalität

Unter dem Label "liberal" und "Liberalismus" wurde ein Großteil des Elends angerichtet und nur zu oft ist "liberal" ein Synonym für Beliebigkeit und Ego-Trip der Erfolgreichen.
Trotzdem kommen aus der Ecke einige nützliche oder zumindest provokante Ideen:

1. im Umfeld der FDP gibt es den Vorschlag, das Arbeitsamt abzuschaffen, die Vermittlung wäre dann ganz bei all den privaten Jobbörsen und Erwerbslose sollen ein "Bürgergeld" erhalten.

2. In anderen Foren waren zwei Teilnehmer FDP-Anhänger, weil die FDP als einzige Partei für Raumfahrt sei und die entsetzlichen "Jugendschutz-Diskurse" ablehne, mit denen Betreiber von Erotikseiten in .de-Land schikaniert werden.

3. Als zwei Geschwister wegen Inzest angeklagt wurden, forderten Berliner Jungliberale die Abschaffung des diesbezüglichen Paragraphen. Das ist zwar provokant, aber ehrlicher und konsequenter als der Spießbürger-Neoliberalismus im FDP-Mainstream.

Konservativ

Aus Verdruss über die Schattenseiten des Liberalismus bzw. der Moderne scheinen viele die Lösung in der Rückkehr zu "alten Werten" zu sehen. Damit habe ich große Probleme, weil

1. Demographisch oder territorial lässt sich die Geschichte nicht rückgängig machen, wir können uns weder ungeliebter Einwanderer entledigen noch verlorene Gebiete wieder erobern

2. Anomie, Zukunftsangst, Zerfall alter Ordnungen halte ich für ein Phänomen, das so alt ist wie die Menschheit. Vermutlich waren schon die Steinzeitjäger über das Aussterben der Mammuts entsetzt und 1407 war die Welt so wenig in Ordnung wie 2007.

3. Wer unter konservativen Verhältnissen aufgewachsen ist, wird als Gegenreaktion darauf liberal, wer unter liberalen Verhältnissen aufgewachsen ist, wird konservativ. Ein Teufelskreis, weil weder liberale Beliebigkeit noch konservativer Zwang überwunden werden.

Technokratie

Für mich so etwas wie "Sozialismus ohne Ideologie". Insofern verlockend, weil viele Menschen, die Linken/Sozialisten in der Kritik an bestehenden Missständen zustimmen, nur abwinken, wenn "Sozialismus" als Lösung empfohlen wird.

Raumfahrt

Ich glaube, dass viele Probleme dadurch entstehen, dass Menschen zu wenig Herausforderungen haben und sie ihre - wie auch immer gearteten - Lebensenergien nicht konstruktiv abführen können. Die Eroberung des Weltraums bietet ein unermessliches Betätigungsfeld, wo sie sich austoben können, ohne sich selbst, andere oder die Erde zu zerstören. Als die Russen die USA technologisch vorführten und in US-amerikanischen Städten Randale tobte, erklärte Kennedy sinngemäß: Wir fliegen zum Mond und das nicht, weil es einfach, sondern weil es schwierig ist. Sowas brauchen wir wieder und am besten gleich bis zum nächsten erdähnlichen Planeten. By the way kommen US-Politiker, die sich für Raumfahrt begeistern nicht auf so kranke Ideen wie die Mekka zu bombardieren.

Überwindung von Hunger, Armut, Krieg und Gewalt

Konservativen Schätzungen :D zufolge dauert das noch Jahrhunderte, aber dann sollten wir langsam damit anfangen. Auch damit wir was zu tun haben.

Last but not least: sexuelle Befreiung

Liberale und Konservative sind sich darin einig, dass der Punkt schon abgehakt ist. Die Liberalen begrüßen es, die Konservativen verdammen es und ich glaube beiden nicht.
Mein Eindruck ist eher "sexuelle Anomie" als wirkliche sexuelle Befreiung. Ich frage mich auch, in wie vielen Kulturen sie über das, was hier sexuelles Leben ist, nur mitleidig lächeln würden. Ein gesundes Sexleben ist meines Erachtens für den Abbau von Aggressionen wichtig und prägt dadurch indirekt auch das, was wir Politik nennen.

papageno
04.06.2007, 14:00
dass ist der Kapitalismus , der jetzt sein wahres böses Gesicht zeigt, die DDR Bürger wahren damals von dem Wohlstand der Westdeutschen inspiriert, aber die BRD damals hatte ja nur einen "Kapitalismus light", weil sie auf Rücksicht des bi-polaren Weltsystems, gezwungen war den Arbeitnehmern zugeständnisse in Rechtsfragen und Gehaltsfragen zu gewährleisten.

Heute wo die Grenzen offen sind, sieht man was aus der Bahn, Post und Telekom geworden ist, und heute fangen diskussionen über Privatisierungen des Schulsystems an, Studiengebühren usw usw.

Ich sage ja die DDR war der bessere Staat, auch wenn es kleine Fehler gab, so können wir aus Ihnen lernen und durch eine neue Revolution, eine bessere Zukunft aufbauen , schöner und besser als es je zuvor gewesen ist, Bahn ; Post verstaatlichen und die Wohnungen enteigenen, damit das Wohnraumspekulantentum beendet wird und die Menschen ohne Angst sorgenfrei wohnen können, auch muss wieder die Arbeit neu erschaffen werden, damit Armut und Arbeitslosigkeit auf dem Scheiterhaufen der kapitalistischen Geschichte verschwinden können.

wenn du mir nicht glaubst , lese mal hier www.volksprotest.de

es gibt möglichkeiten eines Widerstandes und dem Neuanfang des Sozialismus.

Achsel-des-Bloeden
04.06.2007, 14:04
Was ist gegen die "german angst" zu tun?

Die "Perspektivlosigkeit" der Deutschen ist der Chancenquell anderer Völker.

Fritz Fullriede
04.06.2007, 14:07
Geh arbeiten:) Dann hast du nicht mehr soviel Zeit dir den Kopf über Dinge zu zerbrechen die eh zu hoch für dich sind :)

Achsel-des-Bloeden
04.06.2007, 14:08
dass ist der Kapitalismus , der jetzt sein wahres böses Gesicht zeigt, die DDR Bürger wahren damals von dem Wohlstand der Westdeutschen inspiriert, aber die BRD damals hatte ja nur einen "Kapitalismus light", weil sie auf Rücksicht des bi-polaren Weltsystems, gezwungen war ...
Sind die bei der WASG alle so dumm?

Das bisschen "Wohlstand", daß die "DDR" ihren Bürgern bieten konnte (und mußte!), hatte grenzenlose Ausbeutung der Natur und der wirtschaftlichen Ressourcen als Ergebnis!
Wie marode die "DDR" wirklich war, auch zum Erstaunen eines Herrn Kohl, sah man in den ersten Jahren der 90iger.

Das halbwegs WAHRE Gesicht des Sozialismus dürfte eher in Ostpolen zu finden gewesen sein.

-jmw-
04.06.2007, 14:27
Sind die bei der WASG alle so dumm?
Genauso interessant die Frage: Sind bei der WASG alle so verfassungsfeindlich wie der?

Beverly
04.06.2007, 14:31
Sind die bei der WASG alle so dumm?fragt der Richtige.

N. B.: wie immer es in Ostpolen im Sozialismus gewesen sein mag, der Kapitalismus hat es eher schlechter als besser gemacht.

Beverly
04.06.2007, 14:35
Was ist gegen die "german angst" zu tun?
Jetzt weiß ich, was der Angelsachse oder Denglisch-User absondert, wenn er mit einem in Deutsch geschriebenen Text geistig total überfordert ist: es ist die "german angst".

Beverly
04.06.2007, 14:36
Sind bei der WASG alle so verfassungsfeindlich wie der?

als verfassungsfeindlich zu gelten, könnte der WASG mehr nützen als schaden :D

-jmw-
04.06.2007, 14:40
Meinste, das würd sie weniger langweilig machen?

Achsel-des-Bloeden
04.06.2007, 14:57
Jetzt weiß ich, was der Angelsachse oder Denglisch-User absondert, wenn er mit einem in Deutsch geschriebenen Text geistig total überfordert ist: es ist die "german angst".
Das muß man den Angelsachsen lassen: Sie können oft mit 2 bis 3 Worten komplexe Befindlichkeiten abbilden.
Die müssen nicht immer und erst recht nicht zu 100% stimmen, aber für die zusammenfassende Betrachtung sind sie 1a.

Beverly
04.06.2007, 15:48
Das muß man den Angelsachsen lassen: Sie können oft mit 2 bis 3 Worten komplexe Befindlichkeiten abbilden.
Die müssen nicht immer und erst recht nicht zu 100% stimmen, aber für die zusammenfassende Betrachtung sind sie 1a.Ignoranz ist keine Tugend

Volkov
04.06.2007, 16:15
Ja, indem wir uns alle zusammentun und politisch aktivieren statt rumzujammern.
Beverly und Papageno haben da auch großteils recht. Wer die DDR nicht erlebt hat oder nichts weiter als das Bild des Westens von der DDR gelehrt bekam sollte diesbezüglich besser den Mund halten.

Aber Deutsche jammern lieber rum statt was zu machen ! Und wer was macht wird für dumm verkauft. Pfui Teufel !