Tell05
17.05.2007, 11:38
Gott oder Atatürk - und kein Weg dazwischen?
Der Kampf zwischen Islamisten und Säkularisten in der Türkei verwirrt nicht nur westliche Beobachter
Seitdem die türkische Armee mit einer Intervention gegen die Präsidentschaftskandidatur des gemässigten Islamisten Abdullah Gül drohte, kommt die Türkei nicht mehr zur Ruhe. Doch in diesem Fall vertreten die Säkularisten nicht unbedingt freiheitliches Ideengut.
«Bis zum Memorandum der türkischen Generäle und zu den Massendemonstrationen in der Türkei haben die deutschen Medien die türkische Regierungspartei AKP als ‹konservativ› bezeichnet und in ihr ein muslimisches Gegenstück zur deutschen CDU gesehen. Jetzt nennen sie sie ‹islamistisch›.» Das beobachtet die türkische Krimiautorin Esmahan Akyol, die gute Beziehungen nach Deutschland hat. So einfach ist das - ein Adjektiv verändert, und schon ist die Welt wieder im altbekannten Lot: Islamisten bedrohen Säkulare, die unter Führung von westlich orientierten Frauen für ihre Werte auf die Strasse gehen.
Die Suche nach griffigen Erklärungen ist allerdings verständlich; zu sehr stellt, was in der Türkei vor sich geht, gängige Vorstellungen auf den Kopf. Da protestieren Hunderttausende, darunter viele Frauen und Jugendliche, Vertreter der gut ausgebildeten und europäisierten Mittelschichten, gegen eine Regierung, welche ihr Land wie sonst keine in den letzten Jahrzehnten in Richtung Europa geführt hat. Da bringt die Angst vorm Untergang der säkularen Republik das Militär dazu, mit einem Putsch zu drohen, und als Beispiele für die existenzielle Bedrohung nennen die Generäle die Aufführung von religiösen Liedern in der Schule und Wettbewerbe im Koranvortrag. Da spricht das Militär von seinem Recht, eine demokratisch gewählte Regierung sechs Monate vor den Neuwahlen zu stürzen, und erhält dafür von der Partei stärksten Applaus, die Mitglied in der sozialdemokratischen Sozialistischen Internationale ist. Und da lassen sich Millionen bei ihrem Protest gegen die Regierung nicht davon stören, dass die Gefahr eines Staatsstreichs droht. Welchen Sinn erkennen in alledem türkische Meinungsführer und Intellektuelle? Wie erklären sie sich, ihrer Gesellschaft und Europa, was in der Türkei geschieht? [...]
http://www.nzz.ch./2007/05/16/fe/articleF6NXC.html
Interessanter Artikel....
Spekulativ und provokant gedacht: Vielleicht wäre es für Deutschland und die EU gar nicht so schlecht, kämen die "Islamisten" in der Türkei an die Macht. Denn, das Thema EU wäre wohl für immer erledigt, oder doch nicht?
MFG
Der Kampf zwischen Islamisten und Säkularisten in der Türkei verwirrt nicht nur westliche Beobachter
Seitdem die türkische Armee mit einer Intervention gegen die Präsidentschaftskandidatur des gemässigten Islamisten Abdullah Gül drohte, kommt die Türkei nicht mehr zur Ruhe. Doch in diesem Fall vertreten die Säkularisten nicht unbedingt freiheitliches Ideengut.
«Bis zum Memorandum der türkischen Generäle und zu den Massendemonstrationen in der Türkei haben die deutschen Medien die türkische Regierungspartei AKP als ‹konservativ› bezeichnet und in ihr ein muslimisches Gegenstück zur deutschen CDU gesehen. Jetzt nennen sie sie ‹islamistisch›.» Das beobachtet die türkische Krimiautorin Esmahan Akyol, die gute Beziehungen nach Deutschland hat. So einfach ist das - ein Adjektiv verändert, und schon ist die Welt wieder im altbekannten Lot: Islamisten bedrohen Säkulare, die unter Führung von westlich orientierten Frauen für ihre Werte auf die Strasse gehen.
Die Suche nach griffigen Erklärungen ist allerdings verständlich; zu sehr stellt, was in der Türkei vor sich geht, gängige Vorstellungen auf den Kopf. Da protestieren Hunderttausende, darunter viele Frauen und Jugendliche, Vertreter der gut ausgebildeten und europäisierten Mittelschichten, gegen eine Regierung, welche ihr Land wie sonst keine in den letzten Jahrzehnten in Richtung Europa geführt hat. Da bringt die Angst vorm Untergang der säkularen Republik das Militär dazu, mit einem Putsch zu drohen, und als Beispiele für die existenzielle Bedrohung nennen die Generäle die Aufführung von religiösen Liedern in der Schule und Wettbewerbe im Koranvortrag. Da spricht das Militär von seinem Recht, eine demokratisch gewählte Regierung sechs Monate vor den Neuwahlen zu stürzen, und erhält dafür von der Partei stärksten Applaus, die Mitglied in der sozialdemokratischen Sozialistischen Internationale ist. Und da lassen sich Millionen bei ihrem Protest gegen die Regierung nicht davon stören, dass die Gefahr eines Staatsstreichs droht. Welchen Sinn erkennen in alledem türkische Meinungsführer und Intellektuelle? Wie erklären sie sich, ihrer Gesellschaft und Europa, was in der Türkei geschieht? [...]
http://www.nzz.ch./2007/05/16/fe/articleF6NXC.html
Interessanter Artikel....
Spekulativ und provokant gedacht: Vielleicht wäre es für Deutschland und die EU gar nicht so schlecht, kämen die "Islamisten" in der Türkei an die Macht. Denn, das Thema EU wäre wohl für immer erledigt, oder doch nicht?
MFG